Zurück in Bonaire wartet Arbeit

Bis Ende September ist der Rücken von Köbi dank Physio- und Craniosakral-Therapie wieder so gut stabilisiert, dass wir am 27. September wieder zurück nach Bonaire fliegen können. Das Gepäck, das wir mitschleppen, ist enorm: drei grosse Koffer, jeder bis zum maximal erlaubten Gewicht gefüllt, plus das maximal erlaubte Handgepäck. Wir haben viel Ersatzmaterial für die Lupina dabei und einer der schweren Koffer ist für Nelly und Allan von der Segelyacht (SY) Meerla, die vergeblich gehofft hatten, dass Besucher aus der Schweiz ihnen das mitbringen könnten. Köbi’s Schwestern Sabine und Regine bringen uns frühmorgens an den Basler Flughafen und helfen, das Gepäck an den Eincheckschalter zu bringen. Dort wartet für Köbi ein Rollstuhl, so dass sein Rücken das lange Anstehen und den Gang durch Pass und Gepäckkontrolle zum Abfluggate unbeschadet und heil übersteht. Auch das Umsteigen in Amsterdam klappt Dank dieser Unterstützung problemlos.

Rund 10 Stunden nach dem Abflug von Amsterdam steigen wir in Bonaire bei Sonnenschein, 30 Grad Temperatur und einem steifen Rücken (Köbi) erleichtert aus dem Flugzeug. Dank einem aktuellen negativen PCR -Test und korrekt ausgefüllten Gesundheitsdeklarationen dürfen wir ohne zusätzliche Quarantäne in Bonaire einreisen. Hier hat sich seit unserer Abreise viel verändert: gab es Anfang August noch keine Covid-Ansteckungen auf der Insel, sind in der Zwischenzeit die Fälle explodiert und es mussten strikte Massnahmen angeordnet werden, ähnlich wie anfänglich in Europa. Verständlich, dass deshalb am Flughafen eine gewisse Nervosität herrscht. Herrlich, als wir endlich ins Freie treten und unsere Freunde Konny und Martin wiedersehen können. Sie fahren uns mit ihrem grossen Pick-Up Truck, der das viele Gepäck problemlos schluckt, zu unserer Lupina, die uns in der Marina schon ganz nervös schaukelnd erwartet. Wir treffen sie in tadellosem Zustand an. Wolfgang von der SY Hubbert hat während unserer Abwesenheit perfekt zu ihr geschaut. Keine Mängel, kein Schimmel, alles i.O.! Wunderschön – wir sind wieder zuhause!

Kaum in Bonaire angekommen, geht es los mit diversen Arbeiten. Zuerst kommt die lange ersehnte Waschmaschine dran. In Holland bestellt und im Container mit ein paar anderen Dingen nach Bonaire geliefert, war sie kurz vor unserer Ankunft auf der Insel angekommen. Unser Freund Sylvester (Bild links) hat sie in Empfang genommen und liefert sie uns an den Pier. Mit tatkräftiger Hilfe von Hacko, SY Anixi, (am Schubkarren) kriegen wir das Paket sicher zum Schiff
Köbi’s Rücken ist froh und dankbar, dass er nicht mithelfen muss, das 50 Kilogramm schwere Teil vom Pier an Bord zu hieven. Sylvester und Hacko schaffen das locker
Die Maschine hat Spezialmasse. Sie dürfte keinen Zentimeter grösser sein, sonst würde sie nicht durch Niedergang und Türen passen und wir könnten sie nicht einbauen
Hacko (unten) und Sylvester dürfen stolz sein, sie haben gerade in diesem Moment Pia zur glücklichsten Bordfrau gemacht 😉. Ein Glücksfall für uns auch: Hacko hat in seinem Vor-Seglerleben mal in der Haushaltsmaschinen-Branche gearbeitet. Seine diversen Tests und die perfekte Inbetriebnahme der Maschine haben Köbi sicher ein paar Stunden Durchblättern der Betriebsanleitung erspart 😊
Am nächsten Tag sieht es auf der Lupina so aus. Die Maschine arbeitet perfekt, die Wäsche ist sauber, Pia ist happy! Happy wife – happy life! Vielen Dank Hacko und Sylvester für eure Hilfe!
In den nächsten Tagen herrscht ein grosser Wirrwarr an Bord. Arbeiten an der Elektronik: 2x 180 Watt Solarpanelen (Stromproduktion) und ein WiFi Booster (Antenne zum Empfang und Verstärken von WiFi Signalen) sollen eingebaut werden
Wiederum ist Sylvester der Mann der Stunde. Er hat Köbi bei der Auswahl der Hardware beraten und diese dann in der USA, Holland und Bonaire zusammengekauft. Als ehemaliger Elektriker führt er dann die Installation an Bord fachgerecht aus. Hier besprechen wir gerade die möglichen Varianten. Alles beginnt mit einer guten Planung …
… und dann schweisstreibender, nicht immer ganz einfach zugänglicher Arbeit. Sylvester macht das locker und in stoischer Ruhe
Montage der steuerbordseitigen Solarpanele. Vorerst montieren wir sie direkt an den Reelingdraht, wollen aber dann bei nächster Gelegenheit eine Lösung mit rostfreien Stahlrohren anbauen

Nachdem die geplanten Arbeiten erledigt sind, ist es für uns Zeit, von der Marina ins offene Wasser an eine Mooring (= Boje) zu wechseln. Das stellt sich aber als fast unmögliches Unterfangen heraus. Da rings um uns herum fast alle Inseln die Grenzen dicht haben oder auf 14 Tage Quarantäne bestehen, hat Bonaire die Aufenthaltsfristen für Segler vorläufig sistiert. Das hat zur Folge, dass es praktisch keine Schiffsbewegungen mehr gibt. Niemand verlässt Bonaire und es ist kein Platz für Neuankömmlinge mehr vorhanden. Kurz: es ist ziemlich voll hier.

Aber auch hier haben wir Glück. In der Marina kommen wir mit unserem Schiffsnachbarn ins Gespräch. Es ist ein lokaler Unternehmer, der Schiffsfahrten für Touristen durchführt. Im Moment ist für ihn nichts los. Eines seiner Schiffe, das normalerweise an einer Mooring festgemacht ist, hat er gerade an Land genommen für Unterhaltsarbeiten. Haben wir richtig gehört? Da gibt es eine freie Mooring? Super! Wir kriegen sie und sind schon am nächsten Tag draussen.

Lupina am neuen Liege Ort. Wir haben sehr viel Platz um uns herum, wir sind das letzte Schiff in einem sehr locker gelegten Mooringfeld, welches ausschliesslich privaten Besitzern gehört. Wir sind zwar etwas weit weg von unserem angestammten Dinghi Anlegesteg, aber das ist uns in diesem Moment egal. Wir haben eine Boje, sind wieder auf dem offenen Wasser und können nach Herzenslust baden und schnorcheln. Wir sind total happy 😊

Zu 99% kommt in Bonaire der Wind aus östlicher Richtung. Für diese Windrichtung bietet die Insel einen perfekten Schutz. Ab und zu kommt es aber vor, dass der Passatwind von Gewitterzellen über der Küste von Venezuela gestoppt wird und sich für ein paar Stunden ein Wind, meist aber nicht stark, aus westlicher Richtung aufbaut. Solch eine Wetterlage («Reversal» genannt) hatte sich noch zu unserer Zeit in der Marina aufgebaut. Der Wind ist nicht das eigentliche Problem, sondern die Wellen, die sich an den betonierten Uferwänden brechen und zurückgeschlagen werden. Das führt im Küstenbereich zu ganz steilen, ekligen Wellen, welche die Schiffe unheimlich tanzen lassen und die Mooring Leinen an ihre Grenzen bringen. Die lokalen Fischer und Bootseigner nehmen dann ihre ganz nahe an der Küste stationierten Schiffe und bringen sie in die sehr gut geschützte Marina. Segelschiffe machen das zum Teil auch, oder flüchten rund eine Meile rüber ans Ostufer der vorgelagerten Insel Klein Bonaire.

Kaum haben wir uns an unserer Mooring eingelebt gibt es in der zweiten Nacht unerwartet einen weiteren solchen Reversal. Diesmal aber viel heftiger und länger als derjenige vor Wochenfrist. Keines der Wetterprogramme hat ihn angekündigt. Heimtückisch, spät in der Nacht, setz er ein. Viele sind bereits am Schlafen. Köbi nicht. Er merkt, wie sich der Wind nach Mitternacht plötzlich dreht und wie sich langsam Wellen gegen die Küste aufbauen. Wir haben sehr lange Leinen und viel freien Platz um uns herum. Auch sind wir genügend weit vom Ufer weg, so dass wir reagieren könnten. So gegen zwei Uhr nachts ist das Windmaximum erreicht, die Wellen bei uns sind moderat und die Leinen zerren nicht am Schiff. Um drei Uhr geht Köbi dann beruhigt zu Bett: hier liegen wir sehr ruhig!

Nicht erschrecken. Die nächsten Bilder sehen fürchterlich aus, aber uns und unserem Boot geht es prima! Wir haben den Reversal absolut schadlos und entspannt überstanden.

Blick am nächsten Morgen über das offizielle Mooringfeld. Der Wind hat da schon stark nachgelassen und bereits wieder etwas nach Süden gedreht. Die Schiffe tanzen immer noch ordentlich auf dem heftigen Schwell
Bei einem Segelboot rissen die Leinen. Der Skipper wollte unter Motor flüchten, schaffte es aber nicht, weil andere Schiffe, heftig hin und her schwojend, und lose Leinen im Wasser ihm die Ausfahrt versperrten. Das traurige Ende eines stolzen Segelschiffes! Fazit des Reversals: ein Segelschiff und ein Fischerschiff gestrandet, viele kleinere Boote an Land gespült, Klampen aus Schiffen herausgerissen und viele weitere Schäden an Schiffen und Anlegestegen
Unser Dinghi Motor, ein 6 PS starker Suzuki 4-Takter, hat uns die erste Phase unserer Segelreise zuverlässig und ohne Pannen seine Dienste erwiesen. Mit dem neuen Highfield Dinghi, das etwas schwerer ist als unser altes Boot, war die Leistung aber etwas zu gering. Wir haben uns deshalb entschlossen, einen 9.8 PS starken Tohatsu 2-Takt Motor zu kaufen. Dieser ist gleich schwer, bringt aber über 50% mehr Power. Am Tag bevor wir den neuen Motor ausgeliefert bekommen, sagt unser treuer alter Motor: «ich hab genug! Macht doch die Arbeit selber!». Kurzerhand lässt er uns auf offenem Meer stehen, beziehungsweise treiben. Zum Glück sehen uns Chris und Jenn von der SY Diva. Sie kommen uns mit ihrem Boot zur Hilfe und schleppen uns zurück zur Lupina
Schon am nächsten Tag ist er da – der neue Motor. In der Zwischenzeit hat Köbi auch das Problem bei unserem treuen alten Suzuki gefunden: der Benzinschlauch hatte eine defekte Dichtung und der Motor zog Luft an. Ein neuer Anschluss und er läuft wieder wie eh und je zuverlässig
Die neuen, glücklichen Besitzer unseres Suzukis: Lotte und Freund von der SY Luna. Wir haben über das Cruiser Net (eine drei Mal pro Woche stattfindende Funkrunde auf VHF Kanal 77) eine Woche vorher bekannt gegeben, dass ein funktionierender Aussenborder zum Verkaufen sei. Sie waren die Schnellsten. Wir wünschen ihnen viel Freude mit «unserem» Freund
Einmal erwähnt Nelly von der SY Meerla, dass sie eine Nähmaschine an Bord hat. Pia spitzte nicht nur die Ohren, sie handelte auch. Nun steht das Ding leihweise auf unserem Salontisch und rattert rund um die Uhr. Als gelernte Schneiderin ist Pia im Element und schneidert, was das Zeug hält. Einmal kommt sogar kurz ihr Finger dran (ja, die Nadel ist ganz durch den Fingerspitz gedrungen!), aber Dank kühlem Blut von Pia und Köbi’s Ersthilfekünsten geht das ganze Malheur sehr glimpflich über die Bühne
Als Erstes kriegt unser neuer Motor einen Massgeschneiderten Überzug – passt!
Dann wird die Schweizer Fahne, die nun auch schon wieder ein Jahr ihre Hoheitsdienste leistet, repariert …
… und endlich kriegen auch unsere Sitzkissen wieder einen neuen Überzug. Gut gemacht, Pia! 😊
Ein Mitbringsel aus der Schweiz: hässlich anzuschauen, unangenehm labbrig und schlüpfrig in der Hand, aber unheimlich gut und effizient verhindern diesen wabbligen Dinger das Austrocknen von angeschnittenen Gemüsen und Früchten. Ein Tipp unserer Schwiegertochter. Danke Jasi 😉
Ein neues Kapitel beginnt gerade in diesem Moment. Das Segelschiff «Lille Venn» mit Barbara und Ralph aus Möhlin in der Schweiz hat gerade die rund 100 Seemeilen lange Überfahrt von Aruba nach Bonaire erfolgreich absolviert. Wir haben schon länger mit ihnen über Internet Kontakt und hatten sie auch zweimal bei unserem Letzten Besuch in der Schweiz getroffen. Sie hatten ihr Schiff in Aruba im Yard parkiert und sind nun vor ein paar Tagen wieder zurück nach Aruba geflogen. Sie wollten schon länger nach Bonaire kommen, bekamen aber nie einen Hafenplatz, weil hier alles voll ist. Als wir dann in der Marina lagen, haben wir mit der Chefin dort ausgehandelt, dass «Lille Venn» unseren Platz bekommt, sobald wir an eine Mooring verlegen. Und so hat es dann auch geklappt: «Lille Venn» hat die Reservationsbestätigung und somit die Einreiseerlaubnis erhalten. Im nächsten Leben wird Köbi Marinero 😊
SY Lille Venn mit Barbara und Ralph rauscht mit wehenden Segeln zum Gruss an der Lupina vorbei. Sie müssen nun zuerst 14 Tage in Quarantäne (Aruba zählt als Risikoland), bevor wir das Wiedersehen dann feiern können

Falls ihr euch fragt, wie es Köbi’s Rücken in der Zwischenzeit geht, dann gibt es Erfreuliches zu erzählen. Auch hier wieder ein Glücksfall. Als Konny am Flughafen Köbi sah, weckte sein Humpeln und der gequälte Gang ihre medizinischen Instinkte. In klassischer Medizin grundgebildet und später in traditioneller Medizin weitergebildet hatte sie jahrelang eine eigene Praxis. Ihre erste Anamnese des zähen Rückenleidens machte sie kurz nach unserer Ankunft in Bonaire während eines Segeltörns bei uns auf dem Schiff. Köbi wurde akupunktiert und musste 20 Minuten reglos in seiner Koje liegen. Danach ging es ihm schon das erste Mal besser. Die Therapie setzte Konny dann bei sich zu Hause fort und Köbi kann heute schmerzfrei gehen und sich bewegen. Einzig das rechte Bein muss nun noch zu alten Kräften finden. Gemeinsam schaffen wir das 😉 Viiiiielen Dank Konny!!!

Sonnenuntergang auf der Lupina

Wie geht es weiter mit Köbi’s Rücken? Welche Abenteuer erwarten uns an unserem Liegeplatz? Wie planen wir die nächsten Reiseabschnitte? Demnächst hier zu lesen: es bleibt spannend – bleib der Lupina im Kielwasser!