Der Wind ist uns gut gesinnt und bläst uns zügig vor sich her rund 40 Meilen südlich von Vigo (Spanien) nach Viana do Castelo (Portugal). Hier empfangen uns hinter der grossen Hafenmauer im flachen Wasser, aber bei immer noch starkem Wind, erstmals auch andere Wassersportler (Windsurfer, Kitesurfer, …) und wir müssen aufpassen, dass keiner der weniger geübten direkt vor uns im Wasser liegt.
Die flinken Kite-Surfer schiessen um uns durchs Wasser und nehmen unsere Lupina als willkommenes Ziel für ihre Kurven
In Viana do Castelo melden wir uns wie immer per VHF Funk bei der Marina an und erfragen einen Liegeplatz. Es klappt auf Anhieb, allerdings erstmals ein Platz mit Mooring. Mooring heisst, man muss eine Leine ergreifen, die weit aussen vor dem Pier an einer schweren Kette befestigt ist, und diese entweder hinten oder vorne am Schiff befestigen. Sie verhindert, dass das Schiff von Wind und Welle gegen die Hafenmauer knallt. Wir entscheiden, vorwärts in die schmale Lücke zwischen 2 Schiffen zu „parkieren“. Alles klappt auf Anhieb und wir haben einen perfekten Liegeplatz.
Im Hafenmeisterbüro erfahren wir, dass wir Glück haben: heute (17.8.2018) ist der Start von einem 3-tägigen Stadtfest, mit Feuerwerken, diversen Umzügen, und einfach viel Party und Spass. Passt perfekt für uns. Später erfahren wir noch, dass wir eines der letzten Schiffe waren, die in der Marina noch Platz gefunden haben. Gut für uns, schade für die, welche später kommen wollten.
Stadtfest zu Ehren Romaria da Señora d’Agonia, die vor allem von den Seefahrern und Fischern verehrt wird.Farbenfrohe StadtbeleuchtungTolle Stimmung auf den verschiedenen Plätzen in der Stadt. Überall finden auf kleinen Bühnen auch Spontane Aufführungen stattFast ein wenig Karneval Stimmung mit vielen Figuren und vor allem lauter Trommelmusik. Umzug am Freitag Abend.Nicht alle finden in den vordersten Reihen Platz, oder: Zaungast PiaViele Einheimisch tragen an diesen Tagen ihre Tracht. Spontanes Bild in einer SeitengasseAm Samstag dann ein grosser Umzug. Jedes Dorf der Region macht mit, zeigt die lokale Tracht und charakteristische Sujets aus ihrem DorfZu erwähnen: Temperatur ist ca. 30°CDas Fest findet jedes Jahr statt und der Umzug hat immer ein spezielles Thema. Dieses Jahr war es die Strassen- und Eisenbahnbrücke über den Fluss, welche vor vielen Jahren das Leben im ganzen Tal total verändert hatWäscherin am FlussNatürlich haben wir nicht nur gefestet, sonder auch noch etwas die Stadt und Umgebung zu Fuss erlebtSuper Aussichtspunkt, ca 200 Meter über der Stadt, Blick Richtung Süden, auf unseren nächsten ReiseabschnittZu oberst auf dem Berg eine imposante Burgkirche, welche weit hinaus ins Meer sichtbar ist und früher den Seefahrern den Heimweg wies
Von Viana do Castelo geht es weiter südwärts nach Póvoa de Varzim mit einer gossen Marina, die von vielen Langfahrtenseglern als günstiger Dauerliegeplatz ihrer Yachten benutzt wird.
Um fit zu bleiben machen wir auch immer fleissig Gymnastik an Bord. Hier Pia bei Gleichgewicht- und Dehnübungen. Aber wir vermissen Frauen- und Männerturnverein schon ein wenig 🙂Póvoa de Varzim – fast ganz Portugal scheint in diesen Tagen ein Festplatz zu sein. Auch hier findet gerade ein Fest statt hinter den alten Stadtmauern am Strand
Von hier geht es nun weiter nach Süden. Nächstes Ziel wird Porto sein, wo wir 2-3 Tage bleiben wollen.
Am 17.8.2018 überqueren wir die Grenze nach Portugal. Ein Schiff muss dem Land, in dem es segelt, Ehre erweisen. Dies geschieht, in dem es die Landesflagge des entsprechenden Landes führen muss. Entweder am Heck, wenn das Schiff in diesem Land registriert ist, oder an der steuerbordseitigen (= in Fahrtrichtung des Schiffes auf der rechten Seite) Wante des Mastes. Genau an der Grenze (GPS und Bildschirm helfen uns bei der genauen Position) wird die Flagge gewechselt.
Pia’s Job: Flaggenwechsel. Spanische Flagge wird eingeholt, Portugiesische gehisst
Wir hören und lesen immer wieder von Langfahrtenseglern, dass es nach jeder Fahrt etwas zu reparieren oder ersetzten gibt am Schiff. Wir haben uns das bisher nicht vorstellen können. Wenn man ein Auto gebraucht, dann läuft das doch einfach meist ohne Probleme. Offenbar sind Schiffe da etwas anders. Einmal sind es meist in kleiner Stückzahl gebaute Serien mit viel Handarbeit. Fast kein Schiff ist identisch wie das andere. Dann ist die Beanspruchung oftmals sehr hart: Salzwasser, UV Licht der Sonne, grosse Kräfte von Wellen und Wind und vieles mehr. Unser Schiff, obwohl sehr solide und robust gebaut, ist da nicht anders. Schäden, die sofort repariert werden müssen, kommen meist ungeplant und erfordern entsprechend Pausen in unserer Reise. Der Keilriemenschaden am Vorsegel in Falmouth war so ein Schaden. Dann gibt es Dinge, die sich anmelden, wo man sieht, dass sich etwas verändert und Korrektur braucht. So haben wir zum Beispiel festgestellt, dass die Kühlwasserzirkulation im Aussenbordmotor immer weniger wurde. Um keine Schäden am Motor zu bekommen, haben wir im Voraus in einem Hafen Vorhandensein und Verfügbarkeit einer Suzuki Vertretung abgeklärt.
Marina von Camariñas: Mechaniker und Lehrling Köbi bei der Inspektion der Wasserpumpe. Falls wir das Problem wieder einmal haben sollten, kann ich künftig selber Hand anlegen.
Die Zeit in Camariñas, wo wir den Aussenborder inspizieren und reparieren liessen, nutzten wir für ausgiebige Landgänge. Dank Internet und verfügbaren Informationen an Land ist es gut möglich, auf eigene Faust die Landschaft und Umgebung zu erkunden.
Camariñas: eine Info-Tafel zeigt uns die vorhandenen Wanderwege an …… und schon sind wir zu Fuss unterwegs in einer uns total fremden UmgebungImmer wieder tolle Sujets unterwegs …… und Gelegenheit von Land aus die weitere Segelstrecke mit den Augen zu geniessenUnd wenn es mal keine Wanderung ist, dann ist Köbi an der Technik von Schiffen aller Art interessiert 🙂Ein paar Eindrücke aus dem kulinarischen Bereich: Vorspeise (Miesmuscheln) …Hauptgang (Garneelen) …und Nachspeise (hmm – sehr fein! Wissen aber nicht, wie die Muschel auf Deutsch heisst)
Immer wieder auf unserer Reise treffen wir Situationen an, welche Köbi’s ehemalige Arbeitskollegen aus dem Arbeitssicherheitsbereich zum Schmunzeln bringen dürfte:
Wieso ein solides Arbeitsgerüst? „no problemo“ hat der Arbeiter gemeintZugang an der Pier zu unserem Schiff. Der Unachtsame steigt von der Treppe ins Wasser, statt auf den Pier
Nach Camariñas geht’s weiter südwärst. Eine der nächsten Stationen war Vigo wo kurz vor unserer Ankunft bei einem Volksfest ein Teil des Holzpieres entlang der Strasse eingestürzt war.
Schöne Altstadt in VigoIn einem abgebrannten Haus wurde kurzerhand eine Bar eingerichtet – sinnvoller Name der Bar: Black HouseSituationsidylle in den Gassen von Vigo
Die Windverhältnisse vor uns sind sehr gut. Der Nordwind wird uns rasch Richtung Portugiesische Grenze stossen.
Hier an der Atlantikküste sind die Temperaturen recht frisch. In der Nacht so um die 17 Grad, am Tag maximal 25 Grad. Das kühle Atlantikwasser sorgt für diese erstaunlich mässigen Temperaturen. Wir freuen uns auf etwas wärmere Luft und Wasser (ja, wir gestehen: bisher sind wir noch kaum im Wasser gewesen) und ziehen Richtung Süden weiter. In etwa zwei Wochen wollen wir in Porto oder Lissabon sein.
Schon in der nächsten Bucht gehen wir knapp an einer erneuten Ankerblockade vorbei. Am Morgen, als wir aufwachen und an Deck frühstücken, sehen wir ein hässliches Ungeheuer 10 Meter neben uns im Wasser. Bei genauerem Hinschauen erkennen wir, dass es eine alte Boje ist, welche bei Flut unter Wasser ist und bei Ebbe knapp über Wasser kommt. Daran sind viele Taue fixiert, die auf mehrmaliger Flickarbeit hindeuten. Irgendeinmal wurde sie dann aufgegeben, und nun lauert sie auf ahnungslose Schiffe und Crews. Unsere Lektion: wir werden in Zukunft Hafengebiete zum Ankern meiden!
Beim Frühstücken vor Anker im Hafen von Cormo: plötzlich sehen wir dieses hässliche Etwas 10 Meter neben unserem SchiffBei genauerem Hinschauen: eine alte Boje, die mit ihren Unterwasser-Seiltentakeln wie ein Meeresungeheuer auf Schiffe als Beute wartetDie Weiterfahrt unter viel Wind – leider aus der falschen Richtung. Aufkreuzen ist angesagt. Das bedeutet: Wellen und Schräglage
Mit 6.5 – 7.5 Knoten Fahrt geht es recht ruppig aber schnell vorwärts (der Film ist wegen Datenreduktion leider etwas unscharf) Link: Unterwegs in den Wellen
In Coruña verbringen wir fast eine Woche. Wir wollen hier den Anker reparieren lassen, und auch unser AIS spinnt seit der Überfahrt (oh, wie lieben wir Elektronik!). In der Marina sind die Leute sehr hilfsbereit. Sie verstehen auch etwas Englisch, so dass wir unsere Anliegen erklären können. Die freundliche Frau telephoniert zwei unterschiedlichen Firmen und organisiert für uns Termine. Wir sind etwas skeptisch, ob das wohl wirklich auch klappt. Und es tut es. Der Ankerschlosser erscheint mit seinem Werksfahrzeug, einem Gummiboot, der Elektriker kommt mit einer Ladung von Kabeln und Antennen, um das System zu testen (am Schluss wird das Gerät auf Garantie gewechselt).
Zwischendurch bunkern wir (Lebensmittel, Frischwassertank, Strom) und erkunden die Stadt, ihre Kultur und natürlich das Kulinarische (hmm – es gibt so viele feine Dinge zu Essen).
In La Coruña landen regelmässig grosse Kreuzfahrtschiffe. Die Stadt wird da für ein paar Stunden von Touristen überschwemmtEs gibt viel zu tun, wenn wir mal wieder WiFi und Internet haben: Wetterdaten, E-Mails, HomePage Updates, und und undWir treffen auch immer wieder interessante Leute. Hier zwei Männer in einem Dänischen Boot. Sie machen gerade gemeinsam einen Törn, den sie genau so schon vor rund 30 Jahren zusammen gemacht haben. Es ist noch das gleiche Boot wie damals und sehr spartanisch eingerichtet. Sie haben gerade Wäschetag.Am nächsten Tag laufen die beiden Dänen aus Richtung Süden. Wir werden sie wohl noch ein paar mal antreffen, die Ziele sind die SelbenLa Coruña von der Burg in der Hafeneinfahrt gesehenStrand von La Coruña, das Wasser hier ist aber nur 18 Grad warm, auch im Sommer!Ein Boot aus der Frühzeit der Seefahrt: Holzplanken mit Bast zusammengebunden. Wie man sieht, auch robust. Wir sind aber doch froh, ist unsere Lupina etwas stabiler gebautEssen in Spanien: obwohl die Englische Küche mittlerweile auch vielseitiger geworden ist – von der Spanischen Küche sind wir einfach begeistert. Kleine Häppchen, unheimlich vielseitig, und erstaunlich preiswertBei diesem feinen Essen schlagen wir gerne etwas über den Strang. Wir sind offensichtlich nicht die Einzigen, die dieses Essen liebenAm 11.8 2018 verabschieden wir uns von La Coruña in Richtung Süden
Im letzten Bericht habe ich einen Zwischenfall erwähnt, den ich nun hier beschreiben will.
Wir sind also recht flott über die Biskaya rüber geblasen worden und haben am Sonntag Morgen die Küste gesichtet. Weil wir so früh dran waren in unserer Planung, entschieden wir kurzerhand, nicht direkt bis La Coruña durchzusegeln, sonder in einer der ersten schönen Buchten den Anker zu werfen und uns dort von Strapazen zu erholen. Also liefen wir eine grosse, ruhige Bucht an, an der ein kleines Fischerdorf lag. Wir nahmen ein Bad (Wasser 20°C), frühstückten ausgiebig, machten dann das Dinghi für einen Landgang bereit. Das Dörfchen animierte uns zu eine ausgedehnten Spaziergang und Besichtigung des Fischereihafens, der hier zu unserem Erstaunen recht industrialisiert aussah: gepflegte Fischerboote, grosses modernes Kühlhaus direkt am Hafen, und sogar Arbeiterwohnungen direkt am Meer. Gegen Abend dann zurück aufs Boot, gut gegessen, guten Wein getrunken und dann früh ins Bett.
Unser Ankerplatz in der Bucht von Cedeira, 25 Meilen nordöstlich von La Coruña
Am nächsten Morgen, das Wetter war zuerst stark neblig, aber bald brach die Sonne durch, machten wir das Schiff klar für die Fahrt nach La Coruña. Heute war Pia wieder daran, nach vorne zu gehen um den Anker hochzuziehen. Ich war am Steuer und fuhr der Ankerkette nach. Pia gibt mir dazu Handzeichen , die wir abgemacht haben. So läuft alles wortlos und schon sehr gut eingespielt. Aber halt! Diesmal war es anders. Es kam von ihr kein Zeichen „Anker frei“. Hat sie es vergessen? Ich will sie fragen (dazu müsste ich laut schreien, damit sie es vorne am Bug hört) als ich merke, dass das Schiff einen kleinen Ruck macht und vom Anker gestoppt wurde. Der Anker sitzt offenbar fest! Kein Problem, denke ich. In unserem Buch und in der Karte steht ja, dass der Ankergrund gut hält. Also was macht der Skipper bei einem gut haltenden Anker? Anker losbrechen, indem mit dem Schiff rund um den festsitzenden Anker gefahren wird und gegen die Richtung, wie er festgefahren wurde, gezogen wird. Genau das mach ich, aber wieder nur ein Ruck. Der Anker hält wie in einem Schraubstock. Langsam werde ich nervös. Das ist mir erst einmal passiert, am Bodensee, als der Anker sich an einer Abwasserleitung festgehängt hatte. Das war auf 3 Meter Tiefe und ein Sprung ins Wasser, kurzes Tauchen und ich hatte ihn lose. Aber hier war die Wassertiefe etwa 6-8 Meter – keine Chance ohne Tauchgerät.
Nun, Tauchgerät haben wir an Bord, neu von unserem Vorgänger, aber noch nie gebraucht und absolut unkundig, wie das überhaupt geht (ich werde so schnell wie möglich eine Taucherausbildung machen!!). Also was machen? Wir funken den Hafen an. Wir können schlecht Spanisch, die Dame dort schlecht Englisch. Irgendwie schaffen wir es, von ihre eine Telefon Nummer zu erhalten. Rufen dort an. Der Mann am anderen Ende legt aber sofort wieder auf, hat offenbar keine Lust, uns zu helfen. Nach dem 3. Versuch geben wir es auf, rufen die Dame im Hafen nochmals an. Sie verspricht, selber anzurufen und den Mann zu motivieren, uns sofort zurückzurufen. Nichts passiert. Da hat Pia nach einem Blick über die Schiffe, die um uns herum auch geankert haben, die gute Idee, dass vielleicht einer von denen ein geübter Taucher ist. Und es hat tatsächlich Boote in unserer Nähe, die fast überquellen von diesem charakteristischen Ausrüstung, welche Langfahrten-Schiffe als solche erkenntlich machen. Wir machen unser Dinghi wieder fahrbereit und steuern das nächstgelegene Schiff an – und sind auf Anhieb erfolgreich. Zwei Italiener, die wir gerade beim Essen stören. Sie wollen das zuerst beenden, dann die Tauchflasche füllen und in etwa 2 Stunden bei uns sein. Wir haben keine Eile und sind froh, dass uns jemand helfen will und fahren zurück zu unsrem Schiff. Auch die 100 Euro, die die beiden für ihre Hilfe haben wollen ist fair in Anbetracht des Wertes von Anker und Kette in Edelstahl, die schnell einmal ein paar 1000 Euro kosten können.
Es vergeht knapp 1 Stunde als wir das Knattern eines Aussenborders hören. Die beiden Italiener sind schon da – aber ohne Taucherausrüstung? Der Englisch Sprechende der beiden Männer kommt an Bord und erklärt uns, dass sein Kollege, ein erfahrenen Seemann, eine andere Idee habe und das zuerst probieren will. Uns soll’s recht sein, egal wie, der Anker muss einfach loskommen. Wir geben das OK. Der andere Mann fährt mit seinem Dinghi zu unserem Bug und legt eine kurze Kette wie einen Ring um unsere Kette. Seine Kette befestigt er an einem starken Tau und lässt dann den Kettenring an unserer gestreckten Kette in die Tiefe gleiten bis zum Anker.
Um unsere Ankerkette wird eine kurze, starke Kette gelegt, und diese dann an einem Seil in die Tiefe gelassen
Dann fährt er mit seinem Boot ca. 20-30 Meter weg, zieht und rüttelt dabei mit voller Kraft am Seil. Gleichzeit lösen wir unsere Kette ein paar Meter, so dass kein Zug auf dem Anker ist. Nach ein paar Minuten gibt der Mann auf, schüttelt den Kopf und meint, es habe sich nichts gelöst. Ein letzter Versuch, noch einmal ziehen wir den Anker hoch und – oh Wunder! Wie von Zauberhand gelöst, kommt der Anker raus.
Nur etwas Algen hängen am Anker, sonst absolut sauberDurch unser Ziehen und Rucken mit dem Schiff haben sehr grosse Kräfte auf das Ankergeschirr gewirkt, Das Verbindungsteil Kette – Anker ist verbogen und muss ersetzt werden
Wir wissen bis heute nicht, was den Anker unten blockiert hatte. Steine gibt es laut Karte und Berichten dort keine. Der erfahrene Italiener meint, dass es in der Nähe von Fischerhafen immer alte Netze am Boden haben kann, die jemand einfach dort entsorgt hat. Wenn diese dann über mehrere Jahre gut eingespült sind, halten diese wie Stahlseile.
Wir sind erleichter! Die beiden Italiener konnten uns helfen, und wir sind um eine Erfahrung reicher. Über die Verweigerung von Hilfe durch den Hafen wollen wir uns nicht mehr länger wundern 🙂
Wir sind mittlerweile wohlbehalten in La Coruña (Spanien) eingetroffen.
Gleich vorweg: wer unsere Überfahrt online verfolgen wollte, wurde leider enttäuscht. Kurz nach der Passage von Brest (Frankreich) fiel unser AIS System aus (Grund noch unbekannt) und unser Schiff blieb auf den Monitoren stehen. Wir müssen es nun hier checken lassen. Entweder ist ein Defekt am Gerät, oder die Installation wurde in Brighton nicht gut gemach. Ein Garantiefall?
Aber nun der Reihe nach:
Wir haben am Tag vor der vor dem grossen Schlag (so nennt man in der Seglersprache eine Wegstrecke) in einer kleinen Bucht südlich vor Falmouth geankert, so dass wir am Morgen in der Früh niemanden wecken. Pia konnte es kaum erwarten, bis es endlich losgeht, mir hätte es in England noch recht gut gepasst (zwinker)
Sehnsüchtig schaut Pia in den Süden – sie sucht die Wärme und den richtigen WindKartenarbeit vor der Losfahrt in der Bucht vom Helford RiverAm 2. August früh um 07:30 Uhr geht’s los. Damit uns der frische Wind nicht unterkühlt bestens eingemummelt in warme KleiderAber schon bald wärmt die Sonne und eine Kleiderschale nach der anderen fällt. Immer wichtig: Kontrolle unserer Position und Kurs am BildschirmKurz bevor wir England verlassen werden wir aus dem Land eskortiert. die Delphine spielen mehr als 10 Minuten lang in unserer Bugwelle, lassen sich von der Lupina die Rückenflosse kraulen, machen Freudensprünge für unsere Kamera und zeigen uns, wie elegant sie schwimmen können.Die Grenze zu Frankreich ist erreicht, das Hoheitszeichen muss gesetzt werden. Ein Job für PiaGegen Abend des ersten Tages haben wir die Küste von Frankreich erreicht (schwarzer Punkt auf dem Bildschirm ist unser Schiff). Zu Köbi’s Enttäuschung fast keine grossen Schiffe gekreuzt, obwohl dies eine der meist befahrenen Wasserstrassen der Welt ist.
Bei der Überfahrt gibt es eigentlich nicht viel zu tun, doch einige Dinge sind sehr wichtig, und müssen regelmässig erledigt werden. Da es meist recht stark schaukelt, muss man entsprechend vorsichtig sein, und alles dauert immer ein wenig länger.
Wie sieht eigentlich unser Tagesablauf aus? Unseren Rudergang haben wir in Schichten aufgeteilt, die sich nach unseren Schlafbedürfnissen richten. Pia übernimmt am Abend die Schicht bis ca. Mitternacht. Köbi legt sich bis dann auf’s Ohr. Um Mitternacht geht Pia in die Koje und Köbi übernimmt das Steuer bis zur Morgendämmerung. Nach Sonnenaufgang gibt’s wieder einen Schichtwechsel und gleichzeitig auch Frühstück (Kaffee, Birchermüesli, Butterbrot mit Pia’s Konfi und Käse). Köbi geht dann in die Koje und Pia übernimmt das Steuer bis Mittag. Ab dann wechseln wir uns nach Lust und Laune ab, bis am Abend dann wieder der neue Ablauf beginnt.
Kaffeekochen erschwert. Dank kardanischer Lagerung des Kochherdes aber gut möglich, ohne dass der Kaffeekrug umfällt. Video Kaffeekochen
Tagsüber wird mindestens 1x ein Rundgang über das Deck gemacht und geprüft, ob alles in Ordnung istOder an den Segeln ist etwas zu richten. Bei diesem Bild musste das Grosssegel gegen ungewolltes Halsen (= Segel kippt auf die andere Bootsseite) gesichert werden. Das wird mit einer Leine gemacht, die den Baum nach ganz vorne am Schiff fixiert (Fachausdruck: Bullenstander, die rote Leine im Bild). Tiefer Gang und immer eine Hand am Schiff sind wichtig für unfallfreies Arbeiten.
Der Sicherheit an Bord setzen wir grosses Augenmerk. In der Nacht, wenn nur 1 Person im Cockpit sitzt, ist diese immer mit einer Sicherungsleine (Lifebelt) am Schiff fixiert. Falls aus irgend einem Grund auf Deck gestiegen werden muss, wird die schlafende Person geweckt und zur Aufsicht ins Cockpit geholt. Bei Arbeiten an Deck gehören automatische Schwimmweste und Liefebelt-Sicherung immer dazu. Da das Schiff meist automatisch gesteuert wird (Autopilot), würde es noch lange geradeaus fahren, bis das Fehlen einer Person bemerkt würde. Im offenen Ozean eine aussichtslose Situation, die wir nicht erleben wollen.
Ein wichtiges Instrument für die Sicherheit in der Nacht: Radar. Hier sehen wir – auch bei völliger Dunkelheit – ein Schiff/Hindernis auf dem Radar. Unsere Position ist in der Mitte der Kreise, die gelbe Linie ist unsere Fahrtrichtung. Im Moment ist ausser den hohen Wellen (kleine gelbe Punkte um uns herum) kein Hindernis ersichtlich.Für Überfahrten wird nicht im grossen, komfortablen Schlafzimmer-Bett geschlafen, sondern es hat eine spezielle Koje, das Leebett. Es ist im Salon mit direktem Zugang ins Cockpit. Damit die schlafende Person nicht aus der Koje fällt, ist sie gegen das Herausrollen mit einem Leesegel (das weisse Tuch im Bild) gesichert. Da diese Koje sehr nahe am Schwerpunkt des Schiffes liegt, gibt es hier die wenigsten Schiffsbewegungen. Es lässt sich prima schlafen darin 🙂Die Person, die Nachschicht schiebt, beobachtet primär die Umgebung und schaut, dass die Fahrtrichtung frei ist. Da die Fahrt im Vergleich zum Auto aber sehr langsam ist, lässt sich dazu aber prima lesen …… ab und zu Instrumente beobachten (hier Wassertiefe, Wind und Geschwindigkeit) …… oder sogar ein kleines Nickerchen machen. Genau deshalb haben wir diese kleine Eieruhr, die regelmässig alle 15 Minuten die dösende Person an seine Pflichten erinnertEin paar wichtige Instrumente: Bildschirm (in der Fachsprache Plotter genannt), Logbuch (weisser Block), Fernglas, Guezlibox (für Köbi) und EieruhrUnd irgendeinmal, dank kräftigem Rückenwind schneller als erwartet, sind wir an der spanischen Grenze und die Fahne muss erneut gewechselt werdenAm 5.8. morgens um 9:30 Uhr werfen wir in einer Bucht vor La Coruña Anker. 74 Stunden und 415 Seemeilen – Überfahrt erfolgreich – und sehr eindrücklich und schön!!
Am nächsten Tag – gut ausgeschlafen aber mit einem kurzen Zwischenfall – sind wir dann nach La Coruña weiter, wo wir nun ein paar Tage die schöne Galizische Gegend geniessen wollen. Über den Zwischenfall berichten wir nächstes Mal.
Am 25. Juli sind wir in Falmouth angekommen. Da wir auf die Ersatzteile für unseren Genua-Furling (= Rollmechanismus Vorsegel) warten müssen (Teile kommen aus Schweden, dort ist gerade Mid-Summer, viele Leute machen Ferien) richten wir uns auf ein paar Tage hier ein. Es gibt viel zu sehen. Wir gehen gegenüber dem Falmouth Harbour vor Anker und pendeln zwischen Schiff und Falmouth hin und her. Das geht eigentlich sehr gut und wir haben mittlerweile gute Übung darin, in das schaukelnde Gummiboot einzusteigen.
Direkt gegenüber der Hafeneinfahrt vor Anker, ziehen richtig grosse Schiffe an uns vorbei. Hier könnte man meinen, das Passagierschiff wird militärisch bewachtEine der vielen Hafenmauern, die wir jeweils erklimmen müssen. Hier haben die Handwerker ein tolles Werk hinterlassen.Ganz typisch für für diese Gegend, wahrscheinlich für ganz England: überall das gleiche MenueDie Leute stehen Schlange für Fish & ChipsNach 2 Tagen vor Anker zieht ein Sturm heran …… und wir verlagern in einen ruhigen Hafen (das Bild wurde am nächsten Morgen aufgenommen, der starke Regen war da schon wieder vorbei)Und endlich sind auch die Ersatzteile gekommen. Hier das Teil, welches den Schaden verursacht hatte. Einer der Randringe (aufgepresst) kam lose und wurde vom Zahnriemen abgerissen. Der Ring zerschnitt in der Folge den RiemenDie Reparatur ist erledigt und wir sind bereit für die Biskaya, fast …… nur der Wind macht noch nicht mit: so sah es am Sonntag noch aus …… und so brauchen wir ihn: ab Freitag 3.8. soll der Wind von Nord-Osten kommen, perfekt für eine Biskaya ÜberquerungPia ist schon fleissig daran, Kühlschrank mit feinen Dingen zu füllen… und ich suche noch letzten Treibstoff fürs Dinghi – aber an diesen Säulen kriege ich sicher keinen mehr (lach)Ab und zu werden wir gefragt, was es denn bei uns so zu Essen gibt: hier werde ich von Pia mit feinen Nachos verwöhntAm 1. August …… gab es ein typisch Schweizer Frühstück mit Butterbrot, selbsgemachter Konfi, Käse, Birchermüesli und Kaffi
Unseren nächsten Bericht schreiben wir dann, wenn alles so läuft wie geplant, von Spanien aus. Unser Ziel ist ist La Coruna, dauert etwa 3-4 Tage, wenn der Wind so bläst wie angekündigt – sonst ein paar Tage mehr 🙂
Wer uns verfolgen will: auf www.marinetraffic.com und dann nach dem Schiff „LUPINA“ suchen. Geht aber nur wenn wir Internet Verbindung haben (innerhalb 30 Meilen vom Land sind oder ein grosser Meeresdampfer unser Signal aufnimmt und in den Äther schickt.
Zum Abschied nach 30 Jahren ABB Turbolader durfte Köbi ein paar tolle Geschenke seiner ehemaligen Arbeitskollegen in Empfang nehmen. Darunter eine grosse Blechdose, welche als „Notreserve“ dienen soll. In solchen Blechdosen wurden immer teure Ersatzteile, seefest (= wasserdicht und stossfest) verpackt, in der ganzen Welt verschickt.
Kürzlich ist uns der Wein ausgegangen – eine wirklich krasse Notsituation (smile) – und die Büchse kam unters Messer
Bestens vorbereitet mit PSE (Personal Safety Equipment): Sicherheitsschuhe, Handschuhe, Schutzbrille und Kopfschutz) – ich war ja einmal in meiner Karriere auch Safety Officer (smile)Mit dem ABB Turbocharger Victorinox Multi-Tool mache ich mich mutig ans Werk ….… das Blech der Büchse ist aber viel zu dick für das Multi-Tool: Hammer und Meissel können es richtenGeschafft!! Als Belohnung wirken die erwähnten Notreserven, darunter 2 feine Flaschen Wein. Der Abend ist gerettet? Vielen Dank IATU-MS und Freunde!!