El Hierro – am südlichsten Punkt Europas angelangt

Am 5. Januar 2019 sind wir im Süden von El Hierro eingetroffen. Im südlichsten Punkt von Europa, dem kleinen Fischerdorf «La Restinga», machen wir die Lupina an einem Fingerponton fest. Hier liegen wir ruhig, auch bei starken Winden. Wir sind noch nicht mal ganz fertig mit dem Festmachen, steht schon der Hafenpolizist vor unserem Boot und will die Papiere sehen. Ganz modern zückt er sein Mobiltelefon, fotografiert alles, und das war’s dann auch schon mit den Formalitäten. Ganz anders die Marina. Das Büro ist wegen Ferienabwesenheit des Chefs geschlossen. Den Schlüssel sollen wir von einem Darío besorgen. Damit wir aber raus können, um den Mann zu suchen, brauchen wir einen Schlüssel – den wir aber noch nicht haben. Da gibt’s 2 Möglichkeiten: warten, bis ein anderer Bootsanlieger rein oder raus will, oder um das Tor klettern. Kurzer prüfender Blick, wir klettern. Geht gut. Wir machen uns auf die Suche des Schlüsselmannes. Alle kennen ihn, haben ihn irgendwo gesehen, aber es dauert dann 2 Tage, bis wir unseren Schlüssel endlich haben. Unsere Frage nach den Büro-Öffnungszeiten quittiert er mit einer kurzen Antwort: „Chef – Ferien!“. Wie lange? So genau weiss er es nicht. Vielleicht ist er nächste Woche da. Ja, und wo zahlen wir denn, wenn wir früher gehen wollen? Die knappe Antwort ist ein Achselzucken und eine klare Handbewegung, die bedeutet: dann geht ihr halt einfach.

El Hierro ist die kleinste der 7 Kanareninseln. Auf den 269 Quadratkilometern leben nur 11’000 Einwohner. Die Hauptstadt, Valverde (das grüne Tal), zählt gerade mal 2’000 Einwohner. Zum Glück ist hier der Tourismus noch nicht gross vorgedrungen. Hotelkomplexe und künstliche Badestrände – Fehlanzeige. Dafür umso mehr unberührte Natur, Wildheit und Abgeschiedenheit. Genau das mögen wir und wir machen uns auf, mit Mietauto (das wir per Bus am kleinen Inselflughafen mieten können) und zu Fuss Insel und Leute kennen zu lernen.

Der Hafen von La Restinga mit 2 Schwimmstegen. Gut geschützt bei allen Wetterlagen durch
ein vorgelagertes Riff und eine grosse Hafenmauer, von wo aus das Bild geschossen wurde. Die Küste in dieser Gegend steht unter Naturschutz. Deshalb kommen hier Fischarten vor, die an anderen Orten ausgerottet sind. Der felsige Meeresboden sorgt für glasklares Wasser. La Restinga gilt als das Tauchparadies der Kanaren. 2011 wurde es international berühmt, als vor der Küste ein Unterwasservulkan aktiv wurde.
Lupina ist das weisse Schiff vorne links
Der südlichste Punkt von Europa – wer von euch war schon hier?
Direkt neben dem Hafen peitscht die Brandung gegen die Felsen. Heute ist schönes Wetter, kein starker Wind. Wie sieht das wohl bei Sturm aus?
Auch auf El Hierro gibt es viele Wanderwege, einige davon sehr spektakulär entlang von sehr steilen Abhängen. Informationstafeln geben gute Auskünfte
Alles mit schönen Holzschildern markiert. Die so beschilderte Disco haben wir übrigens aber vergeblich gesucht 😊
Tipp für jemanden, der die Ruhe und Abgeschiedenheit sucht. Das Kleinstdörfchen «Pozo de las Calcosas» im Norden der Insel. Warnung: es ist wirklich seeehr einsam!
«Pozo de las Calcosas»: ein Lavaausfluss hat eine Plattform geschaffen, auf dem kleine Häuschen gebaut wurden. Mit Naturpool vor der Haustüre
Einsamkeit kann inspirierend sein. Hier hat ein Künstler gewirkt
Deutsche Sprach – swierige Sprach 😊 Immer wieder trifft man auf herrliche Übersetzungen (korrekt wäre: Zutritt verboten)
Auch auf El Hierro hat der berühmte Architekt von Lanzarote, César Manrique, ein spektakuläres Panoramarestaurant gebaut. Der «Mirador de la Peña» im Nordwesten der Insel zählt zu den absoluten landschaftlichen und architektonischen Highlights der Insel. Nach Westen fällt hier das Land abrupt über 600 Meter steil zum Meer in die weit geschwungene Bucht El Golfo ab. Das Gebäude ist fast gänzlich aus Naturmaterialen wie Holz und Vulkangestein gebaut und gliedert sich einzigartig in die Natur ein. Schon aus kleiner Distanz kann man das Gebäude an der Felsklippe nicht mehr ausmachen
Im Inneren des Panoramarestaurants bietet sich ein spektakulärer Rundblick über die Bucht El Golfo
Über 600 Meter tiefer die Bucht El Golfo. Entstanden ist diese ca. 15 km lange Bucht durch eine Serie von massiven Erdbeben vor mehreren 10’000 Jahren, wo ein grosser Teil des riesigen Kraters ins Meer weggebrochen ist
In diesem unwirtlichen Gelände aus Lavastein und Sand gibt es auch immer wieder die kleinen Wunder der Natur. Hier eine Pflanze, die sich teppichartig ausbreitet, den Boden beschattet und so die Wurzeln vor der sengenden Hitze schützt. Im Winter blüht sie herrlich gelb
Im Zentrum der Insel, westlich von El Pinar, gibt es ausgedehnte Kieferwälder. An diesem Stamm gut ersichtlich die extrem dicke und robuste Rinde
Es gibt viele Kiefern, die unten am Stamm ausgebrannt sind. Vermutlich durch einen oder gar mehrere Waldbrände, oder dann durch von Menschenhand im Windschatten des Baumes entfachtes Feuer. Diese Kieferart ist robust genug, um das verkraften zu können
Mit ihrem starken Wurzelwerk, das tief in die Steine vordringt, und dem weichen Nadelteppich schützen die Kiefern die Hänge vor einer schnellen Erosion. Schön zu sehen die «sauberen» Waldböden: die Kiefernadeln geben ein Gift ab, das keine anderen Pflanzen aufkommen lässt
Auf einem der vielen Berggipfel mit 360° Rundumpanorama – einfach zum Geniessen
Während der Süden von El Hierro sehr karg ist, strotzen im Norden allerlei grüne Pflanzen
Die Mandelbäume beginnen gerade zu blühen, dieses Jahr etwas früher wie sonst. Das Summen der Bienen ist von Weitem zu hören
Im Norden gibt es viel Landwirtschaft – Kleinbauernbetriebe, die nebst Selbstversorgung auch ein Teil ihrer Produkte auf dem lokalen Markt verkaufen können
Und sogar fruchtbare Erde für Ackerbau
Im Süden der Insel. Zur Zeit auch grün, aber meist Kakteen und andere Sträucher, die Trockenheit und extreme Hitze ertragen können
Das Wahrzeichen der Insel El Hierro: «El Sabinal». Dieser Wacholder Baum, der den permanent starken Nordwinden ausgesetzt ist, hat sich über die Jahrhunderte in seine heutige Form gebeugt. Seine Wurzeln haben sich fest und tief in Gestein und Erdreich festgekrallt
Auch dieses Exemplar hat wahrscheinlich schon viele Stürme erlebt. Zum Grössenvergleich steht Pia hinter einer der mächtigen Wurzeln. Diese Bäume waren früher wegen ihres sehr wertvollen Holzes sehr gefährdet. Wegen seiner Zähigkeit und der besonderen Eigenschaft, dass das natürliche Gift im Holz Holzwürmer und andere Insekten auf natürliche Weise abblockt, war es sehr beliebt für die Herstellung von Werkzeugen und im Bau
Aussichtspunkt «Mirador de Bascos»: prächtige Aussicht in nordöstliche Richtung über El Golfo
Küste westlich von La Restinga
In der Nähe des Leuchtturmes «Faro de Orchilla» auf einem Lavafeld. Deutlich ist der Lavakanal mit seinen versteinerten Wänden sichtbar
In diesem Lavafeld gab es auch mehrere Einbrüche in tiefere Lavakanäle. Köbi klettert durch eine dieser Öffnungen etwa 10 Meter hinunter in eine Höhle, welche durch einen Lavafluss erzeugt worden war. Mit dem Licht seines Handy’s wagt er sich in den unterirdischen Kanal hinein. Nach rund 200 Metern führt ihn dann dieser Ausstieg aus der Tiefe wieder ans Tageslicht. Pia fällt ein Stein vom Herzen
Leuchtturm «Faro de Orchilla»
Punta Grande, einst das kleinste Hotel der Welt (nun gibt es ein noch Kleineres)
Auf dem höchsten Berg der Insel: Pico de Malposo ,1’501 Meter hoch
Auch hier ist ein 360 Grad Rundblick garantiert. Und ja, keine Fotomontage, wir sind tatsächlich mit dem Auto direkt bis ganz oben gefahren 😉
Valverde – die einzige Inselhauptstadt der Kanaren, die nicht am Meer, sondern im Hochland auf 500-700 Metern liegt
Am 10. Januar noch stehen geblieben: das Weihnachts-Festzelt über dem Stadtplatz von Valverde
Valverde: jedes Haus hat Meerblick, sogar die angebaute Toilette
Und dann packt uns doch noch einmal die Wanderlust, bevor wir dann für mehrere Tage mit unserem Schiff auf dem Meer sitzen. Unser Weg führt uns durch eine einmalige Landschaft
Zuerst geht’s stramm bergauf …
… aber Silke vom Nachbarschiff Karl spornt uns dabei an. Ihr Mann Hans brachte uns mit dem Auto an den Startpunkt, und holt uns dann wieder ab
Und hier der Beweis: wir haben es auch zu Fuss auf den höchsten Berg von El Hierro geschafft
Gipfel erklommen, frisch verpflegt – nun freut sich das Wanderteam (Pia, Köbi und Silke) auf den Abstieg entlang des Kraterrandes
Die Gratwanderung entlang der Krete ist phantastisch
Und die sich immer wieder bietende Aussicht ist einfach Erholung pur

Unser Resumé: wir haben viel mehr Zeit in den Kanaren verbracht, als ursprünglich geplant war. Aber es hat sich absolut gelohnt. Wir haben viel mehr Interessantes und Schönes von den Inseln gesehen, als wir erwartet haben. Und wir haben auch viele interessante Menschen kennen gelernt, nicht nur, aber vor allem, in Seglerkreisen.

Etwas haben wir in dieser Zeit auch gelernt: Geduld zu haben und zu warten. So wie wir auf die Ersatzteile in Las Palmas oder das Segel in Teneriffa gewartet haben, so warten wir jetzt geduldig auf konstanten Wind, so dass wir ohne Flaute (wir wollen ja möglichst wenig den Motor brauchen zum vorwärts Kommen!) bis ans nächste Ziel gelangen. Wenn der Wind passt sind wir in 5-7 Tagen in den Kapverden. Morgen Montag früh ist es soweit. Gemäss Windvorhersagen baut sich ein konstanter Nordostwind auf und es heisst endlich wieder: Leinen los in den Süden!

Wir winken noch ein letztes Mal aus den Kanaren
Am Montag, 14.1.2019 verlassen wir nun Europa endgültig für längere Zeit und freuen uns auf neue, spannende Abenteuer!!

Eine Antwort auf „El Hierro – am südlichsten Punkt Europas angelangt“

  1. Köbi, Du hattest eine gute Idee: Auszeit zu machen. wenn Du älter wirst, hast Du nicht mehr di Kraft dazu. Wie lange bleibt Ihr auf See? Alles Gute Martha

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