Boavista – Leben in der Steinwüste

Am 24. Januar 2019 sind wir am frühen Nachmittag in der südlichen Bucht bei Sal Rei, der Hauptstadt von Boavista eingetroffen. Bevor wir auf Sal losfahren konnten, musste Köbi aber zuerst noch den Anker freitauchen. Dieser hatte sich im Lavagestein, das sich in den hellen Sandfeldern gut getarnt versteckte, festgeklemmt. Zum Glück war das Wasser hier nur etwa 4 Meter tief, und es gelang ihm, den Anker unter dem Felsen hervorzuziehen und loszumachen. Die 5 stündige Überfahrt war dann sehr schönes Segeln: fast keine Welle, 15 Knoten Wind von schräg hinten.

Wir liegen in der sehr flachen Bucht bei Sal Rei vor Anker. Je nach Wind und Wellen tummeln sich hier Kite-Surfer, Wind Surfer, Water -Boarder, Stand-Up Paddler, oder einfach nur Badende

Wir sehen die Insel erst auf den letzten Meilen. In der Luft ist eine Mischung aus Saharastaub und Wasserdunst. Die in Windrichtung gerichteten Flächen der Seile, Reeling, Fenster, Mast, etc. sind rot gefärbt. Zuerst meinen wir, es sei nun alles rostig, stellen aber erleichtert fest: nur Staub. Staub ist hier auf den Ostinseln der Kapverden Normalität. Boavista ist eine der ärmsten und unfruchtbarsten Inseln und besteht im Wesentlichen aus Steinwüsten, Geröll, Sand und Staub. Die bis 1461 unbewohnte Insel wurde zusammen mit dem ganzen Kapverden Archipelago von Seefahrern, die im Auftrage des Portugiesischen Königs unterwegs waren, entdeckt. Als Überseekolonie Portugals wurden die Kapverden schnell zum Dreh- und Angelpunkt des Sklavenhandels zwischen Afrika, Europa und Amerika. So trafen weisse Auswanderer aus Europa auf schwarze Sklaven aus Afrika. Die gemeinsamen Kinder waren die erste Generation eines neuen Volks: der Kreolen. Gene, Traditionen, Bräuche und Sitten zweier Kontinente brachten eine Bevölkerung hervor, die ebenso viele verschiedene Hauttöne aufweist wie Eigenarten in Kultur und Lebensart. Nach über 500 Jahren kolonialer Ausbeutung durch Portugal erlangte das Land erst 1975 seine politische Unabhängigkeit und gehörte bis vor wenigen Jahren zu den ärmsten Ländern. In den letzten 35 Jahren gelang eine politische und wirtschaftliche Wende, die es dem Land erlaubt, Hunger und Armut zu trotzen. Von grosser Bedeutung ist dabei der Tourismus, der vor allem in Sal und hier auf Boavista, dank den wunderbaren Sandstränden, am Wachsen ist.

Unser erster Landgang. Wir stossen auf eine farbenfrohe, fröhliche, …..
… aber auch sehr arme Umgebung. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Monatslohn ab 200 Euro ist normal . Wem das zu wenig ist, der bekommt den Job nicht. Das erklärt, dass alles, was noch irgendwie brauchbar ist, wiederverwendet oder anderswie verwertet wird
Wir bemühen uns für eine ordnungsmässige Anmeldung. Fragen uns durch bei Polizei und Hafenbehörde. Nach einem halben Tag Suche finden wir das zuständige Büro (hier im blauen Gebäude). „Schiffspapiere und Pässe? Woher kommt ihr – wohin geht ihr?“ sind die kurzen Fragen des sehr freundlichen Beamten auf Portugiesisch. Nach 10 Minuten sind wir wieder draussen. Gebühren? Keine. Uns scheint, der Beamte war sehr erstaunt, dass wir uns angemeldet haben.

Boavista ist die drittgröste Insel der Kabverden und bietet ideale Bedingungen für Wassersport. Über 55km Strand nennt die 630km2 kleine Insel ihr Eigen. Weisse Dünen aus feinpudrigem Sand, steinige, rotbraune Mondlandschaften und versteckte Palmenoasen sind die Zugaben. Nur gerade 11’000 Einwohner leben hier, rund zwei Drittel davon in der Haupstadt Sal Rei

Am nächsten Tag mieten wir uns einen Geländewagen und erkundigen die Insel (da es hier in der Gegend um Sal Rei diverse Touristenhotels gibt, finden wir auch leicht diverse Auto-Vermietungsfirmen in der Stadt). Die Fahrt durch diese Steinwüste ist schon sehr eindrücklich, aber auch anstrengend: man muss immer auf grosse und spitze Steine im Weg achten, sonst bringt man die Reifen nicht heil über die ganze Strecke
Wir fahren der Küste entlang südwärts und umrunden die Insel im Gegenuhrzeigersinn. 90% der Strasse ist Schotterpiste. Hier befindet sich eine Strasse im Bau (links), die dann vielleicht in ein paar Jahren gepflästert oder geteert ist und die Strände im Süden erschliessen soll. Alle Berge hier haben vulkanischen Ursprung. Derjenige im Bild ist übrig geblieben von der harten Lavamasse im Steigkanal des Vulkanes, der Rest des Kegels ist weg erodiert
Am Ende der Strasse in den Süden. Wir stehen vor einem menschenleeren Sandstrand (Praja de Santa Monica). Man sieht, den Kleidern nach ist es kühl – stimmt! Es ist zwar 22 Grad warm, aber der Wind bläst zügig und den ganzen Tag über ist die Sonne durch Wolken verdeckt. Wir erleben sogar das seltene Schauspiel von Regentropfen, diese fallen aber nur sehr spärlich und vertrocknen sofort wieder
Schöner Weideplatz für Ziegen: es hat Pflanzen, Salz und eine wunderbare Aussicht auf das Meer
Nach etwa der Hälfte der Rundfahrt erlauben wir uns eine Erholungspause beim Ponta de Curralinho
Nach der Mittagspause geht’s dann weiter entlang der Südküste, und dann bei Ervatao nordwärts ins Landesinnere
Entlang der Küste bei Curral Velho, ganz alleine für sich in der Wildnis, treffen wir dieses Hotel an. Wir finden, es ist sehr schön der Natur angepasst im Baustil und in seiner Farbgebung. Unterwegs hatten wir vorher einige andere, sehr schlechte Beispiele gesehen. Da hier „all inclusive“ gebucht wird, verdient die arme Landbevölkerung nur sehr wenig an diesen Touristen
Nordwärts – einfach nur schön!
Rast in Cabeço dos Tarafes. Die Musiker spielen am Freitag Nachmittag melancholische, aber auch fröhliche Melodien. Es ist ein Kommen und Gehen, die Instrumente werden weiter gereicht und andere Spieler zupfen ihre Lieder
Am späten Nachmittag, früh genug vor dem Eindunkeln, kommen wir ganz im Norden noch an der Cabo de Santa Maria vorbei. Das, was im Bild aussieht wie ein Fels, ist ein gestrandetes Schiff – ein Spanischer Frachter, der seit über 50 Jahren hier vor sich her rostet. Die Fahrt zu diesem Punkt: Abenteuer pur!!
Am Abend auf dem zentralen Platz in Sal Rei (Praça Santa Isabel) diverse spontane Musikanten und diese Gruppe Kinder, welche unter kundiger Leitung eines Könners sich im Capoeira Tanz üben.

Heute Abend nehmen wir nun bereits Abschied von Boavista nordwestwärts in Richtung São Nicolau. Für die Distanz von rund 90 Seemeilen rechnen wir beim schwachen Wind, den es gerade hat, etwa mit 18 Stunden. Wenn wir heute Abend vor Einbruch der Dunkelheit lossegeln, sind wir morgen am frühen Nachmittag dort.

Sal – die karge Kleine auf den Kapverden

Am 18.1.2019, Freitag morgen früh, haben wir im Hafen- und Fischerort Palmeira auf Sal unseren Anker gelegt. Von anderen Seglern haben wir über viel Schwell gelesen, also sind wir durch alle Schiffe durch, so nah wie möglich ans Ufer. Der Ankerplatz war perfekt, der Anker hat gut gehalten im Sand und Schlick, und Schwell hatten wir gar keinen.

Etwas mutig und mit einem permanenten Blick auf den Tiefenmesser bei der Einfahrt haben wir inmitten von lokalen Booten geankert (Lupina gehört der 4. Mast von links gesehen)
Von der Invia Crew (andere Segler, die wir in La Palma getroffen haben) wussten wir, dass man sich hier von Einheimischen an Land fahren lassen kann. Auch wir verlassen uns auf das Wassertaxi von „DJ“, so der Name des Bootsführers,. Unser Dinghi bleibt auf dem sicheren Schiff. 4 Euro für eine Hin- und Rückfahrt, und 2 Euro fürs Aufpassen auf unser Schiff scheint uns zwar verhältnismässig hoch, aber wir willigen ein. Leider hinterliess sein Verhalten bei der Verabschiedung nach unserem Aufenthalt einen etwas schalen Geschmack bei uns: „DJ“ verlangte plötzlich fast das Doppelte vom vereinbarten Preis und war dann sichtlich genervt, dass wir nicht auf seine überrissene Forderung eingegangen sind
Als Erstes, wenn man in einem neuen Land ankommt, muss man „einklarieren“. Darüber hatten wir vorher die unterschiedlichsten Stories gelesen. Bei uns verläuft das Ganze sehr entspannt. Niemand will das Schiff sehen. „DJ“ führt uns zum Office. Der Beamte der Einwanderungsbehörde ist sehr freundlich. Schiffspapiere und Pässe will er sehen. Andere Dokumente, wie Ausreisepapiere von den Kanaren oder dergleichen braucht er nicht. Auch zoll-technische Fragen müssen wir keine beantworten. Nach der Einwanderungsbehörde geht’s ins Büro gleich nebenan zur Hafenbehörde. Auch hier sind die Beamten sehr freundlich und zuvorkommend. Nach 15 Minuten und um 5 Euro leichter verlassen wir das Büro bereits wieder. Als Pfand (wofür?) müssen wir den Schiffsausweis da lassen. Diesen erhalten wir dann bei der Abreise wieder zurück. Uns fällt auf: es stehen zwar auf jedem Bürotisch Computer mit Flachbildschirmen, benutzt werden sie aber nicht. Alles passiert handschriftlich
Danach geht’s zu Patricia, der Ladenführerin der lokalen Papeterie. Hier kriegen wir eine lokale SIM-Karte, die uns Zugang zum Internet gibt. Zuvorkommend wird sie gleich auf meinem Handy eingerichtet

Sal ist gerade mal 30 km von Nord nach Süd und 12 km von West nach Ost. Es die nordöstlichste Insel der Kapverden und die flachste von allen. Der höchste Berg, der Monte Grande, ist 406 Meter hoch. Es leben rund 26’000 Einwohner auf Sal, die sich auf 3 grössere Agglomerationen verteilen: auf die Hauptstadt Espargos (17’000 Ew.) im Landesinnern, auf Santa Maria (6’500 Ew.), das Touristenzentrum ganz im Süden, und auf Palmeira (1’400 Ew.), die Hafenstadt. Der Süden der Insel ist von einer flachen Dünenlandschaft mit kilometerlangen Sandstränden beherrscht, der Rest der Insel ist Geröllwüste (vulkanischen Ursprungs). Landwirtschaft gibt es praktisch keine.

Die lokale Versorgung mit Lebensmitteln ist spärlich, eine grosse Auswahl gibt es nicht. Hier ein Bild aus einem der vielen „Tante-Emma“ Läden. Was bei fast allen Läden immer dominiert: Süssigkeiten und Schleckzeug
Gemüse kommt nur sehr eingeschränkt vor auf der Insel. Auf dem Bild die geringe Auswahl, die lokal gepflanzt wird. Das wenig Vorhandene wird direkt auf der Strasse gehandelt
Wasser und Getränke bekommt man entweder im Laden, oder vom „Hauslieferdienst“
Zum Glück gibt es Fisch in Hülle und Fülle. Jeden Tag frisch am Pier ausgenommen und direkt verkauft
Jeden Morgen das gleiche Schauspiel: die Käufer warten auf die frischen Fische. Immer, wenn ein Fischerboot angelegt hat, beginnt ein hektisches Treiben
Versorgung der Schiffe mit Treibstoff und Wasser (hier im Bild) erfolgt ausschliesslich mittels Kanistern. Strom und Wasser an einem Pier gibt es nicht
Die Insel Sal mit ihrem offiziellen Strassennetz (rote und schwarz gepunktete Linien). Die 5 weissen Punkte sind die Ortschaften, die es gibt. Mit einem Mietauto machen wir uns auf den Weg. Erstmals erleben wir, dass der Vermieter uns das Reserverad und das nötige Werkzeug zeigt sowie das Vergehen, wie man das Rad wechselt, erklärt
Die Hauptachsen Nord-Süd und Ost-West sind gut ausgebaut und geteert …
… in den 3 grössten Orten, Espargos, Santa Maria und Palmeira sind die Strassen meist von handgehauenen Pflastersteinen bedeckt (im Bild die Hauptstrasse in Palmeira)
Alles Andere: Naturstrassen …
… auf denen das Fahren oftmals zu einer spannenden Orientierungsfahrt werden kann. Nicht überall ist der Weg beschildert. Dieses neue Strassenschild wird wohl nicht lange stehen, denn das Holz, aus dem es gefertigt ist, lässt sich für vieles Andere verwenden
Keine Ausserirdischen, kein James Bond Movie – einfache Touristen, die für über 100 Euro ein paar Stunden Staub und Dreck einatmen wollen
Der grösste Teil des Wegnetztes sind Stein- und Sandpisten. Köbi als Militärmotorfahrer a.D. hat an diesen abenteuerlichen Strassen besondere Freude
(erinnert sich aber an die Radwechsel-Instruktionen durch den Vermieter) . Pia übt sich derweil geduldig in der Navigation
Diese Pfade führen zu unterschiedlichen Sehenswürdigkeiten. Hier die Felsbucht (aus Lavagestein) von Buracona 6 Kilometer nördlich von Palmeira
Eine etwas spezielle Verbotstafel beim Eingang zur Felsbucht und zum „Olho Azul“, einem tiefen Loch im Vulkanfelsen: das „no topless“ verstehen wir noch, beim „no fish cleaning“ wird es schon etwas schwieriger, aber was die braune Klapperschlange mit den Fliegen (unten Mitte) bedeuten soll?? 🙂 🙂
Und auch hier wieder: Wunder der Natur in einer sonst kargen Einöde
Ein weiteres Ziel unserer Erkundungen: die Salineanlage beim Weiler Pedra de Lume. Die Salzgewinnung war einst der wirtschaftliche Motor für die ganze Insel („Sal“ heisst Salz auf Deutsch). Ein natürlicher Vulkankrater, dessen Boden unterhalb des Meeresspiegels liegt, bot dem Salzhandel vielversprechende Bedingungen. Das in den Krater sickernde Meerwasser verdunstet fortwährend und hinterlässt wertvolles Salz. Im 16. Jahrhundert entdeckt wurde sie mit der Entwicklung der Handelsroute nach Südamerika eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Kapverden
Über einen Tunnel durch den Kraterrand gelangt man in das Innere des Kraters
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde eine Seilbahn gebaut, welche das Salz aus dem Krater ans Meer transportierte. Im Bild die alte, verfallende Beladungsstation
Auch heute wird Salz gewonnen, jedoch nur noch in bescheidenem Rahmen und zum Verkauf innerhalb der Kapverden selber
Heute ist das Salzfeld und der Krater geöffnet für Touristen
Natürlich steht auch der berühmte 9 km lange Sandstrand im Süden bei Santa Maria auf unserem Programm
Und im Osten von Sant Maria, wo Wind und Wellen auf die Küste branden, bewundern wir das Können der Kite-Surfer und bestaunen ihr emsiges Treiben
Aber auch das gibt es: im Norden der Hauptstadt Espargos stossen wir auf ein Elendsviertel, das einem beelendet. Häuser aus Papier, Karton und Blechtafeln. Unrat, so weit das Auge reicht. Nach was schmeckt wohl die Milch dieser Kuh, die ihre Weide im Abfallfeld hat?
Heute ist der Tourismus auf Sal der wichtigste Wirtschaftszweig. Mit allen seinen Vor- und Nachteilen. Noch ist nicht alles durchorganisiert und in den Händen einiger weniger Organisationen. Meistens sind mehrere einheimische Familien am „Geschäft“ beteiligt. So wie dieser Laden. Er profitiert davon, dass der Fahrer des Touristenjeeps ein Verwandter ist (Sohn?). Die Nachbarn und Freunde beliefern den Laden mit handgefertigten Souvenirs. Mit den erzielten Preisen für ihre Handarbeit können sie sich eine gute Lebensgrundlage schaffen
Kaum sind Touristen da schwärmen in bunten Tüchern gewickelte Verkäuferinnen durch die Strassen
Die Männer lassen sich bei ihrem Spiel nicht stören
Und sind die Touristen dann weg, kehrt wieder Ruhe ein im Ort
Unser Lieblingsrestaurant (mit Namen „Rotterdam“) direkt am Hafen. Serviert ausserordentlich guten Fisch. Man beachte die Konstruktion der Wand: als Baumaterial dienen Palmenblätter und ein altes Segel
Das Essen wird meist auf Holzkohle gegrillt und verströmt gewürzdurchtränkt einen Appetit anregenden Geruch. Pia hat eigentlich sowohl Kühlschrank wie Tiefkühler gefüllt mit allerlei feinen Speisen, aber das Essen hier in Palmeira ist so gut, wir haben immer auswärts gefuttert 🙂
Sonntag Abend ist Disco angesagt im „Capricornio“ direkt am Hafen. Kurzerhand wird um das Lokal ein Fischernetz gespannt. Wer rein will muss einen Eintritt bezahlen. Um 23 Uhr stellt die Musik aber unerwartet ab. Unsere verblüfften Gesichter werden von den Umstehenden verstanden. Kurze Erklärung an uns: über 40 Jährige bis 23 Uhr, danach gehört das Lokal der Jugend. Aha! Immer noch verblüfft ziehen wir von dannen 😉

Die Insel Sal ist klein und überschaubar. Wir haben in 5 Tagen viel gesehen und erlebt. Am meisten hat uns die Freundlichkeit und Fröhlichkeit der Leute beeindruckt. Reichtum ist definitiv kein Massstab für’s glücklich Sein – und das ist auch gut so!
Der Ausfall des Stromgenerators schmerzt im Moment nicht so sehr. Da wir dauernd guten Wind haben, vermag unser Windgenerator den Verbrauch fast zu kompensieren. So werden wir unseren Törn wie geplant fortsetzen. Wir haben heute Dienstag die Schiffspapiere bei der Hafenbehörde abgeholt und sind ein paar Meilen südwärts in einer Bucht am Anker zum Übernachten. Morgen Mittwoch segeln wir zur nächsten Insel, Boa Vista, weiter.

Bye bye Sal

Überfahrt auf die Kapverden – oder: schnell wie der Wind

Tag 1, Montag, 13.1.2018:
Frühe Tagwache war angesagt. Um 6 Uhr schellte der Wecker und wir schossen unternehmungslustig aus unserer Koje. Nach einem ausgiebigen Frühstück machten wir zuerst uns selber see-tauglich, dann das Schiff: alle Luken dicht, alle Doradenlüfter (das sind die komischen Ohren, die auf dem Schiffsdeck stehen) nach hinten gedreht, damit kein Wasser rein kommt, alles im Schiff so verstaut, dass es nicht herumrutschen oder umfallen kann, Motor kontrolliert, alles was auf Deck nicht benötigt wird sicher verstaut und fest gezurrt. Dann wird der Motor gestartet und das Landstromkabel an Bord geholt. Alle Tanks sind voll, die Batterien auch. Dem Motor gönnen wir wie immer 10-15 Minuten Aufwärmung. In dieser Zeit wollen wir unsere Nachbarn wecken, die am Abend vorher noch mit uns Nachtessen waren und die versprochen hatten, uns am Morgen beim Ablegen zu helfen. Aber sowohl die Crew von „Karl“ als auch die von „Tiger Blue“ kamen auf dem Steg entgegen. Noch eine letzte innige Umarmungen und ein wehmütiges „adieu“ Winken – und los geht’s. Pia am Steuer, Köbi ist Deckmannschaft und versorgt Fender und Festmacherleinen. Nach ein paar Minuten sind wir im offenen Meer, setzen um 8:10 Uhr beide Segel auf Steuerbord, legen Kurs 204 Grad an – und los geht’s. Die Wellen sind gleich nach dem Hafen recht ruppig und unregelmässig. Ruppig aber mit gutem seitlichem Wind geht es rassig gegen Süden. Pia hat zwar etwas gegen Seekrankheit genommen, das Nachtessen kochen in der Pantry (Küche) geht gerade noch, aber war vielleicht doch zuviel: statt sich selber füttert sie zuerst einmal die Fische. Aber wieder zurück an Deck gewinnt der Hunger – und der Magen ist auch wieder zufrieden. Nach dem Nachtessen macht Köbi den Abwasch und den täglichen Rundgang auf dem Schiff, schaut ob alles in Ordnung ist, und übergibt dann das Steuer an Pia, welche die erste Schicht bis Mitternacht fährt. Übrigens: steuern tut bei uns ein Autopilot (unser „Kari“) die ganze Zeit, der macht einen besseren Job wie wir das könnten. Köbi übernimmt ab Mitternacht bis Morgengrauen. Schlafen bei der Überfahrt tun wir beide in einer speziell dafür vorgesehenen Koje, Leebett genannt, im Salon. So haben wir jederzeit gegenseitigen Sichtkontakt. Die erste Nacht verläuft relativ ereignislos, andere Schiffe sind keine unterwegs.
Nach den ersten 24 Stunden haben wir 170sm (Seemeilen) hinter uns – 540sm liegen noch vor uns

Leinen los in La Restinga, El Hierro …
… die Crews von „Tiger Blue“ und „Karl“ winken zum Abschied
So verabschiedet uns der Himmel von La Restinga (El Hierro)
Ein lieber Seglerfreund hatte gesagt, es gibt kein Wind. Ein Blick an den Himmel sagt aber: Passatwind par Excellence (Lehre daraus: die Natur sagt uns mehr als das Internet 🙂 )

Tag 2, Dienstag, 14.1.2018: Wetter nach wie vor schön und tagsüber angenehm warm. Wind ist genau nach Wetterprognose, frischt gegen Abend etwas auf, kommt nun mehr von hinten. Dadurch wird auch die Welle (ca. 1-2 Meter hoch) angenehmer. Wir sichern beide Segel gegen ungewolltes Flattern oder Umschlagen. Das Grosssegel mit dem Bullenstander, das Genua mit dem Spi-Baum. Wir sind nun beide mit dem Schiff vereint, auch Pia hat keine Probleme mehr. Wir geniessen die Fahrt, sitzen die meiste Zeit im Cockpit und schauen Meer, Wind und Wellen zu. Wir nehmen unsere von Angi geschenkte GoPro Kamera erstmals in Betrieb und machen die ersten Filme damit. Mal schauen, ob das etwas wird.
341 sm hinter uns (ETMAL 171sm) / 389 sm vor uns

Jeder Abend wieder ein spezieller Moment: der Sonnenuntergang auf offenem Meer

Tag 3, Mittwoch, 15.1.2018: Wind und Wetter bleiben wie gehabt. Die vergangene Nacht war für Köbi nicht so erholsam. Neben anderen lauten Geräuschen liess ihn ein lautes, wiederkehrendes Knarren nur oberflächlich schlafen. Er sorgte sich um eine Umlenkrolle für das Genua-Schot. In Gedanken sah er schon, wie sie versagt und das Genuasegel wild in den Wind flattert. Es zeigte sich aber dann, dass es die Bananenschale im Früchtenetz war.
Der Tag verlief dann segel-technisch perfekt, energie-technisch haben wir aber ein grosses Problem eingefangen: unser Stromgenerator hat sich automatisch abgestellt, und zeigt eine Fehlermeldung «Failure AC1 Voltage» an. Das hat dann Köbi den ganzen Nachmittag Betriebsanleitungen, Installationspläne und Stromschemas studieren lassen. Er konnte aber die Ursache des Defektes nicht herausfinden. Hätte er doch nur besser aufgepasst in den Elektrotechnik Vorlesungen in der Schule. Kurzfristig machen wir nun mit der Hauptmaschine Strom (Windgenerator und Solarpanelen können auf der langen Überfahrt nicht allen Verbrauch abdecken) und werden versuchen, in den Kapverden Hilfe zu bekommen. Auf die Nacht ist etwas mehr Wind angesagt, etwas weiter achterlich. Wir reffen das Genua, damit es weniger flattert in der Windabdeckung des Grosssegels. Die Wellen schieben uns kräftig voran, lassen uns aber auch intensiv rollen, was sehr unangenehm ist. Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, fliegt herum.
Spannung für die Nachtschicht bringt ein anderes Segelschiff auf, das von Osten kam und in unsere Richtung abbog, kurz bevor es in unser Kielwasser gelangte. Mit 53 Fuss ist die «Valentina», wie wir im AIS sehen können, 10 Fuss länger als unser Schiff. Grosse Schiffe sind in der Regel schneller als kleinere. Unser Wettkampffieber ist angestachelt. Pia schaffte es in ihrer 1. Schicht, das Schiff fast auf Distanz zu halten. Im Morgengrauen hat Köbi dann die Distanz sogar wieder etwas vergrössern können. Wir wissen nicht warum, aber kurz vor Tagesanbruch macht die «Valentina» eine Kursänderung, die ihr viel Zeit und Distanz kostet. Dann versucht sie noch einmal, das Rennen aufzunehmen, schwenkt aber nach 3 Stunden endgültig ab. Spannend war’s 😊
526 sm hinter uns (ETMAL 184sm) / 184 sm vor uns

Tag 4, Donnerstag, 16.1.2018: Uns geht es prima, und wir sind «gefrässig». Wie jeden anderen Tag auch gönnen wir uns ein ausgedehntes Frühstück. Danach tätigt Köbi den Check am Schiff, um zu sehen, ob sich in der Nacht irgendwelcher Verschleiss angebahnt, oder ob etwas sich gelöst hat. Danach legt er sich schlafen, und Pia beginnt die Tagesschicht. Heute ist der Wind deutlich stärker (20-25 Knoten von schräg hinten) und die Wellen werden laufend grösser. Viel höher jedenfalls, als in der Vorhersage angekündigt. Gegen Abend haben sie gut 3-4 Meter. Aber Lupina prescht durch die aufgewühlte See und läuft wie auf Schienen, der Autopilot macht nur ganz kleine Korrekturbewegungen. Selten schafft es eine Welle, uns kurz aus dem Kurs zu werfen. Dann knickt Lupina tief auf eine Seite, das Wasser schiesst über die Bordkante und klatscht gegen die Fenster. Aber wie ein Stehaufmännchen richtet sie sich immer wieder auf in den Wind, um aus diesem die Kraft für den Vorschub zu ziehen. Wir surfen die Wellen mit Spitzengeschwindigkeiten bis zu 13 Knoten ab. Nach Erreichen des Wellenscheitels stehen wir aber auf der anderen Seite „am Berg“, da werden wir wieder stark abgebremst. Wir bleiben konstant auf unserem 204 Grad Kurs. Die Segel brauchen keine Korrektur. Wir haben viel Zeit zum Lesen, Nichtstun, Meer und Wellen beobachten. Das Wetter ist nun schon der 4. Tag schön und sonnig, was sich auch positiv auf unsere Gemüter niederschlägt. In der Nacht zum Freitag werden die Wellen noch höher und wilder. Es ist wie ein Rodeo-Reiten, was das Meer mit uns macht. Das Bewegen an Bord wird zum Kampf. Die sicherste Position ist das Sitzen oder Liegen. Jede andere Tätigkeit verlangt eine genaue Planung des nächsten Schrittes, sonst fliegt man gnadenlos durch das Innenschiff.

Pia bei einer wichtige Beschäftigung: sich genügend erholen und entspannen
Köbi’s Lieblingsplätzchen ist der Hecksitz

Ah, noch 2 Ereignisse:
A.) Hätten wir am Donnerstag nicht einem Frachtschiff ausweichen müssen, hätten wir die ganze Überfahrt wohl in 4 Tagen geschafft😊Wir hatten nicht den Mut, das Schiff in nur 0.2 Seemeilen Distanz zu passieren. B.) Wir haben die erste «Leiche» an Bord: ein kleiner Pulpo (Tintenfischart) ist wohl mit einer Welle an Bord gespült worden und hat dann den Abfluss nicht gefunden – schade um das Tier!
739 sm hinter uns (ETMAL 184sm) / 1 sm vor uns

Das Frachtschiff hatte seinen Weg haarscharf an uns vorbei programmiert. Für uns zu riskant – wir weichen aus
Pulpo, durch eine Welle an Deck geschwemmt, erst zu spät von uns gesehen 🙁

5. Tag, Freitag, 17.1.2018: Wir haben unsere Fahrt in der Nacht zum Freitag durch Reffen des Grossegels etwas eingebremst, damit wir nicht in der Nacht in den Hafen einlaufen mussten. Die sehr ungemütliche Fahrt (sehr hohe Wellen mit immer wieder querlaufenden Wellen dazwischen) raubt uns beiden den Schlaf. Alles was nicht fest eingeklemmt oder sonst sicher verstaut ist, macht sich durch Lärm oder durch Herumfliegen bemerkbar. Aber die Aussicht auf das nahe Ziel lässt uns dies geduldig hinnehmen. In der Morgendämmerung erreichen wir unser Ziel und wir ziehen die Segel ein. Dabei entdecken wir Leichen Nummer 2 und 3: 2 tote fliegende Fische, die offenbar in der Nacht unser Boot als Landebahn verwechselt haben.

Kleiner fliegender Fisch auf dem Heck, …
… und ein stattliches Model neben den Wanten. Schade, der hätte frisch gut in die Pfanne gepasst

Bei Sonnenaufgang setzen wir den Anker in Palmeira auf der Insel Sal. Wir geniessen unseren Erfolg mit einer erfrischenden Dusche und einem nahrhaften Frühstück (was denn sonst 😉) bevor wir uns an Land machen, um uns offiziell bei den Behörden anzumelden (= einklarieren). Die Lupina steht derweil mit der gelben Quarantäne-Flagge (= Q Fahne) im Hafen und wartet darauf, dass sie diese wieder los wird.

Pia setzt wie üblich bei der Landesgrenze die Gastlandflagge, Kapverden, und die gelbe Q-Flagge. „Q“ steht für Quarantäne. Das Schiff und dessen Crew muss zuerst von den Behörden inspiziert werden. Je nach Land wird das ganz unterschiedlich gelebt. Hier ist es einfach und vernünftig.Es gibt Länder, da darf man keinen Fuss an Land setzen, bevor das Schiff nicht mit Insektenspray behandelt worden ist
Und so wurden wir heute Morgen von Palmeira, Insel Sal (Kapverden), Willkommen geheissen
Pia bereitet den Anker vor, nach genau 96 Stunden (4 Tage) seit dem Ablegen in El Hierro
Palmeira (Insel Sal): Wir sind angekommen in einem neuen Kontinent: Afrika. Wir freuen uns darauf

Ihr staunt wohl, dass wir den Bericht schon haben. Wir auch! Aber wir haben es doch tatsächlich trotz des wilden Schaukelns geschafft, laufend unterwegs das Erlebte auf dem PC festzuhalten 😊

El Hierro – am südlichsten Punkt Europas angelangt

Am 5. Januar 2019 sind wir im Süden von El Hierro eingetroffen. Im südlichsten Punkt von Europa, dem kleinen Fischerdorf «La Restinga», machen wir die Lupina an einem Fingerponton fest. Hier liegen wir ruhig, auch bei starken Winden. Wir sind noch nicht mal ganz fertig mit dem Festmachen, steht schon der Hafenpolizist vor unserem Boot und will die Papiere sehen. Ganz modern zückt er sein Mobiltelefon, fotografiert alles, und das war’s dann auch schon mit den Formalitäten. Ganz anders die Marina. Das Büro ist wegen Ferienabwesenheit des Chefs geschlossen. Den Schlüssel sollen wir von einem Darío besorgen. Damit wir aber raus können, um den Mann zu suchen, brauchen wir einen Schlüssel – den wir aber noch nicht haben. Da gibt’s 2 Möglichkeiten: warten, bis ein anderer Bootsanlieger rein oder raus will, oder um das Tor klettern. Kurzer prüfender Blick, wir klettern. Geht gut. Wir machen uns auf die Suche des Schlüsselmannes. Alle kennen ihn, haben ihn irgendwo gesehen, aber es dauert dann 2 Tage, bis wir unseren Schlüssel endlich haben. Unsere Frage nach den Büro-Öffnungszeiten quittiert er mit einer kurzen Antwort: „Chef – Ferien!“. Wie lange? So genau weiss er es nicht. Vielleicht ist er nächste Woche da. Ja, und wo zahlen wir denn, wenn wir früher gehen wollen? Die knappe Antwort ist ein Achselzucken und eine klare Handbewegung, die bedeutet: dann geht ihr halt einfach.

El Hierro ist die kleinste der 7 Kanareninseln. Auf den 269 Quadratkilometern leben nur 11’000 Einwohner. Die Hauptstadt, Valverde (das grüne Tal), zählt gerade mal 2’000 Einwohner. Zum Glück ist hier der Tourismus noch nicht gross vorgedrungen. Hotelkomplexe und künstliche Badestrände – Fehlanzeige. Dafür umso mehr unberührte Natur, Wildheit und Abgeschiedenheit. Genau das mögen wir und wir machen uns auf, mit Mietauto (das wir per Bus am kleinen Inselflughafen mieten können) und zu Fuss Insel und Leute kennen zu lernen.

Der Hafen von La Restinga mit 2 Schwimmstegen. Gut geschützt bei allen Wetterlagen durch
ein vorgelagertes Riff und eine grosse Hafenmauer, von wo aus das Bild geschossen wurde. Die Küste in dieser Gegend steht unter Naturschutz. Deshalb kommen hier Fischarten vor, die an anderen Orten ausgerottet sind. Der felsige Meeresboden sorgt für glasklares Wasser. La Restinga gilt als das Tauchparadies der Kanaren. 2011 wurde es international berühmt, als vor der Küste ein Unterwasservulkan aktiv wurde.
Lupina ist das weisse Schiff vorne links
Der südlichste Punkt von Europa – wer von euch war schon hier?
Direkt neben dem Hafen peitscht die Brandung gegen die Felsen. Heute ist schönes Wetter, kein starker Wind. Wie sieht das wohl bei Sturm aus?
Auch auf El Hierro gibt es viele Wanderwege, einige davon sehr spektakulär entlang von sehr steilen Abhängen. Informationstafeln geben gute Auskünfte
Alles mit schönen Holzschildern markiert. Die so beschilderte Disco haben wir übrigens aber vergeblich gesucht 😊
Tipp für jemanden, der die Ruhe und Abgeschiedenheit sucht. Das Kleinstdörfchen «Pozo de las Calcosas» im Norden der Insel. Warnung: es ist wirklich seeehr einsam!
«Pozo de las Calcosas»: ein Lavaausfluss hat eine Plattform geschaffen, auf dem kleine Häuschen gebaut wurden. Mit Naturpool vor der Haustüre
Einsamkeit kann inspirierend sein. Hier hat ein Künstler gewirkt
Deutsche Sprach – swierige Sprach 😊 Immer wieder trifft man auf herrliche Übersetzungen (korrekt wäre: Zutritt verboten)
Auch auf El Hierro hat der berühmte Architekt von Lanzarote, César Manrique, ein spektakuläres Panoramarestaurant gebaut. Der «Mirador de la Peña» im Nordwesten der Insel zählt zu den absoluten landschaftlichen und architektonischen Highlights der Insel. Nach Westen fällt hier das Land abrupt über 600 Meter steil zum Meer in die weit geschwungene Bucht El Golfo ab. Das Gebäude ist fast gänzlich aus Naturmaterialen wie Holz und Vulkangestein gebaut und gliedert sich einzigartig in die Natur ein. Schon aus kleiner Distanz kann man das Gebäude an der Felsklippe nicht mehr ausmachen
Im Inneren des Panoramarestaurants bietet sich ein spektakulärer Rundblick über die Bucht El Golfo
Über 600 Meter tiefer die Bucht El Golfo. Entstanden ist diese ca. 15 km lange Bucht durch eine Serie von massiven Erdbeben vor mehreren 10’000 Jahren, wo ein grosser Teil des riesigen Kraters ins Meer weggebrochen ist
In diesem unwirtlichen Gelände aus Lavastein und Sand gibt es auch immer wieder die kleinen Wunder der Natur. Hier eine Pflanze, die sich teppichartig ausbreitet, den Boden beschattet und so die Wurzeln vor der sengenden Hitze schützt. Im Winter blüht sie herrlich gelb
Im Zentrum der Insel, westlich von El Pinar, gibt es ausgedehnte Kieferwälder. An diesem Stamm gut ersichtlich die extrem dicke und robuste Rinde
Es gibt viele Kiefern, die unten am Stamm ausgebrannt sind. Vermutlich durch einen oder gar mehrere Waldbrände, oder dann durch von Menschenhand im Windschatten des Baumes entfachtes Feuer. Diese Kieferart ist robust genug, um das verkraften zu können
Mit ihrem starken Wurzelwerk, das tief in die Steine vordringt, und dem weichen Nadelteppich schützen die Kiefern die Hänge vor einer schnellen Erosion. Schön zu sehen die «sauberen» Waldböden: die Kiefernadeln geben ein Gift ab, das keine anderen Pflanzen aufkommen lässt
Auf einem der vielen Berggipfel mit 360° Rundumpanorama – einfach zum Geniessen
Während der Süden von El Hierro sehr karg ist, strotzen im Norden allerlei grüne Pflanzen
Die Mandelbäume beginnen gerade zu blühen, dieses Jahr etwas früher wie sonst. Das Summen der Bienen ist von Weitem zu hören
Im Norden gibt es viel Landwirtschaft – Kleinbauernbetriebe, die nebst Selbstversorgung auch ein Teil ihrer Produkte auf dem lokalen Markt verkaufen können
Und sogar fruchtbare Erde für Ackerbau
Im Süden der Insel. Zur Zeit auch grün, aber meist Kakteen und andere Sträucher, die Trockenheit und extreme Hitze ertragen können
Das Wahrzeichen der Insel El Hierro: «El Sabinal». Dieser Wacholder Baum, der den permanent starken Nordwinden ausgesetzt ist, hat sich über die Jahrhunderte in seine heutige Form gebeugt. Seine Wurzeln haben sich fest und tief in Gestein und Erdreich festgekrallt
Auch dieses Exemplar hat wahrscheinlich schon viele Stürme erlebt. Zum Grössenvergleich steht Pia hinter einer der mächtigen Wurzeln. Diese Bäume waren früher wegen ihres sehr wertvollen Holzes sehr gefährdet. Wegen seiner Zähigkeit und der besonderen Eigenschaft, dass das natürliche Gift im Holz Holzwürmer und andere Insekten auf natürliche Weise abblockt, war es sehr beliebt für die Herstellung von Werkzeugen und im Bau
Aussichtspunkt «Mirador de Bascos»: prächtige Aussicht in nordöstliche Richtung über El Golfo
Küste westlich von La Restinga
In der Nähe des Leuchtturmes «Faro de Orchilla» auf einem Lavafeld. Deutlich ist der Lavakanal mit seinen versteinerten Wänden sichtbar
In diesem Lavafeld gab es auch mehrere Einbrüche in tiefere Lavakanäle. Köbi klettert durch eine dieser Öffnungen etwa 10 Meter hinunter in eine Höhle, welche durch einen Lavafluss erzeugt worden war. Mit dem Licht seines Handy’s wagt er sich in den unterirdischen Kanal hinein. Nach rund 200 Metern führt ihn dann dieser Ausstieg aus der Tiefe wieder ans Tageslicht. Pia fällt ein Stein vom Herzen
Leuchtturm «Faro de Orchilla»
Punta Grande, einst das kleinste Hotel der Welt (nun gibt es ein noch Kleineres)
Auf dem höchsten Berg der Insel: Pico de Malposo ,1’501 Meter hoch
Auch hier ist ein 360 Grad Rundblick garantiert. Und ja, keine Fotomontage, wir sind tatsächlich mit dem Auto direkt bis ganz oben gefahren 😉
Valverde – die einzige Inselhauptstadt der Kanaren, die nicht am Meer, sondern im Hochland auf 500-700 Metern liegt
Am 10. Januar noch stehen geblieben: das Weihnachts-Festzelt über dem Stadtplatz von Valverde
Valverde: jedes Haus hat Meerblick, sogar die angebaute Toilette
Und dann packt uns doch noch einmal die Wanderlust, bevor wir dann für mehrere Tage mit unserem Schiff auf dem Meer sitzen. Unser Weg führt uns durch eine einmalige Landschaft
Zuerst geht’s stramm bergauf …
… aber Silke vom Nachbarschiff Karl spornt uns dabei an. Ihr Mann Hans brachte uns mit dem Auto an den Startpunkt, und holt uns dann wieder ab
Und hier der Beweis: wir haben es auch zu Fuss auf den höchsten Berg von El Hierro geschafft
Gipfel erklommen, frisch verpflegt – nun freut sich das Wanderteam (Pia, Köbi und Silke) auf den Abstieg entlang des Kraterrandes
Die Gratwanderung entlang der Krete ist phantastisch
Und die sich immer wieder bietende Aussicht ist einfach Erholung pur

Unser Resumé: wir haben viel mehr Zeit in den Kanaren verbracht, als ursprünglich geplant war. Aber es hat sich absolut gelohnt. Wir haben viel mehr Interessantes und Schönes von den Inseln gesehen, als wir erwartet haben. Und wir haben auch viele interessante Menschen kennen gelernt, nicht nur, aber vor allem, in Seglerkreisen.

Etwas haben wir in dieser Zeit auch gelernt: Geduld zu haben und zu warten. So wie wir auf die Ersatzteile in Las Palmas oder das Segel in Teneriffa gewartet haben, so warten wir jetzt geduldig auf konstanten Wind, so dass wir ohne Flaute (wir wollen ja möglichst wenig den Motor brauchen zum vorwärts Kommen!) bis ans nächste Ziel gelangen. Wenn der Wind passt sind wir in 5-7 Tagen in den Kapverden. Morgen Montag früh ist es soweit. Gemäss Windvorhersagen baut sich ein konstanter Nordostwind auf und es heisst endlich wieder: Leinen los in den Süden!

Wir winken noch ein letztes Mal aus den Kanaren
Am Montag, 14.1.2019 verlassen wir nun Europa endgültig für längere Zeit und freuen uns auf neue, spannende Abenteuer!!

Warten auf das Segel und Silvester in Teneriffa

Im letzten Bericht haben wir geschrieben, dass wir in der Marina von San Miguel, Teneriffa, auf unser Segel warten. Es wurde am 29. November an TNT (international bekannte Transportfirma) übergeben für den Transport von China nach Teneriffa. Gleich zu Beginn lag es dann 8 Tage in Hong Kong, keiner weiss warum. Dann gelangte es über Frankreich nach Madrid, wo TNT auch wieder 12 Tage brauchte. Schlussendlich wurde es auf ein Schiff geladen, welches das Paket am 21. Dezember nach Teneriffa brachte. Von da an war es in der Zollabfertigung blockiert, weil TNT es nicht schaffte, die verlangten Dokumente über die Festtage bereit zu stellen 🙁
Als wir am Freitag, dem 28. Dezember, das Segel immer noch nicht hatten, entschieden wir uns, in San Miguel zu bleiben und Silvester hier zu feiern.

Lupina wartet geduldig im Hafen von San Miguel (Teneriffa) auf ihr neues Genua-Segel. Hinten weht die Schweizer Fahne, vorne die frisch gewaschene Wäsche
Immer wieder treffen wir in Häfen „Langlieger“ an. Dies sind Schiffe, die nur noch als Wohnung dienen, aber kaum mehr gefahren werden. Je günstiger die Liegegebühren, umso mehr hat es von dieser Sorte Schiffe. Oftmals gehören sie Leuten, die einmal einen Traum hatten, aber dann irgendwie aus dem Tritt gekommen sind. Dieses Schiff lag direkt neben uns. Der Besitzer offensichtlich ein Sammler, bewegt es seit Monaten nicht mehr
Über die Festtage hatten wir durchwegs schönes Wetter. In der Nacht für unseren Geschmack mit 15-17°C schon etwas kühl, tagsüber an der Sonne aber angenehm warm. Ideal für ausgedehnte Spaziergänge in die Berge oder, wie hier, der Küste entlang (im Hintergrund unsere Marina San Miguel)
Öfters ein Ziel unserer Spaziergänge: Hafen von Los Abrigos mit sehr feinen Restaurants und idyllischem Hafenbild

Als es klar wurde, dass das Segel nicht mehr im alten Jahr ausgeliefert wird, informierten wir sofort die Crews von „Karl“ und „Tiger Blue“, die immer noch in Las Palmas auf Gran Canaria lagen. Nicht unglücklich über diese News entschieden beide, auch nach Teneriffa zu kommen und den Jahreswechsel gemeinsam mit uns zu feiern. Die Marina San Miguel ist gross, da lässt sich gut eine kleine Neujahrsparty veranstalten! Dachten wir!
Schon ab Donnerstag Abend, 28. Dezember, begannen sich die leeren Plätze zu füllen. Am Tag danach war die Marina voll. Kein Problem – wir waren ja vor Ort. Fast heldenhaft (zwinker) konnten wir für beide Schiffe Liegeplätze fast direkt neben uns freihalten. Dies brachte Köbi den Ehrentitel „Hafenmeister“ ein.

Silke und Hans haben von ihrem Berufsleben 1 Jahr Auszeit genommen und sind mit Karl, einer Moody 33.6, unterwegs. Sie hatten wir erstmals in La Coruna, Spanien, getroffen
Martina und Christian haben ebenfalls ein 1-jähriges Sabbatikal genommen und sind mit Tiger Blue, einer gut ausgestatteten 10.7 Meter langen Nauticat, von Hamburg aus gestartet. Sogar ein Kompressor zum Tauchflaschen füllen ist vorhanden (beide sind begeisterte Taucher)
Wir haben ein Genaker an Bord, das wir bisher noch nie benutzt haben. Ein Genaker ist ein Segel, das man bei leichtem achterlichem (= von hinten) Wind vor das Schiff spannen kann. Wenn man weiss, wie das genau geht, ist es relativ einfach. Christian und Hans (beides Segler mit langjähriger Erfahrung) agieren hier als Segelinstruktoren, und Köbi als Lehrling
Nach 2-3 mal Probieren im Hafen steht das Segel recht gut. Nun freuen wir uns auf die nächste Gelegenheit, wo wir dieses Segel auf dem Wasser verwenden können
Nach der „strengen“ Arbeit wird der Erfolg in der Hafenkneipe begossen

Für Silvester hatten wir abgesprochen, unsere 3 Schiffe als Partymeile zu nutzen. Jede Crew bekam den Auftrag, für 2 Gänge des Silvesteressens zu sorgen. Getränke wurden vom jeweiligen Schiff genommen. So hatten wir einen sehr kurzweiligen uns spannenden Silvesterabend. Den Jahreswechsel haben wir ob dem fröhlichen Treiben fast verpasst – aber nur fast 🙂

Die erste Station unserer Silvesterparty war „Karl“, wo Gastgeberin Silke und Küchenchef Hans uns mit Apéro und dem 1. Hauptgang verwöhnten. Martina und Christian freuen sich hier auf die Gemüsequiche und den feinen Fisch …
… 2 Doraden, von Hans sehr fein zubereitet, schmeckten sehr lecker
Die 2. Station der Silvesterparty war Tiger Blue, wo Martina unter Beobachtung von Christian einen aromatischen Salat und als 2. Hauptgang Gulasch mit Nudeln auf den Tisch zauberte
Die 3 Skipper (vl): Christian, Köbi und Hans
Silvesterparty Gag: jeder Person wurde ein Tatoo zugelost und die Stelle, wo es hin musste 😉
Die beiden Frauen Silke und Pia agieren mit viel Spass, Hans trägt’s mit Fassung
Dritte und letzte Station: die Lupina. Pia verwöhnte unsere Gäste mit einer feinen Schokoladen-Mousse als Dessert. Und die würzige Zwiebelsuppe zum Neujahr gab uns allen den nötigen frischen Wind für’s 2019 🙂
Christian, Martina und Silke freuen sich über die Silvester-Scherzartikel
Glücklich ins 2019 gestartet! Allen Lesern wünschen wir ein erfolgreiches und schönes Jahr.
Am 1. Januar klopft es am Schiff. Blick nach hinten zum Steg – niemand da. Es klopft nochmals. Blick nach vorne zum Bug, vielleicht ist ja jemand mit dem Gummiboot da. Auch niemand. Es klopft wieder, diesmal etwas lauter. Woher kommt das?? Blick nach unten – ein Taucher! Christian, ein angefressener Taucher, wünscht uns guten Morgen
Am nächsten Tag lädt mich Christian spontan zu einem Tauchgang in der Hafennähe ein. Noch so gerne! Mit ihm als ehemaligem Tauchlehrer kann ich mein noch dürftiges Können vertiefen. Vielen Dank, Christian!
Hier mache ich gerade den Druckausgleich und halte mir dazu die Nase zu
Nach dem Tauchgang wird Köbi einfach zum Trocknen aufgehängt 🙂
Endlich ist es da, das neue Genua-Segel! Der Segelmacher Thomas (gelernter Bootsbauer in der Schweiz, hat sein Segelmacher-Wissen bei einem namhaften Französischen Segel-hersteller erworben, lebt schon seit Jahren auf den Kanaren) prüft nochmals das Rigg…
… und dann wird das neue Segel hochgezogen. Passt perfekt!
Natürlich wollte Köbi auch in den Mast (20 Meter hoch) – mit Kamera bewaffnet. So sieht unsere Lupina von ganz oben aus

Hans Böller fragt in seinem Kommentar: Ja Hallo! Wie kommt man 20m hoch…. wie geht dies …..ich staune einfach….mir ist ja schwindlig wenn ich dieses einmalige Foto anschaue… Und noch etwas: Runter muss man ja auch noch….hat hier der TV Wölflinswil eine gewisse Vorreiterrolle gespielt.
Lieber Gruss, Hans

Hier die Antwort auf die Frage von Hans: ganz einfach, man setzt sich in eine eigens dafür bestimmtes Gurtensystem, den sogenannten Bootsmann-Stuhl (fast ähnlich wie ein Kletter-Harness, einfach bequemer und zum Sitzen, 3 Bilder weiter oben ist er abgebildet) bindet diesen an eine der ganz nach oben gehenden Seile (zum Beispiel Spi-Fall, oder Dirk) und lässt sich von der unten bleibenden Person hochkurbeln. Normalerweise kurbelt die starke Person die leichte Person hoch, also ich Pia. Da wir eine elektrische Winsch haben, braucht Pia nur den Knopf zu drücken, und ab geht’s mit mir wie in einem Lift.

Abschied nehmen von unseren neuen Freunden. Von links: Martina, Pia, Köbi Christian, Hans

Nachdem nun endlich das Segel gekommen ist, sind alle offenen Punkte erledigt und wir bereit für die Weiterreise. Nachdem wir uns am Vorabend von unseren neuen Freunden Silke/Hans und Martina/Christian verabschiedet haben (sie bleiben auf den Kanaren und gehen dann von hier wieder zurück Richtung Europa), segeln wir am 4. Januar 2019 mit vollen Tanks und vollen Batterien los Richtung El Hierro, der südwestlichsten Insel der Kanaren. Nach einem Zwischenstopp im Süden von La Gomera (wegen dem Schwell eine sehr schauklige Nacht!) sind wir nun gestern in El Hierro angekommen. Hier werden wir rund eine Woche bleiben, Insel besuchen, Proviant auffüllen, und Strandleben geniessen.
Und dann geht es endlich ab in die Wärme der Kapverden!