Dushi Bonaire

Bonaire ist mit seinen knapp 300 km2 fast gleich gross wie das Fricktal, wo wir unsere Wurzeln haben. Hier leben rund 18’000 Menschen, die meisten davon in und um die Hauptstadt Kralendijk. Die Amtssprache ist Niederländisch, die häufigst gesprochene Sprache aber ist Papiamentu, ein Gemisch aus Spanisch, Portugiesisch und etwas Afrikanisch. Bonaire gehört mit Aruba und Curaçao zu den ABC-Inseln. Politisch ist das Ganze, wie so oft bei diesen Überbleibseln der Kolonialzeit, etwas kompliziert. Bis 2010 gehörte Bonaire zu den Niederländischen Antillen. Während Aruba und Curaçao heute autonome Länder im Königreich der Niederlande sind, ist Bonaire seit 2010 «öffentliche Körperschaft und besondere Gemeinde» der Niederlande mit eigenen Gesetzen und Verwaltung, aber von der Krone eingesetzten Vorsitzenden.

Die Insel ist sehr karg und hat eigentlich wenig zu bieten. Der Tourismus richtet sich hauptsächlich auf Taucher und Windsurfer aus. Es hat sehr wenige Sandstrände, dafür ist eine die Insel umfassende Korallenlandschaft vorhanden, die ihresgleichen sucht. Im Jahre 1979 wurde der «Bonaire Marine Park» gegründet mit dem Ziel, die Unterwasserwelt der Gegend zu schützen. 1999 erklärte ihn die Regierung offiziell zum Nationalpark. Bonaire wurde 2007 von Forbes Traveller auf den vierten Platz der weltweit besten Tauchgebiete gewählt. Um dieses Paradies nicht zu gefährden, wurden strenge Regeln zum Schutze der Unterwasserwelt eingeführt. Die Tauchplätze der Hauptinsel sind fast allesamt vom Strand aus erreichbar. Und das ist es, was so schön ist hier, auch für uns Schnorchler!

Übrigens: «Dushi» ist ein Wort, das verschiedene Bedeutungen hat und für «Sweetheart, Babe, sexy, hello» oder für ein gutes Essen steht. Dushi Bonaire!!

Nach unserem Heimaturlaub finden wir die Lupina verstaubt, aber sonst in tadellosem Zustand an. In der Marina war sie sehr gut aufgehoben. Nun aber wollen wir raus an eine Boje, weil man dort direkt ab dem Schiff ins glasklare Wasser tauchen kann. Geht aber nicht, da anfänglich alle Bojen besetzt sind. Ankern ist aus Naturschutzgründen verboten. Über Funkkanal 77 melden wir uns bei einer selbst organisierten Seglerkommunity und melden unseren Bojenbedarf an. Es gibt offenbar auch ein paar andere Schiffe in der Marina, die an eine Boje wollen, es ist also Geduld gefordert. Macht nichts, wir haben Zeit 😊

Wir nutzen die ruhige Marina für ein paar Inspektionsarbeiten am Schiff. Hier überprüft Köbi das Rigg unseres Schiffes. Am Spi-Fall (Seil, mit dem das Spi-Segel hochgezogen werden kann) zieht Pia Köbi mit Hilfe einer Winsch in den Mast hinauf. Köbi prüft Drahtseile und Verbindungen auf Beschädigungen oder Verschleiss. Es ist alles in bester Ordnung
Und so sieht die Welt von ganz oben aus: Köbi oben, unten Lupina und Pia ganz klein hinten auf dem Schiff
Wir borgen uns Angela’s (Pia’s Tochter) Auto, und machen uns auf Erkundungsfahrt. Für uns faszinierend sind vor allem die baumgrossen Säulen- und Kandelaberkakteen, die auf der ganzen Insel zu finden sind
Aber auch die Fauna ist sehr faszinierend und sehenswert: Leguane, die bis zu 1.5 Meter lang werden können (dieser Kerl ist aber etwas kleiner) …
… grün-gelbe Papageien, die sich von Kakteenfleisch ernähren
… diverse Echsen. Diese blauschwänzige Eidechse wäre etwa 50 cm lang. Sie hat ihren Schwanz wohl an einen Vogel verloren. Macht nichts, dieser wächst ja wieder nach
Die Säulenkakteen wurden und werden als Material für ziegensichere Hecken verwendet. Ziegenzucht war früher ein wichtiges Einkommen für die Einheimischen. Nebst Fleisch und Milch war dabei der Mist ein wertvolles Exportprodukt. Tagsüber weideten die Ziegen auf dem offenen Land, am Abend wurden sie in diese engen Kakteenpferche eingeschlossen. Den Dung, den sie hinterliessen, wurde auf der ganzen Insel gesammelt und mit Schiffen exportiert. Er galt vor allem auf den umliegenden Karibikinseln als wertvoller Dünger für die Zuckerrohrplantagen
Nebst dem Bewundern der Natur schauen wir gerne auch lokalen Sport. Hier ist es Wind-Surf-Go-Carting, ein umweltfreundliches Autorennen ohne Lärm und vom Wind angetrieben
Oft geniessen wir einfach nur die Ruhe und das Nichtstun (hier in der Hangout Bar beim Jibe City Surf Spot)
Der Süden von Bonaire ist geprägt durch riesige Salzseen, wo auch heute noch viel Salz gewonnen wird. Je salzhaltiger das Wasser wird, umso rötlicher ist seine Färbung. Eine Algenart, die nur bei sehr hohem Salzgehalt vorkommt, ist verantwortlich dafür
Bevor es Maschinen gab, musste die Arbeit zur Salzgewinnung von Sklaven aus Kolumbien, Peru und ganz wenige aus Afrika, erledigt werden. In diesen kleinen Häuschen, die innen zu unserem Erstaunen relativ kühl bleiben, durften sie wohnen
Heute wird das Salz über ein langes Förderband zu einem Pier gefördert und auf Schiffe verladen
Es gab früher verschiedene Salzqualitäten. Damit die Schiffe wussten, wo sie ankern sollten um die für sie bevorzugte Qualität zu laden, wurden am Ufer spitze Pyramiden errichtet, die mit unterschiedlicher Farbe bemalt wurden. Diese waren für ein Schiff schon von grösserer Distanz gut zu erkennen. Frauen trugen das Salz in Behältern auf ihren Köpfen über temporäre Stege zu kleinen Ruderbooten und schütten es dort hinein. Die Boote brachten dann das «weisse Gold» zu den vor Anker liegenden Frachtschiffen
Diese Pyramiden sind über rund 1km entlang dem Ufer verteilt und befinden sich auch heute noch in gutem Zustand, obwohl sie ihre wegweisende Funktion mittlerweile verloren haben
Über eine Woche lang warten wir in der Marina auf eine Boje. Das tut unserer guten Laune aber keinen Abbruch. Wir geniessen das süsse Nichtstun mit Lesen …
… mit Schnorcheln ausserhalb der Marina am Korallenriff …
… oder sogar einmal wie ganz normale Badegäste in der Strandanlage eines Hotels
Auf unseren Erkundungen dem Ufer entlang sehen wir immer wieder abgestorbene Fächerkorallen. Vor allem in Bereichen mit starker Strömung und grossen Wellen finden wir viele dieser labilen Lebewesen
Ein Warnsignal am Strassenrand, das es wohl nur auf Bonaire gibt!
Rosafarbene Flamingos – eines der Wahrzeichen von Bonaire. Ihre rosa-pinkige Gefiederfarbe erhalten sie durch ihre Nahrung, die zu einem grossen Teil aus den hier vorkommenden rötlichen Algen besteht
Auch wild lebende Esel gibt es auf Bonaire viele
Mit ein paar Karotten kann man schnell neue Freunde gewinnen 😊
In dieser Jahreszeit ist es immer noch sehr trocken
Der Boden ist überall mit einem fast halben Meter hohen Dornengestrüpp bedeckt, dazwischen wachsen die Säulenkakteen. Nicht gerade einladend für Wanderungen quer durch die Insel
Eine sehr charakteristische Baumart ist der Divi-Divi-Baum, der seine Krone wie eine Fahne nach dem konstant blasenden Passatwind richtet. Im Bild sehen wir den längsten Baum auf der Insel: 28 Meter beträgt die Distanz von Stamm (rechts im Bild) bis zur Kronenspitze. Den höchsten Baum gibt es hier nicht sondern den längsten, weil Bäume flach am Boden entlang und nicht in die Höhe wachsen
An der Wind und Wellen ausgesetzten Ostküste liegt überall Schwemmholz, auch Drift-Wood genannt. Dieses Holz stammt definitiv nicht von Bonaire und wurde vom Atlantik hier angespült. Schon eindrücklich, welch lange Reise das Holz, das vermutlich aus Venezuelanischen oder Brasilianischen Regenwäldern stammt, bis hierher zurückgelegt hat
Lokale Künstler verwandeln das angeschwemmte Drift-Wood in bunte Orientierungsschilder
Denkmal für das in der Nacht vom 15. Dezember 1979 in diesem Küstenbereich an den schroffen Felsen zerschellte Holländische Floss «Sterke Yerke III». Das Floss war 137 Tage vorher in Friesland (Holland) mit Ziel Curaçao gestartet. Dank der schnellen Hilfe einiger einheimischer Bewohner überlebte die 4-köpfige Besatzung das Unglück
Und dann endlich ist es so weit!! Es wird eine Boje frei und wir zügeln von der Marina raus in den Bereich des Korallengürtels. Es hat hier draussen einige Schiffe, die schon mehrere Wochen hier liegen und noch ein paar Monate bleiben wollen. Es ist fast wie eine kleine Dorfgemeinschaft und wir fühlen uns sofort wohl hier mitten unter den anderen Booten. Beim Schnorcheln, Tauchen, SUP oder Dinghi Fahren, alle Segler grüssen einander, fragen nach wie es geht, man lässt sich in ein Gespräch verwickeln oder sagt kurz Danke und weiter geht’s
Unser neues Spielgerät: ein aufblasbares SUP. Nach etwas Übung geht es auch bei starkem Wind
Die letzte geplante Arbeit am Schiff wird durchgeführt: Putzen des Unterschiffes. Trotz des speziellen Farbanstriches (= Antifouling), der das Festhalten von Pflanzen und Tieren verhindern soll, hat es mittlerweile doch einige Muscheln, die sich hartnäckig an der glatten Oberfläche festgesaugt haben. Köbi muss mit einer harten Spachtel bewaffnet unter das Schiff tauchen und die Muscheln und anderen Bewuchst wegschaben. Über einen 15 Meter langen Schlauch wird er vom gelben Kompressor mit Frischluft versorgt. Nach zwei Tagen ist unser Schiff unten nun wieder blitz blank sauber
Wir kriegen Besuch auf der Lupina
Aus Angst um unser sauberes Verdeck verscheuchen wir den Pelikan mit lautem Klatschen. Widerwillig hebt er ab
Mutter und Tochter geniessen die Tage zusammen
Blick von der Hafenmole über das Bojenfeld Richtung Westen. Am Sonntag, 21. Juli, legen wir ab und fahren der Sonne nach. Unser nächstes Ziel ist Aruba
Zuerst verabschieden wir uns aber noch ordentlich feuchtfröhlich und mit guten alten Hits aus dem Lautsprecher von neuen Segelbekannten, SY Taku (Etta und Bob, links neben Pia) und SY Kopano (Teresa und Rudy, links im Bild)

Dushi Bonaire, bye bye, wir kommen bald wieder!! Ende August sind wir wieder zurück und freuen uns auf unseren nächsten Besuch aus der Schweiz.

Nach Ferien in der Schweiz zurück auf der Lupina

Am vergangenen Wochenende gingen unsere Ferien in der Schweiz zu Ende und seit Montag, 1.7.2019, wohnen wir wieder auf der Lupina. In der Schweiz haben wir eine wunderbare aber auch intensive Zeit verbracht mit allerlei Aktivitäten. Da wir unsere eigene Wohnung vermietet haben, hausten wir zuerst für zwei Wochen bei Freunden und dann bei Sohn Jan und seiner Familie. War das Wetter vor unserer Ankunft noch kalt und regnerisch, kehrte es mit unserem Eintreffen schlagartig und es wurde sonnig und warm. Kein Witz sondern wahr: am Abend unserer Landung verkündete der Wetterfrosch am Fernsehen, dass das Hoch «Pia» von Westen kommend stabiles schönes und warmes Wetter bringen wird. Die Vorhersage traf ein und die Temperaturen waren zeitweise sogar höher als in Bonaire.

Unsere Heimat: das Dorf Wölflinswil mit etwas mehr als 1’000 Einwohnern liegt schön eingebettet zwischen den Jurahügeln im oberen Fricktal
Das Fricktal ist berühmt für seine Kirschen. Bei unserer Ankunft waren diese aber noch nicht ganz reif und wir mussten uns etwas gedulden, bevor wir diese leckeren Früchte direkt ab Baum essen konnten
Die ersten Tage waren wir oft am Bürotisch und erledigten, was wir uns für die Schweiz aufgeschoben hatten. Unter Anderem galt es, die Steuererklärung für das Jahr 2018 auszufüllen und einzureichen
Einer der Gründe für unseren Heimaturlaub: die Taufe von Enkelin Luisa, die im Februar zur Welt gekommen ist und die wir erstmals in die Arme nehmen durften. Leider fiel in unseren Aufenthalt auch die Beisetzung von Pia’s Vater, der in der Woche vor unserer Heimreise nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben war
Und dann endlich waren die Kirschen reif! Hier zeigen wir einer Brasilianischen Familie, die wir vor Jahren durch eine Austauschstudentin bei uns kennen gelernt haben, wie fein die Früchte schmecken, wenn sie direkt ab Baum gegessen werden
Darauf haben wir uns am meisten gefreut: auf unsere Grosskinder! Hier unternehmen wir eine kleine Wanderung in den nahen Wald zum bräteln. Der Aufstieg ist steil und das Wetter heiss. Die Rast auf der schattigen Bank mobilisiert neue Kräfte
Opi Köbi zeigt Jael, wie man mit einem einzigen Streichholz ein Feuer machen und dann feine Würste darauf braten kann
Etwas später während unserer Ferien gab es wieder ein Grillfest im Garten vor dem Haus. Diesmal waren Köbi’s Untermieter unsere Gäste
Für Köbi das Highlight: Eidgenössisches Turnfest in Aarau. Der Männerturnverein Wölflinswil hatte es sich zum Ziel gesetzt, in der obersten Liga, der 1. Stärkeklasse, zu starten. Da es mit den Leuten knapp war, wurde Köbi als langjähriger und Turnfest erfahrener Turner kurzfristig angefragt, ob er mitmachen will. Keine Frage!! Trotz verletztem Finger klappte es perfekt. Ein selber gebastelter Fingerschutz und ein paar Klebstreifen schützten die immer noch sensible Fingerkuppe. Der Wettkampf verlief dann sensationell gut und mit einer Punktezahl von 29.85 (von maximal 30 möglichen Punkten) durfte der 4. Schlussrang gefeiert werden. Selbstverständlich wurde diese Leistung, wie es sich für richtige Turner gehört, gebührend begossen 😊😊
Auch etwas Schweizer Folklore durfte nicht fehlen. An einer Geburtstagsfeier in Engelberg zeigte uns die Dorfjugend spontan, was sie musikalisch drauf hat
Am 1. Juli um 4 Uhr in der Früh hiess es dann Abschied nehmen. Von Basel aus flogen wir via Amsterdam zurück nach Bonaire …
… wo wir am selben Tag kurz vor dem Eindunkeln unsere Lupina stark verstaubt aber sonst in perfektem Zustand auf uns wartend vorfanden

In den nächsten Tagen kommen wir jetzt einfach wieder an, werden Bonaire etwas erkunden und schmieden dann weitere Pläne. Wir halten euch auf dem Laufenden.

410 Seemeilen weiter und wir sind in Bonaire

Am 21. Mai um 4 Uhr nachmittags ziehen wir unseren Anker hoch, setzen Schmetterlings-Besegelung (Grosssegel auf Backbord mit Bullentaille gesichert, Genua auf Steuerbord mit Spi-Baum gesichert) und rauschen von Grenada ab in Richtung Bonaire. Zwei Dinge sind diesmal etwas anders wie sonst: einerseits ist Köbi’s Finger noch nicht einsatzfähig und Arbeiten, zu denen es beide Hände braucht, müssen mit Pia’s Unterstützung erledigt werden. Andererseits hört und liest man von Piraterie entlang der Venezuelanischen Nordküste. Dies ist eine Folge der politischen Unruhen in Venezuela, die einher geht mit Verwahrlosung, grosser Armut und Anarchie. Eigentlich wollten wir uns entlang der wunderschönen Venezuelanischen Inseln bis nach Bonaire westwärts hangeln. Es gibt auch Segler, die das jetzt noch tun. Wir aber wollen das Schicksal nicht herausfordern, machen einen grossen Bogen um das Risikogebiet herum und halten mindestens 35 Seemeilen Abstand. In diesem Abstand werden wir auf dem Radar nicht gesehen. Zudem schalten wir bei der Vorbeifahrt unser AIS Sender aus. Einzig das Positions-Licht behalten wir nachts an. Da dies aber nur etwa maximal 10 Seemeilen weit sichtbar ist, sehen wir darin keine Gefahr.

Für einmal muss Pia die Kontrollgänge an Deck machen. Dazu braucht es beide Hände, vor allem wenn der Wellengang wie zu Anfang der Reise etwas hoch ist

Bei der Überfahrt haben wir einen guten achterlichen Wind, manchmal zwar fast etwas wenig, was uns aber lieber ist als zu viel. Wir können die ganze Zeit unsere Segelstellung belassen und immer unter vollen Tüchern fahren. Erst als wir gegen Bonaire kommen und südwärts abdrehen, verstellen wir unsere Segel zum ersten Mal wieder. In unserer letzten Nacht auf See bringt ein Fischerboot unsern Puls (genau genommen Pia’s Puls, da sie gerade Wache schiebt) doch noch ein wenig auf Trab. Das Fischerboot hält von vorne fast genau auf uns zu. Wir sehen ihn zum ersten Mal auf dem Radar in etwa acht Meilen Distanz. Als er in vier Meilen Distanz zu uns immer noch in unsere Richtung fährt, denken wir schon an Piraten und legen uns Abwehrstrategien zurecht. Die ersten beiden Massnahmen, Lichter löschen und 20 Grad Kursänderung nach Norden, leiten wir auch gleich ein. Zu unserer weiteren Beunruhigung stoppt das Fischerboot in etwa zwei Meilen Distanz zu uns, bleibt ein paar Minuten stehen, und fährt dann einen Kreis. Wir sind nur noch 1,5 Meilen von ihm weg, als er beginnt, seinen alten Kurs, der rund eine Seemeile südlich an uns vorbeizieht, wieder aufzunehmen. Wir beobachten sein Verhalten genau und stellen erleichtert fest, dass er seinen Kurs fortsetzt, als er uns passiert hat. Immer noch etwas vorsichtig nehmen wir den alten Kurs wieder auf, und Köbi, der zur Sicherheit geweckt wurde, legt sich wieder schlafen. Je näher wir an Bonaire kommen und je mehr kommerzielle Schiffe um uns herum sind, umso entspannter wird für uns die Fahrt.

Überquerung der Hoheitsgrenze von Bonaire. Wie immer setzt Pia zu Ehren des Gastlandes die neue Hoheitsflagge unter den steuerbordseitigen Saling (= Querverstrebung am Mast)
Und dann sind wir da! Schon vor dem Einklarieren fällt uns Angi, Pia’s Tochter, die in Bonaire lebt, um den Hals – welcome to Bonaire!!
Angi arbeitet auf der windsicheren Ostseite von Bonaire in einem in der Surferszene hoch gehandelten Surfspot

In Bonaire ist das Ankern zum Schutz der Korallenbänke strikte verboten. Wir finden das gut und respektieren diese Anordnung. Entlang der Westküste hat es viele vom Staat gesetzte Bojen, an denen man gegen eine kleine Gebühr von 10 US$ pro Tag festmachen kann. Wir legen unsere Lupina direkt vor die Hauptstadt, Kralendijk. Kaum sind wir an der Boje fixiert, werden wir schon von Annette und Michael von der Segelyacht Limelight, die wir in Grenada erstmals getroffen haben, begrüsst. Sie sind einen Tag vor uns nach Bonaire gesegelt. Auch das Schweizer Schiff SY Yum Yum mit dem Basler Skipper Mirko und seiner Begleiterin Anja sehen wir an einer Boje nicht weit von uns. Wir freuen uns, dass beiden Schiffen die Überfahrt ebenfalls ohne Probleme gelungen ist. Am meisten aber freuen wir uns am Wasser hier. So klares Wasser wie jetzt auf Bonaire haben wir auf unserer ganzen Reise bisher nie angetroffen. Schnorcheln macht richtig Spass. Direkt unter unserem Schiff fällt der Meeresboden steil von rund 5 Meter auf 10-15 Meter ab. Entlang dieser Riffstufe schwimmen tausende von herrlich bunten Fischen. Ab und zu zieht ein grösserer (= mehr als ein Meter langer) Raubfisch seine Kreise dem Riff entlang und man kann die Verteidigungstaktik der möglichen Beutefische beobachten. Wir geniessen es, direkt vom Schiff aus tauchen und schnorcheln zu können.

Auch mit verletztem Finger, der bis jetzt gut am Heilen ist, gibt es die geeignete Schnorcheltechnik

Ab 28. Mai haben wir einen Liegeplatz in der Harbour Village Marina gebucht, wo wir das Schiff für die Zeit, in der wir unserer Heimat einen Besuch abstatten, festmachen können. Bevor wir das machen, wollen wir Angi aber noch die Gelegenheit geben, unsere Lupina in Aktion zu erleben.

Köbi holt Angi und ihren Surf-Kollegen Ralf, der auch mal gerne auf einem Segelschiff mitfahren möchte, am Morgen mit dem Dinghi von einem nahe gelegenen Steg ab und bringt die neuen Matrosen an Bord
Mutter, Tochter und Skipper freuen sich mächtig über den Besuch auf der Lupina
Dann lösen wir die Lupina von der Boje los, setzen Ralf ans Steuer, und los geht es für ein paar Stunden um eine kleine, vorgelagerte Insel (mit dem sinnigen Namen «Klein Bonaire»)
Pia hat sichtlich Spass an der jungen Seemannschaft
Nach einem wunderschönen Segeltag heisst es «ab in den Stall» – oder wohl besser «ab in die Marina», wo wir unsere Lupina sicher an dem uns zugewiesenen Pier festmachen
Die letzten Tage vor unserer Abreise geniessen wir mit unseren Seglerbekanntschaften, und Pia stellt ihre Back- und Kochkünste unter Beweis. Hier geniessen wir gerade mit Annette und Michael von der SY Limelight eine göttliche Mousse au Chocolat und nehmen gleichzeitig Abschied von der sympathischen Crew. Sie ziehen nun bald weiter und sind wohl schon in Kolumbien, bis wir aus der Schweiz zurückkommen
Immer wieder werden wir nach Köbi’s Finger gefragt: die Wunde ist nun seit vier Tagen trocken und die Gefahr einer Infektion ist somit gebannt. Ab jetzt gilt es, die Narbe mit einer geeigneten Salbe geschmeidig zu halten, so dass möglichst viel der Fingerkuppe nachwachsen kann. Köbi bei seiner täglichen Prozedur …
… währenddem Pia bereits am Packen ist für die Heimatferien

Den ganzen Monat Juni werden wir in der Schweiz verbringen um Familien, Freunde und Bekannte zu besuchen. Ab 1. Juli geht es dann hier wieder weiter. Was uns dann erwartet, wissen wir schon recht genau:

Viel Zeit im wunderbar klaren Wasser verbringen (übrigens: wer hat die Schildkröte unten im Bild gesehen? 😉)
Und dann hat Angi noch vor, uns Surfen beizubringen. Hier zeigt sie uns, wie es geht! Uns ist jetzt schon etwas mulmig davor 😊😊

Grenada – «die Gewürzinsel»

Grenada ist die südlichste Insel der Kleinen Antillen. Sie wurde bei der 3. Entdeckungsfahrt 1498 von Columbus entdeckt und erhielt zuerst den Namen «Concepcion». Später gaben ihr dann Spanische Seeleute den heutigen Namen, weil ihre üppig grüne Landschaft und die hügelige Kontur sie stark an Granada in Andalusien (Spanien) erinnerte. Die Engländer beliessen den Namen, als sie die Insel 1609 zu ihren Kolonien hinzufügten. Danach gab es das klassische Szenario: die einheimische Bevölkerung ermordeten und kochten ein paar der Eindringlinge, den Rest warfen sie ins Meer zurück. Erst 1650 gelang es den listigen Franzosen, sich mit ein paar Gelagen und viel Alkohol bei den Einheimischen einzuschmeicheln. Als diese es merkten, war es schon zu spät und sie fanden sich von der Französischen Armee im Norden der Insel auf eine Klippe zurückgedrängt. Gemäss Geschichtsaufzeichnungen warfen sich damals viele Insulaner lieber stolz ins Meer, als sich den Franzosen zu ergeben.

Nachdem die einheimische Bevölkerung praktisch vernichtet war, stritten sich auch hier die Franzosen und Engländer über 100 Jahre lang um die Vorherrschaft. Erst im Vertrag von Versailles fiel Grenada 1783 definitiv an die Engländer. Dank der nährstoffreichen, fruchtbaren Vulkanerde und regelmässigen Regenschauern wuchs hier fast alles, was von den Sklaven damals für die Plantagenbesitzer anpflanzt wurde. Nachdem die Sklaverei abgeschafft war und sich die Grossgrundbesitzer aus dem Staub gemacht hatten, wurde das Land an die Einheimischen, meist ehemalige Sklaven, verteilt. In der Folge entwickelte sich eine rege, vielseitige Landwirtschaft mit diversen Früchten wie Bananen, Mango, Papaya und vielen Anderen, daneben Kokosnuss, Zuckerrohr, alle Arten von Gemüsen und Gewürzen, darunter die berühmte Muskatnuss. Anlehnend an die Letztere wird Grenada heute auch liebevoll «die Gewürzinsel» genannt. 1974 wurde Grenada ein eigenständiger Commonwealth Staat. Nach anfänglichen innenpolitischen Streitigkeiten, der Einmischung von Russland (via Kuba) und der USA und einer grossen Rezession, geht es seit Ende der 90er Jahre wieder steil bergauf, und Grenada zeigt sich heute als eine der fortschrittlichsten Inseln im ganzen Antillenbogen. Uns ist gerade dies im Vergleich zu den anderen Inseln aufgefallen. Zeigten sich andere Inseln auf unserem Weg doch eher ärmlich und spärlich entwickelt, überrascht uns Grenada mit ihrem Wohlstand, guter Versorgung und funktionierender Infrastruktur. Auf den meist ordentlich ausgebauten Strassen fahren viele, zum Teil auch modernere Autos, dementsprechend ist es auch laut und irgendwie hektisch. Nach vier Monaten «Ruhe» für uns sehr gewöhnungsbedürftig.

In den ersten Tagen ist Köbi mit seinem havarierten Finger Patient einer lokalen Arztpraxis. Im Bild das spartanisch aber durchaus zweckmässig ausgerüstete Besprechungszimmer, das gleichzeitig auch als OP Raum für kleinere Eingriffe dient

Köbi’s Finger hält uns nicht davon ab, diverse Ausflüge auf der Insel zu unternehmen. Nachdem wir die Ostseite schon ergiebig von Land und Meer aus besucht haben (siehe letzter Bericht), waren nun die Westseite, der Süden und das Zentrum der Insel unsere Ziele.

Diamond Schokolade Fabrik: Von der Prickly Bay fahren wir mit dem öffentlichen Bus via die Hauptstadt St George’s fast eine Stunde auf kurviger Strasse der Westküste entlang nach Norden und besuchen die Diamond Schokoladenfabrik bei Victoria im Nordosten von Grenada. Das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert war ursprünglich eine Rumdestillerie, die von Französischen Mönchen gebaut wurde. In den letzten Jahrzehnten diente es als Rösterei für Kakao-Bohnen, die dann exportiert wurden. Der Wunsch nach einer höheren lokalen Wertschöpfung, bei der nach der Röstung die Bohnen direkt selber zu Kakao verarbeitet werden, liess dann ein paar einheimische Unternehmer 2014 das alte Gebäude mit einer kleinen Schokoladenfabrik ergänzen
Die Diamond Schokolade Fabrik steht mitten in einer Kakao-Plantage. Kürzer geht der Produktionsweg nicht mehr! Rund 80 Personen arbeiten in der Plantage, der Rösterei und der kleinen Schokoladenfabrik. So sieht eine Kakao Frucht aus. Sie wächst direkt am Stamm oder den dicken Zweigen eines Baumes
Die Kunst ist es, den richtigen Reifegrad der Frucht zu erwischen. An der Farbe erkennt der Pflücker, welche Frucht genau richtig gereift ist, bevor sie gepflückt wird
Eine kleine Auswahl der von den Bauern selber produzierten Schokoladen. Wir haben sie probiert und können bestätigen: lecker!! In der Diamond Schokoladenfabrik wird diese abgestuft mi mit einem Kakaoanteil zwischen 50% bis 100% produziert. Für uns schmeckt die Mischung mit 60% Kakaoanteil am besten, vor allem die mit Muskatnuss gewürzte! 😊 Im Vergleich zur Schweizer Schokolade hat die Schokolade von Grenada einen leicht höheren Schmelzpunkt und behält ihre Form auch bei Temperaturen um die 30 Grad, was hier natürlich sehr wichtig ist
Auf der Wanderung zum Mt Airy. Schöner Pfad mitten durch den Wald. Die feuchten, rutschigen Blätter auf dem steilen Pfad und die überstehenden Armierungseisen bei den Holzstufen machen den sonst schönen Spaziergang etwas zur Herausforderung
Blick über die Prickly Bay. Die Lupina schaukelt mit vielen anderen Schiffen friedlich in den Wellen
Nachmittägliche Kochlektion im Dodgy Dock, True Blue Bay. Wir haben das Treiben amüsiert aus sicherer Distanz von der Bar aus verfolgt. Wenn das Sprichwort «never trust a thinny cook» etwas Wahres hat, dann braucht sich diese Köchin im pinken Shirt keine Sorgen um das Vertrauen ihrer Kunden zu machen
Wandern in den Tropen gibt Durst – sogar bei Pia. Leider hat diese Mikrobrauerei vor Ort in der True Blue Bay Marina geschlossen
In der morgendlichen Funkrunde über Kanal 66, wo sich Segler wie wir über das lokale Geschehen des Tages informieren können, bietet unter anderem «Fast Manicu» seine Dienstleistungen an. Er füllt Gasflaschen auf und liefert gegen Bestellung Lebensmittel. Wir testen ihn mit unserer leeren Gasflasche – das klappt perfekt und günstig. Also trauen wir ihm auch eine wichtigere Bestellung zu: Biernachschub! Auch das klappt tadellos, wie man sieht. Das letzte eingekaufte Bier von Gran Canaria ist soeben zu Ende gegangen 😊😊
Nur eine kurze Fussmarschdistanz von der Prickly Bay Marina entfernt liegt die West Indies Brewery, ein Pub mit einer eigenen Brauerei (vielen Dank an die Invia Crew für diesen Tipp 😊). Mit Annette und Michael von der Segelyacht Limelight probieren wir uns durch die rund 12 verschiedenen Biere und lernen dabei ein interessantes Seglerpaar kennen, das auch in Richtung ABC Inseln (Aruba, Curacao, Bonaire) unterwegs ist
Morne Rouge Beach, Grenada: an der Südwestküste von Grenada reiht sich eine wunderbare Badebucht an die andere
Spice Island Beach Resort: aus der Fototafel erfahren wir, dass das Englische Königshaus hier regelmässig Gast ist, letztmals im 23. März 2019 (2. Bild oben rechts), also genau drei Tage, nachdem Prince Charles in St. Vincent den «Soufriere Tree» gepflanzt hat (der geneigte Leser unserer Home Page erinnert sich sicher an das Bild 😉). Wir sind froh, dass wir keine Berühmtheiten sind und unbehelligt von Paparazzi mit farbenfrohem Hemd und Flip-Flops an den Füssen durch das Resort-Areal (das wirklich sehr schön ist) schlendern können
Bevor wir uns an die Südwestseite von Grenada verlegen geniessen wir den letzten Abend in der Prickly Bay Marina bei BBQ …
… und Steel Drum Band
In der Prickly Bay hatten wir einen idealen Liegeplatz, gut geschützt und perfekter Ankergrund. Aber das Wasser hier ist immer trüb und reich an Mikroorganismen. Nach kurzer Zeit war unsere Kette dick mit Algen bewachsen und unser Dinghi, das bisher sauber war, unten belegt mit einer hartnäckigen Algen- und Muschelschicht. Dank Pia’s intensivem Putzeinsatz unter gleissender Sonne wird unser Beiboot aber fast wieder wie neu 😊
Zum Abschluss unseres Grenada Besuches ankern wir noch für drei Tage vor St George’s im Südwesten der Insel. Von hier aus starten die meisten Buslinien, die den Rest der Insel mit der Hauptstadt verbinden. Idealer Ausgangspunkt für eine Inseltour. Wir haben uns eine besonders abenteuerliche Wanderung ausgesucht. Sie beginnt beim Grand Etang, einem Vulkankratersee im Zentralen Gebirge
Der Wanderweg folgt dem Kraterrand, meist genau auf dem Scheitelpunkt: auf beiden Seiten geht es steil runter. Im Hintergrund der Kratersee Grand Etang. Wir kommen recht ins Schwitzen bei 30° Celsius und 75% Luftfeuchtigkeit. Zum Glück weht hier oben auf den Bergen immer ein kräftiger Passatwind, der die Hitze für uns gut erträglich macht
Weiter geht der Wanderweg zum 722 Meter hohen Mount Qua Qua. Man beachte, dass wir für diese Wanderung wieder die Wanderschuhe ausgepackt haben. Von anderen Seglern hatten wir erfahren, dass der Weg nichts für Flip-Flop ist! 😊
Danach folgt ein steiler Abstieg im dichten Urwald, entlang einem Bergbach, der immer mehr Wasser führt, je weiter wir nach unten steigen
Ab und zu müssen wir durch das Flussbett durch. Wir sind froh, führt es nicht mehr Wasser. Hätte es heute Morgen stark geregnet, wäre das Durchkommen unmöglich
Das Ziel der Wanderung: der Concorde Wasserfall. Bei unserem Besuch ist der Park um den Wasserfall total menschenleer. Die Kreuzfahrtschiffe sind nun, bevor die Hurrikan Saison beginnt, aus der Karibik Richtung Europa und Asien verschwunden. Ausser ein paar Seglern hat es nur noch wenige Touristen. Die freundliche Parkwächterin ist daher auch erfreut, dass sie Besucher bekommt. Als sie erfährt, dass wir die rund dreistündige Wanderung vom Grand Etang her über den steilen Kraterrand hinunter zu ihr bewältigt haben, erlässt sie uns kurzerhand den fälligen Eintrittspreis. Zur «Kompensation» kaufen wir aber ein paar Gewürzmischungen von ihrem Besucherladen ab. Ein sehr sympathisches und fröhliches Lachen strahlt uns an
Auf Schritt und Tritt wird man in Grenada von einem feinen Duft verfolgt, den Pia rasch als Muskatnuss identifiziert. Muskat wächst wie Kastanien oder Nüsse auf Bäumen, die ähnliche Blätter haben wie ein Birnenbaum oder Zitrusbäume. Im Bild die Frucht, wie sie am Muskat-Baum wächst
Wenn man diese gelbliche Schale öffnet, kommt eine rötliche Frucht zum Vorschein
Diese Frucht wiederum lässt sich schälen, und zurück bleibt die Muskatnuss mit Schale
Diese Nuss wird nun geröstet, so dass die letzte Schale aufbricht und die bei allen Köchen gut bekannte Muskatnuss frei gibt. Gut verständlich, dass entlang von Strassen, wo Autoreifen die Nuss auf der Strasse zermalmen, dieser ganz charakteristische feine Duft überall in der Luft hängt

Im Karibikraum beginnt nun bald die Hurrikan Zeit, die bis Anfang November dauert. Einige Segler nehmen ihr Boot aus dem Wasser und lassen es an Land fest mit dem Boden verankern. Die meisten weichen aber aus der kritischen Zone aus in Gebiete mit wenig oder null Risiko. Dies ist grob gesagt entweder nördlich von Florida oder südlich von Grenada, also die Südamerikanische Nordküste. Wir haben entschieden, die Hurrikan Zeit auf den ABC Inseln zu verbringen (A: Aruba / B: Bonaire / C: Curaçao)

Mit den 15 besuchten Inseln der südlichen Kleinen Antillen (gelb markiert auf der Karte) haben wir erst einen kleinen Teil der Karibik gesehen. Nun fahren wir heute Dienstag, 21.5.2019, von Grenada weiter nach Bonaire. In welche Richtung wir von den ABC Inseln nach der Hurrikan Zeit weitersegeln ist noch nicht ganz entschieden. Die Karibik ist so riesig und spannend, vielleicht machen wir noch einmal eine Runde über die Dominikanische Republik zurück in die nördlichen Antillen. Mal sehen 😊

Wir freuen uns riesig auf Bonaire, wo wir Angela, Pia’s Tochter, endlich wieder mal sehen. Auf dem Weg dorthin müssen wir aber zuerst einen kleinen Bogen um die nördlichen Inseln von Venezuela machen, da es dort momentan nicht sicher ist und es in letzter Zeit mehrere Übergriffe auf Segelschiffe gegeben hat. Daher umrunden wir die Inseln nördlich mit einem guten Sicherheitsabstand. Ab heute Nachmittag sind wir unterwegs und wer uns live verfolgen möchte, kann das über das Menü «Aktuelle Position» gerne tun.

Grenada – der grüne Flash

Mittlerweile sind wir ganz im Süden der Insel Grenada angekommen und liegen zurzeit in der Bucht von Prickly Bay, vor Anker. Ankern wäre hier super einfach, wenn nicht überall diese oft von Privaten platzierten Bojen wären. Wenn immer möglich wollen wir ankern, denn dann wissen wir, was wir haben. Bei den Bojen ist der Zustand von Seilen und Ketten oft fraglich und immer wieder liest man, dass sich eine Boje losgerissen hat, und die daran hängende Yacht irgendwo auf einem Riff gestrandet ist. Allerdings ist Ankern inmitten eines Bojen Feldes auch nicht gerade ratsam, denn an der Boje bewegt sich ein Schiff viel weniger als wir an der Kette. Deshalb haben wir auch hier einen freien Platz gerade ausserhalb des Bojen Feldes für unseren Anker gewählt und liegen nun halt rund einen halben Kilometer weg vom Steg, wo wir mit unserem Dinghi anlanden können. Ist aber weiter kein Problem, denn das Wasser in der Bucht ist relativ flach und die Wellen gering.

Aber nun der Reihe nach: als wir letztes Mal berichtet haben, lagen wir auf der Ostseite der Insel in Grenville vor Anker. Unser Plan war, da ein paar Tage zu bleiben und die Ostseite und den Norden von Grenada von dort aus zu erkunden. Wir mussten da aber feststellen, dass die Anlegemöglichkeiten für das Dinghi sehr schlecht waren. Wir wollten nichts riskieren mit Köbi’s Finger. Zudem war für die folgenden Tage eine starke Brise Richtung Land angesagt. Der Anker hielt zwar sehr gut und die Wellen wurden von den vorgelagerten Riffen weitgehend aufgehalten, trotzdem entschieden wir bereits nach einer Nacht, uns von Grenville ohne direkten Landgang zu verabschieden, um weiter südlich in einer der tief einlaufenden und nach Süden ausgerichteten Buchten Schutz vor Wind und Welle zu suchen. In der Bucht von St Davids Harbour, rund 10 Seemeilen südlich, fanden wir eine sehr schöne, idyllische Bucht, wo es uns gefiel und wir mit unserer Lupina ankerten.

Nachdem wir Carriacou verlassen haben, müssen wir nun den Verband an Köbi’s Finger alle zwei Tage selber wechseln, bis die Wunde verschlossen ist. Medizinisches Material haben wir ausreichend an Bord, und von Nelly (siehe Berichte aus den Kanaren), einer in solchen Dingen sehr erfahrenen Krankenschwester, erhalten wir dabei eine erstklassige Fernunterstützung. Vielen Dank Nelly!! Die von Nelly erhaltenen Anweisungen werden von Pia perfekt umgesetzt und die Heilung ist folglich auf gutem Weg 😊
St Davids Harbour ist eine tief ins Land reichende Bucht, die perfekt von den vorherrschenden Winden geschützt ist. Das Tal am Ende er Bucht ist von hohen Bergzügen umrandet und bietet daher im Falle eines Hurrikans guten Schutz. Grenada liegt zwar schon sehr südlich, ist aber immer noch in der Hurrikan Zone. Da die Wahrscheinlichkeit für dieses Naturereignis sehr gering ist, verbringen viele Yachten die Hurrikan Zeit (Juli bis November) auf Grenada. Zahlreiche Eigner lassen ihr Boot für diese Zeit einfach irgendwo gesichert an Land und reisen über den Sommer nach Hause. Hier in St Davids Harbour ist ein idealer Platz dafür. Über hundert Yachten sind bereits schon an Land und mit Gurten und Stahlseilen auf den Boden gesichert
Zufällig sehen wir eine Yacht aus der Schweiz, die «San Giulio» mit Antje und Beat, die wir ein paar Wochen vorher auf Union Island getroffen haben. Sie hatten uns damals erzählt, dass sie ihr Schiff für die Hurrikan-Zeit in Grenada aus dem Wasser nehmen wollen. Wenn wir es nun aber gesucht hätten, wir hätten es wohl nie gefunden
Statt mit unserem Dinghi besuchen wir Grenville nun mit dem öffentlichen Bus. Etwas ausserhalb vom St Davids Harbour führt die Hauptstrasse entlang der Ostküste und das Erwischen eines Buses ist kein Problem. Grenville selber vermag uns nur wenig zu fesseln und es gibt nicht wirklich viel Sehenswertes …
… ausser vielleicht diese Beschriftung, die auf eine Bar hinweist. Bei den vorherrschenden Temperaturen finden wir es genau richtig für uns und gönnen uns eine kleine Pause bei einem kühlen Bier
Danach geht’s weiter der Küste entlang. Wir sind beeindruckt und begeistert vom satten Grün der Bäume und Sträucher. Die letzten Inseln waren doch eher trocken und karg, aber Grenada ist mit seinen fast tausend Meter hohen Bergen in der Lage, die Feuchtigkeit aus den Passatwind Wolken zu kitzeln. Kurze, intensive aber warme Regenschauer sind in dieser Jahreszeit recht häufig
Wir wollen zu einem Wasserfall im Tropenwald (Mount Carmel Waterfall), der uns von Einheimischen empfohlenen wurde. Nachdem wir bald eine Stunde im feucht-heissen Klima auf einer schmalen Strasse bergwärts gekraxelt sind, wollen wir uns versichern, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Wir fragen einen älteren Mann am Wegrand. Seine Hand weist auf drei junge Burschen, die nicht weit vor uns von der Strasse in den Wald abbiegen. Mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht meint er, wir sollen einfach den Jungs folgen, diese gehen auch dorthin. Machen wir und erleben eine kurzweilige Wanderung zum Wasserfall. Immer wieder halten sie bei bestimmten Bäumen an, schütteln daran oder klettern hoch. Feine Früchte sind ihre Motivation, die sie uns fast etwas stolz zum Probieren reichen und uns zeigen, wie man sie am besten essen kann. Auf dem Bild sind nur noch die Flip-Flops des dritten Jungen zu sehen – dieser ist gerade in die Baumkrone gestiegen und wirft uns Früchte herunter
Am unteren der beiden Wasserfälle angelangt. Die Jungs, denen wir gefolgt sind, stürzen sich gleich ins kühlende Frisch. Ihre waghalsigen Sprünge vom steilen Ufer, oder die halsbrecherische Rutschfahrt über die glitschigen Felsen erinnert uns an die Jungs vom Turnverein zu Hause (allez les bleus!!). Köbi hätte gerne mitgetan – wenn da nicht sein Finger gewesen wäre! 😉
Am oberen, wohl etwas spektakuläreren der beiden Mt Carmel Wasserfälle. Man findet sie nicht in den Touristenführern und die Wege sind nicht markiert. Umso mehr überrascht es uns, dass wir hier Badehäuschen und viele Einheimische antreffen (wir sind die einzigen Touristen)
Mit dem Bus fahren wir weiter nordwärts zur River Antoine Rum Destillerie. Beim Eingang steht dieser arme Traktor und wartet auf einen Mechaniker, der weiss, wie er wieder zusammen gebaut wird. Da hätte Ruedi Plattner, der beste Landmaschinen Mech, den wir kennen, seine helle Freude daran 😊😊
Die River Antoine Rum Destillerie wurde 1785 gebaut. Seitdem wird hier Rum mit den gleichen Mitteln und nach dem gleichen Verfahren hergestellt. Hier sehen wir den Anfang des Prozesses, wo die soeben angelieferten Zuckerrohrstangen über ein Förderband aus Ketten und Holzbrettern in die Presse geschoben werden
In dieser Presse aus massivem Eisenguss, die in London hergestellt und per Schiff nach Grenada gebracht wurde, wird der Saft aus dem Zuckerrohr gepresst. Auf der linken Seite werden dann die ausgepressten Pflanzenreste aus der Maschine geschoben
Angetrieben wird das Ganze von einem grossen, eisernen Wasserrad, das wie die Presse ebenfalls aus England stammt. Die Kraft wird über Zahnräder, Wellen und Riemen an Presse und Förderband übertragen
Die ausgepressten Pflanzenreste werden mit diesem Schubkarren, der auf Schienen läuft, ins Freie gefahren, wo sie zwischen gelagert werden …
… um dann nach einigen Tagen Trocknung an der Sonne in diesem Ofen zu verschwinden
Der Ofen befeuert das «Pfannenhaus». Der ausgepresste Zuckerrohrsaft wird über Rohre in die erste von mehreren hintereinander liegenden Pfannen geleitet. Vom darunter liegenden Ofen werden diese unterschiedlich warm aufgeheizt und der Zuckerrohrsaft beginnt zu fermentieren. Die erste Pfanne ist am kühlsten, die letzte am wärmsten. Der Reihe nach wird der immer wärmer werdende Saft mittels einer grossen Holzkelle (von Hand) von einer Pfanne in die nächste geschöpft, bis die Fermentierung am Schluss den richtigen Grad erreicht hat
Nach der einige wenige Wochen dauernden Gärung (in grossen, offenen Becken) wird die Flüssigkeit gebrannt und destilliert. Auch diese gesamte Einrichtung stammt aus England und ist noch genau so, wie es ursprünglich aufgebaut wurde. Einzug der Steinofenbereich musste schon ein paarmal neu gemauert werden, und macht auch jetzt nicht mehr den besten Eindruck. Das Ergebnis des ganzen Prozesses: rund 600 Flaschen 75%igen Rum pro Tag. Exportiert wird nichts, alles bleibt auf der Insel und wird hier konsumiert. Wir kaufen zwei Flaschen für die Bordapotheke 😉
Unsere nächste Station nach der St Davids Bay ist die Le Phare Bleu Bay (Phare Bleu heisst: blauer Leuchtturm). Wir sind bereits vor Anker, als wir nochmals genau nachlesen, was es an Land so alles hier gibt. Pia stutzt etwas, als sie liest, dass die Namen der Hotelgründer «Jana und Dieter» sind. Sie setzt sich hinter den PC und beginnt zu suchen – und tatsächlich, sie hat recht! Per Zufall sind wir da gelandet, wo Jana Caniga (die bekannte 10 vor 10 TV Sprecherin) zusammen mit ihrem Mann 2006 ein Projekt gestartet und ihren Lebenstraum erfüllt haben
Le Phare Bleu: Fast ein wenig wie das Wahrzeichen der Anlage: ein altes Leuchtfeuerschiff aus der Nordsee, das hier nun in karibischem Wasser seinen Lebensabend fristen darf und mit seinem blauen Leuchtturm schon von weiter her den Weg weist
Jana und ihr Mann Dieter haben hier in der Le Phare Bleu Bay eine wunderbare Anlage erstellt mit Bungalow-Resort und Marina. Sie haben sogar ihr eigenes Segelboot am Steg, mit dem sie jahrelang ihren Gästen einen kleinen Segeltörn angeboten haben. Vor rund zwei Jahren haben die beiden sich aus dem Geschäft zurückgezogen, die ganze Anlage verpachtet, und geniessen nun ihren Lebensabend zurückgezogen in den Bergen von Grenada
Spaziergang vom Le Phare Bleu aus, kurz leicht den Berg hoch und dahinter folgt bereits der nächste Strand mit einsamer Bucht. Fjordartig reiht sich eine Bucht an die andere
In der Le Phare Bleu Marina sehen wir ein Schiff, das eine ältere Hallberg-Rassy (Marke unserer Lupina) ist. Das Schiff läuft unter Deutscher Flagge und macht einen guten und gepflegten Eindruck. Wir gehen kurz vorbei um Hallo zu sagen und zum Fachsimpeln. Auf Englisch (man weiss ja nie) fragen wir den im Cockpit sitzenden Mann. Dieser gibt zu unserem Erstaunen in Schweizerdeutsch Antwort. Er meint grinsend, er kenne uns. Wir sind perplex. Im folgenden interessanten Gespräch erzählt uns Hanspeter (so sein Name), dass er von Hornussen ist, ein Dorf nur 10 km von unserem Heimatdorf entfernt, und von uns gehört habe. Er segelt schon lange in den Karibischen Gewässern. Die «Wombat» sei mal sein Schiff gewesen. Er habe es aber verkauft, als es nach einer Reparatur durch einen Mechanikerfehler im Hafen versunken sei. Das Schiff hat dann aus verschiedenen Gründen mehrmals den Besitzer gewechselt und gehört nun einem Norddeutschen Eigner. Hanspeter hat in all den Jahren den Kontakt zum Schiff nie verloren. Hier sehen wir ihn beim Auslaufen aus der Marina. Zusammen mit zwei anderen Personen überführt er das Schiff für den Eigner via St. Maarten, Azoren in die Gegend von Kiel, wo es künftig segeln wird. Es hat uns sehr gefreut, ihn getroffen zu haben. Wir wünschen Gute Fahrt zurück über den Atlantik
Von der nächsten Bucht, der Mt Hartman Bay, machen wir eine Wanderung zur Hog Island. Auf dieser von Mangrovenwald bedeckten Insel war mal ein Hotelprojekt geplant. Die Brücke wurde bereits gebaut, dann aber das Projekt gestoppt. Gut so, finden wir, denn die Insel ist ein wunderschönes Naturreservat. Links und rechts der Brücke hat es gut geschützte Ankerbuchten zur Abwetterung bei Sturm

Über die Mount Hartman Bay, wo wir die zwei letzten Nächte vor Anker lagen, haben wir nun heute eine der berühmteren Buchten in der Karibik, die Prickly Bay, angesteuert. Hier liegen wir nun zwischen vielen anderen Schiffen vor Anker, in sicherem Abstand zu den Bojen Feldern. Morgen wollen wir dann von hier aus weitere Teile der Insel erkunden, bevor wir dann an die Westküste verlagern.

Carriacou zum Zweiten – die ungeplante Verlängerung

Eigentlich hatten wir geplant, nach Ostern Carriacou in Richtung Grenada zu verlassen. Der Zwischenfall mit dem Finger von Köbi zwingt uns nun eine kleine «Zwangspause» auf. Die Wunde muss anfänglich täglich, dann alle zwei Tage neu verbunden werden. Wir könnten das selber machen, haben alles notwendige Material dazu an Bord. Aber da es hier Kliniken und Gesundheitszentren gibt, die für solche Fälle da sind, nutzen wir lieber die lokale Infrastruktur. Noch eine kurzer Nachtrag zu den Kosten: die Notbehandlung der Wunde im Spital mit Reinigung, Desinfektion und Nähen kosteten 150 EC$ (rund 50.- CHF). Damit inbegriffen sind auch die Nachfolgebehandlungen, wie Verbandwechsel und Fäden ziehen. Allerdings wird dabei erwartet, dass der Patient das benötigte Verbandsmaterial selber in der Apotheke besorgt und mitbringt. Da über die Osterfeiertage die Apotheken geschlossen haben, greift man kurzerhand auf die im Gesundheitszentrum vorhandene Notreserve zurück: angebrochenes Material von anderen Patienten, die nicht mehr zum Verbandswechsel kommen.

Eine Woche nach Ostern findet in Carriacou ein weitherum bekanntes Kulturfestival statt: The Carriacou Maroon and String Band Music Festival. Ein kunterbuntes Programm, das einerseits so etwas wie ein Erntedankfest ist und seinen Ursprung in Afrika hat (Maroon), und andererseits gespickt ist mit Musikaufführungen aller Art
Ein wichtiger Teil des Maroon Festes ist das Teilen der Ernte in Form eines an alle Besucher gratis abgegebenen Essens, wie es die Bauern kennen. Wenn man an diesem Tag über die Insel fährt, sieht man überall Leute, die emsig das Essen vorbereiten (alles an offenen Feuerstellen draussen vor den Häusern). Auf dem Bild werden aus Maispolenta runde Kugeln gefertigt
Ab 4 Uhr am Nachmittag geht es los und dauert weit in den Abend hinein. Früher gab es Feuerstellen mit grossen Eisentöpfen drauf, aus denen die feinen Speisen geschöpft wurden. Heute ist es etwas zeitgemässer eine gut eingerichtete Fassstrasse mit grossen Aluschalen und Warmhalter, welche die hungrigen Mäuler gratis versorgt
Fassstrasse für das Maroon Essen, das aus Maispolenta, Reis, Gemüse, Fleisch (Poulet / Schwein / Beef) und Fisch besteht
Ausländische Besucher warten rücksichtsvoll, bis die Einheimischen ihre erste Ration abgeholt haben. Wir haben versucht, etwas für die feine Speise zu bezahlen, aber die Einheimischen waren fast etwas beleidigt über unsere Nachfrage nach einem Spendentopf. So haben wir es bleiben lassen und die feine Kost einfach so genossen.
Bei Einbruch der Nacht ein Fackelzug, der das nach Hause Kommen der Arbeiter vom Feld symbolisiert
Auf einer eigens dafür aufgerichteten Bühne folgt dann ein kunterbuntes Unterhaltungsprogramm, das die lokale Kultur von Carriacou widerspiegelt
Am Samstag das String Band Musik Festival in der dafür gesperrten Hauptstrasse in Hillsborough. Mit zum Teil selbst gefertigten Musikinstrumenten geht’s laut aber durchaus rhythmisch zur Sache. Diverse Bands buhlen um die Gunst des Publikums
Auf jeder Strassenseite stellt sich eine «Kuchenfrau» auf. Dazu gesellen sich dann die Musiker und ein Mann mit einer Fahne. Sie machen sich bereit für den «Fahnenkampf» und den «Kuchentanz»
Spannend, was da abläuft. Es mahnt uns etwas an das Eierlesen von Wölflinswil (unsere Heimat). Ein Zaungast will besonders genau wissen, was da abläuft
Der Kampf der Fahnen. Dabei geht es für die beiden Kämpfer darum, die Fahne möglichst geschickt und kunstvoll zu schwingen. Derjenige Kämpfer, der es als Erster schafft, den Blumenstrauss an der Spitze der Gegnerfahne auf den Boden zu bringen, gewinnt. Am Schluss sind Beide Sieger und fallen sich unter lautem Applaus des Publikums um die Arme
Und dann der Höhepunkt: der Kuchentanz. Jede Partei hat einen Kuchen. Dieser wird zuerst von einer der Frauen aus den eigenen Reihen, und dann von weiblichen Fans aus dem Publikum kunstvoll und geschickt mit den Händen in die Luft gehoben. Die Frauen schwingen dabei möglichst attraktiv und erotisch ihre Hüften zum Rhythmus der Musik. Es kann schon mal vorkommen, dass die eine Tänzerin die andere Frau mit ihrem Hinterteil aus dem Takt zu schupsen versucht. Der johlende Applaus des Publikums ist der Lohn
Fütterung der Raubtiere. Singen, Tanzen und Applaudieren geben Hunger
Auf der Fahrt im öffentlichen Bus zurück zum Schiff in der Tyrell Bay. Vor uns sitzt eine einheimische Frau. Ihre füllige Masse bedeckt gleich drei Sitzplätze!! Oberarme dicker als Köbi’s Oberschenkel (die nun auch nicht gerade dünn sind). Während der Fahrt ruft sie dem Fahrer irgendetwas zu. Dieser nickt. Kurz darauf stoppt er bei einer Ladenbude an der Strasse, schickt seinen Busbegleiter (der die Türe öffnet und Geld einzieht) hinein. Kurz darauf kommt er mit einer Kartonschachtel zurück und reicht diese der fülligen Frau. Diese greift hinein und verteil an alle Passagiere, auch uns (aber ohne sich umzudrehen, das schafft sie nämlich nicht) eine kleine, kalte Plastiktüte: hausgemachtes Eis. Wir schauen uns etwas verdutzt an, beobachten, was die anderen machen und tun es ihnen dann gleich: Tüte an einer Ecke aufbeissen und dann das Eis langsam heraussaugen. Ein köstliches Vanilleeis, das uns vorzüglich schmeckt. Beim Aussteigen bedanken wir uns bei der unbekannten Frau, die sich dafür mit einem herzigen Lächeln revanchiert und noch wissen will, wie Pia heisst. Eine schöne Begegnung!
Am Sonntag meldet sich über WhatsApp die SY Invia an. Diese hat mit ihrer Crew Dorothee und Stefan gerade Grenada in Richtung Carriacou verlassen. Sie fragen uns, ob wir immer noch in der Tyrell Bay sind. Spontan kommen sie vorbei. Gegen drei Uhr mittags rauscht der 51 Fuss grosse, schnittige Katamaran in die Bay und legt Anker. Wir hatten die Invia erstmals auf den Kanarischen Inseln (La Palma) getroffen, und stehen seitdem in regelmässigem Kontakt. Nach fünf Monaten treffen wir uns nun erstmals wieder. Bei einem Ankertrunk auf der Invia und dann beim Nachtessen an Land haben wir uns viel zu erzählen. Danke Dorothee und Stefan für euren spontanen Besuch in der Tyrell Bay!
Am Montag, 29. April, sind nun die Fäden gezogen worden und uns zieht es wieder weiter. Pia auf dem Weg zum Dinghi, das an einem fast leeren Pier in der Tyrell Bay Marina auf uns wartet und zur Lupina bringt

Noch am gleichen Tag lichten wir den Anker und setzen Segel Richtung Grenada. Rund zwei Stunden später erreichen wir nach elf Seemeilen eine kleine Insel, Ronde Island, kurz vor Grenada. Die Insel ist unbewohnt und die grosse, weite Ankerbucht bietet guten Schutz gegen Wind und Welle. Spontan beschliessen wir, hier die Nacht zu verbringen. Es ist wunderschön, eine rabenschwarze Nacht, ohne jegliche Lichtverschmutzung. Die Sterne funkeln um die Wette. Am nächsten Morgen nimmt Pia ein ausgedehntes Bad im glasklaren Wasser. Köbi kann sich an der Heckleiter festhaltend auch etwas vom erfrischenden Nass geniessen – sein Finger darf vorläufig noch nicht ins Salzwasser!

Wir sind nach dem langen Aufenthalt in Carriacou voller Tatendrang und beschliessen, Grenada auf der windigen Ostseite zu umrunden. Heftig geschüttelt und gerüttelt (die Wellen auf der Luvseite der Insel sind kurz und gut und gerne 3-4 Meter hoch) laufen wir als unser erstes Ziel Grenville an, die zweitgrösste Stadt der Insel. Die Einfahrt in die von Korallenbänken gut geschützte Bay ist sehr gefährlich und man muss sich genau an die Navigationshilfen halten, will man nicht auf einer der spitzen Korallen hängen bleiben und das Boot aufreissen. Trotz GPS, das die Sache heute doch wesentlich erleichtert und einfacher macht, eine spannende Herausforderung. Als wir fast durch sind kommt uns ein Fischer entgegen und will uns den Weg durch das Riff zeigen. Wir sind aber schon beim letzten Kurswechsel angelangt und bedanken uns für sein Hilfeangebot. Nun liegen wir hier auf der Luvseite der Insel bei rund 15-20 Knoten Wind aber flachem Wasser vor Anker. Grenville wäre ein guter Ausgangspunkt, um die Ostseite von Grenada zu erkunden. Aber morgen ist der 1. Mai und da fahren keine Busse. Mal schauen – wenn wir hier gut liegen, bleiben wir ein paar Tage, sonst fahren wir weiter zur Südküste mit ihren unzähligen gut geschützten Buchten.

Petit Martinique, Carriacou und der Finger-Mann

Am 16. April 2019 machen wir uns von Petit Saint Vincent auf in ein neues Land: Grenadan Grenadines. Dieses Land setzt sich aus diversen Inseln zusammen, die von Grenada aus verwaltet werden. Es besteht aus drei grösseren Inseln (Grenada, Carriacou und Petit Martinique) und vielen kleineren Inselgruppen. Wir steuern die Östlichste davon, Petit Martinique, an.

Auf Petit Martinique gibt es zwar keinen Zoll, wo wir einklarieren können, aber wir setzen trotzdem pflichtbewusst die neue Landesflagge und die gelbe Quarantäneflagge, als wir die Hoheitsgrenze von Grenadan Grenadines überqueren
Petit Martinique ist gerade mal 2.4 Quadratkilometer gross. Die rund 900 Einwohner leben auf der Westseite der Insel, die Ostseite ist unbewohnt und dem vorherrschenden Passatwind ausgesetzt. Die fast runde Form der Insel verlockt uns zu einer Umrundung zu Fuss. Mal sehen, ob wir im Westen einen Weg finden (gemäss Karte gibt es keinen)
Das Parkieren mit dem Dinghi ist auch hier eine Herausforderung. Nicht Anlegen und Aussteigen sind schwierig (wir sind ja sportlich 😊), aber das Boot so zu fixieren, dass es auch nach ein paar Stunden bei Schwell und wechselnden Winden noch dort steht, wo es stehen soll und nicht mit dem Motor irgendwo gegenknallt oder unter dem Pier eingeklemmt wird
Wir machen eine wunderschöne Wanderung um die Insel. Es ist zwar sehr heiss, aber der dauernd blasende Wind trocknet den Schweiss vorzu weg. Wir finden einen Ziegenpfad, der uns im Osten der Insel durch eine abwechslungsreiche Buschlandschaft führt und das offene Wegstück überbrückt

Am nächsten Tag segeln wir weiter nach Carriacou, hinter Grenada die grösste Insel des Landes. Rund 7000 Einwohner leben auf der rund 30 Quadratkilometer grossen Insel. Gemäss unserem Reiseführer gibt es in der Hauptstadt Hillsborough Immigration und Zollbehörde, wo wir einklarieren können. Bevor wir dort an Land gehen verbringen wir eine Nacht in einer kleinen einsamen Bucht (Anse La Roche im Norden der Insel, wunderbares Schnorchelgebiet) und können dort unter anderem dutzende von Leguanen beobachten, wie sie am menschenleeren Sandstrand am helllichten Tag Löcher buddeln und ihre Eier hinein legen.

Bay von Hillsborough, Carriacou. Wir finden eine fast leere Bucht vor und sind das einzige Segelschiff vor Anker gleich neben dem Pier. Weiter draussen in der Distanz liegen ein paar Segelschiffe vor dem kleinen, flachen Sandy Island (Insel wie ein Hufeisen) vor Anker. Dorthin wollen wir später auch noch, aber zuerst müssen wir nun an Land und einklarieren

An Land finden wir zwar ein Immigrationsbüro, aber keinen Zoll. Die freundliche Immigrations-Dame, die gerade vom Mittagessen zurückkommt und die letzten Bissen genüsslich fertig kaut, erklärt uns, dass der Zoll kürzlich in die Tyrell Bay im Süden der Insel verlegt wurde. Nun ist uns auch klar, dass es keine Schiffe mehr in Hillsborough vor Anker hat. Alle, die ein- oder ausklarieren wollen, müssen in die Tyrell Bay, eine Bucht, die von fast allen Winden und Wellen gut geschützt ist. Was machen? Da bisher noch nie jemand das Boot sehen wollte, schnappen wir uns den nächsten Bus und fahren in die rund fünf Kilometer entfernt gelegene Tyrell Bay. Dort in der Marina finden wir denn auch tatsächlich Immigration und Zoll schön vereint in einem kleinen Büro. Langsam sind wir mit der Prozedur vertraut, und schnell haben wir das Einklarierungsdokument von Hand ausgefüllt und die nötigen Stempel in unserem Pass. Der Mann lächelt sogar verständnisvoll, als Pia ihn bittet, den Stempel doch bitte auf die nächste leere Seite im Pass und nicht irgendwo zu platzieren. Das ausgefüllte Formular landet auf dem grossen Stapel auf dem Beistelltisch. Und schon sind wir auch hier legal im Land.

Der Beistelltisch im Immigrations- und Zollbüro überquillt von Formularen (Tyrell Bay,Carriacou)
Keine Formulare, aber viel Ware in den Gestellen der Lebensmittel Läden. Waren auf den anderen Inseln bisher die Läden doch eher spärlich bestückt, scheint hier die Versorgung doch reichlich und auch vielseitiger zu sein. Aber auch hier sind Grundnahrungsmittel wie etwa Bohnen, Reis, Linsen, Mehl, etc. von Hand in Plastiksäckchen abgepackt und einzeln angeschrieben. Zum Glück haben wir von den Kanaren noch leere Eierschachteln: Eier werden nur offen und einzeln verkauft
Sogar Gewürze in vielseitiger Auswahl sind fein säuberlich abgepackt und angeschrieben
Am Karfreitag machen wir eine Wanderung von Hillsborough quer über die Insel auf die Ostseite, wo wir eine wunderschöne Küstenlandschaft antreffen. Wetter und Sicht sind gut und am nördlichen Horizont sehen wir die südlichsten Inseln von Saint Vincent and the Grenadines (Pia mit Langarmbluse, als natürlicher Sonnenschutz)
Auch am Wanderweg: die offizielle Müllhalde. Wir haben bereits in Hillsborough festgestellt, dass sich die Regierung und diverse Umwelt-Organisationen dafür einsetzen, dass Müll ordentlich eingesammelt und entsorgt wird. Und es funktioniert hier tatsächlich besser, als auf anderen Inseln. Dass aber Plastiktaschen vom Wind kilometerweit verfrachtet werden und überall in Sträuchern und Bäumen hängen bleiben, oder dass sich Haustiere wie hier eine Herde Esel den Bauch mit Müll statt gesunden Gräsern vollstopfen – das stört (im Moment noch) niemanden
Neubau am Strassenrand: was fehlt hier?? (Auflösung ganz am Schluss)
Die Karfreitags-Wanderung ist einiges länger und anstrengender geworden, als geplant. Aber jetzt wissen wir es: an öffentlichen Feiertagen fahren keine Busse. Wir schaffen es aber nach fünf Stunden doch noch zurück nach Hillsborough, und nach ein paar erfrischenden Rum Punches sind wir wieder voller Energie und Tatendrang
Am nächsten Tag zieht es uns in den nördlichen Teil der Insel. In ein Naturschutzgebiet mit Mangrovenwald und Brutgebiet von Wasserschildkröten
Der Fusspfad ist sehr spannend angelegt und führt zuerst durch den durch einen Hurrikan aufgeschwemmten, zerstörten Teil des Mangrovenwaldes
Vogelbeobachtungstand. Leider ist die Tageszeit wohl nicht so ideal und wir sehen nur wenige Vögel …
… dafür eine wunderschöne Küstenlandschaft, wo sogar dieser gestrandete alte Kahn irgendwie ins Bild passt
Gestrandete, verwahrloste und verrostende Schiffswracks sehen wir auf Carriacou erstaunlich viele. Eines schwimmt sogar, offensichtlich noch am Anker, ganz prominent in der Bucht von Hillsborough
Nicht nur auf Carriacou, aber hier ganz besonders, wird immer noch die alte Kunst des Holzschiffbaus rege gelebt. Im Ort Windward auf der Ostseite der Insel sehen wir mehrere Schiffe, die sich im Bau befinden. Bei diesem Exemplar ist gerade der Kiel gelegt und die ersten Spannten verbaut worden
Und noch ein Wrack. Dieses liegt direkt am Strand vor dem lokalen Flughafen. In anderen Reiseberichten lesen wir, dass hier sogar mal jemand eine Strandbar einrichten wollte. Das muss aber schon sehr lange her sein, denn das dicke Stahlblech des Rumpfes und die restlichen Innereien sind schon längst massiv durchrostet
Wunderschöner Spaziergang durch die Mangroven um den Flughafen herum an den Paradise Beach im Südwesten von Carriacou
Pause am Paradise Beach bei kühlem, lokalem Bier (Marke: Stag) und wunderbarer Aussicht. In dieser Jahreszeit hat es nur noch wenig Touristen und der Strand ist fast menschenleer. An Wochenenden wird er aber sehr rege von Einheimischen besucht
Die vielen vorhandenen Restaurants und Strandbars buhlen um die wenigen Kunden, die es hat. Hier wird ein Fussbad für die sandigen Strandfüsse angeboten …
… und hier gratis PC Benutzung mit WiFi

Tja, und nun kommt der Finger-Mann! Von Hillsborough wollen wir am Ostersonntag weniger als eine Meile zur Sandy Island verlegen. Diese Insel ist in einem Naturschutzgebiet und verspricht herrliches Baden und Schnorcheln. Zur Schonung der Korallen sind Bojen ausgelegt, an denen man festmachen muss, ankern darf man nicht, oder nur auf spezielle Anordnung des Ranchers. Es weht eine kräftige Briese, gut 20 Knoten Wind. Mehrmals sind wir sehr nahe an der Boje, an der wir festmachen wollen, kriegen aber die Schlaufe, die unten an der Boje im Wasser hängt, nicht zu fassen. Pia versucht es mit dem Bootshaken, dieser verfängt sich und wird ihr bei einer der kräftigen Wellen aus der Hand gerissen. Als wir wieder nahe an der Boje sind, springt Köbi beherzt ins Wasser, greift die Festmacheröse der Boje, und zieht die Festmachertrosse durch. In diesem Moment wirft eine starke Welle das Schiff kräftig hoch. Es gibt plötzlichen Zug auf die Trosse und Köbi verklemmt seine Hand zwischen Bojenöse und Trosse. Resultat: zwei Finger ausgerenkt, zwei Finger gequetscht und am Mittelfinger die Fingerkuppe abgerissen. Übung Abbruch!

Mit stark blutender Hand an Bord, Notverband, unter Motor volle Fahrt in die Tyrell Bay, Anker runter und über Funk ein Wassertaxi angefordert für den Transport an Land. Es ist Ostern- niemand arbeitet. Es findet sich aber doch einer, der uns an Land bringt. Als er unsere Notlage sieht, will er nichts für den Transport. Wir geben ihm trotzdem was. Dann mit Privatfahrzeug ins Spital der Insel (liegt auf einem Hügel mit phantastischer Aussicht). Dieser Fahrer ist weniger kulant und nützt die Gelegenheit: er verlangt ungeniert das doppelte, was ein Taxi kosten würde. Sehr ungewöhnlich für einen Einheimischen, aber wir diskutieren nicht. Der Empfang im Spital ist sehr speziell (vornehm ausgedrückt). Köbi zeigt den Finger mit dem blutigen Verband. Unbeeindruckt und offenbar leicht verärgert, weil sie in ihrem Nichtstun gestört wurde, steht die Dame am Empfang nach einer Weile auf. Streckt Arm mit Zeigefinger am Ende aus und verweist Köbi an einen Eingang am anderen Ende des Spitals. Ein Wartesaal mit etwa 10 Personen drin. Keiner davon mit offensichtlicher Verletzung oder Gesundheitsproblemen. Nach einer halben Stunde geht Pia zurück und will erklären, dass die Wunde so schnell wie möglich versorgt werden sollte. Ergebnislos kommt sie zurück. Also: warten! Bald einmal öffnet sich die Türe und eine Schwester schaut sich im Warteraum um. Sie winkt eine Patientin zu sich, schaut aber gebannt auf Köbi’s blutigen Verband. Vermutlich hat es darauf in der Notaufnahme eine kurze Aussprache gegeben, denn bald darauf kommt die Schwester wieder und winkt Köbi in die Notaufnahme. Check und Diagnose verlaufen dann speditiv, mit sehr einfachen Mitteln zwar, aber sehr zweckmässig. Die junge diensthabende Ärztin macht einen hervorragenden Job und näht zusammen, was noch zu nähen ist. Sie scheint sich solche Arbeiten gewohnt zu sein.

Das abgequetschte Fingerende des Mittelfingers wird im Spital von Carriacou so gut wie möglich vernäht
Rund drei Stunden nach dem Eintritt ins Spital sitzt Köbi mit prominent dickem Verband auf der Bank vor dem Spital und wartet auf das Taxi zurück in die Tyrell Bay

Dieser kleine Zwischenfall sorgt nun dafür, dass wir noch etwas länger auf Carriacou verweilen werden. Wir wollen erst weiter, wenn die Wunde sich geschlossen hat und kein Infektionsrisiko mehr besteht.

Der Verband muss vorläufig jeden Tag gewechselt werden, was uns täglich nach Hillsborough zur Krankenstation führt (es gibt Leute die meinen, bei diesen hübschen Krankenschwestern dauert der Heilungsprozess länger ;))

Es ist irgendwie lustig, aber auch sehr schön, die Reaktion der Leute zu beobachten. Jeder spricht Köbi sofort auf den Finger an und fragt sorgenvoll und interessiert, was passiert ist. Wohl schon fast die halbe Insel kennt unsere Geschichte und sehr oft wird Köbi mit einem lustigen «Hi Finger-Man» begrüsst

Köbi’s Verletzung hat auch ihr Gutes: ab sofort darf (muss?) Pia für die nächsten Wochen die Routinen von Köbi, wie hier das Tauchen des Ankers, oder Dinghi Wassern und Starten übernehmen

Auflösung zu Bild 11:  werden sonst bei Neubauten hier immer zuerst die Eingangstreppen betoniert und erst dann Fundament-Stützen und Haus gebaut, fehlt hier eine Treppe

Union Island, Palm Island und Petit St. Vincent – die letzten Inseln vor der Grenze

Unser Tagesziel ist die Chatham Bay auf Union Island, als wir am 9. April 2019 von der Salt Whistle Bay in Mayreau losfahren. Die Distanz beträgt nur gerade rund fünf Seemeilen. Wir nehmen uns Zeit, segeln gemütlich unter halber Kraft (nur die Genua ist halb gesetzt) und nutzen die Gelegenheit, um Wasser zu machen und unseren Tank wieder zu füllen. Nach einem kleinen Umweg über die Nordküste zum Sightseeing setzen wir nach etwas mehr als zwei Stunden den Anker in der Chatham Bay, einer riesigen Bucht mit fast keinen Schiffen, aber super gutem Ankergrund. Von hier aus wollen wir den nördlichen und östlichen Teil der Insel erkunden. Aber zuerst bewaffnen wir uns mit Schnorchel und Flossen und geniessen ausgiebig das wunderbare Schauspiel unter uns im glasklaren Wasser. Besonders entlang des felsigen Nordufers hat es riesige Fischschwärme. Wie dunkle Wolken bewegen sie sich synchron im Wasser. Manchmal haben wir den Eindruck, sie suchen unsere Nähe. Sie schwimmen mit und um uns, als ob sie sich von uns «grossen Fischen» Schutz vor ihren Feinden, den Barracudas und dergleichen, erhoffen.

Die Chatham Bay auf Union Island. Die Wassertiefe ist fast überall 3-10 Meter und das Wasser ist glasklar – ideal zum Schnorcheln. Für uns die schönste Bucht auf Union Island
In der Chatham Bay erleben wir – einmal mehr – traumhafte Sonnenuntergänge
Wie überall erwandern wir auch diese Insel. Hier sind wir von der Chatham Bay rund einhundertfünfzig Meter hoch über den Berg gestiegen und bekommen diesen wunderbaren Ausblick über die Nordküste von Union Island
Abstieg wieder zurück zum Schiff. Dem genauen Beobachter dürfte die Wanderausrüstung ins Auge stechen: ja, genau -es sind tatsächlich Flip-Flops die Köbi trägt! Seit den Kapverden haben wir uns den Einheimischen angepasst und machen auch hier alle Wanderungen ausschliesslich mit dieser Besohlung, egal welches Terrain und Distanz. Mittlerweile sind wir absolut trittsicher damit!
Wundervolle Natur am Wegrand: da kullert uns ein Schneckenhaus vor die Füsse. Beim genaueren Hinschauen sehen wir, da ist ein Landkrebs drin
Unsere Lupina (Bildmitte) wartet geduldig in der Chatham Bay, bis die Wanderer mit Flip-Flops wieder zurückkommen
Ab und zu erhalten wir Bemerkungen wie: «ihr tragt ja immer die gleichen Kleider!» Ja, stimmt! Hier ist die Erklärung dafür: alle 1-2 Wochen ist Waschtag. Da wird alles gewaschen und an Sonne und Wind getrocknet. Der warme Wind ersetzt den Tumbler. So ist alles schnell wieder einsatzbereit und statt im Kasten zu versorgen, ziehen wir es gleich wieder an
Nach der Wäsche die Erholung für Pia: ein kühles Bier in der einzigen Hotelbar an der Chatham Bay. Eine Aussicht wie ein Gemälde

In der Chatham Bay sehen wir einen Katamaran mit einer Schweizer Flagge im Mast. Spontan fahren wir mit unserem Dinghi vorbei, um «grüezi» zu sagen und machen Bekanntschaft mit Gervaise und Didier (aus Vevey) mit ihrem behinderten Sohn Damien. Die beiden sind pensioniert und erfüllen sich nun einen fast 20-jährigen Lebenstraum, indem sie für vier Monate zusammen mit ihrem Sohn die Karibik besegeln. Wir erleben mit ihnen zusammen einen sehr beeindruckenden und lustigen Nachmittag in einer der wenigen Strandbars. Didier hat für seinen Sohn über die Jahre viele Lieder komponiert und diese in fetzige Blues, Rock oder Country Musik verpackt. Die Einheimischen erlauben ihm, seine Musik über die grossen Lautsprecher abzuspielen. Es ist rührend zu beobachten, wie Damien sofort auf «seine» Musik reagiert und uns alle zum Tanzen mitreisst, auch die Einheimischen. Sehr, sehr eindrücklich zu erleben, wie diese Eltern für ihr behindertes Kind und mit ihm leben. Das Kind ist in diesem Moment total glücklich. Die Einheimischen erzählen uns bewundernd und fast ein wenig beschämt, dass hier der Umgang mit Behinderten ganz anders ist, und dass behinderte Kinder versteckt und weggesperrt werden. Wir freuen uns alle, dass es hier in diesem Moment anders ist. Chapeau à nos amis de Vevey! Beim nachhause Weg gibt uns Didier noch zwei CDs von ihm mit, die wir zurück auf der Lupina auch sofort in unseren CD Player stecken, und jedes Lied Wort für Wort aufsaugen.

Fröhliche Tanzeinlage zur Musik von Didier (ganz rechts), die er für seinen Sohn (3. von rechts) komponiert hat
Nach 2 Tagen verlegen wir nach Ashton und ankern vor der vorgelagerten Frigate Island. Ashton ist eine der zwei grösseren Siedlungen auf Union Island. Unser Landbesuch ist eine reine Ernüchterung: dieses Dorf (rund 1’000 Einwohner) mit seiner wunderschönen Bay, die von Mangrovenwäldern umgeben ist, hat offenbar den Anschluss an die Entwicklung nicht geschafft und ist am Dahinserbeln. Fast die Hälfte der Häuser ist unbewohnt, sie zerfallen und geben ein trauriges Bild ab
Ashton: zumindest eine Arztpraxis gibt es in diesem Dorf
Einer der Gründe, warum Ashton zwischen Stuhl und Bank gefallen ist, ist ein Investitionsprojekt, das so ziemlich in die Hose ging. Das Projekt sah vor, die Bay durch Aufschütten von Dämmen in eine grosse Marina mit Hotel Resort umzuwandeln. Diese Dämme aber störten den natürlichen Wasserfluss, was zu einer schnellen Auflandung der Bay führte. Die ausländischen Investoren quittierten ihre Bücher und hinterliessen das Schlamassel den Einheimischen. Um die Wasserzirkulation wieder zu aktivieren und zumindest die schönen Mangrovenwälder zu retten, wurde ein Teil der Dämme wieder abgetragen und die Übergänge durch Hängebrücken (Bild) ersetzt. Das Wasser zirkuliert wieder, aber die ganze Bay ist heute viel zu flach für eine Marina
Natürlich beachten wir diese Vortrittsregel 😊
Nach dem ernüchternden, strandlosen Ashton brauchen wir wieder ein Highlight und hüpfen kurz für einen Tag zur vorgelagerten Insel Palm Island. Palm Island bietet einen Strand, wie man ihn aus Ferienprospekten kennt
Palm Island: Das Innere der Insel gehört zu einem Hotel Resort und ist leider nur für Hotelgäste zugänglich. Stört uns nicht! Wir geniessen Strandbar und die Aussicht auf Union Island, und zwischendurch nutzen wir das starke WiFi, um unsere Home Page zu aktualisieren
Palm Island: dieser rund ein Meter lange Bursche ist Gast des Hotels und ist angeblich handzahm. Wir halten respektvollen Abstand
Nach Palm Island verlegen wir unseren Liegeplatz in die Lagune vor Clifton, der grösseren Agglomeration auf Union Island. Ein Ankerplatz, wie aus dem Bilderbuch! Gut geschützt vor Wellen, offen für den kühlenden Wind, der auch unseren Windgenerator ordentlich zu drehen vermag 😊
Vor dem Bougainvilla Hotel in Clifton gibt es sogar eine eigens dafür vorgesehene Dinghi Landestelle. Eng zwar, aber nüchtern geht’s problemlos rein 😉
Clifton, mit rund 2’000 Einwohnern die Hauptstadt von Union Island. Ein wohltuender, farbiger Gegensatz zu Ashton. Hier pulsiert das Leben, und Yachties, wie wir es sind, fühlen sich willkommen
Gesehen in Clifton: Unternehmen mit Geschäftssinn: warum nicht gleich den Kunden, die sich Haare und Bart schneiden lassen, ein Getränk verkaufen? Der erste Kunde wartet schon 😊
Wie funktioniert eigentlich die Stromversorgung auf einer Insel? Die meisten Inseln produzieren ihren Strom selber mit kleinen Dieselkraftwerken (Gebäude mit weissem Dach in der linken Bildmitte). Auf den fortschrittlicheren Inseln kommen nach und nach auch alternative Energiequellen zum Zuge, wie hier auf Union Island Solarzellen. Obwohl der Passatwind in diesen Gegenden fast garantiert ununterbrochen weht, sieht man noch fast keine Windanlagen. In persönlichen Gesprächen mit Einheimischen erfahren wir, dass einer der Hauptgründe für die sehr zögerliche Entwicklung von alternativen Energien das fehlende Vertrauen in diese Energiequellen ist. Schade, denn Sonne und Wind gibt es hier in Hülle und Fülle
Am Weg mehrmals gesehen dieses Phänomen der Natur: ein oranges Gewächs legt sich wie ein Spinnennetz über andere Pflanzen, wie Bäume und Sträucher, und scheint diese offenbar zu ersticken
Aussicht vom Fort Hill über die Bay von Clifton, das Riff und Palm Island (im Hintergrund). Unsere Lupina liegt ganz rechts am Bildrand
Happy Island: Ein findiger Einheimischer hat vor rund 20 Jahren auf dem Riff vor Clifton eine kleine Insel aus Meeresmuscheln aufgeschüttet und darauf eine kleine Bar und Imbissbude eingerichtet. Heute wachsen sogar Palmen darauf, und aus dem Provisorium ist in der Zwischenzeit eine weit herum berühmte Tränke für durstige Skipper und deren Crews geworden
Natürlich machen auch wir einen «Tankstopp» auf Happy Island. Es ist früher Nachmittag und noch recht leer. Gegen Abend geht dann jeweils die Post ab
Am 15. April klarieren wir am kleinen Flughafen in Clifton aus dem Staatsgebiet von «Saint Vincent and the Grenadines» aus. Weiter südlich beginnt das Staatsgebiet von «The Grenadan Grenadines». Bevor wir aber dorthin segeln, statten wir der letzten kleinen Insel, Petit Saint Vincent, einen kurzen Besuch ab. Auf dem Bild verlassen wir Clifton mit Kurs Richtung Petit Saint Vincent
Petit Saint Vincent ist die letzte Insel, die zu «Saint Vincent and the Grenadines» gehört. Sie sieht auf der Karte klein und einladend aus. Ähnlich wie Palm Island, wird auch diese Insel von einem Hotel Resort eingenommen. Wir lesen, es sei eines der teuersten Hotels in der Karibik. Ein Blick auf die Preisliste für Hotelzimmer scheint dieses Statement zu bestätigen. Wir finden keinen Preis unter 1’000 USD (pro Person pro Nacht!). Unser Spaziergang dem wundervollen Strand entlang wird nach ein paar Metern auch bereits abrupt durch ein Schild gestoppt. So verziehen wir uns schnell wieder auf die Lupina, und geniessen den vorläufig letzten Abend in «Saint Vincent and the Grenadines» in trauter Zweisamkeit, umgeben von fantastisch leuchtendem türkisfarbenen Wasser

Canouan, Tobago Cays und Mayreau – Blauwasser in allen Varianten

Am 4. April verlassen wir die Welt der Prominenten und tauchen wieder ab ins Reich der Irdischen, oder kurz: wir segeln weiter zur nächsten Insel, die Canouan heisst.

Unterwegs nach Canouan liegt die kleine Insel Savan Island. Diese ist unbewohnt und dient nur ab und zu einem Fischer als Zufluchtsort, da sie gut von einem Riff gegen Wellen und Strömung geschützt ist. Hier legen wir einen Schnorchel- und Badehalt ein. Herrlich klares Wasser und viele bunte Fische bekommen wir zu sehen. Wir entdecken auch, und das hat uns ein wenig entsetzt, mehrere leere Schildkrötenpanzer, die mit einem Stein auf den Meeresboden versenkt worden sind. Da werden offensichtlich immer noch Meeresschildkröten bejagt und getötet, obwohl es eigentlich verboten ist

Auf Canouan ankern wir in der Charlestown Bay. Die Insel sieht fast aus wie ein «J» und lässt sich grob in drei Teile unterteilen. Der Norden der Insel gehört einem privaten Unternehmen, das hier ein luxuriöses Boutique-Hotel mit 18-Loch Golfplatz errichtet hat. Dieser ganze Bereich ist privat und man braucht eine Zutrittsberechtigung, wenn man auf diesen Teil der Insel will. Wollen wir nicht. Der mittlere und südliche Teil der Insel ist frei zugänglich und wir erkunden diesen Bereich ausgiebig zu Fuss. Im mittleren Bereich wohnen die Einheimischen, rund etwa 1’500 Einwohner. Hier befindet sich auch die grosse Bucht mit seinen guten Ankerplätzen. Der dritte Bereich ist dann das ganze Südufer der Insel. Hier ist vor kurzem eine grosse, topmoderne Marina errichtet worden die Yachten bis zu 110 Meter Länge Platz bietet. Gleich parallel zu dieser Marina verläuft der Flughafen der Insel, dessen Piste lange genug ist, so dass auch Düsenjets darauf landen können.

Charlestown Bay mit dem örtlichen Dieselkraftwerk im Vordergrund. Im Vergleich zu anderen Inseln scheint uns der Lebensstandard hier über dem Durchschnitt zu liegen. Es finden sich nur noch wenige bewohnte Holz- oder Blechhütten
Blick auf die neue «Marina of the Grenadines». Preis und Nachfrage spielt offensichtlich noch nicht so gut, denn bei unserer Besichtigung lagen gerade mal etwa fünf Schiffe in der Marina, die eigentlich für weit über 100 Schiffe konzipiert ist. Es wäre der Marina zu wünschen, dass sie bald das richtige Preisniveau findet und sich die leeren Stege füllen
Die wunderschöne, aber auch (noch) fast leere Bar in der Marina, welche auch zu einem neuen Hotelresort gehört
Es gibt auch die einfacheren – und ebenso interessanten Bars. Als Beispiel dient hier die Coconut Bar, in der Bucht wo wir vor Anker liegen, gleich neben dem Fährterminal an vorderster Strandlage. Fein und ordentlich herausgeputzt macht sie uns einen einladenden Eindruck
Der Barkeeper, ein fröhlicher, aufgestellter Typ, begrüsst uns mit einem Handschlag und einem sympathischen «welcome to paradise!». Diese Einladung nehmen wir doch gerne an, setzen uns an einen Tisch und geniessen ein kühles «Hairoun», das Bier dieser Gegend. Man beachte den Bierdeckel: ein Baumblatt, dass der Barkeeper kurzerhand vom Baum pflückt

In der Coconut Bar treffen wir einen Mann in unserem Alter mit seiner nicht ganz 20-jährigen Tochter an. Ihn und seine Familie hatten wir kurz vorher schon in der neuen Marina gesehen. Spontan kommen wir ins Gespräch und erfahren, dass eine der beiden grossen Motoryachten in der Marina ihm gehört und dass er gerade mit seiner Familie zwei Wochen Ferien darauf verbringt. Insgesamt benutzt er seine Yacht, die er aber nicht selber fahren kann, nur etwa zwei Monate im Jahr. Den Rest der Zeit überlässt er sie mit der ganzen Crew an Freunde und Kollegen. Er kenne die Schweiz, erwähnt er, alle drei Monate fliege er nach Zürich zur Stammzellen Auffrischung. Offenbar mit gutem Erfolg, denn für sein Alter sieht er wirklich sehr gut aus! Seine Frau fährt ein Bentley, sein Sohn besitzt zwei Porsches, seine Tochter einen Mercedes 500SL Cabrio und er zur Zeit einen Lamborghini. Simon, wie er sich uns vorstellt, ist Engländer und hat sein Vermögen durch Organisieren und Durchführen von grossen Musikkonzerten und Musicals gemacht. Heute gehören ihm mehrere eigene Firmen, vorwiegend in der Catering Branche. Wir haben ein kurzweiliges und lockeres Gespräch und erfahren in kurzer Zeit viel über eine interessante Person. Wir werden in Zukunft nach seiner Yacht Ausschau halten 😊

Als wir bei unserer Ankunft in der Charlestown Bay beim Ankern sind, kommt uns dieses Schiff immer näher und näher, und der Skipper winkt uns gestenreich zu. Immer wieder zeigt er auf unsere Flagge, bis wir endlich merken, dass es auch ein Schweizer ist. Hanspeter Bättig ist mit seiner SY Tamango 2, einer 53 Fuss langen Amel, seit bald drei Jahren auf Weltreise. Spontan kommt er zum Ankertrunk auf unser Schiff und Pia lädt den Ostschweizer auch gleich zum Nachtessen ein
Hanspeter ist ein leidenschaftlicher Koch und lädt uns für den nächsten Tag zum Langusten und Krabben Essen ein. Er zeigt uns im Detail, wie das Kochen und Zubereiten geht. Aber das Öffnen der Tiere und das Herauslösen des Fleisches ist ein schwieriges Unterfangen und braucht Übung. Diese geht Köbi offensichtlich noch ab 😉

Die Inseln in dieser Gegend der Karibik sind gut überschaubar und klein, und die Distanzen dazwischen relativ kurz. Ein ideales Gebiet für Segelferien von 2-3 Wochen. Es ist daher verständlich, dass man hier auch mehrheitlich Charteryachten sieht, Yachten also, die von Freunden oder Familien gemietet werden. Es gibt auch Yachten, vor allem die grösseren, die werden mit einer Crew zusammen vermietet. Erstaunlicherweise sind die meisten der Charteryachten heute Katamarane. Einrumpfboote, wie die Lupina eines ist, sieht man nur noch selten als Charteryacht. Beim Ankern muss man da gut aufpassen. Die beiden Schiffstypen verhalten sich sehr unterschiedlich beim Schwojen um ihren Anker. Weil ein Katamaran eine grosse Angriffsfläche für den Wind hat und nur flach im Wasser liegt, reagiert dieser viel schneller auf sich ändernden Wind am Ankerplatz. Ein Schiff wie unseres mit einem Kiel, der tief ins Wasser reicht, und das relativ wenig Angriffsfläche für den Wind bietet, reagiert viel träger. Zum Glück sind die Ankerplätze meist gross und wir haben genügend Platz. Wenn es einmal etwas enger ist, bleiben wir meist hinten im Feld in sicherer Distanz. Das hat den Nachteil, dass es weiter draussen eher etwas mehr rollt, was uns aber überhaupt nicht stört.

Am 6. April verlassen wir die Charlestown Bay und ziehen weiter südwärts. Ziel sind die Tobago Cays, eine Inselgruppe von fünf winzig kleinen Inseln, die umgeben sind von einem riesigen Korallengürtel. Gut geschützt gegen die Atlantikwellen, aber offen dem Wind ausgesetzt. Die Tobago Cays bieten wunderschöne Sandstrände, glasklares und angenehm warmes Wasser und immer noch massenhaft bunte Fische, mit denen man stundenlang mitschwimmen kann. Diese Inseln sind längst kein Geheimtipp mehr und deshalb Ziel eines jeden Chartertörns. Dies hat die Konsequenz, dass die Ankerplätze, die alle in einem gut regulierten Schutzpark liegen, meist sehr dicht belegt sind.

Tobago Cays: wir liegen am Anker zwischen zwei kleinen Inseln. In dieser engen etwas tieferen Passage herrscht immer ein Strom von ein bis zwei Knoten. Zusätzlich bläst der Wind aus der gleichen Richtung mit konstant 15-18 Knoten. Wir geben dem Anker viel Kette (je mehr Kette, umso besser der Halt) und unser Schiff bleibt fest verankert im türkisfarbenen Wasser. Viel Wind bedeutet für uns auch, dass die Batterien vom Windgenerator gefüllt werden!!!
Tobago Cays: Blick über unseren Bug vom Ankerplatz aus. Weit weg am Horizont zeigt sich eine weisse Welle. Das ist die Stelle, wo das vorgelagerte, hufeisenförmige Riff die Wellen bricht und das Wasser glättet
Tobago Cays: 7. April, Pia überrascht Köbi mit einem Champagner-Frühstück und frisch gebackenem Butterzopf zu seinem Geburtstag
Bei unserem Ankerplatz gibt es am Strand ein paar Strandbars, die BBQs mit Lobster, Fisch oder Hühnchen feil bieten, aber zu total überrissenen Preisen und mit sehr fraglicher Qualität. Wir lassen es bleiben und geniessen einfach die schöne Natur in den Tobago Cays. Wir erkunden diese ausschliesslich vom Wasser aus mit Schnorchel und Flossen, oder dann, bei der Weiterfahrt, mit dem Schiff. Auf dem Bild umrunden wir die Insel «Petit Bateau» mit Ankerplatz vor dem «Horse Shoe Reef» im Hintergrund
Unser nächster Ankerplatz ist einer der wohl berühmtesten in der Karibik: die «Salt Whistle Bay» auf der Insel Mayreau, nur ein paar Meilen westlich der Tobago Cays. Köbi setzt den Anker hinter dem Bojenfeld, das gegen Abend dicht besiedelt sein wird

Die Insel Mayreau liegt direkt westlich der Tobago Cays und profitiert stark vom Tourismus, welche die Cays anlocken. Die Insel selber ist nur gerade drei Quadratkilometer gross und ist locker zu Fuss in einem Tag umrundet. No stress! Wir geben uns zwei Tage dafür 😊

Viele Yachten legen auf Mayreau in einer der drei gut geschützten Buchten einen Zwischenstopp ein und nutzen die Gelegenheit für einen Landgang. Die schönste, weil spektakulärste, Bucht ist die «Salt Whistle Bay». Hier trennt eine dünne Landzunge Ost  (= Wind und Wellen) und West (wenig Wind, keine Wellen) der Insel.

Die dünne Landzunge, welche die Salt Whistle Bay im Westen (rechts) und die Ostseite der Insel voneinander trennt
Salt Whistle Bay: idealer Ankerplatz für Charteryachten, weil hier fast am Ufer, das die Bay halbkreisartig umrundet, geankert werden kann
Pia hat ihren Kontrollposten eingenommen und beobachtet das Kommen und Gehen der Yachten
Es leben nur rund 400 Einwohner auf dieser Insel. Fast jeder davon lebt irgendwie vom Tourismus, der fast ausschliesslich aus Yachten besteht. Die älteren Frauen zu Hause, die das Handwerk noch beherrschen, stellen Kleider und Tücher in allen Formen und Farben her. Ihre Töchter versuchen dann die bunten Textilien am Strand zu verkaufen
Salt Whistle Bay: eine Ankerbucht, wie man sie als Segler geniesst
Die Kehrseite der Medaille: Unrat ziert überall die Wege und Strassen. Die Leute haben noch nicht erkannt, wie dieser Müll ihrer Natur und sehr schnell auch ihnen selber schadet. In den Internet Plattformen hat Mayreau deswegen bereits einen sehr schlechten Ruf, auch was die Sauberkeit und Qualität der hastig aufgestellten Imbissbuden am Strand anbelangt
Aber es gibt auch noch die unverdorbenen Strände, die noch nicht zugemüllt sind. Hier machen wir eine Wanderung entlang der Ostküste von Süden nach Norden und versuchen, dem Ufer entlang zurück zu unserem Ankerplatz zu gelangen. Dieser Strand ist menschenleer und entsprechend auch sauber. Auf etwa halbem Weg scheint unser Spaziergang aber zu Ende zu sein. Bäume und Felsen versperren uns den Weg …
… aber es geht weiter! Jemand hat mit Muscheln einen Pfad markiert, der uns schlussendlich über einen abenteuerlichen und sehr kurzweiligen Fussweg zurück zur Salt Whistle Bay führt
Auf unserer Wanderung entlang diesem menschenleeren Strand an der Ostseite kommen wir an diesem Haus vorbei. Es entpuppt sich als Restaurant und Strandbar, dass ein junger Einheimischer kürzlich hier errichtet hat. In der «The Ranch Escapade» erfrischen wir uns kurz und kommen mit den Leuten ins Gespräch. Schnell stellen wir fest, dass der junge Bursche, Monroe, die Probleme auf der Insel erkannt hat, und hier eine Kehrtwende wagt. Er wird es schwierig haben, da hier kaum eine Menschenseele vorbei kommt. Wir möchten ihm den Erfolg so fest gönnen, dass wir spontan entscheiden, zum Nachtessen nochmals hierher zurück zu laufen (30 Minuten Fussmarsch von der Salt Whistle Bay)
Nachtessen in «The Ranch Escapade»: Wir geniessen ein wunderbares lokales Menü: Köbi geniesst «Conch», das sind die grossen Meeresschnecken, Pia eine Spezialität des Hauses: Hühnchen, süss-sauer mit Käse überbacken. Beides sehr lecker zubereitet und zu einem Preis, der absolut passt. Wenn wir sonst das Essen in letzter Zeit eher als fad empfanden, waren unsere beiden Gerichte exakt mit dem richtigen Pepp zubereitet. Wir erfahren, dass die Köchin ihr Handwerk von einem erfahrenen Koch gelernt hat, der lange Zeit in Hotels und auf Kreuzfahrtschiffen gearbeitet hat. Der junge Besitzer, Monroe, setzt sich nach dem Essen zu uns, und wir plaudern lange über seine Pläne. Er fragt uns nach Tipps und wir stellen fest, dass die meisten Ideen, die wir haben, bereits vorgeplant und auch in der Umsetzung sind. Ein Restaurant das wir unseren besten Freunden empfehlen können und das wir selber wieder besuchen wollen!

Mit diesem feinen Nachtessen verabschieden wir uns am nächsten Morgen von Mayreau und segeln weiter zur nächsten Insel: Union Island. In rund einer Stunde Fahrt Richtung Süden sollten wir dort sein.