Samoa – nichts ist wichtiger als die Familie

Samoa’s Geschichte Kurzversion: 
Um Samoa, das aus 3 grossen und ein paar kleinen Inseln besteht, haben sich ab dem 18. Jahrhundert ein paar Kolonialmächte gezankt. Heute ist der östliche Teil von Samoa noch unter dem Joch (Amerikanisch Samoa), während der westliche Teil seit 1962 unabhängig ist.

Samoa’s Geschichte Normalversion:
Samoa wurde im Jahre 1722 erstmals offiziell von Europäern entdeckt und entwickelte sich in der Folge bald zu einem wichtigen Stützpunkt auf dem Handelsweg von Panama nach China und Australien. Ab dem frühen 19. Jahrhundert setzte ein regelrechtes Seilziehen um die Vorherrschaft über Samoa ein. Nebst den Vereinigten Staaten von Amerika buhlten vor allem Grossbritannien, Australien und Deutschland um die Macht. Während die Engländer versuchten, sich die Gunst der Bevölkerung durch das Entsenden von Missionaren zu sichern, setzten die Amerikaner und vor allem Deutschland auf Handel. Ab 1850 hatten tüchtige Hamburger Kaufleute ihre Konkurrenz aus Australien und Amerika überflügelt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts griffen die an Samoa interessierten Mächte (USA, Grossbritannien, Deutschland) in Konflikte zwischen den Samoanern ein und sorgten dafür, dass der von ihnen bevorzugte Anwärter auf den Königsthron im Streit um die Macht die Oberhand behielt. Gleichzeitig ernannten sie Apia und das umliegende Gebiet zur neutralen Zone unter gleichberechtigter Aufsicht dieser drei Mächte. 1899, nachdem Grossbritanniens Interesse an Samoa nachgelassen hatte, wurden die westlichen Inseln von Samoa den Deutschen und die östlichen Inseln den Amerikanern zugeteilt. Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 nutzten die Neuseeländer die Gelegenheit, warfen Deutschland, das nun anderweitig beschäftigt war, aus Samoa raus und übernahmen dessen Rolle. Hatten die Deutschen es geschafft, mit der lokalen Bevölkerung ein gutes Verhältnis aufrecht zu erhalten, gab es schon bald Konflikte zwischen der neuen Macht und den Samoanern. Der Ruf nach Unabhängigkeit wurde schnell lauter. Fast 50 Jahre später, 1962, erreichte West Samoa (seit 1997 offiziell einfach Samoa genannt) die Unabhängigkeit, ist aber Mitglied im Commonwealth of Nations, während die östlichen Inseln, das heutige Amerikanisch Samoa, ein Aussengebiet der Vereinigten Staaten geblieben sind.

Samoa Geschichte Langversion:
Erspare ich dir – wer es wissen will: siehe Wikipedia

Das heutige Samoa besteht im Wesentlichen aus 2 grossen Inseln: Upolu, wo wir ankern (Bild, Hauptstadt Apia), und Savai’i. Upolu ist zwar etwas kleiner, aber mit rund 135’000 Einwohnern lebt die Mehrheit der total etwa 200’000 Einwohner auf dieser Insel.
Die Inseln von Samoa sind alle vulkanischen Ursprungs. Dementsprechend sind auch die Steine und Felsen, hier zu einem Damm entlang der Küste aufgeschichtet, dunkel.
Es gibt nur wenig Sandstrände, und wenn es welche hat, bestehen sie meist aus dunklem Lava-Sand. Dies trifft auch für die Hauptstadt Apia zu, wo dieses Jahr wieder die Weltmeisterschaften der Outrigger-Boote stattfinden. Während unseres Aufenthaltes wird von den Lokalmatadoren intensiv trainiert. Die Lupina dient als willkommene Wendemarke.
Katholische Kathedrale in Apia
Sagenhaft schöne Holzkonstruktion der Decke in der Kath. Kathedrale von Apia
Montag bis Freitag jeweils genau um 9 Uhr wird die Fahne vor dem alten Regierungsgebäude im Zentrum von Apia ausgerollt und gehisst.
Die Ehrengarde und die Musik der Polizei marschieren jeweils aus der nahegelegenen Polizeistation an und begleiten den feierlichen Akt.
Für die Fahnenzeremonie wird der ganze Verkehr vor dem alten Regierungsgebäude aufgehalten.
Im alten Regierungsgebäude sind verschiedene Ämter untergebracht, unter anderem das Standesamt. Auf den Stufen zum Eingang können wir der Fotosession eines Brautpaares beiwohnen. Zu beachten: Männer und Frauen sind strikt getrennt. Die Männer tragen alle Röcke, aber im Gegensatz zu Tonga, wo es noch absolut zur Tradition gehört, ohne das Tuch aus Bast.
Der lokale Markt für Früchte und Gemüse, sowie selbst angefertigten Gegenständen aller Art, begeistert uns nicht allzu sehr – zu eintönig und zu fantasielos wird die Ware präsentiert. Zudem ist gerade für Gemüse und Früchte die Auswahl extrem eingeschränkt. Alle Stände scheinen das Gleiche verkaufen zu wollen.
Da sind die zahlreichen Imbissbuden am zentralen Busbahnhof doch einiges vielfältiger, was die Auswahl betrifft: jeder Stand hat seine Spezialitäten.
Mir als ehemaligem Postautochauffeur (ja, das war einmal vor vielen Jahren!) stechen natürlich die Busse von Samoa ins Auge. Jeder Fahrer malt und bastelt nach Herzenslust daran herum, bis er ihm gefällt. Strassenverkehrsgesetz? Offenbar ein Fremdwort.
Das gilt auch für die Felgen vieler Autos. Da trifft man ganz schräge Sachen an. Und wenn mal eine Schraube fehlt – pha! – es hat ja noch genug andere!
Erstaunlicherweise präsentieren sich die Boote der lokalen Fischer viel einheitlicher. Damit wird gearbeitet und wenig Zeit aufgewendet, um daran rum zu basteln.
Ich unterhalte mich mit einer Gruppe von Fischern, die gerade ihren Fang am lokalen Fischmarkt abgeliefert haben. Sie fahren jeweils früh morgens raus, bleiben 2 Tage draussen auf dem Meer und kommen dann am übernächsten Morgen bei Tagesanbruch mit ihrem Fang zurück. Sie fangen noch Fische, aber viel weniger wie früher, beklagen sie sich. Gleichzeitig schimpfen sie über ihre Regierung, die es ausländischen Fischfangflotten erlaubt, in den Hoheitsgebieten von Samoa zu fischen.
Dies ist kein Fischfangboot, dafür ein Boot mit Geschichte: «Russian Ocean Way». 2 Russen sind mit einem Trimaran (das ist ein Boot mit 3 Rümpfen) von Russland aus gestartet und über die Ostsee, Ärmelkanal, dann über den Atlantik nach Südamerika und via Kapp Horn bis zu den Osterinseln gelangt. Dort erlitten sie einen Ruderbruch mit Wassereintritt. Sie mussten das Boot auf Grund setzen und konnten nicht mehr weiter segeln damit. Mittels Spendenaufrufe haben andere Segler ihnen geholfen, die beiden blauen Schwimmkörper zu erwerben. Mit gerettetem Material vom Trimaran haben die Beiden dann daraus ein neues Boot, diesmal reduziert auf 2 Rümpfe, gebaut und konnten damit ihre Weltreise fortsetzen. Jetzt sind sie damit bis zu den Samoas gekommen, und nach ein paar Tagen Aufenthalt mit einem Französischen Gastsegler zu Dritt auch gleich wieder weiter.
Samoa setzt sehr stark auf seine ureigene Kultur und unternimmt grosse Anstrengungen, um diese den Besuchern näher zu bringen. So findet im «Samoa Cultural Village» an jedem Wochentag ein fast 3-stündiger Informationsanlass mit Vorführungen, Erklärungen und Essen statt (Eintritt pro Person nur knapp 7 CHF). Wir erfahren viel und der Besuch ist sehr empfehlenswert!
Für das Essen sind in der Kultur von Samoa die Männer zuständig. Sie gehen auf Jagd oder Fischfang, holen Früchte von den Bäumen runter und bearbeiten die Gemüsefelder. Was immer an Essbarem die Männer nach Hause bringen, wird auch von ihnen zubereitet.
Traditionell wird das Essen im Erdofen («Umu»), über heissen Steinen, gegart. Die Steine werden zuerst durch Verbrennen von Kokosnuss Kohle zum Glühen gebracht.
Nach einem gut eingespielten Ritual und in genau abgestimmter Reihenfolge werden die einzelnen Speisen auf die heissen Steine gelegt. Darüber kommen dann mehrere Lagen grossflächiger Blätter von Taro- und Bananenstauden. Diese wirken wie ein Deckel auf einem Kochtopf.
Nach einer halben Stunde ist das Essen gar. Gerade noch genügend Zeit für uns, aus einem Palmenblatt unseren eigenen Teller zu flechten.
Aus einem Klotz Hartholz (oftmals Mahagoni) wird ein Kava Schale gehauen.
Tattoos in Samoa, wieder ganz anders als bisher in Polynesien.

Sich tätowieren zu lassen ist in Samoa eine Ehrensache. Man kann sich entscheiden, dass man keines will. Das wird in der Gesellschaft akzeptiert. Aber wehe, jemand bricht ein Tattoo ab, weil ihm die Schmerzen zu gross sind. Nicht nur gilt er für den Rest seines Lebens als Feigling, nein, auch seine ganze Familie verliert ihre Ehre. Das vollständige Tattoo eines Mannes reicht vom Rumpf bis zu den Knien und wird in 12 verschiedenen Sessionen aufgetragen. Die Frauen sind nur im Bereich der Hüften tätowiert. Es werden noch die gleichen Werkzeuge (Nadelkamm aus kurzen scharfen Haifischzähnen oder angespitzten Knochen) verwendet, wie schon seit vielen Generationen. Die Kunst des Tätowierens wird vom Vater auf den Sohn übergeben und bleibt auf die berechtigten Familien begrenzt. Wir durften an einer Tattoo Zeremonie teilnehmen unter strengen Auflagen: keine Kopfbedeckung, Beinkleidung bis über die Knie, keine Schuhe, nicht stehen, keine Fotos.

Zum Abschluss der Kulturdemonstration eine «Fiafia» – oder Tanz mit dem Feuermesser. Ursprünglich wurde dazu eine Machete verwendet, um deren beide Enden ein Tuch gewickelt und dieses dann in Brand gesteckt wurde. Man kann sich gut vorstellen, dass ein ungeschickter Tänzer, früher meist ein Krieger, sich an der scharfen Klinge der Machete blutige Finger holte. Heute liegt der Nervenkitzel für das Publikum aber eindeutig beim Feuer, das auch ab und zu mal in die Zuschauer fliegt.
Pia findet Gefallen am lokalen Kunsthandwerk, kann ihre Kauflust aber im Zaum behalten.
Überall treffen wir diese eigenartigen Bauten an, abgekürzt «Fale» genannt. Es sind Treffpunkte für Menschen und sie haben eine wichtige Funktion im sozialen Leben der Samoaner. Jede Familie besitzt mindestens eine «Fale», die als Wohnraum, Treffpunkt, Besprechungsort oder einfach als Ort zum Nachdenken dient. In einer «Fale» gibt es immer ein Oberhaupt, was bei einer Familie meist der älteste Mann ist. Nebst Familien-«Fales» gibt es aber auch «Fales» von Vereinen, Kirchen, Gemeinden, Freunden, Fischern und vielen weiteren erdenklichen Gruppen. Das Bild zeigt eine kleine Auswahl von «Fales». Ganz oben rechts eine «Fale», die nicht mehr benutzt wird, weil das Oberhaupt nicht mehr existiert oder es den Anlass, wofür sie gebaut wurde, nicht mehr gibt. Umfunktionieren oder übergeben darf man eine «Fale» nicht. Oben rechts «Fales» bei einer Schule, unten links der Treffpunkt eines Dorfes, und unten rechts die wohl prunkvollste «Fale»: das Parlamentsgebäude von Samoa.
Obwohl weniger Buchstaben (nur 14 Buchstaben) als in unserer Sprache ist die samoanische Sprache äusserst schwierig nachzusprechen. Uns gelingt es nur nach langem Üben.
Wir fahren mit dem Mietauto einmal um die Insel Upolu herum. Das Wetter ist zwar gerade regnerisch, aber trotzdem leuchtet das Grün der tropischen Landschaft unheimlich intensiv.
Die Decke aus Lavagestein ist vor allem in Meeresnähe immer wieder unterspült worden, oder alte Lavakanäle sind eingebrochen. Der To-Sua Pool ist einer der bemerkenswertesten Einbrüche dieser Art. Gut 150m im Durchmesser und über 30 Meter tief ist er unterirdisch mit dem Meer verbunden. Mutige Schwimmer können über ein Leitersystem in den Pool hinabsteigen und dann bei Ebbe ins Meer hinausschwimmen. Wir waren bei Flut da und der Mut war auch gerade auf Reisen – wir haben es bleiben lassen (zwinker)
Abstieg in den To-Sua Schwimm-Pool
In einem Lavatunnel beim To-Sua Pool
Wieder mal an Bord der Lupina zieht ein heftiges Regengewitter vom Land her kommend über uns hinweg. Innerhalb weniger Minuten schwillt der Fluss, der in die Ankerbucht mündet, enorm an und entleert eine braune, mit viel Schwemmholz durchsetzte Brühe ins Meer. Auf dem Bild ist deutlich die Grenze zwischen Süsswasser des Flusses und dem Meerwasser erkennbar.
Das frei Segeln ist in Samoa stark eingeschränkt. Für die Nachbarinsel Savai’i würde es eine zeitaufwändige Spezialbewilligung benötigen. Wir wählen die Abkürzung, lassen Lupina am Anker ruhen und benutzen die Fähre.
Ankunft im Fährenhafen der Insel Savai’i. Savai’i ist die Schwesterinsel von Upolu und zusammen mit ein paar weiteren aber viel kleineren und vorwiegend unbewohnten Inseln stellen sie Samoa dar.
Diesmal passen Mietauto und Sonne perfekt zusammen. Herrlich das Grün entlang der Strasse!
Besuch des Afu-Aau Wasserfalles –einer der wenigen erschlossenen Wasserfälle entlang der Südküste von Savai’i
Immer wieder sind wir erstaunt über die enorme Grösse der Kirchen hier in Polynesien. Wir erfahren, dass die Samoaner relativ offen waren, als die Missionare im 18. Jahrhundert auftauchten. Ihr eigener Glaube hatte sie darauf vorbereitet, dass in nicht ferner Zukunft jemand kommen würde und sie in eine bessere und schönere Welt führen werde.
Traditionelle Kirchen Glocke (wohl von den Europäern gebracht) und die Samoanische Version: eine alte Gasflasche. Ein Schlag mit einer abgebrochenen Hinterachsen-Welle eines Autos – ein wunderbarer Klang!!
Die Blaslöcher von Alofaaga: Das ganze Gebiet an dieser Stelle der Südküste wurde von Lava übergossen. An Stellen, wo der Lavadeckel eingebrochen ist, stossen die Wellen vom Meer durch die überdeckten Kanäle kommend zuerst Luft, dann eine donnernde Wasserfontäne mehrere Meter hoch in die Luft.
Hier wird nicht einfach nur im Meer gebadet. An vielen Stellen entlang der Küste entdecken wir diese gemauerten Schwimmbecken. Wir vermuten, dass viele von ihnen vom Süsswasser der reichlich vorhandenen Quellen befüllt werden, und so die Badenden die Wahl haben zwischen Süss- oder Meerwasser.
Pe’Ape’a Cave. Einstieg in einen über 1km langen Lavatunnel, der bis zum Meer reicht. Leider sind für uns nur die ersten 200 Meter begehbar, danach wird die Tunneldecke zu flach und man müsste kriechen, um weiter vorzudringen.
1905-1911 kam es beim Mt Matavanu zu einem der letzten grossen Vulkanausbrücke auf Sava’i. Dieser Ausbruch verlief im Wesentlichen harmlos, da, wie bei einem Schildvulkan üblich die flüssige Lava einfach überfloss und sich langsam als zäher Teig die Hänge abwärts bewegte. Menschenleben gab es keine zu beklagen, aber Häuser im Weg des heissen Stromes wurden dem Erdboden gleich gemacht. Die berühmteste Zeugin des damaligen Ereignisses ist diese Kirche bei Saleaula an der Nordküste von Savai’i, durch die ein 2 Meter hoher Lavastrom floss.
Das Kircheninnere wurde bis zu 2m mit Lava überdeckt.
Müde, aber mit vielen schönen Eindrücken im Herzen fahren wir nach 2 Tagen mit der Fähre wieder nach Upolu zurück und vom Fährenterminal rund 35 Kilometer mit einem total überfüllten lokalen Bus zur Lupina in Apia

Samoa hinterlässt gemischte Eindrücke bei uns. Man fühlt, dass sich die Menschen hier an ihren alten Traditionen festklammern, diese pflegen und leben. Diese alten Traditionen sind im Grunde auch wunderschön und beruhen auf Ehrlichkeit, Respekt, Vertrauen und Hingabe. Aber die moderne Welt stülpt sich wie ein Krake über das Einod im Pazifischen Ozean. Fast Food ersetzt die Speise aus dem Erdofen, die Smart Phones verdrängen das gemütliche Gespräch in den «Fales». Wir glauben nicht, dass Samoa sich noch lange gegen diese Entwicklungen anstemmen kann. Wir sind glücklich und froh, dürfen wir Samoa noch so erleben, wie wir es jetzt angetroffen haben.

Heute Donnerstag, 27.7.2023, haben wir nun ausklariert. Morgen Vormittag heben wir den Anker und setzen Segel in Richtung Wallis (nein, nicht das in der Schweiz – es gibt hier tatsächlich eine Insel, die so heisst!), rund 250 Seemeilen gegen Westen. Was der Wind uns bescheren wird – noch keine Ahnung. Von 6 Wetterprogrammen künden deren drei viel Wind und deren drei wenig Wind an. Wir könnten warten, aber die nächsten 10 Tage gibt es keine Stabilisierung der unsicheren Wetterlage.

Wir versuchen es einfach mal. Wenn du Lust hast, kannst du auf dem Tracker online mitverfolgen, wie unsere Reise verläuft. Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Das Königreich Tonga – Mitten auf Vulkanen

Die Passage nach Tonga wird eine schöne Fahrt. Obwohl die Voraussage nicht berauschend war, weht genügend aber nicht zu viel Wind, leicht achterlich und es hat fast keine Wellen. Herrliches Segeln über die ganze Strecke! Am 21.6.2023 kann Pia die Flagge von Tonga setzen.

Für die rund 250 Seemeilen nach Vava’u (Inselgruppe im Königreich Tonga) brauchen wir rund 48 Stunden, aber 3 Tage. Bitte was?? Ja, wir verlassen Niue am 18.6. vormittags und erreichen Neiafu auf Vava’u am Vormittag des 21.6. – also nach genau 3 Kalendertagen. Aber da war noch die Datumsgrenze! Die Datumsgrenze verläuft theoretisch entlang des 180. Längengrades. Um nicht innerhalb eines Landes unterschiedliche Daten zu haben, entschieden sich die Länder entlang dieser Zone, entweder nach dem Datum im Westen oder nach dem im Osten zu leben. Tonga hat beschlossen, das Datum vom Westen (Neuseeland) zu verwenden und die Datumsgrenze wurde im Bereich von Tonga auf 172.5° westliche Länge verlegt. Somit haben wir also unterwegs einen Tag übersprungen. Bei uns war es genau am 19.6. um 14:30 Uhr lokale Zeit soweit. Da hatten wir plötzlich den 20.6. und Heute wurde zu Gestern und Morgen zu Heute – alles klar?

Soeben haben wir die Datumsgrenze überfahren, bei 172 Grad und 30 Minuten West
Das Königreich Tonga empfängt uns mit einem herrlichen Tag: Das Einklarieren bei den Behörden in Neiafu verläuft speditiv und zügig. Bereits nach knapp einer Stunde ist der Papierkram erledigt, unsere Lupina an einer robusten sicheren Boje vertäut und das Dinghi zum ersten Landgang gewassert. Direkt in der Nähe des Anlegesteges zieht die riesige, neu renovierte St. Josephs Kathedrale unsere Aufmerksamkeit auf sich.

Wir merken rasch: Tonga ist irgendwie anders als die bisherigen Inseln, die wir besucht haben. Das Königreich ist eines der einzigen Gebiete im Pazifik, das nie unter fremder Herrschaft gestanden hat. Das äussert sich in vielen Aspekten: Sprache, Kleidung, Traditionen, Lebensweise. Es ist kein Einfluss von einer Kolonialmacht erkennbar. Der einzige Einfluss in der Vergangenheit gab es durch die Missionare (erkennbar an den zahlreichen Kirchen mit den unterschiedlichsten Glaubensrichtungen) und in jüngster Vergangenheit die modernen Kommunikationsmittel wie Telefon, Fernsehen und Internet. Das Letztere hat vor allem die Verhaltensweise der jüngeren Generation stark beeinflusst. Sitzen die älteren Leute noch gemütlich im Schatten und suchen die innere Ruhe durch ein Beobachten ihrer Umwelt, hängen die Jungen an ihren Mobilgeräten und vergessen, was um sie herum passiert.

Da das Königreich Tonga nie unter einer fremden Macht stand, fliessen auch keine Gelder eines ehemaligen Kolonialstaates. Das verdeutlicht sich am Standard der Infrastruktur und der Lebensqualität. Wir haben zwar bisher auf unserer Reise durch den Pazifik auch viele alte, zerfallende Häuser angetroffen. Da waren Leute weggezogen zu einer Hauptinsel oder nach Neuseeland, Australien oder Frankreich ausgewandert. Hier auf Vava’u sind solche Häuser aber noch bewohnt.
Wie auf anderen Inseln den Hühnern begegnen wir hier auf Schritt und Tritt ausgewilderten Schweinen. Sie sind überall. Früher wurden sie intensiv bejagt für die eigene Nahrung, heute ist es oft bequemer, sich im Laden mit tiefgefrorenem, importiertem Fleisch aus Neuseeland zu versorgen. Die Schweine freuts – sie vermehren sich schnell und werden langsam zur Plage.
Pausenplatz einer lokalen Schule.
Wir nutzen das wunderbare Wetter für eine Wanderung zum höchsten Berg auf der Hauptinsel von Vava’u, den 131 Meter hohen Mount Talau. Der Weg führt uns zunächst durch locker besiedeltes Landwirtschaftsland.
Unterwegs begegnen wir einer Gruppe junger Burschen. Sie sind sehr neugierig und wollen ihre Englischkenntnisse etwas mit uns ausprobieren. Sie tragen ihre Schuluniform, eine Art Wickelrock, die traditionelle Beinkleidung der Burschen und Männer. Auf dem Bild hat zur Abwechslung also mal die Frau die Hosen an. Pia’s ausgefeilte Fototechnik bringt die Jungs zum Lachen – mich auch!
Das letzte Wegstück zum Aussichtspunkt auf den Mount Talau.
Die Belohnung! Wunderschöner Ausblick auf das Hafengebiet von Neiafu und das Bojenfeld, wo Lupina ruhig im Wasser schaukelt.
Auf dem Weg zurück winkt uns diese Frau zu sich, sie ist gerade daran, eine grosse Matte aus Pandanus-Bastfasern zu flechten. Begeistert zeigt sie uns ihr Handwerk.
Die Matte, welche die Frau flicht, wird entweder als Bodenmatte oder als Kleidungsstück verwendet. Ta’ovala ist die Bezeichnung für eine Form der zeremoniellen Kleidung in Tonga, wobei eine Matte um die Hüfte gewickelt und mit einem Seil festgebunden wird. Die Kleidung wird von Männern wie Frauen nicht nur an formellen Anlässen getragen.
Uns fällt auf: die Leute hier posieren gerne für Bilder. Die drei Damen mit ihren Ta’ovalas haben sich sofort für ein Bild mit Pia und Chris (SY Pasito) in Pose gestellt.
Schon die Kleinen stehen gerne vor die Linse
Auf dem lokalen Markt im Hafengebiet von Neiafu gibt es jeden Tag frisches Gemüse. Das Meiste wird lokal angebaut, etwas Weniges wird von Neuseeland importiert.
Die Wartezeit auf Kunden wird von dieser Marktfrau mit Handarbeit verkürzt.
Wer denkt, wir machen nichts und geniessen nur das Leben, der irrt. Manchmal arbeiten wir auch etwas. Die Lupina hat es gerne, wenn wir sie gut behandeln und immer wieder etwas pflegen. Hier bin ich wieder mal im Mast und inspiziere in luftiger Höhe das Rigg auf Defekte oder Schäden.
Dabei entdecke ich diesen gerissenen Draht am Kutterstag. Nichts Dramatisches, was uns am Weitersegeln hindern würde, aber spätestens in Neuseeland Ende Jahr müssen wir das defekte Drahtseil ersetzen.
Nach der Arbeit das Vergnügen. In Mango’s, direkt am Ufer, probieren wir zum ersten Mal im Leben Kava. Kava ist ein Getränk, das aus den Wurzeln eines Strauches gewonnen wird. Dazu werden die Wurzeln zuerst getrocknet und dann zu Pulver gemahlen. Kava ist ein Rauschmittel wie Nikotin oder Alkohol, und wird fast ausschliesslich nur von den Männern getrunken. Das zeremonielle Trinken von Kava ist eine uralte Tradition in ganz Polynesien, aber besonders stark ausgeprägt im Königreich Tonga. Jeden Abend treffen sich die Männer im Kava Kulupu (Kava Club) und jeweils vor und nach dem Gang zur Kirche wird auch eine Schüssel Kava zu sich genommen. Es ist eine trübe, leicht scharf und erdig oder holzig schmeckende Brühe. Üblicherweise aus einer Kokosnussschale getrunken breitet sich schon nach dem ersten Schluck ein taubes Gefühl in Mund und Gaumen aus. Nach einiger Zeit macht sich ein berauschtes Empfinden ergänzt mit entspannten und verlangsamten Bewegungen bemerkbar. Mein diskretes Urteil nach dem Probieren: nicht jedermanns Sache – mein bevorzugtes Getränk bleibt Bier!
Eine Haupteinnahmequelle auf Vava’u ist der Tourismus. In den nächsten Wochen kommen die Wale aus der Antarktik und gebären ihre Jungen hier. Nebst den saisonalen Walbeobachtungen (man darf hier unter Führung sogar mit den Walen schwimmen!) werden ganzjährig Fischfangtörns angeboten. Der Törn dieser Gruppe war offensichtlich erfolgreich, wobei dieser Marlin eher klein ist.
Wieder Arbeit – diesmal bereiten wir Lupina für die Weiterfahrt vor. Wir werden die nächste Zeit in Gegenden sein, wo die Versorgung mit Treibstoff nicht gesichert ist. Deshalb holen wir (mit Hilfe von Ruedi, SY Pasito) mit Kanistern Diesel von einer lokalen Tankstelle. Mit dem Dinghi fahren wir sie zum Schiff …
… und füllen damit unseren Tank.
Faszinierend: direkt vor unserem Bojenplatz in Neiafu hängen sie zu Hunderten an den Bäumen: die grössten Fledermäuse, die es gibt – Flughunde.
Wir geniessen das Wiedersehen mit unseren Freunden der SY Pasito und die vielen Restaurants. Wir haben sogar noch ein Schweizer Ehepaar (Jocelyne und Roland) aus Genf getroffen, welches ihr Boot (SY Croix De Sud) hier in der Covid Zeit zurücklassen musste und es nun wieder aufmöbelt für die Weiterfahrt. Nach etwas mehr als einer Woche an der Boje wird es aber Zeit, dass wir uns bewegen. Durch die zerklüftete Insellandschaft fahren wir unter Motor (es herrscht zurzeit ziemlich Flaute) an einen Ankerplatz im Aussenbereich des Archipels.
Vava’u – ein Labyrinth aus mit Lava übergossenen Koralleninseln und Riffen
Tonga liegt entlang eines Risses in der Erdkruste, der immer wieder zu vulkanischen Aktivitäten führt. Die letzte neue Insel ist im Januar 2022 entstanden. In der Zeit, wo wir auf Vava’u verweilen, erleben wir 2 Erdbeben. Irgendwie fühlen wir die enorme Energie, die unter uns brodelt. Trotzdem ankern wir hier in einem erkalteten Vulkan und vertrauen darauf, dass er erloschen bleibt.

Nach einigen Tagen Ankerhüpfen auf Vava’u setzen wir am 5. Juli 2023 frühmorgens die Segel und nehmen Kurs auf zur nördlichsten Inselgruppe in Tonga: den Niuas. Die Gruppe besteht aus 3 Vulkaninseln, von denen aber nur eine mit einem Segelschiff angelaufen werden kann: Niuatoputapu (ja, man kann das aussprechen! Aber sogar die Einheimischen , es leben rund 700 Personen hier, kürzen es oft ab zu: Niua). Es wird eine schwierige Reise. Schon von Anfang an kämpfen wir mit hohen Wellen, die 2-3 Meter hoch genau seitlich auf uns treffen. Zudem bläst der Wind mit 20-25 Knoten deutlich stärker als angekündigt. Wir halten die Segel gerefft und versuchen einen Kurs zu wählen, der einigermassen Material und Menschen schonend ist. Trotzdem meldet sich seit langem wieder einmal die Seekrankheit bei Pia, und auch der Schreiberling ist froh, dass er nicht im Motorraum arbeiten muss.

Nach einer Tag- und einer Nachtfahrt erreichen wir am nächsten Morgen die Einfahrt von Niuatoputapu. Der Crew geht’s wieder gut.

Unser Ankerpatz vor dem einzigen Pier der Insel beim Dorf Falehau.
In Vava’u haben wir eine Digicel SIM Karte gekauft. Diese sei in ganz Tonga brauchbar, hat uns die Dame am Schalter damals versprochen. Denkste! In Niuatoputapu gibt es kein Digicel Netz. Also müssen wir eine neue SIM-Karte kaufen, um mit der Umwelt vernetzt zu bleiben. Hier zeigt mir Tiueti, die extrem zuvorkommende und hilfsbereite Dame der Telefonzentrale, wie ich die neue Karte in Betrieb nehmen muss.
Wir durchwandern die Insel insgesamt 4mal (kein Problem bei einer Ausdehnung von 5 auf 2 Kilometer). Uns fallen immer wieder diese an Leinen aufgehängten Streifen auf und wir fragen nach, was das ist, und wozu es gebraucht wird.
Wir erfahren, dass hier auf dieser Insel fast jede Familie durch die Produktion von Pandanusbast, der nachher in ganz Polynesien verkauft wird, Geld verdient. Der Ursprung sind die Blätter dieser Pflanze, Pandanus, eine Pflanzenart der Gattung der Schraubenbäume.
Die Blätter werden abgeschnitten und an der Sonne getrocknet.
Danach wird ein Holzfeuer gemacht …
… und die getrockneten Blätter 24 Stunden in einem grossen Topf ausgekocht.
Nach einer erneuten Trocknungsphase …
… werden die Blätter für eine Woche ins Salzwasser gelegt. Hier hilft den Menschen Ebbe und Flut. Bei Ebbe werden die Blätter in der Lagune deponiert und mit Steinen belastet. Nach ein paar Tagen ist die grüne Farbe verschwunden.
Der letzte Arbeitsschritt: Die Blätter in gleichmässige Streifen aufteilen und auf Rollen aufhaspeln. Diese werden dann zur Hauptinsel von Tonga (Tongatapu) gebracht und dort verkauft.
Eine andere spannende Pflanze, eine Unterart der Ficus Bäume. Die Krone breitet sich wie ein Regenschirm unheimlich weit aus.

Hier auf Niuatoputapu dürfen wir ein Tonga in seiner ursprünglichsten und natürlichsten Form erleben. Hier werden die überlieferten Traditionen noch gelebt und nicht nur für Touristen zelebriert. Die Familie ist das höchste Gut im Leben der Tonganesen. Die Gesellschaft wird durch 4 Grundwerte bestimmt: gegenseitiger Respekt, verlässlicher Umgang miteinander, Freigiebigkeit, Loyalität und Hilfsbereitschaft. Worte wie Habgier, Neid, Missgunst oder aber auch Strebsamkeit kennt diese Kultur nicht. Das ganze Leben dreht sich um die Familie, das ist wichtig, alles andere nicht. Für uns unglaublich schön zu erleben, wie schnell man als Fremder Zugang zu den Leuten hier findet – wie man, ohne es anzustreben, sogar unvermittelt in eine Familie aufgenommen wird.

Es ist Sonntag, wir sind in der Kirche (um wieder den wunderschönen Gesängen zu lauschen) und treffen dort zufällig wieder Tiueti (ja, die Frau, die uns die SIM-Karte verkauft hat). Spontan lädt sie uns zu sich und ihren Familien ein, wo wir sofort von den Kindern eingenommen werden (ok, vielleicht hat die Kleine noch etwas dagegen – schmunzel)
Berührungsängste gibt es keine. Bereits nach wenigen Minuten ist man sich so nahe, wie wenn man sich schon lange kennen würde.
Am Sonntag gibt es immer Essen aus dem Erdofen (die Einheimischen nennen das «umu»). Hier wird er gerade geöffnet.
In der Küche werden die im Erdofen gegarten Speisen portioniert und für den Tisch zubereitet. Es gibt 3 Sorten von Wurzeln (Taro, Yam und noch was), 3 Sorten Fleisch im Taro Blatt eingewickelt (Schwein, Rind, Schaf) und gekochte Papaya.
Gegessen wird am Boden. Als Tisch dient das gelbe Tuch

Vielen Dank, Tiueti, für die wunderschöne Zeit bei dir und deinen Familien!!

Im kleinen Laden, wo wir kleinere Dinge einkaufen, erfahren wir, dass es der Mutter nicht gut geht und dass sie schwer erkrankt sei. Als wir am letzten Tag unseres Aufenthaltes in Niuatoputapu das Büro der Zollbeamtin verlassen, sehen wir, dass auf dem naheliegenden Friedhof ein Grab geöffnet wird. Zwei Männer sind noch da, einer sitzt neben dem Grab, der andere steht im Grab drin. Wir erkennen, dass das Grab, das geöffnet wurde, ein ausgemauerte Grube ist, und dass darin noch ein Skelett liegt. Der Mann im Grab nimmt vorsichtig einen Knochen nach dem anderen, reibt ihn mit einer wässerigen Flüssigkeit ab und legt ihn dann neben dem Grab auf einen Haufen. Wir sprechen den sitzenden Mann an und erkundigen uns. Ein sehr ergreifender Moment!! Der Mann erzählt uns, dass hier sein Vater vor knapp 30 Jahren beigesetzt wurde. Heute Morgen früh sei seine Mutter verstorben und sie werde nun zu ihrem Mann ins selbe Grab gelegt. Es ist die Frau vom Laden. Wir drücken unsere Anteilnahme aus und fragen, ob es ihn störe, wenn wir der Bestattung beiwohnen würden. Plötzlich leuchten seine Augen und er strahlt uns an: «Ja natürlich! Gerne sogar dürft ihr kommen!». Wir merken ihm seine aufrichtige Freude an.

Am späteren Nachmittag des gleichen Tages (wohlgemerkt nur rund etwa 12 Stunden nach dem Ableben der Frau) findet die Beisetzungszeremonie statt. Hier gibt es keine Kühlmöglichkeiten und deshalb muss alles schnell ablaufen. Zuerst findet die Abdankung in der Kirche statt, danach die Beisetzung auf dem 3 Kilometer entfernten Friedhof.

Fast ausschliesslich in Schwarz gekleidet und einem speziell grossen Ta’ovala (geflochtene Matte mit einem Seil um die Hüften gebunden) begleitet fast die ganze Dorfbevölkerung die Verstorbene an ihre letzte Ruhestätte.

Ein wunderschönes, sehr emotionales und tiefst eindrückliches Erlebnis zum Abschluss unseres Aufenthaltes in Tonga.

Abendstimmung am Ankerplatz auf Niuatoputapu.

Am zweiten Tag nach der Beerdigung lichten wir unseren Anker und setzen Segel Richtung Nordosten: Samoa. Rund 170 Seemeilen bis zur Insel und nochmals 20 Seemeilen bis zum Hafen. Wir haben anfänglich Glück und der Wind kommt etwas südlicher als angesagt. Wir können den Kurs gut halten. Dann aber plagt uns ein Squall (Gewitter/Regenschauer) und danach weht der Wind aus Osten oder sogar leicht nördlich: unmöglich, das Ziel direkt anzusteuern. Schnell verlieren wir die vorher gewonnene Höhe. Zudem wirft uns jede hohe Welle noch etwas weiter zurück. Trotz der etwas garstigen Umstände nähern wir uns Samoa in zügiger Fahrt, können es aber nicht vermeiden, dass wir noch einen Schlag aufkreuzen müssen. Erst kurz vor der Dämmerung erreichen wir die Küste und steuern einen auf der Karte geeigneten Ankerplatz an. Der Anker fällt gerade rechtzeitig vor dem Einbruch der Nacht und bevor ein heftiger Regenschauer uns auf Samoa willkommen heisst.

Was auf der Karte vor den Wellen vielversprechend als gut geschützter Ankerplatz ausgesehen hat, entpuppt sich nach einer kleinen Winddrehung in der Nacht als richtiger Schüttelbecher. Lupina rollt und schaukelt fürchterlich hin und her. Die Crew schläft schlecht diese Nacht. Beim ersten Morgengrauen (5:30 Uhr) lichten wir den Anker und nehmen unter Motor die letzten 20 Seemeilen, gegen Wind und Welle, nach Apia, dem Einklarierungsort in Samoa, in Angriff, wo wir am Freitag, 14.7.2021 um die Mittagszeit eintreffen. Über Funk melden wir uns bei der Hafenbehörde an, was umgehend den ganzen Einklarierungsprozess in Gang setzt. Wir sind überrascht. Von unseren vorher per E-Mail eingeschickten Unterlagen ist nichts vorhanden. Hafenbehörde und Gesundheitsinspektor verlangen als erstes etwas zu Trinken. Der Typ von der Immigration ist die Arroganz in Person. Unter anderem beschimpft er uns, weil wir keine Papierkopie unserer Pässe haben und will uns diese abnehmen. Der Mann von der Bio-Security kann ihn zum Glück etwas einbremsen. Die Zöllner wollen einfach ein Foto von der Lupina machen. Viel Geduld ist gefordert – nach 2 Stunden sind wir einklariert und dürfen 90 Tage bleiben. Jetzt sind wir einklariert und wir suchen ein WiFi oder eine SIM-Karte, um diesen Bericht hochzuladen. Wenn du ihn jetzt lesen kannst, dann sind wir bei der Suche erfolgreich gewesen (grins).

Samoa – im nächsten Bericht werden wir dich mit auf die Erkundungsreise einer neuen, uns noch völlig unbekannten Insel nehmen. Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Vom Winde verweht nach Niue

Direkt nach dem Frühstück heben wir am Samstag, 11.6.2023, den Anker und nehmen Kurs auf Richtung Beveridge Reef.

Das Beveridge Reef liegt zwischen den Cook Islands und Niue. Eine ganz spezielle geologische Formation. Bis 20 Seemeilen vor dem Riff ist der Meeresboden über 5’000 Meter tief. Dann steigt das Atoll turmartig 5 Kilometer vom Grund bis knapp an die Meeresoberfläche. Bei Ebbe ragt das Riff über den Wasserspiegel, bei Flut wird es überspült. Im Westen gibt es eine 200 Meter breite und genügend tiefe Einfahrt ins Atoll. Drinnen beträgt die Wassertiefe rund 10 Meter und der Ankergrund soll gut haltender Sand sein. Ein idealer Rastplatz mitten im offenen Ozean!
Während der ersten beiden Tage herrschen perfekte Segelverhältnisse und wir kommen gut voran. Dann aber kommt es anders als geplant. Von keiner Wettervoraussage angemeldet beginnt sich gegen Montagabend vor uns eine riesige Störungszone aufzubauen. Sie wird von Stunde zu Stunde immer breiter und dunkler. In der Nacht nimmt der Wind auf über 30 Knoten zu und es beginnt heftig zu regnen. Der Sturm dauert über 6 Stunden und wühlt das Meer heftig auf. Wir rollen die Segel fast komplett ein und versuchen, einigermassen den Kurs zu halten. Am nächsten Tag hätten wir ins Riff einfahren wollen. Da sich gegen Morgen der Himmel nicht aufklart und wir mittlerweile über 3 Meter hohe Wellen haben, erscheint es uns zu gefährlich, das Beveridge Reef anzulaufen. Bei Flut kommen die hohen Wellen fast ungeschützt ins Riff und bei schlechter Sicht die Einfahrt zu wagen, das trauen wir uns nicht zu. Schweren Herzens nehmen wir eine Kursänderung vor und steuern direkt Niue im Nordwesten an.
24 Stunden später sieht der Morgenhimmel schon wieder versöhnlich aus. Die Schlechtwetterzone hat sich verabschiedet.
Am frühen Nachmittag des 14.6.2023 laufen wir Niue an und Pia setzt die Gastland-sowie die Quarantäne-Flagge.

Niue wurde erstmals 1774 von Europäern entdeckt. James Cook fand die Insel auf seiner 2. Entdeckungsfahrt. Als er zu landen versuchte, wurde er von den Eingeborenen mit Speeren bewaffnet und, wie Cook glaubte, mit Blut bemalt angegriffen und vertrieben. Ohne in der garstigen Uferzone gross Gegenwehr leisten zu können, flüchtete er zurück aufs Schiff, und er gab der Insel den Namen «die Insel der Wilden». Später stellte sich heraus, dass die rote Farbe nicht Blut, sondern «hulahula» war, eine einheimische rote Banane. Der Name der Insel hielt sich aber bis ins 20. Jahrhundert, ehe sich der ursprüngliche Name, Niue, sich wieder auf den Seekarten durchsetzen konnte.

Niue bedeutet: «gib Acht auf die Kokosnuss». In Überlieferungen wird berichtet, dass die ersten Menschen, die auf der Insel Fuss fassten, nichts Essbares ausser Fisch vorfanden. Auf der Suche nach Nahrung gelangten 2 Insulaner mit ihren Kanus nach Samoa. Dort gaben ihnen Einheimische Kokosnüsse (in der lokalen Sprache «niu») mit aufs Boot, die sie nach Niue transportierten und dort pflanzten. Seitdem gibt es auf der Insel Kokospalmen und so bekam sie ihren Namen «gib Acht auf die Kokosnuss», Niue.

Das Anlegefeld in Niue ist ein offenes Bojenfeld an der Westküste, bei der Hauptsiedlung Alofi. Ankern ist hier nicht möglich, da der Meeresgrund zu tief ist. Also machen wir unsere Lupina (im Hintergrund am Horizont, rechts vom Schleppschiff) an einer Boje fest, die eine fast 50 Meter lange Leine aufweist. Das Seil der Boje macht einen sehr guten Eindruck und der lokale Yachtclub überprüft sie regelmässig mit einer Unterwasserdrohne. Mit dem Dinghi geht’s dann an Land. Da der Landepier ins offene Meer hinausragt, herrscht immer ein ordentlicher Schwell. Um trotzdem sicher anlanden zu können gibt es einen Kran, an dem man sein Beiboot ans sichere Land heben kann.
Das Einklarieren verläuft absolut problemlos und unbürokratisch. Das Büro von Zoll und Immigration ist temporär in einem leeren Container direkt auf dem Pier eingerichtet. Innerhalb von 10 Minuten sind wir einklariert und haben den Stempel von Niue im Pass.
Die Insel Niue ist ein erhöhtes vulkanisches Atoll aus felsigem Kalkstein, das sich über einem grossen Korallenblock befindet. Die Caldera des ursprünglichen Vulkanes im Zentrum der Insel fasst 3 Kubikkilometer Süsswasser. In und um die Insel finden sich ausgedehnte Höhlensysteme, viele von ihnen gut begehbar und öffentlich zugänglich gemacht. Wir mieten gleich am zweiten Tag ein Auto und erkunden ein paar dieser Höhlen.
Besonders entlang der Küstenzone gibt es im vulkanischen Abhang immer wieder Höhlenabstiege bis zum Meer
Unten angelangt finden sich sehr gut geschützte, tiefe und mit glasklarem Meerwasser gefüllte Küsteneinschnitte.
Die Fusswege in die Höhlen und zu den Uferzonen sind sehr gut markiert, stabil und rutschsicher ausgebaut.
Spezielle Farben und Formen im Untergrund …
… und Richtung Meer. Auf dem Bild ist schön zu sehen, dass die ersten 20-50 Meter vom Ufer bis zum Meer relativ flach sind, bevor der Boden dann schroff 30-50 Meter in die Tiefe fällt
Wir geniessen das Erforschen neuer Inseln.
Die Insel Niue ist einer der kleinsten selbst verwalteten Staaten der Welt und regiert eigenständig in freier Assoziation mit Neuseeland. Die meisten Niueaner leben heute in Neuseeland – etwa 20’000 sind auf Niue geboren oder direkt von Niue abstammend – während die Insel selber eine Bevölkerung von ca. 1’600 Einwohnern aufweist. Noch vor 15 Jahren waren es noch doppelt so viele. Kaum erstaunlich, dass man zahlreiche leerstehende und in sich zerfallende Häuser vorfindet.
Hier verwirklicht sich ein einheimischer Künstler. Aus Abfall und nicht mehr gebrauchten Gegenständen schafft er Kunstwerke auf einer freien Wiese im Zentrum der Insel.
Kunst aus Abfall
Unser Bojenplatz vor Niue, im offenen Meer. Einigermassen geschützt bei Wind aus dem Osten, aber schlecht für Winde aus dem Westen. Vorerst zeigt der Bug der Lupina noch gegen Land, was gut ist. Weniger gut das Wetter: am 3. Tag unseres Aufenthaltes beginnt es heftig zu regnen – ein Dauerregen setzt ein.
Trotz Regen verzichten wir nicht auf Landgänge. Hier sind wir unterwegs ins lokale historische Museum.
Am 4. Tag in Niue beginnt der Wind zu drehen und es wird ungemütlich an der Boje. Wir fühlen uns zwar sicher, aber die Wellen werden immer grösser. Da wir bei diesen Windverhältnissen eh nicht mit unserem Dinghi anlanden können, entscheiden wir, schon nach 4 Tagen die Leinen zu lösen und uns auf den Weg zu machen Richtung Tonga.
Schon von der Boje haben wir grosse Delfin Gruppen im offenen Meer spielen und jagen gesehen. Aber sie kamen nie ganz nahe zum Schiff. Kaum aber sind die Leinen los und der Bug schiesst durchs Wasser, sind sie in grossen Mengen ums Schiff und tollen in der Bugwelle.

Die Wettervorhersage begeistert uns nicht wirklich. Es ist zwar Sonnenschein angesagt, aber der Wind wird über Westen nach Süden drehen und sich abschwächen. Für uns bedeutet dies, dass wir zuerst gegenan kämpfen und später dann den Wind suchen müssen. Egal, wir haben viel Zeit und das ist immer noch besser, als an der Boje hin und her gerollt zu werden. Vielleicht haben wir ja auch mal wieder Glück und es kommt besser als angesagt.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Wir erreichen die Cook Islands

Am 25. Mai 2023 lichten wir den Anker in der Lagune von Maupiha’a, durchfahren problemlos mit hohem Tempo den engen Pass (die auslaufende Strömung schiebt uns mit zusätzlichen 4 Knoten) und schwupps – schon sind wir im offenen Meer unterwegs nach dem 360 Seemeilen entfernten Aitutaki, eine von 15 Inseln der Cook Islands. Der Wind weht von hinten und wir können fast die ganze Zeit mit Schmetterlings-Besegelung fahren. Anfänglich ist der Wind noch schwach, aber es reicht gerade, um die Segel straff zu halten. Am 2. Tag nimmt der Wind zu, leider auch die Wellen, die unsere Lupina immer wieder heftig ins Rollen bringen. Aber wir kommen gut und zügig voran. Gegen Schluss der Fahrt müssen wir sogar etwas verlangsamen, damit wir nicht in der Dunkelheit der Nacht am Ziel ankommen.

Bei Sonnenaufgang passieren wir die Hoheitsgrenze der Cook Inseln, und Pia darf nach fast eineinhalb Jahren wieder eine neue Gastlandflagge und die gelbe Quarantäne Flagge setzen. Zwei Stunden später machen wir die Lupina an einer Boje vor dem Riff, das uns vom Hafen trennt, fest.

Cook Islands ist ein weit verstreuter Inselstaat mit insgesamt 15 Hauptinseln zwischen Französisch-Polynesien im Osten und Tonga sowie Samoa im Westen. Die Inseln im Süden ragen hoch aus dem Meer hinaus und ihre Vegetation ist üppig und vielfältig. Die Inseln im Norden sind flache Atolle, deren Korallengestein nur wenigen Pflanzenarten genügend reichhaltige Nahrung abgeben. Der Entdecker James Cook hat längere Zeit diese Inselgruppen erforscht und diente als ihr Namensgeber. Seit 1965 sind die Cook Islands ein selbst verwalteter, demokratischer Commonwealth Staat. Unterstützt wird dieser von Neuseeland vor allem in militärischem Bereich, in der Aussenpolitik und in der Wirtschaft. Die Einwohner besitzen den neuseeländischen Pass und können sich frei zwischen den beiden Staaten bewegen. Landessprache ist Maori, aber jeder spricht auch Englisch, mit dem typisch neuseeländischen Dialekt.

Aitutaki ist eine von 2 Inseln, auf der zurzeit auf den Cook Inseln einklariert werden darf. Die zweite ist Rarotonga, die Hauptinsel, die für uns aber zu weit südlich liegt. Bis vor kurzem wäre ein Einfahren ins Atoll von Aitutaki durch die sehr flache Einfahrt (Pfeil) für unser Schiff mit 2 Meter Tiefgang nicht möglich gewesen. Der Kanal wird gerade ausgebaggert und vertieft, so dass für uns die Passage jetzt gut möglich ist. Wir müssen allerdings dazu das Hochwasser abwarten.
Kurz vor Erreichen der Flut fahren wir durch den Kanal. Die befahrbare Rinne ist sehr eng, aber es herrscht fast keine Strömung und wir haben nur kurz mal eine flache Stelle, wo aber immer noch 20 Zentimeter Wasser unter dem Kiel bleiben. Unsere Freunde von der SY Pasito sind bereits seit 1 Woche auf Aitutaki. Sie unterstützen uns bei der Einfahrt zum Hafen und zeigen uns mit ihrem Dinghi den besten Weg.
Im Hafen drinnen beginnt nun aber das Problem. Beim Versuch im Hafenbecken zu ankern laufen wir immer wieder auf Grund, obwohl uns die Hafenbehörde mehrmals bestätigt, dass der Hafen auf mindestens 2.5 Meter ausgebaggert ist. Stimmt offenbar nicht. Schlussendlich machen wir unsere Lupina an einem Poller so fest, dass weder Kiel noch Ruder bei Ebbe Bodenberührung haben.
Als erstes werden wir vom Beamten der Gesundheitsbehörde kontrolliert. Alles verläuft freundlich und sehr zuvorkommend.
Dann kommt die Behörde der Bio-Security aufs Schiff. Zuerst verläuft auch hier alles sehr friedlich und entspannt. Dann entdeckt aber einer der Beamten eine Ameise an Deck. Das ändert alles!! Bei den Beamten kommt grosse Hektik auf. Wir kommen von Französisch-Polynesien und da gibt es «gefährliche Ameisen», meinen sie. Der Einklarierungs-Prozess wird sofort unterbrochen und die beiden Beamten holen Sackweise Ameisenfallen und Untersuchungsmaterial.

Über 2 Stunden wird jede Ecke unseres Bootes durchsucht. Die speziell präparierten Ameisenfallen bleiben leer, aber es kommt noch eine Spinne zu Tage, die schon fast am Verhungern ist. Trotzdem ist sie für die Beamten ein Beweis, dass wir offenbar Ameisen an Bord haben müssen. Anfänglich gelingt es mir, ruhig zu bleiben. Als sie aber verlangen, dass wir unsere Leinen vom Poller lösen, damit wir keinen Landkontakt mehr haben (über die Leinen könnte ja unsere Armee von Ameisen ihr Land befallen!), muss ich kurz für ein Stossgebet nach vorne zum Anker. Nun, das kurze und heftige Gebet nützt nichts. Es bleibt uns die Wahl zwischen täglich wiederkehrender, mehrstündiger Kontrolle (mit entsprechender Kostenfolge im 4-stelligen (!!) Dollarbetrag) oder sofort die Leinen zu lösen. Mit einem riesigen Frust im Bauch entscheiden wir uns für das Lösen der Leinen.

Nach rund einer Stunde vorsichtigem Abtasten des Hafenbeckens (die Sicht im Wasser beträgt maximal einen halben Meter, den Grund sieht man nicht), fällt der Anker endlich an einer Stelle, wo er hält und nur unser Kiel bei Ebbe auf Grund kommt. Mit einem Heckanker fixieren wir das Boot so, dass es sich nicht allzu weit bewegen kann. Wir (links) liegen direkt neben der SY Pasito (rechts), die mit ihren 1.7 Meter Tiefgang etwas weniger Ankerprobleme hat wie wir.
Bei unserem ersten Landgang fallen uns gleich ein paar Dinge auf: es hat keine Hunde (auf der ganzen Insel nicht!), noch mehr verschiedene Kirchen als in Französisch-Polynesien, die Grundstücke sind nicht umzäunt (wie etwa in ganz Französisch-Polynesien), es hat viele verlassene Häuser (oder was davon übrig blieb), und überall ist das Gras wie in einem Park kurz gemäht (typisch Britischer Einfluss – die Cook Islands orientieren sich stark nach Neuseeland)
In den bewohnten Gebieten wirkt die ganze Insel wie ein Park.
Der Umfang der Hauptinsel beträgt ungefähr 20 Kilometer. Da ist ein Roller gerade das richtige Fortbewegungsmittel für eine ausgiebige Erkundungstour.
Mit den geteerten Strassen sind wir schnell durch – wir wählen auch Abenteuer Strecken (grins)
Aussicht vom rund 80 Meter hohen Aussichtspunkt «Piraki Lookout» über die östliche Lagune.
Sanfter Tourismus ist die grösste Einnahmequelle. Hier besuchen wir einen wunderschönen, aber kleinen Resort, direkt am Meer, «Pacific Resort Aitutaki». Pool und Meer verschmelzen gänzlich aus dieser Perspektive.
Auch einen feinen Drink finden wir hier – muss natürlich probiert werden!
Letzter Sonnenuntergang im Hafen von Aitutaki.
Am nächsten Morgen bei Flut verlassen wir zusammen mit der SY Pasito Aitutaki und nehmen gemeinsam Kurs auf zur weiter nordwestlich liegenden Insel Palmerston. Der Wind weht wieder von hinten und auch jetzt setzen wir die Segel in der Schmetterlings Stellung (ein Segel links, das andere rechts)
Mit zunehmender Distanz von Aitutaki nehmen Wind und Welle zu. Auch auf dieser Fahrt ist der Pazifik alles andere als still und ruhig. Es wird eine rollige Berg- und Talfahrt. Die zu bewältigende Distanz beträgt etwas mehr als 200 Seemeilen. Bei gutem Wind leicht machbar in eineinhalb Tagen. Aber vor allem am Anfang sind wir nur langsam unterwegs. Weil wir nicht riskieren wollen, in der Nacht am Ziel anzukommen, kontrollieren wir unsere Fahrt so, dass wir erst am Morgen des zweiten Tages auf See in Palmerston ankommen.
Als wir das Hoheitsgebiet von Palmerston erreichen, funken wir die Behörde an, und erfahren zu unserem Schreck, dass es seit Covid keine Bojen mehr gibt. Das war nirgends zu lesen – in keiner der vielen Online Plattformen. Wir wussten, dass man ausserhalb des Riffes im offenen Meer bleiben muss. Es gibt keine Durchfahrt für grosse Schiffe. Nun sind wir gezwungen zu ankern – auf Korallen und steil abfallendem Meeresgrund. Die Moral auf unseren beiden Booten ist kurz auf dem Tiefpunkt. Was machen? Direkt weiter? Da kommt über Funk die Information, dass ein Boot unterwegs sei zu uns. Es werde uns die guten Ankerpositionen zuweisen. Kurz danach schiesst Bob (Funk Name: Alpha-Golf) mit seinem Alu-Boot über das Riff und zeigt uns mit klaren Handzeichen, wo wir den Anker setzen sollen. Der Anker fällt, es ruckelt 2–3-mal, dann hakt sich der Anker im Korallenboden fest..
Welcome to Palmerston!

Palmerston wurde 1774 durch James Cook entdeckt und von ihm nach einem Englischen Admiral «Palmerston» benannt. In der Frühzeit europäischen Kontakte kam die Insel in Besitz eines britischen Kaufmanns. Dieser entsandte Anfang der 1860er Jahre den Schiffszimmermann William Marsters nach Palmerston, um dort Copra für die Kokosölproduktion zu ernten. 1863 landete Marsters in Begleitung von 3 polynesischen Frauen auf der Insel. Er teilte die Insel in 3 Teile auf und übergab jeder seiner Frauen einen davon. In den folgenden Jahren zeugte er 21 Kinder mit seinen Frauen. Damit war der Grundstein gelegt für die heutige Bevölkerung. Die Unterteilung der Insel besteht bis heute. Die Namen der 3 Frauen von damals dienen heute zur Unterscheidung der Familienclans. 1954 wurde die Insel offiziell der Familie als volles Eigentum übergeben. 2016 gab es noch offiziell 57 Einwohner. Bei unserem Besuch sind es heute noch 28. Sie leben hauptsächlich vom Verkauf von Papageifisch, die sie hier mit Netzen fangen, filetieren, vor Ort einfrieren und überwiegend nach Rarotonga (Hauptinsel der Cook Islands) verkaufen.

Der Grabstein von William Marsters, dem Urvater der heutigen Bevölkerung, die bereits in die 8. Generation geht. Hinten links im Hintergrund sein sehr stabil gebautes Haus. Errichtet hat er es mit dicken Holzplanken, die er aus einem aufs Riff gelaufenen Holzfrachter geborgen hatte.
Auch hier gibt es eine Kirche, aber nur eine (Augenzwinker), welche direkt neben William Masters Haus gebaut wurde
Innen ist sie mit wunderschön verarbeitetem Mahagoni Holz ausgestattet
Die 3 Familien Marsters auf der Insel sind den Seglern gegenüber sehr wohlwollen eingestellt. Sind sie doch immer eine willkommene Abwechslung. Untereinander stimmen sie jeweils ab, wer den ankommenden Segler begrüssen und empfangen darf. Unser Gastgeber ist die Familie von Bob, der uns mit seinem Boot den Ankerplatz gezeigt hat. Bei jedem Landgang werden wir zum Mittagessen eingeladen. Bob ist für Grill und BBQ zuständig. Ich fühl mich wie zu Hause!
Pia geht Bob’s Frau, Tubo, gerne zur Hand.
Bob und Tubo beschenken uns mit ihrer Zeit und ihrem Essen. Sie erzählen uns viel und gerne aus ihrem Erfahrungsschatz. Wir lernen viel über das Leben hier auf der Insel kennen. Zum Beispiel, dass immer die älteste Person des Familienclans das Oberhaupt ist. Die zweitälteste Person ist der Beirat. Stirbt jemand, rückt automatisch die nächst ältere Person nach. Von den 3 Familien-Oberhäuptern ist immer eines der Mayor (Bürgermeister). Im Rotationsprinzip wird alle 4 Jahre gewechselt. Wer für den Staat arbeitet, darf nicht Mayor sein. Lehrer, Krankenschwester, Zollbeamter, Gesundheitsbeauftragte und Gemeindearbeiter sind Staatsangestellte und erhalten einen guten Lohn. Zurzeit leben noch 28 Menschen auf der Insel, davon 9 Kinder.
Auf der Insel gilt das Motto: jeder hilft hier jedem – auch die Besucher helfen mit. Aber Achtung, dies ist ein «Fake» Bild! ….
… denn abgewaschen haben diese Zwei – unter strenger Aufsicht von Bob
Seit ein paar Wochen verfügt die Insel über ein 4G Internet. Hier die Satellitenanlage mit der eigenen Stromversorgung mittels Solarpaneelen. 2015 wurde auf der Insel mit Hilfe Neuseeländischer Finanzen eine moderne Power-Station, ebenfalls mit Sonnenenergie, errichtet. Die vorhandene Infrastruktur erreicht auf Palmerston einen deutlich höheren Standard, als etwa in Französisch-Polynesien.
Die «Palmerston Lucky School» macht ihrem Namen alle Ehre. Wir treffen tatsächlich ausschliesslich fröhliche Menschen darin an.
Der offene Schulraum. Hier werden die Kinder altersdurchmischt unterrichtet. Der Hauptlehrer wird von 2 Hilfslehrerinnen unterstützt. Das Schulprogramm kommt aus Neuseeland. Wer nach der obligatorischen Primarschule eine höhere Schule besuchen will, muss nach Rarotonga.
Auf unsere Frage, ob wir etwas für die Schule tun können, erzählt uns die eine Hilfslehrerin von einem Anlass, an dem die Kinder nachher durch kleine Geschenke belohnt werden. Super! Der Bauch der Lupina ist gross, da findet sich sicher etwas. Und wir werden fündig! Zum Dank für unseren Beitrag posieren alle zu einem Gruppenbild hinter dem Geschenketisch. Der Mann rechts neben Pia ist der Hauptlehrer.
«Spital» mit Krankenschwester auf Palmerston. Einfache Sachen werden lokal behandelt, für Schwierigeres kann die Krankenschwester via moderne Kommunikationsmittel einen Arzt beiziehen.
Natürlich besuchen wir auch den amtierenden Bürgermeister: Bill. Ein Mann mit funkelnden Augen, der schon viel gereist ist und in seinem Leben einiges erlebt hat. Der Zufall will es: er hat mit mir Geburtstag! Hier hat er an seinem Strand das «Palmerston Operah House» gebaut. Ab und zu kommt mal ein grösseres Passagierschiff vorbei und macht auf Palmerston Halt. Da wird die ganze Insel für ein paar Stunden zum Abenteuerland, mit Tanz, BBQ, Inselführungen, Musik und Bars. Dafür dürfte das Operah House gedacht sein.
Bill verfügt über eine riesige Küchenanlage, mit Hilfe derer die Passagiere eines Kreuzfahrtschiffes verpflegt werden können. Meist wird dabei das Essen vom Schiff an Land gebracht und dann an Land zubereitet.
Am «Palmerston Country Club», einer Bar, müsse er noch etwas arbeiten, meint Bill. Aber Covid hätte ihn etwas eingebremst. Aber jetzt, wo Touristen nach 3 Jahren wieder kommen dürfen, wird er wohl bald wieder daran weiter bauen.
Die Regierung von Cook Islands hat beschlossen, alle Schulen, die auf entlegenen Inseln geführt werden, mit kleinen Jollen zu beschenken. Jeden Freitagnachmittag wird hier auf Palmerston fleissig damit geübt.
Die Kinder sind sehr stolz, dass wir, die Weltensegler, sie bei ihrem Training beobachten. Auch Bill kommt immer zum Training und bringt den Kindern Süssigkeiten mit.
Und erneut heisst es wieder, Abschied nehmen von wunderbaren und unheimlich freundlichen Menschen. Zum Dank für seinen täglichen Transportdienst können wir Bob mit einem Stück unserer alten, rostfreien Stahlkette aushelfen.

Morgen Sonntag, 11.6.2023, wollen wir Anker auf und die rund 300 Seemeilen zu einem verrückten Ort in Angriff nehmen: das Beveridge Reef. Das Beveridge Reef ist eine «Raststätte» mitten im Ozean. Nur bei Ebbe ragt das Riff teilweise über die Wasseroberfläche, sonst ist es immer bedeckt. Stell dir vor: innerhalb von 15 Kilometern steigt aus 5’000 Meter Meerestiefe eine Felsnadel bis an die Wasseroberfläche empor. Ich kenne keinen Berg, der so steil und hoch nach oben ragt! An der Wasseroberfläche misst das leicht nierenförmige Riff rund 3 Kilometer im Durchmesser. Die Einfahrt ins Atoll scheint breit und genügend tiefe zu sein, und gemäss früheren Besuchern soll der Ankergrund im Atoll drinnen auf Sand bei 5-10 Metern perfekt sein. Da wollen wir hin!!

Passt der Wind? Finden wir das Atoll, das fast immer unter Wasser liegt?  Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Maupiha’a – die fast vergessene Insel in Französisch-Polynesien

Maupiha’a liegt rund 105 Seemeilen westlich von Maupiti. Ein Zwischenhalt hier verkürzt die Segelstrecke zu den Cook Inseln (unser nächstes Ziel) und macht es ein wenig leichter, ein dafür passendes Wetterfenster zu finden. Es ist die am westlichsten gelegene Insel in Französisch-Polynesien, welche mit unserem Schiff angelaufen werden kann.

Das Atoll Maupiha’a wurde 1998 durch Zyklon Martin komplett zerstört. 75% der Bäume und anderen Vegetation sowie alle Häuser bis auf eines wurden von den Flutwellen weggerissen. Alle Leute konnten rechtzeitig durch das Militär evakuiert werden und zum Glück gab es keine Opfer zu beklagen. Ein Teil der über Jahrhunderte von Wind und Meer angehäuften Insel wurde weggespült, so dass heute nur noch etwa die Hälfte des Riffes von Motus umsäumt ist. Im Nordwesten gibt es eine Einfahrt, die unter Seefahrern als sehr gefährlich eingestuft wird. Der Pass, der «Boys zu Männern macht»!
So präsentiert sich die Passdurchfahrt auf unserer Seekarte. Die mit einem roten Punkt und weissem Kreuz versehenen Seezeichen wurden beim Zyklon weggefegt und sind nicht mehr vorhanden. Links und rechts vom Pass lauern scharfe Korallenbänke (grün eingezeichnet), die bis knapp unter die Wasseroberfläche ragen. Der Pass verläuft zwar ziemlich gerade, ist aber sehr eng (rund 20 Meter breit). Wer die Durchfahrt begonnen hat, muss durch. Ein Wendemanöver wäre fast ein sicherer Crash. Es braucht einen zuverlässigen Motor, viel Mut und gute Nerven.
Wir wagen es! So präsentiert sich die Einfahrt in Realität. Die weissen Schaumkronen links und rechts signalisieren das Aussenriff. Der Einfahrtsbereich im offenen Meer ist sehr turbulent. Es gibt viele Verwirbelungen, Unter- und Überströme und es ist unmöglich, hier das Boot auf geradem Kurs zu halten. In solchen Verhältnissen ein Schiff in die nur 20 Meter breite Fahrrinne des Passes (Bildmitte) zu manövrieren ist nicht ganz einfach, aber machbar. Einmal im Pass drin wird die Strömung regelmässig. Mit rund etwa 4-5 Knoten auslaufend ist sie zwar stark, aber unser Motor schafft das. Im Schneckentempo (1-2 Knoten Fahrt über Grund) schiebt er unsere Lupina langsam aber sicher durch die engste Stelle. Nach knapp 500 Metern sind wir durch.
Drinnen am Ankerplatz (es sind noch 3 andere Boote da), zufrieden und auch etwas stolz auf die sichere Ankunft, feiern wir unseren Erfolg mit einem Ankertrunk und lassen den Tag bei einem herrlichen Sonnenuntergang zu Ende gehen.

Nach der vollständigen Zerstörung des Atolls 1998 hat sich die Vegetation in den vergangenen 25 Jahren erstaunlich gut erholt. Von den damaligen Bewohnern wollte niemand mehr zurück. Deshalb wurde von der Regierung ein Programm gestartet, das einige wenige neue Familien motiviert hat, ein Abenteuer zu starten und sich der Copra Ernte zu verpflichten. Für ihren mutigen Entscheid erhalten sie pro Jahr einen fixen Geldbetrag. Die Familien arbeiten in einer Kooperation zusammen. Dabei arbeitet zwar jeder für sich, aber der Transport aufs Schiff, das nur kommt, wenn 40 Tonnen Copra geerntet sind, wird gemeinsam erledigt. Es gibt ein Satelliten-Telefon (früher ein Funkgerät) auf der Insel, damit wird die Kommunikation mit der Aussenwelt aufrecht erhalten. Ansonsten sind die Einwohner komplett auf sich selber gestellt. Heute leben 9 Personen auf dem rund 7km langen Motu. Sie versorgen sich von Maupiti aus und sind dabei auf die Unterstützung von Fischern und Seglern angewiesen. Ein Versorgungsschiff gibt es keines.

Bei unserem ersten Landgang besuchen wir Marcelo und seine Familie (Frau und 1 Tochter). Er ist der Leiter der Kooperation. Er teilt den Familien den Bereich der Insel zu, für den sie verantwortlich sind und wo sie ihre Hütte aufstellen können. Seine Frau verwaltet das Satellitentelefon. Wir bitten ihn um Erlaubnis, vor seinem Teil des Motus vor Anker liegen zu dürfen. Gütig lächelnd willigt er sofort ein. Er ist sehr positiv auf Segler eingestellt. Erst kürzlich wurde er von einem Segler von Maupiti, wo er wegen einer Krankheit einige Wochen medizinische Hilfe benötigt hat, nach Maupiha’a zurück gebracht.
Auf Erkundungsfahrt mit dem Dinghi
Am südöstlichen Ende der Hauptinsel.
Auf unserem Landgang am Südostende der Insel begegnen wir Pièrre. Er hat unsere Ankunft mit dem Dinghi schon von weitem gesehen und ist uns gefolgt, um uns auf traditionelle Weise zu begrüssen: mit einer Kokosnuss. Er erklärt uns viel über die Vegetation der Insel und lädt uns für die nächsten Tage zu seinem Haus, das sich etwa in der Mitte der langgezogenen Insel befindet, ein.
Am nächsten Tag landen wir unser Dinghi etwa in der Mitte der Hauptinsel und machen uns zu Fuss auf die Suche nach Pièrre. Erstaunlicherweise verläuft über die ganze Länge der Insel ein etwas über 5km langer Weg. Dieser würde nach der Verwüstung 1998 wieder erstellt und dient dazu, die einzelnen Familien miteinander zu verbinden und die Copra Ernte zentral zu sammeln.
Auf unserem Weg kommen wir an einigen verlassenen, leeren Hütten vorbei. Aber dort, wo jemand wohnt, da sieht es immer sehr ordentlich und herausgeputzt aus. Bei der Hütte von Isabela sieht es besonders aufgeräumt aus. Sogar die Kokosnussschalen sind fein säuberlich zum Vortrocknen aufgehäuft.
Nach gut einer halben Stunde sehr kurzweiligem Fussmarsch gelangen wir zur Hütte von Pièrre. Er hatte uns am Tag vorher versprochen, er wolle uns einen Fisch zubereiten. Mit hängenden Ohren gesteht er uns nun, dass er mit dem Fischen nicht erfolgreich war. Gleichzeitig kehrt ein Strahlen zurück auf sein Gesicht: «ich habe etwas viel Besseres für euch!», meint er. Er greift in einen alten Jutesack und zieht zwei riesige Kokoskrabben hervor.
Auch Pia will sich das Tier aus der Nähe anschauen. Die beiden Zangen sind immer unterschiedlich stark ausgebaut. Mit der Kleineren hält die Krabbe eine Kokosnuss fest, mit der Anderen, der Stärkeren, bricht sie die Schalen auf. Kommt ein unachtsamer Menschenfinger in diese starke Zange, wird dieser unweigerlich zerquetscht und zermalmt. Also aufpassen!
Nach einem gezielten Messerstich zwischen die Augen mitten ins Herz wandern die beiden Krabben ins heisse Wasser (Meerwasser).
An einem anderen Tag besuchen wir Norma und Harry. Beide sind in Maupiti aufgewachsen. Da sei es ihnen nun «zu lärmig und hektisch» geworden.
Schaut euch den Sandboden an! Da liegt kein Blatt, rein gar nichts herum.
Auch hinter dem Haus sieht es bei den beiden Auswanderern gut aufgeräumt aus.
Auf der Insel gibt es 3 Motorfahrzeuge: einen funktionierenden Traktor der Kooperative und 2 Autos, die schon längst nicht mehr benutzt werde. Dieser Land-Rover gehört Harry. Er hat ihn von Maupiti mitgenommen. Nach einiger Zeit sei aber bei der Kupplung etwas kaputt gegangen, wie er uns erklärt, und seither steht er. Falls also ein geschickter Land-Rover Spezialist mitliest – hier ist der perfekte Arbeitsplatz!
Toilette mit wunderschöner Aussicht
Harry sammelt Mützen, die er von Seglern erhält. Darunter sehen wir eine von einem Schiff, das wir auch gut kennen. Wir machen ein Foto und schicken es später, sobald wir wieder Internet haben, an die Crew des Schweizer Schiffes Tanai III
Natürlich werden wir auch von Norma und ihren wunderbaren Kochkünsten verwöhnt. Pia tauscht intensiv Rezepte aus mit ihr.

Wir sind nun fast eineinhalb Jahre in Französisch-Polynesien unterwegs. Unheimlich wie die Zeit vergeht. Französisch-Polynesien erstreckt sich über eine Fläche von 5,5 Millionen km2, die gleiche Grösse wie Westeuropa. Die vier Archipele, die wir besucht haben, sind weit voneinander entfernt und von der Natur her sehr unterschiedlich: die Marquesas mit ihren wilden Bergen und engen Tälern, die flachen Atolle der Tuamotus, die Gesellschaftsinseln mit ihren üppigen, aber oft steilen Hängen und ganz am Anfang Gambier, eine spezielle Mischung zwischen den Marquesas und den Tuamotus.

Überall, wo wir uns bewegt haben, sind wir auf nette, fröhliche und ausserordentlich gastfreundliche Menschen gestossen. Instinktiv haben wir gefühlt: hier bist du sicher. Seit wir in Französisch-Polynesien angekommen sind, war unser Boot nie mehr abgeschlossen. Einzige Ausnahme: Tahiti. Veranlassung dazu waren hier aber eher die vielen anderen Segler (von denen schon mal einer etwas von unserem Schiff brauchen könnte) als die Einheimischen. Maupiha’a ist nun definitiv der letzte Stopp in Französisch-Polynesien. Nun treibt uns der Wind weiter westwärts. Wir dürfen schöne Erinnerungen an wunderbare Menschen mitnehmen.

Die Menschen machen den Unterschied aus. Schon eine geschenkte Zigarre reicht, um jemanden glücklich zu machen.
Viel Zeit für Gespräche
«Nana!» – «au revoire» – «auf Wiedersehen»

Am 25. Mai 2023, sobald wir gutes Sonnenlicht haben, um die Hindernisse bei der Ausfahrt gut sehen zu können, lichten wir den Anker, winken unseren neuen Freunden ein letztes Mal zu und nehmen Kurs auf Richtung Cook Islands. Wie gelingt und die Ausfahrt durch den Pass, diesmal mit der Strömung? Was erwartet uns am Ziel – können wir da anlegen? Mehr davon im nächsten Bericht. Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Absprung aus Französisch-Polynesien

Maupiti, der vermeintliche Abschied von Französisch-Polynesien

Wir schreiben den 7. Mai 2023. Wir sind seit 2 Tagen ausklariert und können Französisch-Polynesien (FP) verlassen. Wir liegen auf Bora-Bora vor Anker und freuen uns darauf, mit unserer Lupina weiter westwärts neuen Abenteuern entgegen zu segeln. Vor uns liegt als nächstes Ziel die Insel Maupiti, die westlichste zivilisierte Insel von FP.

Früh am Morgen, bei den ersten Sonnenstrahlen, lassen wir Bora-Bora hinter uns und nehmen die rund 30 Seemeilen lange Fahrt nach Maupiti in Angriff.
Unter sonnigem Himmel weht eine leichte Brise und mit Schmetterlingsbesegelung geht es gemütlich unserem neuen Ziel entgegen – Maupiti mit dem 372 Meter hohen Berg «Teurafa’atiu»
Die Einfahrt ins Atoll von Maupiti zählt zu einer der schwierigsten Einfahrten in FP. Sie ist relativ eng (nur 60-80 Meter breit) und es herrscht meist eine starke ausfliessende Strömung. Diese ist weniger von den Gezeiten, als vom Seegang abhängig. Bei hohen Wellen schwappt mehr Wasser übers Riff ins Atoll und fliesst durch den Pass wieder ab. Der Pass ist nach Süden ausgerichtet. Von hier kommt mehrheitlich der Schwell von den starken südlichen Winden. Strömung gegen Welle -eine gefährliche Mischung. Oftmals entstehen dabei hohe stehende Wellen, die sich immer wieder dröhnend brechen. Die Fahrt durch den Pass von Maupiti sollte bei einem Meeresgang mit Wellen höher als 2 Meter vermieden werden. Als wir uns nähern haben wir gerade etwa diese kritische Höhe. Rings um uns brechen tosend die Wellen und hinterlassen im Einfahrtsbereich ein weiss schäumendes Gebrodel.
Nach rund 5 Minuten sind wir durch die schlimmsten Turbulenzen durch. Ein Blick zurück zeigt deutlich die mit weissem Schaumwasser überdeckten Riffkanten. Nach der Passage dieser Stelle wird das Steuern wieder einfacher. Aber jetzt ist Geduld gefragt. Nun gilt es, den stärksten Strömungen auszuweichen (bei unserer Einfahrt sind es gerade etwa 4 Knoten) und die Lupina langsam (wir machen nur 1-2 Knoten Fahrt über Grund) aber sicher ins Atoll zu manövrieren. Es klappt einwandfrei.
Kurz danach sind wir drin und ankern direkt vor dem Hauptdorf (Vaiea) auf Maupiti. Hier der Blick nach hinten …
… und hier nach vorne. Draussen herrscht ein Seegang von rund 2 Metern Welle, im Atoll drin ist das Wasser spiegelglatt.
Am Ankerplatz treffen wir die SY Pasito wieder. Den ersten Sundowner auf Maupiti geniessen wir zusammen mit Ruedi und Chris auf der Lupina.

Maupiti erinnert uns stark an unsere erste Insel in FP: Gambier. Die Hauptinsel bildet das Zentrum des Atolls. Umsäumt wird sie von 5 Motus, kleine flache Korallen- und Sandinseln direkt am Riff. Die bewohnbare Fläche beträgt nur rund 12km2. Die rund 1’300 Einwohner leben mehrheitlich vom sanften Tourismus (es hat diverse kleine, hübsche Pensionen), Fischfang und Copra. Die Infrastruktur ist gut und die Insel ist mit Fähre von Bora-Bora und per Flugzeug erreichbar. Obwohl die Strasse rings um die Insel nur etwa 10 Kilometer lang ist, hat jeder Haushalt mindestens 1 Auto.

«Maupiti» bedeutet «zwei Berge». Zwei Berge bilden die Hauptinsel und der höchste davon, der 372 Meter hohe «Teurafa’atiu», verspricht eine fantastische Aussicht über das Atoll. Da müssen wir hin! Gemeinsam mit der Crew der SY Pasito nehmen wir den steilen Anstieg in Angriff.
Auch für Schweizer Bergziegen geht es nicht ohne Rast im anspruchsvollen Gelände.
Schon auf halber Höhe öffnet sich eine grandiose Aussicht auf das Atoll. Unten links das Dorf, in der Bildmitte im Hintergrund die Einfahrt zwischen den 2 Motus.
Zuoberst auf dem «Teurafa’atiu» angelangt
Und das ist die Belohnung – 360 Grad Rundumsicht. Hier der Blick Richtung Westen
Blick Richtung Süden zum Pass. Hier sieht man gut, wie ein Atoll funktioniert: über den Rand des Riffes (sichtbar an den weissen Schaumkronen im Meer) schwappt frisches Meerwasser ins Atoll hinein. Über den über Tausende von Jahren durch permanente Strömung tief eingeschnittenen Kanal (tiefblaue Farbe) fliesst das Wasser wieder aus dem Atoll.
Blick nach Westen über das Dorf Vaiea und unseren Ankerplatz (Bildmitte)
Der Abstieg verläuft dann sehr abenteuerlich. Wir folgen dem zunächst noch einigermassen gut markierten Wanderweg auf die Westseite der Insel. Schon nach kurzer Zeit verlieren wir den Pfad jedoch (wahrscheinlich zu wenig benutzt?) und kämpfen uns mutig bergabwärts, unterstützt mit einem GPS-Gerät in der Hand. Nach mühsamen 2 Stunden Kampf durch trockene Flusstäler und entlang von Steilhängen dann die Erleichterung: wir stossen auf frisch aufgehängte Weg Markierungen (rote Bändel). Von da an ist der Rest ein Kinderspiel.
Streng war es – aber soo schön!
Nach der Wanderung braucht es Stärkung. Frisches Gemüse am 2-mal pro Woche stattfindenden Gemüsemarkt.
Gestärkt mit diesen gesunden Vitaminen geht es auf eine Rad-Tour um die Insel (rund 10km einmal rings herum)
Verdiente Pause zwischendurch …
… und Aussicht geniessen. Die Radtour gefällt uns so gut – wir umrunden die Insel gleich 2 mal: einmal im links herum, einmal rechts herum.
Wir sind im Dorf zurück. Irgendwo riecht es gut. Wir hören Musik und gehen hin. «Ein Fest für die Dorfjugend», wird uns erklärt. Passt für uns! Es wird ein fantastisch schöner Abend mit viel Musik, Tanz und Gesang. Schaut euch die Gesichter an – die strahlen vor Fröhlichkeit!
Wunderschöne lokale Tänzerinnen! Die Hüften wackeln fast schneller, als die männlichen Augen folgen können (big smile)
Verschiedene Gruppen in bunter Reihenfolge. Die Dame in der Bildmitte spielt übrigens ein lokales Instrument: man nehme einen alten Plastikkanister, steckt eine Holzlatte durch den Ausguss und spannt über der Latte eine Schnur – fertig ist der Kontra-Bass.
Was das Fest mit der Dorfjugend zu tun haben soll, haben wir nicht wirklich begriffen. Die Zuschauer waren durchwegs älteren Semesters. Die einzigen Jugendlichen, die wir erblicken, sind ein paar wenige Kinder, die Mutter oder Vater zur Aufführung begleiten. Diese Beiden haben ihre helle Freude an unserem komischen Französisch.

Seit Tagen beobachten wir interessiert die Wetterentwicklung. Unser nächstes Ziel sind die Cook Inseln. Da unsere Wunschdestinationen, die Inseln Palmerston und Suwarrow keine Einklarierungsstationen sind, müssen wir zuerst einen der beiden offiziellen Einklarierungshäfen anlaufen. Rarotonga oder Aitutaki. Die Distanz zu beiden Inseln ist mit rund 460 Seemeilen etwa gleich weit, aber Rarotonga liegt viel weiter südlich als Aitutaki. Deshalb entscheiden wir uns für Aitutaki. Wir brauchen also nun ein Wetterfenster mit 4 Tagen gutem, stabilem Wind. Als sich nach einer Woche am Ankerplatz vor dem Dorf immer noch keine geeignete Gelegenheit abzeichnet, verlegen wir noch für ein paar Tage ans Riff in der Nähe des Passes. Hier ist das Wasser viel klarer und die Schnorchel-Möglichkeiten vielfältiger.

Wir fahren mit dem Dinghi nach einem ausgedehnten Schnorchel Ausflug zurück zur Lupina. Als wir weggefahren sind, waren wir mit der Lupina alleine. Nun liegt ein grosser Cat einer Charter-Gesellschaft direkt neben uns. Beim Vorbeifahren ruft die Crew laut und winkt uns zu sich. Es stellt sich heraus, dass die 2, Marie-Claire und Denis (? ich hoffe, die Namen stimmen?) aus der Region Genf kommen, hier gerade eine Yacht mit Besatzung gemietet haben und für rund eine Woche einen Kurztörn unternehmen. Als sie unsere Schweizer Flagge gesehen haben, wollten sie uns «Hallo» sagen. Wir werden von der Besatzung herzlich an Bord willkommen geheissen und mit einem Stück echtem Schweizer Greyerzer Käse, einer Flasche Rotwein und feiner Schokolade beschenkt. Perfekt gelungen!! Vielen Dank!!

Dann ist es endlich da, unser Wetterfenster. Unsere Freunde von der Pasito sind mutig schon einen Tag früher in See gestochen. Wir warten noch einen Tag, bis der Wind etwas stärker wird. Wir brauchen eine gewisse Windstärke, damit die Segel im Wellengang des Meeres nicht dauernd heftig hin und her schlagen. Am 17. Mai scheint es soweit zu sein. Der Wind ist da, allerdings auch nur für 2 Tage. Ganz kurzfristig entscheiden wir uns, auf der letzten noch für unser Schiff zugänglichen Insel in FP, auf dem Atoll Maupiha’a, einen Zwischenstopp einzulegen. Von da aus sind es nur noch etwa 350 Seemeilen bis Aitutaki, was das benötigte Wetterfenster etwas überschaubarer macht.

Unser letzter Sonnenuntergang auf Maupiti. Einmal mehr fällt uns der Abschied schwer. Wir haben hier noch einmal ein wunderbares Französisch-Polynesien erleben dürfen. Nebst Gambier ist Maupiti für uns einer der schönsten Flecken Erde, die wir hier in den letzten anderthalb Jahren besegelt haben. Was für ein schöner Abschied aus FP!

Zum Glück heisst es nun aber doch noch nicht ganz, endgültig Abschied zu nehmen. Es gibt ja jetzt noch dieses Maupiha’a. Was uns da wohl erwartet? Der Pass ins Atoll soll noch gefährlicher sein als in Maupiti!

Aber mehr davon im nächsten Bericht. Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Die Zeit in Französisch-Polynesien neigt sich zu Ende

Unsere Freunde, Mandy und Dani Stadelmann, sitzen im Flugzeug nach Hause. Wir schreiben heute Sonntag, den 22. April 2023. Nachdem wir die Beiden mit dem Schiff am Steg abgeliefert haben, verlegen wir noch für eine Nacht in das Bojen Feld vor dem Bora-Bora Yacht Club. Der stürmische Wind, hohe Wellen und immer wieder Regenschauer nehmen uns die Lust, unser Dinghi zu wassern und an Land zu fahren. Nach dem wunderbaren Abschieds-Nachtessen vom Vorabend im «Bloody Mary’s» haben wir eh kein Bedürfnis, schon wieder auswärts zu essen. Die Normalität kehrt wieder ein auf der Lupina.

Die ganze Nacht regnet und stürmt es. Die Bojen auf Bora-Bora sind gut unterhalten (dafür kosten sie auch stolze 40 Dollar pro Tag) und wir schlafen gut und tief. Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von Bora-Bora und nutzen den Westwind, um wieder nach Tahaa und Raiatea zurück zu segeln. Wir lassen das triste Wetter in Bora-Bora zurück.
Zurück auf Tahaa hat uns die Sonne wieder. Der Westwind vertreibt die Regenwolken, stellt dann nach und nach ab und übergibt das Feld wieder dem hier sonst üblichen Ostwind.
Wir geniessen den ersten Ankerplatz auf Tahaa gebührend mit einem Ankertrunk.

Die vergangenen 2 Wochen sind für uns etwas schnell, zu schnell verlaufen. Wir sind im Eilzugstempo von Tahiti, über Moorea, Huahine und Tahaa nach Bora-Bora gesegelt. Deshalb kehren wir nun nochmals nach Tahaa zurück. Wir wollen uns auch Zeit nehmen für die Hauptinsel in dieser Region, Raiatea, welche im gleichen Atoll drinnen liegt wie Tahaa.

Während Tahiti, Moorea und Bora Bora alle touristisch sehr gut erschlossen sind, wird Tahaa (wie auch schon Huahine) oft als „die geheime Insel“ bezeichnet. Alle Inseln verfügen über eine wunderschöne Natur, auch wenn sie unterschiedlich sind. Huahine und Tahaa sind einfach nochmals eine Spur üppiger und authentischer. Etwas mehr als 5’000 Einwohner leben verteilt auf 8 Dörfer auf der 88 km2 grossen Insel. Auch hier nimmt der Tourismus die Hauptstellung ein in der Wirtschaft, aber ein Grossteil der Bevölkerung lebt vom Fischen, von Kopra und von Landwirtschaft.

Das Ende der langgezogenen Bucht von Haamene (Tahaa) – unser Ankerplatz für die nächsten Tage
Die rund 5 Kilometer tiefe Haamene Bucht bietet sehr guten Schutz vor den meisten Winden. Abends und in den Morgenstunden herrscht Totenstille und das Wasser ist spiegelglatt.
Vom Ankerplatz in Haamene mieten wir uns per Internet ein Auto und umrunden damit die Insel Tahaa (rund 70km). Von der Westküste haben wir einen fantastischen Blick rüber nach Bora-Bora, das irgendwo zwischen Meer und Himmel zu schweben scheint.
Uns fällt sofort auf: hier nehmen sich die Leute wieder Zeit, die Umgebung ihrer Häuser schön und ordentlich zu halten. Sie sind stolz darauf, schön zu wohnen. Es gibt keine oder wenig hässliche Mauern und Bretterverschläge, welche das Grundstück vor lästigen Blicken abschotten sollen. So gefällt es uns. Zu ihren verstorbenen Angehörigen haben sie ein innigeres Verhältnis als etwa in den Marquesas oder auf den Tuamotus. Hier nehmen die Verstorbenen meist einen prominenten Platz auf dem eigenen Anwesen ein. Das Grab dient als Sitzplatz, Treffpunkt und vermutlich auch als Ort, wo man sich gedanklich und spirituell wieder mit seinen Vorfahren verbindet.
Perlenfarmen wie auf Gambier. Sie sind aber eindeutig auf Touristen vorbereitet, die von grossen Hotel Anlagen aus Raiatea und Tahaa mit Booten direkt vor die Türe gefahren werden.
Auf Tahaa gibt es 2 Rumfabriken. Die eine, Pari-Pari, ist auf den High-End Tourismus abgestimmt mit entsprechend horrenden Preisen. Die andere Destillerie, Mana’o, präsentiert sich klein und sympathisch. Hier erfahren wir viel über Hintergründe, Motivation und Projekte des noch jungen Unternehmens. Natürlich dürfen wir auch ausgiebig vom mit Bio-Label versehenen Rum degustieren.
Nachdem wir Tahaa per Auto entlang der wunderschön angelegten Küstenstrasse «erfahren» haben, wollen wir sie heute zu Fuss von unserer Bucht Haamene aus nordwärts durchwandern. Schon kurz nach dem Start aber dieses Tor, mit einer grossen Kette behangen. Ein genauer Blick zeigt aber, die Kette ist nicht abgeschlossen und das Tor dient wohl lediglich dazu, dass das auf dem Gelände dahinter weidende Grossvieh nicht ausbüchst.

An dieser Stelle eine kurze Antwort auf die Frage, wie wir auf fremden Inseln Wanderwege finden und uns nicht jedes Mal verirren. Heute ist das ja ganz einfach. Internet und Mobiltelefone helfen dabei, und ein paar andere Segler, die wir nach Tipps befragen. Wir benutzen ein Programm, das Offline-Karten verwendet und die GPS-Position des Handys. Mit der APP «MapsMe» suchen wir vorher die ganze Insel auf schöne oder vielversprechende Wanderungen ab. Einmal unterwegs können wir dann Dank GPS immer wieder kontrollieren, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Technologie macht’s möglich!

Hinter dem Tor erwartet uns ein wunderschöner, sanft ansteigender, alter Pfad, der früher von den Einwohnern benutzt wurde, um auf dem Landweg zur Hauptstadt im Norden der Insel zu gelangen. Er führt gut beschattet von mächtigen Bäumen durch üppigen Urwald.
Auf der Bergscheide dann dieser wunderbare Ausblick in den Süden auf «unsere» Bucht, wo die Lupina mit mittlerweile 3 anderen Booten sicher liegt.
Nach der rund 10km langen Wanderung erreichen wir die Nordküste von Tahaa. Jetzt müssen wir uns entscheiden: auf demselben Weg zurück oder rund 20km der Küstenstrasse entlang. Wir entscheiden uns für das Letztere. Wir nehmen aber unseren Daumen zur Hilfe und bereits das erste Auto hält an. Ein übers ganze Gesicht strahlender Mann und seine ebenso herzlich lachende Tochter nehmen uns mit ihrem klapprigen Pick-Up Truck die ganze Strecke mit. Mauruuru – vielen Dank!
In der Haamene Bucht wartet Lupina auf uns.
Regenbogen am Ankerplatz

Am nächsten Tag lichten wir den Anker und segeln rund 8 Seemeilen durch das Atoll zur Hauptinsel der Region im Westen der Gesellschaftsinseln: Raiatea. Raiatea ist rund doppelt so gross, wie Tahaa und galt in der Vergangenheit als Wiege der über tausendjährigen Polynesischen Kultur. Hier sollen sich die ersten Menschen angesiedelt haben und sich dann sternförmig (die Inselbewohner nutzten natürlich als Bild die Arme eines Meerestieres, nämlich das der Krake) mit ihren Pirogen auf die weiteren Inseln in der Umgebung verteilt haben. Der ursprüngliche Name der Insel, Havai’i, bedeutet «grosses springendes Wasser». Hier dürften sowohl die unzähligen, sehr hohen Wasserfälle in den Bergen, als auch das mächtig aufschäumende Meer entlang des Riffes für die Namensgebung verantwortlich sein.

In Raiatea machen wir an einer Boje direkt vor der Marina in Uturoa, der Hauptstadt der Insel, fest. Hier können wir unser Dinghi bei Landgängen sicher an einem leeren Steg in der Marina festmachen. Das glasklare Wasser in der Marina ist beeindruckend.
Auch Raiatea «erfahren» wir zuerst, um uns einen ersten Überblick zu verschaffen. Eine auf weiten Strecken direkt am Ufer entlang geführte Strasse bietet wunderschöne Ausblicke auf Meer, Küste und die dahinter liegenden Berge. Das Bild zeigt den grössten Marae (Kultstätte) in ganz Französisch-Polynesien: Marae von Taputapuatea

Als Marae bezeichnet man in den polynesischen Kulturen ein zeremoniellen Zwecken vorbehaltenes, abgegrenztes Areal. In Franz.-Polynesien stellt sich die Zeremonialstätte als architektonische, auf einigen Inseln sogar als monumentale Tempelanlage dar. Meist ist es ein rechteckiger, eingefriedeter Platz, an dessen Ende sich eine steinverkleidete Plattform, auf manchen Inseln mit Statuen, erhebt. Jeder der Plätze hat dabei seine eigene Bestimmung wie: politische Meinungsbildung, religiöse Zeremonien, Begräbnisse, sportliche Ertüchtigung, Opfergaben.

Der Marae Taputapuatea ist ein Küsten-Marae. Im Gegensatz zu den Maraes in den Tälern waren Küsten-Maraes von nationaler Bedeutung und oft einer bestimmten Gottheit gewidmet. Der Marae Taputapuatea zum Beispiel dem Kriegsgott Oro. Auf dem Platz in diesem Bild wurden die Könige ins Amt eingesetzt. Der grosse Stein in der Mitte des Platzes soll dem neu amtierenden König Rückhalt und Standfestigkeit vermitteln.
Raiatea ist eine der wenigen Inseln in Franz.-Polynesien, die einen befahrbaren Fluss aufzuweisen hat, den Fluss Faaroa. Also zügig mit der Lupina dahin, Anker werfen in der gleichnamigen Bucht, ins Dinghi gehüpft und los geht’s. Schnell aber wird uns klar: das Unterfangen ist nicht ganz gefahrlos: Es hat zwar keine gefährlichen Tiere wie Würgeschlangen, Krokodile oder Piranhas, aber dafür hat es immer wieder grosse, dicke Bäume, die umgestürzt im etwas getrübten Wasser liegen und deren harte Äste sich auf die Schraube unseres Aussenborders freuen. Um es kurz zu machen: alles ist gut gegangen und wir sind bis ans befahrbare Ende des Flusses gekommen.
Der Fluss Faaroa führt an einem grossen Botanischen Garten vorbei, den wir auf dem Rückweg besuchen. Als wir wieder ins Dinghi steigen, winkt uns ein Mann von der anderen Uferseite zu sich herüber. Er stellt sich als André vor und erklärt uns, dass er auch einen Garten habe, und dass er uns diesen auch gerne zeigen würde. Natürlich sind wir neugierig und willigen ein.
André führt uns durch seinen wirklich weitläufigen Garten, in dem er allerlei Früchte, Gemüse, Wurzelpflanzen und sogar Getreide anbaut. Alles ohne Chemie oder andere Hilfsmittel von aussen. Er erklärt uns, wie wichtig es für ihn ist, dass er hier draussen alles selber macht, mit den Pflanzen lebt, sie beobachtet und spürt. Nicht mal seine Frau darf ihm bei der Arbeit und Pflege helfen. Er gibt uns von allem etwas zu probieren.
Zum Schluss verabschiedet André uns, vollbepackt mit bekannten und unbekannten Früchten, mit einem Bild für seine Fotosammlung.
Wir haben von einer schönen Wanderung zu den «Les Trois Cascades» (3 Wasserfällen) gelesen. Sie liegt an unserem Weg zurück nach Uturoa in der Bucht von Vairahi und wir beschliessen, sie zu besuchen. Der Wanderweg ist auf unserer MapsMe APP gut ersichtlich und wir ziehen wohlgelaunt frühmorgens los.
Schon bald stossen wir auf diese wuchtige Warntafel. Alles verständliche Regeln, denken wir, bis unser Blick auf das Dreieck «Wandern nur mit Guide» gleitet. Hä – wir und Guide?! Geht gar nicht. Stolz die Brust in den Wind und weiter geht’s!
Rund 500 Meter weiter ein schweres Gittertor mit Kette verriegelt und gespickt mit diversen Verbotstafeln. Privatgrund – Zugang ohne Guide verboten. Hmm – doof!! Aber nicht mit uns. Die Kette ist nicht komplett verriegelt. Also Tor auf, durchgeschlüpft, und die Brust wieder stolz in den Wind.

500m weiter folgt ein Haus. Hmm, abschleichen oder mutig den Stier bei den Hörnern packen? Wir wählen den Stier, beziehungsweise die bellende Hundemeute (5 gut trainierte Kampfhunde!). Wir nähern uns dem Haus, die Hunde sind hinter Gittern. Trotz des lauten Bellens zeigt sich kein Mensch – auch der Autoparkplatz ist leer. Also Brust wieder stolz raus und weiter geht’s im Marschtempo.
Aber Riesenschreck! Einer der Hunde findet irgendwo einen Ausgang aus seinem Gehege und will uns aufhalten. Mittlerweile sind wir bereits am Haus vorbei und streben schnellen Schrittes den Wasserfällen entgegen. Der Hund zieht das bequeme Heim vor und lässt uns ziehen. Schweissperlen auf der Stirne, aber Brust wieder stolz draussen.
Nächsten Wegbiegung, ein Auto. Von weitem sehen wir einen Mann dort arbeiten. Was tun? Wir wählen wieder die Offensive und gehen schnurstracks auf den Mann zu. Es ist ein Gärner der Anlage. Erstaunt fragt er uns, ob das Tor nicht zu war, ob wir die Verbotstafeln nicht gesehen haben, ob die Hunde uns nicht gestoppt hätten? Das Gespräch geht konstruktiv und friedlich weiter. Er erklärt uns, dass der Besitzer des Grundstückes sehr schwierig sei und keinen Spass verstehe. Wir hätten Glück, dass er nicht da sei, sonst hätte er längst die Polizei gerufen. Ich frage, wann der Besitzer denn wieder zurück sei. Am Abend, kommt als Antwort zurück. Unsere Chance, bis dann sind wir längst wieder zurück! Wir erklären dem Gärtner, dass wir es riskieren wollen. Er schüttet nur den Kopf und geht zu seinem Tageswerk über. Auf den nächsten 400 Metern sehen wir mindesten 3 Tafeln mit richterlichen Erlassen und Verfügungen, dass ein Betreten des Gebietes nur mit Führung und Einwilligung des Grundstückbesitzers erlaubt ist. Dann kommt noch ein heftiger Regenschauer dazu und unser Mut ist weg. Mit gekränktem Stolz treten wir widerwillig den Rückzug an. Schade!

Zwei Tage später sind wir bei der Gendarmerie. Nicht etwa wegen des unbefugten Betretens des Grundstückes, nein! Wir haben hier soeben die Ausreisebewilligung aus Französisch-Polynesien erhalten. Für Nicht-Eingeweihte: dieses Papier ist erforderlich, dass man mit seinem Schiff in ein nächstes Land einreisen darf.

Fast anderthalb Jahre Franz.-Polynesien. Eine wunderbare, spannende Zeit neigt sich dem Ende entgegen. Unheimlich viele sehr positive Eindrücke sind in unseren Herzen verewigt. Nun wird es aber Zeit, die Welt weiter zu erkunden und weiter westwärts zu segeln. In der Zwischenzeit sind wir nun wieder von Raiatea nach Bora-Bora gesegelt. Hier warten wir nun auf ideale Winde, die uns die Anfahrt zur nächsten Insel im Westen, Maupiti, erlaubt. Hier soll die Einfahrt durchs Atoll besonders schwierig sein und wir dürfen keine hohen Wellen haben. Morgen Sonntag dürfte es klappen.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Mit Freunden von Tahiti nach Bora Bora

(verfasst von Mandy Stadelmann)

Nach einem kurzen und zwei laaaaangen Flügen kommen wir morgens um 5 in Tahiti an – puuh, wie mussten wir uns diese Ferien verdienen!! 20 reine Flugstunden sind schon viel, aber zum Glück fliegen mein Mann Dani und ich (Mandy) gerne und viel. Pia und Köbi empfangen uns mit wohlriechenden Blumenkränzen und wir fühlen uns sofort zuhause.

In Französisch-Polynesien werden Besucher mit Blumenkränzen empfangen
Auf der Lupina, die in der Marina von Papeete liegt, gibt’s erst mal ein gediegenes Sektfrühstück – diesmal nicht zu unseren Ehren – Köbi hat Geburtstag! Nach einem Spaziergang durchs Städtchen und dem obligaten Apéro feiern wir den besonderen Tag mit einem wunderbaren Nachtessen im traumhaft schönen Marina Restaurant.
Marina Promenade in Papeete
Restaurant Meherio, eines der Top-Restaurants in Papeete direkt am Pier

Nach einem weiteren Tag in Papeete den wir mit Shoppen und einigen Besuchen in verschiedenen Beizli verbringen, verlassen wir Tahiti in Richtung Moorea. Die Nachbarinsel gefällt uns sehr gut und so verbringen wir dort 4 Nächte an zwei verschiedenen Ankerplätzen und feiern das Südseeleben mit Baden, Schnorcheln, Dinghi Touren, SUPlen und einem extrem eindrücklichen Besuch in Stingray City, wo wir mit gaaaaanz vielen Schwarzspitzhaien und Stachelrochen schwimmen.

Sundowner in Papeete
Moorea. Wir ankern in der Cooks Baie und in der Opunohu Baie
Eine herrliche Unterwasserwelt erwartet uns in Moorea
Für Touristen ein Highlight: Stingray City, direkt hinter dem Riff bei der Opunohu Baie. Hier kann man im Wasser stehend Stachelrochen beobachten und auch berühren
Wohl angelockt durch das Futter, dass die Tour-Führer den Stachelrochen verabreichen, schwimmen Schwarzspitzen-Haie mitten durch die im Wasser stehenden Touristen. Viele sehen sie nicht mal
Weniger bekannt, aber sehr eindrücklich: die im Meer versenkten Tikis

Am letzten Tag kommt sogar ein Kreuzfahrtschiff an – die «Norwegian Spirit» – und da Pia wohl weiss, dass ich eine Shopping Queen bin, fahren wir sofort zum Anleger, wo die Einheimischen viele Verkaufsstände mit tollen Sachen aufgestellt haben. Die Tour ist ausgesprochen erfolgreich und wir kommen gut beladen wieder zur Lupina zurück.

Verkaufsstand der Einheimischen. Alles ist aus lokalen Produkten von Hand hergestellt. Man beachte den wunderschönen Kopfschmuck («Couronne») der Frau

Am Nachmittag legen wir ab – eine Nachtfahrt nach Huahine steht bevor. Köbi hat schon vorgewarnt – eigentlich gibt es zu wenig Wind – aber wir haben ja einen Plan und müssen weiter. Erst dümpeln wir mit 3 – 4 Knoten langsam vor uns hin, dann flacht der Wind sogar ab …. aber als Pia und ich nach dem Nachtessen unsere erste Wachschicht übernehmen, frischt es plötzlich auf und zeitweise düsen wir sogar mit 7 – 8 Knoten unserem Ziel entgegen. Als dann um Mitternacht Köbi übernimmt, fällt der Wind komplett zusammen und die Lupina wird immer langsamer. Aber zum Glück bekommt Köbi um halb 2 Unterstützung von Dani und so wird die Nacht nicht ganz so langweilig. So oder so kommen wir morgens in Huahine an und fahren direkt zu unserem Ankerplatz von dem kleinen Hauptstädtchen Fare …. direkt gegenüber dem Yachtclub, was die ganze Crew sehr freut, denn ab 17 Uhr ist Happy Hour!!

Dani in seinem neuen Job als Steuermann der Lupina
Mandy und Pia geniessen die gemütliche Fahrt
Der Morgen nach der Nachtfahrt nach Huahine, kurz vor der Ankunft: alle sind guter Laune
Rechtzeitig zur Happy Hour im Yachtclub von Fare, Huahine

Vorher haben wir aber noch was zu tun – den Ort zu erkunden und für den nächsten Tag ein Mietauto zu organisieren. Wir wollen die Insel umrunden und uns einen Eindruck von Land aus machen. Es ist traumhaft schön und ich brauche gar keine Worte zu benutzen… die Bilder sprechen für sich!

Eine schöne Geschichte: Wir wollen ein Auto mieten. Das Büro ist geschlossen, aber es hängt ein Zettel dran mit 3 Telefonnummern. Hmm – doof! Mit unserer lokalen SIM-Karte können wir nicht telefonieren. Pia fragt diese Frau, ob sie vielleicht helfen kann. Ohne zu zögern zückt sie ihr Handy, tippt die erste Nummer ein und drückt Pia das Telefon in die Hand. Et voilá – wir haben unser Auto

Einen Zwischenstopp zum Apéro und Mitagessen halten wir im wunderbaren Restaurant «Chez Tara» wo ich UNBEDINGT hin wollte, denn unsere Tochter heisst Tara und ich MUSSTE ihr einfach ein paar Fotos von «ihrem» Platz in Huahine schicken. Eine gute Wahl, denn das Ambiente und das Essen sind fantastisch und wir geniessen zwei volle Stunden dort.

Nach einem Stopp beim Flughafen und Beobachten eines ankommenden Fliegers, kommen wir genau richtig zur Happy Hour im Yachtclub und kehren dann erschöpft aber überglücklich zur Lupina zurück.

Auch heute verwöhnt uns Pia wieder mit einem wunderbaren Nachtessen aus der kleinen aber feinen Lupina-Küche.

Wir beschliessen, jetzt mit der Lupina in die Tara Bucht zu fahren und verbringen einen weiteren «lazy day» mit schwimmen und schnorcheln und SUPlen …

Dann geht’s weiter – 40 Meilen zur Insel Tahaa. Leider spielt auch hier der Wind nicht wirklich mit, und so dümpeln wir vor uns hin – aber kein Problem – wir haben Zeit. Zwischen der Insel Raiatea und Tahaa kommt schon bald ein Funkspruch: Hallo, hallo – hier ist die SY Pasito – wir sehen euch schon! Und super spontan wie wir sind, machen wir einen schnellen Schlenker in die Bucht und machen an der Boje direkt neben ihnen an… es ist Nachmittag um zwei. Unserer Einladung folgend kommen Ruedi und Chris sofort zu uns herüber – und um 21 Uhr abends!!! verabschieden sie sich wieder – nach Ankertrunk, Apéro, Sundowner, einem wunderbaren Abendessen aus Pia’s Küche (Spaghetti Carbonara) und einem Abschiedstrunk … und gaaaaanz vielen tollen und spannenden Gesprächen …

Nach einem weiteren Abstecher in eine Bucht von Tahaa, einer Schnorchel Tour durch den eindrücklichen Korallengarten und einem «Wassertag» brechen wir am nächsten Morgen auf Richtung Bora Bora.

Schnorcheln im Coral Garden auf Tahaa

Bora Bora: Ich will da unbedingt hin – Pia und Köbi nicht so sehr … zu viele Touristen – zu viel Kommerz. Aber ich finde, es muss einen Grund geben, dass gerade diese Insel so berühmt ist und «Perle des Pazifiks» genannt wird. Tatsächlich ist es die älteste Insel der Südsee und schon von weitem beeindruckend durch die zwei prägnanten Bergspitzen. Wir haben guten Wind und kommen zügig voran und wollen eigentlich gleich nach der Passeinfahrt vor dem Hauptörtchen Vainatu an einer Boje anlegen. Doch wir sehen sofort: viele Schiffe – alles voll. Und so fahren wir der Küste entlang weiter Richtung Süden und halten Ausschau nach einer Boje.

Wie es der Zufall will, finden wir eine direkt vor dem bekannten Restaurant «Bloody Mary’s». Ich hatte davon in diversen Reisführern gelesen, war begeistert und hatte schon beschlossen, Pia und Köbi zu unserem Abschiedsessen am Freitag dorthin einzuladen! Aber zum Glück ist erst Mittwoch und wir können schon mal rekognoszieren und die Happy Hour geniessen.

Bloody Mary’s auf Bora Bora: gegründet 1979 und seitdem besucht von vielen Berühmtheiten dieser Welt. Am Eingang befinden sich dieses Tafeln mit den Namen aller berühmten Besucher

Am Donnerstag mieten wir ein Auto und fahren um die Insel – und jetzt wird uns langsam klar, warum dieser eigentlich wunderschöne Ort bei Seglern gar nicht so beliebt ist: die Strassen sind eng und ohne Parkmöglichkeiten, die Infrastruktur sehr bescheiden und selbst Läden muss man richtiggehend suchen. Die Häuser der Einheimischen sind überraschend ärmlich und von Chaos und Müll umgeben. Und -ausser am Marita Strand – gibt es zu Köbis Entsetzen kaum Beizli!

Triste Hotelanlagen – eigentlich eine wunderbare Szenerie, aber meist sehr abgelegen und es wirkt alles tot.
Marita Strand

Wir kommen bald dahinter: hier ist alles auf die 5-Sterne Luxusresorts aussen auf den Motus ausgerichtet. Und dort kommt man als «Normalo» gar nicht hin! Diese Resorts sind ausserdem so eingerichtet, dass man sie die ganze Ferienzeit nicht verlässt und so bietet Bora Bora uns eigentlich wenig.

Ausser dieses Bloody Mary’s: da wir am Abend natürlich noch in die Happy Hour «müssen», sitzen wir einsam an einem Tisch und sehen einen Mann gemütlich den Sand rechen – wir kommen ins Gespräch – und so typisch kleine Welt: es ist Julien, der Besitzer des Restaurants und – er ist Schweizer!! In Bulle geboren, mit 2 Jahren mit seiner Mutter nach Bora Bora gezogen (sie hatte einen Job im Perlenbusiness angeboten bekommen) kehrte er nach dem Baccalauréat nach Lausanne zurück und absolvierte die Hotelfachschule. Inzwischen gehört ihm wie gesagt die angesagteste Prominentenbeiz der Insel…und er fliegt jedes Jahr einmal in seine geliebte Schweiz zurück.

Tiki im Bloody Mary’s

Der Wind hat aufgefrischt, die See ist unruhig und auf dem Nachhause Ritt mit einem hüpfenden Dinghi erwischt uns auch noch ein Squall (Regenschauer) – huh, alle sind pflotschnass, von unten und von oben! Aber lustig und mit Gelächter kommen wir doch sicher zurück. Zum Glück ist dann noch Zeit ein Brändi Dog zu spielen – sehr zu Pia’s Freude.

Wir geniessen also am Freitag nach einem letzten gemütlichen Tag auf der Lupina ein tolles Abschiedsessen in der «Bloody Mary».

Am folgenden Mittag verlassen wir mit einem Tränchen Pia und Köbi und das Schiff. Während sie weiterziehen, fliegen wir zurück nach Tahiti, wo wir noch zwei Nächte verbringen, bevor es nach drei unglaublich ereignisreichen, fantastischen, sonnigen und abenteuerlichen Wochen dann wieder in die kühle Heimat geht.

Die SY Lupina zieht weiter westwärts.

Nachtrag vom Schreiberling:
Vielen Dank, Mandy, für deine Zeilen. Schön, dass ihr bei uns wart, die Zeit mit euch war sehr kurzweilig und ging viel zu schnell vorbei.
Wir lösen nun morgen die Leinen und segeln etwas zurück nach Osten. Wir wollen noch die beiden Inseln Tahaa uns Raiatea und vielleicht sogar noch einmal Huahine besuchen. Dann wird es Zeit, uns von Französich-Polynesien zu verabschieden. Wir wollen weiter westwärts.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Von Manihi nach Tahiti

Am 29.3.2023, noch vor 7 Uhr, starten wir den Motor und ziehen den Anker hoch. Diesmal hat sich die Kette wieder mal um einen Stein gewickelt. Das haben wir aber schon durch Schnorcheln entdeckt (ich schnorchle immer Anker und Kette, um mich zu vergewissern, wie sich der Anker eingegraben hat und wo die Kette liegt) und somit wissen wir ungefähr, wie wir beim Einziehen der Kette unseren Bug ausrichten müssen, um die Kette vom Stein zu lösen. Nach ein paar kräftigen Zügen von Hand an der Kette gibt sie der Stein frei und wir können losfahren in Richtung Ausfahrt von Manihi. Diese erreichen wir nach knapp einer Stunde, ziemlich genau zum Gezeitenwechsel wo fast keine Strömung vorhanden ist. In kurzer Zeit sind wir durch, setzen nach dem Pass gleich die Segel und nehmen Kurs auf nach Ahe, für uns das letzte Atoll vor Tahiti.

Bei schönem Ostwind segeln wir unter Genua gemütlich nach Ahe. Zuerst haben wir zwar eklige, seitliche Wellen, die uns immer wieder ins Rollen bringen. Dann, als wir langsam weiter ostwärts und dann um die Insel herum südlich drehen können, kommt die Welle von hinten und es wird absolut ruhig. Die Überfahrt verläuft bei schönem Wetter ereignislos und wir erreichen das Atoll von Ahe, in Begleitung einer Gruppe von kleinen Delphinen, etwa 1 Stunde vor dem Gezeitenwechsel. Wir verlangsamen und fahren erst durch den Pass, kurz bevor die Strömung umkehrt. Auch hier klappt alles bestens und kurz danach setzen wir beim einzigen Dorf der Insel (200 Einwohner) den Anker. Hier hat es besonders viele Steine und Korallen am Grund und das Wasser ist trüb. Keine Chance, Kette oder Anker beim Schnorcheln zu sehen. Kein Zweifel, dass sich auch hier die Kette um Steine wickelt, sollte sich der Wind am Ankerplatz drehen. Da wir nur schwachen Wind erwarten, senken wir nur wenig Kette auf den Meeresboden ab und lassen den Rest an unseren bewährten Bojen schweben, die wir seit Gambier an Bord mitführen.

Auf dem ganzen Atoll Ahe verteilt leben etwas mehr als 500 Einwohner, die hauptsächlich von Perlenzucht leben. Im Gegensatz zu anderen Atollen ist die 145 km2 grosse Lagune von Ahe nur sehr flach und mit vielen gefährlichen Korallenblöcke bespickt. Wir wagen es nicht, uns mit der Lupina weiter im Atoll umzusehen und beschränken uns auf Landausflüge zum Dorf Tenukupara vom Ankerplatz aus.

Obwohl im Dorf Tenukupara bloss 200 Einwohner leben ist die Infrastruktur beachtlich, wie man auf diesem Wegweiser erkennt, der gleich an der Anlandestelle steht: es hat eine Schule, ein Gemeindehaus, eine Krankenpflegestation, 2 Läden, eine Snack-Bar, und je ein Büro der Fluggesellschaft und des Telefonproviders.

Ahe ist für uns nun die letzte Zwischenstation vor Tahiti. Am 5. April wollen wir spätestens dort sein, denn am 7. April fliegt Besuch ein. Schon seit Tagen beobachten wir die Wind Situation. Das Wetter entwickelt sich nicht so, wie wir es gerne hätten. Ein ausgeprägtes Hochdruckgebiet formiert sich über unserer Gegend, das den sonst zuverlässigen Passatwind fast völlig einbremst. Schon seit Tagen sehen wir diesen Trend, hoffen aber immer wieder, dass sich das Ganze langsamer, oder schneller abwickelt. Unser Wunschdenken erfüllt sich aber nicht.

Die PredictWind Windvorhersage für den 1. April. Unser Startpunkt Ahe oben rechts, das Ziel Papeete unten links. Die Striche zeigen die optimalen Fahrtrouten, welche die verschiedenen Vorhersagemodelle (deshalb unterschiedliche Farben der Linien) anhand der Windprognose berechnet. Die blau eingefärbte Fläche bedeutet, dass man in dieser Zone mit rund 5 Knoten Wind rechnen kann. Das ist der Wind, der uns für die Überfahrt nach Papeete erwartet. Seeeehr wenig, fast zu wenig!
Das ist der Wind, den wir gerne hätten: 15 Knoten (gelbe Farbe) über fast das ganze Gebiet. Leider baut sich dieser erst ab dem 6. April auf, zu spät also für uns.

Da wenig Wind vorausgesagt wird, starten wir bereits am 31. März, 2 Tage früher als geplant, mit unserer rund 270 Seemeilen langen Fahrt nach Papeete (Tahiti). Der Anker kommt trotz vielen Korallen relativ gut hoch. Tauchen hier wäre schwierig gewesen (trübes Wasser!). Unter Segel über die Lagune, mit Motor eine Stunde vor Flut (also bei Gegenstrom) durch den Pass, dann sofort die Segel hoch und ab geht’s auf direktem Kurs nach Papeete.

Langsam aber gemächlich segeln wir Tahiti entgegen. Das Meer ist zum Glück flach, die Segel schlagen nicht. Da der Wind fast von hinten kommt fahren wir die meiste Zeit mit den Segeln in «Schmetterling»-Stellung: Das Hauptsegel auf der einen Seite (mit einer Leine am Ende des Baumes nach vorne gebunden, so dass es bei dem schwachen Wind nicht plötzlich auf die andere Seite überschlägt), und das Genua Segel auf die andere Seite mit dem Spi-Baum ausgespannt.
Der Windgenerator hat für einmal Pause. Dieser beginnt normalerweise so ab 5 Knoten Wind auf das Schiff zu drehen. Da der Wind auf das Schiff über eine sehr lange Distanz unter diesem Schwellwert verharrt, bleibt der Propeller stehen. Gut für die Tölpel, die nun gefahrlos versuchen können, auf den Flügeln zu landen
Irgendwie fühlen die Vögel aber, dass der Windgenerator nicht der ideale Landeplatz ist. Schlussendlich entscheiden sie sich für unser Dinghi, um die Nacht hindurch ohne Anstrengung Richtung Südwesten gefahren zu werden.

Die meiste Zeit haben wir wenig aber genügend Wind, dass wir die Segel stehen lassen können und Meile um Meile gemächlich Richtung Tahiti treiben. Wir brauchen auf der ganzen Strecke den Motor nur für insgesamt etwa 10 Stunden, verteilt auf einzelne Stunden. Dies meist um Strom zu produzieren (der Windgenerator arbeitet ja nicht!) oder um uns bei absoluter Windstille nach einem Squall aus der Flaute raus zu schieben. Die Squalls (Grosse Regenwolke, die zuerst viel Wind, dann meist einen starken Regenschauer bringt und von einer längeren Flaute gefolgt wird) beschäftigen uns immer mehr, je näher wir an Tahiti kommen. Sie werden häufiger und heftiger. Immer wieder müssen wir die Segelstellung anpassen, Segel schiften (= Seite Wechseln) und wieder der neuen Windstellung anpassen. Nach dieser Fahrt sind wir wahre Regattasegler 😊

Am 4. Tag unserer Reise frischt der Wind aus Norden auf fast 10 Knoten auf. Die Segel füllen sich, blähen sich auf und ziehen die Lupina mit 6-7 Knoten durch das Wasser, fast doppelt so schnell wie unsere bisherige Durchschnittsgeschwindigkeit! Dadurch erreichen wir Tahiti 2 Tage früher als erwartet. Am Ziel werden wir von schönstem Wetter empfangen. Beim Pointe Venus, mit seinem schwarzen Sand einer der bekanntesten Strände von Tahiti, setzen wir den Anker.
Am nächsten Tag, es ist mittlerweile der 4. April, fahren wir zur Marina von Papeete und suchen uns ein leeres Plätzchen. Normalerweise ist das hier sehr schwierig, denn es hat viele Jahresmieter, meist Charter-Gesellschaften, die ihren Platz dauergemietet haben. Als Neuankömmling weiss man das aber nicht vorher. Wir haben bei unserem letzten Aufenthalt den Liegeplan fotografiert und wissen bei unserer Ankunft genau, welches reservierte Plätze sind und welche frei sind.
Lupina im Hafen von Papeete. Die Kreuzfahrtschiffe sind wieder zurück im Geschäft, wie man sieht
Sonnenuntergang über Moorea, der Nachbarinsel von Tahiti
Da wir etwas früher als notwendig zurück in Papeete sind, können wir auch noch Dinge unternehmen, für die wir sonst keine Zeit mehr gehabt hätten. Hier ist es ein Besuch in einem Perlengeschäft. Der Schreiberling durfte dabei seinen Geldbeutel etwas entlasten 😉
Oder Verzierung der Bordperle mit einem weiteren Tattoo am Handgelenk. Der Künstler Lywaii Hikutini und seine Frau America interessieren sich sehr für unser Seglerleben und wir laden sie spontan zu uns aufs Schiff ein.
Der übliche Sundowner am Abend. Dabei kann es in den Tropen gut passieren, dass man sich sein Getränk mit anderen Durstigen teilen muss.
Wir verbringen viel Zeit mit Schiff putzen, Bug Koje für unsere Gäste herrichten und, als letzte Aktion, Einkaufen und Bordreserven ergänzen (Bild).
Am 6. April, dem Vorabend zu meinem Geburtstag, sind wir bereit für Mandy und Daniel Stadelmann, unsere Asylgeber, wenn wir in der Schweiz sind. Sie besuchen uns nun bis Ende Monat und landen am 7. April frühmorgens in Papeete. Wir holen sie am Flughafen ab und feiern zusammen meinen Geburtstag.
Vielen Dank für all die vielen Gratulationen, die ich via soziale Medien weltweit zu meinem Geburtstag empfangen durfte.

Morgen, Ostersonntag, geht es nun endlich wieder los für Lupina. Wir lösen unsere Leinen in Tahiti und segeln nach Moorea. Ob unsere Besucher wohl seetauglich sind – und wie reagieren sie beim Schnorcheln auf die Haifische?

Wir wünschen euch alle frohe Ostern!! Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Wieder auf der Lupina und direkt in die Tuamotus

Es ist der 16. März 2023 kurz nach 10 Uhr am Morgen. Wir sind soeben nach einer langen Reise aus der Schweiz via Paris, Los Angeles und Papeete in Hiva-Oa auf den Marquesas (Franz.-Polynesien) gelandet. Nach 5 herrlichen Wochen in der Schweiz mit Skifahren (die Grosskinder wollten Opi zeigen, dass sie nun schneller sind – hat aber noch nicht geklappt 😉), Verwandte und Freunde besuchen, Gartenarbeiten erledigen, Steuererklärung ausfüllen (ja, wir sind immer noch in der Schweiz angemeldet), Ersatzteile fürs Boot beschaffen und vielen anderen Tätigkeiten freuen wir uns nun sehr, wieder auf die Lupina zu kommen.

Fünf schöne Wochen mit viel Zeit für unsere Grosskinder liegen hinter uns. Auch rund 30°C Temperatur Unterschied – bei der Reise in die Schweiz waren es sogar 40°C – durften wir bewältigen.
Zurück in Atuona, dem Hauptort auf Hiva-Oa, erwartet uns herrliches Wetter bei 30°C. Auch das Meer ruft!
Wir sind sehr gespannt, wie unsere Lupina die Zeit an Land überstanden hat. Zu unserer Erleichterung treffen wir sie in tadellosem Zustand an. Wir finden keinen Schimmel, keine Insekten (Kakerlaken und dergleichen) und keine Ratten auf dem Schiff. Alles Eindringlinge, mit denen man rechnen muss, wenn man nicht selber auf dem Schiff haust.
An Land im Yard ist es sehr heiss und wir wollen so schnell wie möglich ins Wasser. Zuerst gibt es aber noch einige Dinge zu erledigen. Prioritäten haben dabei die Arbeiten, die nur ausgeführt werden können, wenn das Schiff an Land steht. Im Bild montiere ich gerade neue Ring-Anoden am Gori-Faltpropeller. Diese schützen den teuren Propeller und die Welle vor Elektrokorrosion.
Auch die Anode am Propeller des Bugstrahlruders wird gewechselt. Sie sieht zwar nicht allzu schlecht aus, aber sie ist doch schon fast zu 50% wegkorrodiert. Das ist ein gutes Zeichen, denn so wissen wir, dass sie ihre Funktion erfüllt.
Dann, der treue Mitreiser (Leser) erinnert sich, muss die geschrottete Solarpaneele durch eine neue ersetzt werden. Diese hat uns der Yard während unserer Abwesenheit besorgt und auf dem Schiff deponiert. Wir haben Glück: Dimensionen und Stecker sind absolut identisch und somit der Anbau flugs erledigt.
Das Schot-Horn an der Genua ist vom Segelmacher im Yard fachmännisch und perfekt wieder angenäht worden. Die weissen Bänder sind breiter als die alten und sollten ihren Dienst noch besser erfüllen können.
Ich kontrolliere die Batterien und nutze die Gelegenheit, das neue Expansionsgefäss (blauer Zylinder), welches ich im freien Raum neben der Batteriebank verstaut hatte, auszugraben. Das Expansionsgefäss dient dazu, im Wasserversorgungssystem an Bord einen konstanten Wasserdruck zu halten. Das alte Gefäss habe ich schon 2-mal reparieren müssen – nun fliegt es endgültig über Bord und das neue kommt zum Zug.
Der defekte Wagen für den Genuaschot-Niederholer muss ersetzt werden. Nicht ganz trivial, denn der Wagen ist auf Kugeln gelagert und diese fallen raus, wenn man es nicht richtig macht. Zum Glück kenne ich das Problem und weiss, wie die mitgelieferte Montageschiene (blaues Teil) zu verwenden ist.
Als schönste Arbeit wartet die Montage unseres neuen Faches für den Feldstecher. Von Turnkamerad Stefan Treier aus Fricktaler Eichenholz perfekt auf Mass gefertigt. «holzberührt.ch» berührt auch uns – vielen Dank Stefan, das «Chischtli» sieht super gut aus!!
Und dann, 4 Tage nach unserer Ankunft auf der Lupina, ist es soweit! Sie darf wieder ins Wasser. Zentimeter um Zentimeter holt uns der Schlepper aus dem engen Parkfeld hervor und zieht uns aus dem Yard.
Und schon ein paar Minuten später ist der Bauch der Lupina wieder nass und sie ist wieder in ihrem liebsten Element.
Alles ist perfekt: der Motor startet auf Anhieb, Wellendichtung und alle Seeventile sind dicht, und auch die elektrischen Systeme funktionieren einwandfrei. Einzig der Wassermacher ist noch konserviert und nicht getestet. Das machen wir erst, wenn wir in sauberem Wasser liegen, was hier im Hafen nicht der Fall ist. Also los! Nichts hält uns mehr hier, das Meer ruft. Gleich nach dem Einwassern setzen wir Segel und fahren noch am gleichen Tag rund 8 Seemeilen zu einer uns gut bekannten Bucht auf der Nachbarinsel Tahuata.

Es ist herrlich, wieder im Wasser zu sein! Die Bucht, in der wir ankern, ist bekannt für klares Wasser und guten Ankergrund. Auch ist das Wasser bei der herrschenden Windlage sehr ruhig, es hat fast keinen Schwell. Wir schlafen wie Murmeltiere, sanft durch das sachte Schaukeln in einen Tiefschlaf versetzt. Am kommenden Tag wollen wir gegen Mittag den Anker lichten und die rund 500 Seemeilen, die uns vom Atoll Manihi in den Tuamotus trennen, in Angriff nehmen. Nach dem Frühstück holen wir zuerst nach, was wir als Einziges noch nicht erledigt haben: den konservierten Wassermacher wieder in Betrieb nehmen. Eine einfache Sache, die durch Drücken ein paar elektrischer Knöpfe automatisch erledigt werden kann. Aber es kommt anders: eine Fehlermeldung stoppt den Prozess. «Service Filter» heisst es lapidar auf der Anzeige. Die hatte ich doch erst noch in Gambier gewechselt!? Nun, auch kein Beinbruch, wir haben reichlich Ersatz an Bord und flugs sind die 3 vorhandenen Filter gewechselt. Aber die Fehlermeldung bleibt! Es ist Zeit für eine Konsultation des Manuals, aber da steht nur drin, was ich schon gemacht habe: tausche die Filter! Ich komme nicht weiter, die Filter sind ja neu! Es muss an der Elektronik liegen. Ich klopfe noch etwas auf den Drucksensoren rum und prüfe die elektrischen Kabel, aber ich kriege die Steuerung nicht dazu, ihre Arbeit aufzunehmen.

Eine kurze Situationsanalyse zeigt: wir haben noch etwa 150 Liter Wasser im Tank und 20 Liter Wasser in Kanistern. Das reicht locker für die Fahrt nach Manihi, ja im Notfall sogar bis Tahiti. Die Windvorhersage sagt für die nächsten 4 Tage 8-12 Knoten Wind aus Osten voraus. Nicht viel, aber perfekt für uns. Wir entscheiden uns also für die Losfahrt, obwohl unser Wassermacher nicht funktioniert. Später während der Überfahrt, studiere ich das Manual noch einmal gründlich. Es gelingt mir durch Umhängen von Leitungen den Wassermacher manuell zu steuern und zu bedienen. Auch finde ich die Teilenummern von neuen Drucksensoren, die wir nun bestellen werden.

Überfahrt nach Manihi in die Tuamotus – 500 Seemeilen. Wir rechnen mit 3 Tagen und haben noch eine Reserve von einem halben Tag eingeplant. Der Wind lässt innerhalb der ersten Stunden deutlich nach und ist allgemein viel schwächer als angesagt. Über weite Strecken haben wir nur 3-5 Knoten Wind. Trotz Gennaker (Bild, unser grösstes Segel aus speziell leichtem Stoff, so dass es auch bei wenig Wind stehen kann) dümpeln wir die ersten Tage nur mit 2.5-3.5 Knoten dahin. Statt 150 Seemeilen pro Tag schaffen wir nur etwa die Hälfte ☹
Trotzdem ist es ein herrliches Segeln! Das Wasser ist absolut flach und das Schiff gleitet lautlos über den tiefen (an einigen Stellen über 5’000 Meter tief) Ozean, wie von Geisterhand gezogen. Es fühlt sich auf dem Schiff an wie an einem ruhigen Ankerplatz. Das Wetter ist fantastisch und die farbenprächtigen Sonnenuntergänge lassen uns vergessen, dass wir eigentlich vorwärts kommen wollen.
Natürlich haben wir immer genügend Proviant an Bord und wir laufen nicht Gefahr, wegen der langsamen Fahrt irgendwann mal nichts mehr zu Essen zu finden. Frisches Brot backen ist bei diesen Segelverhältnissen sogar ein richtiges Vergnügen.
So wie die Sonnenuntergänge sind auch die Aufgänge: einfach wunderschön und inspirierend.
Nach 4 Tagen kommt Wind auf. Nicht viel mehr, aber er bleibt stabil und wir machen ab jetzt gute Fahrt: 6-7 Knoten! So erreichen wir am 5. Tag Manihi und können das Zeitfenster für die Passdurchfahrt am frühen Nachmittag nutzen. Am 26. März 2023, um 16 Uhr lokale Zeit, fällt der Anker am Ankerplatz im Südwesten des Atolls. Wir sind das einzige Segelschiff hier.
Unser Ankerplatz (linke Bildmitte im Hintergrund) liegt direkt bei einem kleinen Wasserdurchbruch im Atoll. Flaches, absolut glasklares Wasser fliesst hier vom offenen Meer ins Atoll hinein. Wir machen uns immer wieder auf, dieses bachartig fliessende Wasser nach Lebewesen zu durchforschen. Manchmal treffen wir sogar kleine, etwa armlange Baby-Haie an.
Eine Landschaft, die uns eingeprägt bleiben wird. Die wild zerklüfteten, scharfkantigen Aussenriffe in den Tuamotus. Wer hier strandet und kein ordentliches Schuhwerk dabei hat, ist auf verlorenem Posten.
Im einzigen Örtchen finden wir mühelos einen Anlegeplatz für unser Dinghi. Einmal mehr stossen wir hier auf wunderbar offene, fröhliche und zufriedene Menschen. Auf dem Atoll Manihi leben nur etwa 300 Personen, wovon fast 100 Kinder sind (unnötig zu erwähnen, dass es keine Fernseher hat 😉)
Wie auf den meisten Atollen leben auch hier viele Leute von der Perlenzucht. Die Boote, die verwendet werden, um zügig über die flache Lagune zu fahren, sind meist sehr stark motorisiert und haben den Führerstand vorne. Dies ist sehr wichtig, denn nur die erhöhte Lage vorne am Bug erlaubt es dem Steuermann, Untiefen und Korallenköpfe rechtzeitig zu erkennen und auszuweichen.
Wir sehen auch das eine oder andere Auto auf Manihi (obwohl keine der befahrbaren Strassen länger als 1 Kilometer ist!) – das nebst Booten am häufigsten verwendete Transportmittel sind Fahrräder.
Die Bevölkerung hat sich links und rechts des einzigen Passes auf Manihi angesiedelt. Eine kleine Fähre, die auf Abruf funktioniert, sorgt für die Verbindung.
Es braucht nicht viel um fröhlich und zufrieden zu sein!!
Jeden Abend sehen wir dieses Boot an unserer Lupina vorbeirauschen – fast schneller als wir unser Dinghi fahren können. 6 kräftige und ausdauernde Frauen trainieren jeden Tag für die nationalen Pirogen-Meisterschaften, die irgendeinmal im Spätsommer stattfinden.
Auch hier fällt uns das Überangebot an Kirchen auf. Auf nur 300 Einwohner kommen mindestens 3 Gotteshäuser (so viele haben wir selbst gesehen, wahrscheinlich hat es aber noch mehr). Bei diesem Exemplar gefällt uns das schlichte Design des Glockenturmes 😉

Die Tuamotus zählen einfach zum Fantastischsten, was wir bisher auf unserer Reise angetroffen haben. Die spezielle Geologie, die wunderbaren Einwohner, der Einklang von Natur und Mensch. Wir wollten unbedingt nochmals hierher zurückkehren, auch wenn es nur für ein paar Tage ist. Bis zum 7. April müssen wir in Tahiti sein: wir erhalten Besuch und der Schreiberling hat da was zu feiern. Bis dahin sind es etwa 300 Seemeilen. Die Herausforderung wird wieder einmal der Wind sein. Die Vorhersagen für die nächsten 10 Tage zeigen unisono wenig Wind und sogar Wind von Westen an (genau dahin wollen wir aber). Gute Segeltaktik ist gefragt. Vielleicht ist ja jemand unter unseren Lesern ein versierter Wind-Guru und kann uns aus der Ferne beraten.

Lupina ist startklar und wartet im Atoll Manihi auf weitere Abenteuer.

Wir planen nun morgen mal ein Stückchen weiter zum nächsten Atoll (Ahe) zu segeln und von da aus zu verfolgen, was die Windgötter noch so alles mit uns vorhaben.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!