Am 14. Dezember heben wir im Morgengrauen den Anker und brechen auf von Puerto Villamil (Isla Isabela) nach Puerto Ayora auf der nach Isabela zweitgrössten Insel, Santa Cruz. Es ist die letzte Insel, die wir ohne Führer und teure Spezialbewilligung anlaufen dürfen. Mit dem eigenen Boot darf man nur auf 3 Inseln, die alle bewohnt sind: San Cristóbal, Isla Isabela und eben Santa Cruz. Die letzte der insgesamt vier bewohnten Inseln, Isla Floreana, ist ebenfalls gesperrt für fremde Schiffe. Die meisten Touristen, welche die Galapagos Inseln besuchen, fliegen nach Santa Cruz und machen von hier aus Bootsausflüge auf die umliegenden Inseln. Durch ihre zentrale Lage bietet sie sich förmlich dazu an.
Ein Schnorchel Trip führt uns in den Süden zur Insel Santa Fe. Auf diesem Trip machen wir 2 Schnorchel Gänge und einen Strandausflug. Das Wasser beim ersten Schnorchel Platz an der Nordküste ist nur etwa 18°C warm. Es hat viele grosse Fischschwärme, die sich im nahrungsreichen Wasser satt essen. Nach 45 Minuten sind wir trotz Neoprenanzug und tüchtigem Paddeln in der starken Strömung total unterkühlt. Am nächsten Schnorchel Stopp, eine gut geschützte Bucht mit seichtem Wasser, ist es dann wesentlich wärmer. Hier tummelt sich eine grosse Gruppe Seelöwen am Strand. Die Jungen robben ins Wasser und spielen mit unseren Flossen. Herrlich lustig!
Für Wissbegierige: damit auf einem Schiff Wasser aus dem Tank, der meist an der tiefsten Stelle im Schiff angebracht ist, zum Wasserhahn kommt, muss eine Wasserpumpe den Druck aufbauen. Das Wasser wird von der Pumpe zuerst in einen Druckbehälter gefördert und wird dann von da ins Leitungssystem des Schiffes geleitet. Der Druckbehälter hat die Funktion, Druckunterschiede auszugleichen. Das Prinzip ist recht einfach: das Wasser fliesst in einen geschlossenen Gummiballon, der in den Behälter eingelassen ist. Zwischen Gummiballon und Behälterwand füllt man Druckluft. Läuft die Pumpe und es fliesst nun Wasser in den Ballon, füllt sich dieser und beginnt, die Luft zwischen Ballon und Behälter zu komprimieren. Sobald der Wasserdruck hoch genug ist, stellt die Pumpe ab. Der Druck im Leitungssystem ist so immer zwischen 1.5 – 2.0 bar.
Bei einem phantastischen Erlebnis ist die Kamera nicht dabei. Ich schnorchle gerade den Felsen des Pinnacle Rocks entlang (bei Felsen am Ufer ist die Sicht immer gut und es hat viele Fische!) als vor meiner Tauchbrille etwas ins Wasser platscht. Ich gucke hin, sehe nichts, hebe den Kopf aus dem Wasser. Da schwimmt keine 50cm vor meiner Nase ein putziger Galapagos Pinguin. Neugierig beäugt er mich. Da platscht es ein zweites Mal und ein weiterer Pinguin springt vom Felsen herab um zu schauen, was da für ein komisches Ding (also ich) im Wasser schwimmt. Ob wohl mein bunter Neoprenanzug so attraktiv ist? Ich weiss es nicht. Jedenfalls begleiten mich die Beiden für die nächsten rund 20 Minuten. Sie zeigen mir ihre sagenhaften Schwimm- und Tauchkünste und klopfen mit ihrem Schnabel zwischendurch immer wieder mal zärtlich ans Glas meiner Taucherbrille, wie um zu sagen: «Hallo! Nicht einschlafen! Schwimm doch etwas schneller!». Ein unvergessliches Erlebnis!
Heute Sonntag erledigen wir nun noch die letzten Einkäufe (frisches Gemüse und Früchte direkt vom Mark, der jeden Tag geöffnet hat). In den letzten Tagen hat Köbi das Schiff inspiziert, Rollen und Blöcke geschmiert, während Pia fleissig den Tiefkühler mit vorgekochtem Essen bestückt hat. Heute erledigen wir noch die letzten Büroarbeiten (wir haben erfahren, dass das Internet in Gambier langsam sein soll), Köbi putz noch die Wasserlinie und Ankerkette (hier sehr stark verschmutzt durch Algenbewuchs) – und dann sind wir segelbereit! Morgen Montag, 27.12.2021 kommen um 11 Uhr lokale Zeit die Behörden an Bord zum Auschecken, und dann sind wir unterwegs: knapp 3’000 Seemeilen bis Gambier!
Nach einer Woche auf der Insel Isabela lichten wir am Dienstag, 14. Dezember 2021, früh im Morgengrauen den Anker und setzen Segel Richtung Osten zur 45 Seemeilen entfernten Zentrumsinsel Santa Cruz. Wie uns die Überfahrt gelingt und was wir auf der neuen Insel alles antreffen werden – freu dich auf den nächsten Bericht.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser
Kurz vor Mittag sind wir einklariert und fahren mit dem Vertreter unseres Agenten an Land. Uns wurde davon abgeraten, das eigene Dinghi zu verwenden. Das eigene Dinghi benutzt man hier besser nicht. Einerseits gibt es praktisch keine Landestellen, wo man anlegen darf, und andererseits willst du nicht, dass dein Dinghi von den Seelöwen als schön schaukelnde Badeplattform missbraucht wird. Das ist aber alles kein Problem, denn es gibt Wassertaxis, die uns für 1 Dollar pro Person an Land oder zurück bringen. Sehr bequem, schnell und zuverlässig. Vom Schiff aus rufen wir per Handzeichen oder über Funk (VHF Kanal 14) ein Taxi herbei, am Land stehen wir einfach an den Pier und winken eines herbei. Einfach!
Schon beim Setzen des Ankers, aber spätestens an Land realisieren wir: wir sind mitten im Zoo gelandet! Nicht auf der Zuschauerseite, nein, direkt im Gehege drin! Die Tiere, die hier vorkommen, haben vor den Menschen keine Scheu und leben mitten unter ihnen.
Die Tierwelt auf den Galapagos Inseln ist einzigartig. Das Galapagos Archipel liegt rund 1’000 Kilometer vor der Küste von Ecuador. Es besteht aus 13 grossen Inseln (mit mehr als 10 km2), neun mittleren Inseln (1-10 km2) und weiteren 107 kleineren Inselchen, die um den Äquator verteilt sind. Es wird geschätzt, dass die Entstehung der ersten Insel vor mehr als 5 Millionen Jahren als folge tektonischer Aktivitäten stattfand. Die jüngsten Inseln, Isabela und Fernandina genannt, befinden sich noch im Entstehungsprozess. Der jüngste Vulkanausbruch wurde 2020 registriert. Die tektonische Platte, auf der die Galapagos Inseln liegen, bewegt sich mit 3-9cm pro Jahr in Richtung Südamerikanischer Kontinent. Darunter liegt ein sogenannter «Hot Spot», eine heisse Stelle im Erdinnern, die immer wieder dafür sorgt, dass Lava an die Erdoberfläche gedrückt wird. Das erklärt, dass die ältesten Inseln im Osten liegen, und die jüngsten im Westen.
Alle Lebewesen, die sich auf den Inseln befinden, sind auf die Inseln geschwommen (z.B. Fische, Seelöwen, Pinguine), geflogen (z.B. Vögel, Samen von Pflanzen) oder geschwemmt worden (z.B. Reptilien, Insekten auf Treibgut). Einmal auf den Inseln angekommen haben sich die Lebewesen genau auf das vorherrschende Klima und die vorhandene Nahrung eingestellt. Das erklärt, warum es hier Arten gibt, die es sonst nirgends auf der Welt gibt. Das erkannte auch Charles Darwin, als er am 18. September 1835 anlässlich einer Expedition mit der HMS Beagle auf San Cristóbal landete und die spezielle Flora und Fauna hier antraf. Unter anderem auch diese Entdeckungen mündeten schlussendlich in der berühmten, damals revolutionären Evolutionstheorie von Charles Darwin.
Nach einem Faulenztag, den wir mit diversen Tätigkeiten auf dem Schiff verbringen juckt es uns wieder in den Beinen und wir wollen die Küste hinter dem Flugplatz von Puerto Baquerizo Moreno erkunden.
Unglaublich, was wir in den paar Tagen auf San Cristóbal alles an Tieren sehen und erleben durften. Du bist hier mitten in einer phantastischen Natur und jeder Tag lässt dich wieder etwas Neues entdecken. Wunderbar, wir sind absolut begeistert! Wir könnten noch lange hier bleiben, aber es gibt noch viel mehr zu sehen auf Galapagos. Mit dem Segelboot dürfen wir diejenigen Inseln anfahren und dort auch ankern, welche bewohnt sind. Als nächstes laufen wir nun die Isla Isabela an. Es ist die grösste Insel auf Galapagos und noch vulkanisch aktiv. Sie liegt rund 85 Seemeilen von San Cristóbal entfernt.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser
Stell dir vor, jemand stellt dein Haus schief. Gerade etwa so weit, dass Teller und Gläser noch auf dem Tisch stehen bleiben. Dann kommt noch einer, der rüttelt dauernd noch ein wenig rauf und runter und ein Dritter, der das Ganze immer noch ein wenig auf alle Seiten kippt, wie beim Geschicklichkeitsspiel, wo man eine Kugel durch ein Labyrinth in ein Loch befördern soll. Und hast du dann den Trick so langsam raus, alles in deinem Haus schön auf eine Seite geräumt, dass nichts mehr umfallen kann, dann kommt einer und kippt alles wieder auf die andere Seite. Du hast gewonnen, wenn dir nach 10 Tagen nichts heruntergefallen und in Brüche gegangen ist. Das eine kurze Zusammenfassung unserer Reise von Panama nach Galapagos. Die Details: 9 Tage Segeln hart am Wind mit dauernder Schieflage (nur der 10. Tag war Segeln mit Wind von querab oder leicht von hinten), 1’365 Seemeilen durchs Wasser (statt 865 Seemeilen direkte Linie), Durchschnittsgeschwindigkeit: 5.8 Knoten (10.8 km/h), 10 Stunden unter Motor. Aber nun ganz der Reihe nach.
Vorbereitungen
Für die Reise nach Galapagos braucht es einigen Aufwand.
Für das «Autógrafo» brauchst du jetzt, wo nicht allzu viele Segelschiffe den Wunsch verspüren, nach Galapagos zu segeln, etwa 6-8 Wochen. Benötigt werden die Schiffspapiere, Pässe, Schiffsversicherung, Krankenversicherung, Funklizenz, MSSI-Nummer, etc.. Und man muss einen Termin festlegen, von dem werden dann die 30 Tage gezählt. Kommst du vorzeitig an, zahlst du eine Strafgebühr oder wirst weggewiesen. Kommst du später an, sind schon ein paar Tage deiner Bewilligung abgelaufen.
Dann gibt es unzählige Auflagen, die erfüllt sein müssen. Viel Papierkram – man will die Inseln ja vor ungewünschtem Besuch (Mensch, Tier, sonstigen Lebewesen) schützen. Dazu gehören Zertifikat der Farbe des Unterwasserschiffes, Zertifikat der Sanitarischen Anlage an Bord, Ausräucherungszertifikat (das Schiff muss im letzten Hafen komplett gegen Insekten, Ratten und andere unbeliebten Lebewesen ausgeräuchert werden), Zertifikat Sauberkeit des Unterwasserschiffes, Medikamentenliste, und und und. Dann müssen alle Sicherheits-Einrichtungen (Rettungswesten, Rettungsring, Rettungsinsel, Feuerlöscher, EPIRB, etc.) funktionstauglich, geprüft und nicht abgelaufen sein. In Realität läuft es so, dass ich die meisten Zertifikate selber geschrieben habe – Dokumente, wo ich selber mit Bildern oder Rechnungen oder technischen Beschreibungen bestätige, dass die Anforderungen erfüllt sind. Alle Unterlagen müssen vor der Abreise beim Agenten sein. Er bereitet dann alles für die Inspektion bei der Ankunft vor. Ah ja, alle Gebühren, Stempelabgaben, und Entlöhnung des Agenten sind vor der Abreise zu begleichen. Für unser Schiff (43 Fuss Segelboot) über 1’800 US-Dollar! Hat man bei der Ankunft am Unterwasserschiff irgendwelchen Bewuchs oder Muscheln, wird man weggewiesen und die Gebühren sind futsch. Du kannst dir vorstellen: unsere Lupina ist bei der Abreise unten so geputzt, die würdest du ohne Zögern mit der Zunge ablecken.
Verzögerter Start
Am 17.11.2021 ist alles, was unter Deck gehört, verstaut, der Rest gut verzurrt und gesichert. Kühlschrank und Tiefkühler sind randvoll und im Schiffsbauch schlummert viel Flüssiges (nicht Wasser!). Wir sind startbereit für den Pazifik! Einzig, die Dieseltanks wollen wir am frühen Morgen noch füllen, bevor es dann endgültig losgeht. Nach rund 60 Litern stoppt die Zapfsäule. Es hätten aber gut rund 150 Liter Platz. Ratlose Gesichter. Stromausfall am Pier. Zum Glück gibt es einen zweiten Tank Pier weiter drinnen in der Marina – trotz unserem 2 Meter Tiefgang dank Flut aber gerade noch erreichbar. Passt, Tank voll. Mit dem Beleg flugs noch ins Marina-Büro zum Zahlen von Diesel und Strom (den Liegeplatz haben wir schon 2 Tage vorher beglichen). 130 Dollar für Diesel und 300 Dollar für Strom. Was? 2000 Kilowattstunden Strom!!?? Soviel wie ein Einfamilienhaus in einem halben Jahr nicht! Und wir hatten noch dauernd die Solarpaneelen im Betrieb. Das kann nicht sein! Zähler und Zahlen werden hin und her geprüft. Das Personal hinter dem Schalter schwirrt nervös hin und her, aber: auf Zähler und Zahlen wird vertraut und die 300 Dollar bleiben stur. Ich auch 😉. Ich kann nachweisen, dass bei unserem ersten Aufenthalt (3 Tage), der Zähler bei 17kWh stehen blieb. Ich bin bereit, jetzt die doppelte Menge zu akzeptieren. Wieder viel Diskussion hinter dem Schalter. Ich frage nach dem Manager. Nach einem kurzen Getuschel mit dem Desk-Mann versteckt sich der Chef aber hinter seinem Bürotisch und lässt sich nicht blicken. Eine halbe Stunde ist vorbei. Draussen auf der Lupina tippelt sich Pia die Füsse wund – sie will endlich los. Ich auch! Ich setze ein Ultimatum: 5 Minuten. Nach Ablauf dieser Zeit (natürlich ohne Aktion) zahle ich den Diesel und wir starten endlich unsere lange Reise.
Die Überfahrt nach Galapagos
Wir haben uns entschieden, eine Route über die Las Perlas Inseln zu wählen und dort noch 2-mal zu ankern. Da sich unsere Abfahrt wegen Stromausfall und Stromkosten um fast 2 Stunden verspätet hat und auch der Wind sehr schwach bleibt, müssen wir einen grossen Teil unserer ersten Etappe nach Contadora motoren. Es ist schon am Eindunkeln, als der Anker fällt. Am nächsten Tag geht’s zur wunderschönen Gegend um die kleine Insel Espírito Santo (eine Empfehlung der SY Limelight). Dort werden wir am nächsten Morgen sogar noch von einem Wal verabschiedet, der sich in unsere Ankerbucht vorwagt. Am 19.11.2021 starten wir zur knapp 900 Seemeilen (direkte Linie) langen Reise nach Galapagos. Uns erwartet eine anspruchsvolle Passage.
Während auf der Nordhalbkugel in den tropischen Breiten der Nordostpassat das Geschehen bestimmt, dominiert auf der Südhalbkugel der Südostpassat. Zwischen diesen beiden Winden befindet sich die sogenannte innertropische Konvergenzzone, auch Kalmengürtel (engl.: Doldrums) genannt. Das ist ein breiter Tiefdruckbereich, in dem sich die Luft erwärmt und unter Bildung grosser Wolkenformationen aufsteigt. Dies führt am Boden oft zu starken Regenfällen, Windstille oder sehr unbeständigem Wind. Diese schwülheisse Region war bei den Seeleuten früher sehr gefürchtet, da ihre motorlosen Schiffe oft wochenlang in der Flaute festhingen.
Um den Flauten aus dem Weg zu gehen und somit wenig Motor zu brauchen, wählen wir eine Phase mit relativ viel Wind. Das hat den Nachteil, dass der Wind über einen Grossteil der Strecke von Südwesten kommt. Also von da, wo wir hin wollen. Erschwerend kommen noch Meeresströmungen hinzu, die, wie könnte es anders sein, auch nicht in unsere Richtung fliessen. Dem südamerikanischen Kontinent entlang drückt der Humboldtstrom kalte Wassermassen (und somit auch die Lupina) gegen Norden. Und zwischen 2.5 und 5 Grad nördliche Breite setzt sich ein Strom aus Westen unserer Lupina entgegen. Wir versuchen, so gut wie möglich diesen beiden Strömungsgebieten auszuweichen, Distanz zum Kontinent zu gewinnen und dann zügig südlich über den 2. nördlichen Breitengrad vorzudringen. Erst dann können wir nach Westen abbiegen. So unsere Strategie.
Die nächsten 2-3 Tage wollen wir uns nun vor Ort zurechtfinden und informieren und dann die berühmte Flora und Fauna an Land und im Wasser erkunden. Ob wir alles vom jetzigen Ankerplatz aus unternehmen wollen, oder ob wir uns auf eine andere Insel verlegen ist im Moment noch offen. Eines können wir schon jetzt festhalten: so hautnah und frei von Menschenscheu haben wir die Tierwelt noch nie erfahren.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser
Nachdem uns Nelly verlassen hat, kommen Köbi’s Schwester Marianne und ihr Mann zu uns auf die Lupina. Auch mit Ihnen besegeln wir die Las Perlas Inseln. Wie die beiden Landratten das Ganze erlebt haben hat uns Martin in seinem Tagebuch festgehalten.
4. November 2021, Panama City- Isla Pacheca
Unsere erste Reise mit dem Segelschiff Lupina, dem Skipper Köbi alias «James the Dinghi Buttler» und der fleissigen Bordmanagerin Pia startete am 4. November in Panama City.
Nach einem kurzen Z’Morge in unserem Hotel in Panama City und der Taxifahrt erreichten wir die Marina, in der die Lupina an der Mole lag. Zwar fanden wir es nicht auf Anhieb, weil uns in Spanisch die richtigen Worte fehlten. Doch tauchte auch bald das vertraute Gesicht von Köbi aus dem Marinahäuschen auf und er lud unsere schweren Koffer auf, (welche auch Ersatzteile und Werkzeug für die Männer und Vollkornmehl für die Küche enthielten) und brachte diese und uns über die ellenlangen Landestege auf das Boot.
Nach ein paar kurzen aber energischen Instruktionen legte Köbi ab. Da der Wind nicht stark genug war, ging es vorerst unter Motorenkraft in die Bucht von Panama Richtung der Las Perlas Inseln.
Nach den ersten 20 Seemeilen (à 1,8 km für die Landratten) frischte der Wind auf und wir durften das erste Mal erleben, wie es sich anfühlt, unter Segel zu reisen. Auf einer glatten See mit leichter Dünung, Sonnenschein und blauem Himmel ging es gemütlich schaukelnd Richtung Süden. Nach weiteren 2 Stunden tauchte am Horizont die östlichste Insel der Perleninseln, Pacheca, auf.
Bei wunderbarem Abendlicht fuhren wir in die Bucht ein, wo Köbi sein Ankerwurfprozedere abwickelte und uns dann zeigte, wie man am hinteren Ende des Schiffes, am Heck, die Einstiegsleiter benützt. Wie es auf dem Schiff so üblich ist, stieg ich splitternackt die Treppe runter und liess mich ins kristallklare, 28-grädige Wasser gleiten. Aber, oh Schreck, die Lupina lag in einer kräftigen Strömung und es trieb mich augenblicklich von der Leiter weg. Da ich nicht wollte, dass mich Köbi wieder in Panama als Treibgut zurückholen musste, machte ich ein paar olympiawürdige Schwimmzüge und hielt mich wieder an der Leiter fest.
Marianne, von mir ausdrücklich vorgewarnt, hielt sich dann gut fest und konnte so den Schweiss gefahrlos abspülen. Da die Nacht wie immer in diesen Breitengraden um 18:00 Uhr schlagartig hereinbrach, sassen wir nach einem feinen, von Pia zubereiteten Nachtessen, an Deck und sahen in den klaren Nachthimmel.
Dabei irritierte mich ein kleiner Lichtpunkt oberhalb des Mastes der in unregelmässigen Bewegungen um den Mast kreiste. Da eine kreisende Drohne und Leuchtkäfer ausgeschlossen werden konnten, fragte ich die langjährigen Reisenden, was das sein könnte. Zur allgemeinen Heiterkeit wurde ich aufgeklärt, dass es sich hier um einen Stern handelt und dass es die Bewegung von unserem Schiffe sei, welche die Sterne tanzen lässt. Als dann immer mehr Sterne am Firmament auftauchten, konnten wir nur noch staunen. Kassiopeia, Aldebaran und unzählige andere Sterne liessen uns staunen und schwärmen von der lauen Nacht nach dem heissen Tag.
Müde von den vielen Eindrücken zogen wir uns schon früh in die Bugkoje zurück und schliefen beim sanften Schaukeln bald ein.
5. November 2021, Isla Pacheca
Ein wunderbar klarer Morgen weckte uns schon bald, und nach dem Frühstück half ich Köbi, ein Problem an der Bordwasserversorgung zu lösen. Seine aufwändige Problemsuche (er fand Süsswasser in der Bilge und musste den Grund der Wasserleckage herausfinden) liess ihn vermuten, dass die Wasserpumpe zu viel Druck brachte und daher das Überdruckventil am Boiler ansprach. So war es dann auch. Das Auswechseln im engen Motorenraum ging dann zwar schweisstreibend, aber erfolgreich voran und dann hatten wir wieder frisches Duschwasser.
Währenddessen schnorchelten Pia und Marianne und erkundeten die Unterwasserwelt in der Bucht und berichteten uns von Rochen, Moränen, sandfarbenen Kugelfischen und Schwärmen von kleinen Fischen. Nach erfolgreicher Arbeit liessen auch Köbi und ich uns vom klaren Wasser verführen und genossen die Unterwasserwelt.
Gegen Abend tauchte im Norden die SV Anixi auf und schon bald hatten wir eine kreuzfidele Bande von Seglern und Touristen an Bord, welche Anekdoten austauschten, Witze über die Sprachunterschiede von Schweizern und Deutschen machten und sogar einmal das Schweizer Soldatenlied «Gilberte de Gourgenais» inklusive der Version von Steikari «das cha ja nur vom Suufe cho» anstimmten.
Als Hacko zwischendurch mal den Anker kontrollierte (eine Umschreibung des Ablassvorganges von Bier aus dem Organismus) kam er mit der Information zurück, wir hätten leuchtendes Plankton unter dem Kiel. Tatsächlich zog sich der Ankerkette entlang ein leuchtender Schweif von lumineszierenden Mikroorganismen. Als Köbi dann noch mit dem Bootshaken im Wasser rührte, konnten wir den Effekt auch dort beobachten, faszinierend! Sogar in der WC Spülung funkelte es in der dunklen Nacht… Müde von den tollen Erlebnissen schliefen wir auch diese Nacht wie die Bären.
6. November 2021, Isla Pacheca – Isla Contadora
Zusammen mit Nora (SV Anixi) gingen wir auch heute auf Schnorchel-Tour. Bei der Landung mit dem kleinen Schlauchboot (Dinghi) am Strand hielt ich mich nicht an die gut gemeinten Tipps von Pia und stieg zuerst mit einem Bein aus. Prompt fiel ich wie ein Mehlsack ins flache Wasser, was aber ausser Heiterkeit keine weiteren Folgen hatte.
Leider war das Wasser heute nicht ganz so klar, was Marianne aber nicht davon abhielt, die Schnorchel-Tour auszuweiten. Das rächte sich dann mit einem kräftigen Sonnenbrand an der Hinterseite. Da wir bald darauf den Anker lichteten, konnte sie sich im Fahrtwind etwas abkühlen.
Unterwegs liess mich Köbi beim Setzen des vorderen Genua-Segels helfen und ich durfte sogar die Lupina steuern. Wir ankerten in der von Luxusjachten besuchten Bucht vor Contadora. Köbi brachte Marianne und mich an Land, wo wir uns wieder mal auf festem Boden bewegten und die kleine Insel ein stückweit erkundeten. Ausgerüstet mit etwas Früchten und Gemüse verliessen wir die Insel mit den stinkenden Fahrzeugen gerne wieder und genossen eine Rösti aus rohen Papas (Kartoffeln) und Spiegeleiern zum Z’Nacht.
7. November 2021, Isla Contadora – Mogo-Mogo
Nach einem kurzen Segeltrip erreichten wir das unbewohnte Inselchen Mogo-Mogo und ankerten in einer gut geschützten Bucht. Da auch hier der Sonntag ein Ruhetag war und das Wetter eher etwas trübe, machten wir uns einen faulen Tag. Leider trieb hier sehr viel Unrat auf dem Wasser (wie schon oft beobachtet). Als sich ein grösserer Baumstamm dem Schiff näherte, wollte Köbi schnell die Leiter einziehen und leerte dabei dummerweise den Kaffee über den Laptop, was diesen gar nicht freute und sofort in den Ausstand gehen liess. Das hielt uns aber nicht davon ab, schon ab 18.00 Uhr Ortszeit, d. h. 24.00 Uhr Schweizer Zeit meinen Geburtstag gebührend zu feiern. Dazu präparierte uns Pia mit den frischen Lasagneblättern von Nelly eine fantastische Lasagne und gleichzeitig noch wunderbare Schoggi-Muffins. Die passenden Getränke durften nicht fehlen.
Auch heute Nacht bestaunten wir wieder das leuchtende Plankton, ein wirklich phantastisches Phänomen.
8. November 2021, Mogo-Mogo – Isla Casaya
Nach einem erfrischenden Morgenbad legten wir gegen Mittag ab. Bei einer kräftigen Brise aus Nordost ging es unter Segel in Richtung des nächsten Ankerplatzes in einer Bucht vor der Isla Casaya. Der Ankervorgang war infolge des schlickigen Untergrundes eher schwierig aber klappte dann beim dritten Anlauf. Da die Anixi auch hier vor Anker lag, wurden wir von deren Crew heute zum alternierenden Nachtessen eingeladen. Vorher spielten wir zu sechst das äusserst beliebte Bordspiel «Brändi DOG», bei dem mein Partner Köbi manch tiefen Schnauf wegen meiner unkonventionellen, sprich unbedarften, Spielzügen von sich gab.
9. November 2021, Isla Casaya – Isla Pedro Gonzales
Halleluja, der Laptop von Köbi erwachte wieder aus dem Dornröschenschlaf. Riesige Erleichterung bei uns allen und rasche Wiederaufnahme der sehr aufwändigen Vorbereitungen für die Galapagos- und Südsee-Reisen durch Köbi.
Am Nachmittag legten wir unter Segel die wenigen Seemeilen zum nächsten Ankerplatz zurück. In der schönen Bucht, in der es ausnahmsweise mal Palmen hat, konnten wir problemlos auf einem Köbi bereits bekannten Platz Anker werfen. Da es sehr windig war, blieben wir auf dem Schiff. Abends besuchten uns die Nachbarn von der Anixi und ich durfte mich als Hilfs-Smutje betätigen und Teigwaren mit Sauce Bolognese kredenzen. Der Abend wurde wie schon bald gewohnt mit Brändi DOG abgeschlossen, wobei Köbi und ich trotz meiner verbesserten Kenntnissen (im Schlaf trainiert!) noch nicht gewinnen konnten.
10. November 2021, Isla Pedro Gonzales
Um den schönen, palmenbestandenen Strand zu erreichen, machten Marianne und ich das StandUp Brett flott und ruderten. Auf dem samtweichen Sand machten wir wieder mal einen Spaziergang. Schon bald hatten wir aber beide das Gefühl, wir hätten schon einen Drink zu viel genehmigt, weil die Welt leicht schwankte. Aber aus früherer Erfahrung wussten wir: ein Zurückgewöhnen an den festen Untergrund nach dem langen Schaukeln auf dem Schiff.
Beim Schnorcheln war es leider etwas trüb und so waren wir dann bald wieder an Bord. Kaum an Bord legten wir aber kurz danach nochmals mit dem Dinghi ab. Auf der Insel, die in Privatbesitz ist, durften wir nach Limonen, Kokosnüssen und Kochbananen suchen. Dabei machten wir eine kleine Rundwanderung um das Ostkap der Insel über fantastisch ausgewaschene Felsformationen, die ausser bei Ebbe normalerweise unter Wasser liegen.
Zurzeit ist der Ebbe-Flut Unterschied immer noch gegen 4 Meter, was uns immer wieder erstaunt.
Abends besuchten uns erneut die Nachbarn von der Anixi und nach einem weiteren feinen Essen verloren Köbi und ich nur noch wegen schlechter Karten und nicht mehr wegen fehlender Fähigkeiten. An meiner Technik beim Austauschen von Kugeln muss ich aber wohl noch etwas arbeiten 😉.
11. November 2021, Isla Pedro Gonzales
Da es ganz leicht kühler geworden ist, 27° statt 28°, schlief ich durch bis uns die Sonne weckte, und wir begannen den letzten Tag vor Ort zu planen. Köbi würde noch gerne die Wasserlinie etwas vom schleimigen Belag befreien und Pia wäscht unsere Wäsche damit wir wieder zivilisationstauglich werden. Zur Stärkung bricht uns Köbi das köstliche Kokosnuss-Fleisch aus der harten Schale.
Wir tauchen wie prustende Walrösser unter der Lupina herum und reinigen mit Lappen den Schiffsrumpf.
Auch an diesem Abend starten wir nach einem feinen Curry nochmals eine Runde unseres Bordspiels, aber auch diesmal schaffen es Köbi und ich, auch wenn nur sehr nur knapp, einen Sieg nach Punkten zu verlieren.
12. November 2021, Isla Pedro Gonzales – Panama-City
Da der Wind kräftig aus Nordwest kommt, müssen wir für 2 Stunden gegen den Wind aufkreuzen. Danach sind wir gezwungen, auf den Motor umzustellen, damit wir unser Ziel noch vor Dunkelheit erreichen. Knapp 10 Meilen vor der Stadt kommt plötzlich Aufregung in die müde Truppe: Die ausgelegte Fischerleine zuckt und dann beginnt der Kampf von Mann Köbi gegen einen schnellen Fisch. Nach einer guten Viertelstunde kommt endlich der silbrig schimmernde Fang an die Oberfläche. Mit der gut ausgerüsteten Crew zusammen wird der zuckende, ca. 80 cm lange Fisch an Bord gehoben, betäubt und erstochen. Erst dann darf sich der stolze Fischer mit seinem Fang zeigen.
Nahe an riesigen Frachtern vorbei fahren wir gegen 17 Uhr in Panama City ein.
Ergänzung vom Skipper: Wir haben eine wunderschöne Zeit zusammen verbracht. Vielen Dank, Marianne und Martin, dass ihr unseren Segleralltag durch eure Anwesenheit aufgelockert habt. Nun muss ich das Unterschiff leider wieder alleine putzen 😉 Das Schiff ist nun wieder leer. Aber es wird sehr bald wieder gefüllt: in den nächsten Tagen bereiten wir uns auf die nächste grosse Etappe vor, den Schlag auf die Galapagos Inseln. Es gibt viel zu bunkern und diverse Arbeiten zu erledigen, um die Lupina und seine Crew auf die fast 1000 Seemeilen lange Reise hin zum Äquator optimal vorzubereiten. Eine Einreisegenehmigung haben wir noch nicht erhalten, aber wir sind zuversichtlich.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser
Segelferien auf der Lupina mit Pia und Köbi vom 7. Oktober bis 3. November 2021
Vor genau drei Jahren war ich mit ihnen auf den Kanaren und darf jetzt für 4 Wochen wieder auf die Lupina. Am Flughafen erwartet mich ein strahlendes Paar, obwohl ich sehr verspätet erscheine. Los geht’s mit dem Mietauto von Panama City Richtung Colon auf die Atlantikseite. Etwa 90 Minuten Fahrt, erst Autobahn, dann holprige, dunkle Strassen bis zur Shelter Bay, wo Lupina auf uns wartet. Immer noch schön, fit und schlank die Dame.
Die Kanaldurchfahrt kommt näher, darum für die nächsten drei Wochen Grosseinkauf in Colon.
Kurz vor der Ankunft eine Fontäne und ein dunkler Körper, der steil aus dem Wasser springt: Buckelwale!! Zu schnell und zu weit weg für unsere Kameras, aber herrlich zu sehen.
Unsere frischen Vorräte gehen langsam zu Ende. Ein leichter Wind und die Entscheidung ist einfach. Wir brechen auf zur Isla Contadora. Eine bewohnte Touristeninsel. Viele Boote ankern vor einem weissen Strand. Kleine Flugzeuge starten und landen. Es ist Samstag, die einheimischen Touristen kommen fürs Wochenende nach Contadora. Wir werden fündig: 3 kleine Shops bieten wenig und teure Ware an.
Wir schnorcheln bei recht viel Strömung. Der Wind bläst ausnahmsweise den ganzen Tag. Wir Frauen möchten weiter segeln, der Skipper ist nicht motiviert (wir ziehen im dafür später zur Strafe die Ohren lang). Am Abend wieder Gewitter und starker Regen.
Am nächsten Morgen, beim Frühstücken, plötzlich wieder Wale, zwei oder drei, diesmal viel näher. Dann ganz nah am Schiff, etwa hundert Meter. Vermutlich ein Muttertier mit ihrem Kalb. Fantastisches Erlebnis, das Hühnerhaut und Emotionen auslöst. In der Ferne, Richtung unserem Ziel Panama, sehen wir eine Gewitterfront. Der Wind frischt auf. Voller Freude segeln wir los, mit Grosssegel und Genua. Schon ist die Gewitterfront da. Ein Squall zieht über uns her. Die Lupina legt sich schön auf die Seite und freut sich. Endlich kann sie flitzen, und ich freue mich mit. Mein Wunsch geht in Erfüllung!
Am nächsten Tag treffen wir Köbi’s Schwester Marianne und ihren Ehemann Martin. Sie kommen nach mir zum ersten Mal auf die Lupina.
So, des Guten genug, nun endet mein Bericht und mein Aufenthalt auf der Lupina.
Ganz lieben Dank, Pia und Köbi, es war wunderschön. Alle meine Wünsche haben sich schlussendlich erfüllt. Ich wünsche euch eine zügige Überfahrt zu den Galapagos und freue mich schon darauf, mit euch den Südpazifik zu entdecken.
Nachtrag von der Lupina: vielen Dank Nelly für die Berichtverfassung. Es hat wiederum viel Spass gemacht mit dir – Französisch Polynesien wartet 😉 Zuerst besegeln wir aber mit Köbi’s Schwester Marianne und ihrem Mann Martin noch einmal die Las Perlas und machen uns dann auf in Richtung Galapagos Inseln
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
Der Panama Kanal, erstellt zwischen 1903 und 1914, ist eines der weltweit bekanntesten Bauwerke. Er erstreckt sich über rund 80km von Colon auf der Atlantikseite quer durch Panama südwärts nach Panama City zum Pazifik. Jährlich wird er von rund 14’500 Schiffen passiert. Die Grösse der Schleusen hat fast ein Jahrhundert lang die maximale Grösse der weltweit gebauten Schiffe bestimmt. Schiffe der sogenannten «Panamax-Size» passen gerade noch zentimetergenau in die Schleusen (320 Meter lang, 33,5 Meter breit).
Der Kanal hat auf jeder Seite 3 Schleusenstufen, wovon jede rund 8 Meter Höhendifferenz überwindet. Auf der Atlantik Seite heben die Gatun-Schleusen die Schiffe hoch in den Gatun See und auf der Pazifik Seite führen zuerst Pedro Miguel (1 Stufe) und dann Miraflores (2 Stufen) runter in den Pazifik. Jede Stufe besteht aus einem parallel angeordneten Schleusenpaar, so dass die Schiffspassagen im Pendelverkehr möglich sind. Zwischen den Schleusen fahren die Schiffe durch einen riesigen Stausee, den Lake Gatun, der durch das Aufstauen des Rio Chagres durch den Gatun-Damm entstanden ist. Ein 12,7 Kilometer langer, tief ins Gelände eingeschnittener Kanal (Culebra oder Gaillard Cut) führt dann schlussendlich durch das Gebirge zu den Schleusen im Süden. Mit jeder Schiffspassage fliessen über die Schleusen fast 200 Mio. Liter Süsswasser ins Meer. Das ist in der Regenzeit kein Problem, aber in den Trockenperioden braucht es Ausgleichsbecken, in die das Wasser wieder hochgepumpt werden kann.
Nun der Reihe nach (etwas ausführlicher beschrieben, falls andere Segler davon profitieren wollen): wir haben uns entschieden, die Kanaldurchfahrt ohne die Hilfe eines Agenten zu organisieren. Das bedingt das Studium des genauen Verfahrens, ist aber unter dem Strich relativ einfach. Als Hauptinformationsquelle benutzten wir hauptsächlich die unter Langfahrten-Seglern gut bekannte Informations-Plattform «noonsite.com», sowie die Instruktion der Kanalbehörden (Procedures for Securing a Handline Transit of the Panama Canal). Bevor wir unsere Panamalandreise gestartet haben, wurde von uns per Mail die Kanalbehörde in Cristobal (Colon, OPTT-ARA@pancanal.com) angeschrieben und um eine Kanaldurchfahrt angefragt. Diesem Mail haben wir ein ausgefülltes Formular (Formular Nr. 4405, Information über Schiff und Crew) beigelegt und um einen Termin für die Messung des Schiffes gebeten. Nach zwei Erinnerungsmails erhielten wir ein weiteres Formular zugestellt, wo wir unsere Bankverbindung auf der 2. Seite des Formulars eintragen mussten (für die Rückzahlung einer Sicherheitskaution). Dies erledigten wir umgehend. Nach 3 Telefonanrufen war dann der Termin für die Vermessung festgelegt auf den 30. September 2021.
Die Durchfahrt durch den Panamakanal war wunderschön, ein einmaliges Erlebnis. Zu Dritt (Nelly, Pia und Köbi) segeln wir nun weiter und erkunden in den nächsten Wochen die Las Perlas Inseln. Wie es uns da wohl mit den 4 Metern Gezeiten, den Mücken, Krokodilen und Haien ergeht?
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser
Seit dem 30. September sind wir wieder zurück auf der Lupina. In der Zeit seit dem letzten Bericht haben wir sehr viel erlebt, was wir im Folgenden in komprimierter Form erzählen wollen.
Zuerst reisten wir für knapp 5 Wochen in die Schweiz. Wie üblich durften wir wieder bei guten Freunden im Heimatdorf wohnen (vielen Dank Mandy und Dani!!) und haben von dort aus die jährlichen «Büroarbeiten» erledigt, Materialbestellungen für uns und Boot getätigt, sowie Familie und Freunde besucht.
Am 12. September fliegen wir wieder zurück nach Panama. Direkt am Flughafen mieten wir für 3 Wochen ein Auto, fahren mit unserem Gepäck zur Lupina in die Shelter Bay Marina (Colon) und bereisen dann bis Ende September das Festland von Panama. Wir bereisen vorwiegend die Pazifikküste im Süden, die Berglandschaft im zentralen Westen von Panama und die Strecke über die Berge ins Gebiet von Bocas del Toro.
Nach der schönen Zeit in Lucero/Boquete fahren wir zurück zur Lupina. Seit dem 30. September leben wir nun wieder auf geschätzt knapp 25 Quadratmeter Wohnfläche. Was für ein Szenenwechsel! Aber wir freuen uns auf das, was in den nächsten Tagen und Wochen kommt: Erneuerung des Antifoulings am Schiff, Besuch aus der Schweiz, Fahrt durch den Panamakanal, Pazifik und vieles mehr.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
Am 11. Juli 2021 erreichen wir nach einer entspannten Überfahrt das San Blas Archipel. Wir entscheiden uns, von der Hauptstadt Porvenir fern zu bleiben, weil da der Congreso, die «Regierung», sitzt. Der Congreso hatte angekündigt, dass per 1. Juli eine neue Cruising-Gebühr eingeführt werde. Diese ist so exorbitant hoch (für unser Schiff wären es 2’500 USD), dass wir gleich wieder umkehren müssten. Wir laufen als erstes die Insel Chichime an. Wir werden dort und auch später im Verlaufe der Reise nie nach dieser Gebühr gefragt.
San Blas, von den Ureinwohnern in ihrer Sprache Gunayala (oder auch Kuna Yala) genannt, ist ein Archipel an 365 Inseln an der nordöstlichen Atlantikküste von Panama. Hier lebt das Volk der Kunas. Ein Indiovolk, ursprünglich aus Kolumbien, welches hier noch sehr ursprünglich und einfach lebt und versucht, seine über Generationen überlieferte Kultur zu bewahren. So einiges ist bei den Kunas anders und es ist unglaublich spannend, in die Welt dieser Menschen einzutauchen. Einmal mehr merkt man, dass man gar nicht so viel braucht, um glücklich zu sein…
Die Kuna-Indianer leben mit ihren ganz eigenen Regeln, Bräuchen und Traditionen, sprechen ihre eigene Sprache (Kuna) und alle 52 Dorfgemeinschaften sind weitgehend autonom vom Staat Panama. Nach einem Aufstand gegen die Zentralregierung Panamas, einer kleinen Revolution 1925 sowie der Gründung der Republik 1930, erhielt das Gebiet 1953 schlussendlich ein Gesetz, welches ihnen diesen Sonderstatus auch offiziell einräumt. Dies ist in Lateinamerika so einzigartig.
Die Motive auf den Molas kommen oft aus der umgebenden Natur. Es können Korallenriffe sein, Palmen oder Blumen, auch Tiere wie Krebse, Fische oder Schildkröten. Inzwischen gibt es auch Alltagsgegenstände wie Teetassen oder Ventilatoren, sogar Parteilogos und Comicfiguren. Die meisten Molas werden in Handarbeit hergestellt, man findet auch maschinell gefertigte, die natürlich viel billiger sind. Abhängig vom Design kann ihre Herstellung zwischen zwei Wochen und sechs Monaten dauern.
Man geht davon aus, dass sich die Muster der Molas aus den früheren Tätowierungen der Kuna entwickelt haben, mit denen sie sich traditionell geschmückt hatten. Kleidung aus Stoff war eigentlich nicht im Programm. Nach der Kolonialisierung durch die Spanier wurde den Kunas das Nacktsein verboten, und so fingen sie an, ihre Muster auf Textilien zu bringen.
Bei den Kuna haben Frauen das Sagen und es herrscht das Matriarchat. Ihre Frauen sind das Oberhaupt der Familie. Sie wählen sich ihren Partner, nach der Hochzeit zieht der Mann zur Familie der Frau und nimmt ihren Namen an.
Es ist also nicht verwunderlich, dass sich die meisten Feste der Kuna um die Frauen drehen. Da gibt es zum Beispiel das „Inna-suit“, das Fest, an dem die Mädchen mit vier bis fünf Jahren ihren Namen erhalten und den ersten Haarschnitt bekommen. Dann gibt es das Fest „Ico-Inna“, das Fest der Nadel, an dem ein junges Mädchen nach ihrer ersten Menstruation einen Goldring durch die Nase bekommt, als ein Zeichen für ihre Reife und Weiblichkeit. Und dann ist da noch die Hochzeit „Inna-Mutiki“, an der das ganze Dorf teilnimmt und die über mehrere Tage gefeiert wird. Erst danach darf eine Frau die komplette Tracht tragen, deren wichtigster Teil die bestickten Molas sind. Sie bestimmen den sozialen Status ihrer Trägerin – je aufwendiger sie sind, desto besser.
Wer sich im San Blas Archipel ein schönes Plätzchen mit einem Bungalow sichern möchte, hat (zum Glück) Pech gehabt. In Kuna Yala, dem Land der Kunas, darf durch Fremde kein Land gekauft oder gepachtet werden, der Verkauf an eine Nicht-Kuna Person ist untersagt. Zudem sind die 365 Inseln des Archipels allesamt im Besitz der Frauen. Land ist und bleibt somit Familien- und Frauenbesitz.
Jetzt kommt vielleicht die Frage auf, was passiert, wenn eine Familie kein Mädchen bekommt, sondern nur Jungs. An wen wird der Besitz der Mutter vererbt? Und nun wird es interessant: werden nur Jungs geboren, wird der jüngste Knabe wie ein Mädchen behandelt und erzogen. Spaziert man durch ein Kuna Dorf, kann man diese Männer manchmal gut erkennen. Die Kleidung ist femininer und teilweise sind Augen und Wangen leicht geschminkt. Diese Männer werden geehrt und sind höchst respektiert.
Kaum eine Kultur konnte ihre ursprünglichen Traditionen noch so wahren wie die Kunas. Und so erstaunt es nicht, dass eine Heirat mit Nicht-Kunas in Kuna Yala bis vor kurzem strengstens untersagt war.
Die Bräuche der Kunas sind für uns teilweise erstaunlich, teilweise unvorstellbar aber allesamt sehr faszinierend. Es ist ein für uns einzigartiges Erlebnis, für eine kurze Zeit in diese Kultur eintauchen zu dürfen. Wir wünschen den Menschen, die hier in und mit der Natur leben, viel Ausdauer und Mut, sich den Versuchungen der modernen Welt zu widersetzen.
Wir müssen nach knapp 4 Wochen leider schweren Herzens wieder Abschied nehmen von Gunayala und segeln zurück nach Colon in die Shelter Bay Marina. Die Crew der Anixi entscheidet sich, die rund 70 Seemeilen in einem Nachtschlag zu absolvieren, wir, die Lupina Crew, entscheiden uns für zwei Tagesetappen: zuerst bis zur Linton Bay, und dann in die Shelter Bay. Dort treffen wir nach einem schönen Segel Tag und einer zweiten Etappe unter Motor am 2. August ein.
Morgen Montag, 9. August, fliegen wir nun für knapp 5 Wochen in die Schweiz. Die Lupina hat einen guten Liegeplatz und ist in den letzten Tagen für die lange Standzeit von uns vorbereitet worden. Alles, was nicht an Deck gebraucht wird, haben wir zum Schutz gegen das aggressive Sonnenlicht zugedeckt oder unter Deck verstaut.
Wir melden uns nach unserer Rückkehr nach Panama wieder. Zuerst wollen wir dann Panama auf dem Landweg bereisen. Danach wird die Lupina aus dem Wasser geholt und sie kriegt einen neuen Anstrich des Unterwasserschiffes – tja, und dann geht es endlich durch den Panamakanal in den Pazifik.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser! P.S.: am kommenden Mittwoch schalten wir unser nächstes Video, diesmal über Gunayala, frei
Die etwas mehr als 200 Seemeilen von Bocas del Toro im Nordwesten von Panama zu den San Blas Inseln im Nordosten sind segeltechnisch anspruchsvoll. Die Fahrt führt ostwärts und daher meist gegen die vorherrschende Windrichtung. Man könnte in Ufernähe segeln und die Landwinde nützen, aber Fischernetze und Untiefen sprechen dagegen. Zudem kreuzt man auf dieser Strecke die von grossen Hochseeschiffen stark befahrene nördliche Einfahrtszone zum Panamakanal. Einzig die Strömung, die in diesem Teil des Landes herrscht, ist zu unserem Vorteil und fliesst mit rund einem Knoten Geschwindigkeit in unsere Richtung. Wir planen, die Strecke in kleinere Abschnitte zu unterteilen, die wir bei Tageslicht bewältigen können. Einzig die Etappe von rund 100 Seemeilen zum Rio Chagres absolvieren wir mit einer Nachtfahrt. Soweit unser Plan.
Die nächste Etappe bewältigen wir in einer Nachtfahrt. Wir verlassen Escudo de Veraguas um die Mittagszeit und erreichen den Rio Chagres kurz nach Sonnenaufgang am nächsten Tag. In der Nacht ziehen starke Regenzellen über uns hinweg zum Festland. Wir sind nicht sicher, ob wir unser Vorhaben, mit den Schiffen flussaufwärts bis zum Staudamm am Gatun See zu fahren, durchführen können. Falls der starke Regen zu Hochwasser mit viel Schwemmgut geführt hat, dann wäre es zu gefährlich. Zu unserem Erstaunen treffen wir einen ruhig dahinfliessenden Fluss an, der gemächlich sein Wasser Richtung Meer trägt. Einzig an seiner Mündung jagen uns bei der Umrundung der heimtückischen Sandbänke einige Turbulenzen den Adrenalinpegel etwas hoch. Kaum haben wir jedoch diese Stelle passiert, befinden wir uns in einer spektakulären Umgebung mitten im Urwald.
Vom Rio Chagres geht die Fahrt weiter Richtung Osten, quer durch die Einfahrtsgewässer zum Panamakanal. Es herrscht ein reger Verkehr und wir beobachten die Bewegungen auf unserem AIS Monitor. Wir haben volle Segel und machen gute Fahrt. Aber gerade verlässt die «Hannover Express», eines der grössten Containerschiffe, die Schleuse und nimmt Fahrt auf. Mit etwas mehr als einer halben Meile Abstand segeln wir vor dem herannahenden Riesen durch. Die Anixi hinter uns muss anluven und eine Wende fahren (beim Auto würde man das eine Vollbremsung nennen). Ihr reicht es nicht mehr, und sie muss abwarten, bis das fast 400 Meter lange Containerschiff vorbei ist. Wir rauschen mit der Lupina weiter und stellen kurz darauf fest, dass ein weiteres Containerschiff von einer ähnlichen Grösse den Kanalraum verlässt. Diesmal genau auf uns zu. Rund 500 Meter, bevor wir in das Fahrwasser des Schiffes kommen, müssen auch wir eine Wende fahren. Gewaltig, wenn so ein Monster auf einem zu hält. Wir staunen und sind fasziniert – und vergessen darob, das Ganze zu fotografieren 😊😊
Seit dem 1. Juli ist es für Segler wieder offiziell erlaubt (Covid), San Blas anzulaufen. Allerdings haben die lokalen Behörden auf dieses Datum hin auch ein Gesetz in Kraft gesetzt, das für Segler wie uns einen Besuch dieses Archipelagos unattraktiv macht. Gemäss diesem Gesetz soll eine Gebühr von 5 Dollar pro Quadratfuss Fläche erhoben werden. Unser Schiff hat rund 500 Quadratfuss, was eine Gebühr von 2500 Dollar ergeben würde. Bisher haben wir keinen Segler getroffen, der diese Gebühr bezahlen musste und es kursieren die wildesten Gerüchte, ob es sich hier um Fake News oder wahre Information handelt. Wir haben entschieden, sofort wieder abzureisen, falls diese Gebühr für uns wirklich erhoben würde. Seit dem 11. Juli sind wir nun hier im Gebiet der Kuna Indianer, und erkunden eine Insel nach der andern. Können wir das weiterhin tun – oder müssen wir unseren Plan ändern? Bald wissen wir mehr!
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!