Die Überfahrt von Bonaire nach Puerto Rico

Wie geplant verlassen wir Kralendijk (Bonaire) am Sonntag, 22. Dezember 2019, mit den ersten Sonnenstrahlen. Als Ziel haben wir uns Culebra vorgenommen, eine kleine Insel östlich von Puerto Rico, die auch zu Puerto Rico gehört. Hier haben wir gelesen, dass das Einklarieren, das recht stark reglementiert und gelinde gesagt etwas abweisend ist (der Blondschopf lässt grüssen), relativ locker von sich geht. Um es gleich vorweg zu nehmen: so erleben wir es dann auch.

Der Wetterbericht sagt uns schönes Wetter voraus, mit anfänglich viel Wind aus Nordosten oder Osten und hohen Wellen. Da wir von Bonaire aus in nordöstliche Richtung segeln wollen, müssen wir also «hart am Wind», das heisst mit dem Wind schräg auf die Nase, segeln. Uns erwartet ein sportliches Abenteuer mit viel Schräglage und ruppigen Wellen. Schon seit einigen Tagen hat Pia auf ein Wetterfenster mit südlichem Wind gehofft, aber es kommt einfach nicht. Da müssen wir durch!

Bis zur Südspitze von Bonaire ist es ein herrliches Segeln. Gut abgedeckt von der Insel ist das Wasser noch flach, und die 15-20 Knoten Wind von der Seite treiben unser Schiff zügig voran
Etwa 425 Seemeilen liegen vor uns. Wir rechnen mit rund 3 Tagen und 3 Nächten auf See. Das bedeutet für uns: Weihnachten auf dem Meer – nur wir zwei ganz alleine. Das heisst aber nicht, dass wir Weihnachten nicht feiern! Wir sind bestens vorbereitet: eine kleine Kerze ist mit auf der Fahrt dabei …
… und Geschenke gibt es sogar auch! 😊😊
Die ersten zwei Tage der Fahrt werden, wie angesagt, recht sportlich. Wir machen zwar gute Fahrt, aber der starke Wind und die Wellen lassen uns spüren, dass wir eigentlich nur ein klitzekleines Element in dieser unendlichen Weite des Meeres sind. Obwohl bestens vorbereitet, hat die Hälfte der Crew entsprechend mit der Seekrankheit zu kämpfen. Weitere Details seien an dieser Stelle erspart …
Am dritten Tag und der folgenden Nacht erleben wir aber Segeln vom Feinsten: klarer Himmel, flaches Meer und guter Wind von schräg hinten. Wir fliegen förmlich dem Ziel entgegen und müssen um Mitternach sogar etwas verlangsamen (= Segelfläche reduzieren) um nicht in der Nacht durch das Riff vor Culebra navigieren zu müssen. Im frühen Morgengrauen segeln wir unter den ersten Sonnenstrahlen in die Gewässer von Puerto Rico. Pia setzt wie immer die Fahne des Gastlandes. In diesem Fall sind es sogar zwei: weil Puerto Rico als besonderes Territorium der Vereinigten Staaten von Amerika gilt, muss oben die USA Flagge und unten diejenige von Puerto Rico gesetzt werden
Die Überfahrt selber verläuft relativ entspannt und gut. Ausser einer kleinen Panne, die wir selber verschuldet haben: beim Losfahren haben wir vergessen, bei der Luke vorne den Sonnenschutz zu entfernen. Dieser ist unter der Luke eingeklemmt und lässt einen Spalt in der Abdichtung offen. Durch den hohen Seegang und die heftigen Wellen, die immer wieder über das Deck schlagen, dringt viel Wasser durch diese undichte Stelle in die vordere Koje. Nach unserer Ankunft in Puerto Rico müssen wir deshalb als Erstes alles ausräumen und trocknen lassen
Die Matratzen spülen wir gründlich und lassen sie an der Sonne wieder trocknen. Würde man das nicht machen, könnte das Salz im Stoff schnell Feuchtigkeit ziehen und zu Schimmelbelag führen. Das müssen wir verhindern!
Seit wir Europa verlassen haben waren wir nur noch auf Inseln mit eher trockenem Klima. Dass dies nun hier in den «Grossen Antillen» vorbei ist, merken wir schon nach ein paar Stunden. Sintflutartige Regenschauer gehören in dieser Gegend der Karibik zur Tagesordnung. Mindestens eine Gratisdusche am Tag ist fast garantiert 😊
So geht man in diesem Teil der Karibik am Abend in den Ausgang – mit LED unten am Stand Up Paddle (SUP) und mit Schwimmwesten, wohlgemerkt, man ist ja in der USA!

Wie anfänglich bereits erwähnt verläuft das Einklarieren in Culebra problemlos, obwohl es der Weihnachtstag ist. Zoll, Immigration und Gesundheitsamt werden von einem einzigen Beamten abgewickelt. Weil sich das Büro am lokalen Flughafen, der nur 15 Minuten Fussmarsch von der Anlegestelle fürs Dinghi entfernt liegt, befindet, ist es jeden Tag im Jahr besetzt. Der Beamte ist äusserst nett und zuvorkommend, der ganze Papierkram dauert aber dann doch eine ganze Stunde. Uns ist es egal, wir haben ja Zeit und können in der Zwischenzeit das muntere Treiben auf dem kleinen Flughafen beobachten.

Auf dem Rückweg nach dem Einklarieren dann ein kleiner Schock: uns ruft ein Segler an, den wir in Bonaire kennen gelernt haben und der nun im Süden von Puerto Rico vor Anker liegt. Er teilt uns mit, dass der Wind unser Boot durch die Bucht von Culebra treibe. Er war mit einem Freund in Kontakt, der ebenfalls in Culebra vor Anker liegt, und hat ihm von uns erzählt. «Aha», meinte dieser, «das ist das Boot, das quer über die Bucht treibt und deren Crew sie nicht finden können! Bitte ruf doch dem Skipper sofort an». Eiligst fahren wir mit unserem Dinghi zur Lupina. Tatsächlich! Obwohl wir den Anker eingefahren und gut 40 Meter Kette gelegt haben (das ist viel bei nur 5 Meter Wassertiefe!), hat sich unsere Lupina infolge des stark drehenden Windes und der heftigen Böen losgerissen und um rund 100 Meter verschoben. Dank der grossen, flachen Bucht und den weiten Abständen zu den anderen Booten ist nichts passiert. Mit einem zweiten Anker geben wir dem Schiff mehr Halt und geniessen dann eine ruhige Nacht (inzwischen ist der Wind total eingeschlafen!). Eine unglaubliche Geschichte, die uns auch zeigt, wie hilfreich die Gemeinschaft der Segler im Allgemeinen ist.

Am 27. Dezember segeln wir von Culebra nach San Juan, der Hauptstadt von Puerto Rico. Wir passieren dabei einige sehr idyllische kleine Inseln
Unzählige unberührte Sandstrände – so stellt man sich die Karibik vor 😉
Die Skyline von San Juan
Gestern sind wir nun in San Juan eingetroffen (im Hintergrund die Festung San Felipe del Morro an der Hafeneinfahrt). Wir sind neugierig auf das, was uns auf der neuen Insel erwartet

Es wird jetzt einige Zeit Funkstille herrschen bei unseren Reportagen, da wir erneut Besuch bekommen: Es sind die Crews von den Segelschiffen «Karl» und «Tiger Blue», mit denen wir bereits auf den Kanaren einmal Silvester gefeiert haben. Sie fliegen heute aus Deutschland ein und werden die nächsten drei Wochen mit uns verbringen. Es wird eng auf der Lupina – aber sie verkraftet das 😊😊

Es bleibt spannend auf der Lupina

Euch und euren Familien wünschen wir an dieser Stelle bereits heute schon einen guten und erfolgreichen Start ins neue Jahr.

6 Antworten auf „Die Überfahrt von Bonaire nach Puerto Rico“

  1. Wir wünschen euch für 2020 von Herzen nur das Allerbeste für die Crew und dem Schiff. Weiterhin viel Spass und alles Gute für die Zukunft wünscht euch Annelis und Hans

  2. Das ist wieder ein ganz interessanter Bericht.Für mich ist es so,wie in einem Märchen oder ein spannender Roman.Man möchte immer wieder wissen,wie es weiter geht. Ich wünsche euch einen guten Rutsch und alles gute im neuen Jahr. Grüße aus Canada Anna Widmer.

  3. carissimi
    was für ein spannender bericht!
    die lupina wollte ohne euch weg?! sie hat wohl nicht mit schneller lupinchen und hilfsbereiten seglern gerechnet .
    also in den ausgang mit dem sup wäre ja noch zu machen…. aber der heimweg … nö, lieber mit dinghi‍♂️ .
    auch ich wünsche euch im neuen jahr bei bester gesundheit noch viele spannende erlebnisse mit immer hervorragendem wind!
    buon anno
    baci morena

  4. Hey ihr Zwei, da habt ihr was erlebt…
    Toller, spannender Bericht wie immer.
    Unser Zimmer ist nass geworden?
    Wünsche euch spannende Wochen mit dem Besuch.
    Einen guten Rutsch u toi toi für eure Weiterfahrt.
    Liebe Grüsse Zita u Hansruedi

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