Gunayala – Kuna Yala – San Blas

Am 11. Juli 2021 erreichen wir nach einer entspannten Überfahrt das San Blas Archipel. Wir entscheiden uns, von der Hauptstadt Porvenir fern zu bleiben, weil da der Congreso, die «Regierung», sitzt. Der Congreso hatte angekündigt, dass per 1. Juli eine neue Cruising-Gebühr eingeführt werde. Diese ist so exorbitant hoch (für unser Schiff wären es 2’500 USD), dass wir gleich wieder umkehren müssten. Wir laufen als erstes die Insel Chichime an. Wir werden dort und auch später im Verlaufe der Reise nie nach dieser Gebühr gefragt.

San Blas, von den Ureinwohnern in ihrer Sprache Gunayala (oder auch Kuna Yala) genannt, ist ein Archipel an 365 Inseln an der nordöstlichen Atlantikküste von Panama. Hier lebt das Volk der Kunas. Ein Indiovolk, ursprünglich aus Kolumbien, welches hier noch sehr ursprünglich und einfach lebt und versucht, seine über Generationen überlieferte Kultur zu bewahren. So einiges ist bei den Kunas anders und es ist unglaublich spannend, in die Welt dieser Menschen einzutauchen. Einmal mehr merkt man, dass man gar nicht so viel braucht, um glücklich zu sein…

Die Kuna-Indianer leben mit ihren ganz eigenen Regeln, Bräuchen und Traditionen, sprechen ihre eigene Sprache (Kuna) und alle 52 Dorfgemeinschaften sind weitgehend autonom vom Staat Panama. Nach einem Aufstand gegen die Zentralregierung Panamas, einer kleinen Revolution 1925 sowie der Gründung der Republik 1930, erhielt das Gebiet 1953 schlussendlich ein Gesetz, welches ihnen diesen Sonderstatus auch offiziell einräumt. Dies ist in Lateinamerika so einzigartig.

Drei Kuna Frauen besuchen uns an unserem ersten Ankerplatz auf San Blas: Chichime. Das aus einem Baumstamm geschnitzte Holzboot («Dugout») ist das meist verbreitete Transportmittel hier
Uns werden «Molas», sowie Arm- und Beinschmuck angeboten. Die San Blas Inseln sind glücklicherweise noch nicht von den grossen internationalen Hotelketten verschandelt. Segler wie wir und allenfalls ein paar Puristen, die gerne ihre Ferien in sehr einfachen Hütten und Verschlägen fernab jeglicher Zivilisation verbringen, sind die einzigen Touristen und gerne gesehene Abnehmer der prächtigen Handarbeit der Kunas
Molas sind Nähkunstwerke, welche sich in wunderschönen, aufwändigen Stickereien zeigen und die man beispielsweise bei den traditionellen Trachten der Frauen immer wieder bestaunen kann. Sie werden als 30 bis 40 Zentimeter große Tücher auf den Vorder- und Rückseiten der Blusen angebracht. Dazu trägt die Kuna-Frau dunkle Wickelröcke mit Blumenmustern, orangefarbene Kopftücher, goldene Nasenringe, viele bunte Armbänder und Wadenstutzen aus Perlen.

Die Motive auf den Molas kommen oft aus der umgebenden Natur. Es können Korallenriffe sein, Palmen oder Blumen, auch Tiere wie Krebse, Fische oder Schildkröten. Inzwischen gibt es auch Alltagsgegenstände wie Teetassen oder Ventilatoren, sogar Parteilogos und Comicfiguren. Die meisten Molas werden in Handarbeit hergestellt, man findet auch maschinell gefertigte, die natürlich viel billiger sind. Abhängig vom Design kann ihre Herstellung zwischen zwei Wochen und sechs Monaten dauern.

Man geht davon aus, dass sich die Muster der Molas aus den früheren Tätowierungen der Kuna entwickelt haben, mit denen sie sich traditionell geschmückt hatten. Kleidung aus Stoff war eigentlich nicht im Programm. Nach der Kolonialisierung durch die Spanier wurde den Kunas das Nacktsein verboten, und so fingen sie an, ihre Muster auf Textilien zu bringen.

Bei den Kuna haben Frauen das Sagen und es herrscht das Matriarchat. Ihre Frauen sind das Oberhaupt der Familie. Sie wählen sich ihren Partner, nach der Hochzeit zieht der Mann zur Familie der Frau und nimmt ihren Namen an.

Es ist also nicht verwunderlich, dass sich die meisten Feste der Kuna um die Frauen drehen. Da gibt es zum Beispiel das „Inna-suit“, das Fest, an dem die Mädchen mit vier bis fünf Jahren ihren Namen erhalten und den ersten Haarschnitt bekommen. Dann gibt es das Fest „Ico-Inna“, das Fest der Nadel, an dem ein junges Mädchen nach ihrer ersten Menstruation einen Goldring durch die Nase bekommt, als ein Zeichen für ihre Reife und Weiblichkeit. Und dann ist da noch die Hochzeit „Inna-Mutiki“, an der das ganze Dorf teilnimmt und die über mehrere Tage gefeiert wird. Erst danach darf eine Frau die komplette Tracht tragen, deren wichtigster Teil die bestickten Molas sind. Sie bestimmen den sozialen Status ihrer Trägerin – je aufwendiger sie sind, desto besser.

Chichime, unser erster Stopp in San Blas: die Palmen trotzen mit ihrem Wurzelwerk der Erosion durch die Wellen des Meeres
Das Leben ist sehr einfach, wir haben den Eindruck, dass die Kunas alles haben, was sie brauchen, und glücklich sind. Gelebt wird in Hütten aus Bambus und Palmblätter, geschlafen wird statt in einem Bett oft in der Hängematte und das meiste Mobiliar wird aus Schwemmholz erstellt
Alt und Jung leben zusammen mit Hunden, Katzen, Hühnern, Schweinen und Papageien und der Grossteil des Lebens spielt sich unter freiem Himmel ab
Die Menschen auf den San Blas Inseln leben ein noch sehr traditionelles und auch spirituelles Leben. Den Kuna ist dabei der Erhalt der eigenen Kultur sehr wichtig. Sie richten sich gegen eine Einverleibung in die Gesellschaft Panamas und beanspruchen erfolgreich ein eigenes Territorium. Trotzdem geht die Zivilisation nicht völlig an ihnen vorbei. Auf einigen Inseln finden wir Stromgeneratoren …
… und sogar selber gebastelte Strassenlampen (wobei es eigentlich nur Fusspfade gibt) kommen vor
Ein typisches Holzkanu der Kunas. Es ist aus einem massiven Baumstamm geschnitzt. Die Stange dient in flachem Gewässer als Stachel (damit wird das Kanu vorwärts gestossen) oder auf dem Meer als Segelmast. Immer dabei auch das typische Holzpaddel. Würde das Kanu dauernd im Wasser liegen, würde sich das Holz vollsaugen und der Auftrieb verlorengehen. Egal ob mit trockenem oder vollgesaugtem Holz: sich mit einem solchen Kanu im welligen Wasser fort zu bewegen ohne umzukippen ist eine Kunst
Die Inspektion unseres Rigges wird mit einer tollen Aussicht belohnt
Unser Ankerplatz auf den östlichen Holandes Inseln, vom Mast-Top (20m über Meer) aufgenommen. Der dunkle Bereich vor der Insel sind Korallen und Grasboden, ideal zum Schnorcheln
Unser Dinghi kommt viel und oft zum Einsatz. Einmal kurz die naheliegenden Inseln umrunden, einen kleinen Landgang machen oder einfach irgendwo ans vorgelagerte Riff zum Schnorcheln fahren
Bei der Inselgruppe Coco Bandero West finden wir eine kleine Insel, rund 20 Meter im Durchmesser und mit 4 Palmen bewachsen, ganz für uns alleine. Am offenen Feuer werden von einem Einheimischen gekaufte Fische grilliert. Köbi ist der Feuer-Chef …
… während Pia und Nora (SY Anixi) kaum warten können, bis die Köstlichkeiten auf ihren Tellern liegen
Coco Bandero West: unsere Lupina vor Anker im Abendlicht
Neuer Tag, neue Insel (Coco Bandero Ost) und bereits wieder voller neuem Tatendrang. Pia ist kaum zu bremsen 😊
Nora umrundet die Inseln von Coco Bandero Ost in ihrem Kajak
Ein Besuch auf der Insel Tiadup (Coco Bandero Ost). Die Küche der einzigen Familie, die auf dieser Insel wohnt, steht im Freien. Im Hintergrund ein paar abgebrochene Palmen. Bei einem Sturm vor ein paar Jahren wurden auf vielen Inseln Palmen geknickt oder komplett entwurzelt und ins Meer gespült. Die Insel Tiadup wurde besonders hart getroffen. Heute stehen nur noch gerade eine Handvoll Palmen auf der Insel, und die Hälfte der Sandinsel wurde weggeschwemmt.
Unsere beiden Schiffe vor Anker in Coco Bandero Ost, gesehen von Tiadup aus. Ob sich da Pia wohl gerade eine Insel aussucht? 😉

Wer sich im San Blas Archipel ein schönes Plätzchen mit einem Bungalow sichern möchte, hat (zum Glück) Pech gehabt. In Kuna Yala, dem Land der Kunas, darf durch Fremde kein Land gekauft oder gepachtet werden, der Verkauf an eine Nicht-Kuna Person ist untersagt. Zudem sind die 365 Inseln des Archipels allesamt im Besitz der Frauen. Land ist und bleibt somit Familien- und Frauenbesitz.

Jetzt kommt vielleicht die Frage auf, was passiert, wenn eine Familie kein Mädchen bekommt, sondern nur Jungs. An wen wird der Besitz der Mutter vererbt? Und nun wird es interessant: werden nur Jungs geboren, wird der jüngste Knabe wie ein Mädchen behandelt und erzogen. Spaziert man durch ein Kuna Dorf, kann man diese Männer manchmal gut erkennen. Die Kleidung ist femininer und teilweise sind Augen und Wangen leicht geschminkt. Diese Männer werden geehrt und sind höchst respektiert.

Kaum eine Kultur konnte ihre ursprünglichen Traditionen noch so wahren wie die Kunas. Und so erstaunt es nicht, dass eine Heirat mit Nicht-Kunas in Kuna Yala bis vor kurzem strengstens untersagt war.

In Coco Bandero Ost haben wir diesen Typen angetroffen. Köbi verfolgt den verrückten Australier (Crazy Aussi) schon länger auf YouTube (unter «Sailing into Freedom») und hat ihn gleich wieder erkannt. Alles, was er macht und unternimmt (da ist auch viel Gefährliches, Verbotenes und anderes Zeugs dabei, was uns nie in den Sinn käme) hält er auf Video fest. Wir wollen heute wieder auf einer Insel grillieren, und er bietet spontan an, uns am Aussenriff einen schönen Fisch zu fangen. 2 Stunden später ist er zurück und filetiert diesen schönen Red Snapper direkt auf seinem Gummiboot
Red Snapper – sieht doch lecker aus! 😊😊
Strandidylle auf Dupwala (Coco Bandero Ost). Nebst dem crazy Aussie (Peter, SY Freedom), gesellt sich noch die Crew eines Katamarans (SY Zing) zu uns und es wird bis lang in die Nacht rege diskutiert
Zurück auf der Anixi wurde die Nacht dann noch länger 😉 Wer sich wundert, warum da Nora und Hacko einen Schirm brauchen – die Antwort ist einfach: es regnet mal wieder (normal in der Regenzeit) und das Dach der Anixi war so dicht wie ein Sieb. Zur Ehrenrettung von Hacko: nachdem wir ihn lange genug gehänselt haben wegen seines Daches ist es nun nach ein paar Wochen nahezu komplett abgedichtet 😊
Trotz kurzer Nacht sind die Crews der Anixi und der Lupina am nächsten Tag wieder voller Tatendrang
Nach einem kurzen Abstecher zum Dorf Rio Diablo, wo uns allerdings der Zugang verwehrt bleibt (Covid lässt grüssen!), segeln wir weiter zu den Green Islands und erkunden mit dem Dinghi die Inseln um den Ankerplatz. Hier sind wir auf Ogopsibudup
Einige Tage später geht’s weiter zu den Naguargandup Cays (ja, versuch das mal auszusprechen 😊). Hier reiht sich eine wunderschöne Palmeninsel an die andere. Im Bild: Gorgidupdummat
Insel Gorgidupdummat: eine leere Hütte die aber zeitweise vermutlich von Fischern bewohnt wird
Köbi träumt von «seiner» Insel. Es gibt in Mittelamerika nur noch wenige unentdeckte Paradiese – hier haben wir definitiv eines gefunden
Sehr typisch in der Regenzeit: immer wieder türmen sich kurzfristig hohe Wolken auf, gefolgt von einem kurzen, heftigen Regenschauer, und danach zeigt sich die Sonne wieder
Abendstimmung am Anker vor Gunboat Island
Besuch der Carti Islands. Hier leben etwa 400 Kunas in einem grösseren Dorf, das wir betreten dürfen. Zu beachten sind die Toiletten, welche mit einem Steg ins Meer hinaus gebaut werden. Als Sichtschutz gibt es einen rudimentären Blickschutz aus Holz oder Bambus und das Geschäft verschwindet im Meer. Wieso kompliziert, wenn es auch ganz einfach geht! Und wer kann schon von sich behaupten, eine Freilufttoilette mit einer so tollen Kulisse zu haben? 😊
Die Herzlichkeit und Fröhlichkeit der Menschen berühren uns sehr. Auch wenn wir keine gemeinsame Sprache sprechen (die Kunas haben ihre eigene Sprache, nur wenige sprechen Spanisch), verstehen wir uns doch immer irgendwie
Auch auf der Insel Sugdup leben die Familien in einfachsten Verhältnissen auf engem Raum. Fliessend Wasser gibt es keines. Dieses muss mit Kanistern in Kanus an Flussquellen des Festlandes geholt werden. Das ist oft eine ganze Tagesreise
Die Kultur wird gepflegt: leuchtend rotes Kopftuch, Bluse mit aufgesetzter Mola, Wickelrock mit Blumenmotiven, goldener Nasenring, bunte Armbänder und Wadenstutzen aus Perlen
Die Hütten bestehen aus einem einzigen Raum. Als Schlafstätte dient die Hängematte. Mit Material, das immer wieder an der Küste der Insel angeschwemmt wird, werden zusätzliche Möbel gefertigt
Obwohl sich die Kunas bemühen, ihre Kultur aufrecht zu erhalten, kann dem Druck der modernen Zivilisation nicht immer standgehalten werden. Mobiltelefone findet man heute fast überall, sogar die Kleinen spielen (wie bei uns ja auch) schon damit
Es hat viele Kinder auf der Insel. Uns wurde erzählt, dass viele Familien, die auf dem Festland leben, eines ihrer Kinder auf eine der Inseln schicken. Dort soll es die Geheimnisse der Kuna Kultur erlernen und verinnerlichen. Meist übernehmen Medizinmänner oder andere angesehene Dorfeinwohner dann Ausbildung und Erziehung dieser Kinder
Bei so viel Schmuck ist es für unsere Frauen schwer, zu widerstehen 😉 …
… und es geht nicht lange, kann auch Pia eine bunte Bluse mit traditioneller Mola ihr eigen nennen. Als Kopftuch muss es aber vorerst noch ein alter Abwaschlappen tun 😊😊

Die Bräuche der Kunas sind für uns teilweise erstaunlich, teilweise unvorstellbar aber allesamt sehr faszinierend. Es ist ein für uns einzigartiges Erlebnis, für eine kurze Zeit in diese Kultur eintauchen zu dürfen. Wir wünschen den Menschen, die hier in und mit der Natur leben, viel Ausdauer und Mut, sich den Versuchungen der modernen Welt zu widersetzen.

Wir müssen nach knapp 4 Wochen leider schweren Herzens wieder Abschied nehmen von Gunayala und segeln zurück nach Colon in die Shelter Bay Marina. Die Crew der Anixi entscheidet sich, die rund 70 Seemeilen in einem Nachtschlag zu absolvieren, wir, die Lupina Crew, entscheiden uns für zwei Tagesetappen: zuerst bis zur Linton Bay, und dann in die Shelter Bay. Dort treffen wir nach einem schönen Segel Tag und einer zweiten Etappe unter Motor am 2. August ein.

Morgen Montag, 9. August, fliegen wir nun für knapp 5 Wochen in die Schweiz. Die Lupina hat einen guten Liegeplatz und ist in den letzten Tagen für die lange Standzeit von uns vorbereitet worden. Alles, was nicht an Deck gebraucht wird, haben wir zum Schutz gegen das aggressive Sonnenlicht zugedeckt oder unter Deck verstaut.

Wir melden uns nach unserer Rückkehr nach Panama wieder. Zuerst wollen wir dann Panama auf dem Landweg bereisen. Danach wird die Lupina aus dem Wasser geholt und sie kriegt einen neuen Anstrich des Unterwasserschiffes – tja, und dann geht es endlich durch den Panamakanal in den Pazifik.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
P.S.: am kommenden Mittwoch schalten wir unser nächstes Video, diesmal über Gunayala, frei

Von Bocas der Toro zu den Kuna Indianern (San Blas)

Die etwas mehr als 200 Seemeilen von Bocas del Toro im Nordwesten von Panama zu den San Blas Inseln im Nordosten sind segeltechnisch anspruchsvoll. Die Fahrt führt ostwärts und daher meist gegen die vorherrschende Windrichtung. Man könnte in Ufernähe segeln und die Landwinde nützen, aber Fischernetze und Untiefen sprechen dagegen. Zudem kreuzt man auf dieser Strecke die von grossen Hochseeschiffen stark befahrene nördliche Einfahrtszone zum Panamakanal. Einzig die Strömung, die in diesem Teil des Landes herrscht, ist zu unserem Vorteil und fliesst mit rund einem Knoten Geschwindigkeit in unsere Richtung. Wir planen, die Strecke in kleinere Abschnitte zu unterteilen, die wir bei Tageslicht bewältigen können. Einzig die Etappe von rund 100 Seemeilen zum Rio Chagres absolvieren wir mit einer Nachtfahrt. Soweit unser Plan.

Bevor es aber losgehen kann, muss der Bauch unserer Lupina etwas gepflegt werden. In den letzten Wochen hat sich wieder viel Bewuchs angesetzt. Dieser bremst die Fahrt durchs Wasser und muss daher abgekratzt werden. Köbi macht sich hier für die mühselige Arbeit bereit: Kopfhaube (damit die kleinen Lebewesen im Bewuchs sich nicht in den Haaren und Ohren festsetzen können), Handschuhe (die Muscheln sind messerscharf) und Bleigewicht um den Bauch (damit er leichter unter das Schiff kommt)
Mit dem Dinghi wird der letzte Proviant an Bord gebracht
Und als letzte Aktion werden im Restaurant, wo wir Internet haben, noch schnell der letzte Film hochgeladen und unsere Computer aktualisiert
Am 1. Juli 2021 geht es los, zusammen mit unserem «Buddy Boat» (auf Deutsch: Kollegenschiff), der Anixi
Die Anixi mit Nora und Hacko unter vollem Tuch
Das erste Tagesziel, die Insel Cayo Zapatilla, ist nach 3 Stunden bereits erreicht. Genügend Zeit um übers Segeln zu fachsimpeln und den Sundowner zu geniessen
Am nächsten Morgen sieht der Himmel über uns ganz spannend aus. Der einsetzende Wind von Norden drückt die Wolken auf das Festland, wo sie ihre Feuchtigkeit unter heftigem Blitzen und Donnern entladen. Bei uns bleibt es trocken, und wir können einen lockeren Schlag rüber in die Bluefield Lagune am Festland absolvieren
Am nächsten Tag geht es rund 6 Stunden weiter zur Insel Veraguas. Diese soll noch von Indianern bewohnt sein. Unterwegs kreuzen wir auch ein paar Indianer mit ihren Holzbooten, die sich allerdings zum Festland hin wehen lassen
Escudo de Veraguas: Die westliche Hälfte der Insel wird durch ein flaches Ufer (Sand) geprägt, während die östliche Seite mehrheitlich aus steilen Sandstein- und Korallenfelsen besteht
Escudo de Veraguas: War bisher das Wasser in Bocas del Toro und am Festland eher durch Sedimente getrübt, finden wir hier glasklares Wasser vor
Escudo de Veraguas: Die Korallen und das felsige Ufer animieren zum Schnorcheln. Köbi geniesst es stundenlang im Wasser und schwimmt fast zwei Kilometer dem Ufer entlang, unser Dinghi im Schlepptau
Sonnenuntergang vor Escudo de Veraguas
Escudo de Veraguas: die Insel gefällt uns, und wir machen am nächsten Tag einen Landausflug. Wir finden viele angeschwemmte Kokosnüsse, die bereits ausgeschlagen und neue Triebe gebildet haben
Im Sand eingebuddelt wird die Kokosnuss rasch ein gutes Wurzelwerk bilden und zu einer grossen, stattlichen Palme heranwachsen. So unsere Vorstellung. Ob Wind und Wellen dies zulassen, wäre in ein paar Jahren zu prüfen 😉
Viele Kokosnüsse sind noch frisch, und wir öffnen einige für uns. Wir lieben das Nussfleisch der Kokosnuss
Escudo de Veraguas: an der Westküste machen wir uns auf sie Suche nach einem Indianerdorf …
… und stossen auf ein leider verlassenes Indianerdorf
Die Stelzenhäuser sind noch in einem guten Zustand. Das Dach scheint regelmässig unterhalten und repariert zu werden. Wir vermuten, dass die Häuser von Fischern als temporäre Unterkunft benutzt werden
Der einzige Bewohner, den wir finden können: eine Jesus-Christus-Echse (Helmbasilisk)
Letzter Sonnenuntergang vor Escudo de Veraguas

Die nächste Etappe bewältigen wir in einer Nachtfahrt. Wir verlassen Escudo de Veraguas um die Mittagszeit und erreichen den Rio Chagres kurz nach Sonnenaufgang am nächsten Tag. In der Nacht ziehen starke Regenzellen über uns hinweg zum Festland. Wir sind nicht sicher, ob wir unser Vorhaben, mit den Schiffen flussaufwärts bis zum Staudamm am Gatun See zu fahren, durchführen können. Falls der starke Regen zu Hochwasser mit viel Schwemmgut geführt hat, dann wäre es zu gefährlich. Zu unserem Erstaunen treffen wir einen ruhig dahinfliessenden Fluss an, der gemächlich sein Wasser Richtung Meer trägt. Einzig an seiner Mündung jagen uns bei der Umrundung der heimtückischen Sandbänke einige Turbulenzen den Adrenalinpegel etwas hoch. Kaum haben wir jedoch diese Stelle passiert, befinden wir uns in einer spektakulären Umgebung mitten im Urwald.

Der Rio Chagres empfängt uns mit klarem, glattem Wasser und führt uns mitten in den Urwald hinein. Es ist noch früh am Morgen, und der Geräuschpegel der Tierwelt ist absolut faszinierend. Auch speziell für uns: zum ersten Mal sind wir mit unserem Schiff im Süsswasser
Grüner Zauber im Rio Chagres
Der Rio Chagres entspringt in der Cordillera de San Blas in einer Höhe von rund 600 Metern, fliesst dann zunächst südwestwärts bis zum Gatunsee, und verlässt diesen dann nordwärts ins Karibische Meer. Beim Bau des Panamakanales musste das Niveau des Gatunsees geregelt werden. Zu diesem Zweck wurde der Unterlauf des Rio Chagres in den Jahren 1907 bis 1913 durch den Gatun-Damm zu dem 26 Meter über Meer liegenden See aufgestaut. Bis zum Staudamm ist der Rio Chagres breit und meist über 10 Meter tief. Seine Strömung beträgt kaum einen Knoten (1.8 km/h) und der Fluss ist daher problemlos mit einem Segelschiff zu befahren. Das Bild zeigt unseren Ankerplatz, Lupina unten, Anixi oben (Foto: Anixi)
Wir verbringen eine herrlich ruhige Nacht in dieser Urwaldidylle. Tiefenentspannt, unbeschwert und noch nicht ahnend, was der Tag bringt, geniessen wir mitten im Fluss unser Frühstück …
Als wir weiterfahren und zu diesem Zweck den Anker heben wollen, kriegen wir die Kette nicht hoch. Bereits nach einer kurzen Strecke, der Anker ist da noch weit weg von uns, knorzt und stockt die Ankerwinsch. Mit der Lupina fahren wir langsam rückwärts und ziehen vorsichtig an der Kette. Diese scheint sich nach kurzer Zeit zu lösen, ist aber immer noch sehr schwer. Bald sehen wir den Grund! Der Wind hat uns in der Nacht ein paar Pirouetten vollführen lassen. Dabei hat sich die Kette um einen am Flussboden liegenden Baumstamm gewickelt. Das Ding ist stark am vermodern und stinkt fürchterlich! Mit Seilen können wir die Kette entlasten und vom Baumstamm lösen. Glück gehabt! Hier (wo auch Krokodile zu Hause sind!!) hätte Köbi nicht 14 Meter tief tauchen wollen, um die Kette zu lösen. Auch eine extra Leine am Anker (eine sogenannte Trip-Leine) hätte da wenig geholfen

Vom Rio Chagres geht die Fahrt weiter Richtung Osten, quer durch die Einfahrtsgewässer zum Panamakanal. Es herrscht ein reger Verkehr und wir beobachten die Bewegungen auf unserem AIS Monitor. Wir haben volle Segel und machen gute Fahrt. Aber gerade verlässt die «Hannover Express», eines der grössten Containerschiffe, die Schleuse und nimmt Fahrt auf. Mit etwas mehr als einer halben Meile Abstand segeln wir vor dem herannahenden Riesen durch. Die Anixi hinter uns muss anluven und eine Wende fahren (beim Auto würde man das eine Vollbremsung nennen). Ihr reicht es nicht mehr, und sie muss abwarten, bis das fast 400 Meter lange Containerschiff vorbei ist. Wir rauschen mit der Lupina weiter und stellen kurz darauf fest, dass ein weiteres Containerschiff von einer ähnlichen Grösse den Kanalraum verlässt. Diesmal genau auf uns zu. Rund 500 Meter, bevor wir in das Fahrwasser des Schiffes kommen, müssen auch wir eine Wende fahren. Gewaltig, wenn so ein Monster auf einem zu hält. Wir staunen und sind fasziniert – und vergessen darob, das Ganze zu fotografieren 😊😊

Nach einer Übernachtung im Schutz der Insel «Naranjo Abajo» fahren wir weiter zur bei Seglern bekannten Linton Bay. Diese grosse Bucht ist in alle Richtungen gut geschützt und bietet guten Ankergrund. Was wir da antreffen, ist ein regelrechtes Trauerspiel: viele verlassene Schiffe gammeln an der Ankerkette traurig vor sich hin. Wir sehen mehrere gesunkene Schiffe, die zum Teil ans Ufer gespült wurden oder einfach mitten im Ankerfeld gesunken sind. So soll kein Schiffsleben zu Ende gehen!
Panama ist berüchtigt für heftige Gewitter. Bisher sind wir verschont geblieben. In der Linton Bay zieht das erste heftige Gewitter über uns hinweg. Dabei sind nicht die sturzbachartigen Regenschauer das Problem, sondern die Blitze, die im Bruchteil einer Sekunde die ganze Elektronik eines Schiffes zerstören könnten. Wir legen unsere mobilen Elektrogeräte in den Backofen, der wie ein faradayscher Käfig wirken soll, und hoffen, dass wir verschont bleiben. Wir haben Glück! 😊
Wer sein Dinghi bei solchen Verhältnissen nicht regelmässig vom Regenwasser entleert, der riskiert, dass er irgendeinmal ein U-Boot hat und danach tauchen muss
Die der Bucht vorgelagerte Isla Linton wird von Affen (hier im Bild ein Brüllaffe) bewohnt. Sie sollen zutraulich und friedlich sein, solange man ihnen etwas zu futtern gibt. Ist das Futter aber fertig, bevor die Affen satt sind, oder macht man Anstalten, wieder zu gehen, können sie angeblich recht aggressiv werden. Wir haben es nicht ausprobiert und sind mit unserem Dinghi in sicherem Abstand geblieben
Start zur letzten Etappe von der Linton Bay zur ersten Insel in San Blas: Chichime. Anixi (links) und Lupina in voller Fahrt
Angekommen in Chichime, San Blas. Ein typisches Bild im Gebiet von San Blas: flache, meist von Palmen bewachsene Sandinseln, die gegen die Dünung des offenen Meeres durch vorgelagerte Riffe geschützt sind

Seit dem 1. Juli ist es für Segler wieder offiziell erlaubt (Covid), San Blas anzulaufen. Allerdings haben die lokalen Behörden auf dieses Datum hin auch ein Gesetz in Kraft gesetzt, das für Segler wie uns einen Besuch dieses Archipelagos unattraktiv macht. Gemäss diesem Gesetz soll eine Gebühr von 5 Dollar pro Quadratfuss Fläche erhoben werden. Unser Schiff hat rund 500 Quadratfuss, was eine Gebühr von 2500 Dollar ergeben würde. Bisher haben wir keinen Segler getroffen, der diese Gebühr bezahlen musste und es kursieren die wildesten Gerüchte, ob es sich hier um Fake News oder wahre Information handelt. Wir haben entschieden, sofort wieder abzureisen, falls diese Gebühr für uns wirklich erhoben würde. Seit dem 11. Juli sind wir nun hier im Gebiet der Kuna Indianer, und erkunden eine Insel nach der andern. Können wir das weiterhin tun – oder müssen wir unseren Plan ändern? Bald wissen wir mehr!

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Lupina und Anixi, unser «Buddy Boat», vor einer Insel in San Blas