Auf die Lupina zu Pia und Köbi – einmal um die halbe Welt nach Fiji

(Autor: Nelly Viret)

Sonntag, 27. August 2023, 11 Uhr, die Reise beginnt am Bahnhof in Vevey. Mich erwarten über 40 Stunden Flug- und Wartestunden: Genf-London-Hongkong-Nadi-Labasa. Etwas mulmig ist mir schon zumute. Zu meiner Überraschung geht die lange Reise um die halbe Erdkugel gefühlsmässig schnell.
Im kleinen Flieger von Nadi nach Labasa, 45 Minuten, offenbart sich mir ein erster Eindruck von Fiji. Vorgelagerte Koralleninseln, das erste Korallenriff und eine grüne Insel.
Nach der Landung halte ich aufgeregt Ausschau nach Pia und Köbi. Da steht schon Pia und winkt. Auch Köbi wartet in der Halle. Vor lauter Freude, Erleichterung und Müdigkeit kommen mir die Tränen.
Aber die Reise geht weiter. Mit dem Mietauto fahren wir noch 90 Minuten quer über die Insel, zur Ostseite nach Savusavu, wo die Lupina liegt. Die Landschaft ist wunderbar grün, mehrheitlich dicht bewaldet. Die Strasse ist etwas holprig und der höchste Punkt liegt bei etwa 650 Metern. Fast schon eine Passstrasse.
Zu meiner Freude gibt es einen kurzen Halt, um frischen Kokossaft zu geniessen.

Nach meiner Registrierung bei den Behörden und der Aufnahme auf die Crewliste geht es endlich mit der Fähre zur Lupina in der sehr schönen Nawi-Marina. Nach einem Begrüssungsdrink und einer feinen Pizza darf ich endlich ins Bett.

Noch im Bau, teilweise aber schon in Betrieb: die neue Marina Nawi Island in Savusavu
Mein Heim für die nächsten 5 Wochen: SY Lupina
In den nächsten Tagen kaufen Pia und ich frisches Gemüse und Früchte auf dem kleinen lokalen Markt, schlendern durch die Stadt, wo ich auch schon die ersten Geschenke für meine drei Töchter und Grosskinder finde. Abends geniessen wir Drei ein gutes Essen in verschiedenen Restaurants.

Am Donnerstag war sogar ein Arztbesuch für Pia nötig. Die Beiden haben sich einen Ring tätowieren lassen mit dem Resultat einer schlimmen Infektion, vor allem für Pia. Trotz einer gut ausgestatteten Schiffsapotheke und meinen täglichen Verbänden mit Antibiotikasalbe sah Pia’s Finger immer schlimmer aus, und eine orale Antibiotikabehandlung war unumgänglich. Nach 48 Stunden sehen wir schon eine deutliche Verbesserung.

Wir beschliessen, am Samstag zur Naidi Bay im Süden der Insel zu segeln. Dort verbringen wir eine leicht rollige Nacht.
Dafür ist der Sonnenuntergang einfach herrlich.

Sonntag, 3. September, es geht weiter nach Taveuni, wo wir eine ruhige Nacht verbringen und Kräfte sammeln für die Überfahrt in die Lau Inseln zum Vanua Balavu Archipel. Es wird eine Am-Wind Fahrt mit Aufkreuzen und meine erste Nachtfahrt überhaupt. Zum Glück weiss ich noch nicht, was mich erwartet. Gewöhnungsbedürftig diese Schräglage, auch wenn der Skipper und Pia mir einreden, dass es ein «angenehmer» Am-Wind Kurs sei. Alles geht gut bis die Bettzeit kommt. Nach zwei Stunden in der Bugkabine bekomme ich Platz- und Luftangst. Ich muss raus und kämpfe mich zu Pia durch, die Wache hält. Sie beschliesst, für mich das Lee-Bett im Salon mittschiffs zu richten. Tatsächlich schlafe ich dort etwa 4-5 Stunden. Ich möchte den Sonnenaufgang sehen, aber wie komme ich da bei der Schräglage wieder raus, ich fühle mich steif wie ein Brett, hänge im Netz und warte bis Köbi endlich runterkommt. Galant hilft er mir, aus dem Leebett heraus zu kriechen, während Pia einen Lachanfall bekommt. Ja, sage ich mir, ich bin definitiv zu alt für solche Fitnessprogramme morgens früh vor dem Kaffee!

Ordentlich Schräglage auf dem Weg zum Archipel von Vanua Balavu.
Es hat sich gelohnt, wir kommen nach 28 Stunden in der wunderschönen Bucht vor dem schmucken Dörflein Daliconi an.
Lupina ganz alleine vor Anker bei Daliconi, Vanua Balavu

Das Ankerbier schmeckt heute besonders gut. Und ich sehe meine erste Schildkröte direkt neben der Lupina. Wir beschliessen, erst am nächsten Morgen beim Dorfoberhaupt vorzusprechen. Das Sevusevu steht an, eine traditionelle Zeremonie, bei welcher der Besucher mit einem Geschenk (ein Bündel getrocknete Kava Wurzeln) den Chief bittet, in sein Dorf kommen zu dürfen.

Nach einer sehr ruhigen Nacht sind wir fit und gehen an Land. Köbi im Sulu.

Zwei Kinder führen uns zum Headman, dem Sprecher des Chiefs. Dieser zieht sich schnell den traditionellen Sulu Rock (wie Köbi) an und wir gehen gemeinsam zum Chief. Wir setzen uns im Kreis um diese zwei Männer und übergeben das Sevusevu (Kava). Nach der Begrüssung und Vorstellung murmelt der Sprecher etwas, was sich wie Gebete oder Lobreden für das Dorfoberhaupt anhört. Dieser antwortet mit «Vinaka», was «Danke» heisst. Wir sind nun als Dorfbewohner aufgenommen und bekommen die Erlaubnis, uns im Dorf frei zu bewegen.

Sevusevu Zeremonie beim Chief. Von rechts: Köbi, Headman, Chief mit 2 Grosskindern, Frau des Chiefs, Pia.
Der Sprecher begleitet uns bis zur Schule, die verlassen daliegt, es sind gerade Ferien. Zum Abschied schenkt er uns zwei Papayas.
Wir wandern bergauf, bergab, mit Ziel zum kleinen Flughafen. Nur Köbi schafft es dorthin. Pia und ich kehren nach einer Stunde zum Dorf zurück.
Zu unserer Freude kommt Köbi mit einer wunderbaren, riesigen Bananenstaude zurück. Er muss sie nicht mal selber tragen. Die Freundlichkeit und Grosszügigkeit dieser Bewohner rühren uns sehr.

Das nächste Ziel ist die Bay of Islands. Köbi steuert uns sicher durch eine eindrückliche Insellandschaft. Hut ab! Untiefen und pilzartige, mit Bäumen bewachsene Vulkansteine verlangen äusserste Vorsicht und Geschick. Traumhafte, fast unrealistische Welt. Überall ragen Vulkanbrocken aus dem Wasser. Ein richtiges Labyrinth. Wir ankern in einer Bucht, umringt von bewaldeten Vulkanfelsen.

Einfahrt in die Bay of Islands, die irgendwo hinter der grünen Barriere liegt. Aber wo ist der Durchgang?
Genauer Ausguck ist wichtig
Gemeinsam beobachten wir das Wasser auf Untiefen oder Korallen-Bommies
Wie ein Wunder öffnet sich hinter der Inselfront eine grosse, stark durchklüftete Bucht: die Bay of Islands

Wir begrüssen vier Yachten, die in anderen Buchten ankern und bekommen sogar einen eben aus dem Wasser gezogenen Fisch. Ein schmackhaftes Abendessen ist in Aussicht. Wir verbringen hier zwei ruhige Tage und erkunden die Umgebung mit dem Dinghi und Schnorcheln.

Erkundungstour im Dinghi
Inseln ragen wie Pilze aus dem Wasser
Schroffer Lava-Brocken. Deutlich sichtbar, die roten, eisenhaltigen Einschlüsse im Felsen
Köbi erkundet schnorchelnd eine der vielen Höhlen in der Bay of Islands (hier: Limestone Cave)
Am 9. September verlegen wir auf die andere Seite der Insel. Endlich darf ich wieder mal ans Steuer!

Nach drei Stunden Champagnersegeln fällt der Anker in der Bucht von Bavatu Harbour. Die einsame Bucht ist umgeben von hohem Vulkangebirge. Ein Yachtclub liegt verlassen da, der australische Besitzer kommt erst in zwei Wochen wieder. Ein Anlegesteg mit Holzboot dient einer Plantage (Farm) als Transport- und Versorgungsweg.

Am nächsten Tag steigen wir die 271 Treppen hoch auf das Hochplateau.
Der Hang ist steil zerklüftet und dicht bewaldet. Oben überrascht uns eine riesige Weidefläche und eine kleine Siedlung von 6 Häusern.
Sogar einen Laden hat es! Der Name sinnigerweise «The Sometime Store» (= «der manchmal Laden»)
Weidende Rinder – ein Bild wie bei uns in den Voralpen oder auf dem Jura

Wir treffen eine Familie, die auf der ebenfalls dem Australier gehörenden Plantage arbeitet. Nebst der Pflege von Kühen und Schafen ist sie für den Unterhalt der Weiden und des Weges zu einem wunderschönen Aussichtspunkt zuständig. Der Besitzer ist auch der Inhaber der Copra Shed Marina und besonders seglerfreundlich. Grossmütig gewährt er uns Seglern gerne Zugang zu seinem Grundstück. Wir marschieren los, zunächst über Weidewiesen, dann durch tropischen Wald auf einem schönen Weg. Köbi führt uns etwas im Kreis herum, aber schlussendlich sind wir da. Umwerfend diese Aussicht auf die Bay of Islands und das Riff. Der Spaziergang hat sich gelohnt.

Blick vom Plantage Outlook über die Bay of Islands
Zur Erholung fährt uns Köbi danach mit dem Dinghi in den Buchten umher bis zu einem Sandstrand. Zwei kleine Schildkröten flüchten und farbige Fische und Korallen erfreuen mein Auge beim ersten Schnorcheln.

Pia sitzt leider immer noch auf dem Trockenen, der Finger ist noch nicht ganz abgeheilt. Bei der Schleichfahrt durch die Mangroven begrüsst uns ein grosser Ammen Hai. Eindrücklich!!

Bei einem Poulet Yassa und dem traditionellen Brändi Dog, geht wieder ein wunderbarer Tag zu Ende.

Am 11. September segeln wir bei 15-18 Knoten am Wind nach Lomaloma. Auch hier besuchen wir das Dorfoberhaupt (Bild Mitte, ein Riese) für die Sevusevu Zeremonie.

Der Chief persönlich führt uns durch das Dorf von etwa 200 Einwohnern. Drei kleine Dorfläden bieten Konserven und diverse Lebensmittel an. Erst beim Letzten werden wir fündig. Frische Bohnen und einen Chinakohl, wir sind glücklich.

12. September, 8h25 Anker auf für die Überfahrt nach Fulaga im Süden. 136 Seemeilen Am-Wind bei bis zu 23 Knoten Wind aus OSO und zwei Meter hohen Wellen. Wir machen gute Fahrt bis etwa 21 Uhr. Vor uns eine heikle Passage zwischen zwei Inseln und in der Mitte eine Untiefe, die aber laut Karte mindestens 46 Meter tief ist.

Dem ist aber nicht so! Ein plötzliches, ohrenbetäubendes Kratzen, Knarren und Knirschen, als ob der Lupina der Bauch aufgerissen würde. Wir sitzen auf einem Riff! Mein erster Gedanke: Rettungsweste anziehen. Der Gedanke bei schwarzer Nacht und aufgewühltem Meer im Wasser zu landen jagt mir Angst ein. Köbi und Pia bleiben ruhig und konzentriert. Um uns herum herrscht rabenschwarze Nacht, ich verliere komplett die Orientierung. Nach weiteren zwei schrecklichen Kratzgeräuschen kann Köbi die Lupina aus den Korallen herausmanövrieren. Glück gehabt – es dringt kein Wasser ins Schiff, der Rumpf bleibt unbeschädigt!! Hoffen wir, dass Ruder und Kiel nicht allzu stark beschädigt sind. Die Steuerung funktioniert etwas knarrend, aber wir können weiter fahren. Das Adrenalin hält uns noch einige Zeit auf Trab.

Nach dem Zwischenfall am Riff versuchen Pia und ich lange vergeblich, im Salon bei immer noch ordentlicher Schräglage, Schlaf zu finden. Irgendwann gelingt es uns und wir schlafen tief und fest.

Um 7 Uhr früh drehen wir bei und geniessen ein köstliches Frühstück. Fulaga liegt vor uns, die Einfahrt in den Pass ist vor 12 Uhr 30 nicht möglich, also lassen wir die Lupina treiben.

Bei ansteigender Flut und nur noch schwachem Gegenstrom im Pass gelingt die Einfahrt ins Atoll von Fulaga ohne Probleme, obwohl der befahrbare Bereich im Kanal nach innen immer enger wird.
Fulaga – wir erreichen ein atemberaubendes Atoll, umringt von einer niedrigen Hügelkette und zahlreichen Vulkanbrocken, die überall pilzartig aus dem Wasser ragen.

Wir ankern mitten in einer Bucht. Gegenüber ist eine Fischerhütte, von wo aus ein Weg über den Berg zum Dorf führt. Da müssen wir hin mit unserem Kavabündel. Aber erst morgen. Heute haben wir keinen Bock darauf. Köbi taucht nach dem Ankerbier den Kiel und das Ruder ab. Zum Glück keine ernsthaften Schäden nach unserem nächtlichen Abenteuer. Kiel und Ruder sind angekratzt und das Blei am Kiel leicht verbogen. Nach all den Emotionen geniessen wir den Abend und schlafen alle Drei wie Murmeltiere die ganze Nacht durch.

Nachtrag von Köbi: wir werden über den Grundkontakt mit dem Riff im nächsten Bericht noch etwas ausführlicher berichten.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
(Wir sind Mitglied auf: noforeignland.com)

Fiji – erster Stopp: Savusavu

Am Morgen des 18. August 2023 heben wir hinter dem östlichsten Motu von Wallis den Anker und fahren unter Gross-Segel bei auslaufender Strömung durch den Pass.

Der angesagte Wind stellt sich tatsächlich ein. Wir haben über einen Grossteil der rund 360 Seemeilen langen Segelstrecke nach Fiji fast perfekte Verhältnisse: Wind mit 10-15 Knoten querab aufs Schiff und eine nicht allzu grosse Welle schräg von hinten. Wir machen gute Fahrt und zur Abwechslung verschonen uns die Squalls (Regengewitter) auf der ganzen Fahrt.

Wie immer setzt Pia beim Erreichen der Hoheitsgewässer eines neuen Landes, in diesem Fall von Fiji, die Gastlandflagge und die gelbe Quarantäne Flagge
Etwa 50 Seemeilen vor unserem Zielhafen Savusavu auf der Insel Vanua Levu dann ein besonderer Moment auf unserer nun schon über 5 Jahre dauernden Segelreise: am Sonntagabend, 20.8.2023, genau um 18:32 Uhr lokale Zeit überqueren wir den 180. Längengrad. Wir hatten 2018 unsere Fahrt in Brighton, also im Süden von London, beim 0. Längengrad begonnen. Damit haben wir jetzt mit unserer Lupina die Erdkugel genau zur Hälfte umrundet. Das Bild zeigt die Weltkugel einmal vom Nordpol gesehen, und einmal vom Südpol. Die rote Linie zeigt Längengrad 0, die grüne Linie Längengrad 180. Gelb die Segelstrecke von Lupina. Zwischen Panama und den Galapagos Inseln haben wir den Äquator überquert und segeln seither auf der Südhalbkugel.
Ganz unüblich: wir feiern diesen Moment der halben Weltumsegelung mit einem winzig kleinen Schluck Tahitischen Rum. Einen grösseren Schluck erhalten die Götter des Meeres, die uns bisher grösstenteils gut gesinnt waren. Ein Moment der inneren Freude und auch des Stolzes, den wir bei einem herrlichen Sonnenuntergang geniessen können.

Wir haben unsere Fahrt so geplant, dass wir am Montagmorgen in Savusavu eintreffen, um den Beamten der Einklarierungsbehörden das Wochenende nicht zu verderben und gleichzeitig teure Überzeitzuschläge einsparen zu können. Gegen Sonntagabend sind es bloss noch etwa 40 Seemeilen, die uns vom Ziel trennen. Wir können verlangsamen. Es stört uns daher auch wenig, dass kurz nach der Umschiffung der Insel Taveuni der Wind stark nachlässt. Bis Mitternacht schaukeln wir immer noch mit 3-4 Knoten Fahrt unserem Ziel entgegen. Als dann gegen 2 Uhr in der Früh der Wind komplett einschläft, darf endlich unser Kari (der Motor) wieder mal ran. Zufrieden brummend schiebt er unsere Lupina durch das Wasser. Kurz nach 8 Uhr erreichen wir die Copra Shed Marina in Savusavu: wir sind am Ziel

Die berühmte Copra Shed Marina von Savusavu auf der Insel Vanua Levu, Fiji
Wir vertäuen unsere Lupina an einer Boje der Copra Shed Marina, direkt vor Savusavu, und warten auf die Behörden für die Einklarierung. Savusavu ist eine Kleinstadt mit rund 7’000 Einwohnern. Seit dem 19. Jahrhundert ist Savusavu eine für Vanua Levu wichtige Hafenstadt. Bekannt ist Savusavu durch seine Thermalquellen, als Yachthafen und als Tauchgebiet.
Gegen 10 Uhr kommt die Gesundheitsinspektorin an Bord. Seit der Covid Zeit ist dieses Amt fast überall aufgewertet worden. Erst wenn Schiff und Crew vom gesundheitlichen Standunkt als gut befundet sind, darf die gelbe Quarantäne Flagge entfernt werden. Dies gilt für die anderen Beamten als Zeichen, dass sie jetzt ungefährdet an Bord kommen können, um ihr Amt auszuüben. Im Bild (von links) der Mann von der Biosecurity (Agrarbehörde, kontrolliert ob wir irgendetwas an Bord mitführen, das die Natur der Insel gefährden könnte, wie zum Beispiel ungewollte Pflanzen, Parasiten, Mäuse, Ameisen, etc.), die sehr kompetente Beamtin vom Zoll, die nette Lady und ihr Begleiter von der Immigration.
Die Beamten kommen rund 2 Stunden nach der Gesundheitskontrolle an Bord und knapp 45 Minuten später sind wir provisorisch einklariert. Provisorisch? Ja, die Gesundheitskontrolle und die Überprüfung unseres Schiffes auf nicht gewollte Parasiten und Pflanzen sind gebührenpflichtig – in bar. Zum Entrichten dieser Gebühr muss man zuerst an Land, lokale Währung besorgen, dann zum Spital laufen (1.5 Kilometer, die Gebühr ist mit rund CHF 75 hoch und wahrscheinlich ein Überbleibsel von der Covid-Kontrolle) und danach bei der Agrarbehörde ebenfalls den Obolus entrichten. Erst jetzt, mit den entsprechenden Belegen in der Hand, geht’s abschliessend wieder zum Zoll, wo wir nun den definitiven Einklarierungsstempel erhalten. Somit haben wir innerhalb eines halben Tages schon die ganze Kleinstadt abgelaufen. Die Bewilligung, Fiji besegeln zu dürfen und andere Inseln anzulaufen erhalten wir erst 2 Tage später von der Zollbehörde.
Ob diese Frauen wohl über die Herkunft unserer Lupina (Bildmitte) diskutieren oder über das noch schwimmende, aber stark vernachlässigte Schiff mit seinem gebrochenen Mast?
In Stadtnähe ist das Gelände nur am Ufer entlang flach. Die restliche Gegend um Savusavu herum zeigt sich stark zerfurcht und hügelig. Die Häuser sind meist mit Blechdächern versehen, entweder als Flachdach ausgebildet oder, wie hier im Bild, mit traditionellen Steildächern. Zwischendrin: viel intensives Grün in allen Variationen.
Oftmals sind auch die Wände der Häuser aus Wellblech gefertigt. Eine Isolation gegen Kälte braucht es natürlich nicht.
Blick über die Bucht von Savusavu und die vorgelagerte Insel Nawi, wo vor kurzem eine neue Marina aus dem Korallen- und Vulkangestein gebaggert wurde und nun bereits teilweise in Betrieb genommen ist.
Wie die meisten Inseln von Fiji ist auch Vanua Levu vulkanischen Ursprungs. Die Vulkane sind mittlerweile erloschen, aber immer wieder trifft man auf Hinweise bezüglich des heissen Untergrundes, über dem die Inseln lagern. Wie hier: heisse Quellen, die Nakama Hot Springs. Aus dem Boden tritt kochendes Wasser (98°C warm) an die Oberfläche. Auch heute noch werden diese Quellen zum Kochen benutzt. Beim Strandwandern entlang der Bucht von Savusavu ist es ratsam, vorsichtig zu sein: auch hier gibt es immer wieder Stellen, wo heisses Wasser aus dem Sand sichert.
Arbeit auf der Lupina und Erinnerung an den fürchterlichen Ankerplatz im Hafen von Aitutaki (Cook Islands). Da hatte sich ein auf dem Hafengrund liegender Draht in der Kette verfangen. Beim Einholen der Kette hat er sich ins Kettenrad verdreht und die Kette mitgezogen. Dabei wurde ein Kunststoffteil (Kettenteiler), welches dafür sorgt, dass die Kette vom Rad abgestreift und in den Ankerkasten geschoben wird, abgebrochen. Zum Glück haben wir ein neues Kettenrad mit neuem Kettenteiler aus Metall an Bord. Wir können die Reparatur in Angriff nehmen.
Beim Einklemmen der Kette wurde eine Schraube abgebrochen. Von einem anderen Schiff kann ich Werkzeug auftreiben, um den Schraubenrest aus dem Gewinde zu holen und das Gewinde von M5 auf M6 zu erweitern (die alten M5 Schrauben sind beschädigt, die neu mitgelieferten Schrauben sind aber M6. Neue M5 Schrauben kriegen wir trotz langem Suchen in Savusavu leider nicht)
Das alte Kettenrad wäre noch brauchbar, ich ersetze es aber mit dem Neuen.

Nicht bebildert, weil ich mich in dem Moment, wo es passiert, fürchterlich ärgere: beim Schneiden des letzten von 3 Gewinden bricht der Gewindebohrer ab. Unmöglich für mich, den im Sackloch steckenden Rest des Gewindebohrers wieder herauszudrehen. Das würde ja noch gehen, der Deckel hält auch mit einer Schraube weniger. Was mich aber am meisten ärgert ist die Tatsache, dass ich ein Werkzeug beschädigt habe, das nicht mir gehört. Mit hängenden Ohren und innerlich vorbereitet auf rügende Worte des Eigentümers bringe ich das Werkzeug am Abend zurück. Schön seine Reaktion: «Oh! Gewindebohrer sind Verbrauchsware, die gehen gerne mal kaputt», meint er lachend und ist mit meiner Einladung zum Sundowner in der Marina Bar mehr als zufrieden.

Wir wollen in den nächsten Wochen Fiji besegeln. Es gibt 332 Inseln!! Auf den meisten dieser Inseln, die zwar nicht alle bewohnt sind, werden noch die ursprünglichen Traditionen gepflegt. Dazu zählt, dass ein Besucher den «Chief» um Erlaubnis fragen muss, im Gebiet seines Dorfes ankern und das Land betreten zu dürfen. Dies geschieht mit einer speziellen Zeremonie, zu der auch Kava Trinken gehört. Es herrschen strenge Regeln, was die Bekleidung betrifft: keine Sonnenbrille, keine Kopfbedeckung, Knie und Schultern müssen bedeckt sein. Ich könnte mir ein paar lange Hosen aus dem Bauch der Lupina graben, entscheide mich aber, die lokale Tradition zu respektieren: Männer tragen Sulu!
Wir wagen uns auch an eine weitere Tradition. Wie in allen polynesischen Ländern ist auch hier das Tätowieren eine alte Tradition. Wir möchten schon länger einen Fingerring tätowieren lassen (die Verletzungsgefahr mit einem Metallring am Finger auf dem Schiff wäre zu hoch). Wir nutzen nun die Gelegenheit in Savusavu. Pia’s Gesichtsausdruck sagt alles: diesmal kommt das Tattoo nicht gut. Wir fangen uns beide eine tüchtige Entzündung ein – auch 5 Tage danach ist die Wunde noch offen. Schlechte Arbeit, ungenügende Hygiene, zu tief gestochen oder unverträgliche Tinte – wir wissen es nicht.

Nach einer Woche an der Boje vor der Copra Shed Marina verlegen wir in die neue Nawi Island Marina an den Steg. Dort wird auf der Lupina geputzt, gewaschen, umgepackt und Platz geschaffen: wir erwarten Nelly, unsere Teilzeitmatrosin, die schon zum 3. Mal auf der Lupina anheuert. Wir wollen sie an einem Steg empfangen, so dass das Einleben für sie auf dem Schiff etwas angenehmer ist.

Jeden Abend sitzen die Angestellten der Nawi Island Marina zusammen und geniessen eine Runde Kava.
Jetzt sind wir bereit, Nelly kann kommen! Mit ihr zusammen wollen wir die nächsten 5 Wochen den östlichen Teil von Fiji, die Lau Inseln besegeln und dann mit Zwischenstopps über die Inseln im Zentrum an die Nordküste von Viti Levu, der Hauptinsel von Fiji, gelangen.
Am Dienstag, 29.8.2023, ist sie eingetroffen: Nelly, die Seglerin, die bisher mit uns etwas Pech hatte. Nie viel Wind, eher langsame Passagen, viele davon auch unter Motor (Las Perlas in Panama). Das Gebiet hier verspricht definitiv mehr Action. Ist sie so seetauglich, wie wir meinen? Gelingt uns auch mal eine Fahrt bei Starkwind? Wie schläft sie an einem rolligen Ankerplatz oder während einer Nachtfahrt? Sie wird es euch selber erzählen – im nächsten Bericht. Den Schreiberling freut’s: er geniesst die Pause :))
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Wallis – das unbekannte Paradies Mitten im Pazifik

Ein letztes Bild mit der Bedienung von unserem Lieblingsrestaurant direkt beim Dinghi-Steg in Apia (Samoa). Wir verabschieden uns für die Weiterreise.

Am 28.7.2023 frühstücken wir gemütlich noch am Anker in Apia und dann geht’s los ins Ungewisse. Die Wettervorhersagen sind uneinheitlich wie nie. Von viel Wind bis kein Wind, von Gegenwind bis Rückenwind ist alles dabei. Wir benutzen 6 verschiedene Quellen für das Segelwetter, und jede prognostiziert etwas Anderes. Zumindest ist nichts Gefährliches vorausgesagt und wir nehmen die Weiterreise gegen Westen in Angriff. Unser Ziel: das Archipel Wallis, rund 250 Seemeilen liegen vor uns. Der erste Tag Segeln ist herrlich: schönes, sonniges Wetter und starker, achterlicher Wind, der uns schnell vorwärts bringt. Zuerst entlang der Nordküste von Upolu und dann entlang der Südküste von Savai’i, (beides Samoa) gewinnen wir schnell Distanz auf unserer Fahrt. Ganz anders der nächste Tag!

Schon in der in der Nacht ziehen dicke Wolken auf, Wind und Wellen nehmen deutlich an Stärke zu.
Wir sind zwar immer noch zügig unterwegs, aber der Himmel über uns ist komplett dicht und es schüttet fast den ganzen Tag in Strömen. Wir sind froh, auf einem Schiff zu sein. Wäre diese Menge Regen an Land gefallen, hätte es garantiert Überschwemmungen gegeben.

Was uns mehr zu schaffen macht sind die immer höher werdenden Wellen, welche die Lupina kräftig hin und her rollen lassen. Es scheppert und knackt in ihrem Bauch. Pia hat zum Glück alles gut verstaut und gepolstert. Zur Überraschung des Skippers (der Schreiberling) geht auf der Fahrt nichts zu Bruch.

Das Einzige, was aussteigt, ist leider das Gerät, das unsere Reise für euch aufzeichnet – es hat einfach ohne Vorwarnung aufgehört, Daten zu senden.

In der letzten Nacht dreht der Wind dann noch für eine gute Stunde heftig auf, aber immer noch machen wir gute Fahrt. Erst ein paar Stunden vor dem Ziel lassen die Wellen nach, der Himmel hellt sich etwas auf und bei uns setzt sich die Gewissheit fest: ja, bei diesen Bedingungen können wir die Einfahrt in den nicht ungefährlichen Pass von Wallis wagen.

2 Stunden vor Ebbe rollen wir unsere Segel ein und lassen uns langsam vor dem Wind der Südküste des Atolls von Wallis entlang treiben. Pia nutzt diese Gelegenheit und setzt die Gastlandfahne und die Gelbe Q-Flagge (Zeichen für Quarantäne)
Wie erwähnt ist der Pass ins Atoll von Wallis nicht ungefährlich. Mehrere Wracks bezeugen das eindeutig. Wir sind froh, dass er uns harmloser empfängt, als wir gelesen haben. Die gut 3 Meter hohen, brechenden Walzen links und rechts neben uns lassen aber erahnen, dass bei falscher Planung, ungeschickter Kurswahl oder bei grösseren Wellen Gefahr droht. Genau bei «Slack Water» (die Strömung im Pass kommt zum Stillstand) gleitet Lupina mit über 5 Knoten Fahrt sicher und ruhig ins Atoll. Wallis – wir sind angekommen!

Heisst es «im» Wallis oder «in» Wallis? Kommt drauf an, wo du bist! Bist du in der Schweiz und reist in das südwestliche Gebiet der Schweiz, dann bist du «im» Wallis. Landest du mit einem Segelschiff auf einem gleichnamigen Inselatoll mitten im Südpazifik, dann bist du «in» Wallis. Obwohl den gleichen Namen – zu tun haben sie nichts miteinander. Einzig, die Landesflagge ähneln sich: weisses Kreuz auf rotem Grund, wobei das Kreuz hier auf der Insel aus 4 Dreiecken geformt ist.

Gelb das Wappen des Königreiches Uvea (auf Wallis gibt es insgesamt 3 Königreiche: Uvea ist die Hauptinsel). Rot mit weissem Kreuz die Farben von Wallis. Um die Verbundenheit zu Frankreich zu bezeugen, ist noch dessen Hoheitszeichen auf der Flagge integriert worden. Wie Französisch-Polynesien ist Wallis und seine Nachbarinsel Futuna ein Überseegebiet von Frankreich. Die offiziellen Sprachen sind Wallisisch (ein Polynesischer Dialekt verwandt mit der Sprache von Tonga) und Französisch.
Heute leben rund 8’300 Menschen im sehr fruchtbaren Atoll. Es erinnert uns stark an Gambier (Franz.-Polynesien). Auch hier gibt es eine Hauptinsel, Uvea, und etwa zwei Dutzend kleinere, vorgelagerte Inseln. Alles schützend umgeben von einem breiten Korallenriff: aussen tobt die donnernde Brandung, innen lockt eine mit allen erdenklichen Blautönen schimmernde Lagune zum erfrischenden Bad, Schnorcheln oder Tauchen. Fast in allen Windlagen zuckelt unsere Lupina friedlich an ihrer Ankerkette im ruhigen Wasser.
Vor rund 1’000 Jahren wurde Wallis von Tonga aus erobert und bevölkert. Im frühen 17. Jahrhundert entdeckten Holländische Seefahrer das Archipel als erste Europäer. 1767 wurde es durch Samuel Wallis (dem späteren Namensgeber für das Atoll) für die Engländer beansprucht. Die offenbar nachhaltigste Eroberung aber gelang Französischen Missionaren ab 1837, deren pompösen Zeugnisse in Form imposanter Kirchen sich überall auf der Insel finden. Im Bild die Kathedrale Notre Dame de l’Assomption, welche in Hauptort Mata Utu direkt neben dem königlichen Palast steht.
Die dicken Mauern aus Lavasteinen und ein Dachstock aus Mahagoni Holz geben dem Inneren der Kathedrale ein schlichtes aber solides und irgendwie edles Erscheinungsbild.
Die grösseren Orte und der Flughafen sind mit gut unterhaltenen, geteerten Strassen verbunden. Entlang der Küste wartet aber noch viel Fahrspass auf den Skipper.
Das Küstenbild der Hauptinsel Uvea ist stark geprägt durch den Wechsel von Ebbe und Flut, deren Differenz bei Springflut bis zu 1.6 Meter beträgt. Da die Uferzone vielerorts sehr flach ausgebildet ist, muss das Anlanden mit dem Schiff immer nach den Gezeiten geplant werden. Nur bei Flut gelangt man bis ans Ufer.
Bei Ebbe liegen die Schiffe trocken. Das ist auch für unsere Landgänge von Bedeutung. Wir planen diese immer so, dass wir bei der Wegfahrt immer mindestens so viel Wasserhöhe vorfinden, wie wir beim Anlanden hatten. Würden wir das mal verpassen, drohen ein paar hundert Meter mühsames Dinghi Tragen und Ziehen über schlammig-steinige Uferzone.
Wie auf anderen Inseln finden wir auch auf Wallis ein Mix zwischen modernem Leben und alter, überlieferter Kultur. So bewegen sich die Leute heute einerseits mit neueren, protzigen 4×4 SUVs, beschäftigen sich mit Mobiltelefonen und verdrücken Fast Food, und andererseits fahren sie fast täglich mit ihren Pirogen raus aufs Meer, verbringen das Wochenende wie früher unter freiem Himmel auf einer der vorgelagerten Inseln, oder gehen altem Handwerk nach. Hier zum Beispiel liegt eine Piroge, die nach alter Kunst aus Holz gefertigt wurde.
Im Detail dann kommen aber doch neuere Techniken dazu: der Holzbalken dürfte mit einer modernen Säge zugeschnitten sein, und Draht wurde früher sicher nicht verwendet. Aber immerhin: man versucht, sich an die alten Traditionen zu erinnern und sie weiter leben zu lassen.
Wohnhaus auf dem Lande. Meist ein einfacher, grosser Raum zum Schlafen. Gelebt und gekocht wird oft unter einem mit Blech bedeckten Unterstand.
Das Flughafengebäude von Wallis. Auch hier nimmt die Architektur die traditionellen Formen auf und kombiniert diese mit modernen Baustoffen und Technologien.
Für uns nicht nachvollziehbar: auf Schritt uns Tritt stossen wir auf riesige Kirchen, die Platz für 500 bis 1000 Personen bieten. Alle mit mehrstufigem, dominierendem Glockenturm. Wir wissen zwar, dass die Leute auf Wallis, wie auch auf vielen anderen Polynesischen Inseln, sehr religiös sind und dass die Bevölkerungszahl früher einiges grösser gewesen sein dürfte. Aber so viele Kirchen!?! Und es werden noch mehr gebaut!! Bild: Eglise Saints Pierre & Paul bei Vaitupu
Chapelle de Lausikula im Ort Vaimalau
Église du Sacré-Coeur beim Dorf Lavegahau

Uns fällt auf, dass die Einheimischen sehr oft abends oder übers Wochenende mit eigenem Boot oder Taxi-Boot auf eine der zahlreichen Inseln im Atoll fahren und dort ein Leben in der einfachen Natur geniessen. Eindeutig die meiste Zeit verbringen sie sitzend oder liegend im klaren Meerwasser. Natürlich wird auch viel gegessen und im kühlenden Schatten unter dem Laub der Bäume gedöst.

Wie vielerorts in Polynesien sind auch die Walliser sehr religiös. Nebst Essen, Baden und Schlafen wird ein wesentlicher Teil der Freizeit auch damit verbracht, die auf jeder Insel vorhandenen Anbetungsstätte zu pflegen und zu huldigen.
Fort Talietumu – eine prächtige Festung aus Lavasteinen mitten im Urwald, gebaut im 15. Jahrhundert zur Zeit der Herrschaft von Tonga.
Fast alle Inseln und Archipele in Polynesien haben vulkanischen Ursprung. Bei einigen Inseln merkt man kaum noch etwas davon, bei andern sind die Spuren deutlich sichtbar. Hier auf der Hauptinsel von Wallis hat es mehrere eingefallene Krater, die mit Wasser gefüllt sind. Der Lac Lalolalo ist mit seinen 400 Metern Durchmesser und 80 Metern Wassertiefe im Krater das imposanteste Beispiel.
Wir suchen vergebens einen Berg (die höchste Erhebung, Mont Lula Fakahega, ist bloss 151 Meter hoch), um die Aussicht zu geniessen. Da aber ist alles überwachsen mit Bäumen und Sträuchern. Den besten Weitblick geniessen wir von der Strasse, die quer über die Insel führt. Lupina liegt direkt vor der mittleren Insel in 10 Meter tiefem Wasser.
Lupina vor der Insel Fugalei. Es herrsch gerade Ebbe. Bei Flut steigt das Wasser um bis zu 1.6 Meter und überflutet das ganze Gebiet bis zum Waldrand der Insel. Wir sind meist das einzige Schiff vor Anker. Schiffe kommen leider sehr selten vorbei auf Wallis. Gemäss Zollbeamten sind wir dieses Jahr das 19. Schiff. Obwohl jetzt gerade die beste Saison wäre, befinden sich während unseres fast 3 wöchigen Aufenthaltes insgesamt nur 5 weitere Yachten hier.
Wir sind erkundungslustig und wechseln den Ankerplatz alle paar Tage. Am besten gefällt es uns eindeutig am Aussenriff. Das Riff (heller Bereich), hinter dem unsere Lupina sicher vor Anker liegt, ist zwischen 100 bis 300 Meter breit. Bei Ebbe fällt der Wasserspiegel im Bereich der Brandung bis auf die Riffkante. Bei Springflut wird diese von der Brandung gut um 1.6 Meter überspült. Überflüssig zu erwähnen: das Wasser ist absolut glasklar, die Sicht beim Schnorcheln ist deutlich über 50 Meter weit.
Lupina vor Anker bei der Insel Nukuhifala. Die dunklen Flecken im Wasser sind Korallen, wunderschön zum Schnorcheln. Im hellen Riffbereich ist leider vor ein paar Jahren alles durch einen Zyklon zerschlagen und abgebrochen worden.
Ein paradiesischer Ankerplatz – und auch das Wetter spielt seit einigen Tagen wieder perfekt mit.
Unser Alltag vor Anker: nach dem Frühstück zuerst Kopfarbeit (Berichte schreiben, Video schneiden, Lesen, Wetter studieren, usw.) und wenn es langsam zu heiss wird ins Wasser oder ins Dinghi und die Welt unter und neben uns erkunden. Hier zum Beispiel sind wir auf einem Spaziergang um eine der Inseln auf dem Riff. Am Nachmittag etwas Arbeit auf dem Boot (Unterhalt und kleinere Reparaturen) und immer wieder Abkühlen im Wasser (die Luft ist 30-32°C, das Wasser 28°C). Pünktlich zum Sonnenuntergang dann einen (oder für den Skipper manchmal auch 2) genüsslichen Sun-Downer.
Idylle am Ankerplatz

Im Dorf werden wir immer wieder auf ein «Festival» angesprochen, das jedes Jahr am 15. August, zu Maria Himmelfahrt, stattfinden soll. Irgendein Plakat oder öffentliche Information dazu finden wir nicht. Wir beschliessen kurzerhand, unsere Weiterfahrt um ein paar Tage zu verschieben und selber herauszufinden, was es mit diesem «Festival» auf sich hat.

Schon früh um 7 Uhr geht es mit einem Gottesdienst in der grossen Kathedrale von Mata Utu los.
Wir sind, wie es sich für anständige Schweizer gehört, ein paar Minuten früher auf dem Platz und sehen, dass vor dem Pfarrhaus neben der Kirche ein reges Treiben herrscht. Sehr viele Pick-Up Trucks wuseln da hin und her. Wir gehen näher: schätzungsweise gegen die 100 Schweine werden in Reih und Glied auf dem Vorplatz gelegt. Meistens liegt darunter ein Korb aus Kokosblättern geflochten, gefüllt mit allerlei Gemüse. Im ersten Moment sind wir geschockt ob der vielen toten Tiere. Wir stellen fest, dass sie ausgeweidet und bereits vorgegart sind. Ihr Bauch ist mit diversen Gemüsen und Gewürzen vollgestopft.
Nebst den geschlachteten Schweinen sind auch etwa 10 lebendige Schweine (riesige Tiere!) in Käfigen auf dem Platz. Wir fragen uns, was mit den vorgegarten und mit diesen lebenden Schweinen nun wohl passieren wird?
Aber zuerst der Gottesdienst, welchen Hochwürden, mit vornehmer Verspätung von etwa 20 Minuten unpünktlich beginnt. Die meist sehr melodiösen Chorgesänge erfüllen den Innenraum der Kathedrale mit sehr eindrücklichem, und unter die Haut gehenden Klänge.
Nach dem Gottesdienst, der gut eineinhalb Stunden dauert, verschieben sich die Aktivitäten zum Festplatz vor dem Pfarrhaus. Hier findet als nächstes die Kava Zeremonie statt.
Bei der Kava-Zeremonie geht es darum, den Kopf freizumachen für gute und positive Gedanken. Das Getränk entspannt, benebelt ein wenig, dämpft die Geschmacksnerven im Mund und besänftigt wilde Gemüter, macht müde. Das Getränk wird aus Pulver und Wasser nach einem genau vorgegeben Protokoll, das von Vater auf den Sohn weitergegeben wird, zubereitet. Im Bild ist der Mann, der seine beiden Arme noch oben hält, der Kavamischer. Die Zubereitung, die uns stark an eine spirituelle Handlung erinnert, dauert rund eine halbe Stunde.
Serviert wird Kava in Kokosnussschalen von speziell dazu auserlesenen Männern (stehend). Zuerst trinkt der König seine Ration. Auch dies geschieht nach einem speziellen Ritual. Wer als Nächster an der Reihe ist, wird vom König bestimmt. Über seinen Sprecher wird jeweils der Name des Begünstigten an die Träger zugerufen.

Bis alle Mitglieder der königlichen Familie, alle Kleriker, die Ehrenmänner und alle Ehrengäste ihr Kava getrunken haben verstreicht viel Zeit. Geduldig sitzen die Besucher am Boden und verfolgen das Geschehen. Stehen darf man nicht, einen Hut tragen auch nicht. Inzwischen haben wir erfahren, dass die Schweine auf dem Platz von Leuten aus den umliegenden Gemeinden gespendet sind. Der König verschenkt diese nun, auch wieder über seinen Sprecher (der König redet nie direkt zu seinen Untertanen), an die Bevölkerung. Dazu schreitet eben dieser Sprecher mit einem Mikrofon bewaffnet die Reihen der Schweine ab und liest den Namen des Beschenkten von einem Zettel ab, der dem Schwein angeheftet wurde.

Nach der Zuteilung der Schweine an die Bevölkerung beschenken die Einwohner der umliegenden Dörfer in einer farbenfrohen Parade den König mit allerlei Gaben: Gemüse, Früchte, Handwerk, Blumen …
… und mehreren noch lebenden Ferkeln (den Tierschützern unter uns blutet das Herz – aber so wurde es wohl auch bereits zur Zeit der Seefahrer gemacht).
Und endlich gibt’s Frühstück! Wir wussten, dass es dies für die Bevölkerung gibt. Aber dass wir sooo lange ausharren müssen, es ist mittlerweile gut 11 Uhr, damit haben wir nicht gerechnet. Nun, wir werden wirklich fürstlich verköstigt und das Knurren in unserem Bauch kommt rasch zum Verstummen! Die Kirchgemeinden der umliegenden Dörfer haben einen sehr üppigen und nahrhaften Brunch zusammengestellt.
In der Zwischenzeit werden die Schweine wieder auf Pick-Up Trucks geladen und zu den Beschenkten nach Hause gebracht. Dort werden sie noch am selben Tag im Erdofen weiter gegart und dann am Abend mit Freunden verdrückt. Der Platz ist also wieder frei für Tanzvorführungen, auf die wir gespannt gewartet haben. Für einmal werden wir leider enttäuscht, oder unsere Erwartungen waren einfach falsch. Weit über eine Stunde lang bewegen sich die Tänzer zum immer gleichen Rhythmus mit immer gleichen Bewegungen. Speziell vielleicht: die zuschauenden Frauen und die Ehrengäste schreiten mit Stolz erhobenen Häuptern und dick gefüllter Brieftasche zwischen die Tänzer und stecken ihren Favoriten Geldnoten zu – fast wie beim Table-Dance! Als nach über einer Stunde die zweite Tanzgruppe aufs Feld marschiert, marschieren wir von dannen.

Der Umweg über das Archipel Wallis hat sich mehr als gelohnt. Wir könnten problemlos noch einige andere Ankerplätze in der Lagune ausprobieren. Aber nach knapp 3 Wochen auf Wallis ruft das offene Meer (oder genauer gesagt Nelly, unsere bewährte Matrosin! Sie wartet am 29. August auf uns). Wir sind bereit für die Weiterreise. Unser nächstes Ziel, Fidschi (auch Fiji geschrieben), liegt rund 370 Seemeilen südwestlich von Wallis. Wir brauchen also ein Wetterfenster, das uns für 3 Tage guten, stabilen Wind aus östlicher Richtung verspricht. Ab Freitag scheint ein guter Zeitpunkt zu sein.

Stimmt diesmal die Wettervorhersage? Die Strecke ist berüchtigt für Störungen und Wellen, dazu lauern vorgelagert diverse Korallenriffe und Untiefen. Zum Glück konnte ich unser Tracking-Gerät in der Zwischenzeit wieder zum Funktionieren bringen, so dass du unsere Fahrt wieder online mitverfolgen kannst. Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Samoa – nichts ist wichtiger als die Familie

Samoa’s Geschichte Kurzversion: 
Um Samoa, das aus 3 grossen und ein paar kleinen Inseln besteht, haben sich ab dem 18. Jahrhundert ein paar Kolonialmächte gezankt. Heute ist der östliche Teil von Samoa noch unter dem Joch (Amerikanisch Samoa), während der westliche Teil seit 1962 unabhängig ist.

Samoa’s Geschichte Normalversion:
Samoa wurde im Jahre 1722 erstmals offiziell von Europäern entdeckt und entwickelte sich in der Folge bald zu einem wichtigen Stützpunkt auf dem Handelsweg von Panama nach China und Australien. Ab dem frühen 19. Jahrhundert setzte ein regelrechtes Seilziehen um die Vorherrschaft über Samoa ein. Nebst den Vereinigten Staaten von Amerika buhlten vor allem Grossbritannien, Australien und Deutschland um die Macht. Während die Engländer versuchten, sich die Gunst der Bevölkerung durch das Entsenden von Missionaren zu sichern, setzten die Amerikaner und vor allem Deutschland auf Handel. Ab 1850 hatten tüchtige Hamburger Kaufleute ihre Konkurrenz aus Australien und Amerika überflügelt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts griffen die an Samoa interessierten Mächte (USA, Grossbritannien, Deutschland) in Konflikte zwischen den Samoanern ein und sorgten dafür, dass der von ihnen bevorzugte Anwärter auf den Königsthron im Streit um die Macht die Oberhand behielt. Gleichzeitig ernannten sie Apia und das umliegende Gebiet zur neutralen Zone unter gleichberechtigter Aufsicht dieser drei Mächte. 1899, nachdem Grossbritanniens Interesse an Samoa nachgelassen hatte, wurden die westlichen Inseln von Samoa den Deutschen und die östlichen Inseln den Amerikanern zugeteilt. Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 nutzten die Neuseeländer die Gelegenheit, warfen Deutschland, das nun anderweitig beschäftigt war, aus Samoa raus und übernahmen dessen Rolle. Hatten die Deutschen es geschafft, mit der lokalen Bevölkerung ein gutes Verhältnis aufrecht zu erhalten, gab es schon bald Konflikte zwischen der neuen Macht und den Samoanern. Der Ruf nach Unabhängigkeit wurde schnell lauter. Fast 50 Jahre später, 1962, erreichte West Samoa (seit 1997 offiziell einfach Samoa genannt) die Unabhängigkeit, ist aber Mitglied im Commonwealth of Nations, während die östlichen Inseln, das heutige Amerikanisch Samoa, ein Aussengebiet der Vereinigten Staaten geblieben sind.

Samoa Geschichte Langversion:
Erspare ich dir – wer es wissen will: siehe Wikipedia

Das heutige Samoa besteht im Wesentlichen aus 2 grossen Inseln: Upolu, wo wir ankern (Bild, Hauptstadt Apia), und Savai’i. Upolu ist zwar etwas kleiner, aber mit rund 135’000 Einwohnern lebt die Mehrheit der total etwa 200’000 Einwohner auf dieser Insel.
Die Inseln von Samoa sind alle vulkanischen Ursprungs. Dementsprechend sind auch die Steine und Felsen, hier zu einem Damm entlang der Küste aufgeschichtet, dunkel.
Es gibt nur wenig Sandstrände, und wenn es welche hat, bestehen sie meist aus dunklem Lava-Sand. Dies trifft auch für die Hauptstadt Apia zu, wo dieses Jahr wieder die Weltmeisterschaften der Outrigger-Boote stattfinden. Während unseres Aufenthaltes wird von den Lokalmatadoren intensiv trainiert. Die Lupina dient als willkommene Wendemarke.
Katholische Kathedrale in Apia
Sagenhaft schöne Holzkonstruktion der Decke in der Kath. Kathedrale von Apia
Montag bis Freitag jeweils genau um 9 Uhr wird die Fahne vor dem alten Regierungsgebäude im Zentrum von Apia ausgerollt und gehisst.
Die Ehrengarde und die Musik der Polizei marschieren jeweils aus der nahegelegenen Polizeistation an und begleiten den feierlichen Akt.
Für die Fahnenzeremonie wird der ganze Verkehr vor dem alten Regierungsgebäude aufgehalten.
Im alten Regierungsgebäude sind verschiedene Ämter untergebracht, unter anderem das Standesamt. Auf den Stufen zum Eingang können wir der Fotosession eines Brautpaares beiwohnen. Zu beachten: Männer und Frauen sind strikt getrennt. Die Männer tragen alle Röcke, aber im Gegensatz zu Tonga, wo es noch absolut zur Tradition gehört, ohne das Tuch aus Bast.
Der lokale Markt für Früchte und Gemüse, sowie selbst angefertigten Gegenständen aller Art, begeistert uns nicht allzu sehr – zu eintönig und zu fantasielos wird die Ware präsentiert. Zudem ist gerade für Gemüse und Früchte die Auswahl extrem eingeschränkt. Alle Stände scheinen das Gleiche verkaufen zu wollen.
Da sind die zahlreichen Imbissbuden am zentralen Busbahnhof doch einiges vielfältiger, was die Auswahl betrifft: jeder Stand hat seine Spezialitäten.
Mir als ehemaligem Postautochauffeur (ja, das war einmal vor vielen Jahren!) stechen natürlich die Busse von Samoa ins Auge. Jeder Fahrer malt und bastelt nach Herzenslust daran herum, bis er ihm gefällt. Strassenverkehrsgesetz? Offenbar ein Fremdwort.
Das gilt auch für die Felgen vieler Autos. Da trifft man ganz schräge Sachen an. Und wenn mal eine Schraube fehlt – pha! – es hat ja noch genug andere!
Erstaunlicherweise präsentieren sich die Boote der lokalen Fischer viel einheitlicher. Damit wird gearbeitet und wenig Zeit aufgewendet, um daran rum zu basteln.
Ich unterhalte mich mit einer Gruppe von Fischern, die gerade ihren Fang am lokalen Fischmarkt abgeliefert haben. Sie fahren jeweils früh morgens raus, bleiben 2 Tage draussen auf dem Meer und kommen dann am übernächsten Morgen bei Tagesanbruch mit ihrem Fang zurück. Sie fangen noch Fische, aber viel weniger wie früher, beklagen sie sich. Gleichzeitig schimpfen sie über ihre Regierung, die es ausländischen Fischfangflotten erlaubt, in den Hoheitsgebieten von Samoa zu fischen.
Dies ist kein Fischfangboot, dafür ein Boot mit Geschichte: «Russian Ocean Way». 2 Russen sind mit einem Trimaran (das ist ein Boot mit 3 Rümpfen) von Russland aus gestartet und über die Ostsee, Ärmelkanal, dann über den Atlantik nach Südamerika und via Kapp Horn bis zu den Osterinseln gelangt. Dort erlitten sie einen Ruderbruch mit Wassereintritt. Sie mussten das Boot auf Grund setzen und konnten nicht mehr weiter segeln damit. Mittels Spendenaufrufe haben andere Segler ihnen geholfen, die beiden blauen Schwimmkörper zu erwerben. Mit gerettetem Material vom Trimaran haben die Beiden dann daraus ein neues Boot, diesmal reduziert auf 2 Rümpfe, gebaut und konnten damit ihre Weltreise fortsetzen. Jetzt sind sie damit bis zu den Samoas gekommen, und nach ein paar Tagen Aufenthalt mit einem Französischen Gastsegler zu Dritt auch gleich wieder weiter.
Samoa setzt sehr stark auf seine ureigene Kultur und unternimmt grosse Anstrengungen, um diese den Besuchern näher zu bringen. So findet im «Samoa Cultural Village» an jedem Wochentag ein fast 3-stündiger Informationsanlass mit Vorführungen, Erklärungen und Essen statt (Eintritt pro Person nur knapp 7 CHF). Wir erfahren viel und der Besuch ist sehr empfehlenswert!
Für das Essen sind in der Kultur von Samoa die Männer zuständig. Sie gehen auf Jagd oder Fischfang, holen Früchte von den Bäumen runter und bearbeiten die Gemüsefelder. Was immer an Essbarem die Männer nach Hause bringen, wird auch von ihnen zubereitet.
Traditionell wird das Essen im Erdofen («Umu»), über heissen Steinen, gegart. Die Steine werden zuerst durch Verbrennen von Kokosnuss Kohle zum Glühen gebracht.
Nach einem gut eingespielten Ritual und in genau abgestimmter Reihenfolge werden die einzelnen Speisen auf die heissen Steine gelegt. Darüber kommen dann mehrere Lagen grossflächiger Blätter von Taro- und Bananenstauden. Diese wirken wie ein Deckel auf einem Kochtopf.
Nach einer halben Stunde ist das Essen gar. Gerade noch genügend Zeit für uns, aus einem Palmenblatt unseren eigenen Teller zu flechten.
Aus einem Klotz Hartholz (oftmals Mahagoni) wird ein Kava Schale gehauen.
Tattoos in Samoa, wieder ganz anders als bisher in Polynesien.

Sich tätowieren zu lassen ist in Samoa eine Ehrensache. Man kann sich entscheiden, dass man keines will. Das wird in der Gesellschaft akzeptiert. Aber wehe, jemand bricht ein Tattoo ab, weil ihm die Schmerzen zu gross sind. Nicht nur gilt er für den Rest seines Lebens als Feigling, nein, auch seine ganze Familie verliert ihre Ehre. Das vollständige Tattoo eines Mannes reicht vom Rumpf bis zu den Knien und wird in 12 verschiedenen Sessionen aufgetragen. Die Frauen sind nur im Bereich der Hüften tätowiert. Es werden noch die gleichen Werkzeuge (Nadelkamm aus kurzen scharfen Haifischzähnen oder angespitzten Knochen) verwendet, wie schon seit vielen Generationen. Die Kunst des Tätowierens wird vom Vater auf den Sohn übergeben und bleibt auf die berechtigten Familien begrenzt. Wir durften an einer Tattoo Zeremonie teilnehmen unter strengen Auflagen: keine Kopfbedeckung, Beinkleidung bis über die Knie, keine Schuhe, nicht stehen, keine Fotos.

Zum Abschluss der Kulturdemonstration eine «Fiafia» – oder Tanz mit dem Feuermesser. Ursprünglich wurde dazu eine Machete verwendet, um deren beide Enden ein Tuch gewickelt und dieses dann in Brand gesteckt wurde. Man kann sich gut vorstellen, dass ein ungeschickter Tänzer, früher meist ein Krieger, sich an der scharfen Klinge der Machete blutige Finger holte. Heute liegt der Nervenkitzel für das Publikum aber eindeutig beim Feuer, das auch ab und zu mal in die Zuschauer fliegt.
Pia findet Gefallen am lokalen Kunsthandwerk, kann ihre Kauflust aber im Zaum behalten.
Überall treffen wir diese eigenartigen Bauten an, abgekürzt «Fale» genannt. Es sind Treffpunkte für Menschen und sie haben eine wichtige Funktion im sozialen Leben der Samoaner. Jede Familie besitzt mindestens eine «Fale», die als Wohnraum, Treffpunkt, Besprechungsort oder einfach als Ort zum Nachdenken dient. In einer «Fale» gibt es immer ein Oberhaupt, was bei einer Familie meist der älteste Mann ist. Nebst Familien-«Fales» gibt es aber auch «Fales» von Vereinen, Kirchen, Gemeinden, Freunden, Fischern und vielen weiteren erdenklichen Gruppen. Das Bild zeigt eine kleine Auswahl von «Fales». Ganz oben rechts eine «Fale», die nicht mehr benutzt wird, weil das Oberhaupt nicht mehr existiert oder es den Anlass, wofür sie gebaut wurde, nicht mehr gibt. Umfunktionieren oder übergeben darf man eine «Fale» nicht. Oben rechts «Fales» bei einer Schule, unten links der Treffpunkt eines Dorfes, und unten rechts die wohl prunkvollste «Fale»: das Parlamentsgebäude von Samoa.
Obwohl weniger Buchstaben (nur 14 Buchstaben) als in unserer Sprache ist die samoanische Sprache äusserst schwierig nachzusprechen. Uns gelingt es nur nach langem Üben.
Wir fahren mit dem Mietauto einmal um die Insel Upolu herum. Das Wetter ist zwar gerade regnerisch, aber trotzdem leuchtet das Grün der tropischen Landschaft unheimlich intensiv.
Die Decke aus Lavagestein ist vor allem in Meeresnähe immer wieder unterspült worden, oder alte Lavakanäle sind eingebrochen. Der To-Sua Pool ist einer der bemerkenswertesten Einbrüche dieser Art. Gut 150m im Durchmesser und über 30 Meter tief ist er unterirdisch mit dem Meer verbunden. Mutige Schwimmer können über ein Leitersystem in den Pool hinabsteigen und dann bei Ebbe ins Meer hinausschwimmen. Wir waren bei Flut da und der Mut war auch gerade auf Reisen – wir haben es bleiben lassen (zwinker)
Abstieg in den To-Sua Schwimm-Pool
In einem Lavatunnel beim To-Sua Pool
Wieder mal an Bord der Lupina zieht ein heftiges Regengewitter vom Land her kommend über uns hinweg. Innerhalb weniger Minuten schwillt der Fluss, der in die Ankerbucht mündet, enorm an und entleert eine braune, mit viel Schwemmholz durchsetzte Brühe ins Meer. Auf dem Bild ist deutlich die Grenze zwischen Süsswasser des Flusses und dem Meerwasser erkennbar.
Das frei Segeln ist in Samoa stark eingeschränkt. Für die Nachbarinsel Savai’i würde es eine zeitaufwändige Spezialbewilligung benötigen. Wir wählen die Abkürzung, lassen Lupina am Anker ruhen und benutzen die Fähre.
Ankunft im Fährenhafen der Insel Savai’i. Savai’i ist die Schwesterinsel von Upolu und zusammen mit ein paar weiteren aber viel kleineren und vorwiegend unbewohnten Inseln stellen sie Samoa dar.
Diesmal passen Mietauto und Sonne perfekt zusammen. Herrlich das Grün entlang der Strasse!
Besuch des Afu-Aau Wasserfalles –einer der wenigen erschlossenen Wasserfälle entlang der Südküste von Savai’i
Immer wieder sind wir erstaunt über die enorme Grösse der Kirchen hier in Polynesien. Wir erfahren, dass die Samoaner relativ offen waren, als die Missionare im 18. Jahrhundert auftauchten. Ihr eigener Glaube hatte sie darauf vorbereitet, dass in nicht ferner Zukunft jemand kommen würde und sie in eine bessere und schönere Welt führen werde.
Traditionelle Kirchen Glocke (wohl von den Europäern gebracht) und die Samoanische Version: eine alte Gasflasche. Ein Schlag mit einer abgebrochenen Hinterachsen-Welle eines Autos – ein wunderbarer Klang!!
Die Blaslöcher von Alofaaga: Das ganze Gebiet an dieser Stelle der Südküste wurde von Lava übergossen. An Stellen, wo der Lavadeckel eingebrochen ist, stossen die Wellen vom Meer durch die überdeckten Kanäle kommend zuerst Luft, dann eine donnernde Wasserfontäne mehrere Meter hoch in die Luft.
Hier wird nicht einfach nur im Meer gebadet. An vielen Stellen entlang der Küste entdecken wir diese gemauerten Schwimmbecken. Wir vermuten, dass viele von ihnen vom Süsswasser der reichlich vorhandenen Quellen befüllt werden, und so die Badenden die Wahl haben zwischen Süss- oder Meerwasser.
Pe’Ape’a Cave. Einstieg in einen über 1km langen Lavatunnel, der bis zum Meer reicht. Leider sind für uns nur die ersten 200 Meter begehbar, danach wird die Tunneldecke zu flach und man müsste kriechen, um weiter vorzudringen.
1905-1911 kam es beim Mt Matavanu zu einem der letzten grossen Vulkanausbrücke auf Sava’i. Dieser Ausbruch verlief im Wesentlichen harmlos, da, wie bei einem Schildvulkan üblich die flüssige Lava einfach überfloss und sich langsam als zäher Teig die Hänge abwärts bewegte. Menschenleben gab es keine zu beklagen, aber Häuser im Weg des heissen Stromes wurden dem Erdboden gleich gemacht. Die berühmteste Zeugin des damaligen Ereignisses ist diese Kirche bei Saleaula an der Nordküste von Savai’i, durch die ein 2 Meter hoher Lavastrom floss.
Das Kircheninnere wurde bis zu 2m mit Lava überdeckt.
Müde, aber mit vielen schönen Eindrücken im Herzen fahren wir nach 2 Tagen mit der Fähre wieder nach Upolu zurück und vom Fährenterminal rund 35 Kilometer mit einem total überfüllten lokalen Bus zur Lupina in Apia

Samoa hinterlässt gemischte Eindrücke bei uns. Man fühlt, dass sich die Menschen hier an ihren alten Traditionen festklammern, diese pflegen und leben. Diese alten Traditionen sind im Grunde auch wunderschön und beruhen auf Ehrlichkeit, Respekt, Vertrauen und Hingabe. Aber die moderne Welt stülpt sich wie ein Krake über das Einod im Pazifischen Ozean. Fast Food ersetzt die Speise aus dem Erdofen, die Smart Phones verdrängen das gemütliche Gespräch in den «Fales». Wir glauben nicht, dass Samoa sich noch lange gegen diese Entwicklungen anstemmen kann. Wir sind glücklich und froh, dürfen wir Samoa noch so erleben, wie wir es jetzt angetroffen haben.

Heute Donnerstag, 27.7.2023, haben wir nun ausklariert. Morgen Vormittag heben wir den Anker und setzen Segel in Richtung Wallis (nein, nicht das in der Schweiz – es gibt hier tatsächlich eine Insel, die so heisst!), rund 250 Seemeilen gegen Westen. Was der Wind uns bescheren wird – noch keine Ahnung. Von 6 Wetterprogrammen künden deren drei viel Wind und deren drei wenig Wind an. Wir könnten warten, aber die nächsten 10 Tage gibt es keine Stabilisierung der unsicheren Wetterlage.

Wir versuchen es einfach mal. Wenn du Lust hast, kannst du auf dem Tracker online mitverfolgen, wie unsere Reise verläuft. Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Das Königreich Tonga – Mitten auf Vulkanen

Die Passage nach Tonga wird eine schöne Fahrt. Obwohl die Voraussage nicht berauschend war, weht genügend aber nicht zu viel Wind, leicht achterlich und es hat fast keine Wellen. Herrliches Segeln über die ganze Strecke! Am 21.6.2023 kann Pia die Flagge von Tonga setzen.

Für die rund 250 Seemeilen nach Vava’u (Inselgruppe im Königreich Tonga) brauchen wir rund 48 Stunden, aber 3 Tage. Bitte was?? Ja, wir verlassen Niue am 18.6. vormittags und erreichen Neiafu auf Vava’u am Vormittag des 21.6. – also nach genau 3 Kalendertagen. Aber da war noch die Datumsgrenze! Die Datumsgrenze verläuft theoretisch entlang des 180. Längengrades. Um nicht innerhalb eines Landes unterschiedliche Daten zu haben, entschieden sich die Länder entlang dieser Zone, entweder nach dem Datum im Westen oder nach dem im Osten zu leben. Tonga hat beschlossen, das Datum vom Westen (Neuseeland) zu verwenden und die Datumsgrenze wurde im Bereich von Tonga auf 172.5° westliche Länge verlegt. Somit haben wir also unterwegs einen Tag übersprungen. Bei uns war es genau am 19.6. um 14:30 Uhr lokale Zeit soweit. Da hatten wir plötzlich den 20.6. und Heute wurde zu Gestern und Morgen zu Heute – alles klar?

Soeben haben wir die Datumsgrenze überfahren, bei 172 Grad und 30 Minuten West
Das Königreich Tonga empfängt uns mit einem herrlichen Tag: Das Einklarieren bei den Behörden in Neiafu verläuft speditiv und zügig. Bereits nach knapp einer Stunde ist der Papierkram erledigt, unsere Lupina an einer robusten sicheren Boje vertäut und das Dinghi zum ersten Landgang gewassert. Direkt in der Nähe des Anlegesteges zieht die riesige, neu renovierte St. Josephs Kathedrale unsere Aufmerksamkeit auf sich.

Wir merken rasch: Tonga ist irgendwie anders als die bisherigen Inseln, die wir besucht haben. Das Königreich ist eines der einzigen Gebiete im Pazifik, das nie unter fremder Herrschaft gestanden hat. Das äussert sich in vielen Aspekten: Sprache, Kleidung, Traditionen, Lebensweise. Es ist kein Einfluss von einer Kolonialmacht erkennbar. Der einzige Einfluss in der Vergangenheit gab es durch die Missionare (erkennbar an den zahlreichen Kirchen mit den unterschiedlichsten Glaubensrichtungen) und in jüngster Vergangenheit die modernen Kommunikationsmittel wie Telefon, Fernsehen und Internet. Das Letztere hat vor allem die Verhaltensweise der jüngeren Generation stark beeinflusst. Sitzen die älteren Leute noch gemütlich im Schatten und suchen die innere Ruhe durch ein Beobachten ihrer Umwelt, hängen die Jungen an ihren Mobilgeräten und vergessen, was um sie herum passiert.

Da das Königreich Tonga nie unter einer fremden Macht stand, fliessen auch keine Gelder eines ehemaligen Kolonialstaates. Das verdeutlicht sich am Standard der Infrastruktur und der Lebensqualität. Wir haben zwar bisher auf unserer Reise durch den Pazifik auch viele alte, zerfallende Häuser angetroffen. Da waren Leute weggezogen zu einer Hauptinsel oder nach Neuseeland, Australien oder Frankreich ausgewandert. Hier auf Vava’u sind solche Häuser aber noch bewohnt.
Wie auf anderen Inseln den Hühnern begegnen wir hier auf Schritt und Tritt ausgewilderten Schweinen. Sie sind überall. Früher wurden sie intensiv bejagt für die eigene Nahrung, heute ist es oft bequemer, sich im Laden mit tiefgefrorenem, importiertem Fleisch aus Neuseeland zu versorgen. Die Schweine freuts – sie vermehren sich schnell und werden langsam zur Plage.
Pausenplatz einer lokalen Schule.
Wir nutzen das wunderbare Wetter für eine Wanderung zum höchsten Berg auf der Hauptinsel von Vava’u, den 131 Meter hohen Mount Talau. Der Weg führt uns zunächst durch locker besiedeltes Landwirtschaftsland.
Unterwegs begegnen wir einer Gruppe junger Burschen. Sie sind sehr neugierig und wollen ihre Englischkenntnisse etwas mit uns ausprobieren. Sie tragen ihre Schuluniform, eine Art Wickelrock, die traditionelle Beinkleidung der Burschen und Männer. Auf dem Bild hat zur Abwechslung also mal die Frau die Hosen an. Pia’s ausgefeilte Fototechnik bringt die Jungs zum Lachen – mich auch!
Das letzte Wegstück zum Aussichtspunkt auf den Mount Talau.
Die Belohnung! Wunderschöner Ausblick auf das Hafengebiet von Neiafu und das Bojenfeld, wo Lupina ruhig im Wasser schaukelt.
Auf dem Weg zurück winkt uns diese Frau zu sich, sie ist gerade daran, eine grosse Matte aus Pandanus-Bastfasern zu flechten. Begeistert zeigt sie uns ihr Handwerk.
Die Matte, welche die Frau flicht, wird entweder als Bodenmatte oder als Kleidungsstück verwendet. Ta’ovala ist die Bezeichnung für eine Form der zeremoniellen Kleidung in Tonga, wobei eine Matte um die Hüfte gewickelt und mit einem Seil festgebunden wird. Die Kleidung wird von Männern wie Frauen nicht nur an formellen Anlässen getragen.
Uns fällt auf: die Leute hier posieren gerne für Bilder. Die drei Damen mit ihren Ta’ovalas haben sich sofort für ein Bild mit Pia und Chris (SY Pasito) in Pose gestellt.
Schon die Kleinen stehen gerne vor die Linse
Auf dem lokalen Markt im Hafengebiet von Neiafu gibt es jeden Tag frisches Gemüse. Das Meiste wird lokal angebaut, etwas Weniges wird von Neuseeland importiert.
Die Wartezeit auf Kunden wird von dieser Marktfrau mit Handarbeit verkürzt.
Wer denkt, wir machen nichts und geniessen nur das Leben, der irrt. Manchmal arbeiten wir auch etwas. Die Lupina hat es gerne, wenn wir sie gut behandeln und immer wieder etwas pflegen. Hier bin ich wieder mal im Mast und inspiziere in luftiger Höhe das Rigg auf Defekte oder Schäden.
Dabei entdecke ich diesen gerissenen Draht am Kutterstag. Nichts Dramatisches, was uns am Weitersegeln hindern würde, aber spätestens in Neuseeland Ende Jahr müssen wir das defekte Drahtseil ersetzen.
Nach der Arbeit das Vergnügen. In Mango’s, direkt am Ufer, probieren wir zum ersten Mal im Leben Kava. Kava ist ein Getränk, das aus den Wurzeln eines Strauches gewonnen wird. Dazu werden die Wurzeln zuerst getrocknet und dann zu Pulver gemahlen. Kava ist ein Rauschmittel wie Nikotin oder Alkohol, und wird fast ausschliesslich nur von den Männern getrunken. Das zeremonielle Trinken von Kava ist eine uralte Tradition in ganz Polynesien, aber besonders stark ausgeprägt im Königreich Tonga. Jeden Abend treffen sich die Männer im Kava Kulupu (Kava Club) und jeweils vor und nach dem Gang zur Kirche wird auch eine Schüssel Kava zu sich genommen. Es ist eine trübe, leicht scharf und erdig oder holzig schmeckende Brühe. Üblicherweise aus einer Kokosnussschale getrunken breitet sich schon nach dem ersten Schluck ein taubes Gefühl in Mund und Gaumen aus. Nach einiger Zeit macht sich ein berauschtes Empfinden ergänzt mit entspannten und verlangsamten Bewegungen bemerkbar. Mein diskretes Urteil nach dem Probieren: nicht jedermanns Sache – mein bevorzugtes Getränk bleibt Bier!
Eine Haupteinnahmequelle auf Vava’u ist der Tourismus. In den nächsten Wochen kommen die Wale aus der Antarktik und gebären ihre Jungen hier. Nebst den saisonalen Walbeobachtungen (man darf hier unter Führung sogar mit den Walen schwimmen!) werden ganzjährig Fischfangtörns angeboten. Der Törn dieser Gruppe war offensichtlich erfolgreich, wobei dieser Marlin eher klein ist.
Wieder Arbeit – diesmal bereiten wir Lupina für die Weiterfahrt vor. Wir werden die nächste Zeit in Gegenden sein, wo die Versorgung mit Treibstoff nicht gesichert ist. Deshalb holen wir (mit Hilfe von Ruedi, SY Pasito) mit Kanistern Diesel von einer lokalen Tankstelle. Mit dem Dinghi fahren wir sie zum Schiff …
… und füllen damit unseren Tank.
Faszinierend: direkt vor unserem Bojenplatz in Neiafu hängen sie zu Hunderten an den Bäumen: die grössten Fledermäuse, die es gibt – Flughunde.
Wir geniessen das Wiedersehen mit unseren Freunden der SY Pasito und die vielen Restaurants. Wir haben sogar noch ein Schweizer Ehepaar (Jocelyne und Roland) aus Genf getroffen, welches ihr Boot (SY Croix De Sud) hier in der Covid Zeit zurücklassen musste und es nun wieder aufmöbelt für die Weiterfahrt. Nach etwas mehr als einer Woche an der Boje wird es aber Zeit, dass wir uns bewegen. Durch die zerklüftete Insellandschaft fahren wir unter Motor (es herrscht zurzeit ziemlich Flaute) an einen Ankerplatz im Aussenbereich des Archipels.
Vava’u – ein Labyrinth aus mit Lava übergossenen Koralleninseln und Riffen
Tonga liegt entlang eines Risses in der Erdkruste, der immer wieder zu vulkanischen Aktivitäten führt. Die letzte neue Insel ist im Januar 2022 entstanden. In der Zeit, wo wir auf Vava’u verweilen, erleben wir 2 Erdbeben. Irgendwie fühlen wir die enorme Energie, die unter uns brodelt. Trotzdem ankern wir hier in einem erkalteten Vulkan und vertrauen darauf, dass er erloschen bleibt.

Nach einigen Tagen Ankerhüpfen auf Vava’u setzen wir am 5. Juli 2023 frühmorgens die Segel und nehmen Kurs auf zur nördlichsten Inselgruppe in Tonga: den Niuas. Die Gruppe besteht aus 3 Vulkaninseln, von denen aber nur eine mit einem Segelschiff angelaufen werden kann: Niuatoputapu (ja, man kann das aussprechen! Aber sogar die Einheimischen , es leben rund 700 Personen hier, kürzen es oft ab zu: Niua). Es wird eine schwierige Reise. Schon von Anfang an kämpfen wir mit hohen Wellen, die 2-3 Meter hoch genau seitlich auf uns treffen. Zudem bläst der Wind mit 20-25 Knoten deutlich stärker als angekündigt. Wir halten die Segel gerefft und versuchen einen Kurs zu wählen, der einigermassen Material und Menschen schonend ist. Trotzdem meldet sich seit langem wieder einmal die Seekrankheit bei Pia, und auch der Schreiberling ist froh, dass er nicht im Motorraum arbeiten muss.

Nach einer Tag- und einer Nachtfahrt erreichen wir am nächsten Morgen die Einfahrt von Niuatoputapu. Der Crew geht’s wieder gut.

Unser Ankerpatz vor dem einzigen Pier der Insel beim Dorf Falehau.
In Vava’u haben wir eine Digicel SIM Karte gekauft. Diese sei in ganz Tonga brauchbar, hat uns die Dame am Schalter damals versprochen. Denkste! In Niuatoputapu gibt es kein Digicel Netz. Also müssen wir eine neue SIM-Karte kaufen, um mit der Umwelt vernetzt zu bleiben. Hier zeigt mir Tiueti, die extrem zuvorkommende und hilfsbereite Dame der Telefonzentrale, wie ich die neue Karte in Betrieb nehmen muss.
Wir durchwandern die Insel insgesamt 4mal (kein Problem bei einer Ausdehnung von 5 auf 2 Kilometer). Uns fallen immer wieder diese an Leinen aufgehängten Streifen auf und wir fragen nach, was das ist, und wozu es gebraucht wird.
Wir erfahren, dass hier auf dieser Insel fast jede Familie durch die Produktion von Pandanusbast, der nachher in ganz Polynesien verkauft wird, Geld verdient. Der Ursprung sind die Blätter dieser Pflanze, Pandanus, eine Pflanzenart der Gattung der Schraubenbäume.
Die Blätter werden abgeschnitten und an der Sonne getrocknet.
Danach wird ein Holzfeuer gemacht …
… und die getrockneten Blätter 24 Stunden in einem grossen Topf ausgekocht.
Nach einer erneuten Trocknungsphase …
… werden die Blätter für eine Woche ins Salzwasser gelegt. Hier hilft den Menschen Ebbe und Flut. Bei Ebbe werden die Blätter in der Lagune deponiert und mit Steinen belastet. Nach ein paar Tagen ist die grüne Farbe verschwunden.
Der letzte Arbeitsschritt: Die Blätter in gleichmässige Streifen aufteilen und auf Rollen aufhaspeln. Diese werden dann zur Hauptinsel von Tonga (Tongatapu) gebracht und dort verkauft.
Eine andere spannende Pflanze, eine Unterart der Ficus Bäume. Die Krone breitet sich wie ein Regenschirm unheimlich weit aus.

Hier auf Niuatoputapu dürfen wir ein Tonga in seiner ursprünglichsten und natürlichsten Form erleben. Hier werden die überlieferten Traditionen noch gelebt und nicht nur für Touristen zelebriert. Die Familie ist das höchste Gut im Leben der Tonganesen. Die Gesellschaft wird durch 4 Grundwerte bestimmt: gegenseitiger Respekt, verlässlicher Umgang miteinander, Freigiebigkeit, Loyalität und Hilfsbereitschaft. Worte wie Habgier, Neid, Missgunst oder aber auch Strebsamkeit kennt diese Kultur nicht. Das ganze Leben dreht sich um die Familie, das ist wichtig, alles andere nicht. Für uns unglaublich schön zu erleben, wie schnell man als Fremder Zugang zu den Leuten hier findet – wie man, ohne es anzustreben, sogar unvermittelt in eine Familie aufgenommen wird.

Es ist Sonntag, wir sind in der Kirche (um wieder den wunderschönen Gesängen zu lauschen) und treffen dort zufällig wieder Tiueti (ja, die Frau, die uns die SIM-Karte verkauft hat). Spontan lädt sie uns zu sich und ihren Familien ein, wo wir sofort von den Kindern eingenommen werden (ok, vielleicht hat die Kleine noch etwas dagegen – schmunzel)
Berührungsängste gibt es keine. Bereits nach wenigen Minuten ist man sich so nahe, wie wenn man sich schon lange kennen würde.
Am Sonntag gibt es immer Essen aus dem Erdofen (die Einheimischen nennen das «umu»). Hier wird er gerade geöffnet.
In der Küche werden die im Erdofen gegarten Speisen portioniert und für den Tisch zubereitet. Es gibt 3 Sorten von Wurzeln (Taro, Yam und noch was), 3 Sorten Fleisch im Taro Blatt eingewickelt (Schwein, Rind, Schaf) und gekochte Papaya.
Gegessen wird am Boden. Als Tisch dient das gelbe Tuch

Vielen Dank, Tiueti, für die wunderschöne Zeit bei dir und deinen Familien!!

Im kleinen Laden, wo wir kleinere Dinge einkaufen, erfahren wir, dass es der Mutter nicht gut geht und dass sie schwer erkrankt sei. Als wir am letzten Tag unseres Aufenthaltes in Niuatoputapu das Büro der Zollbeamtin verlassen, sehen wir, dass auf dem naheliegenden Friedhof ein Grab geöffnet wird. Zwei Männer sind noch da, einer sitzt neben dem Grab, der andere steht im Grab drin. Wir erkennen, dass das Grab, das geöffnet wurde, ein ausgemauerte Grube ist, und dass darin noch ein Skelett liegt. Der Mann im Grab nimmt vorsichtig einen Knochen nach dem anderen, reibt ihn mit einer wässerigen Flüssigkeit ab und legt ihn dann neben dem Grab auf einen Haufen. Wir sprechen den sitzenden Mann an und erkundigen uns. Ein sehr ergreifender Moment!! Der Mann erzählt uns, dass hier sein Vater vor knapp 30 Jahren beigesetzt wurde. Heute Morgen früh sei seine Mutter verstorben und sie werde nun zu ihrem Mann ins selbe Grab gelegt. Es ist die Frau vom Laden. Wir drücken unsere Anteilnahme aus und fragen, ob es ihn störe, wenn wir der Bestattung beiwohnen würden. Plötzlich leuchten seine Augen und er strahlt uns an: «Ja natürlich! Gerne sogar dürft ihr kommen!». Wir merken ihm seine aufrichtige Freude an.

Am späteren Nachmittag des gleichen Tages (wohlgemerkt nur rund etwa 12 Stunden nach dem Ableben der Frau) findet die Beisetzungszeremonie statt. Hier gibt es keine Kühlmöglichkeiten und deshalb muss alles schnell ablaufen. Zuerst findet die Abdankung in der Kirche statt, danach die Beisetzung auf dem 3 Kilometer entfernten Friedhof.

Fast ausschliesslich in Schwarz gekleidet und einem speziell grossen Ta’ovala (geflochtene Matte mit einem Seil um die Hüften gebunden) begleitet fast die ganze Dorfbevölkerung die Verstorbene an ihre letzte Ruhestätte.

Ein wunderschönes, sehr emotionales und tiefst eindrückliches Erlebnis zum Abschluss unseres Aufenthaltes in Tonga.

Abendstimmung am Ankerplatz auf Niuatoputapu.

Am zweiten Tag nach der Beerdigung lichten wir unseren Anker und setzen Segel Richtung Nordosten: Samoa. Rund 170 Seemeilen bis zur Insel und nochmals 20 Seemeilen bis zum Hafen. Wir haben anfänglich Glück und der Wind kommt etwas südlicher als angesagt. Wir können den Kurs gut halten. Dann aber plagt uns ein Squall (Gewitter/Regenschauer) und danach weht der Wind aus Osten oder sogar leicht nördlich: unmöglich, das Ziel direkt anzusteuern. Schnell verlieren wir die vorher gewonnene Höhe. Zudem wirft uns jede hohe Welle noch etwas weiter zurück. Trotz der etwas garstigen Umstände nähern wir uns Samoa in zügiger Fahrt, können es aber nicht vermeiden, dass wir noch einen Schlag aufkreuzen müssen. Erst kurz vor der Dämmerung erreichen wir die Küste und steuern einen auf der Karte geeigneten Ankerplatz an. Der Anker fällt gerade rechtzeitig vor dem Einbruch der Nacht und bevor ein heftiger Regenschauer uns auf Samoa willkommen heisst.

Was auf der Karte vor den Wellen vielversprechend als gut geschützter Ankerplatz ausgesehen hat, entpuppt sich nach einer kleinen Winddrehung in der Nacht als richtiger Schüttelbecher. Lupina rollt und schaukelt fürchterlich hin und her. Die Crew schläft schlecht diese Nacht. Beim ersten Morgengrauen (5:30 Uhr) lichten wir den Anker und nehmen unter Motor die letzten 20 Seemeilen, gegen Wind und Welle, nach Apia, dem Einklarierungsort in Samoa, in Angriff, wo wir am Freitag, 14.7.2021 um die Mittagszeit eintreffen. Über Funk melden wir uns bei der Hafenbehörde an, was umgehend den ganzen Einklarierungsprozess in Gang setzt. Wir sind überrascht. Von unseren vorher per E-Mail eingeschickten Unterlagen ist nichts vorhanden. Hafenbehörde und Gesundheitsinspektor verlangen als erstes etwas zu Trinken. Der Typ von der Immigration ist die Arroganz in Person. Unter anderem beschimpft er uns, weil wir keine Papierkopie unserer Pässe haben und will uns diese abnehmen. Der Mann von der Bio-Security kann ihn zum Glück etwas einbremsen. Die Zöllner wollen einfach ein Foto von der Lupina machen. Viel Geduld ist gefordert – nach 2 Stunden sind wir einklariert und dürfen 90 Tage bleiben. Jetzt sind wir einklariert und wir suchen ein WiFi oder eine SIM-Karte, um diesen Bericht hochzuladen. Wenn du ihn jetzt lesen kannst, dann sind wir bei der Suche erfolgreich gewesen (grins).

Samoa – im nächsten Bericht werden wir dich mit auf die Erkundungsreise einer neuen, uns noch völlig unbekannten Insel nehmen. Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Vom Winde verweht nach Niue

Direkt nach dem Frühstück heben wir am Samstag, 11.6.2023, den Anker und nehmen Kurs auf Richtung Beveridge Reef.

Das Beveridge Reef liegt zwischen den Cook Islands und Niue. Eine ganz spezielle geologische Formation. Bis 20 Seemeilen vor dem Riff ist der Meeresboden über 5’000 Meter tief. Dann steigt das Atoll turmartig 5 Kilometer vom Grund bis knapp an die Meeresoberfläche. Bei Ebbe ragt das Riff über den Wasserspiegel, bei Flut wird es überspült. Im Westen gibt es eine 200 Meter breite und genügend tiefe Einfahrt ins Atoll. Drinnen beträgt die Wassertiefe rund 10 Meter und der Ankergrund soll gut haltender Sand sein. Ein idealer Rastplatz mitten im offenen Ozean!
Während der ersten beiden Tage herrschen perfekte Segelverhältnisse und wir kommen gut voran. Dann aber kommt es anders als geplant. Von keiner Wettervoraussage angemeldet beginnt sich gegen Montagabend vor uns eine riesige Störungszone aufzubauen. Sie wird von Stunde zu Stunde immer breiter und dunkler. In der Nacht nimmt der Wind auf über 30 Knoten zu und es beginnt heftig zu regnen. Der Sturm dauert über 6 Stunden und wühlt das Meer heftig auf. Wir rollen die Segel fast komplett ein und versuchen, einigermassen den Kurs zu halten. Am nächsten Tag hätten wir ins Riff einfahren wollen. Da sich gegen Morgen der Himmel nicht aufklart und wir mittlerweile über 3 Meter hohe Wellen haben, erscheint es uns zu gefährlich, das Beveridge Reef anzulaufen. Bei Flut kommen die hohen Wellen fast ungeschützt ins Riff und bei schlechter Sicht die Einfahrt zu wagen, das trauen wir uns nicht zu. Schweren Herzens nehmen wir eine Kursänderung vor und steuern direkt Niue im Nordwesten an.
24 Stunden später sieht der Morgenhimmel schon wieder versöhnlich aus. Die Schlechtwetterzone hat sich verabschiedet.
Am frühen Nachmittag des 14.6.2023 laufen wir Niue an und Pia setzt die Gastland-sowie die Quarantäne-Flagge.

Niue wurde erstmals 1774 von Europäern entdeckt. James Cook fand die Insel auf seiner 2. Entdeckungsfahrt. Als er zu landen versuchte, wurde er von den Eingeborenen mit Speeren bewaffnet und, wie Cook glaubte, mit Blut bemalt angegriffen und vertrieben. Ohne in der garstigen Uferzone gross Gegenwehr leisten zu können, flüchtete er zurück aufs Schiff, und er gab der Insel den Namen «die Insel der Wilden». Später stellte sich heraus, dass die rote Farbe nicht Blut, sondern «hulahula» war, eine einheimische rote Banane. Der Name der Insel hielt sich aber bis ins 20. Jahrhundert, ehe sich der ursprüngliche Name, Niue, sich wieder auf den Seekarten durchsetzen konnte.

Niue bedeutet: «gib Acht auf die Kokosnuss». In Überlieferungen wird berichtet, dass die ersten Menschen, die auf der Insel Fuss fassten, nichts Essbares ausser Fisch vorfanden. Auf der Suche nach Nahrung gelangten 2 Insulaner mit ihren Kanus nach Samoa. Dort gaben ihnen Einheimische Kokosnüsse (in der lokalen Sprache «niu») mit aufs Boot, die sie nach Niue transportierten und dort pflanzten. Seitdem gibt es auf der Insel Kokospalmen und so bekam sie ihren Namen «gib Acht auf die Kokosnuss», Niue.

Das Anlegefeld in Niue ist ein offenes Bojenfeld an der Westküste, bei der Hauptsiedlung Alofi. Ankern ist hier nicht möglich, da der Meeresgrund zu tief ist. Also machen wir unsere Lupina (im Hintergrund am Horizont, rechts vom Schleppschiff) an einer Boje fest, die eine fast 50 Meter lange Leine aufweist. Das Seil der Boje macht einen sehr guten Eindruck und der lokale Yachtclub überprüft sie regelmässig mit einer Unterwasserdrohne. Mit dem Dinghi geht’s dann an Land. Da der Landepier ins offene Meer hinausragt, herrscht immer ein ordentlicher Schwell. Um trotzdem sicher anlanden zu können gibt es einen Kran, an dem man sein Beiboot ans sichere Land heben kann.
Das Einklarieren verläuft absolut problemlos und unbürokratisch. Das Büro von Zoll und Immigration ist temporär in einem leeren Container direkt auf dem Pier eingerichtet. Innerhalb von 10 Minuten sind wir einklariert und haben den Stempel von Niue im Pass.
Die Insel Niue ist ein erhöhtes vulkanisches Atoll aus felsigem Kalkstein, das sich über einem grossen Korallenblock befindet. Die Caldera des ursprünglichen Vulkanes im Zentrum der Insel fasst 3 Kubikkilometer Süsswasser. In und um die Insel finden sich ausgedehnte Höhlensysteme, viele von ihnen gut begehbar und öffentlich zugänglich gemacht. Wir mieten gleich am zweiten Tag ein Auto und erkunden ein paar dieser Höhlen.
Besonders entlang der Küstenzone gibt es im vulkanischen Abhang immer wieder Höhlenabstiege bis zum Meer
Unten angelangt finden sich sehr gut geschützte, tiefe und mit glasklarem Meerwasser gefüllte Küsteneinschnitte.
Die Fusswege in die Höhlen und zu den Uferzonen sind sehr gut markiert, stabil und rutschsicher ausgebaut.
Spezielle Farben und Formen im Untergrund …
… und Richtung Meer. Auf dem Bild ist schön zu sehen, dass die ersten 20-50 Meter vom Ufer bis zum Meer relativ flach sind, bevor der Boden dann schroff 30-50 Meter in die Tiefe fällt
Wir geniessen das Erforschen neuer Inseln.
Die Insel Niue ist einer der kleinsten selbst verwalteten Staaten der Welt und regiert eigenständig in freier Assoziation mit Neuseeland. Die meisten Niueaner leben heute in Neuseeland – etwa 20’000 sind auf Niue geboren oder direkt von Niue abstammend – während die Insel selber eine Bevölkerung von ca. 1’600 Einwohnern aufweist. Noch vor 15 Jahren waren es noch doppelt so viele. Kaum erstaunlich, dass man zahlreiche leerstehende und in sich zerfallende Häuser vorfindet.
Hier verwirklicht sich ein einheimischer Künstler. Aus Abfall und nicht mehr gebrauchten Gegenständen schafft er Kunstwerke auf einer freien Wiese im Zentrum der Insel.
Kunst aus Abfall
Unser Bojenplatz vor Niue, im offenen Meer. Einigermassen geschützt bei Wind aus dem Osten, aber schlecht für Winde aus dem Westen. Vorerst zeigt der Bug der Lupina noch gegen Land, was gut ist. Weniger gut das Wetter: am 3. Tag unseres Aufenthaltes beginnt es heftig zu regnen – ein Dauerregen setzt ein.
Trotz Regen verzichten wir nicht auf Landgänge. Hier sind wir unterwegs ins lokale historische Museum.
Am 4. Tag in Niue beginnt der Wind zu drehen und es wird ungemütlich an der Boje. Wir fühlen uns zwar sicher, aber die Wellen werden immer grösser. Da wir bei diesen Windverhältnissen eh nicht mit unserem Dinghi anlanden können, entscheiden wir, schon nach 4 Tagen die Leinen zu lösen und uns auf den Weg zu machen Richtung Tonga.
Schon von der Boje haben wir grosse Delfin Gruppen im offenen Meer spielen und jagen gesehen. Aber sie kamen nie ganz nahe zum Schiff. Kaum aber sind die Leinen los und der Bug schiesst durchs Wasser, sind sie in grossen Mengen ums Schiff und tollen in der Bugwelle.

Die Wettervorhersage begeistert uns nicht wirklich. Es ist zwar Sonnenschein angesagt, aber der Wind wird über Westen nach Süden drehen und sich abschwächen. Für uns bedeutet dies, dass wir zuerst gegenan kämpfen und später dann den Wind suchen müssen. Egal, wir haben viel Zeit und das ist immer noch besser, als an der Boje hin und her gerollt zu werden. Vielleicht haben wir ja auch mal wieder Glück und es kommt besser als angesagt.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Wir erreichen die Cook Islands

Am 25. Mai 2023 lichten wir den Anker in der Lagune von Maupiha’a, durchfahren problemlos mit hohem Tempo den engen Pass (die auslaufende Strömung schiebt uns mit zusätzlichen 4 Knoten) und schwupps – schon sind wir im offenen Meer unterwegs nach dem 360 Seemeilen entfernten Aitutaki, eine von 15 Inseln der Cook Islands. Der Wind weht von hinten und wir können fast die ganze Zeit mit Schmetterlings-Besegelung fahren. Anfänglich ist der Wind noch schwach, aber es reicht gerade, um die Segel straff zu halten. Am 2. Tag nimmt der Wind zu, leider auch die Wellen, die unsere Lupina immer wieder heftig ins Rollen bringen. Aber wir kommen gut und zügig voran. Gegen Schluss der Fahrt müssen wir sogar etwas verlangsamen, damit wir nicht in der Dunkelheit der Nacht am Ziel ankommen.

Bei Sonnenaufgang passieren wir die Hoheitsgrenze der Cook Inseln, und Pia darf nach fast eineinhalb Jahren wieder eine neue Gastlandflagge und die gelbe Quarantäne Flagge setzen. Zwei Stunden später machen wir die Lupina an einer Boje vor dem Riff, das uns vom Hafen trennt, fest.

Cook Islands ist ein weit verstreuter Inselstaat mit insgesamt 15 Hauptinseln zwischen Französisch-Polynesien im Osten und Tonga sowie Samoa im Westen. Die Inseln im Süden ragen hoch aus dem Meer hinaus und ihre Vegetation ist üppig und vielfältig. Die Inseln im Norden sind flache Atolle, deren Korallengestein nur wenigen Pflanzenarten genügend reichhaltige Nahrung abgeben. Der Entdecker James Cook hat längere Zeit diese Inselgruppen erforscht und diente als ihr Namensgeber. Seit 1965 sind die Cook Islands ein selbst verwalteter, demokratischer Commonwealth Staat. Unterstützt wird dieser von Neuseeland vor allem in militärischem Bereich, in der Aussenpolitik und in der Wirtschaft. Die Einwohner besitzen den neuseeländischen Pass und können sich frei zwischen den beiden Staaten bewegen. Landessprache ist Maori, aber jeder spricht auch Englisch, mit dem typisch neuseeländischen Dialekt.

Aitutaki ist eine von 2 Inseln, auf der zurzeit auf den Cook Inseln einklariert werden darf. Die zweite ist Rarotonga, die Hauptinsel, die für uns aber zu weit südlich liegt. Bis vor kurzem wäre ein Einfahren ins Atoll von Aitutaki durch die sehr flache Einfahrt (Pfeil) für unser Schiff mit 2 Meter Tiefgang nicht möglich gewesen. Der Kanal wird gerade ausgebaggert und vertieft, so dass für uns die Passage jetzt gut möglich ist. Wir müssen allerdings dazu das Hochwasser abwarten.
Kurz vor Erreichen der Flut fahren wir durch den Kanal. Die befahrbare Rinne ist sehr eng, aber es herrscht fast keine Strömung und wir haben nur kurz mal eine flache Stelle, wo aber immer noch 20 Zentimeter Wasser unter dem Kiel bleiben. Unsere Freunde von der SY Pasito sind bereits seit 1 Woche auf Aitutaki. Sie unterstützen uns bei der Einfahrt zum Hafen und zeigen uns mit ihrem Dinghi den besten Weg.
Im Hafen drinnen beginnt nun aber das Problem. Beim Versuch im Hafenbecken zu ankern laufen wir immer wieder auf Grund, obwohl uns die Hafenbehörde mehrmals bestätigt, dass der Hafen auf mindestens 2.5 Meter ausgebaggert ist. Stimmt offenbar nicht. Schlussendlich machen wir unsere Lupina an einem Poller so fest, dass weder Kiel noch Ruder bei Ebbe Bodenberührung haben.
Als erstes werden wir vom Beamten der Gesundheitsbehörde kontrolliert. Alles verläuft freundlich und sehr zuvorkommend.
Dann kommt die Behörde der Bio-Security aufs Schiff. Zuerst verläuft auch hier alles sehr friedlich und entspannt. Dann entdeckt aber einer der Beamten eine Ameise an Deck. Das ändert alles!! Bei den Beamten kommt grosse Hektik auf. Wir kommen von Französisch-Polynesien und da gibt es «gefährliche Ameisen», meinen sie. Der Einklarierungs-Prozess wird sofort unterbrochen und die beiden Beamten holen Sackweise Ameisenfallen und Untersuchungsmaterial.

Über 2 Stunden wird jede Ecke unseres Bootes durchsucht. Die speziell präparierten Ameisenfallen bleiben leer, aber es kommt noch eine Spinne zu Tage, die schon fast am Verhungern ist. Trotzdem ist sie für die Beamten ein Beweis, dass wir offenbar Ameisen an Bord haben müssen. Anfänglich gelingt es mir, ruhig zu bleiben. Als sie aber verlangen, dass wir unsere Leinen vom Poller lösen, damit wir keinen Landkontakt mehr haben (über die Leinen könnte ja unsere Armee von Ameisen ihr Land befallen!), muss ich kurz für ein Stossgebet nach vorne zum Anker. Nun, das kurze und heftige Gebet nützt nichts. Es bleibt uns die Wahl zwischen täglich wiederkehrender, mehrstündiger Kontrolle (mit entsprechender Kostenfolge im 4-stelligen (!!) Dollarbetrag) oder sofort die Leinen zu lösen. Mit einem riesigen Frust im Bauch entscheiden wir uns für das Lösen der Leinen.

Nach rund einer Stunde vorsichtigem Abtasten des Hafenbeckens (die Sicht im Wasser beträgt maximal einen halben Meter, den Grund sieht man nicht), fällt der Anker endlich an einer Stelle, wo er hält und nur unser Kiel bei Ebbe auf Grund kommt. Mit einem Heckanker fixieren wir das Boot so, dass es sich nicht allzu weit bewegen kann. Wir (links) liegen direkt neben der SY Pasito (rechts), die mit ihren 1.7 Meter Tiefgang etwas weniger Ankerprobleme hat wie wir.
Bei unserem ersten Landgang fallen uns gleich ein paar Dinge auf: es hat keine Hunde (auf der ganzen Insel nicht!), noch mehr verschiedene Kirchen als in Französisch-Polynesien, die Grundstücke sind nicht umzäunt (wie etwa in ganz Französisch-Polynesien), es hat viele verlassene Häuser (oder was davon übrig blieb), und überall ist das Gras wie in einem Park kurz gemäht (typisch Britischer Einfluss – die Cook Islands orientieren sich stark nach Neuseeland)
In den bewohnten Gebieten wirkt die ganze Insel wie ein Park.
Der Umfang der Hauptinsel beträgt ungefähr 20 Kilometer. Da ist ein Roller gerade das richtige Fortbewegungsmittel für eine ausgiebige Erkundungstour.
Mit den geteerten Strassen sind wir schnell durch – wir wählen auch Abenteuer Strecken (grins)
Aussicht vom rund 80 Meter hohen Aussichtspunkt «Piraki Lookout» über die östliche Lagune.
Sanfter Tourismus ist die grösste Einnahmequelle. Hier besuchen wir einen wunderschönen, aber kleinen Resort, direkt am Meer, «Pacific Resort Aitutaki». Pool und Meer verschmelzen gänzlich aus dieser Perspektive.
Auch einen feinen Drink finden wir hier – muss natürlich probiert werden!
Letzter Sonnenuntergang im Hafen von Aitutaki.
Am nächsten Morgen bei Flut verlassen wir zusammen mit der SY Pasito Aitutaki und nehmen gemeinsam Kurs auf zur weiter nordwestlich liegenden Insel Palmerston. Der Wind weht wieder von hinten und auch jetzt setzen wir die Segel in der Schmetterlings Stellung (ein Segel links, das andere rechts)
Mit zunehmender Distanz von Aitutaki nehmen Wind und Welle zu. Auch auf dieser Fahrt ist der Pazifik alles andere als still und ruhig. Es wird eine rollige Berg- und Talfahrt. Die zu bewältigende Distanz beträgt etwas mehr als 200 Seemeilen. Bei gutem Wind leicht machbar in eineinhalb Tagen. Aber vor allem am Anfang sind wir nur langsam unterwegs. Weil wir nicht riskieren wollen, in der Nacht am Ziel anzukommen, kontrollieren wir unsere Fahrt so, dass wir erst am Morgen des zweiten Tages auf See in Palmerston ankommen.
Als wir das Hoheitsgebiet von Palmerston erreichen, funken wir die Behörde an, und erfahren zu unserem Schreck, dass es seit Covid keine Bojen mehr gibt. Das war nirgends zu lesen – in keiner der vielen Online Plattformen. Wir wussten, dass man ausserhalb des Riffes im offenen Meer bleiben muss. Es gibt keine Durchfahrt für grosse Schiffe. Nun sind wir gezwungen zu ankern – auf Korallen und steil abfallendem Meeresgrund. Die Moral auf unseren beiden Booten ist kurz auf dem Tiefpunkt. Was machen? Direkt weiter? Da kommt über Funk die Information, dass ein Boot unterwegs sei zu uns. Es werde uns die guten Ankerpositionen zuweisen. Kurz danach schiesst Bob (Funk Name: Alpha-Golf) mit seinem Alu-Boot über das Riff und zeigt uns mit klaren Handzeichen, wo wir den Anker setzen sollen. Der Anker fällt, es ruckelt 2–3-mal, dann hakt sich der Anker im Korallenboden fest..
Welcome to Palmerston!

Palmerston wurde 1774 durch James Cook entdeckt und von ihm nach einem Englischen Admiral «Palmerston» benannt. In der Frühzeit europäischen Kontakte kam die Insel in Besitz eines britischen Kaufmanns. Dieser entsandte Anfang der 1860er Jahre den Schiffszimmermann William Marsters nach Palmerston, um dort Copra für die Kokosölproduktion zu ernten. 1863 landete Marsters in Begleitung von 3 polynesischen Frauen auf der Insel. Er teilte die Insel in 3 Teile auf und übergab jeder seiner Frauen einen davon. In den folgenden Jahren zeugte er 21 Kinder mit seinen Frauen. Damit war der Grundstein gelegt für die heutige Bevölkerung. Die Unterteilung der Insel besteht bis heute. Die Namen der 3 Frauen von damals dienen heute zur Unterscheidung der Familienclans. 1954 wurde die Insel offiziell der Familie als volles Eigentum übergeben. 2016 gab es noch offiziell 57 Einwohner. Bei unserem Besuch sind es heute noch 28. Sie leben hauptsächlich vom Verkauf von Papageifisch, die sie hier mit Netzen fangen, filetieren, vor Ort einfrieren und überwiegend nach Rarotonga (Hauptinsel der Cook Islands) verkaufen.

Der Grabstein von William Marsters, dem Urvater der heutigen Bevölkerung, die bereits in die 8. Generation geht. Hinten links im Hintergrund sein sehr stabil gebautes Haus. Errichtet hat er es mit dicken Holzplanken, die er aus einem aufs Riff gelaufenen Holzfrachter geborgen hatte.
Auch hier gibt es eine Kirche, aber nur eine (Augenzwinker), welche direkt neben William Masters Haus gebaut wurde
Innen ist sie mit wunderschön verarbeitetem Mahagoni Holz ausgestattet
Die 3 Familien Marsters auf der Insel sind den Seglern gegenüber sehr wohlwollen eingestellt. Sind sie doch immer eine willkommene Abwechslung. Untereinander stimmen sie jeweils ab, wer den ankommenden Segler begrüssen und empfangen darf. Unser Gastgeber ist die Familie von Bob, der uns mit seinem Boot den Ankerplatz gezeigt hat. Bei jedem Landgang werden wir zum Mittagessen eingeladen. Bob ist für Grill und BBQ zuständig. Ich fühl mich wie zu Hause!
Pia geht Bob’s Frau, Tubo, gerne zur Hand.
Bob und Tubo beschenken uns mit ihrer Zeit und ihrem Essen. Sie erzählen uns viel und gerne aus ihrem Erfahrungsschatz. Wir lernen viel über das Leben hier auf der Insel kennen. Zum Beispiel, dass immer die älteste Person des Familienclans das Oberhaupt ist. Die zweitälteste Person ist der Beirat. Stirbt jemand, rückt automatisch die nächst ältere Person nach. Von den 3 Familien-Oberhäuptern ist immer eines der Mayor (Bürgermeister). Im Rotationsprinzip wird alle 4 Jahre gewechselt. Wer für den Staat arbeitet, darf nicht Mayor sein. Lehrer, Krankenschwester, Zollbeamter, Gesundheitsbeauftragte und Gemeindearbeiter sind Staatsangestellte und erhalten einen guten Lohn. Zurzeit leben noch 28 Menschen auf der Insel, davon 9 Kinder.
Auf der Insel gilt das Motto: jeder hilft hier jedem – auch die Besucher helfen mit. Aber Achtung, dies ist ein «Fake» Bild! ….
… denn abgewaschen haben diese Zwei – unter strenger Aufsicht von Bob
Seit ein paar Wochen verfügt die Insel über ein 4G Internet. Hier die Satellitenanlage mit der eigenen Stromversorgung mittels Solarpaneelen. 2015 wurde auf der Insel mit Hilfe Neuseeländischer Finanzen eine moderne Power-Station, ebenfalls mit Sonnenenergie, errichtet. Die vorhandene Infrastruktur erreicht auf Palmerston einen deutlich höheren Standard, als etwa in Französisch-Polynesien.
Die «Palmerston Lucky School» macht ihrem Namen alle Ehre. Wir treffen tatsächlich ausschliesslich fröhliche Menschen darin an.
Der offene Schulraum. Hier werden die Kinder altersdurchmischt unterrichtet. Der Hauptlehrer wird von 2 Hilfslehrerinnen unterstützt. Das Schulprogramm kommt aus Neuseeland. Wer nach der obligatorischen Primarschule eine höhere Schule besuchen will, muss nach Rarotonga.
Auf unsere Frage, ob wir etwas für die Schule tun können, erzählt uns die eine Hilfslehrerin von einem Anlass, an dem die Kinder nachher durch kleine Geschenke belohnt werden. Super! Der Bauch der Lupina ist gross, da findet sich sicher etwas. Und wir werden fündig! Zum Dank für unseren Beitrag posieren alle zu einem Gruppenbild hinter dem Geschenketisch. Der Mann rechts neben Pia ist der Hauptlehrer.
«Spital» mit Krankenschwester auf Palmerston. Einfache Sachen werden lokal behandelt, für Schwierigeres kann die Krankenschwester via moderne Kommunikationsmittel einen Arzt beiziehen.
Natürlich besuchen wir auch den amtierenden Bürgermeister: Bill. Ein Mann mit funkelnden Augen, der schon viel gereist ist und in seinem Leben einiges erlebt hat. Der Zufall will es: er hat mit mir Geburtstag! Hier hat er an seinem Strand das «Palmerston Operah House» gebaut. Ab und zu kommt mal ein grösseres Passagierschiff vorbei und macht auf Palmerston Halt. Da wird die ganze Insel für ein paar Stunden zum Abenteuerland, mit Tanz, BBQ, Inselführungen, Musik und Bars. Dafür dürfte das Operah House gedacht sein.
Bill verfügt über eine riesige Küchenanlage, mit Hilfe derer die Passagiere eines Kreuzfahrtschiffes verpflegt werden können. Meist wird dabei das Essen vom Schiff an Land gebracht und dann an Land zubereitet.
Am «Palmerston Country Club», einer Bar, müsse er noch etwas arbeiten, meint Bill. Aber Covid hätte ihn etwas eingebremst. Aber jetzt, wo Touristen nach 3 Jahren wieder kommen dürfen, wird er wohl bald wieder daran weiter bauen.
Die Regierung von Cook Islands hat beschlossen, alle Schulen, die auf entlegenen Inseln geführt werden, mit kleinen Jollen zu beschenken. Jeden Freitagnachmittag wird hier auf Palmerston fleissig damit geübt.
Die Kinder sind sehr stolz, dass wir, die Weltensegler, sie bei ihrem Training beobachten. Auch Bill kommt immer zum Training und bringt den Kindern Süssigkeiten mit.
Und erneut heisst es wieder, Abschied nehmen von wunderbaren und unheimlich freundlichen Menschen. Zum Dank für seinen täglichen Transportdienst können wir Bob mit einem Stück unserer alten, rostfreien Stahlkette aushelfen.

Morgen Sonntag, 11.6.2023, wollen wir Anker auf und die rund 300 Seemeilen zu einem verrückten Ort in Angriff nehmen: das Beveridge Reef. Das Beveridge Reef ist eine «Raststätte» mitten im Ozean. Nur bei Ebbe ragt das Riff teilweise über die Wasseroberfläche, sonst ist es immer bedeckt. Stell dir vor: innerhalb von 15 Kilometern steigt aus 5’000 Meter Meerestiefe eine Felsnadel bis an die Wasseroberfläche empor. Ich kenne keinen Berg, der so steil und hoch nach oben ragt! An der Wasseroberfläche misst das leicht nierenförmige Riff rund 3 Kilometer im Durchmesser. Die Einfahrt ins Atoll scheint breit und genügend tiefe zu sein, und gemäss früheren Besuchern soll der Ankergrund im Atoll drinnen auf Sand bei 5-10 Metern perfekt sein. Da wollen wir hin!!

Passt der Wind? Finden wir das Atoll, das fast immer unter Wasser liegt?  Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Maupiha’a – die fast vergessene Insel in Französisch-Polynesien

Maupiha’a liegt rund 105 Seemeilen westlich von Maupiti. Ein Zwischenhalt hier verkürzt die Segelstrecke zu den Cook Inseln (unser nächstes Ziel) und macht es ein wenig leichter, ein dafür passendes Wetterfenster zu finden. Es ist die am westlichsten gelegene Insel in Französisch-Polynesien, welche mit unserem Schiff angelaufen werden kann.

Das Atoll Maupiha’a wurde 1998 durch Zyklon Martin komplett zerstört. 75% der Bäume und anderen Vegetation sowie alle Häuser bis auf eines wurden von den Flutwellen weggerissen. Alle Leute konnten rechtzeitig durch das Militär evakuiert werden und zum Glück gab es keine Opfer zu beklagen. Ein Teil der über Jahrhunderte von Wind und Meer angehäuften Insel wurde weggespült, so dass heute nur noch etwa die Hälfte des Riffes von Motus umsäumt ist. Im Nordwesten gibt es eine Einfahrt, die unter Seefahrern als sehr gefährlich eingestuft wird. Der Pass, der «Boys zu Männern macht»!
So präsentiert sich die Passdurchfahrt auf unserer Seekarte. Die mit einem roten Punkt und weissem Kreuz versehenen Seezeichen wurden beim Zyklon weggefegt und sind nicht mehr vorhanden. Links und rechts vom Pass lauern scharfe Korallenbänke (grün eingezeichnet), die bis knapp unter die Wasseroberfläche ragen. Der Pass verläuft zwar ziemlich gerade, ist aber sehr eng (rund 20 Meter breit). Wer die Durchfahrt begonnen hat, muss durch. Ein Wendemanöver wäre fast ein sicherer Crash. Es braucht einen zuverlässigen Motor, viel Mut und gute Nerven.
Wir wagen es! So präsentiert sich die Einfahrt in Realität. Die weissen Schaumkronen links und rechts signalisieren das Aussenriff. Der Einfahrtsbereich im offenen Meer ist sehr turbulent. Es gibt viele Verwirbelungen, Unter- und Überströme und es ist unmöglich, hier das Boot auf geradem Kurs zu halten. In solchen Verhältnissen ein Schiff in die nur 20 Meter breite Fahrrinne des Passes (Bildmitte) zu manövrieren ist nicht ganz einfach, aber machbar. Einmal im Pass drin wird die Strömung regelmässig. Mit rund etwa 4-5 Knoten auslaufend ist sie zwar stark, aber unser Motor schafft das. Im Schneckentempo (1-2 Knoten Fahrt über Grund) schiebt er unsere Lupina langsam aber sicher durch die engste Stelle. Nach knapp 500 Metern sind wir durch.
Drinnen am Ankerplatz (es sind noch 3 andere Boote da), zufrieden und auch etwas stolz auf die sichere Ankunft, feiern wir unseren Erfolg mit einem Ankertrunk und lassen den Tag bei einem herrlichen Sonnenuntergang zu Ende gehen.

Nach der vollständigen Zerstörung des Atolls 1998 hat sich die Vegetation in den vergangenen 25 Jahren erstaunlich gut erholt. Von den damaligen Bewohnern wollte niemand mehr zurück. Deshalb wurde von der Regierung ein Programm gestartet, das einige wenige neue Familien motiviert hat, ein Abenteuer zu starten und sich der Copra Ernte zu verpflichten. Für ihren mutigen Entscheid erhalten sie pro Jahr einen fixen Geldbetrag. Die Familien arbeiten in einer Kooperation zusammen. Dabei arbeitet zwar jeder für sich, aber der Transport aufs Schiff, das nur kommt, wenn 40 Tonnen Copra geerntet sind, wird gemeinsam erledigt. Es gibt ein Satelliten-Telefon (früher ein Funkgerät) auf der Insel, damit wird die Kommunikation mit der Aussenwelt aufrecht erhalten. Ansonsten sind die Einwohner komplett auf sich selber gestellt. Heute leben 9 Personen auf dem rund 7km langen Motu. Sie versorgen sich von Maupiti aus und sind dabei auf die Unterstützung von Fischern und Seglern angewiesen. Ein Versorgungsschiff gibt es keines.

Bei unserem ersten Landgang besuchen wir Marcelo und seine Familie (Frau und 1 Tochter). Er ist der Leiter der Kooperation. Er teilt den Familien den Bereich der Insel zu, für den sie verantwortlich sind und wo sie ihre Hütte aufstellen können. Seine Frau verwaltet das Satellitentelefon. Wir bitten ihn um Erlaubnis, vor seinem Teil des Motus vor Anker liegen zu dürfen. Gütig lächelnd willigt er sofort ein. Er ist sehr positiv auf Segler eingestellt. Erst kürzlich wurde er von einem Segler von Maupiti, wo er wegen einer Krankheit einige Wochen medizinische Hilfe benötigt hat, nach Maupiha’a zurück gebracht.
Auf Erkundungsfahrt mit dem Dinghi
Am südöstlichen Ende der Hauptinsel.
Auf unserem Landgang am Südostende der Insel begegnen wir Pièrre. Er hat unsere Ankunft mit dem Dinghi schon von weitem gesehen und ist uns gefolgt, um uns auf traditionelle Weise zu begrüssen: mit einer Kokosnuss. Er erklärt uns viel über die Vegetation der Insel und lädt uns für die nächsten Tage zu seinem Haus, das sich etwa in der Mitte der langgezogenen Insel befindet, ein.
Am nächsten Tag landen wir unser Dinghi etwa in der Mitte der Hauptinsel und machen uns zu Fuss auf die Suche nach Pièrre. Erstaunlicherweise verläuft über die ganze Länge der Insel ein etwas über 5km langer Weg. Dieser würde nach der Verwüstung 1998 wieder erstellt und dient dazu, die einzelnen Familien miteinander zu verbinden und die Copra Ernte zentral zu sammeln.
Auf unserem Weg kommen wir an einigen verlassenen, leeren Hütten vorbei. Aber dort, wo jemand wohnt, da sieht es immer sehr ordentlich und herausgeputzt aus. Bei der Hütte von Isabela sieht es besonders aufgeräumt aus. Sogar die Kokosnussschalen sind fein säuberlich zum Vortrocknen aufgehäuft.
Nach gut einer halben Stunde sehr kurzweiligem Fussmarsch gelangen wir zur Hütte von Pièrre. Er hatte uns am Tag vorher versprochen, er wolle uns einen Fisch zubereiten. Mit hängenden Ohren gesteht er uns nun, dass er mit dem Fischen nicht erfolgreich war. Gleichzeitig kehrt ein Strahlen zurück auf sein Gesicht: «ich habe etwas viel Besseres für euch!», meint er. Er greift in einen alten Jutesack und zieht zwei riesige Kokoskrabben hervor.
Auch Pia will sich das Tier aus der Nähe anschauen. Die beiden Zangen sind immer unterschiedlich stark ausgebaut. Mit der Kleineren hält die Krabbe eine Kokosnuss fest, mit der Anderen, der Stärkeren, bricht sie die Schalen auf. Kommt ein unachtsamer Menschenfinger in diese starke Zange, wird dieser unweigerlich zerquetscht und zermalmt. Also aufpassen!
Nach einem gezielten Messerstich zwischen die Augen mitten ins Herz wandern die beiden Krabben ins heisse Wasser (Meerwasser).
An einem anderen Tag besuchen wir Norma und Harry. Beide sind in Maupiti aufgewachsen. Da sei es ihnen nun «zu lärmig und hektisch» geworden.
Schaut euch den Sandboden an! Da liegt kein Blatt, rein gar nichts herum.
Auch hinter dem Haus sieht es bei den beiden Auswanderern gut aufgeräumt aus.
Auf der Insel gibt es 3 Motorfahrzeuge: einen funktionierenden Traktor der Kooperative und 2 Autos, die schon längst nicht mehr benutzt werde. Dieser Land-Rover gehört Harry. Er hat ihn von Maupiti mitgenommen. Nach einiger Zeit sei aber bei der Kupplung etwas kaputt gegangen, wie er uns erklärt, und seither steht er. Falls also ein geschickter Land-Rover Spezialist mitliest – hier ist der perfekte Arbeitsplatz!
Toilette mit wunderschöner Aussicht
Harry sammelt Mützen, die er von Seglern erhält. Darunter sehen wir eine von einem Schiff, das wir auch gut kennen. Wir machen ein Foto und schicken es später, sobald wir wieder Internet haben, an die Crew des Schweizer Schiffes Tanai III
Natürlich werden wir auch von Norma und ihren wunderbaren Kochkünsten verwöhnt. Pia tauscht intensiv Rezepte aus mit ihr.

Wir sind nun fast eineinhalb Jahre in Französisch-Polynesien unterwegs. Unheimlich wie die Zeit vergeht. Französisch-Polynesien erstreckt sich über eine Fläche von 5,5 Millionen km2, die gleiche Grösse wie Westeuropa. Die vier Archipele, die wir besucht haben, sind weit voneinander entfernt und von der Natur her sehr unterschiedlich: die Marquesas mit ihren wilden Bergen und engen Tälern, die flachen Atolle der Tuamotus, die Gesellschaftsinseln mit ihren üppigen, aber oft steilen Hängen und ganz am Anfang Gambier, eine spezielle Mischung zwischen den Marquesas und den Tuamotus.

Überall, wo wir uns bewegt haben, sind wir auf nette, fröhliche und ausserordentlich gastfreundliche Menschen gestossen. Instinktiv haben wir gefühlt: hier bist du sicher. Seit wir in Französisch-Polynesien angekommen sind, war unser Boot nie mehr abgeschlossen. Einzige Ausnahme: Tahiti. Veranlassung dazu waren hier aber eher die vielen anderen Segler (von denen schon mal einer etwas von unserem Schiff brauchen könnte) als die Einheimischen. Maupiha’a ist nun definitiv der letzte Stopp in Französisch-Polynesien. Nun treibt uns der Wind weiter westwärts. Wir dürfen schöne Erinnerungen an wunderbare Menschen mitnehmen.

Die Menschen machen den Unterschied aus. Schon eine geschenkte Zigarre reicht, um jemanden glücklich zu machen.
Viel Zeit für Gespräche
«Nana!» – «au revoire» – «auf Wiedersehen»

Am 25. Mai 2023, sobald wir gutes Sonnenlicht haben, um die Hindernisse bei der Ausfahrt gut sehen zu können, lichten wir den Anker, winken unseren neuen Freunden ein letztes Mal zu und nehmen Kurs auf Richtung Cook Islands. Wie gelingt und die Ausfahrt durch den Pass, diesmal mit der Strömung? Was erwartet uns am Ziel – können wir da anlegen? Mehr davon im nächsten Bericht. Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Absprung aus Französisch-Polynesien

Maupiti, der vermeintliche Abschied von Französisch-Polynesien

Wir schreiben den 7. Mai 2023. Wir sind seit 2 Tagen ausklariert und können Französisch-Polynesien (FP) verlassen. Wir liegen auf Bora-Bora vor Anker und freuen uns darauf, mit unserer Lupina weiter westwärts neuen Abenteuern entgegen zu segeln. Vor uns liegt als nächstes Ziel die Insel Maupiti, die westlichste zivilisierte Insel von FP.

Früh am Morgen, bei den ersten Sonnenstrahlen, lassen wir Bora-Bora hinter uns und nehmen die rund 30 Seemeilen lange Fahrt nach Maupiti in Angriff.
Unter sonnigem Himmel weht eine leichte Brise und mit Schmetterlingsbesegelung geht es gemütlich unserem neuen Ziel entgegen – Maupiti mit dem 372 Meter hohen Berg «Teurafa’atiu»
Die Einfahrt ins Atoll von Maupiti zählt zu einer der schwierigsten Einfahrten in FP. Sie ist relativ eng (nur 60-80 Meter breit) und es herrscht meist eine starke ausfliessende Strömung. Diese ist weniger von den Gezeiten, als vom Seegang abhängig. Bei hohen Wellen schwappt mehr Wasser übers Riff ins Atoll und fliesst durch den Pass wieder ab. Der Pass ist nach Süden ausgerichtet. Von hier kommt mehrheitlich der Schwell von den starken südlichen Winden. Strömung gegen Welle -eine gefährliche Mischung. Oftmals entstehen dabei hohe stehende Wellen, die sich immer wieder dröhnend brechen. Die Fahrt durch den Pass von Maupiti sollte bei einem Meeresgang mit Wellen höher als 2 Meter vermieden werden. Als wir uns nähern haben wir gerade etwa diese kritische Höhe. Rings um uns brechen tosend die Wellen und hinterlassen im Einfahrtsbereich ein weiss schäumendes Gebrodel.
Nach rund 5 Minuten sind wir durch die schlimmsten Turbulenzen durch. Ein Blick zurück zeigt deutlich die mit weissem Schaumwasser überdeckten Riffkanten. Nach der Passage dieser Stelle wird das Steuern wieder einfacher. Aber jetzt ist Geduld gefragt. Nun gilt es, den stärksten Strömungen auszuweichen (bei unserer Einfahrt sind es gerade etwa 4 Knoten) und die Lupina langsam (wir machen nur 1-2 Knoten Fahrt über Grund) aber sicher ins Atoll zu manövrieren. Es klappt einwandfrei.
Kurz danach sind wir drin und ankern direkt vor dem Hauptdorf (Vaiea) auf Maupiti. Hier der Blick nach hinten …
… und hier nach vorne. Draussen herrscht ein Seegang von rund 2 Metern Welle, im Atoll drin ist das Wasser spiegelglatt.
Am Ankerplatz treffen wir die SY Pasito wieder. Den ersten Sundowner auf Maupiti geniessen wir zusammen mit Ruedi und Chris auf der Lupina.

Maupiti erinnert uns stark an unsere erste Insel in FP: Gambier. Die Hauptinsel bildet das Zentrum des Atolls. Umsäumt wird sie von 5 Motus, kleine flache Korallen- und Sandinseln direkt am Riff. Die bewohnbare Fläche beträgt nur rund 12km2. Die rund 1’300 Einwohner leben mehrheitlich vom sanften Tourismus (es hat diverse kleine, hübsche Pensionen), Fischfang und Copra. Die Infrastruktur ist gut und die Insel ist mit Fähre von Bora-Bora und per Flugzeug erreichbar. Obwohl die Strasse rings um die Insel nur etwa 10 Kilometer lang ist, hat jeder Haushalt mindestens 1 Auto.

«Maupiti» bedeutet «zwei Berge». Zwei Berge bilden die Hauptinsel und der höchste davon, der 372 Meter hohe «Teurafa’atiu», verspricht eine fantastische Aussicht über das Atoll. Da müssen wir hin! Gemeinsam mit der Crew der SY Pasito nehmen wir den steilen Anstieg in Angriff.
Auch für Schweizer Bergziegen geht es nicht ohne Rast im anspruchsvollen Gelände.
Schon auf halber Höhe öffnet sich eine grandiose Aussicht auf das Atoll. Unten links das Dorf, in der Bildmitte im Hintergrund die Einfahrt zwischen den 2 Motus.
Zuoberst auf dem «Teurafa’atiu» angelangt
Und das ist die Belohnung – 360 Grad Rundumsicht. Hier der Blick Richtung Westen
Blick Richtung Süden zum Pass. Hier sieht man gut, wie ein Atoll funktioniert: über den Rand des Riffes (sichtbar an den weissen Schaumkronen im Meer) schwappt frisches Meerwasser ins Atoll hinein. Über den über Tausende von Jahren durch permanente Strömung tief eingeschnittenen Kanal (tiefblaue Farbe) fliesst das Wasser wieder aus dem Atoll.
Blick nach Westen über das Dorf Vaiea und unseren Ankerplatz (Bildmitte)
Der Abstieg verläuft dann sehr abenteuerlich. Wir folgen dem zunächst noch einigermassen gut markierten Wanderweg auf die Westseite der Insel. Schon nach kurzer Zeit verlieren wir den Pfad jedoch (wahrscheinlich zu wenig benutzt?) und kämpfen uns mutig bergabwärts, unterstützt mit einem GPS-Gerät in der Hand. Nach mühsamen 2 Stunden Kampf durch trockene Flusstäler und entlang von Steilhängen dann die Erleichterung: wir stossen auf frisch aufgehängte Weg Markierungen (rote Bändel). Von da an ist der Rest ein Kinderspiel.
Streng war es – aber soo schön!
Nach der Wanderung braucht es Stärkung. Frisches Gemüse am 2-mal pro Woche stattfindenden Gemüsemarkt.
Gestärkt mit diesen gesunden Vitaminen geht es auf eine Rad-Tour um die Insel (rund 10km einmal rings herum)
Verdiente Pause zwischendurch …
… und Aussicht geniessen. Die Radtour gefällt uns so gut – wir umrunden die Insel gleich 2 mal: einmal im links herum, einmal rechts herum.
Wir sind im Dorf zurück. Irgendwo riecht es gut. Wir hören Musik und gehen hin. «Ein Fest für die Dorfjugend», wird uns erklärt. Passt für uns! Es wird ein fantastisch schöner Abend mit viel Musik, Tanz und Gesang. Schaut euch die Gesichter an – die strahlen vor Fröhlichkeit!
Wunderschöne lokale Tänzerinnen! Die Hüften wackeln fast schneller, als die männlichen Augen folgen können (big smile)
Verschiedene Gruppen in bunter Reihenfolge. Die Dame in der Bildmitte spielt übrigens ein lokales Instrument: man nehme einen alten Plastikkanister, steckt eine Holzlatte durch den Ausguss und spannt über der Latte eine Schnur – fertig ist der Kontra-Bass.
Was das Fest mit der Dorfjugend zu tun haben soll, haben wir nicht wirklich begriffen. Die Zuschauer waren durchwegs älteren Semesters. Die einzigen Jugendlichen, die wir erblicken, sind ein paar wenige Kinder, die Mutter oder Vater zur Aufführung begleiten. Diese Beiden haben ihre helle Freude an unserem komischen Französisch.

Seit Tagen beobachten wir interessiert die Wetterentwicklung. Unser nächstes Ziel sind die Cook Inseln. Da unsere Wunschdestinationen, die Inseln Palmerston und Suwarrow keine Einklarierungsstationen sind, müssen wir zuerst einen der beiden offiziellen Einklarierungshäfen anlaufen. Rarotonga oder Aitutaki. Die Distanz zu beiden Inseln ist mit rund 460 Seemeilen etwa gleich weit, aber Rarotonga liegt viel weiter südlich als Aitutaki. Deshalb entscheiden wir uns für Aitutaki. Wir brauchen also nun ein Wetterfenster mit 4 Tagen gutem, stabilem Wind. Als sich nach einer Woche am Ankerplatz vor dem Dorf immer noch keine geeignete Gelegenheit abzeichnet, verlegen wir noch für ein paar Tage ans Riff in der Nähe des Passes. Hier ist das Wasser viel klarer und die Schnorchel-Möglichkeiten vielfältiger.

Wir fahren mit dem Dinghi nach einem ausgedehnten Schnorchel Ausflug zurück zur Lupina. Als wir weggefahren sind, waren wir mit der Lupina alleine. Nun liegt ein grosser Cat einer Charter-Gesellschaft direkt neben uns. Beim Vorbeifahren ruft die Crew laut und winkt uns zu sich. Es stellt sich heraus, dass die 2, Marie-Claire und Denis (? ich hoffe, die Namen stimmen?) aus der Region Genf kommen, hier gerade eine Yacht mit Besatzung gemietet haben und für rund eine Woche einen Kurztörn unternehmen. Als sie unsere Schweizer Flagge gesehen haben, wollten sie uns «Hallo» sagen. Wir werden von der Besatzung herzlich an Bord willkommen geheissen und mit einem Stück echtem Schweizer Greyerzer Käse, einer Flasche Rotwein und feiner Schokolade beschenkt. Perfekt gelungen!! Vielen Dank!!

Dann ist es endlich da, unser Wetterfenster. Unsere Freunde von der Pasito sind mutig schon einen Tag früher in See gestochen. Wir warten noch einen Tag, bis der Wind etwas stärker wird. Wir brauchen eine gewisse Windstärke, damit die Segel im Wellengang des Meeres nicht dauernd heftig hin und her schlagen. Am 17. Mai scheint es soweit zu sein. Der Wind ist da, allerdings auch nur für 2 Tage. Ganz kurzfristig entscheiden wir uns, auf der letzten noch für unser Schiff zugänglichen Insel in FP, auf dem Atoll Maupiha’a, einen Zwischenstopp einzulegen. Von da aus sind es nur noch etwa 350 Seemeilen bis Aitutaki, was das benötigte Wetterfenster etwas überschaubarer macht.

Unser letzter Sonnenuntergang auf Maupiti. Einmal mehr fällt uns der Abschied schwer. Wir haben hier noch einmal ein wunderbares Französisch-Polynesien erleben dürfen. Nebst Gambier ist Maupiti für uns einer der schönsten Flecken Erde, die wir hier in den letzten anderthalb Jahren besegelt haben. Was für ein schöner Abschied aus FP!

Zum Glück heisst es nun aber doch noch nicht ganz, endgültig Abschied zu nehmen. Es gibt ja jetzt noch dieses Maupiha’a. Was uns da wohl erwartet? Der Pass ins Atoll soll noch gefährlicher sein als in Maupiti!

Aber mehr davon im nächsten Bericht. Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Die Zeit in Französisch-Polynesien neigt sich zu Ende

Unsere Freunde, Mandy und Dani Stadelmann, sitzen im Flugzeug nach Hause. Wir schreiben heute Sonntag, den 22. April 2023. Nachdem wir die Beiden mit dem Schiff am Steg abgeliefert haben, verlegen wir noch für eine Nacht in das Bojen Feld vor dem Bora-Bora Yacht Club. Der stürmische Wind, hohe Wellen und immer wieder Regenschauer nehmen uns die Lust, unser Dinghi zu wassern und an Land zu fahren. Nach dem wunderbaren Abschieds-Nachtessen vom Vorabend im «Bloody Mary’s» haben wir eh kein Bedürfnis, schon wieder auswärts zu essen. Die Normalität kehrt wieder ein auf der Lupina.

Die ganze Nacht regnet und stürmt es. Die Bojen auf Bora-Bora sind gut unterhalten (dafür kosten sie auch stolze 40 Dollar pro Tag) und wir schlafen gut und tief. Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von Bora-Bora und nutzen den Westwind, um wieder nach Tahaa und Raiatea zurück zu segeln. Wir lassen das triste Wetter in Bora-Bora zurück.
Zurück auf Tahaa hat uns die Sonne wieder. Der Westwind vertreibt die Regenwolken, stellt dann nach und nach ab und übergibt das Feld wieder dem hier sonst üblichen Ostwind.
Wir geniessen den ersten Ankerplatz auf Tahaa gebührend mit einem Ankertrunk.

Die vergangenen 2 Wochen sind für uns etwas schnell, zu schnell verlaufen. Wir sind im Eilzugstempo von Tahiti, über Moorea, Huahine und Tahaa nach Bora-Bora gesegelt. Deshalb kehren wir nun nochmals nach Tahaa zurück. Wir wollen uns auch Zeit nehmen für die Hauptinsel in dieser Region, Raiatea, welche im gleichen Atoll drinnen liegt wie Tahaa.

Während Tahiti, Moorea und Bora Bora alle touristisch sehr gut erschlossen sind, wird Tahaa (wie auch schon Huahine) oft als „die geheime Insel“ bezeichnet. Alle Inseln verfügen über eine wunderschöne Natur, auch wenn sie unterschiedlich sind. Huahine und Tahaa sind einfach nochmals eine Spur üppiger und authentischer. Etwas mehr als 5’000 Einwohner leben verteilt auf 8 Dörfer auf der 88 km2 grossen Insel. Auch hier nimmt der Tourismus die Hauptstellung ein in der Wirtschaft, aber ein Grossteil der Bevölkerung lebt vom Fischen, von Kopra und von Landwirtschaft.

Das Ende der langgezogenen Bucht von Haamene (Tahaa) – unser Ankerplatz für die nächsten Tage
Die rund 5 Kilometer tiefe Haamene Bucht bietet sehr guten Schutz vor den meisten Winden. Abends und in den Morgenstunden herrscht Totenstille und das Wasser ist spiegelglatt.
Vom Ankerplatz in Haamene mieten wir uns per Internet ein Auto und umrunden damit die Insel Tahaa (rund 70km). Von der Westküste haben wir einen fantastischen Blick rüber nach Bora-Bora, das irgendwo zwischen Meer und Himmel zu schweben scheint.
Uns fällt sofort auf: hier nehmen sich die Leute wieder Zeit, die Umgebung ihrer Häuser schön und ordentlich zu halten. Sie sind stolz darauf, schön zu wohnen. Es gibt keine oder wenig hässliche Mauern und Bretterverschläge, welche das Grundstück vor lästigen Blicken abschotten sollen. So gefällt es uns. Zu ihren verstorbenen Angehörigen haben sie ein innigeres Verhältnis als etwa in den Marquesas oder auf den Tuamotus. Hier nehmen die Verstorbenen meist einen prominenten Platz auf dem eigenen Anwesen ein. Das Grab dient als Sitzplatz, Treffpunkt und vermutlich auch als Ort, wo man sich gedanklich und spirituell wieder mit seinen Vorfahren verbindet.
Perlenfarmen wie auf Gambier. Sie sind aber eindeutig auf Touristen vorbereitet, die von grossen Hotel Anlagen aus Raiatea und Tahaa mit Booten direkt vor die Türe gefahren werden.
Auf Tahaa gibt es 2 Rumfabriken. Die eine, Pari-Pari, ist auf den High-End Tourismus abgestimmt mit entsprechend horrenden Preisen. Die andere Destillerie, Mana’o, präsentiert sich klein und sympathisch. Hier erfahren wir viel über Hintergründe, Motivation und Projekte des noch jungen Unternehmens. Natürlich dürfen wir auch ausgiebig vom mit Bio-Label versehenen Rum degustieren.
Nachdem wir Tahaa per Auto entlang der wunderschön angelegten Küstenstrasse «erfahren» haben, wollen wir sie heute zu Fuss von unserer Bucht Haamene aus nordwärts durchwandern. Schon kurz nach dem Start aber dieses Tor, mit einer grossen Kette behangen. Ein genauer Blick zeigt aber, die Kette ist nicht abgeschlossen und das Tor dient wohl lediglich dazu, dass das auf dem Gelände dahinter weidende Grossvieh nicht ausbüchst.

An dieser Stelle eine kurze Antwort auf die Frage, wie wir auf fremden Inseln Wanderwege finden und uns nicht jedes Mal verirren. Heute ist das ja ganz einfach. Internet und Mobiltelefone helfen dabei, und ein paar andere Segler, die wir nach Tipps befragen. Wir benutzen ein Programm, das Offline-Karten verwendet und die GPS-Position des Handys. Mit der APP «MapsMe» suchen wir vorher die ganze Insel auf schöne oder vielversprechende Wanderungen ab. Einmal unterwegs können wir dann Dank GPS immer wieder kontrollieren, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Technologie macht’s möglich!

Hinter dem Tor erwartet uns ein wunderschöner, sanft ansteigender, alter Pfad, der früher von den Einwohnern benutzt wurde, um auf dem Landweg zur Hauptstadt im Norden der Insel zu gelangen. Er führt gut beschattet von mächtigen Bäumen durch üppigen Urwald.
Auf der Bergscheide dann dieser wunderbare Ausblick in den Süden auf «unsere» Bucht, wo die Lupina mit mittlerweile 3 anderen Booten sicher liegt.
Nach der rund 10km langen Wanderung erreichen wir die Nordküste von Tahaa. Jetzt müssen wir uns entscheiden: auf demselben Weg zurück oder rund 20km der Küstenstrasse entlang. Wir entscheiden uns für das Letztere. Wir nehmen aber unseren Daumen zur Hilfe und bereits das erste Auto hält an. Ein übers ganze Gesicht strahlender Mann und seine ebenso herzlich lachende Tochter nehmen uns mit ihrem klapprigen Pick-Up Truck die ganze Strecke mit. Mauruuru – vielen Dank!
In der Haamene Bucht wartet Lupina auf uns.
Regenbogen am Ankerplatz

Am nächsten Tag lichten wir den Anker und segeln rund 8 Seemeilen durch das Atoll zur Hauptinsel der Region im Westen der Gesellschaftsinseln: Raiatea. Raiatea ist rund doppelt so gross, wie Tahaa und galt in der Vergangenheit als Wiege der über tausendjährigen Polynesischen Kultur. Hier sollen sich die ersten Menschen angesiedelt haben und sich dann sternförmig (die Inselbewohner nutzten natürlich als Bild die Arme eines Meerestieres, nämlich das der Krake) mit ihren Pirogen auf die weiteren Inseln in der Umgebung verteilt haben. Der ursprüngliche Name der Insel, Havai’i, bedeutet «grosses springendes Wasser». Hier dürften sowohl die unzähligen, sehr hohen Wasserfälle in den Bergen, als auch das mächtig aufschäumende Meer entlang des Riffes für die Namensgebung verantwortlich sein.

In Raiatea machen wir an einer Boje direkt vor der Marina in Uturoa, der Hauptstadt der Insel, fest. Hier können wir unser Dinghi bei Landgängen sicher an einem leeren Steg in der Marina festmachen. Das glasklare Wasser in der Marina ist beeindruckend.
Auch Raiatea «erfahren» wir zuerst, um uns einen ersten Überblick zu verschaffen. Eine auf weiten Strecken direkt am Ufer entlang geführte Strasse bietet wunderschöne Ausblicke auf Meer, Küste und die dahinter liegenden Berge. Das Bild zeigt den grössten Marae (Kultstätte) in ganz Französisch-Polynesien: Marae von Taputapuatea

Als Marae bezeichnet man in den polynesischen Kulturen ein zeremoniellen Zwecken vorbehaltenes, abgegrenztes Areal. In Franz.-Polynesien stellt sich die Zeremonialstätte als architektonische, auf einigen Inseln sogar als monumentale Tempelanlage dar. Meist ist es ein rechteckiger, eingefriedeter Platz, an dessen Ende sich eine steinverkleidete Plattform, auf manchen Inseln mit Statuen, erhebt. Jeder der Plätze hat dabei seine eigene Bestimmung wie: politische Meinungsbildung, religiöse Zeremonien, Begräbnisse, sportliche Ertüchtigung, Opfergaben.

Der Marae Taputapuatea ist ein Küsten-Marae. Im Gegensatz zu den Maraes in den Tälern waren Küsten-Maraes von nationaler Bedeutung und oft einer bestimmten Gottheit gewidmet. Der Marae Taputapuatea zum Beispiel dem Kriegsgott Oro. Auf dem Platz in diesem Bild wurden die Könige ins Amt eingesetzt. Der grosse Stein in der Mitte des Platzes soll dem neu amtierenden König Rückhalt und Standfestigkeit vermitteln.
Raiatea ist eine der wenigen Inseln in Franz.-Polynesien, die einen befahrbaren Fluss aufzuweisen hat, den Fluss Faaroa. Also zügig mit der Lupina dahin, Anker werfen in der gleichnamigen Bucht, ins Dinghi gehüpft und los geht’s. Schnell aber wird uns klar: das Unterfangen ist nicht ganz gefahrlos: Es hat zwar keine gefährlichen Tiere wie Würgeschlangen, Krokodile oder Piranhas, aber dafür hat es immer wieder grosse, dicke Bäume, die umgestürzt im etwas getrübten Wasser liegen und deren harte Äste sich auf die Schraube unseres Aussenborders freuen. Um es kurz zu machen: alles ist gut gegangen und wir sind bis ans befahrbare Ende des Flusses gekommen.
Der Fluss Faaroa führt an einem grossen Botanischen Garten vorbei, den wir auf dem Rückweg besuchen. Als wir wieder ins Dinghi steigen, winkt uns ein Mann von der anderen Uferseite zu sich herüber. Er stellt sich als André vor und erklärt uns, dass er auch einen Garten habe, und dass er uns diesen auch gerne zeigen würde. Natürlich sind wir neugierig und willigen ein.
André führt uns durch seinen wirklich weitläufigen Garten, in dem er allerlei Früchte, Gemüse, Wurzelpflanzen und sogar Getreide anbaut. Alles ohne Chemie oder andere Hilfsmittel von aussen. Er erklärt uns, wie wichtig es für ihn ist, dass er hier draussen alles selber macht, mit den Pflanzen lebt, sie beobachtet und spürt. Nicht mal seine Frau darf ihm bei der Arbeit und Pflege helfen. Er gibt uns von allem etwas zu probieren.
Zum Schluss verabschiedet André uns, vollbepackt mit bekannten und unbekannten Früchten, mit einem Bild für seine Fotosammlung.
Wir haben von einer schönen Wanderung zu den «Les Trois Cascades» (3 Wasserfällen) gelesen. Sie liegt an unserem Weg zurück nach Uturoa in der Bucht von Vairahi und wir beschliessen, sie zu besuchen. Der Wanderweg ist auf unserer MapsMe APP gut ersichtlich und wir ziehen wohlgelaunt frühmorgens los.
Schon bald stossen wir auf diese wuchtige Warntafel. Alles verständliche Regeln, denken wir, bis unser Blick auf das Dreieck «Wandern nur mit Guide» gleitet. Hä – wir und Guide?! Geht gar nicht. Stolz die Brust in den Wind und weiter geht’s!
Rund 500 Meter weiter ein schweres Gittertor mit Kette verriegelt und gespickt mit diversen Verbotstafeln. Privatgrund – Zugang ohne Guide verboten. Hmm – doof!! Aber nicht mit uns. Die Kette ist nicht komplett verriegelt. Also Tor auf, durchgeschlüpft, und die Brust wieder stolz in den Wind.

500m weiter folgt ein Haus. Hmm, abschleichen oder mutig den Stier bei den Hörnern packen? Wir wählen den Stier, beziehungsweise die bellende Hundemeute (5 gut trainierte Kampfhunde!). Wir nähern uns dem Haus, die Hunde sind hinter Gittern. Trotz des lauten Bellens zeigt sich kein Mensch – auch der Autoparkplatz ist leer. Also Brust wieder stolz raus und weiter geht’s im Marschtempo.
Aber Riesenschreck! Einer der Hunde findet irgendwo einen Ausgang aus seinem Gehege und will uns aufhalten. Mittlerweile sind wir bereits am Haus vorbei und streben schnellen Schrittes den Wasserfällen entgegen. Der Hund zieht das bequeme Heim vor und lässt uns ziehen. Schweissperlen auf der Stirne, aber Brust wieder stolz draussen.
Nächsten Wegbiegung, ein Auto. Von weitem sehen wir einen Mann dort arbeiten. Was tun? Wir wählen wieder die Offensive und gehen schnurstracks auf den Mann zu. Es ist ein Gärner der Anlage. Erstaunt fragt er uns, ob das Tor nicht zu war, ob wir die Verbotstafeln nicht gesehen haben, ob die Hunde uns nicht gestoppt hätten? Das Gespräch geht konstruktiv und friedlich weiter. Er erklärt uns, dass der Besitzer des Grundstückes sehr schwierig sei und keinen Spass verstehe. Wir hätten Glück, dass er nicht da sei, sonst hätte er längst die Polizei gerufen. Ich frage, wann der Besitzer denn wieder zurück sei. Am Abend, kommt als Antwort zurück. Unsere Chance, bis dann sind wir längst wieder zurück! Wir erklären dem Gärtner, dass wir es riskieren wollen. Er schüttet nur den Kopf und geht zu seinem Tageswerk über. Auf den nächsten 400 Metern sehen wir mindesten 3 Tafeln mit richterlichen Erlassen und Verfügungen, dass ein Betreten des Gebietes nur mit Führung und Einwilligung des Grundstückbesitzers erlaubt ist. Dann kommt noch ein heftiger Regenschauer dazu und unser Mut ist weg. Mit gekränktem Stolz treten wir widerwillig den Rückzug an. Schade!

Zwei Tage später sind wir bei der Gendarmerie. Nicht etwa wegen des unbefugten Betretens des Grundstückes, nein! Wir haben hier soeben die Ausreisebewilligung aus Französisch-Polynesien erhalten. Für Nicht-Eingeweihte: dieses Papier ist erforderlich, dass man mit seinem Schiff in ein nächstes Land einreisen darf.

Fast anderthalb Jahre Franz.-Polynesien. Eine wunderbare, spannende Zeit neigt sich dem Ende entgegen. Unheimlich viele sehr positive Eindrücke sind in unseren Herzen verewigt. Nun wird es aber Zeit, die Welt weiter zu erkunden und weiter westwärts zu segeln. In der Zwischenzeit sind wir nun wieder von Raiatea nach Bora-Bora gesegelt. Hier warten wir nun auf ideale Winde, die uns die Anfahrt zur nächsten Insel im Westen, Maupiti, erlaubt. Hier soll die Einfahrt durchs Atoll besonders schwierig sein und wir dürfen keine hohen Wellen haben. Morgen Sonntag dürfte es klappen.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!