Boavista – Leben in der Steinwüste

Am 24. Januar 2019 sind wir am frühen Nachmittag in der südlichen Bucht bei Sal Rei, der Hauptstadt von Boavista eingetroffen. Bevor wir auf Sal losfahren konnten, musste Köbi aber zuerst noch den Anker freitauchen. Dieser hatte sich im Lavagestein, das sich in den hellen Sandfeldern gut getarnt versteckte, festgeklemmt. Zum Glück war das Wasser hier nur etwa 4 Meter tief, und es gelang ihm, den Anker unter dem Felsen hervorzuziehen und loszumachen. Die 5 stündige Überfahrt war dann sehr schönes Segeln: fast keine Welle, 15 Knoten Wind von schräg hinten.

Wir liegen in der sehr flachen Bucht bei Sal Rei vor Anker. Je nach Wind und Wellen tummeln sich hier Kite-Surfer, Wind Surfer, Water -Boarder, Stand-Up Paddler, oder einfach nur Badende

Wir sehen die Insel erst auf den letzten Meilen. In der Luft ist eine Mischung aus Saharastaub und Wasserdunst. Die in Windrichtung gerichteten Flächen der Seile, Reeling, Fenster, Mast, etc. sind rot gefärbt. Zuerst meinen wir, es sei nun alles rostig, stellen aber erleichtert fest: nur Staub. Staub ist hier auf den Ostinseln der Kapverden Normalität. Boavista ist eine der ärmsten und unfruchtbarsten Inseln und besteht im Wesentlichen aus Steinwüsten, Geröll, Sand und Staub. Die bis 1461 unbewohnte Insel wurde zusammen mit dem ganzen Kapverden Archipelago von Seefahrern, die im Auftrage des Portugiesischen Königs unterwegs waren, entdeckt. Als Überseekolonie Portugals wurden die Kapverden schnell zum Dreh- und Angelpunkt des Sklavenhandels zwischen Afrika, Europa und Amerika. So trafen weisse Auswanderer aus Europa auf schwarze Sklaven aus Afrika. Die gemeinsamen Kinder waren die erste Generation eines neuen Volks: der Kreolen. Gene, Traditionen, Bräuche und Sitten zweier Kontinente brachten eine Bevölkerung hervor, die ebenso viele verschiedene Hauttöne aufweist wie Eigenarten in Kultur und Lebensart. Nach über 500 Jahren kolonialer Ausbeutung durch Portugal erlangte das Land erst 1975 seine politische Unabhängigkeit und gehörte bis vor wenigen Jahren zu den ärmsten Ländern. In den letzten 35 Jahren gelang eine politische und wirtschaftliche Wende, die es dem Land erlaubt, Hunger und Armut zu trotzen. Von grosser Bedeutung ist dabei der Tourismus, der vor allem in Sal und hier auf Boavista, dank den wunderbaren Sandstränden, am Wachsen ist.

Unser erster Landgang. Wir stossen auf eine farbenfrohe, fröhliche, …..
… aber auch sehr arme Umgebung. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Monatslohn ab 200 Euro ist normal . Wem das zu wenig ist, der bekommt den Job nicht. Das erklärt, dass alles, was noch irgendwie brauchbar ist, wiederverwendet oder anderswie verwertet wird
Wir bemühen uns für eine ordnungsmässige Anmeldung. Fragen uns durch bei Polizei und Hafenbehörde. Nach einem halben Tag Suche finden wir das zuständige Büro (hier im blauen Gebäude). „Schiffspapiere und Pässe? Woher kommt ihr – wohin geht ihr?“ sind die kurzen Fragen des sehr freundlichen Beamten auf Portugiesisch. Nach 10 Minuten sind wir wieder draussen. Gebühren? Keine. Uns scheint, der Beamte war sehr erstaunt, dass wir uns angemeldet haben.

Boavista ist die drittgröste Insel der Kabverden und bietet ideale Bedingungen für Wassersport. Über 55km Strand nennt die 630km2 kleine Insel ihr Eigen. Weisse Dünen aus feinpudrigem Sand, steinige, rotbraune Mondlandschaften und versteckte Palmenoasen sind die Zugaben. Nur gerade 11’000 Einwohner leben hier, rund zwei Drittel davon in der Haupstadt Sal Rei

Am nächsten Tag mieten wir uns einen Geländewagen und erkundigen die Insel (da es hier in der Gegend um Sal Rei diverse Touristenhotels gibt, finden wir auch leicht diverse Auto-Vermietungsfirmen in der Stadt). Die Fahrt durch diese Steinwüste ist schon sehr eindrücklich, aber auch anstrengend: man muss immer auf grosse und spitze Steine im Weg achten, sonst bringt man die Reifen nicht heil über die ganze Strecke
Wir fahren der Küste entlang südwärts und umrunden die Insel im Gegenuhrzeigersinn. 90% der Strasse ist Schotterpiste. Hier befindet sich eine Strasse im Bau (links), die dann vielleicht in ein paar Jahren gepflästert oder geteert ist und die Strände im Süden erschliessen soll. Alle Berge hier haben vulkanischen Ursprung. Derjenige im Bild ist übrig geblieben von der harten Lavamasse im Steigkanal des Vulkanes, der Rest des Kegels ist weg erodiert
Am Ende der Strasse in den Süden. Wir stehen vor einem menschenleeren Sandstrand (Praja de Santa Monica). Man sieht, den Kleidern nach ist es kühl – stimmt! Es ist zwar 22 Grad warm, aber der Wind bläst zügig und den ganzen Tag über ist die Sonne durch Wolken verdeckt. Wir erleben sogar das seltene Schauspiel von Regentropfen, diese fallen aber nur sehr spärlich und vertrocknen sofort wieder
Schöner Weideplatz für Ziegen: es hat Pflanzen, Salz und eine wunderbare Aussicht auf das Meer
Nach etwa der Hälfte der Rundfahrt erlauben wir uns eine Erholungspause beim Ponta de Curralinho
Nach der Mittagspause geht’s dann weiter entlang der Südküste, und dann bei Ervatao nordwärts ins Landesinnere
Entlang der Küste bei Curral Velho, ganz alleine für sich in der Wildnis, treffen wir dieses Hotel an. Wir finden, es ist sehr schön der Natur angepasst im Baustil und in seiner Farbgebung. Unterwegs hatten wir vorher einige andere, sehr schlechte Beispiele gesehen. Da hier „all inclusive“ gebucht wird, verdient die arme Landbevölkerung nur sehr wenig an diesen Touristen
Nordwärts – einfach nur schön!
Rast in Cabeço dos Tarafes. Die Musiker spielen am Freitag Nachmittag melancholische, aber auch fröhliche Melodien. Es ist ein Kommen und Gehen, die Instrumente werden weiter gereicht und andere Spieler zupfen ihre Lieder
Am späten Nachmittag, früh genug vor dem Eindunkeln, kommen wir ganz im Norden noch an der Cabo de Santa Maria vorbei. Das, was im Bild aussieht wie ein Fels, ist ein gestrandetes Schiff – ein Spanischer Frachter, der seit über 50 Jahren hier vor sich her rostet. Die Fahrt zu diesem Punkt: Abenteuer pur!!
Am Abend auf dem zentralen Platz in Sal Rei (Praça Santa Isabel) diverse spontane Musikanten und diese Gruppe Kinder, welche unter kundiger Leitung eines Könners sich im Capoeira Tanz üben.

Heute Abend nehmen wir nun bereits Abschied von Boavista nordwestwärts in Richtung São Nicolau. Für die Distanz von rund 90 Seemeilen rechnen wir beim schwachen Wind, den es gerade hat, etwa mit 18 Stunden. Wenn wir heute Abend vor Einbruch der Dunkelheit lossegeln, sind wir morgen am frühen Nachmittag dort.

2 Antworten auf „Boavista – Leben in der Steinwüste“

  1. Liebe Pia, lieber Köbi
    das tönt immer so spanndend und ich lese Eure Einträge richtig gerne.
    wünsche euch weiterhin viel Glück und Erfolg.
    liebe Grüsse Zita

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