Union Island, Palm Island und Petit St. Vincent – die letzten Inseln vor der Grenze

Unser Tagesziel ist die Chatham Bay auf Union Island, als wir am 9. April 2019 von der Salt Whistle Bay in Mayreau losfahren. Die Distanz beträgt nur gerade rund fünf Seemeilen. Wir nehmen uns Zeit, segeln gemütlich unter halber Kraft (nur die Genua ist halb gesetzt) und nutzen die Gelegenheit, um Wasser zu machen und unseren Tank wieder zu füllen. Nach einem kleinen Umweg über die Nordküste zum Sightseeing setzen wir nach etwas mehr als zwei Stunden den Anker in der Chatham Bay, einer riesigen Bucht mit fast keinen Schiffen, aber super gutem Ankergrund. Von hier aus wollen wir den nördlichen und östlichen Teil der Insel erkunden. Aber zuerst bewaffnen wir uns mit Schnorchel und Flossen und geniessen ausgiebig das wunderbare Schauspiel unter uns im glasklaren Wasser. Besonders entlang des felsigen Nordufers hat es riesige Fischschwärme. Wie dunkle Wolken bewegen sie sich synchron im Wasser. Manchmal haben wir den Eindruck, sie suchen unsere Nähe. Sie schwimmen mit und um uns, als ob sie sich von uns «grossen Fischen» Schutz vor ihren Feinden, den Barracudas und dergleichen, erhoffen.

Die Chatham Bay auf Union Island. Die Wassertiefe ist fast überall 3-10 Meter und das Wasser ist glasklar – ideal zum Schnorcheln. Für uns die schönste Bucht auf Union Island
In der Chatham Bay erleben wir – einmal mehr – traumhafte Sonnenuntergänge
Wie überall erwandern wir auch diese Insel. Hier sind wir von der Chatham Bay rund einhundertfünfzig Meter hoch über den Berg gestiegen und bekommen diesen wunderbaren Ausblick über die Nordküste von Union Island
Abstieg wieder zurück zum Schiff. Dem genauen Beobachter dürfte die Wanderausrüstung ins Auge stechen: ja, genau -es sind tatsächlich Flip-Flops die Köbi trägt! Seit den Kapverden haben wir uns den Einheimischen angepasst und machen auch hier alle Wanderungen ausschliesslich mit dieser Besohlung, egal welches Terrain und Distanz. Mittlerweile sind wir absolut trittsicher damit!
Wundervolle Natur am Wegrand: da kullert uns ein Schneckenhaus vor die Füsse. Beim genaueren Hinschauen sehen wir, da ist ein Landkrebs drin
Unsere Lupina (Bildmitte) wartet geduldig in der Chatham Bay, bis die Wanderer mit Flip-Flops wieder zurückkommen
Ab und zu erhalten wir Bemerkungen wie: «ihr tragt ja immer die gleichen Kleider!» Ja, stimmt! Hier ist die Erklärung dafür: alle 1-2 Wochen ist Waschtag. Da wird alles gewaschen und an Sonne und Wind getrocknet. Der warme Wind ersetzt den Tumbler. So ist alles schnell wieder einsatzbereit und statt im Kasten zu versorgen, ziehen wir es gleich wieder an
Nach der Wäsche die Erholung für Pia: ein kühles Bier in der einzigen Hotelbar an der Chatham Bay. Eine Aussicht wie ein Gemälde

In der Chatham Bay sehen wir einen Katamaran mit einer Schweizer Flagge im Mast. Spontan fahren wir mit unserem Dinghi vorbei, um «grüezi» zu sagen und machen Bekanntschaft mit Gervaise und Didier (aus Vevey) mit ihrem behinderten Sohn Damien. Die beiden sind pensioniert und erfüllen sich nun einen fast 20-jährigen Lebenstraum, indem sie für vier Monate zusammen mit ihrem Sohn die Karibik besegeln. Wir erleben mit ihnen zusammen einen sehr beeindruckenden und lustigen Nachmittag in einer der wenigen Strandbars. Didier hat für seinen Sohn über die Jahre viele Lieder komponiert und diese in fetzige Blues, Rock oder Country Musik verpackt. Die Einheimischen erlauben ihm, seine Musik über die grossen Lautsprecher abzuspielen. Es ist rührend zu beobachten, wie Damien sofort auf «seine» Musik reagiert und uns alle zum Tanzen mitreisst, auch die Einheimischen. Sehr, sehr eindrücklich zu erleben, wie diese Eltern für ihr behindertes Kind und mit ihm leben. Das Kind ist in diesem Moment total glücklich. Die Einheimischen erzählen uns bewundernd und fast ein wenig beschämt, dass hier der Umgang mit Behinderten ganz anders ist, und dass behinderte Kinder versteckt und weggesperrt werden. Wir freuen uns alle, dass es hier in diesem Moment anders ist. Chapeau à nos amis de Vevey! Beim nachhause Weg gibt uns Didier noch zwei CDs von ihm mit, die wir zurück auf der Lupina auch sofort in unseren CD Player stecken, und jedes Lied Wort für Wort aufsaugen.

Fröhliche Tanzeinlage zur Musik von Didier (ganz rechts), die er für seinen Sohn (3. von rechts) komponiert hat
Nach 2 Tagen verlegen wir nach Ashton und ankern vor der vorgelagerten Frigate Island. Ashton ist eine der zwei grösseren Siedlungen auf Union Island. Unser Landbesuch ist eine reine Ernüchterung: dieses Dorf (rund 1’000 Einwohner) mit seiner wunderschönen Bay, die von Mangrovenwäldern umgeben ist, hat offenbar den Anschluss an die Entwicklung nicht geschafft und ist am Dahinserbeln. Fast die Hälfte der Häuser ist unbewohnt, sie zerfallen und geben ein trauriges Bild ab
Ashton: zumindest eine Arztpraxis gibt es in diesem Dorf
Einer der Gründe, warum Ashton zwischen Stuhl und Bank gefallen ist, ist ein Investitionsprojekt, das so ziemlich in die Hose ging. Das Projekt sah vor, die Bay durch Aufschütten von Dämmen in eine grosse Marina mit Hotel Resort umzuwandeln. Diese Dämme aber störten den natürlichen Wasserfluss, was zu einer schnellen Auflandung der Bay führte. Die ausländischen Investoren quittierten ihre Bücher und hinterliessen das Schlamassel den Einheimischen. Um die Wasserzirkulation wieder zu aktivieren und zumindest die schönen Mangrovenwälder zu retten, wurde ein Teil der Dämme wieder abgetragen und die Übergänge durch Hängebrücken (Bild) ersetzt. Das Wasser zirkuliert wieder, aber die ganze Bay ist heute viel zu flach für eine Marina
Natürlich beachten wir diese Vortrittsregel 😊
Nach dem ernüchternden, strandlosen Ashton brauchen wir wieder ein Highlight und hüpfen kurz für einen Tag zur vorgelagerten Insel Palm Island. Palm Island bietet einen Strand, wie man ihn aus Ferienprospekten kennt
Palm Island: Das Innere der Insel gehört zu einem Hotel Resort und ist leider nur für Hotelgäste zugänglich. Stört uns nicht! Wir geniessen Strandbar und die Aussicht auf Union Island, und zwischendurch nutzen wir das starke WiFi, um unsere Home Page zu aktualisieren
Palm Island: dieser rund ein Meter lange Bursche ist Gast des Hotels und ist angeblich handzahm. Wir halten respektvollen Abstand
Nach Palm Island verlegen wir unseren Liegeplatz in die Lagune vor Clifton, der grösseren Agglomeration auf Union Island. Ein Ankerplatz, wie aus dem Bilderbuch! Gut geschützt vor Wellen, offen für den kühlenden Wind, der auch unseren Windgenerator ordentlich zu drehen vermag 😊
Vor dem Bougainvilla Hotel in Clifton gibt es sogar eine eigens dafür vorgesehene Dinghi Landestelle. Eng zwar, aber nüchtern geht’s problemlos rein 😉
Clifton, mit rund 2’000 Einwohnern die Hauptstadt von Union Island. Ein wohltuender, farbiger Gegensatz zu Ashton. Hier pulsiert das Leben, und Yachties, wie wir es sind, fühlen sich willkommen
Gesehen in Clifton: Unternehmen mit Geschäftssinn: warum nicht gleich den Kunden, die sich Haare und Bart schneiden lassen, ein Getränk verkaufen? Der erste Kunde wartet schon 😊
Wie funktioniert eigentlich die Stromversorgung auf einer Insel? Die meisten Inseln produzieren ihren Strom selber mit kleinen Dieselkraftwerken (Gebäude mit weissem Dach in der linken Bildmitte). Auf den fortschrittlicheren Inseln kommen nach und nach auch alternative Energiequellen zum Zuge, wie hier auf Union Island Solarzellen. Obwohl der Passatwind in diesen Gegenden fast garantiert ununterbrochen weht, sieht man noch fast keine Windanlagen. In persönlichen Gesprächen mit Einheimischen erfahren wir, dass einer der Hauptgründe für die sehr zögerliche Entwicklung von alternativen Energien das fehlende Vertrauen in diese Energiequellen ist. Schade, denn Sonne und Wind gibt es hier in Hülle und Fülle
Am Weg mehrmals gesehen dieses Phänomen der Natur: ein oranges Gewächs legt sich wie ein Spinnennetz über andere Pflanzen, wie Bäume und Sträucher, und scheint diese offenbar zu ersticken
Aussicht vom Fort Hill über die Bay von Clifton, das Riff und Palm Island (im Hintergrund). Unsere Lupina liegt ganz rechts am Bildrand
Happy Island: Ein findiger Einheimischer hat vor rund 20 Jahren auf dem Riff vor Clifton eine kleine Insel aus Meeresmuscheln aufgeschüttet und darauf eine kleine Bar und Imbissbude eingerichtet. Heute wachsen sogar Palmen darauf, und aus dem Provisorium ist in der Zwischenzeit eine weit herum berühmte Tränke für durstige Skipper und deren Crews geworden
Natürlich machen auch wir einen «Tankstopp» auf Happy Island. Es ist früher Nachmittag und noch recht leer. Gegen Abend geht dann jeweils die Post ab
Am 15. April klarieren wir am kleinen Flughafen in Clifton aus dem Staatsgebiet von «Saint Vincent and the Grenadines» aus. Weiter südlich beginnt das Staatsgebiet von «The Grenadan Grenadines». Bevor wir aber dorthin segeln, statten wir der letzten kleinen Insel, Petit Saint Vincent, einen kurzen Besuch ab. Auf dem Bild verlassen wir Clifton mit Kurs Richtung Petit Saint Vincent
Petit Saint Vincent ist die letzte Insel, die zu «Saint Vincent and the Grenadines» gehört. Sie sieht auf der Karte klein und einladend aus. Ähnlich wie Palm Island, wird auch diese Insel von einem Hotel Resort eingenommen. Wir lesen, es sei eines der teuersten Hotels in der Karibik. Ein Blick auf die Preisliste für Hotelzimmer scheint dieses Statement zu bestätigen. Wir finden keinen Preis unter 1’000 USD (pro Person pro Nacht!). Unser Spaziergang dem wundervollen Strand entlang wird nach ein paar Metern auch bereits abrupt durch ein Schild gestoppt. So verziehen wir uns schnell wieder auf die Lupina, und geniessen den vorläufig letzten Abend in «Saint Vincent and the Grenadines» in trauter Zweisamkeit, umgeben von fantastisch leuchtendem türkisfarbenen Wasser

3 Antworten auf „Union Island, Palm Island und Petit St. Vincent – die letzten Inseln vor der Grenze“

  1. Didier und Damien hatten wir auf Bequia in einem Restaurant gesehen, in dem ein behinderter Einheimischer arbeitete. Es war toll zu erleben, wie Damien und der Einheimische Kontakt aufnahmen und Damien die Führungsrolle ergriff. Didier bemerkte meine Begeisterung und verabschiedete sich von mir spontan mit Küsschen. Ich war wie ihr gebannt von der Lebensfreude, die diese Familie ausstrahlt. Bis auf bald!

  2. Liebe Lupina-Crew
    Einmal mehr, geht mir das Herz beim lesen Eures Beitrags auf. Chatham Bay, Cliffton Harbour, Palm Island. Und vor Allem auf Happy Island haben wir so viele schöne feucht fröhliche Stunden erlebt mit Einheimischen und Freunden aus der Heimat. Schade, das man nicht mehr dem Strand entlang von Petit St. Vincent laufen kann. Man durfte noch dem Strand entlang aber nicht ins Innere der Insel. Im Strandrestaurant haben wir vor 5 Jahren hervorragend gegessen. Ihr habt leider den Inselwinzling Mopien verpasst, gleich neben PSV. Eine wunderschöne Sand Insel mit nur einem einzigen Palmenschirm drauf.
    Wir wünschen Euch eine gute Weiterteise und freuen uns auf die nächsten Berichte.
    Nadine & Tomas SY SeaBorne

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