Die Yasawa Inseln – Abschied von Fiji

Am Montag, 2. Oktober 2023, haben wir Nelly zum Flughafen von Nadi begleitet und sie verabschiedet. Jetzt ist die Pause für den Schreiberling zu Ende und ich muss wieder in die Tasten greifen. Ich beginne mit etwas, was wir bisher unterlassen haben, nämlich etwas Information über den faszinierenden Archipel von Fiji.

Der Archipel von Fiji und die Segelroute der SY Lupina

Fiji (auf Deutsch oft auch Fidschi geschrieben) ist ein Archipel von über 300 Inseln – angefangen von kleinen Korallen-Atollen bis hin zu grossen vulkanischen Inseln. Nur etwa 100 dieser Inseln sind bewohnt, während der Rest für Fischer als Stützpunkt dient oder für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wird. Die beiden Hauptinseln heissen Viti Levu (meist einfach Fiji genannt) und Vanua Levu. Die internationale Datumsgrenze verläuft durch den östlichen Bereich von Vanua Levu und wer, wie wir in diesem Bereich herumsegelt, der hüpft immer wieder hin und her zwischen gestern und heute. Die Menschen hier pflegen den traditionellen Lebensstil mit Stolz und Ehre. Unbedachte Verhaltensweisen von Seglern haben in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen und Ärgernissen geführt, weshalb es heute sehr strikte Auflagen und eine strenge Kontrolle bei der Vergabe von Cruising-Genehmigungen gibt.

Kava Wurzeln, wie man sie am Markt kaufen kann. Von einem Segler wird erwartet, dass er dem Oberhaupt (Chief) eines Dorfes einen Höflichkeitsbesuch abstattet und ein symbolisches Geschenk (das sogenannte Sevusevu, meist ein Bündel Kava Wurzeln) übergibt. Dieses Geschenk – wenn es vom Chief akzeptiert wird – öffnet einem Tür und Tor im Dorf. Man wird als Dorfbewohner angesehen.

Fidji wurde rund 5’000 v. Chr. zuerst von den aus Südostasien kommenden Melanesiern besiedelt, und um 1’500 v. Chr. kamen Polynesier aus dem Osten dazu. Lange war es für die Europäischen Entdecker wegen der unberechenbaren, gefährlichen Riffe ein gemiedenes Gebiet. Erst im frühen 19. Jahrhundert begannen nebst Missionaren und Spekulanten Europäische Händler auf ihrer Suche nach Sandelholz die Inseln zu besiedeln. Um dem Missbrauch durch Fremde (diese hetzten die sonst friedlichen Einwohner gegeneinander auf) Einhalt zu gebieten, entschieden sich die Chiefs der Inseln schliesslich dazu, sich unter den Schutz Grossbritanniens zu stellen. 1874 wurde Fiji britische Kronkolonie. Aufgrund mangelnder Arbeitskräfte holten die Briten in den folgenden Jahrzehnten indische Arbeiter nach Fiji, die auf den Zuckerrohrplantagen wertvolle Dienste leisteten.

Der stark zunehmende Anteil der indischen Bevölkerung und deren Fähigkeit, den Einheimischen im Geschäfte Treiben und Handel rasch den Rang abzulaufen, führte bald zu Rassenkonflikten, die leider bis heute nicht beigelegt sind. Zwar ist Fiji seit 1970 ein staatlich eigenständiges Land innerhalb des Commonwealth, aber immer wieder kommt es zu innenpolitischen Unruhen. Das Land leidet bis heute am Unvermögen, zwischen den beiden Ethnischen Gruppen einen Kompromiss zu finden, so dass sie in Harmonie miteinander leben könnten.
Nachdem Nelly wieder abgereist ist, bleiben wir noch ein paar Tage in der Vuda Marina, um uns für die nächsten Wochen mit Proviant zu versorgen. Wir wollen noch ein paar Wochen die Yasawa Inseln im Nordwesten von Fiji besegeln, danach wieder zum Ausklarieren in die Vuda Marina zurückkommen und dann ein gutes Wetterfenster für die Fahrt nach Neuseeland abwarten.
Die Vuda Marina gilt als Zyklon sicher und wird von den namhaften Versicherungen als Zufluchtsort akzeptiert. Die Schiffe werden dabei mit dem Kiel in eine Grube gestellt und der Rumpf auf alte Pneus gelagert. Für Kielyachten eine sichere Lagerung. Katamarane liegen da meist etwas exponierter, aber auch diese werden mit Ketten und Geschirr fest auf den Boden verzurrt.
Der Wind pfeift immer noch recht steif und unser Aufenthalt in der Marina wird ein paar Tage länger. Kein Problem! Wir nutzen die Zeit mit Vorbereitungen für die auf Ende Oktober geplante Fahrt nach Neuseeland. Pia kocht Essen vor …
… und ich bastle schon mal einen Adapter für das Stromnetz in Neuseeland
Zwei Tage später packt uns dann doch wieder die Sehnsucht nach einem Ankerplatz und wir segeln rund 20 Meilen westwärts zum südlichen Rand des Yasawa Archipels, zur Kuata Insel
Seit langem wieder einmal dürfen wir einen herrlichen Sonnenuntergang geniessen.
Bei immer noch starken Winden kämpfen wir uns langsam weiter nordwärts. Meist können wir auf der Leeseite der Inseln bei reduziertem Wellengang segeln, müssen aber auf die heimtückischen Fallwinde aufpassen (wir wollen nicht noch einmal ein Solarpanel versenken!). Immer finden wir gegen Abend aber eine schöne Bucht zum Ankern. Hier die Narewa Bay im Norden der Insel Naviti.
Am Abend gesellt sich ein Katamaran zu uns. Am nächsten Tag, wir sind noch gemütlich am Frühstücken, kommt dessen Crew im Dinghi in voller Wanderausrüstung auf uns zu gebraust. «Kommt ihr auch mit? Wir suchen ein abgestürztes Flugzeug aus dem 2. Weltkrieg!». Schnell ist der letzte Kaffee im Bauch und wir mit unseren Wanderschuhen (Flip-Flops) bestückt ebenfalls im Dinghi unterwegs ans Land. Captain Karl der 4-köpfigen amerikanischen Crew kennt den Weg, der sonst nicht so einfach zu finden wäre.
Die Wanderung führt uns quer über den Nordausläufer der Insel Naviti zu deren Ostufer. Irgendwo hier im seichten Wasser soll ein Flugzeugwrack aus dem 2. Weltkrieg liegen.
Wir haben Glück und finden nach längerem Suchen tatsächlich einige Teile – hier der Propeller, der zur Hälfte im Sand steckt. Am 30. Mai 1943 musste ein US Air Force Pilot nach Motoraussetzern im seichten Wasser notlanden. Als die Einheimischen ihn fanden, soll er sich aus Angst vor den Kannibalen zuerst im Cockpit eingeschlossen haben. Dem Chief der lokalen Bevölkerung gelang es schliesslich, den unverletzten Mann zum Aussteigen zu bewegen. Er wurde nicht in den Topf geworfen, fand aber erst einige Jahre später als verschollen Geglaubter zurück in seine Heimat.
Wir segeln weiter nordwärts zur Yasawa Insel, die der ganzen Inselgruppe den Namen gibt. Obwohl es hier meist trockener ist als im Süden, sind die Hänge nach der längeren Regenperiode leuchtend grün.
Was vom Ankerplatz aus noch als weicher Grasteppich ausgesehen hat, entpuppt sich als strohartig verdorrtes Gras, das an unseren nackten Wanderbeinen kratzt und schneidet.
Die Aussicht von oben runter auf die Lupina ist aber herrlich
Lupina alleine vor Anker in der Vunindamanu Bucht auf Yasawa Island
Abkühlung nach der Bergwanderung

Nach 2 Tagen im Norden drehen wir um und segeln wieder gegen Süden. Schon bei der Vorbeifahrt haben wir eine schöne Bucht mit einem Dorf gesehen. Malakati auf der Insel Nacula. Kaum haben wir in der breiten, flachen Bucht den Anker eingefahren, werden wir vom Schiff Sybo angefunkt. Sybille und Bo (deshalb der Schiffname) verfolgen uns schon länger im Blog und haben uns erstmals in Suva getroffen. Sie haben uns im Schiffstracking System (AIS) gesehen und teilen uns mit, dass sie auch in die Bucht von Malakati kommen. Wir freuen uns riesig, das sympathische deutsch-dänische Seglerpaar wieder zu sehen.

Malakati. Zusammen mit Sybille und Bo machen wir uns auf zum Chief zur Sevusevu Übergabe. Natürlich formell richtig gekleidet mit dem Sulu, dem traditionellen Beinkleid der Männer. Das Dorf scheint fast menschenleer.
Bald erfahren wir den Grund: vor 100 Tagen ist im Dorf ein kleines Kind verstorben. Zu seinem Andenken und um es nun endgültig auf seine Reise zu schicken, versammelt sich die Dorfbevölkerung mit dem Chief zu einem gemeinsamen Kava Trinken. Wir sind etwas verunsichert, wie wir uns verhalten sollen. Ganz unkompliziert winken uns die Leute herbei, zeigen uns, wer der Speaker ist, an den wir unser Sevusevu übergeben können, und bedeuten uns, sich zu ihnen zu setzen. Auch unser vorsichtiges Zeigen der Kamera quittieren sie mit einem zustimmenden Lächeln. Nach fast einer Stunde im Schneidersitz (die Beine sind mir schon längst eingeschlafen) und ein paar Schüsseln Kava im Bauch, flüstert eine Frau wohlwollend hinter uns, dass wir uns das doch nicht länger antun sollen. Wir dürfen ruhig aufstehen, dem Chief persönlich die Hand geben, und dann das Dorf besichtigen, meint sie. Genau das machen wir!
Auch in Malakati kraxeln wir wieder auf den Vulkan-Kamm. Der Aufstieg ist anfänglich recht steil …
… und das verdorrte Gras besonders hart und dicht …
… aber die Aussicht von oben auf das Dorf, die Bucht und unsere 2 Schiffe ist halt schon der Hammer!
Zurück auf der Lupina laden wir Sybille und Bo zu einer kleinen Schiffsbesichtigung ein, wie es unter Seglern üblich ist. Es wartet eine unangenehme Überraschung: beim Besichtigen des Motors erkenne ich, dass der an der Decke montierte Boiler schief hängt! Eine der Aufhängungen hat sich gelöst. Alleine das zu reparieren – unmöglich! Es fehlen mir die Hände dazu. Spontan stürzt sich Bo in die Helferrolle und assistiert mir bei der Reparatur. Ich versuche hier gerade, den Boiler mit einem Seil durch eine Luke vom Cockpit aus zu sichern.
Was mir trotz Bauch Einziehen und Verbiegung meiner Extremitäten nicht gelingt, das schafft Bo fast locker: durch die enge Lucke im Cockpit steigt er hinter den Boiler und kann ihn derart in Position bringen, dass wir die Halterungen wieder fixieren können. Mit Kontermuttern, Loctite und später noch mit Stopp-Muttern lösen wir das Problem nachhaltig. Danach gibt’s das verdiente Arbeiterbier.
Bevor wir am nächsten Tag weitersegeln, fahren wir nochmals ins Dorf. Die Leute hatten uns am Vortag nach Angelausrüstung und alten Seilen gefragt. Auf der Sybo gab’s noch diesen neuen Schwimmring, den Bo vor leuchtenden Kinderaugen aufbläst und einer Familie übergibt. Ein schöner Moment!
Auch hier gibt es zum Abschied Früchte so viel wir tragen können
Am Freitag dem 13. geht’s dann weiter zur Blauen Lagune. Ein herrliches Segeln – und alles geht gut, trotz dem 13.
In alten Segelbüchern haben wir viel von der Blauen Lagune gelesen. Es soll ein herrliches Tauch- und Schnorchelgebiet sein. Das finden wir zwar auch in einigen Bereichen, aber …
… viele Korallenbänke sind tot, abgestorben, grau und farblos. Da die Nahrung fehlt, bleiben auch die vielen bunten Fische weg. Sehr enttäuschend und ernüchternd! Wenn sich das Meerwasser weiter in diesem Tempo aufheizt, können sich die Organismen nicht schnell genug dieser Veränderung anpassen und sterben aus.
Direkt wo wir jeweils bei Landgängen mit dem Dinghi anlanden steht ein kleines Haus mit einer jungen Familie. Sami, das Familienoberhaupt, organisiert für uns Segler ein Essen, das im Erdofen zubereitet wird. Diese Art des Kochens ist in ganz Polynesien sehr verbreitet. Hier heisst es «Lobo». Alles, was gegart werden muss, wird auf heisse Steine geschichtet, mit Bananen- und Palmblättern und schliesslich mit Sand zugedeckt. Hier öffnet Sami gerade seinen «Kochtopf».
Die Speisen selber sind noch einmal gut in Pflanzenblätter eingewickelt, so dass der Saft drinnen bleibt. Das Ausbuddeln verlangt etwas Vorsicht – einerseits, weil es sehr heiss ist und andererseits, weil man verhindern muss, dass Sand ans Essen gelangt.
Und so sieht das leckere «Lobo» angerichtet aus: Fisch, Hühner- und Rindfleisch, Taro, Yam, Reis und viele Arten von Gemüsen. Alles zu 100% Bio, vielfältig und sehr schmackhaft. Sybille und Pia bedienen sich mehrmals am reichhaltigen Buffet, der Captain natürlich auch.
Nach dem Essen werden wir noch mit einem Kava-Trinken überrascht. Nicht ganz traditionell zwar, aber eine Fischerboje aus Plastik anstatt einer ehrwürdigen Kava-Schüssel aus Holz erfüllt den Zweck auch.
Das Trinkgefäss (Kokosnuss-Schale) macht mehrmals die Runde. Auch Pia scheint das Getränk zu geniessen. Am nächsten Tag meldet sich dann leider unser Verdauungstrakt, auch bei den anderen Seglern. Offenbar war das verwendete Wasser oder die Hygiene allgemein nicht ganz zufriedenstellend. Nun, nach 2 Tagen ist es dann auch schon wieder vorbei und unsere Bäuche wieder zufrieden.
Wir sind immer noch vor Anker in der Blauen Lagune. Auf der anderen Inselseite soll es eine bekannte Imbissbude geben. Das ist doch ein schöner Anreiz für einen ausgedehnten Spaziergang. Der gut unterhaltene Pfad führt uns über einen Hügelzug, der erst kürzlich zu Rodungszwecken abgebrannt worden ist.
Auf der anderen Seite der Insel befindet sich ein kleines Dorf. Wie auf den anderen Yasawa Inseln gibt es auch hier keine Strassen, keine Fahrzeuge, nur Fusspfade führen durchs Dorf. Die Wiesen sind wie immer kurz geschnitten und gut gepflegt. Unrat findet man keinen.
Und das ist die berühmte Lo! «Lo’s Tea House» ist ein Geheimtipp unter Seglern. Mit viel Freude und Leidenschaft bekocht sie ihre Gäste mit ausschliesslich heimischer Kost. Wir geniessen bei einer feinen Tasse Tee ihre vorzüglichen, mit Schokolade übergossenen Donuts.
Für den Rückweg suchen wir uns – mit Hilfe des GPS-Signals auf dem Handy – einen anderen Weg. Auch dieser ist kurzweilig und führt uns quer durch den Tropenwald zurück in die Blaue Lagune.
Unser letzter Abend in der Blauen Lagune

Am nächsten Tag heben wir frühmorgens den Anker und nehmen die rund 46 Seemeilen zurück in die Vuda Marina unter den Kiel. Der Wind ist uns gut gesinnt und auch die Sonne hilft uns, einen sicheren Weg durch die verschiedenen Riffe zu finden. Es ist der 18. Oktober, wir sind gut im Zeitplan für unsere nächste grosse Fahrt nach Neuseeland. Das Essen für unterwegs liegt bereits vorgekocht im Tiefkühler. Neuseeland ist sehr streng was die Einfuhr von Lebensmitteln anbelangt. Deshalb haben wir begonnen, unsere Vorräte aufzubrauchen. Wir wollen nichts an Bord haben, das uns beim Einklarieren Probleme machen könnte. Kopfschmerzen bereitet uns aber das Unterwasserschiff. Unser Antifouling ist schon alt und nicht mehr das Beste. Wir kriegen es kaum noch sauber. Auch in diesem Punkt ist Neuseeland sehr streng. In den Richtlinien wird verlangt, dass es absolut frei sein muss von Lebewesen und Bewuchs, so dass keine invasiven Arten eingeschleppt werden. Es wird empfohlen, das Schiff vor der Abreise nach Neuseeland auszuwassern und mit Hochdruckreiniger zu waschen.

Wir haben Glück und finden kurzfristig einen Termin für das Auswassern und Reinigen der Lupina.

Jetzt sind wir bereit für Neuseeland. Es fehlt nur noch das günstige Wetterfenster. Über Vanuatu zieht gerade der erste Zyklon auf, und bei Neuseeland dominieren starke Winde und hohe Wellen. Es vergeht ein Tag nach dem anderen. Obwohl wir intensiv die Wetterkarten konsultieren – es wird nicht besser. Im Gegenteil! Das Wetter um Neuseeland wird immer schlechter und es zeichnet sich ab, dass sich dort ein Tief festsetzen wird. Langsam läuft uns die Zeit davon. Wir möchten gegen Mitte November in die Schweiz reisen und die Festtage mit unseren Familien verbringen. Unter Zeitdruck nach Neuseeland zu segeln, das müssen wir vermeiden. Irgendeinmal meint Pia, wir könnten ja mal die Marina fragen, ob sie noch einen «Pit» (Zyklon-Grube) hätten für unser Schiff. Machen wir – und haben Glück: es hat genau noch 2 Plätze frei! Wir überlegen nicht lange und packen die Gelegenheit beim Schopf: wir segeln NICHT nach Neuseeland – wassern das Schiff hier auf Fiji aus und fliegen von hier in die Schweiz.

Jetzt heisst es: umplanen. Wir wollten einige Unterhaltsarbeiten in Neuseeland erledigen lassen. Ich habe mich schon auf erfahrene Facharbeiter gefreut. Nun heisst es, die Arbeiten, die anstehen, hier zu organisieren oder selber zu machen. Zum Glück können uns die Marina und andere Segler gute Tipps geben. Einer der Tipps betrifft den Schutz des Schiffes vor der brutalen Sonne. Am Anker bewegt sich das Schiff dauernd, an Land aber nicht. Die Sonne brennt da gnadenlos immer auf dieselben Stellen. Es braucht einen zusätzlichen Sonnenschutz um das Teak-Deck und heikle Schiffsaufbauten einigermassen zu schützen.

Mit dem lokalen Bus fahren wir rund 20 Kilometer in die nächst grössere Stadt Lautoka, um dort in einem Baumarkt einen Sonnenschutz zu besorgen
Wir werden fündig! Wir können ein Netzgewebe auftreiben, das man öfters als Staubschutz an Baugerüsten findet. Der Vorteil ist, dass das Gewebe Wind durchlässt und somit viel weniger Widerstand bietet als eine normale Blache – und es ist auch viel leichter (auch wenn es hier anders aussieht)

Am 3. November wird die Lupina ausgewassert und in eine Zyklon Grube gestellt. Bis dahin gibt es noch einiges zu tun: Flüge reservieren, Service an Wassermacher und Motor, Generator wieder zum Laufen bringen, Segel runternehmen und inspizieren, und, und, und …

Jetzt sind wir gut im Fahrplan, können die Marina noch etwas geniessen …
… und natürlich den einen oder anderen Sundowner

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Auf die Lupina zu Pia und Köbi – einmal um die halbe Welt nach Fiji

(Autor: Nelly Viret)

Sonntag, 27. August 2023, 11 Uhr, die Reise beginnt am Bahnhof in Vevey. Mich erwarten über 40 Stunden Flug- und Wartestunden: Genf-London-Hongkong-Nadi-Labasa. Etwas mulmig ist mir schon zumute. Zu meiner Überraschung geht die lange Reise um die halbe Erdkugel gefühlsmässig schnell.
Im kleinen Flieger von Nadi nach Labasa, 45 Minuten, offenbart sich mir ein erster Eindruck von Fiji. Vorgelagerte Koralleninseln, das erste Korallenriff und eine grüne Insel.
Nach der Landung halte ich aufgeregt Ausschau nach Pia und Köbi. Da steht schon Pia und winkt. Auch Köbi wartet in der Halle. Vor lauter Freude, Erleichterung und Müdigkeit kommen mir die Tränen.
Aber die Reise geht weiter. Mit dem Mietauto fahren wir noch 90 Minuten quer über die Insel, zur Ostseite nach Savusavu, wo die Lupina liegt. Die Landschaft ist wunderbar grün, mehrheitlich dicht bewaldet. Die Strasse ist etwas holprig und der höchste Punkt liegt bei etwa 650 Metern. Fast schon eine Passstrasse.
Zu meiner Freude gibt es einen kurzen Halt, um frischen Kokossaft zu geniessen.

Nach meiner Registrierung bei den Behörden und der Aufnahme auf die Crewliste geht es endlich mit der Fähre zur Lupina in der sehr schönen Nawi-Marina. Nach einem Begrüssungsdrink und einer feinen Pizza darf ich endlich ins Bett.

Noch im Bau, teilweise aber schon in Betrieb: die neue Marina Nawi Island in Savusavu
Mein Heim für die nächsten 5 Wochen: SY Lupina
In den nächsten Tagen kaufen Pia und ich frisches Gemüse und Früchte auf dem kleinen lokalen Markt, schlendern durch die Stadt, wo ich auch schon die ersten Geschenke für meine drei Töchter und Grosskinder finde. Abends geniessen wir Drei ein gutes Essen in verschiedenen Restaurants.

Am Donnerstag war sogar ein Arztbesuch für Pia nötig. Die Beiden haben sich einen Ring tätowieren lassen mit dem Resultat einer schlimmen Infektion, vor allem für Pia. Trotz einer gut ausgestatteten Schiffsapotheke und meinen täglichen Verbänden mit Antibiotikasalbe sah Pia’s Finger immer schlimmer aus, und eine orale Antibiotikabehandlung war unumgänglich. Nach 48 Stunden sehen wir schon eine deutliche Verbesserung.

Wir beschliessen, am Samstag zur Naidi Bay im Süden der Insel zu segeln. Dort verbringen wir eine leicht rollige Nacht.
Dafür ist der Sonnenuntergang einfach herrlich.

Sonntag, 3. September, es geht weiter nach Taveuni, wo wir eine ruhige Nacht verbringen und Kräfte sammeln für die Überfahrt in die Lau Inseln zum Vanua Balavu Archipel. Es wird eine Am-Wind Fahrt mit Aufkreuzen und meine erste Nachtfahrt überhaupt. Zum Glück weiss ich noch nicht, was mich erwartet. Gewöhnungsbedürftig diese Schräglage, auch wenn der Skipper und Pia mir einreden, dass es ein «angenehmer» Am-Wind Kurs sei. Alles geht gut bis die Bettzeit kommt. Nach zwei Stunden in der Bugkabine bekomme ich Platz- und Luftangst. Ich muss raus und kämpfe mich zu Pia durch, die Wache hält. Sie beschliesst, für mich das Lee-Bett im Salon mittschiffs zu richten. Tatsächlich schlafe ich dort etwa 4-5 Stunden. Ich möchte den Sonnenaufgang sehen, aber wie komme ich da bei der Schräglage wieder raus, ich fühle mich steif wie ein Brett, hänge im Netz und warte bis Köbi endlich runterkommt. Galant hilft er mir, aus dem Leebett heraus zu kriechen, während Pia einen Lachanfall bekommt. Ja, sage ich mir, ich bin definitiv zu alt für solche Fitnessprogramme morgens früh vor dem Kaffee!

Ordentlich Schräglage auf dem Weg zum Archipel von Vanua Balavu.
Es hat sich gelohnt, wir kommen nach 28 Stunden in der wunderschönen Bucht vor dem schmucken Dörflein Daliconi an.
Lupina ganz alleine vor Anker bei Daliconi, Vanua Balavu

Das Ankerbier schmeckt heute besonders gut. Und ich sehe meine erste Schildkröte direkt neben der Lupina. Wir beschliessen, erst am nächsten Morgen beim Dorfoberhaupt vorzusprechen. Das Sevusevu steht an, eine traditionelle Zeremonie, bei welcher der Besucher mit einem Geschenk (ein Bündel getrocknete Kava Wurzeln) den Chief bittet, in sein Dorf kommen zu dürfen.

Nach einer sehr ruhigen Nacht sind wir fit und gehen an Land. Köbi im Sulu.

Zwei Kinder führen uns zum Headman, dem Sprecher des Chiefs. Dieser zieht sich schnell den traditionellen Sulu Rock (wie Köbi) an und wir gehen gemeinsam zum Chief. Wir setzen uns im Kreis um diese zwei Männer und übergeben das Sevusevu (Kava). Nach der Begrüssung und Vorstellung murmelt der Sprecher etwas, was sich wie Gebete oder Lobreden für das Dorfoberhaupt anhört. Dieser antwortet mit «Vinaka», was «Danke» heisst. Wir sind nun als Dorfbewohner aufgenommen und bekommen die Erlaubnis, uns im Dorf frei zu bewegen.

Sevusevu Zeremonie beim Chief. Von rechts: Köbi, Headman, Chief mit 2 Grosskindern, Frau des Chiefs, Pia.
Der Sprecher begleitet uns bis zur Schule, die verlassen daliegt, es sind gerade Ferien. Zum Abschied schenkt er uns zwei Papayas.
Wir wandern bergauf, bergab, mit Ziel zum kleinen Flughafen. Nur Köbi schafft es dorthin. Pia und ich kehren nach einer Stunde zum Dorf zurück.
Zu unserer Freude kommt Köbi mit einer wunderbaren, riesigen Bananenstaude zurück. Er muss sie nicht mal selber tragen. Die Freundlichkeit und Grosszügigkeit dieser Bewohner rühren uns sehr.

Das nächste Ziel ist die Bay of Islands. Köbi steuert uns sicher durch eine eindrückliche Insellandschaft. Hut ab! Untiefen und pilzartige, mit Bäumen bewachsene Vulkansteine verlangen äusserste Vorsicht und Geschick. Traumhafte, fast unrealistische Welt. Überall ragen Vulkanbrocken aus dem Wasser. Ein richtiges Labyrinth. Wir ankern in einer Bucht, umringt von bewaldeten Vulkanfelsen.

Einfahrt in die Bay of Islands, die irgendwo hinter der grünen Barriere liegt. Aber wo ist der Durchgang?
Genauer Ausguck ist wichtig
Gemeinsam beobachten wir das Wasser auf Untiefen oder Korallen-Bommies
Wie ein Wunder öffnet sich hinter der Inselfront eine grosse, stark durchklüftete Bucht: die Bay of Islands

Wir begrüssen vier Yachten, die in anderen Buchten ankern und bekommen sogar einen eben aus dem Wasser gezogenen Fisch. Ein schmackhaftes Abendessen ist in Aussicht. Wir verbringen hier zwei ruhige Tage und erkunden die Umgebung mit dem Dinghi und Schnorcheln.

Erkundungstour im Dinghi
Inseln ragen wie Pilze aus dem Wasser
Schroffer Lava-Brocken. Deutlich sichtbar, die roten, eisenhaltigen Einschlüsse im Felsen
Köbi erkundet schnorchelnd eine der vielen Höhlen in der Bay of Islands (hier: Limestone Cave)
Am 9. September verlegen wir auf die andere Seite der Insel. Endlich darf ich wieder mal ans Steuer!

Nach drei Stunden Champagnersegeln fällt der Anker in der Bucht von Bavatu Harbour. Die einsame Bucht ist umgeben von hohem Vulkangebirge. Ein Yachtclub liegt verlassen da, der australische Besitzer kommt erst in zwei Wochen wieder. Ein Anlegesteg mit Holzboot dient einer Plantage (Farm) als Transport- und Versorgungsweg.

Am nächsten Tag steigen wir die 271 Treppen hoch auf das Hochplateau.
Der Hang ist steil zerklüftet und dicht bewaldet. Oben überrascht uns eine riesige Weidefläche und eine kleine Siedlung von 6 Häusern.
Sogar einen Laden hat es! Der Name sinnigerweise «The Sometime Store» (= «der manchmal Laden»)
Weidende Rinder – ein Bild wie bei uns in den Voralpen oder auf dem Jura

Wir treffen eine Familie, die auf der ebenfalls dem Australier gehörenden Plantage arbeitet. Nebst der Pflege von Kühen und Schafen ist sie für den Unterhalt der Weiden und des Weges zu einem wunderschönen Aussichtspunkt zuständig. Der Besitzer ist auch der Inhaber der Copra Shed Marina und besonders seglerfreundlich. Grossmütig gewährt er uns Seglern gerne Zugang zu seinem Grundstück. Wir marschieren los, zunächst über Weidewiesen, dann durch tropischen Wald auf einem schönen Weg. Köbi führt uns etwas im Kreis herum, aber schlussendlich sind wir da. Umwerfend diese Aussicht auf die Bay of Islands und das Riff. Der Spaziergang hat sich gelohnt.

Blick vom Plantage Outlook über die Bay of Islands
Zur Erholung fährt uns Köbi danach mit dem Dinghi in den Buchten umher bis zu einem Sandstrand. Zwei kleine Schildkröten flüchten und farbige Fische und Korallen erfreuen mein Auge beim ersten Schnorcheln.

Pia sitzt leider immer noch auf dem Trockenen, der Finger ist noch nicht ganz abgeheilt. Bei der Schleichfahrt durch die Mangroven begrüsst uns ein grosser Ammen Hai. Eindrücklich!!

Bei einem Poulet Yassa und dem traditionellen Brändi Dog, geht wieder ein wunderbarer Tag zu Ende.

Am 11. September segeln wir bei 15-18 Knoten am Wind nach Lomaloma. Auch hier besuchen wir das Dorfoberhaupt (Bild Mitte, ein Riese) für die Sevusevu Zeremonie.

Der Chief persönlich führt uns durch das Dorf von etwa 200 Einwohnern. Drei kleine Dorfläden bieten Konserven und diverse Lebensmittel an. Erst beim Letzten werden wir fündig. Frische Bohnen und einen Chinakohl, wir sind glücklich.

12. September, 8h25 Anker auf für die Überfahrt nach Fulaga im Süden. 136 Seemeilen Am-Wind bei bis zu 23 Knoten Wind aus OSO und zwei Meter hohen Wellen. Wir machen gute Fahrt bis etwa 21 Uhr. Vor uns eine heikle Passage zwischen zwei Inseln und in der Mitte eine Untiefe, die aber laut Karte mindestens 46 Meter tief ist.

Dem ist aber nicht so! Ein plötzliches, ohrenbetäubendes Kratzen, Knarren und Knirschen, als ob der Lupina der Bauch aufgerissen würde. Wir sitzen auf einem Riff! Mein erster Gedanke: Rettungsweste anziehen. Der Gedanke bei schwarzer Nacht und aufgewühltem Meer im Wasser zu landen jagt mir Angst ein. Köbi und Pia bleiben ruhig und konzentriert. Um uns herum herrscht rabenschwarze Nacht, ich verliere komplett die Orientierung. Nach weiteren zwei schrecklichen Kratzgeräuschen kann Köbi die Lupina aus den Korallen herausmanövrieren. Glück gehabt – es dringt kein Wasser ins Schiff, der Rumpf bleibt unbeschädigt!! Hoffen wir, dass Ruder und Kiel nicht allzu stark beschädigt sind. Die Steuerung funktioniert etwas knarrend, aber wir können weiter fahren. Das Adrenalin hält uns noch einige Zeit auf Trab.

Nach dem Zwischenfall am Riff versuchen Pia und ich lange vergeblich, im Salon bei immer noch ordentlicher Schräglage, Schlaf zu finden. Irgendwann gelingt es uns und wir schlafen tief und fest.

Um 7 Uhr früh drehen wir bei und geniessen ein köstliches Frühstück. Fulaga liegt vor uns, die Einfahrt in den Pass ist vor 12 Uhr 30 nicht möglich, also lassen wir die Lupina treiben.

Bei ansteigender Flut und nur noch schwachem Gegenstrom im Pass gelingt die Einfahrt ins Atoll von Fulaga ohne Probleme, obwohl der befahrbare Bereich im Kanal nach innen immer enger wird.
Fulaga – wir erreichen ein atemberaubendes Atoll, umringt von einer niedrigen Hügelkette und zahlreichen Vulkanbrocken, die überall pilzartig aus dem Wasser ragen.

Wir ankern mitten in einer Bucht. Gegenüber ist eine Fischerhütte, von wo aus ein Weg über den Berg zum Dorf führt. Da müssen wir hin mit unserem Kavabündel. Aber erst morgen. Heute haben wir keinen Bock darauf. Köbi taucht nach dem Ankerbier den Kiel und das Ruder ab. Zum Glück keine ernsthaften Schäden nach unserem nächtlichen Abenteuer. Kiel und Ruder sind angekratzt und das Blei am Kiel leicht verbogen. Nach all den Emotionen geniessen wir den Abend und schlafen alle Drei wie Murmeltiere die ganze Nacht durch.

Nachtrag von Köbi: wir werden über den Grundkontakt mit dem Riff im nächsten Bericht noch etwas ausführlicher berichten.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
(Wir sind Mitglied auf: noforeignland.com)