San Cristóbal (Galapagos) – mitten in den Zoo

Am 29 November 2021 fällt unser Anker in der Wreck Bay im Hafen von Baquerizo Moreno auf San Cristóbal. Wir sind das einzige Segelschiff

Kurz vor Mittag sind wir einklariert und fahren mit dem Vertreter unseres Agenten an Land. Uns wurde davon abgeraten, das eigene Dinghi zu verwenden. Das eigene Dinghi benutzt man hier besser nicht. Einerseits gibt es praktisch keine Landestellen, wo man anlegen darf, und andererseits willst du nicht, dass dein Dinghi von den Seelöwen als schön schaukelnde Badeplattform missbraucht wird. Das ist aber alles kein Problem, denn es gibt Wassertaxis, die uns für 1 Dollar pro Person an Land oder zurück bringen. Sehr bequem, schnell und zuverlässig. Vom Schiff aus rufen wir per Handzeichen oder über Funk (VHF Kanal 14) ein Taxi herbei, am Land stehen wir einfach an den Pier und winken eines herbei. Einfach!

Das Wassertaxi bringt uns für 1 Dollar pro Person an Land

Schon beim Setzen des Ankers, aber spätestens an Land realisieren wir: wir sind mitten im Zoo gelandet! Nicht auf der Zuschauerseite, nein, direkt im Gehege drin! Die Tiere, die hier vorkommen, haben vor den Menschen keine Scheu und leben mitten unter ihnen.

San Cristóbal ist die Insel der Seelöwen. Du triffst sie überall an: unter der Parkbank …
… auf der Parkbank …
… überall auf den Felsen am Ufer. Meistens schlafen sie tagsüber, denn in der Nacht schwimmen sie raus auf das offene Meer und schlagen sich an den grossen Fischschwärmen den Bauch voll

Die Tierwelt auf den Galapagos Inseln ist einzigartig. Das Galapagos Archipel liegt rund 1’000 Kilometer vor der Küste von Ecuador. Es besteht aus 13 grossen Inseln (mit mehr als 10 km2), neun mittleren Inseln (1-10 km2) und weiteren 107 kleineren Inselchen, die um den Äquator verteilt sind. Es wird geschätzt, dass die Entstehung der ersten Insel vor mehr als 5 Millionen Jahren als folge tektonischer Aktivitäten stattfand. Die jüngsten Inseln, Isabela und Fernandina genannt, befinden sich noch im Entstehungsprozess. Der jüngste Vulkanausbruch wurde 2020 registriert. Die tektonische Platte, auf der die Galapagos Inseln liegen, bewegt sich mit 3-9cm pro Jahr in Richtung Südamerikanischer Kontinent. Darunter liegt ein sogenannter «Hot Spot», eine heisse Stelle im Erdinnern, die immer wieder dafür sorgt, dass Lava an die Erdoberfläche gedrückt wird. Das erklärt, dass die ältesten Inseln im Osten liegen, und die jüngsten im Westen.

Alle Lebewesen, die sich auf den Inseln befinden, sind auf die Inseln geschwommen (z.B. Fische, Seelöwen, Pinguine), geflogen (z.B. Vögel, Samen von Pflanzen) oder geschwemmt worden (z.B. Reptilien, Insekten auf Treibgut). Einmal auf den Inseln angekommen haben sich die Lebewesen genau auf das vorherrschende Klima und die vorhandene Nahrung eingestellt. Das erklärt, warum es hier Arten gibt, die es sonst nirgends auf der Welt gibt. Das erkannte auch Charles Darwin, als er am 18. September 1835 anlässlich einer Expedition mit der HMS Beagle auf San Cristóbal landete und die spezielle Flora und Fauna hier antraf. Unter anderem auch diese Entdeckungen mündeten schlussendlich in der berühmten, damals revolutionären Evolutionstheorie von Charles Darwin.

Ecuador Krebs, nur auf Galapagos ist er so farbig
Galapagos Lava Eidechse, das am häufigsten gesichtete Reptil auf den Galapagos Inseln. Davon gibt es 7 verschieden Arten. Diese mit weissen Streifen an der Seite gibt es nur auf San Cristóbal
Meerechse, nur auf den Galapagos Inseln vorkommende Leguan Art, die bis zu 1.30m lang werden kann. Dieses Männchen ist gerade dabei, sich ein neues Kleid anzuziehen. Das alte (braun) weicht dem neuen (schwarz)
Die Meerechse ist unter den heute lebenden Echsen die einzige Art, die ihre Nahrung (hauptsächlich Algen) im Meer sucht. Dabei können sie bis zu einer halben Stunde unter Wasser bleiben und bis auf 15 Meter tief abtauchen. Das mit der Nahrung aufgenommen überschüssige Salz scheiden sie durch Chlorid-Zellen in Drüsen an den Nasenlöchern aus. Das wird dann mit einem kräftigen Schnauben entsorgt
Wanderung zu Bahia Darwin im Nordosten unseres Ankerplatzes. Die Wanderung beginnt in einem sehr interessanten und informativen Interpretations-Zentrum und führt dann auf gut ausgebautem Wanderweg durch die küstennahe Trockenzone
Blick über die Darwin Bay. Hier ist Charles Darwin mit der HMS Beagle im Jahr 1835 gelandet. Im Hintergrund ein Versorgungschiff, dessen Fracht auf offenem Meer umgeladen wird auf einen kleineren Frachter mit weniger Tiefgang
Die Vegetation auf den Inseln ist vielfältig. An der Küste wachsen besonders salztolerante Arten. Unmittelbar danach folgt eine Trockenzone, eine Halbwüste, weil es in diesem Bereich praktisch nie regnet (Bild). Je weiter man in die Höhe geht, umso feuchter wird das Klima
In der Trockenzone gibt es zwar keinen Regen, aber besonders in den Sommermonaten viel Feuchtigkeit in der Luft. Die Bäume und Sträucher sind entsprechend überdeckt mit Mies, welches das Wasser aus dem nebelartigen Niederschlag auffangen kann
Nach der Darwin Bay geht’s noch weiter der Küste entlang zum Playa Baquerizo. Ab hier ist der Wanderweg etwas beschwerlicher, dafür umso spannender
Monument von Charles Darwin an der Darwin Bay
Blaufuss Tölpel, diese gibt es nicht nur auf Galapagos. Das Wort «Tölpel» stammt übrigens vom Wort «Tollpatsch» ab. Die Tölpel sind zwar ausgezeichnete Flieger, aber ihre Fortbewegung an Land regen schon zum Schmunzeln an
Darwin Fink. Auf Galapagos gibt es insgesamt 13 Unterarten dieses Finkes. Für den Unterschied sorgt die Nahrung. Je nach Nahrung ist der Schnabel speziell dafür ausgebildet
Galapagos Fliegenschnäpper
Ohrwurm-Möve oder auch Galapagos-Möve genannt. Charakteristisch sind ihre roten Augenränder. Sie ist nur auf den Galapagos heimisch, fliegt aber bis weit runter in den Süden des Südamerikanischen Kontinentes
Galapagos brauner Pelikan. Auch diese Unterart der Pelikane gibt es nur auf Galapagos. Besonderes Merkmal ist der weisse Kopf und der braungraue Flaum an Hinterkopf und Hals
Obwohl die Wassertemperaturen zu dieser Jahreszeit recht frisch sind (20°C an der Oberfläche – ok, für Hartgesottene kein Problem, aber wir wurden die letzten 2 Jahre in der Karibik bei 26°C und mehr zu Weicheiern 😊) entscheiden wir uns für einen Tauch- und Schnorchel-Ausflug zum El Leon Dormido (auch Kickers Rock genannt). Diese Felsinsel ragt steil aus dem Meer empor und hier soll es vor allem auch grosse Tiefseefische haben
Zuerst fesseln uns beim Eintauchen ins Wasser die faszinierende Artenvielfalt der Korallen und ihre Farbenpracht
Dann wird es plötzlich dunkel um uns, und wir sind mitten in einem Riesenschwarm von Fischen. Sie suchen in der Nähe der Felswand Schutz vor Raubfischen
Die Felswand fällt fast senkrecht 50-100 Meter in die Tiefe. An dieser Wand wachsen Korallen und bieten Unterschlupf für viele Lebewesen. Diesen Fisch kenne ich leider nicht – falls du ihn kennst, lass es mich wissen!
Eine Schildkröte kommt zu Besuch und beobachtet uns Taucher und Schnorchler von knapp unter der Wasseroberfläche
Ein Seelöwe will mit mir spielen
Ein mächtiger Stachelrochen (sicher über 1.2m Durchmesser) duckt sich auf die Felsen
Ein nächstes Highlight der beiden Tauchgänge: ein Skorpion-Fisch, der sich nahezu perfekt der Umgebung anpasst
Und dann plötzlich Hektik in der Tauchgruppe. Das Wasser ist etwas eingetrübt und die Sicht nicht ganz gut. Aus etwa 10 Meter Distanz taucht aus dem trüben Wasser der erste Hai auf. Es ist ein harmloser Galapagos Riff Hai, etwa 3m gross
Ein paar Meter über uns zieht ein Hammerhai seine Kreise
Und zum Abschluss dieses unvergesslichen Schnorchel- und Tauchausfluges: ein Seepferdchen (ich sehe zum ersten Mal eines in freier Wildbahn)

Nach einem Faulenztag, den wir mit diversen Tätigkeiten auf dem Schiff verbringen juckt es uns wieder in den Beinen und wir wollen die Küste hinter dem Flugplatz von Puerto Baquerizo Moreno erkunden.

Die Wanderwege im Nationalpark sind überall immer gut markiert und beschildert, und gut unterhalten
Wir sind hier in einer Gegend der Insel, wo es im Sommer nie regnet und im Winter jeweils fast täglich kurz und heftig. Dieser Kaktus hat sich perfekt an diese Situation angepasst. Ein normaler Kaktus würde bei viel Wasser zu kopflastig und daher umknicken. Diese Kaktusart beginnt das Leben als einzelnes Blatt, das aus dem Boden wächst (Pfeil 1). Dann vermehren sich die Blätter in einer Reihe und verzweigen sich noch nicht (Pfeil 2). In der dritten Phase verdicken sich die unteren Blätter zu einem Stamm (Pfeil 3) und erst darüber verzweigen sich dann die Triebe.
Und so sieht der Kaktus in seiner ausgewachsenen Form aus – wie ein Baum – perfekt angepasst an die Rahmenbedingungen, in denen er gedeiht …
… und sogar schöne Blüten bringt dieser spezielle Kaktus hervor
Das Ende unserer Wanderung, die Barranco Klippe. Hier erkämpft sich das Meer zurück, was ihm vor Millionen von Jahren durch heisse Lava genommen wurde
Meist kocht Pia uns ein feines Nachtessen auf dem Schiff. Ab und zu, vor allem zur Belohnung nach einem körperlich anstrengenden Ausflugstag, gönnen wir uns ein schmackhaftes Essen in einem lokalen Restaurant. Hier ein leckeres «Arroz marisco»
Die Galapagos Inseln sind auch bekannt für ihre Riesenschildkröten. Der Mensch hatte sie bis zum Ende des letzten Jahrhunderts fast völlig ausgerottet. Zusätzlich führten Naturkatastrophen (Vulkanausbrüche) dazu, dass ganze Kolonien unter heisser Lava und Asche verschüttet wurden. Hier besuchen wir «La Galapagera», eine sehr naturnahe Aufzuchtstation, wo Riesenschildkröten unter geschützten Bedingungen aufgezogen und im Alter von 6 Jahren wieder in die Natur entlassen werden
Die Schildkröten auf San Cristóbal können bis zu 150 Jahre alt werden. Pro Jahr legen sie zwischen 8-14 Eiern, aus denen in freier Natur etwa 20% Junge schlüpfen. Ausgewachsen wiegen sie im Schnitt um die 90 Kilo, die mächtigeren Männchen können bis zu 250kg schwer werden
Diese riesigen Landschildkröten ernähren sich ausschliesslich vegetarisch. Der auf Galapagos einzigartige «Manzanillo» Baum, der einen für die menschliche Haut irritierenden Saft hat und dessen Früchte für alle bekannten Lebewesen giftig sind, ausser für die Riesenschildkröten, liefert ihnen reichlich Nahrung

Unglaublich, was wir in den paar Tagen auf San Cristóbal alles an Tieren sehen und erleben durften. Du bist hier mitten in einer phantastischen Natur und jeder Tag lässt dich wieder etwas Neues entdecken. Wunderbar, wir sind absolut begeistert! Wir könnten noch lange hier bleiben, aber es gibt noch viel mehr zu sehen auf Galapagos. Mit dem Segelboot dürfen wir diejenigen Inseln anfahren und dort auch ankern, welche bewohnt sind. Als nächstes laufen wir nun die Isla Isabela an. Es ist die grösste Insel auf Galapagos und noch vulkanisch aktiv. Sie liegt rund 85 Seemeilen von San Cristóbal entfernt.

Dieser Kerl will unbedingt mitreisen – mal schauen ob er seetüchtig ist 😊
Zur Sicherheit, dass kein Seelöwe ins Cockpit kommt, haben wir den Heckeingang mit Fendern versperrt.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser

3 Antworten auf „San Cristóbal (Galapagos) – mitten in den Zoo“

  1. Lieber Köbi,
    Liebe noch unbekannte Pia,
    Seit eurer Abreise von England begleite ich euch virtuell und besuche fast täglich eure Homepage. Eure Berichte sind seeehr interessant und kurzweilig. Eigentlich müssten diese irgendwann zu einem Buch gebunden werden. Manchmal kommt Fernweh auf. Aber mit den Geschichten und Bildern sind wir ja mittendrinn. Vielen Herzlichen Dank, dass ihr uns an eurem Abenteuer so vielfältig teilhaben lässt.

    Hier ist es unten grau und oben blau. Am Hasliberg liegt 1.8m Schnee.
    Die Covidgeschichte beschäftigt alle. So langsam merken es auch eingefleischte Impfgegner, dass ihre Freiheit die Freiheit von Mitmenschen tangieren, indem sie die Intensivpflegeplätze mehrheitlich belegen. Bei den Turboladern ist nichts mehr wie früher. Die Firmenkultur von früher suche man vergebens. Ist halt der Lauf der Zeit.
    Ich wünsche euch allzeit gute Fahrt und in Küstennähe die sprichwörtliche Handbreit Wasser unter dem Kiel.
    Liebe Grüsse und frohe Weihnachten
    Aschi Weber

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert