Bequia – «Jede bruucht sy Insle»

Wir sind nun in den Grenadinen angelangt. Dies sind die vielen kleinen Inseln zwischen Grenada und St. Vincent. Die Erste, die wir ansteuern, ist mit ihren nur 18 Quadratkilometern gleich die Grösste von allen. 5’000 Einwohner leben hier. Ihr Ursprung ist vulkanisch und sie besteht im Grunde aus einem langen, schon stark erodierten Bergzug, der von Nordost nach Südwest läuft. Die Bevölkerung ist eine interessante Mischung aus vorwiegend ehemaligen Afrikanischen Sklaven, alten Europäischen Kolonialisten (Franzosen und Engländer) und Walfischern aus New Bedford (USA), welche im 19. Jahrhundert zum Walfischen hierher kamen und den einheimischen Fischern das Handwerk des Walfischens beibrachten. Dieses Handwerk ist bis heute überliefert worden, da es durch einen IWC Beschluss immer noch erlaubt ist, hier Walfische zu fangen. Bedingung ist jedoch, dass der Fang aus reiner Muskelkraft (keine Motorboote, Harpune muss von Hand geschleudert werden) stattfindet. Fast jede Fischerfamilie hat irgendwo eines dieser charakteristischen Walfischboote (Segelboot aus Holz mit spitzem Bug und Heck, sehr bunt bemalt) am Strand stehen, immer startklar und jederzeit bereit, falls in der Küstennähe ein Wal gesichtet wird. So lange wir in Bequia Gewässern sind, sehen wir zum Glück keinen dieser Meeressäuger. Auch eine Rückfrage bei den Fischern erleichtert uns: es ist schon einige Zeit her, seit der letzte Fang gelungen ist. Damit die Männer trotzdem motiviert und in Übung bleiben, findet jedes Jahr an Ostern die weit herum bekannte Oster-Regatta statt.

Man merkt gut, dass die Leute hier mit dem Meer und alles was damit zu tun hat, verbunden sind. Die Bootsbaukunst mit lokalen Materialien wird immer noch gepflegt, wenn auch mehr und mehr Modellschiffe die richtigen Schiffe ablösen. Gegenüber fremden Besuchern sind die Leute sehr aufgeschlossen und im Vergleich zu anderen Inseln haben sie erkannt, dass es für sie eine Chance bedeutet, gute Ankerbuchten für Segelboote zu haben. Mit der Admiralty Bay haben sie eine der schönsten und best geschützten Buchten der Grenadinen. Bei unserer Ankunft am Sonntag, 24.3.2019, liegen sicher über 100 Boote in dieser sehr grossen und flachen Bucht, die gegen Westen offen und gegen alle anderen Richtungen (der Wind bläst hier meist aus Osten) sehr gut abgedeckt ist.

Admiralty Bay auf Bequia (Blick Richtung Westen): kaum am Anker zieht eine schwarze Wolke gefolgt von einem kurzen, heftigen Regenschauer über uns hinweg. Boot und Crew geniessen die kühlenden Tropfen und frisch geduscht geht’s mit dem Dinghy an Land
Admiralty Bay Richtung Norden: lagen am Sonntag noch über hundert Schiffe in der Bay sind am Montag Morgen die meisten der Charterschiffe weg und die Reihen haben sich deutlich gelichtet
Admiralty Bay Südufer: Der «Belmont Walkway» verbindet die Strände im Südwesten der Bucht mit der Hauptstadt Port Elizabeth. Entlang dieses Fusspfades hat es mehrere feine Bars und Restaurants. Köbi meint: „es müssen alle unterstützt werden!“, und das heisst für Pia: Kurzurlaub von der Küche
Einkaufsstrasse und Flaniermeile in Port Elisabeth
Die einheimischen Fischer haben für die vorbeikommenden Yachten einen willkommenen Versorgungsservice aufgezogen. Sie fahren mit ihren Versorgungsschiffen durch die Bay, und wenn man etwas braucht, dann winkt man oder pfeift ganz einfach. Die meisten können sogar über Funk aufgerufen werden. Dieser hier liefert Treibstoff, Wasser und Eis …
… das grüne Schiff bringt ebenfalls Eis und Wasser (hier wird das Wasser gerade ins Schiff gepumpt) und bietet zusätzlich noch Wäschewaschdienst an. Das blaue Schiff links bringt Wasser und holt Abfall ab. Alles recht wichtige Dinge für Yachten. Da es in diesem Teil der Welt fast keine Landestege gibt, wäre das Besorgen von Trinkwasser und Treibstoff, oder das korrekte Entsorgen von Abfall, eine recht aufwändige und mühselige Angelegenheit. Und da die wenigsten Schiffe über eine Waschmaschine verfügen, sind viele sogar sehr froh, wenn sie nicht alles mit ihrem Dinghy selbst an Land schippern und dort mühsam eine Waschmöglichkeit suchen müssen
Abfall-Recycling: Dieser Mann sucht aus den Mülltonnen gezielt nach bestimmten PET-Flaschen, macht eine Sichtkontrolle und spült sie dann im Eimer vor sich mit Wasser. Die so als gut befundenen Flaschen sammelt er in einem Sack. Es erinnert Köbi stark an eine Geschichte in Indonesien, als er an einem Verkaufsstand eine Colaflasche (damals aber noch aus Glas und mit Blechdeckel) kaufte und erst beim Trinken merkte, dass die Cola etwas wenig Kohlensäure hatte. In der darauffolgenden Nacht hat er mindestens 3 Kilo abgenommen 😊
Apropos «Abnehmen»: hier ein fast unmöglicher Vorsatz! Es gibt so viel Leckeres zum Probieren! Pia wagt sich hier an einen Lobster. Wenn man nicht weiss, wie etwas zu essen ist: die immer sehr zuvorkommende und freundliche Bedienung erklärt uns das gerne mit einem fröhlichen Lachen auf dem Gesicht
Die Restaurants um die Admiralty Bay herum sind gut organisiert. In einem wöchentlichen Infoblatt künden sie an, welches Restaurant wann Livemusik hat. Diese Gelegenheiten nutzen wir gerne und oft. Hier ein begnadeter Steeldrum Spieler, der uns einen ganzen Abend lang zu faszinieren vermag
Aber es wird nicht nur geschlemmt! Auch körperliche Aktivität ist angesagt. Nicht ganz einfach bei 35 Grad, einer Luftfeuchtigkeit von über 80% und einer Topografie, die von der Bay zuerst einmal einfach steil aufwärts geht
Von ihm gibt’s beim Bergauf kein Bild 😉 aber diese wunderbare Aussicht lässt alle Mühsal vergessen. Blick vom «Holler Point» (auch «Spring View genannt») Richtung Norden zur Nachbarinsel St. Vincent im Hintergrund
Anderer Tag, anderes Ziel: Fort Hamilton im Nordwesten der Admiralty Bay. Gemäss einer Sage soll von hier aus einst ein Fehlschuss dazu geführt haben, dass Big Cay und West Cay (2 kleine Inseln ganz im Westen von Bequia) durch die verirrte Kanonenkugel von der Hauptinsel abgetrennt wurden. Kein Wunder hat der Kanonier mit dieser Kimme und Korn nicht getroffen 😊😊
Pneu-Recycling auf Bequia. Wer bei diesem Bild entsetzt oder gar entrüstet reagiert – es ist noch nicht lange her, wurde dies zu Hause auch so gemacht
Paget Farm im Süden der Insel. Das eigentliche Zentrum der Walfänger. Hier machen sie gerade ihre Boote hübsch und startklar für die Regatta, die immer an Ostern stattfindet. Pia steht vor dem Kieferknochen eines vor vielen Jahren hier erlegten Walfisches
Whaleboner Bar am Belmont Walkway: Walfischknochen haben es hier auf den Barhocker geschafft! Wir auch 😉
Herrliche Natur im Süden – bei diesem Ausblick möchte man gerne zur Weide gehen
Hier nehmen wir Teil an einer interessanten Führung durch die «Firefly Plantage». Früher eine Plantage für Zuckerrohr findet man heute eine Sammlung aller auf den Grenadinen vorkommenden Fruchtbäume. Auf der Führung lernen wir viel über deren Herkunft und die heutige Verwendung der Früchte. Auch probieren dürfen wir viele der hier wachsenden Köstlichkeiten. Die Raupe im Bild hat uns besonders fasziniert. Sie hat sich auf eine ganz bestimmte Pflanze spezialisiert und frisst deren Blätter (innerhalb 1 Minute ist ein Blatt weg!). Dadurch wird der Baum angeregt, neue Blätter zu produzieren. Die richtige Balance von Anzahl Raupen und Blattproduktion macht es aus, dass der Baum viele gute Früchte trägt
Vor Anker auf Petit Nevis – eine Insel direkt vor der Friendship Bay. Hierhin haben die Walfischer jeweils ihren Fang gezogen und dann geschlachtet. Anlegestelle und Gebäude sind schon länger ausser Betrieb. Wir sind das einzige Schiff in der Bucht – eine Insel ganz für uns alleine!
Natürlich «entern» wir diese verlassene Insel …
… und geniessen eine phantastische Natur. Wir sind einfach nur glücklich und verbringen den ganzen Tag mit Schnorcheln in den Korallen, Lesen und Faulenzen auf der Lupina. Am Abend spielt sich am Himmel einmal mehr ein buntes Farbenspektakel ab. Bei einem wunderbaren Sonnenuntergang läuft im CD Player dazu passend Peter Räber’s Lied «Jede bruucht sy Insle»
Blick über die Friendship Bay im Süden von Bequia. Gestern Samstag haben wir nun in diese Bucht verlegt und ankern zur Zeit hier
Bei der Einfahrt ist gute Navigation erforderlich, weil ein Teilbereich der Einfahrt durch ein Korallenriff versperrt ist. Im Bild der Blick über die Friendship Bay in Richtung Südost mit dem Riff in der Einfahrt (erkennbar an den sich brechenden Wellen). Im Hintergrund unser nächstes Ziel, das wir am kommenden Montag oder Dienstag ansteuern werden, die Insel Mustique

Beim Setzen des Ankers in der Bucht hilft Köbi am Ruder wie ab und zu mit dem Bugstrahlruder nach, um das Wegkippen des Buges im Wind zu verhindern. Plötzlich ein komischer Ton! Pia meint, es stimme was mit der Ankerwinde nicht – aber die läuft ganz normal weiter und die Kette rauscht in die Tiefe, so wie sie soll. Aber der Bug zeigt keine Reaktion auf die Bedienung des Bugstrahlruders. Es summt zwar etwas da vorne, aber keine Reaktion des Schiffes. Was ist da los?? Ein schrecklicher Verdacht kommt auf. Nachdem das Ankermanöver abgeschlossen ist, greift Köbi noch vor dem Ankertrunk sofort zu Flossen und Taucherbrille, springt ins Wasser, schwimmt zum Bug des Schiffes …

… und findet das hier: ein Bugstrahlruder ohne Propeller! Offensichtlich hat sich die Sicherungsmutter gelöst und das Rad sich im Betrieb in die Tiefen des Ozeans verabschiedet. Ohne Rad – kein Bugstrahlruder! 🙁

Wir ankern in nur etwa 5 Meter Wassertiefe, aber das Wasser ist durch den starken Wind, der die Wellen am nahen Strand den Sand aufwirbeln lässt, sehr trüb. Ein Blick mit der Taucherbrille nach unten lässt gerade den Boden schwach erkennen. Köbi schwimmt die Umgebung des Schiffes ab und sucht nach dem verlorenen Rad. Keine Chance! Er will es heute nochmals versuchen, in der Hoffnung, das Wasser wird etwas klarer, und sonst halt mit der Taucherausrüstung.

Warum kann sich die Schraube lösen? Finden wir den Propeller? Es bleibt spannend auf der Lupina!

3 Antworten auf „Bequia – «Jede bruucht sy Insle»“

  1. Wow – als ich die Bilder von Petit Nevis gesehen habe, kam das grosse Déja Vu ! Dort haben wir mit unserer Royal Clipper geankert und ein wunderschönes Barbecue auf der Insel gemacht. Ich habe gefühlte 1000 Fotos davon, weil’s sooooooooo schön war !!! Eines der grossen Highlights unserer Cruise damals……

  2. uiiii…… tönt für mich nicht so spannend sondern eher sehr besorgniserregend. aber der hans da oben sieht es anders und versteht das ganze besser als ich. also köbi….. viel glück beim suchen! und sonst geht’s auch ohne – sagt der hans .
    cari saluti

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