410 Seemeilen weiter und wir sind in Bonaire

Am 21. Mai um 4 Uhr nachmittags ziehen wir unseren Anker hoch, setzen Schmetterlings-Besegelung (Grosssegel auf Backbord mit Bullentaille gesichert, Genua auf Steuerbord mit Spi-Baum gesichert) und rauschen von Grenada ab in Richtung Bonaire. Zwei Dinge sind diesmal etwas anders wie sonst: einerseits ist Köbi’s Finger noch nicht einsatzfähig und Arbeiten, zu denen es beide Hände braucht, müssen mit Pia’s Unterstützung erledigt werden. Andererseits hört und liest man von Piraterie entlang der Venezuelanischen Nordküste. Dies ist eine Folge der politischen Unruhen in Venezuela, die einher geht mit Verwahrlosung, grosser Armut und Anarchie. Eigentlich wollten wir uns entlang der wunderschönen Venezuelanischen Inseln bis nach Bonaire westwärts hangeln. Es gibt auch Segler, die das jetzt noch tun. Wir aber wollen das Schicksal nicht herausfordern, machen einen grossen Bogen um das Risikogebiet herum und halten mindestens 35 Seemeilen Abstand. In diesem Abstand werden wir auf dem Radar nicht gesehen. Zudem schalten wir bei der Vorbeifahrt unser AIS Sender aus. Einzig das Positions-Licht behalten wir nachts an. Da dies aber nur etwa maximal 10 Seemeilen weit sichtbar ist, sehen wir darin keine Gefahr.

Für einmal muss Pia die Kontrollgänge an Deck machen. Dazu braucht es beide Hände, vor allem wenn der Wellengang wie zu Anfang der Reise etwas hoch ist

Bei der Überfahrt haben wir einen guten achterlichen Wind, manchmal zwar fast etwas wenig, was uns aber lieber ist als zu viel. Wir können die ganze Zeit unsere Segelstellung belassen und immer unter vollen Tüchern fahren. Erst als wir gegen Bonaire kommen und südwärts abdrehen, verstellen wir unsere Segel zum ersten Mal wieder. In unserer letzten Nacht auf See bringt ein Fischerboot unsern Puls (genau genommen Pia’s Puls, da sie gerade Wache schiebt) doch noch ein wenig auf Trab. Das Fischerboot hält von vorne fast genau auf uns zu. Wir sehen ihn zum ersten Mal auf dem Radar in etwa acht Meilen Distanz. Als er in vier Meilen Distanz zu uns immer noch in unsere Richtung fährt, denken wir schon an Piraten und legen uns Abwehrstrategien zurecht. Die ersten beiden Massnahmen, Lichter löschen und 20 Grad Kursänderung nach Norden, leiten wir auch gleich ein. Zu unserer weiteren Beunruhigung stoppt das Fischerboot in etwa zwei Meilen Distanz zu uns, bleibt ein paar Minuten stehen, und fährt dann einen Kreis. Wir sind nur noch 1,5 Meilen von ihm weg, als er beginnt, seinen alten Kurs, der rund eine Seemeile südlich an uns vorbeizieht, wieder aufzunehmen. Wir beobachten sein Verhalten genau und stellen erleichtert fest, dass er seinen Kurs fortsetzt, als er uns passiert hat. Immer noch etwas vorsichtig nehmen wir den alten Kurs wieder auf, und Köbi, der zur Sicherheit geweckt wurde, legt sich wieder schlafen. Je näher wir an Bonaire kommen und je mehr kommerzielle Schiffe um uns herum sind, umso entspannter wird für uns die Fahrt.

Überquerung der Hoheitsgrenze von Bonaire. Wie immer setzt Pia zu Ehren des Gastlandes die neue Hoheitsflagge unter den steuerbordseitigen Saling (= Querverstrebung am Mast)
Und dann sind wir da! Schon vor dem Einklarieren fällt uns Angi, Pia’s Tochter, die in Bonaire lebt, um den Hals – welcome to Bonaire!!
Angi arbeitet auf der windsicheren Ostseite von Bonaire in einem in der Surferszene hoch gehandelten Surfspot

In Bonaire ist das Ankern zum Schutz der Korallenbänke strikte verboten. Wir finden das gut und respektieren diese Anordnung. Entlang der Westküste hat es viele vom Staat gesetzte Bojen, an denen man gegen eine kleine Gebühr von 10 US$ pro Tag festmachen kann. Wir legen unsere Lupina direkt vor die Hauptstadt, Kralendijk. Kaum sind wir an der Boje fixiert, werden wir schon von Annette und Michael von der Segelyacht Limelight, die wir in Grenada erstmals getroffen haben, begrüsst. Sie sind einen Tag vor uns nach Bonaire gesegelt. Auch das Schweizer Schiff SY Yum Yum mit dem Basler Skipper Mirko und seiner Begleiterin Anja sehen wir an einer Boje nicht weit von uns. Wir freuen uns, dass beiden Schiffen die Überfahrt ebenfalls ohne Probleme gelungen ist. Am meisten aber freuen wir uns am Wasser hier. So klares Wasser wie jetzt auf Bonaire haben wir auf unserer ganzen Reise bisher nie angetroffen. Schnorcheln macht richtig Spass. Direkt unter unserem Schiff fällt der Meeresboden steil von rund 5 Meter auf 10-15 Meter ab. Entlang dieser Riffstufe schwimmen tausende von herrlich bunten Fischen. Ab und zu zieht ein grösserer (= mehr als ein Meter langer) Raubfisch seine Kreise dem Riff entlang und man kann die Verteidigungstaktik der möglichen Beutefische beobachten. Wir geniessen es, direkt vom Schiff aus tauchen und schnorcheln zu können.

Auch mit verletztem Finger, der bis jetzt gut am Heilen ist, gibt es die geeignete Schnorcheltechnik

Ab 28. Mai haben wir einen Liegeplatz in der Harbour Village Marina gebucht, wo wir das Schiff für die Zeit, in der wir unserer Heimat einen Besuch abstatten, festmachen können. Bevor wir das machen, wollen wir Angi aber noch die Gelegenheit geben, unsere Lupina in Aktion zu erleben.

Köbi holt Angi und ihren Surf-Kollegen Ralf, der auch mal gerne auf einem Segelschiff mitfahren möchte, am Morgen mit dem Dinghi von einem nahe gelegenen Steg ab und bringt die neuen Matrosen an Bord
Mutter, Tochter und Skipper freuen sich mächtig über den Besuch auf der Lupina
Dann lösen wir die Lupina von der Boje los, setzen Ralf ans Steuer, und los geht es für ein paar Stunden um eine kleine, vorgelagerte Insel (mit dem sinnigen Namen «Klein Bonaire»)
Pia hat sichtlich Spass an der jungen Seemannschaft
Nach einem wunderschönen Segeltag heisst es «ab in den Stall» – oder wohl besser «ab in die Marina», wo wir unsere Lupina sicher an dem uns zugewiesenen Pier festmachen
Die letzten Tage vor unserer Abreise geniessen wir mit unseren Seglerbekanntschaften, und Pia stellt ihre Back- und Kochkünste unter Beweis. Hier geniessen wir gerade mit Annette und Michael von der SY Limelight eine göttliche Mousse au Chocolat und nehmen gleichzeitig Abschied von der sympathischen Crew. Sie ziehen nun bald weiter und sind wohl schon in Kolumbien, bis wir aus der Schweiz zurückkommen
Immer wieder werden wir nach Köbi’s Finger gefragt: die Wunde ist nun seit vier Tagen trocken und die Gefahr einer Infektion ist somit gebannt. Ab jetzt gilt es, die Narbe mit einer geeigneten Salbe geschmeidig zu halten, so dass möglichst viel der Fingerkuppe nachwachsen kann. Köbi bei seiner täglichen Prozedur …
… währenddem Pia bereits am Packen ist für die Heimatferien

Den ganzen Monat Juni werden wir in der Schweiz verbringen um Familien, Freunde und Bekannte zu besuchen. Ab 1. Juli geht es dann hier wieder weiter. Was uns dann erwartet, wissen wir schon recht genau:

Viel Zeit im wunderbar klaren Wasser verbringen (übrigens: wer hat die Schildkröte unten im Bild gesehen? 😉)
Und dann hat Angi noch vor, uns Surfen beizubringen. Hier zeigt sie uns, wie es geht! Uns ist jetzt schon etwas mulmig davor 😊😊

Grenada – «die Gewürzinsel»

Grenada ist die südlichste Insel der Kleinen Antillen. Sie wurde bei der 3. Entdeckungsfahrt 1498 von Columbus entdeckt und erhielt zuerst den Namen «Concepcion». Später gaben ihr dann Spanische Seeleute den heutigen Namen, weil ihre üppig grüne Landschaft und die hügelige Kontur sie stark an Granada in Andalusien (Spanien) erinnerte. Die Engländer beliessen den Namen, als sie die Insel 1609 zu ihren Kolonien hinzufügten. Danach gab es das klassische Szenario: die einheimische Bevölkerung ermordeten und kochten ein paar der Eindringlinge, den Rest warfen sie ins Meer zurück. Erst 1650 gelang es den listigen Franzosen, sich mit ein paar Gelagen und viel Alkohol bei den Einheimischen einzuschmeicheln. Als diese es merkten, war es schon zu spät und sie fanden sich von der Französischen Armee im Norden der Insel auf eine Klippe zurückgedrängt. Gemäss Geschichtsaufzeichnungen warfen sich damals viele Insulaner lieber stolz ins Meer, als sich den Franzosen zu ergeben.

Nachdem die einheimische Bevölkerung praktisch vernichtet war, stritten sich auch hier die Franzosen und Engländer über 100 Jahre lang um die Vorherrschaft. Erst im Vertrag von Versailles fiel Grenada 1783 definitiv an die Engländer. Dank der nährstoffreichen, fruchtbaren Vulkanerde und regelmässigen Regenschauern wuchs hier fast alles, was von den Sklaven damals für die Plantagenbesitzer anpflanzt wurde. Nachdem die Sklaverei abgeschafft war und sich die Grossgrundbesitzer aus dem Staub gemacht hatten, wurde das Land an die Einheimischen, meist ehemalige Sklaven, verteilt. In der Folge entwickelte sich eine rege, vielseitige Landwirtschaft mit diversen Früchten wie Bananen, Mango, Papaya und vielen Anderen, daneben Kokosnuss, Zuckerrohr, alle Arten von Gemüsen und Gewürzen, darunter die berühmte Muskatnuss. Anlehnend an die Letztere wird Grenada heute auch liebevoll «die Gewürzinsel» genannt. 1974 wurde Grenada ein eigenständiger Commonwealth Staat. Nach anfänglichen innenpolitischen Streitigkeiten, der Einmischung von Russland (via Kuba) und der USA und einer grossen Rezession, geht es seit Ende der 90er Jahre wieder steil bergauf, und Grenada zeigt sich heute als eine der fortschrittlichsten Inseln im ganzen Antillenbogen. Uns ist gerade dies im Vergleich zu den anderen Inseln aufgefallen. Zeigten sich andere Inseln auf unserem Weg doch eher ärmlich und spärlich entwickelt, überrascht uns Grenada mit ihrem Wohlstand, guter Versorgung und funktionierender Infrastruktur. Auf den meist ordentlich ausgebauten Strassen fahren viele, zum Teil auch modernere Autos, dementsprechend ist es auch laut und irgendwie hektisch. Nach vier Monaten «Ruhe» für uns sehr gewöhnungsbedürftig.

In den ersten Tagen ist Köbi mit seinem havarierten Finger Patient einer lokalen Arztpraxis. Im Bild das spartanisch aber durchaus zweckmässig ausgerüstete Besprechungszimmer, das gleichzeitig auch als OP Raum für kleinere Eingriffe dient

Köbi’s Finger hält uns nicht davon ab, diverse Ausflüge auf der Insel zu unternehmen. Nachdem wir die Ostseite schon ergiebig von Land und Meer aus besucht haben (siehe letzter Bericht), waren nun die Westseite, der Süden und das Zentrum der Insel unsere Ziele.

Diamond Schokolade Fabrik: Von der Prickly Bay fahren wir mit dem öffentlichen Bus via die Hauptstadt St George’s fast eine Stunde auf kurviger Strasse der Westküste entlang nach Norden und besuchen die Diamond Schokoladenfabrik bei Victoria im Nordosten von Grenada. Das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert war ursprünglich eine Rumdestillerie, die von Französischen Mönchen gebaut wurde. In den letzten Jahrzehnten diente es als Rösterei für Kakao-Bohnen, die dann exportiert wurden. Der Wunsch nach einer höheren lokalen Wertschöpfung, bei der nach der Röstung die Bohnen direkt selber zu Kakao verarbeitet werden, liess dann ein paar einheimische Unternehmer 2014 das alte Gebäude mit einer kleinen Schokoladenfabrik ergänzen
Die Diamond Schokolade Fabrik steht mitten in einer Kakao-Plantage. Kürzer geht der Produktionsweg nicht mehr! Rund 80 Personen arbeiten in der Plantage, der Rösterei und der kleinen Schokoladenfabrik. So sieht eine Kakao Frucht aus. Sie wächst direkt am Stamm oder den dicken Zweigen eines Baumes
Die Kunst ist es, den richtigen Reifegrad der Frucht zu erwischen. An der Farbe erkennt der Pflücker, welche Frucht genau richtig gereift ist, bevor sie gepflückt wird
Eine kleine Auswahl der von den Bauern selber produzierten Schokoladen. Wir haben sie probiert und können bestätigen: lecker!! In der Diamond Schokoladenfabrik wird diese abgestuft mi mit einem Kakaoanteil zwischen 50% bis 100% produziert. Für uns schmeckt die Mischung mit 60% Kakaoanteil am besten, vor allem die mit Muskatnuss gewürzte! 😊 Im Vergleich zur Schweizer Schokolade hat die Schokolade von Grenada einen leicht höheren Schmelzpunkt und behält ihre Form auch bei Temperaturen um die 30 Grad, was hier natürlich sehr wichtig ist
Auf der Wanderung zum Mt Airy. Schöner Pfad mitten durch den Wald. Die feuchten, rutschigen Blätter auf dem steilen Pfad und die überstehenden Armierungseisen bei den Holzstufen machen den sonst schönen Spaziergang etwas zur Herausforderung
Blick über die Prickly Bay. Die Lupina schaukelt mit vielen anderen Schiffen friedlich in den Wellen
Nachmittägliche Kochlektion im Dodgy Dock, True Blue Bay. Wir haben das Treiben amüsiert aus sicherer Distanz von der Bar aus verfolgt. Wenn das Sprichwort «never trust a thinny cook» etwas Wahres hat, dann braucht sich diese Köchin im pinken Shirt keine Sorgen um das Vertrauen ihrer Kunden zu machen
Wandern in den Tropen gibt Durst – sogar bei Pia. Leider hat diese Mikrobrauerei vor Ort in der True Blue Bay Marina geschlossen
In der morgendlichen Funkrunde über Kanal 66, wo sich Segler wie wir über das lokale Geschehen des Tages informieren können, bietet unter anderem «Fast Manicu» seine Dienstleistungen an. Er füllt Gasflaschen auf und liefert gegen Bestellung Lebensmittel. Wir testen ihn mit unserer leeren Gasflasche – das klappt perfekt und günstig. Also trauen wir ihm auch eine wichtigere Bestellung zu: Biernachschub! Auch das klappt tadellos, wie man sieht. Das letzte eingekaufte Bier von Gran Canaria ist soeben zu Ende gegangen 😊😊
Nur eine kurze Fussmarschdistanz von der Prickly Bay Marina entfernt liegt die West Indies Brewery, ein Pub mit einer eigenen Brauerei (vielen Dank an die Invia Crew für diesen Tipp 😊). Mit Annette und Michael von der Segelyacht Limelight probieren wir uns durch die rund 12 verschiedenen Biere und lernen dabei ein interessantes Seglerpaar kennen, das auch in Richtung ABC Inseln (Aruba, Curacao, Bonaire) unterwegs ist
Morne Rouge Beach, Grenada: an der Südwestküste von Grenada reiht sich eine wunderbare Badebucht an die andere
Spice Island Beach Resort: aus der Fototafel erfahren wir, dass das Englische Königshaus hier regelmässig Gast ist, letztmals im 23. März 2019 (2. Bild oben rechts), also genau drei Tage, nachdem Prince Charles in St. Vincent den «Soufriere Tree» gepflanzt hat (der geneigte Leser unserer Home Page erinnert sich sicher an das Bild 😉). Wir sind froh, dass wir keine Berühmtheiten sind und unbehelligt von Paparazzi mit farbenfrohem Hemd und Flip-Flops an den Füssen durch das Resort-Areal (das wirklich sehr schön ist) schlendern können
Bevor wir uns an die Südwestseite von Grenada verlegen geniessen wir den letzten Abend in der Prickly Bay Marina bei BBQ …
… und Steel Drum Band
In der Prickly Bay hatten wir einen idealen Liegeplatz, gut geschützt und perfekter Ankergrund. Aber das Wasser hier ist immer trüb und reich an Mikroorganismen. Nach kurzer Zeit war unsere Kette dick mit Algen bewachsen und unser Dinghi, das bisher sauber war, unten belegt mit einer hartnäckigen Algen- und Muschelschicht. Dank Pia’s intensivem Putzeinsatz unter gleissender Sonne wird unser Beiboot aber fast wieder wie neu 😊
Zum Abschluss unseres Grenada Besuches ankern wir noch für drei Tage vor St George’s im Südwesten der Insel. Von hier aus starten die meisten Buslinien, die den Rest der Insel mit der Hauptstadt verbinden. Idealer Ausgangspunkt für eine Inseltour. Wir haben uns eine besonders abenteuerliche Wanderung ausgesucht. Sie beginnt beim Grand Etang, einem Vulkankratersee im Zentralen Gebirge
Der Wanderweg folgt dem Kraterrand, meist genau auf dem Scheitelpunkt: auf beiden Seiten geht es steil runter. Im Hintergrund der Kratersee Grand Etang. Wir kommen recht ins Schwitzen bei 30° Celsius und 75% Luftfeuchtigkeit. Zum Glück weht hier oben auf den Bergen immer ein kräftiger Passatwind, der die Hitze für uns gut erträglich macht
Weiter geht der Wanderweg zum 722 Meter hohen Mount Qua Qua. Man beachte, dass wir für diese Wanderung wieder die Wanderschuhe ausgepackt haben. Von anderen Seglern hatten wir erfahren, dass der Weg nichts für Flip-Flop ist! 😊
Danach folgt ein steiler Abstieg im dichten Urwald, entlang einem Bergbach, der immer mehr Wasser führt, je weiter wir nach unten steigen
Ab und zu müssen wir durch das Flussbett durch. Wir sind froh, führt es nicht mehr Wasser. Hätte es heute Morgen stark geregnet, wäre das Durchkommen unmöglich
Das Ziel der Wanderung: der Concorde Wasserfall. Bei unserem Besuch ist der Park um den Wasserfall total menschenleer. Die Kreuzfahrtschiffe sind nun, bevor die Hurrikan Saison beginnt, aus der Karibik Richtung Europa und Asien verschwunden. Ausser ein paar Seglern hat es nur noch wenige Touristen. Die freundliche Parkwächterin ist daher auch erfreut, dass sie Besucher bekommt. Als sie erfährt, dass wir die rund dreistündige Wanderung vom Grand Etang her über den steilen Kraterrand hinunter zu ihr bewältigt haben, erlässt sie uns kurzerhand den fälligen Eintrittspreis. Zur «Kompensation» kaufen wir aber ein paar Gewürzmischungen von ihrem Besucherladen ab. Ein sehr sympathisches und fröhliches Lachen strahlt uns an
Auf Schritt und Tritt wird man in Grenada von einem feinen Duft verfolgt, den Pia rasch als Muskatnuss identifiziert. Muskat wächst wie Kastanien oder Nüsse auf Bäumen, die ähnliche Blätter haben wie ein Birnenbaum oder Zitrusbäume. Im Bild die Frucht, wie sie am Muskat-Baum wächst
Wenn man diese gelbliche Schale öffnet, kommt eine rötliche Frucht zum Vorschein
Diese Frucht wiederum lässt sich schälen, und zurück bleibt die Muskatnuss mit Schale
Diese Nuss wird nun geröstet, so dass die letzte Schale aufbricht und die bei allen Köchen gut bekannte Muskatnuss frei gibt. Gut verständlich, dass entlang von Strassen, wo Autoreifen die Nuss auf der Strasse zermalmen, dieser ganz charakteristische feine Duft überall in der Luft hängt

Im Karibikraum beginnt nun bald die Hurrikan Zeit, die bis Anfang November dauert. Einige Segler nehmen ihr Boot aus dem Wasser und lassen es an Land fest mit dem Boden verankern. Die meisten weichen aber aus der kritischen Zone aus in Gebiete mit wenig oder null Risiko. Dies ist grob gesagt entweder nördlich von Florida oder südlich von Grenada, also die Südamerikanische Nordküste. Wir haben entschieden, die Hurrikan Zeit auf den ABC Inseln zu verbringen (A: Aruba / B: Bonaire / C: Curaçao)

Mit den 15 besuchten Inseln der südlichen Kleinen Antillen (gelb markiert auf der Karte) haben wir erst einen kleinen Teil der Karibik gesehen. Nun fahren wir heute Dienstag, 21.5.2019, von Grenada weiter nach Bonaire. In welche Richtung wir von den ABC Inseln nach der Hurrikan Zeit weitersegeln ist noch nicht ganz entschieden. Die Karibik ist so riesig und spannend, vielleicht machen wir noch einmal eine Runde über die Dominikanische Republik zurück in die nördlichen Antillen. Mal sehen 😊

Wir freuen uns riesig auf Bonaire, wo wir Angela, Pia’s Tochter, endlich wieder mal sehen. Auf dem Weg dorthin müssen wir aber zuerst einen kleinen Bogen um die nördlichen Inseln von Venezuela machen, da es dort momentan nicht sicher ist und es in letzter Zeit mehrere Übergriffe auf Segelschiffe gegeben hat. Daher umrunden wir die Inseln nördlich mit einem guten Sicherheitsabstand. Ab heute Nachmittag sind wir unterwegs und wer uns live verfolgen möchte, kann das über das Menü «Aktuelle Position» gerne tun.

Grenada – der grüne Flash

Mittlerweile sind wir ganz im Süden der Insel Grenada angekommen und liegen zurzeit in der Bucht von Prickly Bay, vor Anker. Ankern wäre hier super einfach, wenn nicht überall diese oft von Privaten platzierten Bojen wären. Wenn immer möglich wollen wir ankern, denn dann wissen wir, was wir haben. Bei den Bojen ist der Zustand von Seilen und Ketten oft fraglich und immer wieder liest man, dass sich eine Boje losgerissen hat, und die daran hängende Yacht irgendwo auf einem Riff gestrandet ist. Allerdings ist Ankern inmitten eines Bojen Feldes auch nicht gerade ratsam, denn an der Boje bewegt sich ein Schiff viel weniger als wir an der Kette. Deshalb haben wir auch hier einen freien Platz gerade ausserhalb des Bojen Feldes für unseren Anker gewählt und liegen nun halt rund einen halben Kilometer weg vom Steg, wo wir mit unserem Dinghi anlanden können. Ist aber weiter kein Problem, denn das Wasser in der Bucht ist relativ flach und die Wellen gering.

Aber nun der Reihe nach: als wir letztes Mal berichtet haben, lagen wir auf der Ostseite der Insel in Grenville vor Anker. Unser Plan war, da ein paar Tage zu bleiben und die Ostseite und den Norden von Grenada von dort aus zu erkunden. Wir mussten da aber feststellen, dass die Anlegemöglichkeiten für das Dinghi sehr schlecht waren. Wir wollten nichts riskieren mit Köbi’s Finger. Zudem war für die folgenden Tage eine starke Brise Richtung Land angesagt. Der Anker hielt zwar sehr gut und die Wellen wurden von den vorgelagerten Riffen weitgehend aufgehalten, trotzdem entschieden wir bereits nach einer Nacht, uns von Grenville ohne direkten Landgang zu verabschieden, um weiter südlich in einer der tief einlaufenden und nach Süden ausgerichteten Buchten Schutz vor Wind und Welle zu suchen. In der Bucht von St Davids Harbour, rund 10 Seemeilen südlich, fanden wir eine sehr schöne, idyllische Bucht, wo es uns gefiel und wir mit unserer Lupina ankerten.

Nachdem wir Carriacou verlassen haben, müssen wir nun den Verband an Köbi’s Finger alle zwei Tage selber wechseln, bis die Wunde verschlossen ist. Medizinisches Material haben wir ausreichend an Bord, und von Nelly (siehe Berichte aus den Kanaren), einer in solchen Dingen sehr erfahrenen Krankenschwester, erhalten wir dabei eine erstklassige Fernunterstützung. Vielen Dank Nelly!! Die von Nelly erhaltenen Anweisungen werden von Pia perfekt umgesetzt und die Heilung ist folglich auf gutem Weg 😊
St Davids Harbour ist eine tief ins Land reichende Bucht, die perfekt von den vorherrschenden Winden geschützt ist. Das Tal am Ende er Bucht ist von hohen Bergzügen umrandet und bietet daher im Falle eines Hurrikans guten Schutz. Grenada liegt zwar schon sehr südlich, ist aber immer noch in der Hurrikan Zone. Da die Wahrscheinlichkeit für dieses Naturereignis sehr gering ist, verbringen viele Yachten die Hurrikan Zeit (Juli bis November) auf Grenada. Zahlreiche Eigner lassen ihr Boot für diese Zeit einfach irgendwo gesichert an Land und reisen über den Sommer nach Hause. Hier in St Davids Harbour ist ein idealer Platz dafür. Über hundert Yachten sind bereits schon an Land und mit Gurten und Stahlseilen auf den Boden gesichert
Zufällig sehen wir eine Yacht aus der Schweiz, die «San Giulio» mit Antje und Beat, die wir ein paar Wochen vorher auf Union Island getroffen haben. Sie hatten uns damals erzählt, dass sie ihr Schiff für die Hurrikan-Zeit in Grenada aus dem Wasser nehmen wollen. Wenn wir es nun aber gesucht hätten, wir hätten es wohl nie gefunden
Statt mit unserem Dinghi besuchen wir Grenville nun mit dem öffentlichen Bus. Etwas ausserhalb vom St Davids Harbour führt die Hauptstrasse entlang der Ostküste und das Erwischen eines Buses ist kein Problem. Grenville selber vermag uns nur wenig zu fesseln und es gibt nicht wirklich viel Sehenswertes …
… ausser vielleicht diese Beschriftung, die auf eine Bar hinweist. Bei den vorherrschenden Temperaturen finden wir es genau richtig für uns und gönnen uns eine kleine Pause bei einem kühlen Bier
Danach geht’s weiter der Küste entlang. Wir sind beeindruckt und begeistert vom satten Grün der Bäume und Sträucher. Die letzten Inseln waren doch eher trocken und karg, aber Grenada ist mit seinen fast tausend Meter hohen Bergen in der Lage, die Feuchtigkeit aus den Passatwind Wolken zu kitzeln. Kurze, intensive aber warme Regenschauer sind in dieser Jahreszeit recht häufig
Wir wollen zu einem Wasserfall im Tropenwald (Mount Carmel Waterfall), der uns von Einheimischen empfohlenen wurde. Nachdem wir bald eine Stunde im feucht-heissen Klima auf einer schmalen Strasse bergwärts gekraxelt sind, wollen wir uns versichern, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Wir fragen einen älteren Mann am Wegrand. Seine Hand weist auf drei junge Burschen, die nicht weit vor uns von der Strasse in den Wald abbiegen. Mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht meint er, wir sollen einfach den Jungs folgen, diese gehen auch dorthin. Machen wir und erleben eine kurzweilige Wanderung zum Wasserfall. Immer wieder halten sie bei bestimmten Bäumen an, schütteln daran oder klettern hoch. Feine Früchte sind ihre Motivation, die sie uns fast etwas stolz zum Probieren reichen und uns zeigen, wie man sie am besten essen kann. Auf dem Bild sind nur noch die Flip-Flops des dritten Jungen zu sehen – dieser ist gerade in die Baumkrone gestiegen und wirft uns Früchte herunter
Am unteren der beiden Wasserfälle angelangt. Die Jungs, denen wir gefolgt sind, stürzen sich gleich ins kühlende Frisch. Ihre waghalsigen Sprünge vom steilen Ufer, oder die halsbrecherische Rutschfahrt über die glitschigen Felsen erinnert uns an die Jungs vom Turnverein zu Hause (allez les bleus!!). Köbi hätte gerne mitgetan – wenn da nicht sein Finger gewesen wäre! 😉
Am oberen, wohl etwas spektakuläreren der beiden Mt Carmel Wasserfälle. Man findet sie nicht in den Touristenführern und die Wege sind nicht markiert. Umso mehr überrascht es uns, dass wir hier Badehäuschen und viele Einheimische antreffen (wir sind die einzigen Touristen)
Mit dem Bus fahren wir weiter nordwärts zur River Antoine Rum Destillerie. Beim Eingang steht dieser arme Traktor und wartet auf einen Mechaniker, der weiss, wie er wieder zusammen gebaut wird. Da hätte Ruedi Plattner, der beste Landmaschinen Mech, den wir kennen, seine helle Freude daran 😊😊
Die River Antoine Rum Destillerie wurde 1785 gebaut. Seitdem wird hier Rum mit den gleichen Mitteln und nach dem gleichen Verfahren hergestellt. Hier sehen wir den Anfang des Prozesses, wo die soeben angelieferten Zuckerrohrstangen über ein Förderband aus Ketten und Holzbrettern in die Presse geschoben werden
In dieser Presse aus massivem Eisenguss, die in London hergestellt und per Schiff nach Grenada gebracht wurde, wird der Saft aus dem Zuckerrohr gepresst. Auf der linken Seite werden dann die ausgepressten Pflanzenreste aus der Maschine geschoben
Angetrieben wird das Ganze von einem grossen, eisernen Wasserrad, das wie die Presse ebenfalls aus England stammt. Die Kraft wird über Zahnräder, Wellen und Riemen an Presse und Förderband übertragen
Die ausgepressten Pflanzenreste werden mit diesem Schubkarren, der auf Schienen läuft, ins Freie gefahren, wo sie zwischen gelagert werden …
… um dann nach einigen Tagen Trocknung an der Sonne in diesem Ofen zu verschwinden
Der Ofen befeuert das «Pfannenhaus». Der ausgepresste Zuckerrohrsaft wird über Rohre in die erste von mehreren hintereinander liegenden Pfannen geleitet. Vom darunter liegenden Ofen werden diese unterschiedlich warm aufgeheizt und der Zuckerrohrsaft beginnt zu fermentieren. Die erste Pfanne ist am kühlsten, die letzte am wärmsten. Der Reihe nach wird der immer wärmer werdende Saft mittels einer grossen Holzkelle (von Hand) von einer Pfanne in die nächste geschöpft, bis die Fermentierung am Schluss den richtigen Grad erreicht hat
Nach der einige wenige Wochen dauernden Gärung (in grossen, offenen Becken) wird die Flüssigkeit gebrannt und destilliert. Auch diese gesamte Einrichtung stammt aus England und ist noch genau so, wie es ursprünglich aufgebaut wurde. Einzug der Steinofenbereich musste schon ein paarmal neu gemauert werden, und macht auch jetzt nicht mehr den besten Eindruck. Das Ergebnis des ganzen Prozesses: rund 600 Flaschen 75%igen Rum pro Tag. Exportiert wird nichts, alles bleibt auf der Insel und wird hier konsumiert. Wir kaufen zwei Flaschen für die Bordapotheke 😉
Unsere nächste Station nach der St Davids Bay ist die Le Phare Bleu Bay (Phare Bleu heisst: blauer Leuchtturm). Wir sind bereits vor Anker, als wir nochmals genau nachlesen, was es an Land so alles hier gibt. Pia stutzt etwas, als sie liest, dass die Namen der Hotelgründer «Jana und Dieter» sind. Sie setzt sich hinter den PC und beginnt zu suchen – und tatsächlich, sie hat recht! Per Zufall sind wir da gelandet, wo Jana Caniga (die bekannte 10 vor 10 TV Sprecherin) zusammen mit ihrem Mann 2006 ein Projekt gestartet und ihren Lebenstraum erfüllt haben
Le Phare Bleu: Fast ein wenig wie das Wahrzeichen der Anlage: ein altes Leuchtfeuerschiff aus der Nordsee, das hier nun in karibischem Wasser seinen Lebensabend fristen darf und mit seinem blauen Leuchtturm schon von weiter her den Weg weist
Jana und ihr Mann Dieter haben hier in der Le Phare Bleu Bay eine wunderbare Anlage erstellt mit Bungalow-Resort und Marina. Sie haben sogar ihr eigenes Segelboot am Steg, mit dem sie jahrelang ihren Gästen einen kleinen Segeltörn angeboten haben. Vor rund zwei Jahren haben die beiden sich aus dem Geschäft zurückgezogen, die ganze Anlage verpachtet, und geniessen nun ihren Lebensabend zurückgezogen in den Bergen von Grenada
Spaziergang vom Le Phare Bleu aus, kurz leicht den Berg hoch und dahinter folgt bereits der nächste Strand mit einsamer Bucht. Fjordartig reiht sich eine Bucht an die andere
In der Le Phare Bleu Marina sehen wir ein Schiff, das eine ältere Hallberg-Rassy (Marke unserer Lupina) ist. Das Schiff läuft unter Deutscher Flagge und macht einen guten und gepflegten Eindruck. Wir gehen kurz vorbei um Hallo zu sagen und zum Fachsimpeln. Auf Englisch (man weiss ja nie) fragen wir den im Cockpit sitzenden Mann. Dieser gibt zu unserem Erstaunen in Schweizerdeutsch Antwort. Er meint grinsend, er kenne uns. Wir sind perplex. Im folgenden interessanten Gespräch erzählt uns Hanspeter (so sein Name), dass er von Hornussen ist, ein Dorf nur 10 km von unserem Heimatdorf entfernt, und von uns gehört habe. Er segelt schon lange in den Karibischen Gewässern. Die «Wombat» sei mal sein Schiff gewesen. Er habe es aber verkauft, als es nach einer Reparatur durch einen Mechanikerfehler im Hafen versunken sei. Das Schiff hat dann aus verschiedenen Gründen mehrmals den Besitzer gewechselt und gehört nun einem Norddeutschen Eigner. Hanspeter hat in all den Jahren den Kontakt zum Schiff nie verloren. Hier sehen wir ihn beim Auslaufen aus der Marina. Zusammen mit zwei anderen Personen überführt er das Schiff für den Eigner via St. Maarten, Azoren in die Gegend von Kiel, wo es künftig segeln wird. Es hat uns sehr gefreut, ihn getroffen zu haben. Wir wünschen Gute Fahrt zurück über den Atlantik
Von der nächsten Bucht, der Mt Hartman Bay, machen wir eine Wanderung zur Hog Island. Auf dieser von Mangrovenwald bedeckten Insel war mal ein Hotelprojekt geplant. Die Brücke wurde bereits gebaut, dann aber das Projekt gestoppt. Gut so, finden wir, denn die Insel ist ein wunderschönes Naturreservat. Links und rechts der Brücke hat es gut geschützte Ankerbuchten zur Abwetterung bei Sturm

Über die Mount Hartman Bay, wo wir die zwei letzten Nächte vor Anker lagen, haben wir nun heute eine der berühmteren Buchten in der Karibik, die Prickly Bay, angesteuert. Hier liegen wir nun zwischen vielen anderen Schiffen vor Anker, in sicherem Abstand zu den Bojen Feldern. Morgen wollen wir dann von hier aus weitere Teile der Insel erkunden, bevor wir dann an die Westküste verlagern.

Carriacou zum Zweiten – die ungeplante Verlängerung

Eigentlich hatten wir geplant, nach Ostern Carriacou in Richtung Grenada zu verlassen. Der Zwischenfall mit dem Finger von Köbi zwingt uns nun eine kleine «Zwangspause» auf. Die Wunde muss anfänglich täglich, dann alle zwei Tage neu verbunden werden. Wir könnten das selber machen, haben alles notwendige Material dazu an Bord. Aber da es hier Kliniken und Gesundheitszentren gibt, die für solche Fälle da sind, nutzen wir lieber die lokale Infrastruktur. Noch eine kurzer Nachtrag zu den Kosten: die Notbehandlung der Wunde im Spital mit Reinigung, Desinfektion und Nähen kosteten 150 EC$ (rund 50.- CHF). Damit inbegriffen sind auch die Nachfolgebehandlungen, wie Verbandwechsel und Fäden ziehen. Allerdings wird dabei erwartet, dass der Patient das benötigte Verbandsmaterial selber in der Apotheke besorgt und mitbringt. Da über die Osterfeiertage die Apotheken geschlossen haben, greift man kurzerhand auf die im Gesundheitszentrum vorhandene Notreserve zurück: angebrochenes Material von anderen Patienten, die nicht mehr zum Verbandswechsel kommen.

Eine Woche nach Ostern findet in Carriacou ein weitherum bekanntes Kulturfestival statt: The Carriacou Maroon and String Band Music Festival. Ein kunterbuntes Programm, das einerseits so etwas wie ein Erntedankfest ist und seinen Ursprung in Afrika hat (Maroon), und andererseits gespickt ist mit Musikaufführungen aller Art
Ein wichtiger Teil des Maroon Festes ist das Teilen der Ernte in Form eines an alle Besucher gratis abgegebenen Essens, wie es die Bauern kennen. Wenn man an diesem Tag über die Insel fährt, sieht man überall Leute, die emsig das Essen vorbereiten (alles an offenen Feuerstellen draussen vor den Häusern). Auf dem Bild werden aus Maispolenta runde Kugeln gefertigt
Ab 4 Uhr am Nachmittag geht es los und dauert weit in den Abend hinein. Früher gab es Feuerstellen mit grossen Eisentöpfen drauf, aus denen die feinen Speisen geschöpft wurden. Heute ist es etwas zeitgemässer eine gut eingerichtete Fassstrasse mit grossen Aluschalen und Warmhalter, welche die hungrigen Mäuler gratis versorgt
Fassstrasse für das Maroon Essen, das aus Maispolenta, Reis, Gemüse, Fleisch (Poulet / Schwein / Beef) und Fisch besteht
Ausländische Besucher warten rücksichtsvoll, bis die Einheimischen ihre erste Ration abgeholt haben. Wir haben versucht, etwas für die feine Speise zu bezahlen, aber die Einheimischen waren fast etwas beleidigt über unsere Nachfrage nach einem Spendentopf. So haben wir es bleiben lassen und die feine Kost einfach so genossen.
Bei Einbruch der Nacht ein Fackelzug, der das nach Hause Kommen der Arbeiter vom Feld symbolisiert
Auf einer eigens dafür aufgerichteten Bühne folgt dann ein kunterbuntes Unterhaltungsprogramm, das die lokale Kultur von Carriacou widerspiegelt
Am Samstag das String Band Musik Festival in der dafür gesperrten Hauptstrasse in Hillsborough. Mit zum Teil selbst gefertigten Musikinstrumenten geht’s laut aber durchaus rhythmisch zur Sache. Diverse Bands buhlen um die Gunst des Publikums
Auf jeder Strassenseite stellt sich eine «Kuchenfrau» auf. Dazu gesellen sich dann die Musiker und ein Mann mit einer Fahne. Sie machen sich bereit für den «Fahnenkampf» und den «Kuchentanz»
Spannend, was da abläuft. Es mahnt uns etwas an das Eierlesen von Wölflinswil (unsere Heimat). Ein Zaungast will besonders genau wissen, was da abläuft
Der Kampf der Fahnen. Dabei geht es für die beiden Kämpfer darum, die Fahne möglichst geschickt und kunstvoll zu schwingen. Derjenige Kämpfer, der es als Erster schafft, den Blumenstrauss an der Spitze der Gegnerfahne auf den Boden zu bringen, gewinnt. Am Schluss sind Beide Sieger und fallen sich unter lautem Applaus des Publikums um die Arme
Und dann der Höhepunkt: der Kuchentanz. Jede Partei hat einen Kuchen. Dieser wird zuerst von einer der Frauen aus den eigenen Reihen, und dann von weiblichen Fans aus dem Publikum kunstvoll und geschickt mit den Händen in die Luft gehoben. Die Frauen schwingen dabei möglichst attraktiv und erotisch ihre Hüften zum Rhythmus der Musik. Es kann schon mal vorkommen, dass die eine Tänzerin die andere Frau mit ihrem Hinterteil aus dem Takt zu schupsen versucht. Der johlende Applaus des Publikums ist der Lohn
Fütterung der Raubtiere. Singen, Tanzen und Applaudieren geben Hunger
Auf der Fahrt im öffentlichen Bus zurück zum Schiff in der Tyrell Bay. Vor uns sitzt eine einheimische Frau. Ihre füllige Masse bedeckt gleich drei Sitzplätze!! Oberarme dicker als Köbi’s Oberschenkel (die nun auch nicht gerade dünn sind). Während der Fahrt ruft sie dem Fahrer irgendetwas zu. Dieser nickt. Kurz darauf stoppt er bei einer Ladenbude an der Strasse, schickt seinen Busbegleiter (der die Türe öffnet und Geld einzieht) hinein. Kurz darauf kommt er mit einer Kartonschachtel zurück und reicht diese der fülligen Frau. Diese greift hinein und verteil an alle Passagiere, auch uns (aber ohne sich umzudrehen, das schafft sie nämlich nicht) eine kleine, kalte Plastiktüte: hausgemachtes Eis. Wir schauen uns etwas verdutzt an, beobachten, was die anderen machen und tun es ihnen dann gleich: Tüte an einer Ecke aufbeissen und dann das Eis langsam heraussaugen. Ein köstliches Vanilleeis, das uns vorzüglich schmeckt. Beim Aussteigen bedanken wir uns bei der unbekannten Frau, die sich dafür mit einem herzigen Lächeln revanchiert und noch wissen will, wie Pia heisst. Eine schöne Begegnung!
Am Sonntag meldet sich über WhatsApp die SY Invia an. Diese hat mit ihrer Crew Dorothee und Stefan gerade Grenada in Richtung Carriacou verlassen. Sie fragen uns, ob wir immer noch in der Tyrell Bay sind. Spontan kommen sie vorbei. Gegen drei Uhr mittags rauscht der 51 Fuss grosse, schnittige Katamaran in die Bay und legt Anker. Wir hatten die Invia erstmals auf den Kanarischen Inseln (La Palma) getroffen, und stehen seitdem in regelmässigem Kontakt. Nach fünf Monaten treffen wir uns nun erstmals wieder. Bei einem Ankertrunk auf der Invia und dann beim Nachtessen an Land haben wir uns viel zu erzählen. Danke Dorothee und Stefan für euren spontanen Besuch in der Tyrell Bay!
Am Montag, 29. April, sind nun die Fäden gezogen worden und uns zieht es wieder weiter. Pia auf dem Weg zum Dinghi, das an einem fast leeren Pier in der Tyrell Bay Marina auf uns wartet und zur Lupina bringt

Noch am gleichen Tag lichten wir den Anker und setzen Segel Richtung Grenada. Rund zwei Stunden später erreichen wir nach elf Seemeilen eine kleine Insel, Ronde Island, kurz vor Grenada. Die Insel ist unbewohnt und die grosse, weite Ankerbucht bietet guten Schutz gegen Wind und Welle. Spontan beschliessen wir, hier die Nacht zu verbringen. Es ist wunderschön, eine rabenschwarze Nacht, ohne jegliche Lichtverschmutzung. Die Sterne funkeln um die Wette. Am nächsten Morgen nimmt Pia ein ausgedehntes Bad im glasklaren Wasser. Köbi kann sich an der Heckleiter festhaltend auch etwas vom erfrischenden Nass geniessen – sein Finger darf vorläufig noch nicht ins Salzwasser!

Wir sind nach dem langen Aufenthalt in Carriacou voller Tatendrang und beschliessen, Grenada auf der windigen Ostseite zu umrunden. Heftig geschüttelt und gerüttelt (die Wellen auf der Luvseite der Insel sind kurz und gut und gerne 3-4 Meter hoch) laufen wir als unser erstes Ziel Grenville an, die zweitgrösste Stadt der Insel. Die Einfahrt in die von Korallenbänken gut geschützte Bay ist sehr gefährlich und man muss sich genau an die Navigationshilfen halten, will man nicht auf einer der spitzen Korallen hängen bleiben und das Boot aufreissen. Trotz GPS, das die Sache heute doch wesentlich erleichtert und einfacher macht, eine spannende Herausforderung. Als wir fast durch sind kommt uns ein Fischer entgegen und will uns den Weg durch das Riff zeigen. Wir sind aber schon beim letzten Kurswechsel angelangt und bedanken uns für sein Hilfeangebot. Nun liegen wir hier auf der Luvseite der Insel bei rund 15-20 Knoten Wind aber flachem Wasser vor Anker. Grenville wäre ein guter Ausgangspunkt, um die Ostseite von Grenada zu erkunden. Aber morgen ist der 1. Mai und da fahren keine Busse. Mal schauen – wenn wir hier gut liegen, bleiben wir ein paar Tage, sonst fahren wir weiter zur Südküste mit ihren unzähligen gut geschützten Buchten.