Mustique – die Insel der Prominenten

Gefuuuunden!!
Nachdem Köbi am Vortag das verlorene Bugstrahlruder wegen der leicht getrübten Sicht im Wasser nicht finden konnte, hat er es am nächsten Tag noch einmal versucht. Diesmal war die Sicht deutlich besser, da über Nacht der Wind in der Friendship Bay etwas nachgelassen hat und das Wasser nicht mehr so stark aufgewirbelt wurde. Systematisch ist er zwischen Schiff und Anker hin und her geschnorchelt und hat das Rad nach fast einer Stunde doch noch gefunden. Nun müssen wir nur noch eine geeignete Sicherungsmutter besorgen, dann können wir den Defekt selber reparieren

Am 1. April verlassen wir die Friendship Bay auf Bequia bereits wieder und segeln südwärts Richtung Mustique. Da in den letzten Buchten, in denen wir geankert haben, das Meerwasser meist etwas trüb war (durch vom Wind und Wellen aufgewirbelter Sand) wollten wir unseren Wassermacher nicht in Betrieb nehmen . Unser Wassertank ist nur noch zu 10% gefüllt. Wir benutzen die Überfahrt nach Mustique, um diesen wieder ordentlich zu füllen. Mit der frischen Briese aus Osten wären wir in etwas mehr als einer Stunde an unserem nächsten Ziel, die Britannia Bay auf Mustique. Wir brauchen aber mindestens zwei Stunden für den Wassermacher. Also setzen wir nur das Grosssegel und schaukeln gemütlich mit 4-5 Knoten Fahrt nach Mustique.

Britannia Bay, Mustique

Wenn man Mustique betritt, fällt einem sofort auf, dass diese Insel sich von den anderen bisher von uns  gesehenen Karibikinseln stark unterscheidet. Auf den Berghügeln thronen prunkvolle Villen, alle mit feinem Rasen umgeben und einem protzigen Swimmingpool an bester Lage. Die sonst überall vorhandenen Blechhütten fehlen hier gänzlich. Die Strassen sind gepflegt und der Abfall liegt getrennt gesammelt in den dafür vorgesehenen Behältern. Boatboys, die uns bei der Einfahrt in eine Bay mit ihren schwimmbaren Untersätzen üblicherweise umschwirren oder gar bedrängen, gibt es nicht. Hier werden wir von einem Marinero mit einem ordentlichen Boot, das auch gut sichtbar beschriftet ist, an eine Boje eingewiesen. Ankern darf man nämlich nicht, oder nur auf spezielle Anweisung des Marineros, falls mal alle Bojen besetzt sein sollten. Ist bei uns aber nicht der Fall.

Mustique war bis Mitte des letzten Jahrhunderts praktisch unbekannt und nur von ein paar Fischern besiedelt. Das hat sich schlagartig geändert, als ein reicher Investor aus England die rund fünf Quadratkilometer grosse Insel als Renditeobjekt entdeckte: Colin Tennant, Britisch von der Scheitel bis zur Sohle und mit sehr guten Verbindungen in den Aristokratenkreisen. Dank seinen guten Beziehungen zum Königshaus gelang es ihm, das Interesse von Prinzessin Margaret für sein Projekt zu gewinnen. Sie kaufte eine der ersten Luxusvillen, die Tennant auf der Insel ab den 1960-er Jahren zu bauen begann. Auf ihrer Suche nach Abgeschiedenheit in einer fantastisch schönen Landschaft tief in der Karibik folgten bald weitere berühmte Persönlichkeiten des internationalen Jetsets. So haben etwa Künstler aus der Musik und Showbranche wie Mick Jagger, David Bowie oder Brian Adams ein Anwesen auf dieser Insel. Heute verwaltet die Mustigue Company, welche allen Hausbesitzern gehört, das Geschehen auf der Insel. Unter anderem sorgt diese Verwaltung aber auch dafür, dass diese Superreichen nicht überborden. So zum Beispiel gibt es zwar einen kleinen Flughafen (mit ganz spezieller Landepiste – beide Enden steigen an, so ähnlich wie ein Surfboard), aber es sind keine Privatjets oder Helikopter erlaubt. Nur offizielle Verbindungsflieger dürfen starten und landen. Auch gibt es keine Luxusautos zu sehen. Das Einheitsfahrzeug für alle sind Golf-Carts.

Wohl eine der berühmtesten Bars in der Karibik: Basil’s Bar, direkt am Wasser in der Britannia Bay
Basil’s Bar. Wunderschönes Ambiente. Die Preise hier befinden sich im oberen Europäischem Niveau und sind deutlich höher als sonst in der Karibik üblich. Aber diese Aussicht auf unseren Liegeplatz ist es allemal wert, hier jeweils einen kurzen Zwischenstopp auf dem Weg nach Hause einzulegen
Colin Tennant der mit seiner Vision einer privaten Insel für die Reichen Mustique von heute geschaffen hat
Die Insel ist klein. Wir verzichten auf fahrbaren Untersatz, wie auch schon auf Bequia, und durchstreifen das kleine Paradies der Superreichen zu Fuss. Strand im Süden der Britannia Bay. Obwohl fast alles in privatem Besitz ist, sind die meisten Strände zum Glück öffentlich zugänglich geblieben
Einfach nur schön!
Die Mustique Company sorgt für einen tadellosen Zustand der Infrastruktur (Wasser, Strom, etc.) aber auch für die Sauberkeit auf der Insel. Auf unserem Streifzug treffen wir Gärtner, die gerade reife Kokosnüsse von den Palmen holen. Dies machen sie aus Sicherheitsgründen! Damit soll verhindert werden, dass am Strand eine Berühmtheit eine Nuss auf den Kopf kriegt und davon erschlagen wird😊. Spontan erhalten wir eine Nuss und können uns am feinen Saft erfrischen
«The tourist tree» (Touristen Baum): dieser Baum wird so genannt, weil seine glänzende Rinde sich schält wie die Haut eines sonnenverbrannten Touristen. Aus dem Saft des Baumes wird Klebstoff, Lack und Zutaten für Weihrauch gewonnen. Das Holz wird verwendet zur Herstellung von Streichhölzern und Sperrholz
Einfach die Seele baumeln lassen
Wir erkunden die Insel zu Fuss in zwei Etappen. Am einen Tag die Südhälfte der Insel, am anderen die Nordhälfte. Dafür brauchen wir die Genehmigung der Mustique Company, die durch unseren Marinero vertreten wird . Der schaut uns prüfend an, sieht keine Paparazzi Kameras auf unserer Brust baumeln und meint schlicht: „no problem, just stay on the path and respect the signs „private entry“, ok?“. Wir nicken, er nickt zurück mit dem Daumen nach oben und wir sind genehmigt. Damit man nicht durch die Grundstücke der Reichen muss (was man logischerweise eh nicht dürfte!), haben diese mit ihrer Mustique Company dafür gesorgt, dass es der Küste entlang einen schönen, gut markierten Wanderweg gibt. Hier ein Teilstück davon direkt am Meer den Felsen entlang im Süden der Insel
Blau in allen Tonfarben
Blick vom Gun Hill im Süden über die Obsidian Bay
Eines morgens steht Pia plötzlich mit einem Fisch (wir vermuten es ist ein Amber Jack) da. Was ist passiert??
Hier die Erklärung: neben uns hat ein grosser 57 Fuss Katamaran an einer Boje festgemacht. Eigentlich ist dieses Schiff für diesen Bereich des Bojenfeldes zu gross. Ist aber halt sehr bequem, weil die Basil’s Bar von hier nur einen Katzensprung entfernt ist. In der Nacht sehen wir, wie der Berufs-Skipper dieser Charter-Yacht beim Angeln ist – wäre zwar verboten hier, er macht es aber trotzdem. Am Morgen dann ein Riesenjubel seiner Crew: er hat in seiner nächtlichen Aktion vier Fische gefangen. Den kleinsten davon schenkt er spontan Pia und entschuldigt sich für die Störung, weil er so nahe war zu unserem Schiff. Nun müssen wir zum ersten Mal einen Fisch ausnehmen! Der Skipper des Kats und ein Instruktionsfilm auf YouTube zeigen uns wie es geht. Klappt ganz gut, aber die Bilder davon ersparen wir euch 😉
Am nächsten Tag machen wir uns auf zur 2. Wanderetappe. Diesmal ist die restliche Hälfte der Ostküste und der nördliche Bereich der Insel auf unserem Plan. Die Ostküste ist eher trocken
Während es im Westen der Insel viele flache Sandstrände hat, ist die Ostküste eher rauh, felsig und vor allem sehr windig
Pasture Beach an der Ostküste. Das Baden hier ist sehr gefährlich. Die einlaufenden Wellen überschlagen sich auf lange Distanz und das wieder rückfliessende Wasser erzeugt gefährliche Strömungen
Der Wanderweg führt durch dichtes Buschwerk
Ab und zu treffen wir Landschildkröten an
Kleine Auswahl von Prunkvillen …
… anderes Beispiel: dies ist nur das Teehäuschen beim Swimming Pool
Beachbar im Cotton House Hotel
Am Morgen früh und immer, wenn wir wieder aufs Schiff zurück kehren ist eine der ersten Aktionen von uns, Schnorchel und Flossen zu packen und ins 27 Grad warme Wasser zu springen. Hier ist es sehr klar und wir können einfach nur geniessen. Die Schildkröten grasen neben oder gar direkt unter unserem Schiff und lassen sich von uns nicht stören

Am 4. April verlassen wir diese künstliche aber sehr schöne Welt von Mustique und fahren weiter südwärts. Unser nächstes Ziel ist Charlestown Bay von Canouan.

Hinweis: wir werden immer wieder gefragt, wo genau wir sind. Auf dieser Home-Page gibt es das Menu „Aktuelle Position“. Da könnt ihre jeweils unseren aktuellen Schiffsstandort sehen sowie die bereits zurückgelegte Strecke.

Bequia – «Jede bruucht sy Insle»

Wir sind nun in den Grenadinen angelangt. Dies sind die vielen kleinen Inseln zwischen Grenada und St. Vincent. Die Erste, die wir ansteuern, ist mit ihren nur 18 Quadratkilometern gleich die Grösste von allen. 5’000 Einwohner leben hier. Ihr Ursprung ist vulkanisch und sie besteht im Grunde aus einem langen, schon stark erodierten Bergzug, der von Nordost nach Südwest läuft. Die Bevölkerung ist eine interessante Mischung aus vorwiegend ehemaligen Afrikanischen Sklaven, alten Europäischen Kolonialisten (Franzosen und Engländer) und Walfischern aus New Bedford (USA), welche im 19. Jahrhundert zum Walfischen hierher kamen und den einheimischen Fischern das Handwerk des Walfischens beibrachten. Dieses Handwerk ist bis heute überliefert worden, da es durch einen IWC Beschluss immer noch erlaubt ist, hier Walfische zu fangen. Bedingung ist jedoch, dass der Fang aus reiner Muskelkraft (keine Motorboote, Harpune muss von Hand geschleudert werden) stattfindet. Fast jede Fischerfamilie hat irgendwo eines dieser charakteristischen Walfischboote (Segelboot aus Holz mit spitzem Bug und Heck, sehr bunt bemalt) am Strand stehen, immer startklar und jederzeit bereit, falls in der Küstennähe ein Wal gesichtet wird. So lange wir in Bequia Gewässern sind, sehen wir zum Glück keinen dieser Meeressäuger. Auch eine Rückfrage bei den Fischern erleichtert uns: es ist schon einige Zeit her, seit der letzte Fang gelungen ist. Damit die Männer trotzdem motiviert und in Übung bleiben, findet jedes Jahr an Ostern die weit herum bekannte Oster-Regatta statt.

Man merkt gut, dass die Leute hier mit dem Meer und alles was damit zu tun hat, verbunden sind. Die Bootsbaukunst mit lokalen Materialien wird immer noch gepflegt, wenn auch mehr und mehr Modellschiffe die richtigen Schiffe ablösen. Gegenüber fremden Besuchern sind die Leute sehr aufgeschlossen und im Vergleich zu anderen Inseln haben sie erkannt, dass es für sie eine Chance bedeutet, gute Ankerbuchten für Segelboote zu haben. Mit der Admiralty Bay haben sie eine der schönsten und best geschützten Buchten der Grenadinen. Bei unserer Ankunft am Sonntag, 24.3.2019, liegen sicher über 100 Boote in dieser sehr grossen und flachen Bucht, die gegen Westen offen und gegen alle anderen Richtungen (der Wind bläst hier meist aus Osten) sehr gut abgedeckt ist.

Admiralty Bay auf Bequia (Blick Richtung Westen): kaum am Anker zieht eine schwarze Wolke gefolgt von einem kurzen, heftigen Regenschauer über uns hinweg. Boot und Crew geniessen die kühlenden Tropfen und frisch geduscht geht’s mit dem Dinghy an Land
Admiralty Bay Richtung Norden: lagen am Sonntag noch über hundert Schiffe in der Bay sind am Montag Morgen die meisten der Charterschiffe weg und die Reihen haben sich deutlich gelichtet
Admiralty Bay Südufer: Der «Belmont Walkway» verbindet die Strände im Südwesten der Bucht mit der Hauptstadt Port Elizabeth. Entlang dieses Fusspfades hat es mehrere feine Bars und Restaurants. Köbi meint: „es müssen alle unterstützt werden!“, und das heisst für Pia: Kurzurlaub von der Küche
Einkaufsstrasse und Flaniermeile in Port Elisabeth
Die einheimischen Fischer haben für die vorbeikommenden Yachten einen willkommenen Versorgungsservice aufgezogen. Sie fahren mit ihren Versorgungsschiffen durch die Bay, und wenn man etwas braucht, dann winkt man oder pfeift ganz einfach. Die meisten können sogar über Funk aufgerufen werden. Dieser hier liefert Treibstoff, Wasser und Eis …
… das grüne Schiff bringt ebenfalls Eis und Wasser (hier wird das Wasser gerade ins Schiff gepumpt) und bietet zusätzlich noch Wäschewaschdienst an. Das blaue Schiff links bringt Wasser und holt Abfall ab. Alles recht wichtige Dinge für Yachten. Da es in diesem Teil der Welt fast keine Landestege gibt, wäre das Besorgen von Trinkwasser und Treibstoff, oder das korrekte Entsorgen von Abfall, eine recht aufwändige und mühselige Angelegenheit. Und da die wenigsten Schiffe über eine Waschmaschine verfügen, sind viele sogar sehr froh, wenn sie nicht alles mit ihrem Dinghy selbst an Land schippern und dort mühsam eine Waschmöglichkeit suchen müssen
Abfall-Recycling: Dieser Mann sucht aus den Mülltonnen gezielt nach bestimmten PET-Flaschen, macht eine Sichtkontrolle und spült sie dann im Eimer vor sich mit Wasser. Die so als gut befundenen Flaschen sammelt er in einem Sack. Es erinnert Köbi stark an eine Geschichte in Indonesien, als er an einem Verkaufsstand eine Colaflasche (damals aber noch aus Glas und mit Blechdeckel) kaufte und erst beim Trinken merkte, dass die Cola etwas wenig Kohlensäure hatte. In der darauffolgenden Nacht hat er mindestens 3 Kilo abgenommen 😊
Apropos «Abnehmen»: hier ein fast unmöglicher Vorsatz! Es gibt so viel Leckeres zum Probieren! Pia wagt sich hier an einen Lobster. Wenn man nicht weiss, wie etwas zu essen ist: die immer sehr zuvorkommende und freundliche Bedienung erklärt uns das gerne mit einem fröhlichen Lachen auf dem Gesicht
Die Restaurants um die Admiralty Bay herum sind gut organisiert. In einem wöchentlichen Infoblatt künden sie an, welches Restaurant wann Livemusik hat. Diese Gelegenheiten nutzen wir gerne und oft. Hier ein begnadeter Steeldrum Spieler, der uns einen ganzen Abend lang zu faszinieren vermag
Aber es wird nicht nur geschlemmt! Auch körperliche Aktivität ist angesagt. Nicht ganz einfach bei 35 Grad, einer Luftfeuchtigkeit von über 80% und einer Topografie, die von der Bay zuerst einmal einfach steil aufwärts geht
Von ihm gibt’s beim Bergauf kein Bild 😉 aber diese wunderbare Aussicht lässt alle Mühsal vergessen. Blick vom «Holler Point» (auch «Spring View genannt») Richtung Norden zur Nachbarinsel St. Vincent im Hintergrund
Anderer Tag, anderes Ziel: Fort Hamilton im Nordwesten der Admiralty Bay. Gemäss einer Sage soll von hier aus einst ein Fehlschuss dazu geführt haben, dass Big Cay und West Cay (2 kleine Inseln ganz im Westen von Bequia) durch die verirrte Kanonenkugel von der Hauptinsel abgetrennt wurden. Kein Wunder hat der Kanonier mit dieser Kimme und Korn nicht getroffen 😊😊
Pneu-Recycling auf Bequia. Wer bei diesem Bild entsetzt oder gar entrüstet reagiert – es ist noch nicht lange her, wurde dies zu Hause auch so gemacht
Paget Farm im Süden der Insel. Das eigentliche Zentrum der Walfänger. Hier machen sie gerade ihre Boote hübsch und startklar für die Regatta, die immer an Ostern stattfindet. Pia steht vor dem Kieferknochen eines vor vielen Jahren hier erlegten Walfisches
Whaleboner Bar am Belmont Walkway: Walfischknochen haben es hier auf den Barhocker geschafft! Wir auch 😉
Herrliche Natur im Süden – bei diesem Ausblick möchte man gerne zur Weide gehen
Hier nehmen wir Teil an einer interessanten Führung durch die «Firefly Plantage». Früher eine Plantage für Zuckerrohr findet man heute eine Sammlung aller auf den Grenadinen vorkommenden Fruchtbäume. Auf der Führung lernen wir viel über deren Herkunft und die heutige Verwendung der Früchte. Auch probieren dürfen wir viele der hier wachsenden Köstlichkeiten. Die Raupe im Bild hat uns besonders fasziniert. Sie hat sich auf eine ganz bestimmte Pflanze spezialisiert und frisst deren Blätter (innerhalb 1 Minute ist ein Blatt weg!). Dadurch wird der Baum angeregt, neue Blätter zu produzieren. Die richtige Balance von Anzahl Raupen und Blattproduktion macht es aus, dass der Baum viele gute Früchte trägt
Vor Anker auf Petit Nevis – eine Insel direkt vor der Friendship Bay. Hierhin haben die Walfischer jeweils ihren Fang gezogen und dann geschlachtet. Anlegestelle und Gebäude sind schon länger ausser Betrieb. Wir sind das einzige Schiff in der Bucht – eine Insel ganz für uns alleine!
Natürlich «entern» wir diese verlassene Insel …
… und geniessen eine phantastische Natur. Wir sind einfach nur glücklich und verbringen den ganzen Tag mit Schnorcheln in den Korallen, Lesen und Faulenzen auf der Lupina. Am Abend spielt sich am Himmel einmal mehr ein buntes Farbenspektakel ab. Bei einem wunderbaren Sonnenuntergang läuft im CD Player dazu passend Peter Räber’s Lied «Jede bruucht sy Insle»
Blick über die Friendship Bay im Süden von Bequia. Gestern Samstag haben wir nun in diese Bucht verlegt und ankern zur Zeit hier
Bei der Einfahrt ist gute Navigation erforderlich, weil ein Teilbereich der Einfahrt durch ein Korallenriff versperrt ist. Im Bild der Blick über die Friendship Bay in Richtung Südost mit dem Riff in der Einfahrt (erkennbar an den sich brechenden Wellen). Im Hintergrund unser nächstes Ziel, das wir am kommenden Montag oder Dienstag ansteuern werden, die Insel Mustique

Beim Setzen des Ankers in der Bucht hilft Köbi am Ruder wie ab und zu mit dem Bugstrahlruder nach, um das Wegkippen des Buges im Wind zu verhindern. Plötzlich ein komischer Ton! Pia meint, es stimme was mit der Ankerwinde nicht – aber die läuft ganz normal weiter und die Kette rauscht in die Tiefe, so wie sie soll. Aber der Bug zeigt keine Reaktion auf die Bedienung des Bugstrahlruders. Es summt zwar etwas da vorne, aber keine Reaktion des Schiffes. Was ist da los?? Ein schrecklicher Verdacht kommt auf. Nachdem das Ankermanöver abgeschlossen ist, greift Köbi noch vor dem Ankertrunk sofort zu Flossen und Taucherbrille, springt ins Wasser, schwimmt zum Bug des Schiffes …

… und findet das hier: ein Bugstrahlruder ohne Propeller! Offensichtlich hat sich die Sicherungsmutter gelöst und das Rad sich im Betrieb in die Tiefen des Ozeans verabschiedet. Ohne Rad – kein Bugstrahlruder! 🙁

Wir ankern in nur etwa 5 Meter Wassertiefe, aber das Wasser ist durch den starken Wind, der die Wellen am nahen Strand den Sand aufwirbeln lässt, sehr trüb. Ein Blick mit der Taucherbrille nach unten lässt gerade den Boden schwach erkennen. Köbi schwimmt die Umgebung des Schiffes ab und sucht nach dem verlorenen Rad. Keine Chance! Er will es heute nochmals versuchen, in der Hoffnung, das Wasser wird etwas klarer, und sonst halt mit der Taucherausrüstung.

Warum kann sich die Schraube lösen? Finden wir den Propeller? Es bleibt spannend auf der Lupina!

St. Vincent – Regenwald bis ans Meer

Am Montag, 18. März 2019, setzen wir Segel in Richtung St. Vincent, eine Insel rund 30 Seemeilen südlich von St. Lucia. St. Vincent wurde 1493 von Kolumbus entdeckt, doch die kämpferischen Ureinwohner verhinderten zunächst eine dauerhafte Besiedelung von europäischer Seite. 1675 erlitt ein niederländisches Schiff mit Siedlern und afrikanischen Sklaven vor der Insel Schiffsbruch. Die Sklaven nutzten die Gelegenheit, die ihnen das Schicksal bot, und machten kurzen Prozess mit ihren weissen Herren. In der Folge gelang es den überlebenden Sklaven, auf der Insel Fuss zu fassen und sie mischten sich unter die Kariben. Viele der heute rund 110’000 Einwohner der Insel stammen von diesen Sklaven ab.

Lange Zeit wetteiferten auch hier Franzosen und Engländer um den Besitz der Insel, bis sie 1783 im Vertrag von Versailles endgültig den Engländern zugesprochen wurde. 1902 brach im Norden der Insel der Vulkan Soufrière aus und begrub 2’000 Menschen unter sich. Er ist immer noch aktiv. Die letzte Eruption fand 1979 statt. Genau in jenem Jahr wurde St. Vincent in die Unabhängigkeit entlassen. Englisch ist die Hauptsprache, aber viele Leute reden einen kreolischen Dialekt.

Bevor wir uns von St. Lucia verabschieden, treffen wir uns noch mit Moondance und seiner herzlich sympathischen Crew Fione und André. Wir haben uns erstmals in Las Palmas getroffen, wo unsere Boote fast 3 Wochen nebeneinander lagen. Fione und André leben wie wir seit Mai 2018 auf ihrem eigenen Boot und haben das gleiche Ziel: westwärts so lange es uns gefällt und Spass macht
Pia hat es streng, fast bei jeder Fahrt muss sie eine neue Flagge hiessen. Die Flagge für St. Vincent gilt für die Insel selbst und einige der im Süden anschliessenden Grenadinen Inseln. Die aus rund 30 Inseln bestehende Inselgruppe der Grenadinen wurde einst von der Britischen Kolonialmacht willkürlich unterteilt. Die nördlichen Grenadinen werden heute von St. Vincent verwaltet, während die kleinere südliche Gruppe Grenada untersteht
Empfangskomitee an unserem ersten Ankerplatz, die Bucht von Chateaubelair. Er trägt eine Mütze von Zermatt – die Welt ist ja so klein!
In Chateaubelair wollen/müssen wir einklarieren. Aber wo ist hier wohl Zoll und Immigration?? Kein Problem: jeder im Dorf weiss Bescheid, und schnell haben wir das Gebäude gefunden. Am Montag ist aber der Zöllner jeweils auf seiner Dienstrunde und nicht im Büro. Der zuvorkommende und freundliche Immigrationsbeamte erledigt aber den Immigrations-Teil und bittet uns, einfach in der nächsten Bucht, wo es einen Zoll hat, die entsprechenden Stempel in die Papiere machen zu lassen. Machen wir!
Fischer in der Bucht von Chateaubelair. Wir haben viel Negatives über diese Bucht gelesen und viele Segler meiden sie aus Angst vor Diebstahl oder Überfällen. Diese Berichte sind aber meist älteren Datums, werden gerne aber immer wieder weitergegeben. Wir teilen diese Erfahrung nicht! Die Leute hier versuchen, Geschäfte zu machen. Würden wir ja auch an ihrer Stelle! Sie wollen nicht, dass durch ein schlechtes Image Touristen weg bleiben. Deshalb sorgen sie auch dafür, dass es keine Probleme gibt
Der Regenwald um die Bucht von Chateaubelair. Das Klima in diesem Teil der Welt ist tropisch, es regnet fast jeden Tag einmal kurz und heftig. Die Böden sind vulkanisch und daher sehr mineralhaltig und fruchtbar
Wir machen eine Wanderung zu den „Dark View“ Wasserfällen. Das Überqueren der schwankenden Bambus-Hängebrücke braucht etwas Gleichgewicht und Mut
Der Lohn für die zweistündige Wanderung: eine kühle Dusche unter dem oberen der beiden Wasserfälle
Üppige Pflanzenvegetation
Waschtag bei den Einheimischen. Meist werden die Kleider von Hand gewaschen und zum Trocknen auf Steine oder, wie hier, auf’s Blechdach an die Sonne gelegt

Um die Einklarierungsformalitäten abzuschliessen, verlegen wir uns der Küste entlang südlich in die nächste Bucht mit einem Zollbüro, Wallilabou. Schon vor der Einfahrt in die Bucht kommt uns ein Ruderboot entgegen und der Mann darin bietet uns seine Hilfe an. Kamen in St. Lucia die Helfer noch mit starken Motorbooten auf uns zugerast, brauchen die Leute hier meist noch ihre Muskelkraft. Sehr sympathisch, finden wir. Die Bucht ist eng und die Schiffe am Anker müssen zusätzlich mit einer Landleine am Schwojen (= freies Drehen um den Anker) gehindert werden. Gerne nehmen wir seine Hilfe an und geben ihm ein entsprechendes Entgelt (aus Berichten haben wir gelesen, dass 20 EC$, rund 6 CHF, hier die Norm ist). Noch nicht mal ganz festgemacht, werden wir von mindestens vier anderen Ruderbooten «umzingelt», das jedes irgendetwas, meist Früchte, Schmuck oder Fisch, feil zu bieten hat. Da wir noch am Festmachen sind, schicken wir sie energisch wieder weg, sie sollen später kommen. Kurz darauf kommt ein anderes Segelboot rein – und schon sind wir vergessen 😊

Unser Nachbarschiff in der Wallilabou Bay: noch nicht fest gemacht wird es, wie wir kurz vorher, von «Geschäftsleuten» geentert
Alles, was irgendwie noch schwimmt, dient als Geschäftsfahrzeug
Die angebotene Wahre ist einwandfrei! Garantiert biologisch, tagesfrisch, unheimlich schmackhaft und aromatisch. Preis ist Verhandlungssache. Um sicher keine ungebetenen Insekten oder deren Eier auf das Schiff zu importieren, wird alles von Pia umgehend gründlich gewaschen
So werden wir bei unserem ersten Landgang begrüsst! Uih – wo sind wir hier gelandet?? Ein mulmiges Gefühl kommt auf …
… aber hier kommt schon die Antwort! Die Bucht von Wallilabou hat als Drehort für «Pirates of the Caribbean» gedient. Die Gebäude rund um den Landesteg wurden für die Dreharbeiten entsprechend dekoriert. Die Dekoration hat man bis heute belassen, denn die Leute haben schnell gemerkt, dass es Touristen anlockt
Wallilabou, Drehort von «Pirates of the Caribbean. Im Bild der kleine Landesteg mit der im Film vorkommenden Hafenkulisse. Das Zollbüro, und den Beamten, haben wir übrigens in einem der kleinen, grauen Gebäude links angetroffen und unsere Einreise formal erledigt
Was von den Drehkulissen übrig geblieben ist (Pia gehört aber nicht dazu 😉)
Wallilabou: Einkaufsläden gibt es hier keine. Eingekauft wird direkt von den Schiffen, oder von sich durch lautes Hupen bemerkbar machenden Verkaufswagen. Hier kauft Köbi Brot vom Bäcker, der seine Wahre ofenfrisch in den Dörfern verteilt
In der Wallilabou Bay treffen wir ein anderes Schweizer Boot an: «Jolly Jumper» und seine Crew. Alina und Christoph haben ihre Zelte in der Schweiz abgebrochen und sind mit ihren beiden kleinen Mädchen, Dalia und Alexa, ebenfalls daran, die Weltmeere zu besegeln. Spontan kommen sie mit ihrem Dinghi auf einen Besuch vorbei. Dalia geniesst dann ihren persönlichen Privatchauffeur zurück auf den «Jolly Jumper»
Unterwegs auf dem Leeward-Highway – Personentransport auf St. Vincent …
… und nochmals: Personentransport auf St. Vincent
Unterwegs nach Süden von St. Vincent. Wir machen einen Bade- und Schnorchelhalt in der kleinen aber sehr schönen Petit Byahaut Bay (vielen Dank an die Invia für diesen Tipp!)
Die «Blue Lagoon», ganz im Süden von St. Vincent, gilt als einer der sichersten Liegepatze der Insel. Die Lagune ist gegen das Meer hin durch Korallenbänke abgedeckt. Es gibt aber nur zwei kleine, enge Passagen, die hineinführen. Die gut markierte Einfahrt im Westen ist für unser Boot zu seicht. Wir müssen die gefährliche Einfahrt im Süden nehmen, diese ist etwas tiefer. In unserem Reisebuch steht dazu: «this is definitely only recommended for very experienced sailors and in calm seas, otherwise at your own risk». Mit Hilfe von Pia auf der Bugspitze und GPS Navigation schaffen wir es ohne Bodenberührung heil in die Blaue Lagune
«Gut gemacht!» meinen auch die beiden Jungs, die uns eine Boje verkaufen wollen. Eine Quittung gibt es keine. Wir machen ein Bild von ihnen, damit wir allenfalls beweisen können, dass schon jemand da war und Geld eingezogen hat. Das machen wir immer so, ist fast so gut wie eine Quittung und schützt uns vor Betrug
Blick durch die einstigen Wohnzimmerfenster auf die Blaue Lagune. Unsere Lupina ist im linken Fenster
Ausflug in den ältesten Botanischen Garten der westlichen Hemisphäre: Kingstown Botanic Garden, eröffnet 1765. Andere Segler haben uns empfohlen, einen Führer zu nehmen. Das machen wir und es war ein guter Entscheid. Wir erfahren viel Neues und Interessantes. So erklärt er uns zum Beispiel, dass der Brotfruchtbaum durch den bekannten Captain Bligh (berühmt geworden von der Meuterei auf der Bounty) auf Befehl des Englischen Königs aus der Südsee in die Karibik gebracht wurde. Die Früchte des Baumes sollten der hungernden Bevölkerung als wertvolle Nahrung dienen. 1793 brachte Captain Bligh 500 junge Pflanzen nach Kingstown, wo sie im Botanischen Garten hochgezogen, und schlussendlich in der ganzen Region verteilt wurden. Im Bild zeigt uns der Führer eine kleine Blüte, die aussieht wie ein Clowngesicht
Diese Blume ist eine Schmarotzerpflanze. Sie wächst auf anderen Pflanzen und nutzt deren Versorgungssystem. Sie macht jeden Tag neue Blüten, die wunderbar riechen, aber nach einem Tag bereits wieder abfallen
Ein «Wurstbaum». Die Früchte dieses Baumes sehen aus wie unsere Rauchwürste. Die Frucht ist innen glasig und hart. Die Kinder brechen sie auf und benutzen sie wegen ihrem süssen Geschmack gerne als Schleckstengel
Am Tage vor unserem Besuch hat Prinz Charles diese neue Pflanze im Park gesetzt. Etwas mickrig, finden wir, aber vielleicht gedeiht ja doch einmal etwas Gutes aus dem königlichen Haus 😉😉
Der St. Vincent Papagei gilt seit der Unabhängigkeit von 1979 als das Nationaltier von St. Vincent und den Grenadinen. Seine bunten Federfarben haben als Vorgabe für die Staatsflagge gedient
Auf dieses Bild sind wir stolz: bei sengender Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit sind wir in rund 1.5 Stunden von Kingstown zum Fort Charlotte hochgelaufen. Eine schweisstreibende und durstmachende Angelegenheit!
Regewolken im Anzug über einer sattgrünen Vegetation
Letzter Kurz-Ausflug, bevor es weiter südwärts geht: mit der Fähre vom Villa Beach direkt neben unserer Bucht auf die Privatinsel Young Island. Die Insel gehört einem Hotelresort. Die Fahrt ist kostenlos, wenn man in der Beach-Bar etwas konsumiert. Da mussten wir halt etwas trinken 😊😊
Essen tun wir oft in lokalen, einheimischen Restaurants mit wunderbar feiner, sehr reichhaltigen, lokalen Kost. Diverse Gemüse und gekochte Früchte, von denen wir kaum eine Ahnung haben, wie das alles heisst. Getränke sind selber zubereitet aus Ingwer und Zitrusfrüchten – sehr erfrischend und gesund!

Auf St. Vinzent haben wir für einmal kein Auto gemietet. Die Insel hat im Grunde nur zwei Strassen: den Leeward Highway, welcher die Westküste erschliesst, und den Windward Highway auf der Ostseite. Auf beiden Highways verkehren lokale Vans, die wir rege benutzen, um die Insel zu erkunden. Diesmal also mit Chauffeur – einige davon würde man wohl besser mit «Raser» bezeichnen, so schnell und mit quietschenden Rädern gings um die Kurven! Die Musik im Van ist meist so laut wie in einer Disco. Die Fahrgäste reden/schreien dann auch entsprechend laut. Für uns, die eine sehr lange Strecke mitfahren, eine zum Teil ermüdende Angelegenheit.

Nächstes Ziel auf unserer Reise ist nun die grösste der Grenadinen Inseln, die nur einen kurzen Hupf (rund 8 Seemeilen) südlich von St. Vincent liegt. Heute Nachmittag haben wir wieder die gefährliche Ausfahrt aus der Blue Lagoon passiert und liegen nun in der Admiralty Bay von Bequia vor Anker. Definitiv ab jetzt machen wir Bade-Segeln, also bitte nicht traurig sein, wenn uns die Zeit zum Schreiben fehlt 😉

Saint Lucia – oder: Willkommen im Paradies

Um es gleich vorweg zu nehmen: Saint Lucia hat unseren ersten Eindruck, den wir in Barbados über die Karibik gewonnen haben, deutlich verbessert. Die Einheimischen hier begrüssen Besucher regelmässig mit «welcome to paradise», und das ist gar nicht so viel daneben. Aber der Reihe nach:

Am Montag, 4. März, abends kurz vor dem Sonnenuntergang, setzen wir in Barbados Segel in Richtung Saint Lucia. Es sind rund 100 Seemeilen bis zu unserem Ziel. Diese Distanz schaffen wir nicht in einem Tagestörn, und deshalb haben wir entschieden, bei Tageslicht zu starten und alles perfekt zu trimmen, in der Nacht durch zu segeln um dann am Vormittag in Saint Lucia anzulegen. Geht alles perfekt auf, wir müssen sogar etwas «bremsen» (= Segel reffen) um nicht zu früh in der Rodney Bay Marina einzulaufen. Rodney Bay ist eines der Zentren für Yachtsport in der Karibik und liegt am nördlichen Ende der Insel. Hier wurde in den frühen 1980-er Jahren durch einen Amerikanischen Investor die seichte Lagune zu einer Full-Service-Marina ausgebaggert. Seit 1990 ist diese Marina auch der Zielhafen der jährlich stattfindenden ARC (Atlantic Rally for Cruisers)

In der unter Seglerkreisen berühmten Rodney Bay (hier legen fast alle Atlantiküberquerer einmal an), hisst Pia morgens um 8 Uhr die Fahne von Saint Lucia und die gelbe «Quarantäne» Flagge, bevor wir in die Marina einlaufen

In dieser Jahreszeit hat es genügend Platz in der Marina und auch das Einklarieren bei Immigration und Zoll, die beide direkt neben dem Marina Office ihre Büros haben, verläuft sehr speditiv, freundlich und entspannt. Noch vor dem Mittag sind alle Formalitäten erledigt und wir können die nähere Umgebung zu Fuss erkunden.

Obst und Gemüsehändler kommen direkt ans Boot. Die Auswahl und Qualität ist meist sehr gut. Für die Preisverhandlung ist es von Vorteil, wenn man die üblichen Ladenpreise kennt
Pia ist wirklich gut im «Verhandeln» und benutzt diese «frei Haus» gelieferten Angebote sehr rege. So lange der Preis einigermassen stimmt, sind wir gerne bereit, etwas mehr für diesen sympatischen Lieferdienst zu bezahlen

Wie immer bleiben wir während der ersten Tage auf einer neuen Insel mit unserem Schiff im gleichen Hafen und erkundigen das Hinterland zu Fuss und mit einem Mietauto. Diesmal stand bei der Autoübernahme nicht das bestellte Kleinauto bereit, sondern ein 7 plätziger Minivan. Die Erklärung: am Auto, das für uns vorgesehen war, waren die Bremsen defekt! Gut haben sie es vorher bemerkt, die Strassen hier sind zum Teil sehr steil und kurvenreich!

Regelmässig erleben wir kurze heftige Regenschauer, die gleich wieder von Sonnenschein abgelöst werden. Wasser im Überfluss für die Vegetation!
Nicht nur Köbi’s Hemd ist knallbunt: die unheimlich artenreiche Vegetation leuchtet in allen Farben
Verstecken Spielen im Dschungel (wo ist Pia versteckt, und wo ist Köbi?)

Die vulkanische Insel Saint Lucia wird geprägt durch eine wunderschöne Landschaft, sie trägt nicht umsonst den Beinamen «Helena der Karibik». Das spektakuläre Inselinnere ist bedeckt von dichten Regenwäldern. Verstreut ragen aus dem saftig grünen Teppich vulkanische Zuckerhutkegel steil zwischen 500-700 Meter in den Himmel empor.

Es leben rund 160’000 Leute auf Saint Lucia. Die meisten von ihnen stammen von afrikanischen Sklaven ab, die einst hierher gebracht wurden, um auf Zuckerrohrplantagen zu arbeiten. Die Amtssprache ist Englisch, aber viele Menschen sprechen einen französischen Dialekt. Ob die Insel tatsächlich im 15./16. Jahrhundert durch Europäische Seefahrer entdeckt wurde, bleibt bis heute ungeklärt. Sicher jedoch ist, dass sich Franzosen und Engländer gegenseitig die Insel strittig machten, und diese rund 14 Mal die Hand änderte, bevor es ab 1814 Britische Kolonie wurde. 1967 wurde die Insel autonom und seit 1979 ist sie ein eigener, unabhängiger Staat.

Eine unserer Wanderungen führt uns zum «Diamond» Wasserfall. Auf unserem Wanderweg durch den Urwald stossen wir auf einen Bach, der grau eingetrübtes Wasser aufweist. Umweltverschmutzung?? Nein! Saint Lucia ist eine Vulkaninsel, die Quelle dieses Baches ist im Bereich eines Vulkankraters und spült stark mineralhaltiges Quellwasser aus dem Gestein
Diamond Wasserfall: das mineralhaltige Quellwasser (enthält vor allem Schwefel, Eisen, Kupfer und Magnesium) gibt dem Gestein hinter dem Wasserfall eine leuchtend bunte Färbung
Waldarbeiter, der den Hiking-Trail regelmässig freischneiden muss. Am Ende seiner Stange ist eine scharfe Sichel fixiert, mit welcher Äste und Blätter abgeschnitten werden
Die Hauptstadt «Castries» zählt rund 50’000 Einwohner. Die früher fast ausschliesslich aus Holz gebauten Häuser der Stadt wurden mehrmals durch Stadtbrände zerstört, letztmals 1948. Heute ist die gut geschützte, grosse und tiefe Bucht Anlaufstelle für die Mega-Passagierschiffe. Hier liegen gerade 3 dieser Riesenpötte vor Anker und überschwemmen Stadt und Insel mit 5-6000 Leuten
Links «Mein Schiff 5» der Reederei TUI: 295 Meter lang, 2’534 Passagiere
Castries: das Kreuzfahrtschiff «Mein Schiff 5» mitten in der Stadt (in der Mitte des Bildes – sieht fast aus wie ein normaler Häuserblock)
Hausbau auf Saint Lucia. Uns fällt auf, dass viele Häuser auf Betonstelzen gebaut sind. Egal ob im Flachen oder am Hang. Irgendwie hinterlässt diese windige Konstruktion beim Ingenieur keinen allzu soliden Eindruck. Ein Augenschein auf einer Baustelle, wo gerade solche Pfeiler aus Beton und drei Armierungseisen aufgebaut wurden, hat unser Bedenken nur noch verstärkt
Auch immer wichtig bei unseren Exkursionen: Barkunde! Das «Happy New Year» gilt hier wohl für das ganze Jahr, ebenso wie das immer freundliche und fröhliche Lachen in den Gesichtern der Leute. In jeder Bar gibt es mehr Rumsorten als Bier. Bier gibt’s meist nur in kleinen Dosen oder Flaschen zu 250ml. Mit Glück gibt’s das einheimische Bier, «Piton», in der „grossen“ 330ml Dose. Rum hingegen gibt’s fast in allen Grössen bis zur 3 Liter Flasche
Typische Strassenszene: bunte Farbe an Häusern und Kleidern. Überall kleine Bars, wo die Leute meist irgend ein Getränk mit Rum zu sich nehmen
Kleider- und Stoffladen im kleinen Küstenort Anse La Raye
Auch im Paradies kann es unangenehme Überraschungen geben: eine zu üppige Ladung verstopft unser WC – der Sanitärinstallateur muss ran! Eine halbe Stunde später ist alles wieder geduscht, parfümiert 😊, sauber und das wichtigste: WC entstopft und wieder funktionstauglich!

Sehr oft fühlen wir uns angezogen vom Unbekannten und Neuem. So ist es hier der Regenwald, von dem wir fasziniert sind. Es gibt verschiedene Hiking-Trails, die der Staat speziell für Touristen und Besucher von Saint Lucia hergerichtet hat und unterhält. Wir suchen uns einen aus, der nicht so am Durchgangsverkehr liegt und etwas abenteuerlich zu finden ist. Ohne GPS und Navigationshilfen hätten wir den Trail bei Forestiere um den Piton Flore nicht gefunden. Aber wir sind erfolgreich! Die Strasse wird immer enger und schmaler und endet an einem kleinen Wendeplatz mitten im dichten Regenwald. Kaum sind wir aus dem Auto gestiegen, kommt ein muskulöser Einheimischer mit einer langen, furchteinflössender Machete in der Hand aus dem Dickicht heraus auf uns zu. Seine Hautfarbe ist so dunkel, man kann die Gesichtszüge gar nicht erkennen. «High – welcome to paradise – how are you doing today? What can I do good for you?», ruft er uns entgegen. Unsere vorsichtige Skeptik ist schlagartig verschwunden, und wir verbringen mit Adam, wie er sich uns vorstellt, eine der interessantesten uns spannendsten Urwaldführung, die wir bisher erleben durften.

Über einen feuchten, glitschigen Pfad geht es in den Urwald hinein. Der Bereich, in dem wir uns befinden (bei Forestiere), gehört zum Naturpark von Saint Lucia und ein Zugang ist nur mit Bewilligung und Führer möglich. Wir finden das gut so und zahlen die rund 10-12 CHF p.P. Eintritt mit Führung gerne. Was wir dafür erhalten, ist einfach wunderschön!
Zum Glück sind wir mit Führer unterwegs – wir hätten es nicht gesehen: ein Süsswasserkrebs direkt auf dem Wanderpfad. Geschickt ergreift Adam das Tier und vermittelt uns interessante Informationen und Erklärungen dazu. Später im Verlauf der Wanderungen werden wir Dank seinen Tipps geübter und erkennen die Krebse unter Steinen und Wurzeln mit eigenen Augen
Adam stammt aus einer Familie, die seit Urgrossvaterzeiten im Wald und mit dem Wald gelebt hat. Heute ist er vom Staat angestellt und sorgt mit 7 anderen Kollegen im Naturparkgebiet für gut unterhaltenen Wanderwege und leitet Führungen. Wir sind sehr beeindruckt von seinem Wissen über die unterschiedlichen Pflanzen. Zu allen unseren Fragen hat er eine fundierte Antwort, die er uns so erklären kann, dass wir sie verstehen. Hier im Bild zeigt er uns eine Pflanze, deren Harz extrem leicht brennt, aber auch mühelos wieder mit einem kurzen Blasen ausgelöscht werden kann. Das brennende Harz wird flüssig. Adam lässt es auf ein Blatt tropfen. Wir sind verblüfft: das erkaltete Harz bedeckt das Blatt wie ein dünner Klarlack. Die Fischer haben sich diese Eigenschaften früher zu eigen gemacht und mit diesem Harz ihre Boote abgedichtet und versiegelt. Besser als jedes moderne Antifouling!

Die Tour mit Adam hätte noch viel länger dauern dürfen, aber die Zeit war wie im Flug vorbei. Es ist unheimlich, wie viele Wunder sich in der Natur verstecken, die früher bekannt und genutzt wurden, und heute in Vergessenheit geraten. So gibt es hochgiftige Pflanzen (zum Beispiel den Wunderbaum (engl. Castor Oil Tree), dessen aus Samen gewonnenes Pulver früher von Militär und Geheimdiensten gerne als Mordwaffe verwendet wurde. Einmal will Köbi eine Schale vom Boden aufheben, die aussieht wie eine Kastanienschale. Adam stoppt ihn mit lautem Ruf, ergreift die Schale vorsichtig mit zwei Fingern und erklärt, das das Regenwasser darin zu einer aggressiven Säure geworden ist, die Verbrennungen auf der Haut erzeugen kann. Spannend – unheimlich spannend war dieser Hike!!

Der Weg zurück in die Zivilisation. Uns fällt auf, dass die Leute hier noch nicht wissen, was mit alten Autos anzufangen ist. Wie bei uns halt vor 50 Jahren. Wir haben aber erfahren, dass die Regierung begonnen hat, solche Autoleichen wegzuräumen, und durch drastische Bussen dafür sorgt, dass es keine Neuen mehr geben wird. Auch Abfalltrennung und Recycling scheinen hier auf Saint Lucia Einzug zu halten
Das Dorfzentrum von Canaries an der Westküste: Im Vordergrund der zentrale Brunnen des Dorfes. Erst wenige Häuser verfügen über einen eigenen Wasseranschluss. Die meisten versorgen sich hier am Wasserhahn
Strasse in Canaries: wie fast überall sind die meisten Häuser aus Holz gebaut und meist nur einstöckig. Innen gibt es nur einen grossen Raum, der Wohnraum und Schlafzimmer zusammen ist. Gekocht wird meist draussen. Gegen die Strasse hin werden die Wände oft mit Blechtafeln (Wellblech oder flach gehämmertes Blech von Fässern) verkleidet, vermutlich als Schutz gegen das Spritzwasser vom Regen
Fischer beim flicken seines Netzes. Man beachte die Haartracht: viele Männer lassen ihre Haare einfach wachsen und stopfen dann ihre Haartracht in diese Rasta-Mützen aus Wolle
Ausflug zu den Sulphur Springs. Diese werden als «einziger befahrbarer aktiver Vulkankrater» beworben. Von Weitem schon riechen wir den Schwefelgeruch. Das Besondere daran ist, dass hier die noch heisse Lavaschicht nur etwa 2’000m tief liegt. Das Meerwasser sickert von aussen in den Vulkan hinein, wird aufgeheizt und kommt in der einseitig offenen Kaldera als sehr mineralhaltiges Heisswasser wieder zum Vorschein. Schwefelgas und heisse Dämpfe verhindern eine Vegetation, und es sieht aus wie in einem Steinbruch
Sulphur Springs aus sicherer Distanz von oben
Zurück in der Rodney Bay Marina. Jeden Freitag Abend öffnen die Bewohner im nahen Dorf (Gros Islet Village) ihre Häuser und verlagern ihre Küche auf die Strasse. «Jump-Up» nennen sie das. Ein Traum für jeden Nachtschwärmer!! Eine wilde und hemmungslose Atmosphäre, geschwängert mit dem lauten, sonoren Bass und dem schrillen Steeldrum der Reggea-Musik
Am Morgen nach dem Jump-Up: Cockpit unseres Nachbarschiffs mit vier soliden Englischen Herren. Offenbar hatten sie nach dem Jump-Up noch mehr Durst. Wir sehen nur noch die Flaschen …
… denn wir laufen aus, bevor die verkaterten Engländer 😊 den Kopf aus dem Niedergang strecken
Nachdem wir das Land gesehen haben, wollen wir auch die Küste vom Wasser her geniessen. Unser erster Stopp ist in der berühmten Marigot Bay. Wunderschön gelegen hat sie schon für viele Kinofilme als Aussendrehort gedient. Der innere Teil wird «Hurricane Hole» genannt, weil man hier sogar bei einem Hurrikan geschützt sein soll – wir wollen es lieber nicht ausprobieren
Marigot Bay: Glasklares Wasser, 27 Grad (sowohl Wasser wie Luft) umrundet von üppiger Vegetation – welcome to paradise!
Begrüssungs und Empfangskomitee in der Marigot Bay 😊😊
Marigot Bay: Blick vom inneren Bereich in Richtung Ozean. Hier drinnen hat sich angeblich während der Napoleonischen Kriege eine komplette Britische Marinestaffel vor dem Feind versteckt und konnte danach unversehrt entkommen
Eine der vielen Beach-Bars in der Marigot Bay. So lässt sich unser Dinghy einfach bewachen 😊 Es soll an dieser Stelle noch erwähnt sein, dass wir nie auf Probleme mit Diebstahl oder Entwendungen gestossen sind. Wir fühlen uns jederzeit sicher und wohl auf Saint Lucia, obwohl wir diverse andere Meldungen und Berichte gelesen haben. Einmal mehr zeigt sich: man muss es selber sehen und erleben
Marigot Bay – Sonnenuntergang
Unterwegs – von einem Paradies zum anderen
Bay von Soufrière mit den beiden Wahrzeichen von Saint Lucia: Petit Piton (Mitte) und Gros Piton (rechts). Diese beiden unverkennbaren Zuckerhutkegel ragen rund 700 Meter steil aus dem Meer, direkt davor ist das Meer ebenfalls rund 800 Meter tief. Ankermöglichkeiten gibt es keine, da das Ufer zu steil oder von geschützten Korallenbänken vorgelagert ist. Um diese Korallen zu schützen hat die Regierung von Saint Lucia mehrere Bojen platziert, an denen das Schiff sicher festgemacht werden kann
Fischer fahren Restaurants und Yachten an und bieten ihren Fang an. Speziell: uns ist aufgefallen, dass die Männer in diesen wackligen Booten fast immer stehen. Meist sitzt nur derjenige, der das Boot steuert

Bei Soufrière machen wir (unwissend) an einer Boje an, die einem Fischer gehört und von diesem vermarktet wird. Da er gleich viel verlangt, wie die Behörde an den offiziellen Bojen, bleiben wir bei ihm. Seine Boje ist sehr nahe am Steg für die Dinghys und deshalb für uns sehr angenehm und praktisch. Wir hatten eigentlich beabsichtigt, auf einen der beiden Pitons zu steigen. Als wir dann aber erfahren, dass man auf beide Berge einen Führer haben muss und zudem noch happige «Eintrittspreise» winken, vergeht uns die Lust. Unser Plan B, auf eigene Faust einen Aussichtspunkt zwischen den beiden Pitons zu erklimmen, erweist sich als ein mindestens ebenbürtiges Erlebnis. Mit öffentlichem Verkehr (Van, 2.25 EC$ Pro Person  = ca. 0.80 CHF) fahren wir zum Ausgangspunkt der Wanderung und gelangen von da, in rund einer Stunde zuerst der Strasse entlang, zu Fuss zum Ted Paul Nature Trail.

Unterwegs zum Ted Paul Nature Trail: Pia will von einer Frau wissen, was das für Bäume und Früchte sind. Spontan hackt diese eine Frucht vom Baum ab, öffnet sie und gibt uns zum Probieren. Es ist eine Kakao Frucht (komischerweise nennen sie diese Frucht aber „cocoa“ also gerade vertauschte Vokale)
Auch das wird probiert: Fischkuchen! Sehr fein und lecker von der Openair-Küche!!
Und dann – der Stairway to Heaven …
… der uns nicht ins Paradies, aber zu einem phantastischen 360 Grad Aussichtspunkt führt
Der Gros Piton, genau dahin wollten wir zuerst – aber auf dem Ted Paul Aussichtspunkt ist es gerade so schön 😊
Gestern nun haben wir in die Bucht verlegt, die genau zwischen den beiden berühmten Pitons liegt (2 Bilder zurück sieht man sie am Fusse des Petit Pitons): Anse Petit Piton. Wiederum eine traumhaft schöne Bucht. Einfach aus dem Boot springen, sich mit Schnorchel und Flossen versehen ins Wasser legen und mit den Augen die Welt unter der Wasseroberfläche aufsaugen. Ein Traum! Nur diese kleine 😉 Jacht (rund 100m lang, sie trägt das Emblem ML) steht uns vor der Sonne. Ich glaub, heut Abend fahr‘ ich mal rüber und beschwere mich 😊

Hier in der Bucht Anse Petit Piton bleiben wir bis und mit Montag. Am Dienstag 17.3. segeln wir weiter auf die nächste Insel, Saint Vincent. Für heute späteren Nachmittag erwarten wir Moondance, eine Yacht, die wir in Las Palmas angetroffen haben. Fione und André, die Crew der Yacht, haben ähnliche Reisepläne wie wir und wir freuen uns, sie wiederzusehen und Erfahrungen und Pläne miteinander zu tauschen.

Nachtrag zur Kuchenbude: im letzten Bericht habe ich mich gefragt, warum die Kuchenbude so heisst: Es hat tatsächlich mit dem Gebäck zu tun! Hier die Erklärung, die ich gleich von zwei voneinander unabhängigen Seemännern mit Hamburger Wurzeln erhalten habe (an dieser Stelle vielen Dank an Thomas und Holger):
Der Begriff Kuchenbude ist durch Bootseigner geprägt, die ihr Boot hauptsächlich im Hafen nutzen und dann mit der Familie zum Kaffeetrinken an Bord gehen. Damit dann alle auch bei Wind und Regen gut unterkommen und Hafenkino beobachten können, setzt man sich in die Kuchenbude.
Nun sind wir gespannt, warum die linke Seite des Schiffes Backbord heisst 😉

Angekommen in der Karibik

Angekommen in der Karibik – Barbados: Wassertemperatur 26 Grad, Lufttemperatur 26-28 Grad (dank dem ständig wehenden Wind fühlt sich das nicht heiss an). Keine Moskitos, keine verwilderten, abgemagerten Katzen und keine streunenden Hunde 😊

Bevor wir uns aber nach der fast 12 tägigen Überfahrt im angenehm warmen Wasser erfrischen können, müssen wir zuerst einklarieren und alle Formalitäten erledigen. Erst dann dürfen wir die gelbe «Q» Flagge entfernen und können uns frei bewegen. Wir werden vom Hafenmeister an den Zoll Pier beordert, wo wir seit der Abfahrt von Fogo erstmals wieder Landkontakt haben. Innerhalb von rund 2 Stunden hat Köbi (dies muss immer der Skipper erledigen) den ganzen Einklarierungsprozess erledigt und dabei nacheinander Gesundheitsbüro, Immigration, Zoll und nochmals Immigration durchlaufen. Alles läuft ruhig, gelassen, freundlich und sehr zuvorkommende ab.

Der Zoll Pier in Bridgetown, Barbados: da dieser Pier für grosse Kreuzfahrtschiffe ausgelegt ist und entsprechend grosse Dämpfer an der Hafenmauer hervorstehen, kann man ein Segelschiff nur sehr schlecht festmachen. Zudem herrscht ein grosser Schwell der Lupina ganz ordentlich an den Festmacherleinen zerren lässt. Das an Land Kommen erfordert eine recht sportliche Kletterübung. Pia darf noch nicht an Land, sie muss warten, bis das Einklarieren abgeschlossen ist
Das ist unser gesamter Abfall, der auf der Überfahrt angefallen ist. Einer der Hafenmitarbeiter will unseren Abfall für 25 USD entsorgen. Als wir ihm aber den kleinen Sack zeigen, reduziert er seine „Gebühr“ auf 10 USD. Wir winken dankend ab. Am nächsten Tag wird der Müll von uns eigenhändig ganz konform und ordnungsgemäss in einer Abfalltonne entsorgt
Carlisle Bay, Bridgetown: Nach dem Einklarieren verlegen wir in diese wunderschöne Bucht
Lupina haben wir von der Strandbar aus bestens unter Kontrolle. Das Internetsignal der Bar reicht sogar bis auf’s Schiff
Eine der ersten Aktionen von Pia: Wäsche waschen. Da es nichts zu reparieren gibt 😊 kann Köbi derweil die Ankunft locker geniessen …
… bis dieses Schiff sich gefährlich nahe auf uns zu bewegt. Es ist nach uns rein gekommen und hatte viel weiter vorne seinen Anker geworfen, aber viel zu wenig Kette gesteckt. Der konstant starke Wind hat den Anker losgerissen und es trieb langsam aber unaufhörlich in unsere Richtung. Erst unser lautes Pfeifen und Rufen hat die Französische Crew, die unter Deck am Ausschlafen war, noch rechtzeitig alarmiert

Barbados ist als östlichste Insel der kleinen Antillen der erste mögliche Landfall nach einer Atlantiküberquerung. Die Infrastruktur für Segelschiffe ist sehr rudimentär, da ausser den paar Atlantiküberfahrern nur wenige Segelschiffe den mühsamen Weg gegen den Wind von den kleinen Antillen ostwärts nach Barbados auf sich nehmen. Barbados war über drei Jahrhunderte lang eine Britische Kolonie, bis es 1966 die Unabhängigkeit erlangte. Land und Leute sind aber auch heute noch «very Britisch». Heute leben rund 290’000 Einwohner hier. Die Bevölkerung setzt sich hauptsächlich aus Leuten afrikanischer (95%) und europäischer Herkunft (5%) zusammen.

Der erste Eindruck für uns, die wir von den Kapverden kommen, ist ein kleiner Kulturschock: mit Autos überfüllte Strassen, heruntergewirtschaftete Häuser und Umgebung, überall Abfall und Schmutz. Die ersten beiden Tage in Bridgetown, immerhin Hauptstadt der Insel, haben dieses Bild nicht verbessern können. Immerhin einige alte Kolonialgebäude versucht die heutige Regierung zu erhalten und diese touristisch zu nutzen. Ein eigentliches Stadtzentrum mit Park oder Einkaufsmeile, gemütliche Strassenbeizen oder Ähnliches, das zum Flanieren einlädt, haben wir nicht gefunden.

Stadtzentrum von Bridgetown mit Parlamentsgebäude und Museum, zwei der wenigen erhaltenen alten Gebäuden
Schön erhaltenes Gebäude aus der Kolonialzeit (rot) und daneben der Versuch, alt mit neu zu verbinden
Eine der schöneren Gegenden von Bridgetown: das alte Hafengelände, das heute vor allem Schiffe für Schnorchel- und Tauchausflüge, sowie zum Sportfischen beherbergt
Daneben viele verkommene und verwahrloste Gebäude …
…und das mitten in der Stadt…
… sogar richtig hübsche Häuser vergammeln nach und nach
Zufahrt zu einem der drei Busterminals, gesäumt von Verkaufsbuden und Unrat
Auch der Barbados Cruising Club, zugänglich nur für elitäre Members, vermag unser Bild nicht zu verbessern. Beschädigte Eingangstore, verrottete Jollen, rostige Anhänger mit platten Reifen, offene Elektrokasten mit Sicherungen, die mit Drähten überbrückt sind. Mehr Hinterhof- als Vorzeige-Club
Da vermag uns dieses Gebäude schon eher zu begeistern. Sein Bewohner hat mit viel Liebe und Geschick aus diversesten Materialen «sein Schiff» gebaut. Das erinnert uns ein wenig an die Kapverden, wo die Leute alles, was noch irgendwie nutzbar ist, wiederverwenden. Bemerkenswert: um dieses Haus haben wir auch keinen Unrat gesehen
Eine der Haupteinnahmequellen in Barbados ist der Tourismus. Dank den wunderbaren Stränden an der Süd- und Westküste mit seinen Palmen und dem türkis-blauen Wasser strömen gerade in der kalten Jahreszeit viele sonnenhungrige Menschen hauptsächlich aus dem englisch sprachigen Raum nach Barbados. Entsprechend fliesst viel Geld in Hotelanlagen und Clubs, welche mit speziellen Themen und verlockenden All Inclusive Paketen werben

Entlang der schönen Strände hat es viele Hotelanlagen und Clubs. «Perfekt!» würde man denken. Nicht so für uns. Da wir keine «all inclusive» Hotelgäste sind und auch keinerlei Club-Mitgliedschaft vorweisen können, bleibt uns der Zutritt oder die Bedienung in den zum Teil wunderschön gelegenen Bars oder Restaurants verwehrt. Schade, aber macht nichts. So sind wir motiviert, uns vom Strand zu lösen, und uns mehr für Land und Leute zu interessieren.

Auch auf Barbados wird gerne gespielt. Was uns hier auffällt: man sieht auch Frauen bei Karten- oder Glücksspiel
Was in den Kanaren das «Guaguag» und auf den Kapverden das «Alugeur» ist, wird hier schlicht und einfach als «Van» bezeichnet. Eine Fahrt kostet umgerechnet 2 Barbados Dollar (rund 1 CHF), egal wie weit man fährt. Ganz wichtig: der Radio mit der super Boombox muss immer voll aufgedreht sein, sonst könnte man ja den Motor hören 😊😊. Wenn zwei Vans sich kreuzen, wird das mit freudigem Hupkonzert gefeiert
Warten auf den nächsten Van in die Stadt

Wir erleben die Leute von Barbados als sehr offen, freundlich und hilfsbereit. Pia empfindet ihre Offenheit anfänglich als ein wenig zu aufdringlich. Als sie aber merkt, dass ein «Nein» von einem Strassenverkäufer positiv quittiert wird und er nicht mehr nachdoppelt, kann auch sie das Bad in der Menschenmenge geniessen und sich auf ein spontanes Gespräch einlassen. Immer wieder erleben wir, dass Leute von sich aus auf uns zukommen, wenn sie sehen, dass wir auf der Suche sind. Oder als wir einmal, um unsere Strassenkarte zu studieren, mit einem Mietwagen am Strassenrand stehen, macht uns ein Fussgänger von sich aus darauf aufmerksam, dass wir gerade auf der falschen Strassenseite stehen (hier herrscht Linksverkehr wie in England) und bei der Weiterfahrt aufpassen sollen.

Obwohl die Strassen gerade in und um Bridgetown sehr überlastet sind, ist Autofahren hier ein Vergnügen. Es wird sehr ruhig und zuvorkommend gefahren. Man hat Zeit und schaut füreinander. Wenn man das Auto mal nicht ganz regelkonform parkiert hat, wird man sofort darauf aufmerksam gemacht mit dem freundlich gemeinten Hinweis, dass die Polizei hier sehr streng sei. Es wird generell grosszügig Rücksicht genommen aufeinander. Diese Rücksichtnahme aufeinander stellen wir in vielen Lebenssituationen fest und wir haben ein sehr positives Bild von den Bajanern, den Einwohnern hier, erhalten.

Im Laufe der Zeit haben wir doch die eine oder andere Strandbar in unserer Nähe entdeckt, welche öffentlich zugänglich ist…
… und wo wir zur Abwechslung mal auf Festland einen Sundowner geniessen können. Sehr positiv: es hat keine lästigen Mücken, auch am Abend nicht

Während der Küstenbereich im Westen und Süden sehr dicht überbaut und bevölkert ist, gibt es im Osten und im Zentrum der Insel Landwirtschaft und viel urwaldähnliche Vegetation.

Kultiviertes Land im nördlichen Bereich von Barbados …
… und Urwald in den Bergen

Es gibt in diesem Urwaldgebiet mehrere «Parks». Hier werden die All Inclusive Touristen und Kreuzfahrtschiff-Passagiere «busweise hingekarrt» und im Schnellverfahren durch den ihnen unbekannten Urwald geschleust. Eine einstündige Rundwanderung ist für 30 USD p.P. zu haben. Für das Lohnniveau eines einheimischen Angestellten ein kaum erschwingliches Erlebnis. Uns sind auch die verhältnismässig hohen Kosten für Lebensmittel im Supermarkt aufgefallen, und wir fragen uns echt, wie das die einfache Bevölkerung hier bezahlen kann

Barbados ist übrigens nicht vulkanisch, wie man erwarten könnte, sondern ist durch Erdverwerfungen aus dem Meer gehoben worden. Der Untergrund besteht hauptsächlich aus Karst-, Sediment- und Kalkgestein. Das reichlich vorhandene Regenwasser versickert leicht darin und sorgt als Grundwasser für eine gute Trinkwasserversorgung. Auf dem Weg durch den Boden spült sich das Wasser oftmals Kavernen und Höhlen frei. Einige davon sind in den letzten Jahren entdeckt und touristisch zugänglich gemacht. Hier besuchen wir das bekannteste Höhlensystem der Insel: den Harrison’s Cave
Das Wasser braucht 1 Jahr von der Oberfläche bis zum Höhlensystem. In 100 Jahren wachsen die Stalagmiten (unten) und Stalaktiten (oben) um knappe 2 Zentimeter. Die Stalagmiten im Bild sind rund 2-3 Meter hoch
Die singende Führerin will unbedingt ein Bild von dem «verliebten Pärchen» machen…….😊😊
Auch immer wieder angetroffen unterwegs: wer ein anderes Auto braucht – hier sicher ein super-sonder günstiges Angebot

Heute Montag haben wir uns bei den Behörden von Barbados abgemeldet (in der Fachsprache: wir haben ausklariert), lichten den Anker und fahren am späten Nachmittag los in Richtung Saint Lucia, wo wir am Dienstagvormittag nach einer hoffentlich gemütlichen Nachtfahrt in der Rodney Bay ankommen sollten. Hier in Barbados haben wir uns absolut sicher gefühlt und wir haben auch nie von Diebstählen und Überfällen auf Yachten gelesen. Dies wird sich nun vermutlich ändern. Laut Internet und einschlägiger Fachliteratur gibt es gerade auf den nächsten Inseln, die wir anfahren werden, eine sehr hohe Rate an krimineller Aktivität. Das heisst für uns dann: immer alles unter Verschluss halten. Schade eigentlich!


Köbi bereitet sich auf’s Eidgenössische Turnfest in Aarau vor: hier beim Moosgummilauftraining, das ihm von Strihn aufgetragen wurde 😊

Bericht in der Aargauer Zeitung vom 2.3.2019

Um den Text besser lesen zu können, Bild einfach vergrössern. Wie geht das? Einfach „ctrl“-Taste gedrückt halten und das Rad an der Maus drehen.
Viel Spass beim Lesen.

AZ Schweiz am Wochenende vom 2.3.2019

Artikel Link:
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/fricktal/meer-nichts-als-meer-fricktaler-weltumsegler-haben-den-atlantik-ueberquert-134151747?utm_source=shared-email&utm_medium=shared&utm_campaign=Social%20Media

Von Wind und Wellen über den Atlantik getragen

13.02.2019

Starttag Mittwoch

Bevor wir loslegen wollen wir mit unsere Entsalzungsanlage noch Wasser machen und den Tank füllen. Für den Strombedarf des Wassermachers brauchen wir den Generator. Der Start ist gut, aber nach einer knappen halben Stunde steigt der Generator unvermittelt aus und zeigt denselben Fehler an, den wir in Mindelo reparieren liessen. Grrr – unsere Moral ist am Tiefpunkt. Ohne Generator wollen wir nicht über den Atlantik. Zurück nach Mindelo? 130 SM gegen den Wind? Nein, machen wir nicht! Alles Fluchen und Schimpfen über die lausigen Mechaniker nützt nichts. Köbi darf/muss in den Motorraum! Es hilft, dass er den Mechanikern gut zugeschaut hat, und er kann die Kondensatoren selber ersetzen. Zum Glück haben wir welche in Reserve gekauft und Köbi hat auch deren Montage verbessert, so dass sie nicht mehr so stark geschüttelt werden, wenn der Generator läuft. Nach zwei Stunden brummt der Generator wieder und der Wassermacher kann endlich seine Arbeit aufnehmen. Uff, wir sind total erleichtert! Wäsche wird noch gewaschen, das Dinghi sauber geschrubbt und nach dem Trocknen zusammengefaltet in das Vorschiff verstaut. Die Homepage erhält ihr neustes Update (die letzte Datenmenge auf der Kapverdischen SIM Karte hat gerade noch gereicht dafür). Die letzte Abkühlung im Wasser (wir wollen ja die Atlantiküberquerung frisch und sauber beginnen) nutzen wir noch, um das Unterschiff von kleinen Muscheln und Bewuchs zu befreien. Kurz vor der Abfahrt dann essen wir noch eine kräftige, warme Mahlzeit.

Genau wie vorgenommen um 17:00 Uhr hiessen wir den Anker und stechen geradewegs Richtung Barbados in See. Zuerst mit kräftigem Wind wegen der Inselumlenkung. Weiter von der Küste weg, nach dem Eindunkeln, lässt der Wind etwas nach, wir können die Segel wieder ausreffen und segeln gemütlich mit 6,5 Knoten Fahrt in die Nach hinein. Bei einer Atlantiküberquerung in Ost- West-Richtung, also auf der Passatroute, wird man von Wind, Wellen und Strömung in die Karibik geblasen und getrieben. Da die Temperaturen von Luft und Meer in diesem Bereich warm sind, wird dieses Route auch «Barfussroute» genannt.

Bei schönem Wetter und hier noch flachen Wellen geht’s los Richtung Westen. Je weiter westwärts wir kommen, umso wärmer werden Wasser und Luft. In Barbados warten 26 Grad warmes Wasser und 27 Grad warme Luft auf uns

1. Tag Donnerstag

Der Nachtschichtwechsel ist diesmal erst um 01:30 Uhr. Köbi war sehr müde. Da Pia noch fit war, liess sie ihn etwas länger schlafen. Klare Nacht, ruhige Fahrt. Im Laufe des Mittags bewölkt sich der Himmel und mit dem Sonnenuntergang schwimmt eine ganze Delfinschule (mehr als 30 Tiere) über eine halbe Stunde mit unserem Schiff in die zwischenzeitlich wieder aufgeklarte Nacht hinein.

Unser Etmal: (= zurückgelegte Distanz in 24 Stunden, also um 17 Uhr) 163 SM (Seemeilen)

Sonnenaufgänge erleben wir immer achtern (also hinten) …
… während Sonnenuntergänge immer von vorne zu bewundern sind

2. Tag Freitag

Der zunehmende Mond verdirbt etwas die Sicht in den sternenklaren Nachthimmel. Köbi lernt auch diese Nacht ein neues Sternenbild. Mit dem zunehmenden Wind werden die Wellen höher bis 3 Meter, welche die Lupina immer wieder ins Tanzen und Schleudern bringen. Unten im Schiffsbauch kracht und schlägt es kräftig, man könnte meinen, das Schiff zerschellt in den Wellen. Es fühlt sich so an, als ob ein Bagger in eine Hauswand schlägt. Ein mulmiges Gefühl kommt auf. Aber wir wissen, Lupina ist ein sehr robustes Schiff und wird das alles aushalten können. Wir fallen 10 Grad ab um mehr vor den Wellen zu segeln, somit hört auch das Rollen und Schlingern in der aufgewühlten See auf. Am Abend ist der Wind nach wie vor stark (18-20 Knoten) und wir reffen für die Nacht die Segel etwas (Segelfläche verkleinern), damit die Fahrt für die Nacht ruhiger wird.

Unser Etmal: 194 SM

Anfänglich treffen wir auf eine Kreuzsee: Wellen von hinten und von der Seite. Wellen von hinten sind angenehm, schieben Lupina vehement Richtung Westen. Wellen von Norden hingegen krachen in unsere Seite und werfen das Boot immer wieder aus seiner idealen Bahn
Bald werden die Wellen gleichmässiger – darauf lässt sich prima surfen. Ab und zu werfen sie uns aber schon recht gehörig hin und her. Dann wird das sich an Bord Bewegen zu einer gefährlichen Angelegenheit

3. Tag Samstag

Die ersten beiden Nächte konnten wir nur bedingt schlafen, die Ohrenstöpsel haben uns dabei geholfen, die vielen verschiedenen Geräusche etwas ein zu dämmen. Aber der richtig tiefe Schlaf stellt sich erst jetzt ein. Die gerefften Segel und der andere Winkel zu den Wellen hat die Fahrt ruhiger gemacht. Das Vertrauen zum Schiff ist nun vollkommen da. Wir fühlen uns sehr wohl.

Wind, Wellen und Segelstellung sind unverändert. Auch heute Morgen liegen wieder fliegende Fische auf dem Boot. Diese währen gute Köder zum Angeln von Hochseefischen. Da Fische aber angeblich nur bei schwacher Fahrt (bis zirka 3 Knoten) anbeissen, müssten wir abbremsen. Wollen wir aber nicht. Also ab zurück ins Wasser mit unserer «Beute». Um die Mittagszeit kreuzt uns ein Schiff in einer Distanz von drei Meilen. Erst die zweite Schiffsbegegnung seit unserer Abfahrt.

Unser Etmal: 188 SM

Fliegende Fische, in unterschiedlicher Grösse, verwechseln immer wieder die Lupina als Landeplatz. Ab und zu knallen sie manchmal gegen die Scheibe, so wie man das von Vögeln auch kennt

4. Tag Sonntag

Der Wind bläst jetzt noch mehr von hinten, also von Ost-Nordost, aufs Schiff. Das heisst, wir setzen die Genua mit dem Spi-Baum auf die Gegenseite des Grosssegels und fahren somit einen «Schmetterling». Wir haben uns nun komplett an den Wellengang und das Schaukeln gewöhnt und nehmen diese Bewegungen gar nicht mehr wahr. Pia braucht meistens drei Tage bis ihr Körper soweit ist. Für diese Überfahrt wollte sie aber von Anfang an fit sein und hat die ersten drei Tage ein Medikament gegen Seekrankheit genommen. Das hat ihr geholfen, sich schon von Beginn an wohl zu fühlen. In der Nacht erleben wir seit vier Monaten wieder Regen. Die letzten Tropfen gab es auf La Gomera. Ganz fein rieselt es vom Himmel. Oh… es dürfte auch etwas mehr sein! Lupina ist komplett eingedeckt mit Saharasand und Salz. Eine tüchtige Schiffsdusche wäre sehr willkommen.

Unser Etmal: 179 SM

Schmetterling Besegelung auf der Lupina. Damit man diese Segelstellung sicher Segeln kann, braucht es eine stabile Windrichtung und einen guten Steuermann. Beides haben wir und wir können dieses Segelstellung den Rest der Fahrt beibehalten – es ist wie Vollgasfahrt auf der Autobahn!
Unterwegs treffen wir ab nun immer wieder auf diese gelben Flecken. Es sind Algen, die sich mit ihren Ranken zusammenhalten und solche kleinen Teppiche bilden. Es sieht fast aus wie grünes Moos, das auf dem Wasser schwimmt

5. Tag Montag

Ein schöner Sonnenaufgang begrüsst uns in den neuen Tag. Seit wir auf dem Atlantik sind, ist unser Tagesablauf immer gleich. Er ist eigentlich nicht wesentlich unterschiedlich wie an Land, jedoch benötigen wir für alles viel, viel länger. Das Schiff wird durch den Wellengang hin und her geschaukelt. Es fühlt sich an, als ob wir in einer Waschmaschine drinsitzen oder auf einer Achterbahn. Mit einer Hand müssen wir uns immer festhalten, wenn eine grosse Welle kommt brauchen wir sogar beide Hände, um nicht durchs Schiff geschleudert zu werden. Man stelle sich nun vor, man möchte Zwiebeln oder Gemüse kleinschneiden, Wasser auf dem Herd kochen und dieses dann auch noch in die Thermosflasche abfüllen – und all dies bei einer sich stets verändernden Schräglage von bis zu 30 Grad! Ganz einfache Dinge, wie zum Beispiel die Zahnpasta auf die Zahnbürste bringen, werden plötzlich zu einem Geschicklichkeitsspiel. Sich An- und Abziehen ist auch immer eine lustige Angelegenheit! Aber zum Glück haben wir Zeit – viel Zeit um alles langsam, geschickt und vor allem sicher angehen zu können.

Wir erleben eine wunderbare Vollmondnacht. Die weissen Schaumkronen auf den Wellen glitzern im Mondlicht. Wir sehen das weite Meer ringsum bis zum Horizont. Wir mitten drin auf dem Atlantik, über uns das Sternenzelt. Wir sind sehr glücklich, hier zu sein und die so kraftvolle, schöne Natur so nah und intensiv spüren zu dürfen.

Unser Etmal: 162 SM

Vollmond kurz vor Sonnenaufgang. Bevor in unserem Rücken die Sonne über den Meereshorizont steigt, verabschiedet sich das letzte Licht des Mondes auf den Wellen
Rund 12 Stunden später ein ähnlich phantastisches Schaubild. Diesmal ist es die Sonne, die mit ihren letzten Strahlen ein wunderbares Leuchten an den Horizont zaubert

6. Tag Dienstag

Heute Mittag um 12:00 Uhr (unsere Bord Uhr bleibt für die ganze Überfahrt auf Kapverden Zeit eingestellt) haben wir den Bergpreis bei 1’025 SM erreicht. Wir befinden uns somit mitten auf dem Atlantik. Ab jetzt ist die Distanz zu unserem Ziel näher, als die Distanz zurück auf die Kapverden. Glückseligkeit kommt auf. Barbados, wir kommen!

Die Temperaturen steigen nun täglich. Wir tragen nur noch Shorts und Shirts. Die Temperatur in der Nacht sinkt nicht mehr unter 23 Grad. Wind und Wellen sind uns immer noch treu und schieben uns kraftvoll dem Ziel entgegen.

Unser Etmal: 178 SM

Bevor wir die halbe Strecke durchsegelt haben, holt Pia die Kapverden Fahne ein. Die Barbados Fahne kommt aber erst bei Erreichen der Grenze in den Mast, um das Tuch zu schonen
Bergpreis-Menü von Pia unter erschwerten Bedingungen lecker zubereitet: Filet mit Gemüse (Dank Omnia – Erklärung folgt später)

7. Tag Mittwoch

Diese Nacht hatten wir flaches Wasser mit etwas weniger Wind. Genug aber für ein gemütliches Nachtsegeln bei 6 Knoten Fahrt, dafür weniger hohe Wellen und ein entsprechend tieferer Schlaf. Uns geht es physisch und moralisch sehr gut.

Was machen wir den ganzen Tag? Wellen und Wind beobachten, 2x Schiffskontrolle (morgens und abends), kochen, essen, lesen, schreiben und viiiiel schlafen. Mehr gibt es «leider» nicht zu tun. Pia fällt das schon etwas schwer. Nur sitzen oder liegen ist ihr fast zu wenig. Der Auslauf auf der Lupina ist eingeschränkt. Solange wir hohe Wellen haben, gehen wir aus Sicherheitsgründen nicht grundlos aus dem Cockpit raus, ausser mit der Schwimmweste und eingepiekt an der Rettungsleine, um die tägliche Schiffskontrolle vorzunehmen.

Unser Etmal: 152 SM

Pia beim Putzen der Fensterscheiben – es geht nichts über eine klare Weitsicht (Motto von Köbi 🙂 )
Köbi bei der Schiffskontrolle. Alle Leinen müssen auf ihre Spannung kontrolliert und meist etwas nachgezogen werden. Dadurch lässt sich Verschleiss minimieren oder gar verhindern. Bisher ist alles in einwandfreiem Zustand. Auch sich lösende Schäkel (Eisenbügel, an denen die Leinen fixiert sind), entdecken wir, bevor sie ihre Funktion verlieren und können sie rechtzeitig wieder anziehen
Pia liest unterwegs sehr viel …
… während Köbi Schiffs- und Positionsdaten regelmässig im Journal festhält
Wir schlafen nicht nach einem bestimmten Zeitplan, sondern einfach gerade dann, wenn wir uns müde fühlen. Rechts auf dem Bild das sogenannte „Leebett“. Durch das hochgespannte Segeltuch ist man vor dem Herausrollen geschützt – hier schlafen wir in der Nacht
Köbi’s Lektüre dreht sich hauptsächlich um Erlebnisberichte von berühmten Seglern

8. Tag Donnerstag

Der Himmel ist vollkommen bedeckt. Der Wind hat noch etwas mehr nachgelassen. Wenn es auch nur ein halber Knoten weniger Fahrt ist, verkürzt sich das Etmal doch um viele Seemeilen. Macht nichts, wir sind immer noch zügig unterwegs.

Überall hat es viele dicke Regenwolken. Böige Winde künden den Regenfall an. Rings um uns strömt es aus den schwarzen Wolken. Wir mittendrin bleiben leider verschont. Lupina will einfach nicht geduscht werden 😊

Bis zum Abend klart der Himmel auf. Der abnehmende Mond geht nun jeden Abend eine Stunde später in unserem Rücken auf. Somit erleben wir bei Nachteinbruch einen dunklen Nachthimmel. Der Übergang vom Himmel zum Meer ist fast schwarz und kaum auszumachen. Am Himmel sind Millionen von Sternen zu sehen. Keine einzige Lichtverschmutzung stört dieses wunderbare Bild. Um 23:12 steigt der Mond als eine rote Kugel aus der Dunkelheit auf. Und kurze Zeit später beleuchtet er das ganze Meer bis zum Horizont. Wir fühlen uns sehr geborgen in diesem Universum

Unser Etmal: 167 SM

Beim Durchzug eines «Squalls» (heftiger Regenschauer) geht Köbi aus Sicherheitsgründen selber ans Ruder. Manchmal gibt es kurzzeitige, starke Richtungsänderung des Windes und er könnte rasch eingreifen, falls der Autopilot die Kontrolle verlieren würde (was aber praktisch nie passiert)

9. Tag Freitag

Nachdem Köbi die Schicht um 01:30 übernommen hat, ziehen Wolken von überall her auf. Der Wind frischt auf und lässt die Lupina sehr zügig über die noch flachen Wellen gleiten. Gerade bevor wir frühstücken wollen, lässt dann eine dicke, schwarze Wolke den Regen auf Lupina prasseln. Wir montieren in 2 Minuten unsere Kuchenbude (Vorzelt) damit wir beim Regen im Cockpit im Trockenen gemütlich Frühstücken können. Auf den meisten Schiffen gibt es kein Vorzelt, wir sind aber sehr froh, dass die Lupina ein solches hat und möchten diesen «Luxus» nicht missen. Das Cockpit ist der Platz, wo wir uns am meisten aufhalten und am liebsten sind. Mit diesem Regen wird Lupina nun tüchtig geduscht und sieht danach ordentlich sauberer aus!!

Unser Etmal: 172 SM

Pia geschützt vor Wind und Regen durch unsere Kuchenbude (warum das Ding so heisst, haben wir bisher noch nicht herausgefunden. Mit einer Bude könnten wir es noch in Zusammenhang bringen, aber mit einem Kuchen hat sie nun absolut nichts zu tun 😉

10. Tag Samstag

Während der Nachtschicht von Köbi setzt sich ein schwalbenartiger Vogel auf eine unserer Antennen. Er macht mit Gurren und Pfeiflauten auf sich aufmerksam, bis er gesehen wird (wollte wohl «guten Tag» sagen) und reitet dann bis kurz vor Tagesanbruch auf unserer Lupina mit. Nach seinem Abflug flattert er noch zweimal ums Boot, um uns auf Wiedersehen zu sagen, erwischt dann die falsche Kurve und direkt in den Windgenerator. Der Letztere hat’s überstanden, der Vogel leider nicht: Flügel gebrochen – das Todesurteil für den Meeresvogel, schade ☹

Nach einer sternenklaren Nacht fahren wir heute in einen sonnenklaren Tag hinein. Pia nutzt die Gelegenheit und bäckt ein feines Brot.

Unser Etmal: 154 SM

Frisches Brot im Omnia. Dank dem Tipp von Silke (SY Karl) haben wir nun auch so ein super Teil. Es ist ein Ersatz für den Backofen und wird einfach auf die Gasflamme gestellt

11. Tag Sonntag

Endlich sehen wir wieder einmal ein Schiff auf dem AIS System. Es ist ein Segelschiff, nur 12 Seemeilen voraus!! Der Jagd Instinkt von Lupina ist geweckt. Fünf Stunden später, gerade nach Sonnenaufgang, zieht unsere kleine Wölfin mit vollen Segeln stolz vorbei. Per Funk wünschen wir der ODA II einen guten Morgen.

Beim Frühstück Bereitstellen ist eine kleine Havarie passiert. Die Müeslimischung sollte ins Schüsseli gekippt werden. Vorgängig wird natürlich alles bestens eingeklemmt, auch Pia fixiert sich zwischen Herd und Rückwand. Gerade hat sie eine Hand losgelassen, da stösst eine kräftige Welle Lupina von der einen Seite auf die andere und lässt sie gleichzeitig nach vorne schnellen. Pia fliegt samt Haferflockenpäckli (war noch ganz voll) quer durch den Salon. Da liegt sie am Boden, übersäht mit Haferflocken. Ihr ist zum grossen Glück nichts passiert, einfach nur einen blauen Fleck mehr!! Und natürlich eine Menge Arbeit, alles aufzuwischen. (Köbi meint: «schade habe ich kein Foto gemacht!»)

Unser Etmal: 185 SM

Pia beim kontrollierten Müesli einstreuen. Der kardanisch aufgehängte Herd ist eine grosse Hilfe, da er sich den Wellen anpasst und seine Oberfläche immer horizontal bleibt

12. Tag Montag

Kurz nach Mitternacht meldet unser AIS System, dass wieder ein Segelschiff ein paar Meilen vor uns liegt. Auch dieses wird noch kurz vor dem Ziel von Lupina übersprintet und stehen gelassen. Zwischendurch immer wieder die «Squalls»: schwarze, wassergetränkte Wolken, welche sich sintflutartige über dem Meer entleeren. Diese Nacht und am Morgen werden wir mindestens von 5 erwischt. Lupina ist nun definitiv sauber gewaschen. Und dann, kurz nach dem Morgengrauen, heisst es:

Laaaaand in Siiiiicht!!!

Mit jubelndem Herzen und fast ehrfürchtig, den grossen Törn geschafft zu haben, umrunden wir die Südspitze von Barbados und segeln der Westküste entlang nördlich nach Bridgetown zum Einklarieren und dann zum Ankern. Um 10 Uhr lokale Zeit legen wir im grossen Hafen am Customs Dock an. Diese Anlegestelle ist ein fürchterliches Ding! Der Anleger ist ausgelegt für grosse Kreuzfahrtschiffe, aber für kleine Segelschiffe sind die Poller und die Anpralldämpfer viel zu weit auseinander. Da Pia an Bord bleiben muss, bis die Einklarierung abgeschlossen ist, nehmen wir es für kurze Zeit in Kauf. Wir haben unser Ziel nach genau 11 Tagen und 20 Stunden erreicht.

Wir sind überwältigt, wie 96 m2 Segelfläche Dank dem Wind ein 13 Tonnen schweres Schiff scheinbar mühelos durch die Wellen über den Atlantik von 2’050 Seemeilen (knapp 3’800 KM) schieben können. Ein sicherer und guter Autopilot (automatische Steuerung) übernimmt das Ruder und wir Segler können uns ruhig zurücklehnen und einfach nur geniessen.

Wir sind sehr dankbar, dass wir eine so sorgenlose Überfahrt erleben durften. Alles hat perfekt gepasst. Wind und Wetter, unsere körperliche Verfassung und gute Stimmung haben dazu beigetragen, dass wir um ein sehr schönes Erlebnis in unserem Leben reicher geworden sind. Auch unserer Lupina scheint es gefallen zu haben, über den Atlantik zu rauschen: kein einziges Problem, keine einzige Reparatur, die auf unsere Pendenzenliste gekommen ist. Einfach traumhaft!

Unser Etmal: gibt es nicht mehr, wir sind angekommen bevor wieder 24 Stunden rum waren

Wir überqueren kurz nach Sonnenaufgang das Hoheitsgebiet von Barbados. Zu Ehren des Gastlandes wird die Flagge von Barbados gesetzt. Darunter, wie es das Gesetz verlang, die gelbe «Q» (Quarantäne) Flagge, die gesetzt bleiben muss, bis Schiff und Crew ordnungsmässig einklariert sind
Und dann endlich: Land in Sicht!!

Eckdaten unserer Atlantiküberquerung:

  • Distanz: 2’050 Seemeilen (Fogo – Barbados)
  • Fahrzeit: 11 Tage 20 Stunden
  • Anteil Segel: 99.5% / Anteil Motor: 0.5% (nur zum Auslaufen und zur Hafeneinfahrt)
  • Anteil Autopilot: 99% / Anteil Handsteuerung 1%
  • Ungewollte Halse (Patenthalse): 1x (allerdings gerefft und von Bullentaille gesichert)
  • Defekte: 0
  • Verluste: 1 elastischer Band (das eine Leine vom Scheuern schützte)
  • Gefangene Fische: aktiv 0 – / selber bei uns gelandet: viele!!
  • Nun haben wir seit unserem Start in Brighton 1/6 der Erde umrundet
  • Unsere Empfindung: Stolz, es geschafft zu haben – aber fast auch etwas wehmütig, dass dieses grossartige Abenteuer einer Atlantiküberquerung schon vorbei ist
Unsere verspeiste Lektüre

Fogo – die Feuerinsel

Die etwas mehr als 120 Seemeilen nach Fogo ganz im Süden der Kapverden starten wir am Samstag Nachmittag, 9.2.2019, kurz nach 16 Uhr, so dass wir gemäss unserem Plan am Sonntag kurz nach Mittag ankommen. Die Törnplanung geht einmal mehr perfekt auf, obwohl der Wind nicht ganz so konstant bläst, wie angesagt. Einmal sind wir etwas langsamer, aber vor allem in der 2. Hälfte der Strecke eher schneller als erwartet. Pia hat wie immer die erste Hälfte der Nacht Wache geschoben, Köbi in der zweiten. So wie wir das immer machen und bisher sehr gut gefahren sind damit. Lupina pflügt mit durchschnittlich 6.5 Knoten durch die Weite des offenen Atlantiks. Der Ozean ist jetzt mehrere tausend Meter tief, kein Schiff kreuzt unseren Kurs, der Mond geht schon früh unter und überlässt uns die Sterne am dunklen Nachthimmel.

Um die Mittagszeit pellt sich Fogo aus dem Dunst, eine Insel wie ein Vulkan, fast 3’000 Meter hoch. Der Pico do Fogo, ein aktiver Vulkan, ist die höchste Erhebung der Kapverden, der Vulkankegel Ziel der meisten Inselausflüge. Die Küsten der Insel stürzen steil und tief ins Meer, nur auf der Westseite gibt es hinter einer Hafenmole einen geschützten Ankerplatz. Bei der Anfahrt ist der Wind mit 10 Knoten noch sanft. Bei der Ansteuerung pfeift er aber mit bis zu 25 Knoten aus Nordosten um die eindrucksvolle Inselküste und lässt die Wellen nochmal anschwellen. Kaum hinter der Hafenmole des Fährhafens von Vale de Cavaleiros angelegt, sind auch die Wellen verschwunden. Hier gibt es auf der inneren Hafenseite einen kleinen Sandstand. Direkt davor setzen wir unseren Anker.

Ponta de Vale de Cavaleiros: wir sind nebst einer kleinen Motoryacht, die an einer Boje befestigt ist, die Einzigen vor Anker
Bei unserer Ankunft fährt dieses Fischerboot (wir zählen 12 Leute darauf) gerade am Rausfahren
Wir mieten für 2 Tage ein Auto und erkunden die Insel. Ein teurer Spass hier: 75 Euro pro Tag! Aber, wir wollen ja etwas sehen von der Insel 😊 In Mosteiros (im Nordosten von Fogo, sehen wir diese Fischer, die gerade rein gekommen sind mit ihrem Boot. Fische hat es in diesen Gewässern offenbar noch viele. Der Fang wird gerade ab Schiff verkauft. Ganz links oben liegen Moränen auf dem Heck des Nachbarschiffes. Die sind bereits für einen Kunden reserviert
Ganz wenige Segler steuern Fogo an. Für die Karibik bedeutet es einen Umweg, und zudem gibt es fast keine Ankermöglichkeiten. Aber Fogo hat uns angelockt. Womit??
Mit dem da: Pico do Fogo, 2’829 Meter hoch. Im Vordergrund der noch aktive Vulkan Pico Pequeno, der letztmals 2014 ausgebrochen ist
Das Resultat des Ausbruches vom November 2014: 2 Dörfer wurden von der ausfliessenden Lava übergossen. Zum Glück wurden die Bewohner rechtzeitig evakuiert und es gab keine Menschenopfer. Von einigen stabilen Häusern, die nicht in eingedrückt wurden, sieht man noch die weissen Dächer
Diese Familie hatte Glück mit ihrem Stall: die Lava floss dicht daran vorbei
Verschüttetes Haus (nur noch das weisse Dach ist sichtbar) und Neubauten gleich daneben. Durch Sammlungen uns internationale Spenden konnten die Leute hier wieder angesiedelt werden
Man fragt sich, was die Leute hier zum Leben haben. Die Antwort ist Landwirtschaft und Tourismus! Die Erde aus Vulkanasche ist sehr Mineralienreich. Es gibt viele Rebenkulturen im feinen Vulkansand. Und die aktiven Vulkane locken viele Touristen an, die in geführten Wanderungen zu den verschiedenen Vulkankegeln gebracht werden
Bizarre Bilder! Hier ist die Lava durch ein Fenster durch das Haus hindurch auf die Veranda geflossen
Fogo – die Insel der Strassen: im Gegensatz zu anderen Inseln sind die Siedlungen sehr verteilt. Es scheint fast, jeder Bauer hat sein Haus im freien Feld gebaut. Entsprechend gibt es sehr viele Pfade und Strassen. Die Strassen sind mehrheitlich gepflästert. Dies hier ist die Hauptstrasse, welche rings um die Insel führt …
… und diese ist eine Nebenstrasse am Südhang von Fogo. Das verdorrte Gras verleiht der Strasse einen goldenen Rand
Wanderung im Gebiet Monte Velha: an der Nordflanke des Pico do Fogo wurden in den 1940er-Jahren in grossem Umfang Akazien, Zypressen, Kiefern und Eukalyptus gepflanzt. Auch dieser Saumpfad ist gepflästert
Und so wird es gemacht. Die Steine werden von Hand zugehauen und durch eine grosses Schar Handwerker verlegt. Hier wird die vom letzten Vulkanausbruch verschüttete Strasse neu gebaut

Fazit zu unserer Zeit auf den Kapverden:
Die archaischen Landschaften, die gemütlichen Orte, die entspannten Menschen, der immer vorhandene Wind und das stets warme Klima stellen ideale Voraussetzungen für einen exotisches Segeln dar. Die fehlenden Häfen, die bisweilen prekären Ankerplatz-Situationen, mit heftigen Düsen- und Fallwinden sowie die weiten Entfernungen zwischen den Inselgruppen können das Revier aber zu einer echten Herausforderung werden lassen. Uns hat es gefallen! Wir haben wieder viel gelernt und würden es allen empfehlen, ob Segler, Wanderer oder Strandgeniesser, dieses Archipel zu besuchen.

Viele Leser fragen uns: «Was! seid ihr immer noch nicht drüben?» Tatsächlich hatten wir ursprünglich geplant, von Lissabon via Gran Canaria in die Karibik zu segeln. Aber je näher wir uns mit der Karte und dem Fahrtenweg auseinander gesetzt haben, umso mehr haben wir uns entschieden, möglichst viele Inseln, die auf diesem Wege liegen, anzulanden. Und somit gab es eine spontane Planänderung. Unser Motto «wir sind ja nicht auf der Flucht!» bestätigte sich. Es hat sich gelohnt, uns Zeit zu nehmen und all die schönen Inseln mit den wunderbaren Menschen zu besuchen. Zeit ist etwas das wir haben – also nutzen wir sie! 😊

Am Letzten Tag vor Anker werden wir so geweckt. Wir reiben unsere Augen. Tatsächlich ein schwimmendes Pferd! Ein gutes Omen für unseren Törn 😊
Pferd und Reiter umrunden unser Boot und schwimmen dann wieder an Land zurück

Aber nun sind wir bereit für den «grossen Schlag». 2’050 Seemeilen liegen vor uns. Heute am späten Nachmittag, Mittwoch den 13. Februar, heben wir den Anker und steuern unser nächstes Ziel Barbados an. In 12 bis 15 Tagen sollten wir es geschafft haben. Dann könnt ihr wieder von uns lesen!!!!

Wir sind dann mal unterwegs – bis später in Barbados

Letzte Vorbereitungen in São Vicente (Mindelo) und Ausflug nach Santo Antão

10-15 Knoten Wind aus Osten sind angesagt. Unser Kurs von São Nicolau führt nach Nordwest. Wäre also ein perfekter Wind von schräg hinten. Aber diesmal ist die Wetteransage sehr ungenau. Der Wind kommt fast aus Norden, und mit 20-25 Knoten. Aus der gemütlichen Überfahrt wird also nichts. Die Lupina muss sich die Seemeilen erkämpfen mit viel Schräglage und Stampfen in den Wellen. Aber sie macht es sehr gut und eilt mit fast 8 Knoten Fahrt schnurgerade in Richtung Mindelo. Bereits um 17 Uhr haben wir angelegt und können den Anlegerdrink in der Marina geniessen.

Der Naturhafen von Mindelo ist eigentlich ein eingefallener Vulkankrater, der gegen Norden offen ist. Es ist der Haupthafen der Kapverdischen Inseln. Entsprechend legen hier auch die grossen Frachter und Tanker an. Auf der ganzen Insel São Vicente leben rund 75’000 Einwohner, fast 70’000 in Mindelo
Die Marina von Mindelo, Basis für viele Segler, die den Atlantik überqueren wollen. Sehr freundliches, hilfreiches Personal und besonders für Köbi wichtig: Internet Bar (Bild) direkt in der Marina 😊
Marina Mindelo: zu dieser Jahreszeit viel Platz, nur wenige Schiffe sind da, die meisten sind schon über den Atlantik losgesegelt

Wir sind mit einer kleinen, aber wichtigen Pendenzenliste nach Mindelo gekommen: unser Generator, der beim ersten Gebrauch nach El Hierro mit einem Spannugsfehler ausgestiegen ist, soll hier repariert werden. Auch der Aussenborder braucht nach dem Taucher vor São Nicolau im Meerwasser einen Service. Es gibt eine Vertretung hier. «Gut!», dachten wir. Per E-Mail eine Woche vorher unser Problem mit dem Generator geschildert und unser Ankommen angekündigt bei Kai, dem Inhaber der Werkstatt. «Kein Problem – einfach kommen!» war die schnelle Rückantwort. Die Realität sieht dann anders aus: wir sind am Samstag früh in der Werkstatt. Kai ist nicht da, kommt erst am Montag wieder ins Büro. Kein Problem, wir haben ja nicht erwartet, dass der Generator am Samstag repariert wird. Einfach eine Arbeitsplanung hätten wir gerne gehabt. Wir entscheiden uns, für den Sonntag ein Auto zu mieten und auf eigene Faust die Insel zu erkunden.

Unser erstes Ziel, der höchste Berg der Insel: Monte Verde, 774m. Der Berggipfel ist überstellt mit Satellitenschüsseln und Funkantennen. Das Meiste ist eingezäunt und vom Militär bewacht. Wir fragen freundlich, ob wir auf den Gipfel dürfen. Kurze Diskussion unter den Militaristen, dann wird genickt und unter Begleitung eines 20 jährigen Soldaten dürfen wir ganz nach oben
Ganz oben auf dem Monte Verde werden wir mit einer schönen Aussicht auf Mindelo belohnt …
… einem freien Blick gegen Süden mit den vorgelagerten unbewohnten Inseln …
… und gegen Westen über die steinige Einöde
Tourismus gibt es ausserhalb Mindelo praktisch nicht. Es hat zwar einige tolle Strände, aber die werden nur spärlich genutzt

Am Montag morgen ist Kai auch nicht da. Er sitzt in der Marina-Bar beim Kaffee. Köbi spricht ihn auf das Mail und den Auftrag an. Ach ja, da war doch was! So vage mag er sich erinnern. Er verspricht, dass am Nachmittag jemand vorbei kommt. Das von mir geschilderte Problem sei ihm völlig unbekannt. Ups – nicht die Antwort, die wir gerne gehabt hätten. Am späten Nachmittag dann klopft es am Schiff und zwei Angestellte stehen da. Sie lassen sich von mir das Problem schildern, nehmen die Betriebsanleitung mit. Keine Messungen, keine eigenen Untersuchungen, einfach nichts. Zumindest gibt es eine Zeitansage: am nächsten Tag wollen sie wieder kommen. Köbi’s Vertrauen in die Kompetenz der Firma ist unter dem Nullpunkt. Er durchforscht das Internet nach Informationen und Troubleshooting, wird auch schnell fündig. Es gibt ganze Fehlersuchbäume für unser Problem. Vermutlich ist ein oder beide Kondensatoren ausgefallen. Am nächsten Nachmittag kommt eine neue Crew der Firma – da sie Werkzeug dabei haben steigt unsere Stimmung. Mit einer Mischung aus Portugiesisch und Englisch können wir uns mit ihnen verständigen.

Köbi bespricht mit «Dee» das Problem, schildert den Verdacht, dass es die Kondensatoren sein könnten. Endlich ein kompetenter Mann, der etwas vom Elektrischen versteht
Dann geht es an die Strombox des Generators. Der Zugang ist eng, aber die Kondensatoren sind schnell ausgebaut. Der eine von unten …
… der lange Dünne von oben – gemeinsam wird gearbeitet und innerhalb weniger als einer Stunde läuft der Generator wieder einwandfrei. Unsere Befürchtungen, dass Ersatzteile aus Europa bestellt werden müssen mit entsprechend langen Lieferfristen sind zum Glück nun gegenstandslos. Freude herrscht 🙂

Es war tatsächlich einer der Kondensatoren ausgefallen. Zu unserem Erstaunen hat die Firma sogar Ersatz im Workshop. Wir verbauen zwar die Ersatzkondensatoren, die wir noch in England beschafft haben, und legen aber wieder zwei Neue an Lager. Da auch der Aussenborder am selben Tag überholt wieder an Bord geliefert wird, ist unsere Pendenzenliste schlussendlich schneller als erwartet erledigt. Wir entschliessen uns, mit der Fähre nach Santo Antão zu fahren. Diese Insel, zirka 9 Seemeilen nördlich von Mindelo gelegen, wird als sehr gebirgig beschrieben. Da es infolge der meist sehr steil abfallenden Uferzonen fast keine sicheren Ankerplätze gibt, lassen wir unsere Lupina in der sicheren Marina von Mindeo.

In Porto Novo, dem Haupthafen von Santo Antão angekommen, mieten wir uns für 20 Franken ein «Aluguer» (Taxi) und lassen uns auf einen Berggipfel der Insel fahren, den Cova do Paul, 1170m
Cova do Paul: ein fast kreisrunder Einsturzkrater mit schroff gezacktem Kraterrand und flacher Caldera von fast 1 Kilometer Durchmesser, die Dank ihrem sehr fruchtbaren Boden intensiv bewirtschaftet wird. Hier schnüren wir unsere Wanderschuhe, umkreisen den Krater bis zum Nordrand und steigen dann ins Tal Ribeira do Paul. Gut ersichtlich auf dem Bild die Nebelschwaden, die fast immer an den nördlichen Bergflanken hängen bleiben und vom Wind über den Kraterrand gedrückt werden
Santo Antão, eine Insel, die scheinbar nur aus Bergen besteht. Entweder geht es steil rauf, oder steil runter. Hier geht es steil vom nördlichen Kraterrand zuerst durch eine dicke Nebelschicht bergab. Bevor es Strassen gab, waren dies die einzigen Verbindungspfade über die Berge, auf denen die Bergbauern mit ihren Eseln und Maultieren ihre Produkte zum Hafen bringen konnten
Unter der Nebelschicht eröffnet sich ein grünes Schlaraffenland
Jede einigermassen flache Stelle, und sei sie noch so klein, wird angepflanzt mit Gemüse oder vor allem Zuckerrohr (oben im Bild). Zuckerrohranbau ist die Haupterwerbsquelle für die Bauern auf Santo Antão. Aus Zuckerrohr wird der berühmte «Grogue» – der beste Zuckerrohrschnapps des Archipels – wie man sagt, gebrannt. Ein leckeres aber wegen seiner Prozente ein gefährliches Gesöff 😊
Blick auf einen Bauernhof mit dem typischen Blätterdach und dem Wasserreservoir (rechts in der Bildmitte). Auf dieser Insel treffen wir zum ersten Mal seit Madeira wieder fliessendes Wasser in den Bergflüssen an. Die Berge sind hier mit deutlich über 1000 Meter Höhe so hoch, dass sie dem konstant blasenden Passatwind im Norden dauernd Feuchtigkeit entlocken können. Hier wächst fast alles, was angepflanzt wird. Und es ist wunderbar grün
Entlang des Abstieges: Direktverkauf ab Bauernhof – das unterstützen wir gerne!
Wir machen Rast und lassen uns Tee und selber kultivierten Kaffee anbieten. In der Open-Air Küche wird das Wasser dazu abgekocht
Im Gegensatz zu den Kanaren, wo die meisten derartigen Terrassen mehrheitlich nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden, wird hier wirklich noch intensive Landwirtschaft betrieben. Irgendwelche chemischen Dünger oder Pflanzenschutzmittel haben wir nirgends gesehen
Der Saumpfad führt uns mitten durch Gärten und Wohnsiedlungen der einheimischen Bevölkerung
Die Bevölkerung begegnet uns sehr freundlich und offen. Gebettelt wird hier nicht. Die Kinder kommen neugierig auf uns zu bestaunen uns komischen Wandervögel 😊
Irgendwelche landwirtschaftlichen Maschinen gibt es keine. Hier wird noch alles von Hand gemacht. Man fühlt sich um mehrere Jahrzehnte zurückversetzt
Und immer wieder: angepflanzte Terrassenfelder
Nach mehrstündigem, steilem Abstieg, durch das spektakuläre Ribeira do Paul Tal erreichen wir mit müden Beinen und schlotternden Knien bei Cidade das Pombas die Mündung ins Meer. Weil Pia heute ihren Geburtstag feiert, entscheiden wir spontan, die Nacht hier in einem Hotel zu verbringen und finden ein idyllisches B&B. Als die Frau an der Reception erfährt, dass Pia Geburtstag hat, offeriert sie spontan das Nachtessen auf Kosten des Hauses. Spätestens seit diesem Moment sind wir total verliebt in die Kapverden und begeistert von der Gastfreundschaft der Leute
Am nächsten Tag wollen wir eine Küstenwanderung im Nordwesten der Insel von Cruzinha nach Ponta do Sol machen. Normalerweise erwartet man bei einer Küstenwanderung eine relativ flache Strecke mit kurzweiligem Auf und Ab. Hier ist es ganz anders!! Flach gibt es fast nicht. Steil rauf und wieder steil runter. Wir haben es geahnt, wollen uns den spektakulären Saumpfad aber trotzdem antun – und werden auch belohnt für die Strapazen
Einfach eine unheimlich schöne Wanderung! Manchmal muss man sogar etwas schwindelfrei sein
Und wieder einmal steil bergan. Die Schulkinder machen das übrigens jeden Tag hin und zurück, bis zu 2 Stunden ein Weg zur nächsten Schule – keine Eltern die mit dem Auto fast ins Schulhaus hinein fahren 😉
Rast für die müden Beine vor spezieller Gesteinsformation
Die Saumpfade werden hier immer noch intensiv benutzt – und auch entsprechend gut unterhalten
Soeben noch führte uns der Weg auf der anderen Hangseite runter ins Seitental, um uns dann gleich wieder steil nach oben zu bringen auf der anderen Seite
Und ist der Hang noch so steil – immer findet sich ein flacher Platz, der als Gemeinschaftsplatz von allen genutzt wird. Hier haben Kinder ein Fussballtor gebastelt (der Hund daneben dient als Grössenvergleich)
Wie Schwalbennester kleben die Siedlungen an den steilsten Hängen. Wir fragen uns, wie sie das bautechnisch schaffen
Hier die Antwort: Handarbeit!! Die Frauen tragen das Baumaterial herbei, die Männer verarbeiten es und schichten Stein um Stein. Fertigbeton gibt es nicht. Von Hand wird Zement, Sand und Kies gemischt. Wasser wird in Kübeln von den Frauen herbeigetragen. Ein Gemeinschaftswerk von ganzen Familienclans oder sogar Dörfern
Wieder zurück in Mindelo machen wir Einkäufe für die Weiterreise. Wir haben immer wieder gelesen, man findet hier fast kein Gemüse und Frischware. Wir haben es ganz anders erlebt. Es gibt hier einen Gemüsemarkt mit einer für uns durchaus akzeptablen Auswahl
Und auch auf der Strasse wird frisches Gemüse gehandelt. Es macht richtig Freude, hier bei den Marktfrauen einzukaufen …
… und diese bedanken sich mit einem sympathischen und freudigen Lachen

Tiefkühler und Kühlschrank sind gefüllt und unser Boot ist bereit für die grosse Fahrt. Unsere Stimmung ist gut und wir freuen uns auf die Weiterfahrt, die wir für gestern Freitag geplant hatten. Ich schreibe in der Vergangenheit, weil wir momentan immer noch in Mindelo sind. Der Grund ist aber ein sehr schöner. Als wir gestern so mit der Schiffsbeladung beschäftigt waren, kam ein ehemaliger Marinamitarbeiter auf uns zu. „Peixe“ (so sein Name, heisst auf Portugiesisch Fisch) hat gemerkt, dass er selber geschäften kann, indem er nach den Schiffen schaut, die für längere Zeit ohne Crew hier bleiben sollen. Uns bot er eine Kontrolle des Unterwasserschiffes an. So kamen wir ins Gespräch. Um es kurz zu machen: wir änderten unseren Törnplan spontan und am Abend sassen wir bei ihm zu Hause und durften Einblick nehmen in das einheimische Leben. Ein wunderbares Erlebnis!

Bei Peixe (links im Bild) zu Hause. Hier wurden wir von seiner Familie (zwei Kinder, und eine Mutter – von der Frau lebt er, wie viele Kapverder, getrennt) sehr herzlich willkommen geheissen. Einfach aber sehr zweckmässig ausgestattet. Eine Wohnung hat meistens ein oder 1-2 Räume. Es hat immer ein Fernseher und Kühlschrank. Peixe hat sogar noch Tiefkühler und Waschmaschine
Heute gibt es „Cachupa“, ein sehr traditioneller Gemüseeintopf – sehr lecker, und nahrhaft,wie wir feststellen dürfen. Er wird aus dem, was auf der Insel wächst zubereitet und wahlweise mit Hühnerfleisch oder Schweinefleisch angereichert. Da es viel zum Zubereiten gibt, wird kurzerhand der Boden als Rüsttisch genommen, und es helfen alle mit beim Rüsten und Mischen
Bald ist alles im Topf, der nach alter Tradition über dem offenen Feuer heiss gemacht wird
Während unser Cachupa kocht (dauert etwa 2-3 Stunden) nutzt Köbi beim Nachbarn die Gelegenheit zu einem Haarschnitt
Zurück bei Peixe in der Wohnung beobachten wir die Kinder beim Spielen. Als Bettstatt dienen alte Paletten
Ein Kugelschreiber als Geschenk, und schon hat Köbi einen neuen Freund gewonnen, der ihm gleich eine Zeichnung macht damit
Und dann ist die Cachupa fertig. Jeder schöpft sich selber einen grossen Teller davon. Der Rest wandert nach dem Abkalten in den Kühlschrank und dient dann die nächsten Tage als schmackhafte Nahrung für die Familie und Freunde
Cachupa Essen ist auch immer ein sozialer Event, wo viele Freunde dazu eingeladen werden

Gesättigt und mit vielen positiven Eindrücken sind wir spätabends auf unsere Lupina zurück. Nun wollen wir heute Samstag definitiv weiter. Bevor es aber über den Atlantik geht, fahren wir noch nach Fogo, eine kleine Insel im Süden, die vor allem vulkanisch sehr spektakulär sein soll.

São Nicolau, die unscheinbare Insel – oder: Afrika mit einem Stiel dran

Nach einer reichhaltigen, warmen Mahlzeit heben wir den Anker am Freitag Abend um 18:00 Uhr vor Sonnenuntergang zur Weiterfahrt nach Sâo Nicolau. Wir möchten die Segel noch vor Dunkelheit setzen, um dann gemütlich die Nachtfahrt zu geniessen. Leider bringt uns der Wind für einmal nicht das, was angesagt war. So müssen wir die ersten vier Stunden unser eisernes Segel (= Motor) benutzen. Köbi gönnt sich während der ersten Nachtstunden seinen erholsamen Schlaf. Wie immer übernimmt er dann ab Mitternacht die Wache und Pia legt sich schlafen. Der Wind kommt auf und die Segel können endlich gesetzt werden. Obwohl geplant ist, dass wir jeweils nach sechs Stunden die Schicht wechseln, lässt Köbi Pia ein weiteres Mal bis acht Uhr schlafen. Sie ist dankbar und schätzt es, dass er ein ausgesprochener Nachtmensch ist 😊. Die Segel können wir bis zum Kurswechsel bei der Insel in gleicher Stellung belassen. Kurz nach Tagesanbruch erreichen wir das Südkap von São Nicolau und drehen von da nordwärts zu unserem Ziel Tarrafal.

Tarrafal, mit weit offener Ankerbucht

Das Ankermanöver in Tarrafal wird uns in Erinnerung bleiben. Als unser Anker auch beim zweiten Versuch nicht richtig halten will, nähert sich uns ein Französischer Segler mit seinem Dinghi; wir sollen weiter draussen in rund 10 Meter Tiefe ankern, weil der Grund dort besser sei. Auch warnt er uns vor heftigen Fallböen (bis 45 Knoten hat er gemessen). Dankbar für diesen Tipp machen wir uns daran, weiter raus zu fahren, als es uns plötzlich das Heck herum wirft und es zu quietschen beginnt. Ein Seil in der Schraube! Geistesgegenwärtig reisst Köbi den Ganghebel auf neutral, und verhindert so einen möglichen Schaden an der Welle. Anker runter, kurze Beratung, dann steht Köbi mit Schnorchel, Flossen und scharfem Messer bewaffnet am Heck und springt ins Wasser. 5 Minuten später ist er wieder an Bord. Eine Bojenleine, an der keine Boje mehr war, hatte sich um den Propeller gewickelt, konnte aber wieder abgedreht werden. Nun hängt eine leere Plastikflasche von uns dran und warnt so andere Schiffe vor der versteckten Gefahr. Kurz mit Frischwasser abgeduscht, dann wird weiter draussen zum dritten Mal Anker gesetzt. Diesmal hält er. Da in den nächsten Tagen der Wind zunimmt (und die Warnung des Französischen Seglers wegen den Fallböen im Hinterkopf) setzen wir einen 2. Anker und stecken jeweils 50 Meter Kette. Das hält 😊 und lässt uns gut schlafen.

Die Insel São Nicolau ist nicht sehr gross (346km2,, 13’000 Einwohner) und touristisch praktisch noch unbekannt. Hotels gibt es keine. Im Fischerhafen Tarrafal (3’700 Einwohner) und in der Hauptstadt Ribeira Brava (2’000 Einwohner) findet man in kleinen Pensionen einige wenige Gästezimmer. Dabei wäre São Nicolau mit seiner imposanten Bergwelt interessant für Wander- und Entdeckungsreisende und hat im Südwesten kilometerlange Strände. Diese Kombination gibt es auf keiner Insel. Im Süden dominiert trockenes, verbranntes Land das Bild. Die Wolken bleiben auf der Nordseite des Monte Gordo (mit 1’312m der höchste Berg) und an der umliegenden Bergkette hängen; deren nördliche Ausläufer sind grün und fruchtbar und hier gibt es auch reichlich Wasser. Auf São Nicolau findet noch Selbstversorgung und Tauschhandel statt. Am Strassenrand bieten die Bauern frisches Gemüse an. Alles ungekühlt und somit für uns länger haltbar auf dem Schiff. Für unseren Eindruck leben diese Bewohner noch bescheidener als auf den anderen Inseln, aber sie sind ebenso fröhlich und freundlich. Beim Vorbeigehen lächeln sie, man begrüsst sich mit einem «Bom diã» oder hebt den Daumen zum Gruss.

Jeden Morgen am Hafen in Tarrafal: die Leute strömen in Scharen zur Mole und holen sich zum Eigenverbrauch oder zum Weiterverkauf Fische direkt vom Fischerboot ab. Frischer geht nicht!
São Nicolau: die Insel sieht aus, wie Afrika (Kontur des linker Teils) mit einem Stiel dran. Es hat zwei grössere Ortschaften und ein gutes Dutzend kleine Dörfer und Weiler

Natürlich wollen wir auch hier etwas von dieser Insel sehen. Mit dem Dinghi fahren wir an Land. Es kommen sofort Jungs angerannt, wollen uns helfen, das Boot an Land zu ziehen und vor allem gibt es ein Gerangel, wer während unserer Abwesenheit auf das Boot aufpassen darf und somit auch einen Batzen verdienen kann. Köbi zeigt mit dem Finger auf den Hilfsbereitesten aus der Schar, und mit dem Daumen nach oben signalisieren beide, dass es gilt.

Es ist Sonntag, fast keine Leute im Dorf zu sehen, weder Läden noch Restaurants offen. Wo ist die Bushaltestelle, wo ist ein Tourist-Office? Die Alltagssprache hier ist Kreol, bestehend aus 10% afrikanischen -und 90% portugiesischen Wörtern. Die offizielle Sprache auf den Kapverden ist aber Portugiesisch. Zum Glück kann Köbi sich in dieser Sprache einigermassen verständigen und wir erfahren, dass wir morgen Montag wieder kommen sollen.

Bei unserem ersten Landgang angetroffen: glänzende Motorräder, etwas äusserst Seltenes hier. Dank ihnen haben wir die einzige offene Bar gefunden

Mehr oder weniger unverrichteter Dinge begeben wir uns wieder zum Dinghi, geben dem Junge eine Cap (Mütze) und 50 Escudos (0.5 Fr.), fahren zurück zur Lupina und gönnen uns einen entspannten Sonntag Nachmittag. Am Montag ist dann viel mehr Betrieb im Dorf. Kleinbusse oder Pick-ups mit Bänken auf der Ladefläche und der Aufschrift «Aluguer» hupen beim Vorbeifahren, halten an und wir steigen ein. Das ist hier der öffentliche Verkehr. Losgefahren wird erst, wenn der Bus genügend besetzt ist; das kann bis zu einer Stunde dauern. Diese «Aluguer» fahren dann quer durch die Insel. Zum Mitfahren stellt man sich an den Strassenrand und hebt die Hand. Zum Aussteigen wird gepfiffen, gerufen oder an die Scheibe geklopft. Der Fahrer hält dann sofort an. Bezahlt wird nach dem Aussteigen. Kurze Strecken ca, 50 Escudos, lange Strecken 100-200 (1-2 Fr.).

Ein teilbesetztes «Aluguer» (= typisches Sammetaxi auf den Kapverden). Oft werden noch mehr Leute oder Gepäck drauf gepackt

Wir möchten wie immer die Insel quer und längs, rauf und runter erkunden, aber mit dem ÖV hier wird das schwierig. Autovermietung gibt es keine. Doch wir werden trotzdem fündig, ein geschäftstüchtiger Einheimischer vermietet sein privates Auto an uns. Er hat sogar eine Visitenkarte mit der Aufschrift «Car-Rental». Köbi hätte für diese Insel auch gerne einen 4×4 Wagen gehabt, muss nun aber mit konventionellem Antrieb Vorlieb nehmen. Pia ist glücklich, endlich kein Offroad (= Gerumpel ☹) Fahren mehr. Aber sie hat die Rechnung ohne Köbi gemacht. Er hat eine Strasse gefunden, die knapp mit einem normalen Auto befahrbar ist, aber mit Kopfsteinpflaster besetzt (rumpelt ebenso stark wie Schotterpiste) und so steil ist, dass diese ohne Allradfahrzeug nur abwärts befahren werden kann. Zudem sind die Kurven so eng, dass wir fast in jeder Kurve zurücksetzen müssen. Köbi hat’s gefreut, Pia weniger; aber sie vertraut ja Köbi’s Fahrkunst 100% und übersteht dann solche Eskapaden (auch wenn mal der Kotflügel weit über den Abgrund ragt)!! Wie schon auf den anderen Inseln haben wir auch hier Autostöppler mitgenommen. Funktioniert gleich wie bei den «Aluguer»: am Strassenrand stehen, mit Handzeichen Auto anhalten, einsteigen und dort, wo man aussteigen will, sich bemerkbar machen.

Eine spektakuläre Strecke: Durchschnittsgefälle 20%, rund 500 Höhenmeter
Viel der rund 30 Haarnadelkurven erfordern ein Zurücksetzen. Nicht einfach bei diesem starken Gefälle. Auch der Fahrer kommt ins Schwitzen
Zentraler Platz (und gleichzeitig Start- und Zielort der «Aluguer) von Ribeira Brava, der Hauptstadt von São Nicolau (2’000 Ew)
Eine vermeintlich spärliche Auswahl in der lokalen Bäckerei. Die Backwaren wie frisches Brot und dergleichen kommen aber direkt vom Backofen

Die Kapverdier sind eher zurückhaltend, nicht aufdringlich und genügsam. Uns wurde erzählt, dass sie nicht so geschäftstüchtig sind, die Preise halten sie tief, oft werden dadurch nicht mal die eigenen Unkosten gedeckt. Da erstaunt es uns nicht, dass auch hier, wie auf den Kanaren, viele Kleingeschäfte von den Chinesen (ein ausgesprochen geschäftstüchtiges Volk) aufgekauft werden und diese hier die Wirtschaft immer mehr im Griff haben.

Oft haben wir in Langfahrten Blogs gelesen, es gäbe kein Gemüse in den Kapverden. Stimmt nur bedingt! Hier in São Nicolau hat es ein gutes und qualitativ hochstehendes Angebot. Meist direkt vom lokalen Bauern
Eine phantastische Strecke durch den östlichen Teil der Insel. Die Strasse windet sich vom flachen Uferbereich in engen Kurvenüber den Bergkamm auf die andere Küstenseite. Im flachen Bereich Naturstrasse, am Berg mit Pflastersteinen befestigt
Unvorstellbar, die Arbeitsleistung, die hier vollbracht wird: von Hand gehauene Steine werden kilometerweit über die ganze Insel verlegt. Warum nicht geteert wird? Die Antwort ist einfach: «Bitumen haben wir keinen, Steine haben wir genug – und erst noch kostenlos»
Imposante Landschaft. Hier werden die Terrassenfelder tatsächlich noch intensiv bewirtschaftet
Preguiça: wie in den meisten Orten sind auch hier die Fensteröffnungen offen (ohne Glasscheiben). Die Einwohner leben oft sehr spartanisch und sind genügsam
Ein oft gesehenes Bild (hier in Praia Carriçal): Fischer kommen von ihrem Fang retour
Kaum angelegt, wird der Fang direkt verkauft, oder an Land ausgenommen (Mann unten links)
Fische werden ausgenommen
Durchaus ein kapitaler Fang (der Fisch 😊)
Aber dieses Bild zeigt: der Zahn der Zeit nagt auch hier an der Idylle
Gesehen an einem Strand: angespülte Muscheln und Schneckenschalen
Carberinho (Küste im Nordwesten der Insel): bizarr ausgewaschene Gesteinsformationen bieten im Tosen der Brandung einen spektakulären Anblick
Carberinho: durch Wind und Wasser geschaffen – kein Künstler hätte es schöner machen können

Die Wellen in unserem Ankerplatz waren trotz der starken Winde sehr mild. Allerdings hatte der Franzose mit seiner Warnung «starke Fallwinde mit heftigen Böen!» recht. Ein Windstoss war sogar so stark, dass er unser mit einer Leine am Schiff festgemachtes Dinghi samt Motor wie ein Drachen aus dem Wasser in die Luft hob und auf den Kopf stellte. Das Resultat war ein Aussenbordmotor unter Wasser mit Salzwasser im Vergaser und im Öl. Nun, wir haben ja sonst nichts anderes zu tun 😉

Wir erinnern uns an einen Bericht vom Segelschiff Shiva (vielen Dank für den Tipp, Hanspeter) von einer wunderschönen Wanderung zum höchsten Berg der Insel und von da nordwärts über die Berge und dann durch eine tiefe Schlucht hinunter fast bis zum Meer. Sie wird als sehr spektakulär beschrieben. Am letzten Tag unseres Aufenthaltes wollen wir uns auf den selben Trail begeben. Und was wir vorfinden ist wirklich spektakulär!

Ein „Aluguer“ bringt uns zur Ausgangsstation der Wanderung. Von da geht’s zuerst mal über einen gepflästerten Pfad steil aufwärts. Auf dieser Seite der Insel (Nordostseite) hat es immer viel Nebel und Wolken, dafür wächst hier auch sehr viel
Voll beladener Esel kommt aus dem Nebel. Im steilen Gelände immer noch ein sehr geeignetes Transportmittel
Die Pflanzen fangen die Feuchtigkeit aus dem Nebel auf und es bilden sich Tropfen an den Blättern oder Nadeln. Unter den Bäumen und Sträuchern ist der Boden so dauernd feucht
Die Vegetation auf dieser Seite der Berge ist somit recht üppig und vielseitig
Je weiter wir uns dem höchsten Gipfel nähern, umso weniger Nebel hat es
Auf dem höchsten Berg angelangt: Monte Gordo, 1’312m hoch. Anstrengend aber schön!
Vom Monte Gordo geht’s zuerst mal wieder rund 500 Höhenmeter runter …
… bis zu diesem nur noch wenig bewohnten Weiler Ribeira de Calhaus (man beachte kürzlich installierte Wasserversorgung für die Felder)
Von da geht’s wieder kräftig aufwärts zur Wasserscheide …
… von wo sich der Blick in die Schlucht und zum Abstieg nach Fragata und Ribeira da Prata öffnet
Trittsicherheit ist gefragt und Schwindelfrei muss sein. Man beachte die Person, wie klein sie ist, in der gigantischen Natur
Weit unten im Tal das Örtchen Fragata. Nur zu Fuss oder mit dem Esel erreichbar. Fliessend Wasser und Strom gibt es in den Häusern keinen. Dafür soll hier der beste Zuckerrohr-Schnapps der Kapverden gebrannt werden
Wo geht’s hier wohl weiter? Spektakuläre Aussicht
Wohin das Auge auch schweift: wunderschöne Szenen
Nach rund 2 Stunden nahrhaftem Abstieg, mit zitternden Knien und brennenden Oberschenkeln, erreichen wir Ribeira da Plata am Ausgang das Canyons. Auch hier ist das Leben noch sehr einfach. Kein fliessendes Wasser in den Häusern. Gewaschen wird am öffentlichen Waschbecken mit Kernseife, Waschbrett und Zuber
Uns ist besonders auf dieser Insel aufgefallen, dass die Leute Plastiktaschen nicht wegwerfen. Sie bringen sie zum Einkaufen immer wieder mit. Wie wir hier schön sehen können, Plastiktaschen werden auch gereinigt und gepflegt wie die eigenen Kleider
Sonnenuntergang in Tarrafal vor Anker. Zufrieden aber sehr müde hauen wir uns nach diesem intensiven Wandertag in die Kojen

Heute Freitag geht’s weiter nach Mindelo (rund 45 Seemeilen). Dort wollen wir den Alternator unseres Generators reparieren lassen und uns so langsam auf die lange Reise über den Atlantik vorbereiten