Überfahrt nach Lanzarote

Wie geplant, legen wir wieder gegen die Mittagszeit ab. Der Wind meint es gut mit uns, so wie schon am Tag zuvor. Wind aus NNO (Nord-Nord-Ost). Ideal für unser Ziel das südöstlich liegt. Durchschnittlich 15-20 Knoten Wind, da können wir volle Segel setzen und davon rauschen. Wir brauchen weder einen Bullentaille noch einen Spi-Baum zu setzen – die Segel stehen bei diesem Kurs halb-am-Wind von alleine. Kurz vor Mitternacht, Pia schiebt Nachtwache, weckt sie Köbi. Der Wind hat stark zugelegt, mit diesem Tempo würden wir bereits morgens um vier unser Ziel erreichen. Wir entscheiden uns, die Segel zur reffen (Segelfläche verkleinern) um das Tempo zur reduzieren. Es tut schon weh, denn mit fast 9 Knoten sind wir doch so toll in Fahrt! Aber wir ziehen es vor, bei Tageslicht anzukommen. Ankern oder Einfahrt in einen Hafen in unbekanntem Gebiet bei Nacht ist immer anspruchsvoll und ein Gefahrenpotential. Wir wählen den sicheren Weg.

Kaum sind die Segel gerefft, sehen wir auf dem Radar drei Schiffe mit Kurs auf uns zu kommen. Zuerst machen wir mal nichts, weil ein Segelschiff immer Vortritt hat vor den Motorschiffen – seien diese noch so gross. Unheimlich, in dieser dunklen Nacht die Lichter dieser Schiffe immer näher auf uns zukommen zu sehen. Wir beobachten Radar und Bildschirm immer wieder. Nun ist es nur noch knapp eine halbe Meile zu dem grossen Fischerboot, welches keine Reaktion zeigt und genau Kurs auf uns hat. Vortrittsregel hin oder her – wir wollen keine Kollision eingehen und fallen ab. Das heisst, wir gehen etwas vor den Wind und lassen den Fischerkahn vor uns vorbeiziehen. Die anderen zwei Schiffe respektieren unseren Vortritt und ziehen an uns vorbei, ohne dass wir ausweichten müssen. So das wäre geschafft! Mitternacht vorbei, so auch die Schicht von Pia. Köbi übernimmt und Pia legt sich müde in die Koje und schläft wie immer wie ein Murmeltierchen bis Köbi sie dann weckt mit einem lauten «Land in Sicht!!»

Wie immer Pia’s Aufgabe: Wechsel der Landesfahnen von Portugal/Madeira auf Spanien/Kanarische Inseln beim Überqueren der Hoheitsgrenze

Wenn uns jemand fragt, was tut ihr so bei einer Überfahrt (von mehr als 24 Stunden), was antworten wir denn da?

Nachdem wir alle ca. 30 Minuten unsere Aufgaben nach Pflichtenheft (Rundumblick mit Feldstecher, Radar und AIS, Instrumentenkontrolle, Beurteilung Segelstellung, allgemeine Kontrolle, allenfalls Logbucheintrag bei besonderen Vorkommnissen) erfüllt haben, ja dann beobachten wir das Meer und die Wellen. Wie lange sind sie, wo und wie sie sich überschlagen. Ob und wie sie unter dem Schiff durchrollen – beobachten die Reaktion unseres Schiffes

Auch die Beobachtung des Himmels ist immer faszinierend und ein Schauspiel für sich. Wolken ziehen vorüber, formatieren sich, bäumen sich auf wie Blumenkohl, zieht nun ein Gewitter auf? Nein, der Wind zerreisst sie wieder und es formt sich ein neues Wolkenbild. Ein Gesicht mit einer Knollen (mit etwas Phantasie gut auf dem Bild erkenntlich) – auch dieses verschwindet schon bald und wandelt sich in ein Krokodil am Horizont.

Unendlich viele Zeichnungen bietet uns der Abendhimmel und lässt uns immer wieder schwärmen. Wird die Sonne im Meer untergehen oder wird sie von einer Wolke verdeckt? Die Sonnenstrahlen glänzen mit ihrer wunderbaren Kraft durch die Wolken

Faulenzen, auf dem Rücken liegen, Augen schliessen und den so vielfältigen Geräuschen lauschen. Bläst der Wind regelmässig und saust gemächlich über die Lupina oder ist er böig und lässt dann die Segel schlagen?

Geräusche vom Schiff wahrnehmen: das Flattern der Fahne, das Vibrieren der Bänder, an welchen das Bimini (=Sonnendach) fest gezurrt ist oder das Gieren der Leinen, welche mit jedem Wellengang von neuem ächzen.

Das Rauschen der Wellen lässt uns erraten, jetzt wird sie sich überschlagen und mit einer grossen Wucht auf Lupina’s Bug prallen. Das Wasser spritzt hoch, der Wind peitscht es mit voller Wucht über das Deck und lässt es gegen die Scheiben krachen. Dann hören wir das Plätschern des Wassers, welches nun langsam der Schiffskante nach achtern (hinten) zur nächsten Abflussöffnung fliesst.

Wir nehmen eine grosse Welle wahr, sie überschlägt sich nicht, sie rollt sich unter dem Schiff durch und hebt Lupina wie ein Spielzeug auf ihren Kamm, lässt sie einige Meter surfen um sie dann anschliessend in das Wellental zu schubsen. Das bedeutet dann, dass das Schiff nicht nur vorne und hinten stampft, sondern auch seitlich rollt. Es fühlt sich an, als ob wir in einer Hängematte oder Wiege liegen. Und wenn uns das Geschaukel müde macht, geben wir uns einem Nickerchen hin.

Nein, langweilig wird es uns nicht!! Dazu bietet uns die Natur viel zu viele schöne und spannende Eindrücke. Auch nachts, wenn es am Horizont dunkel ist, Meer und Himmel sind schwarz in schwarz, auch dann gibt es viel zu beobachten. Sternenbilder, oder sogar Satelliten (Köbi’s Favorit ist die ISS – International Space Shuttle), sind im Nachthimmel regelmässig auszumachen.

Und dann gibt es zig-Bücher, die wir bei uns haben und gelesen werden möchten.

Bücher – das eine gelesen, das nächste liegt schon bereit. Pia schafft sogar ein Buch während einer Nachtwache

Und natürlich belohnen wir uns immer mit etwas Feinem, wenn wir dann nach einer langen Fahrt sicher und gesund angekommen sind.

Einfaches aber feines und gesundes Frühstück nach der Ankunft auf der Insel La Graciosa/Lanzarote

2 Antworten auf „Überfahrt nach Lanzarote“

  1. Hoi zäme
    Sieht ja super aus.
    Alles klar auf der Lupina?
    Keine Meuterie . Schöne Bilder ich schau immer mal rein.
    Ihr seid jetzt auf den Kanarischen, Anfang Dezember gönnen wir uns auch ein paar Ferientage auf Gran Canaria um ein wenig Wärme zu tanken vor dem langen Winter. LG. Viktor

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