Bonaire und die wieder gewonnene Freiheit

Am 17. Juni morgens um 8 Uhr haben wir unsere 14-tägige Quarantäne in der Harbour Village Marina in Bonaire angetreten. Während der ganzen Zeit dürfen wir nicht vom Schiff, höchstens ganz kurz auf unseren eigenen Steg um die Leinen, Fender und Stromkabel zu kontrollieren. Besucher dürfen wir keine empfangen. Wir haben genügend Lebensmittel an Bord und wir müssen keinen Hunger leiden. Gemüse und Früchte kriegen wir geliefert und einmal werden wir sogar von Nelly und Allan vom Schweizer Segelschiff SY Meerla mit frischen Berlinern überrascht, die sie in einer lokalen Bäckerei gefunden haben.

Wendy und Silvester, das befreundete Seglerpaar aus Bonaire, bringen uns regelmässig frisches Gemüse und Früchte vorbei. Sie deponieren es jeweils auf dem Steg und wir holen es an Bord, wenn sie wieder in sicherem Abstand sind

Die «aufgezwungene Ruhezeit» geht wie im Fluge vorbei. Wir lesen viel, absolvieren täglich mindestens 1 bis 2 Stunden Spanischlektionen mit Hilfe eines Programmes im Internet (Duolingo), und versuchen, mindestens eine Pendenz pro Tag am und im Schiff zu erledigen. Diese Pendenzen sind alles Dinge, die eigentlich nicht so wichtig sind und keine Rolle spielen für die Sicherheit und den Komfort am Schiff. Es sind eher Dinge, die wir schon immer mal machen oder präventiv erneuern wollten. Jeden Tag schaffen wir uns so ein Erfolgserlebnis und gehen abends zufrieden mit uns und der Welt ins Bett.

Gute Laune an Bord – auch in der Quarantänezeit
Pia fertigt ein Schnittmuster an für unsere Cockpit Sitzkissen. Die alten Überzüge sind abgenutzt und müssen dann nach diesem Schnittmuster neu gefertigt werden
Die Dichtungsfugen im Badezimmer sind alt und teilweise ausgebrochen (zu viel Putzen ist ungesund für diese 😉). Köbi kratzt sie mit einem Spezialwerkzeug vollständig heraus und legt dann neue Fugen. Die ersten gelingen noch nicht so gut, aber bald macht die Übung den Meister

Am 30. Juni ist es dann so weit. Ein Tag bevor die offizielle Quarantäne abläuft werden wir über Funk aufgefordert, ins Büro der Marina zu kommen. Mit Gesichtsmasken natürlich. Dort drückt uns die nette Dame am Schalter einen Telefonhörer in die Hand. Am anderen Ende der Leitung sitzt ein Vertreter des Gesundheitsamtes, der uns ein paar Fragen stellt zu unserem Befinden und Wohlergehen. Da unsere Antworten zufriedenstellend sind, bestätigt uns der Mann, dass wir nun unsere Quarantäne beendet haben und dass wir uns ab sofort frei bewegen dürfen. Da Bonaire als eines der wenigen Gebiete der Erde zurzeit COVID19 frei ist, gibt es gar keine Einschränkungen. 15 Minuten nach dem Telefon mit dem Gesundheitsamt haben wir eine Bestätigung in unserer Mailbox – und damit können wir nun offiziell in Bonaire einklarieren.

Unser erster Gang in die Freiheit – zum Zoll und Immigration zum Einklarieren
Bonaire – wir sind wieder da 😊
Schon am nächsten Tag verlassen wir die Marina und geben Lupina (Bildmitte) einen schönen Aussichtsplatz an einer Mooring (Boje)
Wir liegen direkt vor dem Zentrum von Kralendijk, der Hauptstadt von Bonaire

Am Tag, an dem wir die Marina verlassen, dürfen auch wieder die ersten Touristen per Flugzeug einreisen. Allerdings nur aus ein paar wenigen Ländern aus Europa oder den anderen Ländern der Holländischen Antillen. Wenn ein Tourist nach Bonaire kommen will, muss er zuerst einen Corona-Test bestanden haben der nicht älter als drei Tage alt ist. Auch das Einreisen mit einem Segelboot von ein paar Inseln mit wenig oder keinen aktiven COVID19 Fällen wird wieder ohne Quarantäne möglich. Viele Segler möchten sehr gerne nach Bonaire kommen, aber hier ist es momentan sehr voll. Die Marina ist mit den Quarantäneschiffen ausgelastet, und die rund 50 Mooring Plätze sind restlos belegt. Da bis zum 1. Juli die Grenzen nur bedingt offen waren, wird die Aufenthaltszeit vor diesem Datum nicht den erlaubten Aufenthaltstagen (für die meisten Nationen 90 Tage, für Holländer und US-Bürger 180 Tage) angerechnet. So kommt es, dass es viele «Langlieger» gibt, die an ihrer Mooring «kleben» und diese nun schon seit Monaten besetzt behalten.

Die Segler, die schon lange hier sind, haben sich gut organisiert. Fast jeden Abend findet irgendwo ein Anlass statt. Immer mittwochs wird ein BBQ organisiert: jeder bringt Grillbares und Beilagen selber mit, und Grill und Getränke liefert die «Million Dollar Bar» – eine Stehbar an vorderster Front. Nach der Quarantäne geniessen wir die Geselligkeit
Endlich kann Köbi wieder tauchen! Schnell findet er bei den Nachbarbooten Tauchpartner. Direkt vom Schiff taucht er immer mit David, dem Skipper des englischen Nachbarbootes «Mischief» (kleiner Schlingel). Hier macht er gerade einen Tauchgang vom Land aus mit den Amerikanern Jenn und Chris (SV Diva) und ihren beiden Crewmitgliedern Allison und Steward (Engländer)
Bei den Tauchgängen gibt es immer wieder etwas Spezielles zu sehen: eine ca. 70cm lange Wasserschlange (deren Bezeichnung ich leider nicht kenne)
Gefleckte Muräne
Skorpion Fisch (Achtung: dieser Bursche hat hochgiftige Stacheln am Rücken und in den Flossen. Ein Stich ruft starke Schmerzen hervor, die über mehrere Stunden oder gar Tage noch zunehmen können)
Französischer Engelfisch
Königin-Engelfisch
Aus Asien in die Karibik vorgedrungen und gefürchtet, weil er ausser dem Menschen keine natürlichen Feinde kennt: der rote Feuerfisch. Man bejagt ihn aktiv, weil er sich schnell vermehrt und sich vorwiegend von den Bruten anderer Fische ernährt. An seinem Körper verteilt hat er hochgiftige Stacheln. Das macht sein Fangen und Zubereiten etwas schwierig und man braucht dazu eine spezielle Ausbildung und Lizenz. Diese beiden Fische wurden bei einem Tauchgang erlegt, bei dem Köbi mit dabei war. Er konnte live miterleben, wie schwierig das Fangen mit einer speziellen Harpune ist. Einmal harpuniert wird die Beute in einem speziellen Rohr verstaut, um den Taucher vor den giftigen Stacheln zu schützen. Dieser Fisch gilt als leckere Delikatesse. Daher lohn sich für die Einheimischen den mühsamen Fang, da er mit gutem Geld belohnt wird

Unser Programm nach der Quarantäne ist schnell sehr intensiv und nach langer, sehr langer Zeit brauchen wir zum ersten Mal wieder unsere Kalender, um nichts zu vergessen. Kaum an der Mooring angekommen werden wir vom Schweizer Paar Nelly und Allan besucht. Endlich können wir uns nach guter alter Schweizer Art begrüssen und sie auf unserm Schiff empfangen. Pia zaubert feine Häppchen aus der Kombüse und wir stossen mit Rivella (ihr lest richtig! Ein Lebensmittelgeschäft hier verkauft doch tatsächlich Rivella!) auf unser Kennenlernen an. Erst zu später Stunde machen sie sich mit ihrem Dinghi auf den Heimweg zu ihrem Schiff. Ein paar Tage später sind wir auf ihrer neuen Allure eingeladen und lassen uns mit feinem Flammkuchen, selbst gemachten Knoblauchbroten und anderen Leckereien verwöhnen.

Schon in der ersten Woche nach der Quarantäne laden wir Konny und Martin, die wir letztes Jahr hier auf Bonaire getroffen haben, zu uns auf die Lupina ein und segeln mit ihnen rund um Klein Bonaire. Martin erweist sich nach einigen kurzen Einweisungen von Köbi als robuster Steuermann. Er könnte sofort als Crew anheuern. Zurück an der Mooring in Kralendijk erlebt dann das nach Bonaire ausgewanderte Deutsche Ehepaar seinen ersten «Anlegertrunk» auf der Lupina.

Ein ganz besonderer Anlass ist dann die Einladung von Konny und Martin zu sich in ihr sehr geschmackvoll eingerichtetes Haus. Martin ist ein phantastisch guter Koch und er zaubert uns ein Nachtessen auf den Tisch, das manchen Koch in neidvolle Verlegenheit bringen würde. Beide sind sehr belesen und wir reden bis spät in die Nacht über Gott und die Welt. Einfach schön! Es gelingt ihnen auch, Köbi zu überreden, statt auf der Lupina eine Nacht bei ihnen zu schlafen. Das Bild zeigt den reichhaltigen Frühstücksbrunch am nächsten Morgen
Konny und Köbi – eine herzliche Verabschiedung
Nicht nur Vergnügen – auch Arbeit! An einem Deckel unserer beiden Backs-Kisten hat sich ein Stück des Teakdeckes gelöst. Noch in der Marina drin haben wir Henk (SV Bluenose) beobachtet, wie er an seinem Schiff sein Teakdeck repariert hat. Sofort war er bereit, uns zu zeigen, wie das geht und worauf zu achten ist. Hier beobachtet Köbi Henk, wie er mit einem Holzmeissel vorsichtig die losen Holzlatten aus dem Deckel löst, ohne die noch guten Latten zu beschädigen
Nach dem 2. Arbeitsschritt, dem Verlegen und Verleimen der neuen, genau zugeschnittenen Teakstücke, werden im 3. Arbeitsschritt die Fugen mit einer speziellen Dicht- und Klebemasse verleimt
Auch Pia arbeitet fleissig. Während die Männer mit dem Schiff beschäftigt sind, sorgt sie für das leibliche Wohl. Fast täglich fährt sie mit dem Dinghi an Land, um frische Lebensmittel einzukaufen
Der Anlegesteg für Dinghis am Nautica Marina Pier ist tagsüber rappelvoll
Jam-Session der Segler und Seglerfreunde im Divers Diner. Jeden Dienstag Abend gibt es hier zum Teil hochkarätige Darbietungen
Eine neue Seglerfreundschaft: Wolfgang vom Deutschen Segelschiff «Hubbert» (Einhandsegler). Er kam rund zwei Wochen nach uns nach Bonaire und geniesst nun auch wieder seine Freiheit
Nordstrand der Insel «Klein Bonaire». Normalerweise ist der Strand hier überflutet von Touristen. Nun haben wir ihn fast ganz alleine für uns und unsere Seglerfreunde. Die Schweizer Nelly und Allan haben uns spontan angefragt, ob wir auch zum BBQ mitkommen. Das muss man uns nicht zweimal fragen
Ein Nachmittag lang Spiel, Spass und lockere Gespräche beim BBQ
Bonaire ist das Beste, was uns in diesen wirren Zeiten passieren konnte. Wir fühlen uns rundum wohl und sicher hier. Wir geniessen die Gesellschaft, treffen viele neue Leute und geniessen die einmalige Natur
Ein Sonnenuntergang schöner wie der andere

Wie geht es mit dem Segeln weiter? Das weiss eigentlich hier noch niemand. Die meisten Destinationen haben noch geschlossene Grenzen, oder Auflagen, die wir nicht erfüllen können und wollen. Die Lage ist allgemein noch sehr angespannt und unsicher. Es bleibt uns im Moment nichts Anderes übrig als Abzuwarten. Seit dem 1. Juli ist der Flughafen wieder geöffnet und das Aus- und Einreisen ist wieder möglich. Wir haben für Anfangs August einen Flug in die Schweiz buchen können. Wir freuen uns sehr, dass es rechtzeitig geklappt hat und wir so am Hochzeitsfest von Pia’s ältestem Sohn David und Barbara dabei sein können.

Es bleibt spannend – bleib der Lupina im Kielwasser

Der Weg zurück nach Bonaire

Wie im letzten Bericht geschildert verlassen wir Port Antonio am Morgen früh und nehmen die etwas über 800 Seemeilen nach Bonaire in Angriff. Eigentlich wollten wir am Vortag ordnungsgemäss ausklarieren und haben das auch so den Behörden mitgeteilt. Der Termin wurde von diesen auf 16:30 Uhr festgelegt. Wir waren pünktlich da, aber weder Zoll- noch Immigrationsbeamter waren anwesend. Die freundliche Dame in der Marina ruft dort an und erhält die Antwort, dass sie erst um 17 Uhr kommen. Easy – no problem, wir haben Zeit. Um 17:30 Uhr ist noch immer niemand da. Das Büro der Marina ist mittlerweile geschlossen. Wir zotteln unverrichteter Dinge zum Schiff zurück, das am Anmeldesteg der Marina liegt. Wir beschliessen, am Steg zu bleiben, falls die Beamten doch noch kommen sollten. Sie kommen aber nicht mehr.

9. Juni 2020 frühmorgens um 7 Uhr in der Marina Errol Flynn, Port Antonio. Wir sind bereit für die Abfahrt. Es ist immer noch keine Behörde für die Ausreise bei uns vorbeigekommen. Wir wollen nicht länger warten, um dann wieder versetzt zu werden. Da wir uns erinnern, dass in Bonaire niemand nach den Ausreisepapieren der letzten Insel fragt, entscheiden wir, ohne korrekt ausgestempelte Ausreisedokumente abzureisen
Letzter Blick in die Errol Flynn Bucht von Port Antonio mit den berühmten Blue Mountains im Hintergrund. Kurz nach 10 Uhr, wir sind schon 20 Seemeilen weiter, als die Marina uns per Telefon anruft und mitteilt, dass die Beamten nun für uns da sind. Wieder umkehren? Nein! Wir halten unseren Kurs und verlassen Jamaika in Richtung Osten gegen Hispaniola (Haiti und Dominikanische Republik)
Sonnenaufgang zwischen Jamaika und Haiti. Der Wind, der in dieser Gegend immer von Osten nach Westen, also entgegen unserer Fahrtrichtung weht, ist die ersten zwei Tagen flau und daher steht fast keine Welle an. Ideal für eine Fahrt nach Osten. Der einzige Nachteil: segeln kann man so nicht – wir brauchen die ganze Zeit unseren Motor. «Kari», wie wir unseren 75 Pferde starken Motor lieblich nennen, schnurrt 48 Stunden lang stetig und zufrieden vor sich hin. Nur ein paar Mal kommt er etwas ins Schnaufen: immer dann, wenn sich wieder zu viel Sargassum Seegras im Propeller festgehängt hat, wird der Widerstand so gross, dass die Drehzahl gedrückt wird und sich die Fahrt verlangsamt. Ein paar Wechsel zwischen Rückwärts- und Vorwärtsgang lösen das Gras vom Propeller und Kari ist wieder zufrieden
Immer spannend auf hoher See: Begegnung mit den richtig grossen Schiffen. Köbi freut sich jedes Mal und immer schaut er im AIS, wie das Schiff heisst und ob er die Reederei kennt
Nach knapp einem Tag auf hoher See flackert der Bildschirm unseres Kartenplotters im Cockpit und wird dann ganz schwarz. Der Kartenplotter ist ein elektronisches Navigationsgerät, das die detaillierte Seekarte und die aktuelle Position des Schiffes anzeigt. Beim Versuch, das Ding wieder in Gang zu bringen, bricht Köbi dann bei einem Anschlussstecker noch einen stark korrodierten Pin ab. Das war’s dann!

Den Rest der Fahrt müssen wir ohne unseren Kartenplotter auskommen. Normalerweise wäre das ein ziemliches Desaster, aber wir kennen die Gewässer auf unserer Strecke sehr gut und auf unserem Mobiltelefon haben wir ein Back-Up. Gut auch, dass der Autopilot unabhängig vom Plotter operiert und die Steuerung unseres Schiffes nach wie vor gewährleistet ist.

Nach zwei Tagen Fahrt unter Motor kommt nach der Passage der südlichsten Spitze der Dom Rep etwas Wind auf und wir geben Kari eine Pause. Wir setzen volle Segel und kreuzen hart am Wind weiter gegen Osten. Nach 12 Stunden unter Segel haben wir gerade mal etwas mehr als 20 Seemeilen zum Ziel hin geschafft. Zum Glück lässt der Wind dann nach und es fällt uns einfacher, die Dienste von Kari wieder zu beanspruchen. Mit ihm geht es zügig unter 6.5 bis 7 Knoten Fahrt weiter gegen Osten. Über Satellitenverbindung erhalten wir regelmässig von unserer Wetterstation in Deutschland (an dieser Stelle ganz herzlichen Dank an Hans Trapp von der Segeljacht Karl, der uns perfekt und sehr schnell ans Ziel navigierte!). Auf Grund dieser Wetterdaten entscheiden wir uns spontan, unterwegs zwei Tage Pause einzulegen und für die Fahrt nach Süden den idealen Wind abzuwarten. Als willkommener Platz für eine Pause bietet sich die Insel «Isla Catalina» im Südosten der Dom Rep an. Von dort aus können wir dann auf einer geraden Linie südwärts nach Bonaire weiter segeln.

Anfahrt zur Isla Catalina, Dom Rep
Ein wunderschöner Ankerplatz, um sich zwei Tage auszuruhen. Hier waren wir bereits, als wir von der Dom Rep in Richtung Haiti losgesegelt sind. Erstaunlich für uns: obwohl die Grenzen eigentlich geschlossen sind, werden wir nicht von der Küstenwache oder der Navy kontaktiert und befragt. Köbi hat extra eine defekte Wasserpumpe bereit gelegt, hätte dieses Teil gezeigt und mit Motorproblemen argumentiert. War zum Glück alles nicht nötig
Wir verbringen zwei herrliche Tage, viel Zeit davon im herrlich klaren Wasser. Es erübrigt sich zu sagen, dass wir Mutter Seelen alleine sind! 😊
Am Sonntag, 14.6.2020 ziehen wir nach dem Abendessen den Anker ein und nehmen die 380 Seemeilen (670km) lange Fahrt nach Bonaire in Angriff. Die ganze Zeit weht der Wind mit 18 bis 22 Knoten auf das Schiff und wir haben nie volles Tuch draussen
Kaum sind wir aus der Windabdeckung von der Dominikanischen Republik draussen im offenen Meer, werden die Wellen sehr ruppig und ungemütlich. Die etwas mehr als zwei Tage zwischen der Dom Rep und Bonaire werden für Mensch und Schiff zur Belastungsprobe, die Beide schlussendlich sehr gut bestehen 😊

Wir attackieren Bonaire! Es ist in der Nacht auf den Mittwoch, als wir Bonaire erreichen. Viel zu früh, um uns bei den Behörden in der Marina zu melden. Wir entscheiden, an einer der offiziellen Tauchbojen an der Westküste von Bonaire Halt zu machen, uns dort mit einem kühlenden Bad zu erfrischen und dann zu frühstücken. Erst nach Tagesanbruch wollen wir weiter in die Marina. So der Plan. Nun, es kommt anders in der noch mondlosen, rabenschwarzen Nacht: etwas verwirrt (so muss man es wohl sagen) vom ausgefallenen Plotter, geblendet vom grellen Licht der Karte im Mobiltelefon und den fehlenden Zeichen von Pia, die vorne am Bug mit der Festmacherleine hantierte, beachtet Köbi den Tiefenmesser nicht . Erst als es rumpelt und Lupina eher wie ein bockiges Pferd wie eine geschmeidige Wölfin durchs Wasser gleitet wird es dem Skipper klar: Bodenkontakt!! Mit einem Ruck bleibt das Schiff an einem Korallenkopf hängen. Zum Glück kommt der Wind vom Land und drückt uns nicht weiter auf das Riff. Unter Vollgas im Rückwärtsgang gelingt es uns, das Schiff wieder frei zu kriegen. Ausser ein paar Schrammen am Kiel aus Blei und leichten Kratzern am Ruder sind von unserem Angriff auf Bonaire zum Glück keine bleibenden gravierende Schäden geblieben.

In der Morgendämmerung (hier um ungefähr fünf Uhr lokale Zeit) klappt es doch noch: vor der Insel Klein Bonaire schnappen wir uns (dann vorsichtiger aber erfolgreich) eine Boje. Wir sind in Bonaire angekommen! Ordnungsgemäss wird auch die Gastland-Flagge wieder gesetzt. Wer genau hinschaut, stellt fest, dass diese schon recht ramponiert daher kommt. Nun, Bonaire war ja eigentlich nicht mehr auf unserem Streckenplan, eigentlich wären wir nach unserer ursprünglichen Planung nun auf dem Weg nach Kolumbien. Man könnte also schlussfolgern: COVID19 ist schuld, dass unser neues Gastland mit einer zerfransten Gastland-Flagge Vorlieb nehmen muss😉

Die Ankunft in der Marina Harbour Village ist dann sehr entspannt und einfach. Der Marinero weist uns den Platz zu, hilft uns beim Festmachen und macht uns mit den speziellen Regeln für die 14 Tage obligatorische Quarantäne bekannt. Diese sind sehr einfach: wir müssen immer auf dem Schiff bleiben. Zum Glück haben wir aber Freunde hier! Es dauert keine Stunde, begrüsst uns David vom Segelschiff Mischief, den wir vor einem Jahr hier getroffen haben. Kaum etwas später rufen uns Wendy und Sylvester vom Steg ein freudiges Willkommen zu. Die Beiden sind auch Segler, wohnen aber im Moment wieder in Bonaire. Und dann kommen noch die beiden Schweizer Nelly und Allan (SY Meerla) mit ihrem Dinghi zu Besuch. Wir kennen uns nur über Facebook und Internet und sehen uns zum ersten Mal real. Alle diese Menschen bieten uns spontan ihre Hilfe an, falls wir etwas brauchen sollten. Einfach schön! Wir fühlen uns sofort wohl in der Quarantäne.

So lässt sich eine Quarantäne gut aushalten: hübsche, kleine Marina, schöner Ausblick aufs Meer, frischer, kühlender Wind, nette Steg-Nachbarn und jeden Abend einen Sundowner 😊

Wie überleben wir die Quarantäne? Können wir den Plotter reparieren?
Es bleibt spannend – bleib der Lupina im Kielwasser!

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Bye bye Ocho Rios – Jamaika auf Wiedersehen

Wir sind mittlerweile in einem richtig tiefenentspannten Zustand. Da wir immer noch nicht im Besitz einer Einreiseerlaubnis von Bonaire sind, haben wir uns darauf eingestellt, dass wir sicher noch etwa 10 Tage hier sein werden. Dann kommt am Freitag Mittag unerwartet ein Mail aus Bonaire und die Ereignisse überschlagen sich. Das Mail teilt uns mit, dass wir ab sofort in Bonaire einreisen dürfen. Wow!! Lange haben wir nach einem Datum gefragt, nun ist es Tatsache. Schnell packen wir unsere Unterlagen und fahren mit dem Dinghi an Land, um noch vor Feierabend einen Passierschein für die Überfahrt nach Port Antonio zu erhalten. Es klapp perfekt. Wieder zurück beginnen wir mit den Vorbereitungen für die Losfahrt am Sonntag.

Dann die nächste Überraschung. Diesmal keine so freudige. Der Generator beginnt zu husten und das Kühlwasser fliesst nur noch langsam. Service ist noch nicht fällig, Impeller-Lebensdauer ist auch noch nicht abgelaufen. Was könnte es sein?

Die Werkzeugkiste und Ersatzteile, alles bereits gut verstaut unter den Kojen im Vorschiff, müssen also noch einmal hervorgeholt werden
Trouble Shooting in der Gerätebox im Cockpit. Ja, Köbi passt da rein und er ist sogar wieder raus gekommen 😉
Und so sieht die Kiste aus, wenn Köbi draussen ist und nun von unten die Wasserpumpe des Generators ausbaut. Sie ist vermutlich die Ursache des Problems
Richtig analysiert: das Gummirad der Kühlwasserpumpe (Impeller) hat es völlig zerlegt. Als Wechselintervall wird 300 Stunden angegeben, unseres wäre erst in etwa 15 Stunden fällig geworden. Pech gehabt ☹ Aber lieber noch hier am Anker, als unterwegs auf dem offenen Meer
Am letzten Tag unseres Aufenthaltes in Ocho Rios gehen die Restaurants wieder auf. Gerade rechtzeitig noch für uns, um einen der letzten Sundowners hier zu geniessen
Auch das Leben kehrt wieder zurück auf die Strassen von Jamaika
Die Rasta Menschen scheint die spezielle Situation im Grossen und Ganzen wenig berührt zu haben. Sie leben in ihrer spirituellen Welt, wo es einfach so kommt, wie es kommt

Am Sonntag dem 7. Juni, nach 79 Tagen vor Anker in Ocho Rios, brechen wir auf nach Port Antonio, wo wir noch Treibstoff auffüllen und dann aus Jamaika ausklarieren. Die Distanz von 45 Seemeilen wird ein erster Prüfstein für Mensch und Material, denn wir haben im zweiten Teil der Reise mehr als 25 Knoten Wind auf die Nase. Wir erreichen Port Antonio sicher aber müde.

Unterwegs nach Port Antonio mit halbem Grosssegel und 60% Genua. Das Meer zeigt uns wieder einmal, wie klein und nichtig wir doch sind. Wie eine Nussschale wird unsere Lupina (immerhin fast 13 Tonnen schwer) in den wilden Wogen entlang der Küste hin und her geworfen. Das Ganze Deck und bis hoch in die Segel wird alles nass

Die Marina ist wie ausgestorben, alle Schiffe sind bereits weg. Also auch Zeit für uns, aus dieser Hurrikan-Gegend wegzukommen.

Am Montag Morgen weckt uns die Coast Guard. Wir sind ihnen offenbar am Vortag unter dem Radar durchgeschlüpft und sie bemerken uns erst jetzt. Sie sind aber sehr nett und beruhigt, als sie merken, dass wir schon länger in Jamaika sind. Nach der Prüfung unserer Papiere wünschen sie uns eine gute Weiterreise. Unser Zielland, Bonaire, kennen sie allerdings nicht 😊
Diese nette Frau war wochenlang unsere liebe Eiskaffee Fee in Ocho Rios. Als Abschiedsgeschenk hat sie uns dann einen Schluck feinen Kaffeelikör rein getan. Hmmm… war der gut!!

Wir haben in den fast drei Monaten Ocho Rios viele nette Menschen getroffen, die uns sehr ans Herz gewachsen sind. Das Abschied Nehmen fällt uns nicht leicht. Die Leute kennen uns mittlerweile. Rufen uns zu, haben etwas zu erzählen oder winken einfach freundlich und schenken uns ein Lächeln. Viele haben uns davor gewarnt, passt ja auf, Jamaika soll sehr gefährlich sein. Während unserem ganzen Aufenthalt hier in Jamaika, haben wir kein einziges Mal das Gefühl von Gefahr oder Bedrohung erlebt. Wir haben uns immer und überall sehr wohl gefühlt. Wir können es allen nur empfehlen, diese wunderbare Insel mit den etwas eigenwilligen und stolzen Menschen zu besuchen.

Da der Wind fast immer von Osten oder Südosten her bläst, und es noch eine bis zwei Knoten starke Strömung in Richtung Norden gibt, können wir Bonaire von hier nicht direkt ansegeln. Morgen soll es gemäss Wettervorhersagen die nächsten 2-3 Tage windarm sein. Somit können wir einigermassen direkt ostwärts nach Haiti fahren und weiter nach der Dom Rep, um der Strömung auszuweichen und einen besseren Winkel am Wind gegen Bonaire zu bekommen. Wenig oder kein Wind bedeutet aber: kein Segeln, also muss unser Motor zumindest die ersten zwei Tage den nötigen Vorschub liefern. Etwa ab Boca Chica können wir dann den Kurs südwärts direkt nach Bonaire setzen. Wir erwarten dann Querab-Wind und ab da sollte dieser Segeltörn wieder etwas gemütlicher werden. Diesen etwas mühsamen Umweg haben wir Covid 19 zu verdanken und er kostet uns rund 800 Seemeilen (1’500km). Während der 8-9 tägigen Überfahrt werden wir keine Internetverbindung haben. Und dort müssen wir direkt für 14 Tage in Quarantäne, die wir aber auf dem Boot absitzen dürfen. Wie schnell wir wieder Internet haben, wissen wir noch nicht. Egal, wir melden uns nächstes Mal dann wieder von Bonaire aus.

Schiff Ahoi!! Auf Wiedersehen Jamaika – Bonaire wir kommen Es bleibt spannend – bleib der Lupina im Kielwasser!
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Jamaika – immer noch im Lockdown

Unser Besuchervisum läuft am 30. Mai ab. Weil wir sicher noch ein paar Tage (oder Wochen) hier sein werden, müssen wir das Visum verlängern. Also fahren wir am 29. Mai per Sammeltaxi in das 10 km weiter der Küste entlang gelegene St. Ann’s Bay, wo sich das Immigrationsbüro befindet. Im Warteraum füllen wird die uns ausgehändigten Papiere aus und übergeben sie wieder der Dame, die sie uns gegeben hat. Nach einer halben Stunde kommt sie zurück mit den Rechnungen für die Administrationsgebühr. 70 USD pro Person, stolz, aber ok. Wir bezahlen die Gebühr umgehend am uns zugewiesenen Schalter und überreichen der Dame die Quittung. Wieder dürfen wir im Warteraum Platz nehmen, bis die Chefin der Dame, die Immigrationsbeamtin, bereit ist für ein Interview. Nach 20 Minuten ist es soweit. Eine korpulente, stämmige Dame, mit der man(n) keinen Streit haben will, empfängt uns. Freundlich erklärt sie uns, dass wir als Schweizer Bürger für eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung einen Visa Waiver brauchen. Ok, wir nicken. Als wir den nächsten Satz der Dame hören, fallen wir fast vom Stuhl. «Das kostet 50’000 Jamaika Doller (350 USD) pro Person». Was?? 700 USD damit wir ein paar Tage länger hier bleiben können. Pia beginnt mit weinerlicher Stimme auf die Beamtin einzureden. Köbi versucht es mit anderen Argumenten. Aber die Frau, mit der man(n) keinen Streit haben will, bleibt dabei. Ok, wir müssen kurz besprechen, was wir nun tun wollen. Köbi fragt nach, ob wir vielleicht mit dem Schweizer Konsulat in Kingston kurz telefonieren dürfen. Ja, ja, kein Problem, aber nicht hier sondern im Warteraum. Also wir wieder ins Wartezimmer. Köbi versucht, das Konsulat in Kingston anzurufen, und schreibt dann dem Konsul ein WhatsApp, als niemand das Telefon beantwortet. Da auch diese Kontaktaufnahme so schnell nicht klappt entscheiden wir gemeinsam, am nächsten Tag abzureisen. Aber wohin? Egal, wir entscheiden uns für die Abreise. Wieder im Büro der Immigrationsbeamtin teilen wir ihr unseren Entscheid mit, und bitten sie, statt einer Verlängerung die Ausreisedokumente zu erstellen. Erstaunt blickt sie uns an, schluckt einmal leer. Irgendwie scheint sie nicht mit diesem Entscheid gerechnet zu haben. «Dann wollt ihr also morgen abreisen?» vergewissert sie sich. Köbi murmelt achselzuckend und resigniert: «wollen nicht, aber wir müssen!». Mit einem kurzen Seitensatz, dass sie ihren Supervisor informieren wolle, bittet uns die stämmige Dame wieder ins Wartezimmer. Eine halbe Stunde später kommt sie mit einem breiten Lächeln und unseren Pässen – mit Verlängerung von drei Monaten!! Wir sind perplex und die Beamtin strahlt. Koch’sche Schauspielkunst und Brem’sches Verhandlungsgeschick machen es möglich. Wir jubeln und bedanken uns überschwänglich bei ihr. Dann schlüpfen wir beschwingt und fröhlich durch die Türe des Gebäudes, das wir vor drei Stunden betreten haben.

Wird ein Unikat in Pia’s Pass sein: der gelöschte Ausreisestempel von Jamaica

Heute ist der 1. Juni 2020. Seit mehr als 2 Monaten liegen wir nun in Ocho Rios vor Anker und hoffen, dass einige der Restriktionen, die bis zum 31. Mai angeordnet waren, aufgehoben werden. Bis gestern waren wir und mit uns fast alle Jamaikaner im Glauben, die meisten Geschäfte, Restaurants, Pärke, Strände und dergleichen können ihren Betrieb wieder aufnehmen, weil von offizieller Seite keine anders lautende Information kommuniziert wurde. Heute Morgen aber haben wir per WhatsApp vom Schweizer Konsul Ueli Bangerter aus Kingston die offizielle Nachricht erhalten, dass praktisch alle Massnahmen bis 30. Juni weiter Gültigkeit haben. Nur die Grenzen werden per 15. Juni geöffnet. Unsere Stimmung ist für einen kurzen Moment im Keller. Wir hatten uns darauf gefreut, doch noch einige der Sehenswürdigkeiten hier in Jamaika besuchen zu können und unsere Rundreise mit dem Schiff um Jamaika herum fortzusetzen. Zerschlagen! Aber die Niedergeschlagenheit dauert nur kurz: nun wissen wir endgültig, dass wir von hier direkt, eventuell mit einem Tankstopp in Port Antonio (falls das erlaubt wird) in Richtung Süden aus der Hurrikan Zone abrauschen werden.

Bekanntes Bild: Lupina alleine vor leerem Strand und leeren Hotels. Nur die leitenden Angestellten des Hotels sind noch da. Der Hotelbesitzer hat ihnen erlaubt, von ihren kleinen Arbeiterwohnungen im hinteren Bereich des Areales in die Suiten des Hauptgebäudes umzuziehen. So sieht das Hotel bewohnt aus und sogar am Strand gibt es am Abend den einen oder anderen Badenden
Der öffentliche Strand bleibt mindestens bis 30.Juni geschlossen
Viel Zeit um an der Infrastruktur Unterhalt zu machen. Ein Strassenverkäufer hat an seinem Gefährt die Räder für einen Pneu Wechsel (??) ausgebaut
Das musikalische Blut und die gesellige Ader der Jamaikaner können wir nur erahnen. Strassen Partys und spontane Feste bleiben weiterhin aus. Übrigens das gegenseitige Berühren mit der Faust, das hier die beiden Männer (einer davon stellt den guten alten Bob Marley dar) symbolisieren, bedeutet: ich respektiere dich und was du tust und bist ist gut! Fast jeden Abend rudert ein Fischer mit seinem Kajak an uns vorbei, hebt die Faust und ruft: «Respekt Captain!» Köbi antwortet dann jeweils mit «Respekt Fisherman!» – natürlich auch mit dargehaltener Faust 😊

Wir sind seit dem 22. März hier am Anker. Ausser ein paar von der Marine Polizei bewilligten, ja sogar angeordneten Ausfahrten auf das offene Meer hinaus, um die Fäkalientanks zu leeren, müssen wir mit dem Schiff in der Bucht bleiben. Ansonsten befinden wir uns in einem tiefen Entspannungsmodus und geniessen einfach das Sein und das Jetzt. Etwas Routine hat sich auch breit gemacht: jeden Morgen nach dem Aufstehen (einfach dann, wenn wir beide wach werden) und dem erfrischenden Bad im klaren Meerwasser folgt ein gemütliches Frühstück.

Unser übliches Frühstück mit selbst gebackenem Brot, Butter, Käse, feinem Birchermüesli, frischen Früchten und natürlich Lavazza Kaffee (den uns Besucher aus der Schweiz jeweils mitbringen)
Nach dem Frühstück: viel Zeit für uns auf dem oder im Wasser

Wir haben eine lokale SIM-Karte mit unlimitierter Datenmenge. Vor allem zur heissen Tageszeit, wenn die Sonne maximal auf Deck brennt, ist es im Schiffsbauch sehr angenehm kühl. Da sind wir dann stundenlang an unseren Computern: beantworten E-Mails, tummeln uns im Facebook (unsere Freunde wundern sich wohl, wieso wir in letzter Zeit so aktiv sind 😉), lesen Reiseberichte von anderen Seglern, planen unsere Weiterreise. Und vor allem, und darauf sind wir sehr stolz: wir lernen mit einem Online-Programm täglich mindestens zwei Stunden Spanisch! Die Fortschritte sind schon recht beachtlich und wir freuen uns auf die spanisch sprechenden Länder von Zentral- und Südamerika.

Unser Büro im Schiffsbauch. Abends, zum Schauen von Filmen und Tagesschau zügeln wir damit ins luftige Cockpit
Lange aufgeschobene (weil nicht so wichtige) Arbeiten werden erledigt. Hier baut Köbi eine Solarlampe um. Das Ding funktioniert mit einem Bewegungsmelder. Wenn man sich nicht bewegt, löscht sie wieder. Nun hat Köbi den Bewegungsmelder mit einem einfachen Ein-/Ausschalter ersetzt
Darf bei einem Landgang nie fehlen: feine Glacé schlemmen. Fast jeden Tag machen wir einen Landgang, um frisches Gemüse, Obst und sonstige Lebensmittel zu besorgen. Da uns eine längere Überfahrt bevorsteht, wenn wir dann hier den Anker lichten, wird auch einiges zusätzlich gebunkert.
In unserem Lieblingslokal mit feinem Kaffee-Frappé. Zum Glück offerieren einige Restaurants Take-away
Auch das darf an Bord nicht fehlen: guter Rum! Der «Overproof Rum» (rechts) hat 63% Alkohol und eignet sich hervorragend für Drinks. Köbi meint auch: zum Desinfizieren wäre er pur am Besten 😊
Einkaufen und Landgang machen wir meistens am frühen Nachmittag, wenn es auf der Lupina unerträglich heiss wird. Am späteren Nachmittag (so ab 4 Uhr) kehren wir aufs Schiff zurück. Da brennt die Sonne schon nicht mehr so heiss und die Hängematten am Bug vorne werden zu unserem luftigen Aufenthaltsort
So gegen 18 Uhr wird der «Overproof» hervorgeholt und wir mischen uns einen leckeren Sundowner
Lesend, plaudernd, oder einfach nichts tuend geniessen wir jeden Sonnenuntergang von Neuem aus unseren Hochsitzen am Bug
Nach Sonnenuntergang, der hier aktuell um ungefähr 18:40 Uhr stattfindet, und nachdem die Nacht sich über die Bucht gelegt hat, zieht es Pia in die Combüse, wo sie immer etwas Leckeres auf unsere Teller zu zaubern versteht
Feine (aber scharfe) lokale Gewürzzutaten. Nebst Rum soll auch das die Viren fern halten 😊😊
Dinghi-Drifting zum Sonnenuntergang. Wir fahren mit dem Dinghi im Flachwasser zwischen Riff und Festland rund zwei Seemeilen der Küste entlang, stellen den Motor ab und lassen uns von Wind und Wellen der untergehenden Sonnen entgegentreiben. Immer wieder ein wunderschönes Erlebnis
Dinghi-Drifting zum Sonnenuntergang: der «Sundowner» ist auch dabei
Und endlich ist er da – der lang ersehnte Regen!! Es hat schon seit über zwei Monaten nicht mehr geregnet. Das Deck der Lupina ist schon richtig staubig. Der Regen beginnt zuerst zaghaft, dann aber setzt ein richtiger Tropenregen mit haselnussgrossen Regentropfen ein
Noch vor wenigen Minuten waren wir froh um den Schatten spendenden Sonnenschutz, nun wirkt er als Wasserrinne
So schnell wie er gekommen ist, so schnell verzieht sich der Regen wieder. Der ständig blasende Passat Wind treibt die dichte Regenwolke über unsere Köpfe hinweg nach Westen. Schon bald scheint die Sonne wieder. Die gut 30mm Niederschlag haben aber unsere Lupina in kurzer Zeit blitz blank gewaschen 😊
Regen in der Stadt
Seit wir unsere Segelreise vor genau zwei Jahren angefangen haben, waren wir noch nie so lange am gleichen Ankerplatz. Es sind schon über 70 Tage! Und das unglaubliche daran: wir fühlen uns noch immer wohl hier und geniessen jeden Tag von Neuem. Wir sind richtig tiefenentspannt

Wie geht es nun weiter? Die ersten beiden tropischen Stürme sind bereits über den nördlichen Bereich der Karibik hinweggezogen. Ab heute gilt in der Karibik offiziell die Hurrikan Zeit. Jamaika liegt in der Hurrikan Zone. Erfahrungsgemäss bleibt es aber bis Anfangs Juli in unserem Bereich ruhig, Die Sturmaktivitäten nehmen ab Mitte Juli aber stark zu und ab dann muss man mit den gefürchteten Wirbelstürmen rechnen. Es ist klar, wir müssen weg hier. Aber wohin?? Wir haben im letzten Bericht geschrieben, dass wir am liebsten wieder auf die ABC Inseln gehen würden, falls bis dann die Grenzen offen sind. Das ist nun tatsächlich geschehen. Mit einer 14-tägigen Quarantäne können alle drei Inseln (Aruba, Bonaire, Curaçao) angesegelt werden. Wir haben uns für Bonaire entschieden und uns dort in die Liste von Einreisewilligen eingeschrieben. Zwei Schiffe pro Woche werden in die Quarantäne aufgenommen. Als wir das lesen, sinkt bei uns die Zuversicht, denn es wollen doch viel mehr Schiffe dorthin. Aber wir haben Glück: diese Woche haben wir nun endlich die Bestätigung erhalten, dass wir kommen können. Einzig der Termin bleibt noch offen. Von der Marina in Bonaire wurde uns mitgeteilt, dass die Behörden die Quarantäne plane und wir von dort einige Tage vorher informiert werden, wann wir in Bonaire eintreffen sollen. Für uns kein Problem – wir haben Zeit. Falls sich doch wider Erwarten ein Sturm ankündigen sollte, werden wir einfach unseren Anker heben und nach Süden flüchten.
Pia wird noch einige Striche mehr machen können 😉

Abendstimmung in Ocho Rios

Es bleibt spannend – bleib der Lupina im Kielwasser!

Lockdown in Jamaika

Vor Anker in Ocho Rios, Jamaika

Seit dem 22. März liegen wir nun in Ocho Rios im Norden von Jamaika vor Anker. Unsere Reisepläne sind in der Zwischenzeit komplett über den Haufen geworfen worden. Wir wollten ja ursprünglich Mitte April weiter westwärts zu den Cayman Inseln, und von da ein Monat später nordwärts nach Kuba. Beide Inseln haben anfangs April ihre Grenzen geschlossen und lassen keine Touristen mehr rein. Also Planänderung: wir beschliessen, vorläufig in Jamaika zu bleiben und die Insel im Gegenuhrzeigersinn zu umsegeln, schön gemütlich, mit vielen Zwischenstopps, um möglichst viel von der Insel zu sehen.

Aber auch das kommt anders! Wir haben bereits einen Termin mit den Behörden vereinbart für die Cruising-Erlaubnis bis zur Montego Bay, als am Tag davor, an einem Sonntag früh, zwei Schiffe unter gelber Quarantäneflagge in unsere Bucht einlaufen. Dies löst ein Riesenwirbel bei den Behörden aus, was schliesslich in einem kompletten Cruising Verbot für Jamaika endet.

Ein Katamaran und ein normales Segelboot sind von Guatemala kommend über die Cayman Inseln und Kuba (von beiden Inseln wurden sie durch die Küstenwachen weggeschickt) nach Ocho Rios gekommen und haben am frühen Morgen ihren Anker geworfen. Pia, schon früh auf und erfreut über die willkommene Abwechslung, packt unser SUP und paddelt rüber zu den Schiffen für einen kurzen Willkommensgruss. Nicht gut – die Schiffe stehen unter Quarantäne und die lokalen Behörden schätzen das gar nicht!

Schnell kommt Pia zur Lupina zurück. Die beiden Boote werden der Reihe nach von Küstenwache, Hafenpolizei und der Gesundheitsbehörde besucht. Zwischenzeitlich versucht das eine Boot mit Deutscher Besatzung mit der Deutschen Botschaft in Kingston Kontakt aufzunehmen. Da sie nur Funk und kein hier funktionierendes Telefon haben, rufen sie uns auf. Wir bauen eine Verbindung auf, das heisst: Köbi ruft die Botschaft an, hält das Telefon ans Funkgerät und lässt die beiden Parteien miteinander reden. Eines der Crewmitglieder will sofort von Bord und an Land. Die Deutsche Botschaft erklärt, dass dies in der aktuellen Lage zur Zeit nicht legal möglich ist. Auch gebe es keine Ausreisemöglichkeit, da die Flughäfen geschlossen sind. Zwischenzeitlich hat die Hafenpolizei die fünftägige Aufenthaltsbewilligung (aber unter striktem Verbot, das Land zu betreten), welche die Küstenwache zuerst gewährt hat, auf 24 Stunden reduziert. Das Polizeiboot ist noch bei den Schiffen, als vom Hafenquai ein kleiner Mann wild gestikulierend Richtung Polizeiboot winkt. Es ist der Gesundheitsbeamte. Er ordnet an, dass die Boote per sofort verschwinden müssen. Wir stellen nicht das erste Mal fest, dass bei diesen verschiedenen Behörden weder der eine noch der andere weiss was der andere tut oder erlaubt ☹

Das erste der beiden Boote verlässt Ocho Rios wieder mit Fernziel Guadeloupe. Obwohl die Crew angeführt hatte, dass der Motor nicht läuft, dürfen sie nicht bleiben

Wie es mit den beiden Schiffen weiter gegangen ist: https://nicepaths.com/2020/08/11/the-story-behind-a-picture/

Nachdem auch das zweite Boot unter Polizeibegleitung die Bucht verlassen hat, kommt die Polizei mit dem immer noch sichtlich aufgeregten Gesundheitsbeamten zur Lupina. Barsch brüllt er zu uns rüber und will wissen, was Pia bei den anderen Booten wollte. Zum Glück hatte sie keine Personen berührt und war auf sicherer Distanz geblieben, sonst hätten wir wahrscheinlich auch wegfahren müssen. So lässt er es bei einem mürrischen Verbot für die Weiterfahrt bleiben: «wenn ihr hier den Anker hebt, müsst ihr Jamaika verlassen!» Köbi versucht noch, diesen Entscheid zu hinterfragen, stellt aber gleich fest, dass dies der falsche Moment ist. Nach Köbi’s kurzer Bestätigung, dass es uns hier eh am besten gefällt und wir gerne hier bleiben werden, huscht ein Lächeln über das Beamtengesicht, und die Welt ist wieder in Ordnung 😊

An einem der nächsten Tage erhalten wir ein Mail von einem Unbekannten mit ein paar wunderschönen Aufnahmen von unserer Lupina. Wir sind überrascht und erstaunt, freuen uns über die schönen Bilder.

Ocho Rios by night – die Lupina mitten drin (Bild: Chicco)
Ocho Rios am Tag. Unsere Lupina, alleine neben einem alten Touristen Ausflugsboot (Bild: Chicco)

Ein paar Mails gehen hin und her. Wir erfahren, dass ein älterer Italiener, der mit einer Jamaikanerin verheiratet ist und hier eine Wohnung hat, selber einmal über den Atlantik gesegelt ist. Er hat dies aber 1979 zu einer Zeit gemacht, als es noch kein GPS und Internet gab, und seine seglerische Leistung von damals ist um einiges höher einzuschätzen als unsere. Mit Hilfe des Schiffsnamens fand er unsere Home Page und dort unsere Kontaktdaten. Grazie, Chicco, per le splendide fotografie!

Seit Mitte April gelten Ausgangssperren in der Nacht und Maskentragpflicht in der Öffentlichkeit. Wir fühlen uns sicher und wohl hier. Wir können uns an Land frei bewegen, meiden aber Menschenansammlungen und halten strikt Abstand ein. Die Grenzen bleiben vorerst bis 31. Mai geschlossen
Unser Fahrzeugpark, den wir ohne Einschränkung benutzen können. Die Lupina dürfen wir nicht bewegen ausser zum Leeren der Toilettentanks. Dazu müssen wir aber die Hafenpolizei informieren, die uns dann für zwei bis drei Stunden aufs Meer rausfahren lässt
Hier ist Köbi beim Putzen des Dinghis. Mehrere Wochen im Wasser, und es setzt sich hartnäckiger Bewuchs an. Wir nehmen uns jeden Tag eine kleine Arbeit vor. Nicht zu viel – so dass wir nicht eines Tages arbeitslos sind 😊
Wir haben das Glück, dass direkt ausserhalb der Bucht ein langes Riff der Küste entlang läuft. Dieses Riff hält die grossen Wellen auf und bietet Wohnort für viele Korallen, Pflanzen und Tiere. Fast jeden Tag sind wir einmal dort draussen und geniessen einfach das schwerelose Schweben im 27°C warmen Wasser und die Naturwunder unter uns. Hier ein gefleckter Adlerrochen
Schon bald sind diese Burschen unsere Freunde. Direkt vor uns am Strand hat es ein Delphinarium
Fünf Mal am Tag werden die Delphine gefüttert. Mit unserem SUP fahren wir regemässig hin und können aus der Nähe beobachten, wie verspielt die Tiere sind
Wir stehen in regem Kontakt mit der Heimat, und es interessiert uns sehr, was dort passiert. Corona hat auch ein paar neuere Möglichkeiten bekannter gemacht und wir nutzen ab und zu eine Videokonferenz mit der ganzen Familie. Moderne Kommunikationstechnik macht es möglich
Ja, und dann wollen auch die Grosskinder wissen, wie es uns geht. Da muss der Nachrichten-Sprecher des Jamaika TV live vor die Kamera 😊
Restaurants sind geschlossen (so wie alle Touristenattraktionen, Parks, Museen, Hotels, etc.). Kein Problem! Mit Pia haben wir die beste Köchin an Bord – sie macht ihrem Namen alle Ehre
Nach langem Suchen hat Köbi aber dann doch eine Bar gefunden, wo man das Getränk an der Bar holen, und draussen an zwei Tischen konsumieren kann.
So bleibt die Welt für Köbi in Ordnung 😊

Wir verbringen viel Zeit auf dem Schiff. Oftmals fahren wir mehrere Tage hintereinander nicht an Land, verbringen Stunden mit Lesen oder im Internet (ja, wir haben hier «unlimitiertes» Internet, das zwar nicht ganz unlimitiert ist, aber uns sogar fernsehen lässt). Da gibt es dann schon Momente, wo man nicht mehr weiss, wie man sitzen oder liegen soll. Deshalb haben wir uns ein neues Örtchen des Verweilens eingerichtet:

Neues Genuss-Plätzchen: eine Hängematte im Bug
Vor allem am Morgen oder gegen Abend, wenn die Sonne nicht mehr brennt, ein herrlich luftiges Vergnügen
Damit es keinen Streit gibt, kommt schnell eine zweite Hängematte dazu. Nun können wir die Sonnenuntergänge gemeinsam in luftiger Höhe geniessen

Wie geht es weiter? Das wissen wir noch nicht. Vorläufig bleiben wir in Jamaika. Spätestens wenn die Hurrikan Zeit hier losgeht (offiziell Juni, effektiv Juli/August) wollen wir aber unbedingt aus dem Hurrikan Gebiet raus sein. Momentan sind alle Grenzen der möglichen Inseln oder Länder, wo wir hin könnten, geschlossen. Je nach Entwicklung der Situation im Land, beginnen nun einige Inseln mit den Lockerungen. Die ABC Inseln bieten sich an. Da waren wir schon, und die Situation scheint dort von den Behörden sehr gut im Griff. Eine andere Alternative wäre weiter südostwärts auf Grenada oder dann Trinidad. Auch hier könnten sich die Grenzen bald öffnen. Hat aber den Nachteil, dass wir alles gegen den Wind ansegeln müssten. Wir sind mit vielen anderen Seglern hier in regem Kontakt. Viele davon ziehen sich nach Europa zurück, oder dann nordwärts in die USA (könnten wir auch, wollen aber nicht). Andere warten einfach mal ab, wie es weiter geht. Man merkt aber deutlich: mit jedem Tag werden die Segler in der Karibik immer nervöser. Wir teilen uns das friedlich auf untereinander: Pia sucht auch unruhiger nach einer Lösung, Köbi bleibt seinem Motto treu: abwarten und Rum trinken. Aber ganz wichtig, beide wissen wir: es kommt schon gut!

Es bleibt spannend – bleib der Lupina im Kielwasser!

Ocho Rios – unser Rückzugsort

Am Freitag, 20.3.2020, verlassen wir mit unserer Lupina die Marina Errol Flynn in Port Antonio und segeln weiter der Nordküste Jamaikas entlang Richtung Westen. Wieder haben wir in kurzer Zeit neue Freunde kennengelernt (das Amerikanische/Schwedische Ehepaar Teri und Tom und das Französische Ehepaar Sylvie und Alain, beides Langfahrtsegler wie wir, die nun auch ihre weiteren Segelpläne über den Haufen geworfen sehen), und das Abschiednehmen fällt uns nicht immer leicht. Kaum sind wir aber auf dem offenen Meer, eine kräftige Briese im Gesicht und von den Wellen erfasst, schweifen unsere Gedanken bereits dem nächsten Ziel entgegen. Wir sind überrascht über den hohen Wellengang, der uns auf dem offenen Meer empfängt. Es hatte zwar in den vergangenen Tagen ein konstant kräftiger Wind von Nordosten geweht und die See entsprechend aufgebaut, aber mit bis zu vier Meter Wellen haben wir nicht gerechnet. Macht nichts – mit aufgeblähten Segeln neigt sich die Lupina willig zur Seite, nimmt Fahrt auf und pflügt ihre gerade Bahn in Richtung Oracabessa, unser Tagesziel, welches wir nach acht Stunden erreichen.

Ankerbucht von Oracabessa an der Nordostküste von Jamaica, durch ein vorgelagertes Riff sehr gut geschützt vor den Wellen. Ausser ein paar traditionellen Fischerbooten (einzig die Ruder sind ersetzt durch Aussenbordmotoren) liegen nur wenige andere Schiffe in der kleinen Bucht
Oracabessa ist unter anderem auch in der Taucherszene beliebt – in normalen Zeiten. Jetzt ist alles geschlossen und, ausser Bewachungspersonal, menschenleer
Mitten zwischen Strandhäusern liegt ein zerschelltes Flugzeug – was ist da wohl passiert? Die Antwort liefert uns bald der Strandname und dann Wikipedia: James Bond. Jamaika hat schon beim ersten James Bond Film (Dr. No, 1962) als Drehort gedient. Die Küste im Norden ist besonders schön und wild. Hier stieg Ursula Andress in ihrem sagenhaft betörenden weissen Bikini aus dem türkisfarbenen Meer und setzte die Messlatte für alle künftigen JB Girls gleich zu Beginn sehr hoch. Für viele weitere 007 Filme diente diese Gegend hier als Drehort, und es finden sich überall Spuren davon

Wir verbringen zwei Nächte vor Anker in Oracabessa. Dass die Behörden aufmerksam kontrollieren, was vor ihrer Küste passiert, finden wir in Ordnung. Die zuvorkommenden Beamten der Küstenwache kontrollieren schon kurz nach unserer Ankunft unseren Status und die Dokumente. Sie wünschen uns einen angenehmen Aufenthalt und dann eine gute Weiterfahrt. Diese führt uns dann am Sonntag ein paar Meilen der Küste entlang nach Ocho Rios.

Die Bucht von Ocho Rios wird primär von Kreuzfahrtschiffen angefahren, insbesondere aufgrund der «Dunn’s River Falls» und anderen Touristen-Attraktionen, wie der «Craftmarket» (Einheimische Handarbeit oder Merchandise), Rafting auf dem «White River», unweit von Ocho Rios entfernt. Jährlich besuchen fast eine halbe Million Touristen den Ort
Unsere Ankerbucht in Ocho Rios: für die nächsten Tage/Wochen unser Ankerplatz – ganz für uns alleine! Normalerweise liegen hier mehrere Kreuzfahrtschiffe am Pier (ausserhalb des linken Bildrands) die Hotels sind gefüllt und der Strand von sonnenhungrigen Menschen geflutet. Jetzt ist alles menschenleer – ideal für uns in der aktuellen Situation

Unseren Ankerplatz müssen wir aber erkämpfen. Kaum haben wir geankert, informiert uns die Marine Polizei über Funk, dass wir hier nicht bleiben können. Der Hafen sei geschlossen, und wir müssen wieder weg. Wir versuchen zu erklären, dass wir bereits seit über drei Wochen auf Jamaica sind und offiziell einklariert haben bis zum 30. Mai. Barsch erwidert die unfreundliche Stimme am anderen Ende des Funkverkehres, dass er so entschieden habe und wir hätten uns an seine Anweisung zu halten. Dann bricht der Funk einseitig ab. Mehrere Versuche, das Gespräch über Funk neu aufzunehmen, fruchten nichts. Die Marine Polizei beantwortet unsere Aufrufe nicht mehr. Da es schon kurz vor Sonnenuntergang ist, entscheiden wir, einfach mal zu bleiben und abzuwarten, was passiert. Es passiert nichts.

Am anderen Morgen hat Pia die glorreiche Idee, wir könnten doch dort, wo wir einklariert haben, um Unterstützung bitten. Köbi glaubt zwar nicht daran (ist ja nicht seine Idee 😉), schreibt dann aber doch nach dem Frühstück ein E-Mail an die Marina Errol Flynn, die uns bei der Ankunft Anfangs März einklariert hat, und bittet um Hilfe. Unglaublich, was dann passierte: umgehend kommt die E-Mail Antwort, die Marina werde die lokale Zoll- in Immigrationsbehörde anrufen. Kaum gelesen kommt das nächste Mail rein mit der Information, dass die Behörden in Port Antonio die Anordnung der Marine Polizei von Ocho Rios nicht verstehen. Sie werden dort anrufen und die Situation klären. Keine fünf Minuten später kommt das Einsatzboot der Marine Polizei mit Blaulicht auf uns zu geprescht. Aus sicherer Distanz von rund 10 Metern und geschützt durch weisse Gesichtsmasken und Maschinengewehren im Anschlag rufen sie uns etwas von Quarantäne zu. Wir rufen zurück, dass wir schon über drei Wochen in Jamaica sind und die Quarantäne Zeit schon lange hinter uns haben. Dazu wedeln wir mit den erhaltenen Dokumenten, um unsere Worte zu bekräftigen. Kurze Diskussion auf dem Polizeiboot. Langsam kommt es näher. Einer der Beamten ist etwas freundlicher und beginnt ein normales Gespräch mit uns. Na also, geht doch! Er fragt uns nach den Dokumenten, die wir ihm der Reihe nach übergeben: Bestätigung des Gesundheitsministeriums, Bestätigung der Immigration, und Cruising Erlaubnis der Zollbehörden. Der Beamte nickt zustimmend. Wieder eine kurze Diskussion unter den drei Beamten und dann der Entscheid: OK, ihr dürft bleiben – Welcome to Ocho Rios – geniesst unsere Stadt! Ihr dürft euch frei bewegen.

Aus lauter Aufregung haben wir verpasst, das abrauschende Polizeiboot, immer noch stolz mit drehendem Blaulicht bewaffnet, zu fotografieren. Dafür stellvertretend ein Schiff der Küstenwache, die uns bisher immer sehr zuvorkommend behandelt hat
Touristenviertel in der Nähe des Landesteges für Kreuzfahrtschiffe. Sonst wohl ein Gewimmel wie in einem Bienenhaus, wenn alle Geschäfte und die schönen Bars offen haben, nun idyllisch und ruhig
Abendstimmung vom Ankerplatz aus: Hotels und Strände sind menschenleer. Nur die auch am Tag brennende Beleuchtung der Fussgängerzone versucht jetzt, uns etwas Betrieb am Strand vorzugaukeln
Es ist zwar fast alles geschlossen, das was wir aber brauchen, finden wir. Sogar etwas mehr! In der Nähe unseres Dinghi-Steges haben wir eine offene Eisdiele gefunden. Die feine Glacé lockt uns fast jeden Tag einmal dorthin an Land 😉
Wir haben uns zwar freiwillig eine Isolation auferlegt, was aber nicht heisst, untätig zu sein. Jeden Tag unternehmen wir mindestens eine Aktion. Hier fahren wir mit dem Dinghi aufs Riff hinaus, um die Gegend zu erkunden und dort etwas zu schnorcheln
Das Wasser ist hier glasklar, 28 Grad warm und einfach fantastisch zum Schnorcheln
Anderer Tag – andere Aktion: eine Wanderung zu Wasserfällen (es hat hier unzählige davon!) im Tropenwald
Vor diesem riesigen Wurzelwerk eines Tropenbaumes wirkt Pia winzig klein
Shaw Park Waterfall
Immer wieder schön: ein erfrischendes Bad im kühlen Nass
Auf dem Weg zum Lebensmittelladen. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort – man kann Menschenansammlungen durchaus vermeiden. Hier in Jamaika gelten übrigens die gleichen Massnahmen, wie auch in der Schweiz. Zusätzlich gilt von abends 20 Uhr bis morgens 6 Uhr ein Ausgehverbot
Köbi jammert ab und zu schon ein wenig 😉: es hätte ein paar superschöne und geschichtsträchtige Bars und Pubs hier. Nun ist halt alles zu, auch dieses „Rastarant“
Fahrbarer Untersatz Marke Eigenbau, gesehen auf der Strasse. Und ja, er fährt tatsächlich! Treibstoff befindet sich in der weissen Plastikflasche, gesteuert wird über einen einfachen Seilzug und Holzscheibe. Wieso der Fahrer noch das Preisschild am Hut trägt, haben wir nicht herausfinden können 😊
Lupina ganz alleine vor dem verlassenen Ocho Rios Bay Beach
Wie ob sie es geahnt hätte: wie lange geht das wohl so weiter? Was bringt uns die Zukunft?
Uns wird es nicht langweilig. Während unseres Aufenthaltes in Port Antonio haben wir uns einige Ersatzteile für das Schiff bestellt, die wir hier auf der Insel nicht finden konnten. Das Paket ist nun aus Schweden über Deutschland und Amerika in Jamaika eingetroffen, und wir konnten es mit einem Mietauto in der Marina in Port Antonio abholen. Nun wartet Arbeit auf Köbi, und bald können wir wieder ein paar Zeilen auf der «to do» Liste streichen
Einige der erhaltenen Teile sind Opferanoden, welche unser Schiff vor Korrosionsschäden schützen. Gerne hätten wir diese gewechselt, als das Schiff aus dem Wasser war. Da die Teile dann aber noch nicht geliefert waren, macht Köbi dies nun mit der mobilen Tauchausrüstung im Wasser
Pia putzt und entrostet die weisse Kunststoffhülle unseres Schiffes
Zwischendurch ruhen wir uns auch aus 😉
Oder wir halten uns fit mit «noodeling» (dieses blaue Dinge heisst auf Englisch «Noodle» – und eignet sich sehr gut für Wassergymnastik)
Sonstige Kunststücke (eine Challenge der Turnenden Familie aus Wölflinswil – super Idee, finden wir und mitmachen ist natürlich Ehrensache)
Am 7. April dann Köbi’s 60. Geburtstag!! 😊😊
Nach unserer ursprünglichen Planung würden wir nun diese Woche weitersegeln westwärts in Richtung Cayman Inseln. Das ist im Moment nicht möglich, weil auch dort die Grenzen geschlossen sind. So werden wir auf unserer Reise etwas eingebremst. Wir bleiben vorläufig noch ein paar Tage in Ocho Rios und segeln dann langsam weiter der Jamaikanischen Nordküste entlang nach Montego Bay und dann Negril. Das heisst für uns vorläufig: weiter relaxen und wunderbare Sundowner geniessen
Abendstimmung auf der Lupina

Bleib der Lupina im Kielwasser

Jamaica – yeh mon!!

Am 2. März 2020 sind wir mit unserer Lupina in Port Antonio eingelaufen. Wir haben unsere Abfahrt aus Haiti extra so geplant, dass wir nicht am Wochenende, sondern erst am Montag früh eintreffen. So müssen wir nicht die Behörden in ihrer Sonntagsruhe stören. Die Bucht, in der die Marina liegt, ist sehr gut geschützt und das Anlegen an einem Fingerdock verläuft problemlos. Noch bevor wir aber die Leinen festgemacht haben, instruiert uns der Marina-Angestellte, dass wir nicht vom Boot dürfen, bis der Mann vom Gesundheitsamt uns überprüft hat. Das ist neu! Wir erhalten einen dicken Stapel von Papieren, die wir ausfüllen müssen. Kaum erledigt, klopft der Mann vom Gesundheitsamt ans Schiff. Er informiert uns, dass in der Dom Rep, dem Land in dem wir vor Haiti waren, der erste Corona Fall aufgetreten ist. Deshalb zählen wir nun zur Risikogruppe. Da wir aber alle seine Fragen zu seiner Zufriedenheit beantworten können (keinen Kontakt zu italienischen Touristen, in den letzten zwei Wochen nicht in Santo Domingo gewesen, etc.), dürfen wir bleiben und die gelbe Q-Flagge (Q steht für Quarantäne) runter holen. Er bittet uns, dies nun auch sofort zu tun, denn das sei für die anderen Behörden (Immigration und Zoll) das Zeichen, dass sie nun ihrerseits ihres Amtes walten dürfen. Jeder kommt persönlich auf das Schiff und das Prozedere geht freundlich und speditiv über die Bühne. Wir sind einklariert und dürfen nun an Land, wo uns sogleich die süsslichen Cannabis Rauchschwaden allgegenwärtig in die Nase steigen. Wir sind in Jamaica – yeh mon!
(yeh mon bedeutet in der lokalen Sprache so viel wie: hallo / gut / ok / einverstanden / …)

Die Bucht von Port Antonio im Nordosten von Jamaica. Sie ist zwar gegen Nordwesten offen, die Wellen werden aber von einem vorgelagerten Riff sehr gut aufgehalten. Ankern (Schiffe im Hintergrund) oder Boje kosten hier 25.-USD pro Tag. Das ist ungewöhnlich und teuer 🙁
Wie fast überall in der Karibik findet man auch hier noch Spuren der verschiedenen katastrophalen Hurrikane. Leider werden hier Besitzer oder deren Versicherungen nicht dazu angehalten, die Schiffswracks zu bergen und ordentlich zu entsorgen. Wir stellen fest: wenn’s mit den alten Autos nicht klappt, dann klappt es mit den Schiffen erst recht nicht
Wir geben für unsere Lupina etwas mehr Geld aus und gönnen ihr ein schönes Plätzchen in dieser Marina: Errol Flynn Marina
Die Marina ist nach dem in den 1950er Jahren sehr bekannten Schauspieler Errol Flynn benannt. Jamaika wurde zur Zeit der Machtübernahme von Fidel Castro und Ché Guevara in Kuba strategisch wichtig für die USA. Es flossen viele Gelder hierher und betuchtere Amerikaner kauften sich Land und Feriendomizile. 1946, bei einem heftigen Sturm, strandete Errol Flynn mit seiner Luxusyacht «ZaZa» vor Port Antonio und verliebte sich sofort in diese kleine Hafenstadt. Er kaufte sich Navy Island, eine der Marina vorgelagerte Insel. Später soll er damit geprahlt haben, dass er die Insel in einem mit viel Rum getränkten Pokerspiel gewonnen habe. Hierhin flüchtete er vor dem Medien- und Starrummel um seine Person und fand seine zweite Heimat
Direkt hinter der Marina beginnt der Tropenwald
Was bei uns kleine Zimmerpflanzen sind, findet sich hier als Riesengewächs. Ein wohltuend intensives Grün
Es ist wieder mal Zeit für einen Rigg-Check. Pia zieht Köbi im Bootsmannsstuhl am Spi-Fall in die Mastspitze hoch. Alle Drahtseile, Anschlüsse und Verbindungen müssen gereinigt und auf Verschleiss oder Schäden kontrolliert werden. Köbi’s Befund: alles i.O. 😊
Bei der Einfahrt in die Marina werden wir von vielen Leuten am Ufer beobachtet. Sie wissen: da kommen neue «Kunden». So sind wir nicht überrascht, dass wir beim Verlassen des abgeriegelten Marina Bereiches sofort von allen Seiten mit irgendwelchen preislich total überrissenen Angeboten eingedeckt werden. Wir wehren uns mit Händen und Füssen – freundlich aber bestimmt. Dieser Mann, Noel, war aber erfolgreich und verkaufte uns eine CD mit guter Reggae Musik, wie er uns versprach. Er sei schon mal als Musiker ein Jahr lang in der Schweiz gewesen und kenne unser Land gut. Nun ja, ob es stimmt? Jedenfalls scherbelt die CD auf unserem Abspielgerät, und der Crew eines französischen Schiffes, das nach uns einlief, erzählte er eine ähnliche Geschichte. Da sie aber keine CD wollten, drehte er ihnen erfolgreich ein paar Gramm Marihuana an 😊 😊
Auf dem lokalen Markt, nur ein paar Fussschritte von der Marina entfernt, decken wir uns mit Früchten und Gemüse ein
Metzger und Fleischhändler im Markt. Zu unserem Erstaunen riecht es nicht und wir sehen nirgendwo Fliegen, obwohl der Raum nach aussen offen ist
Nebst dem Markt gibt es sehr viele Strassenhändler, die ihre Ware feilbieten. Dieser Stand hier steht direkt vor dem Eingang zu einer Schule und wird rege von den Schülern für Süssigkeiten benutzt
Dann gibt es noch die «mobilen» Strassenverkäufer, die ihre Waren auf Trottoirs oder auch mitten auf der Strasse verkaufen. Das Gefährt, das sie dazu benutzen, ist ein selber gebastelter, steuerbarer Schubkarren
Diese einfachen Gefährte sieht man hier überall. Sie sind sehr vielseitig einsetzbar, wie etwa zum Transport von Baumaterial
Wollen wir mal nicht auf der Lupina essen, wird es, zumindest anfänglich bis wir uns etwas auskennen, schwierig. Wo finden wir ein gutes Restaurant? Hier?? …
… oder hier?? (Küche des nächsten «Restaurantes»)
… oder doch besser von diesem Imbisstand?? Solche aus alten Fässern hergestellten Jerk-Chicken Grills finden wir an jeder Strassenecke. Sie sind typisch für Jamaika
Uns fällt auf, dass viele Einheimische sehr oft Imbissbuden benutzen. Und was diese auftischen ist zum Teil echt gut! Wir werden immer fündig und finden feines lokales Essen
Typisch jamaikanisches Essen: Jerk-Chicken und Festival. Das Fleisch ist perfekt gewürzt, meist etwas scharf. Festival, das sind die kleinen Rollen. Sie schmecken ähnlich wie bei uns die Fastnachtsschenkel (sorry, ich kenne den richtigen Deutschen Ausdruck dafür nicht), einfach nicht so süss

Zur Marina Errol Flynn gehört auch ein Boatyard, eine Werft, in der man Arbeiten am Schiff erledigen kann. Da unser Antifouling an einigen Stellen nicht mehr vorhanden ist und das weisse Gelcoat zum Vorschein kommt, wollen wir unserer Lupina neue «Unterwäsche» besorgen. Zu diesem Zweck muss das Schiff aus dem Wasser geholt und für 1-2 Wochen an Land bleiben. Was da alles passiert ist, könnt ihr im folgenden kurzen Video sehen: https://youtu.be/_RZGA5EGjpM

Viele Segler machen diese recht zeitaufwändige Arbeit selber. Wir haben entschieden, dass wir den Einheimischen die Arbeit nicht wegnehmen wollen und vergeben den Auftrag an die Werft. Während der Zeit, wo Lupina an Land steht, können wir in ihr wohnen und einige längst anstehenden Arbeiten im Bootsinneren erledigen. Viel Zeit verbringen wir aber auch, den östlichen Teil von Jamaica mit den berühmten Blue Mountains zu erkunden.

Auf dem Weg zum höchsten Berg in Jamaica, dem 2’256 Meter hohen Blue Mountain Peak. Per Mietauto (rechts gesteuert wie in England) geht es zuerst über die wunderschöne Bergstrasse B1 in Richtung Kingston, und dann über ziemlich abenteuerliche Naturstrassen (eigentlich nur mit Off-Road sinnvoll) an den Ausgangspunkt der Wanderung
Unser Nachtlager (Jay & Hercules Guesthouse, das silbrige Auto oben ist unseres) erreichen wir auf dem letzten Zack. Es hat zu regnen begonnen und die steile, stark ausgewaschene Naturstrasse wird sehr rutschig und fast unpassierbar für uns. Eigentlich wären wir gerne noch rund zwei Kilometer weiter hoch gefahren, aber entscheiden, unser Auto und Nerven (von Pia 😉) zu schonen und hier zu stoppen
Jay & Hercules Guesthouse: einfaches aber sauberes Zimmer. Mit 60.- USD für das Zimmer an der oberen Grenze, aber dies entspricht den lokalen Preisen ☹
Jay & Hercules Guesthouse: Waschplatz und dahinter Dusche und WC. Spartanisch aber auch hier: alles sehr sauber!
Aussicht von der Veranda des Guesthouses. Da oben wäre er, der höchste Berg von Jamaica. Die Regenwolken am Abend versperren uns aber den Blick zum morgigen Ziel, dem Blue Mountain Peak
Die Wetteraussichten für den nächsten Tag sind gut, und nach diesem typischen jamaikanischen Nachtessen (Reis, frittiertes Hühnchen, Gemüsesalat) begeben wir uns früh zu Bett, denn am nächsten Morgen …
… geht es 5 Stunden steil bergauf. Zuerst müssen wir zu Fuss den Rest der Strasse, den wir mit dem Auto nicht mehr geschafft haben, zurücklegen. Dann geht’s entlang von Transportpfaden für die diversen Kaffeefelder, bis diese vom Tropenwald abgelöst werden. Ab da führt ein schmaler Wanderweg bis zum Eingang in den Nationalpark, in dem der höchste Berg liegt
Wir dürfen nicht schreiben wo und wer: irgendwann während unseres Aufstiegs kommen wir bei einem Mann vorbei, der vor seiner Hütte sitzt und gemütlich Cannabis Blüten von einer grossen Plastiktüte in viele kleine Einzeltüten abpackt. Bereitwillig gibt er uns Auskunft und erklärt, dass er eigentlich etwas Illegales macht und der Handel mit Cannabis in Jamaica genau reglementiert ist. Man muss ein Zertifikat dazu haben, das viel Geld kostet (er nennt eine Zahl von mehreren Tausend US Dollars). Soviel Geld hat hier niemand, der ehrlich arbeitet, meint er grinsend, und packt weiter seine Säcklein ab
Der obere Teil des Berges ist sehr oft durch Nebel oder Regenwolken eingehüllt. Das Klima ist schwül und feucht. Alles ist mit Moos und Flechten bedeckt. Es ist wie in einem Märchenwald
Ein Baumfarn: eine Farn Art, die wie ein Baum in die Höhe wächst. Wie bei einer Palme sterben die älteren Farnwedel von unten her ab, die neuen «Blätter» rollen sich von der Mitte der Stammspitze aus
Nach fünf Stunden und mit brennenden Oberschenkeln ist es dann geschafft: Blue Mountain Peak, 2256 Meter über Meer
Der Abstieg ist dann nicht nur für uns eine harte Bewährungsprobe. Köbi’s Wanderschuhe haben zum Glück erst auf dem letzten Kilometer endgültig ihren Geist aufgegeben 😊
Wir werfen die Schuhe aber nicht einfach weg, sondern fragen, zurück in Port Antonio, den Autovermieter, ob er jemanden kenne, der dafür Verwendung hätte. „Natürlich“, meint er, diese seien einfach zu reparieren, und er nahm sie gerne in Empfang. Am nächsten Tag schaut Köbi den Bauarbeitern, die neben der Werft eine Grube trocken halten müssen, genau auf die Füsse. Seine Schuhe sind aber noch nicht wieder im Einsatz 😊

Ein nächstes Abenteuer von Port Antonio aus: River Rafting auf dem Rio Grande. Per Kollektiv-Taxi fahren wir von Port Antonio die rund 10 Kilometer zum Startpunkt der Flussfahrt. Die Rafts sind handgefertigte Bambusflosse, die meist vom Captain selber hergestellt werden. Es gibt den offiziellen (staatlichen) Veranstalter und es gibt die privaten Flossführer, welche die Flussfahrten durchführen. Die Privaten haben aber alle eine Lizenz und arbeiten auch für den staatlichen Betreiber. Der kleine Unterschied: wenn sie die Fahrt privat machen, gehört das ganze Geld ihnen, wenn sie es für den staatlichen Veranstalter machen, erhalten sie nur einen Bruchteil davon als Lohn. Logischerweise ernten wir einiges an Kopfschütteln, als wir an unserem Vorhaben festhalten, unsere Fahrt über den staatlichen Veranstalter zu buchen (zumal die Privaten sogar unter dem offiziellen Preis angeboten haben)

Captain Clive und sein selber gebautes Floss auf dem Rio Grande
Die Flussfahrt ist wirklich eine Empfehlung. Wir geniessen jeden Meter davon
Die Fahrt dauert rund drei Stunden und die zurückgelegte Distanz beträgt etwa 14 Kilometer. Wie kommen die Flosse zurück? Ganz einfach, per Muskelkraft! Dort wo der Fluss nicht allzu schnell fliesst wird mit der Stange flussaufwärts gestachelt, sonst wird das Floss wie auf dem Bild vom Ufer aus gezogen. Wer später einmal selber Captain werden will, muss sich seine Sporen zuerst mit dieser Arbeit abverdienen. Unser Captain, sein Name ist Clive, erklärt uns stolz, dass er das fünf Jahre lang gemacht hat, bevor er Captain wurde
Unterwegs auf dem Rio Grande: Männer beim Waschen ihrer Wäsche
Nervenkitzel auf dem Rio Grande. Im oberen Teil hat es immer wieder Stromschnellen und wir bewundern die Geschicklichkeit unseres Gondolieres. Das leuchtend gelbe Hemd mit der Zahl 113 drauf ist übrigens sein Arbeitshemd. Jeder Captain, der für die staatliche Organisation arbeitet, hat seine eigene persönliche Nummer. Arbeitet er privat und auf eigene Rechnung, muss er es ausziehen und ein anderes tragen

Während unserer Wanderung auf den höchsten Berg erhalten wir von Köbi’s Bruder Christoph die Nachricht, dass er und seine Frau Irène uns nicht in Jamaica besuchen können. Sie wären nun diese Woche gekommen. Wir hatten schon vorher mitbekommen, dass die USA alle Flüge aus Europa blockiert hat. Da der Flug über Miami geführt hätte, haben wir schon mit dieser Hiobsbotschaft gerechnet. Und da es in den letzten Tagen auch Corona Erkrankungen in Jamaica gegeben hat, ist hier mit gleichen Massnahmen zu rechnen, wie in anderen Ländern. Schade, sehr, sehr schade! Es tut uns sehr leid für die Beiden. Aber wir holen das Skipper-Training für die beiden irgendeinmal nach 🙂

Trotz der Absage wollen wir vorerst an unserem Segelplan festhalten, und die nächsten Wochen in Jamaica verbleiben. Wobei wir uns dauernd informieren müssen, was die Regierung in Sachen Corona festlegt. Im Moment ist die Situation noch einigermassen überschaubar, aber ändert sich laufend (wie überall auf der Welt auch)

Erfahrungsgemäss werden in etwa die selben Massnahmen definiert, wie ein paar Tage vorher in Europa. So sind seit vorgestern auch hier alle Restaurants und Bars geschlossen. Der Informationsfluss ist wahrscheinlich nicht ganz genügend, denn wenn man die Leute fragt, wie lange die Massnahmen gelten, erhält man unterschiedliche Antworten. Was wir hier bisher noch nicht gesehen haben, sind die Hamsterkäufe, wie sie aus Europa berichtet werden. Wenn man einen Lebensmittelladen betritt, ist eigentlich alles normal, bis auf den Mann am Eingang, dem man seine Hände hinhalten muss. Diese besprüht er dann mit einem Desinfektionsmittel. Damit will man wohl verhindern, dass eine Übertragung durch Berührung von Lebensmitteln erfolgen kann. Finden wir gut, und wir fühlen uns sicher. Wir selber versuchen, so gut wie möglich von anderen Menschen fern zu bleiben, waschen unsere Hände regelmässig und intensiv mit Seife und haben unsere Mundmasken griffbereit.

Dürfen wir morgen Freitag Port Antonio Richtung Westen verlassen? Wie geht es hier weiter mit Corona? Dürfen/können wir noch nach Cayman Islands und dann nach Kuba? Bleib der Lupina im Kielwasser!