Es ist der 16. März 2023 kurz nach 10 Uhr am Morgen. Wir sind soeben nach einer langen Reise aus der Schweiz via Paris, Los Angeles und Papeete in Hiva-Oa auf den Marquesas (Franz.-Polynesien) gelandet. Nach 5 herrlichen Wochen in der Schweiz mit Skifahren (die Grosskinder wollten Opi zeigen, dass sie nun schneller sind – hat aber noch nicht geklappt 😉), Verwandte und Freunde besuchen, Gartenarbeiten erledigen, Steuererklärung ausfüllen (ja, wir sind immer noch in der Schweiz angemeldet), Ersatzteile fürs Boot beschaffen und vielen anderen Tätigkeiten freuen wir uns nun sehr, wieder auf die Lupina zu kommen.
Es ist herrlich, wieder im Wasser zu sein! Die Bucht, in der wir ankern, ist bekannt für klares Wasser und guten Ankergrund. Auch ist das Wasser bei der herrschenden Windlage sehr ruhig, es hat fast keinen Schwell. Wir schlafen wie Murmeltiere, sanft durch das sachte Schaukeln in einen Tiefschlaf versetzt. Am kommenden Tag wollen wir gegen Mittag den Anker lichten und die rund 500 Seemeilen, die uns vom Atoll Manihi in den Tuamotus trennen, in Angriff nehmen. Nach dem Frühstück holen wir zuerst nach, was wir als Einziges noch nicht erledigt haben: den konservierten Wassermacher wieder in Betrieb nehmen. Eine einfache Sache, die durch Drücken ein paar elektrischer Knöpfe automatisch erledigt werden kann. Aber es kommt anders: eine Fehlermeldung stoppt den Prozess. «Service Filter» heisst es lapidar auf der Anzeige. Die hatte ich doch erst noch in Gambier gewechselt!? Nun, auch kein Beinbruch, wir haben reichlich Ersatz an Bord und flugs sind die 3 vorhandenen Filter gewechselt. Aber die Fehlermeldung bleibt! Es ist Zeit für eine Konsultation des Manuals, aber da steht nur drin, was ich schon gemacht habe: tausche die Filter! Ich komme nicht weiter, die Filter sind ja neu! Es muss an der Elektronik liegen. Ich klopfe noch etwas auf den Drucksensoren rum und prüfe die elektrischen Kabel, aber ich kriege die Steuerung nicht dazu, ihre Arbeit aufzunehmen.
Eine kurze Situationsanalyse zeigt: wir haben noch etwa 150 Liter Wasser im Tank und 20 Liter Wasser in Kanistern. Das reicht locker für die Fahrt nach Manihi, ja im Notfall sogar bis Tahiti. Die Windvorhersage sagt für die nächsten 4 Tage 8-12 Knoten Wind aus Osten voraus. Nicht viel, aber perfekt für uns. Wir entscheiden uns also für die Losfahrt, obwohl unser Wassermacher nicht funktioniert. Später während der Überfahrt, studiere ich das Manual noch einmal gründlich. Es gelingt mir durch Umhängen von Leitungen den Wassermacher manuell zu steuern und zu bedienen. Auch finde ich die Teilenummern von neuen Drucksensoren, die wir nun bestellen werden.
Die Tuamotus zählen einfach zum Fantastischsten, was wir bisher auf unserer Reise angetroffen haben. Die spezielle Geologie, die wunderbaren Einwohner, der Einklang von Natur und Mensch. Wir wollten unbedingt nochmals hierher zurückkehren, auch wenn es nur für ein paar Tage ist. Bis zum 7. April müssen wir in Tahiti sein: wir erhalten Besuch und der Schreiberling hat da was zu feiern. Bis dahin sind es etwa 300 Seemeilen. Die Herausforderung wird wieder einmal der Wind sein. Die Vorhersagen für die nächsten 10 Tage zeigen unisono wenig Wind und sogar Wind von Westen an (genau dahin wollen wir aber). Gute Segeltaktik ist gefragt. Vielleicht ist ja jemand unter unseren Lesern ein versierter Wind-Guru und kann uns aus der Ferne beraten.
Wir planen nun morgen mal ein Stückchen weiter zum nächsten Atoll (Ahe) zu segeln und von da aus zu verfolgen, was die Windgötter noch so alles mit uns vorhaben.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
Es ist Montag, der 16. Januar 2023. Wir laden noch ein letztes Mal Wetterdaten herunter, kaufen noch 1 Kiste Bier ein (nicht für unterwegs! Da gibt’s keinen Alkohol! Aber fürs Ankerbier beim Ankommen 😉), und verabschieden uns von Mangareva Yacht Service (Tituan und Juliette, die uns immer sehr zuvorkommend unterstütz haben). Zurück auf der Lupina kommt die Limelight Crew noch kurz zu uns, um uns auf Wiedersehen zu sagen. Dann geht’s los. Ich am Anker, Pia am Steuer. Ehrenrunde um die Limelight, dann zirkeln wir die Lupina durch die Korallenbänke vor Rikitea. In tieferem Wasser werden sofort die Segel gesetzt. Wir sind anfänglich zwar sehr langsam, aber wir haben Wind und der schiebt uns von hinten gemächlich aus Gambier hinaus. Auch ausserhalb des Atolls sind die Wellen flach, und wir machen bei auffrischendem Wind gute Fahrt.
Etwa um 2 Uhr in der Nacht nimmt der Wind deutlich zu, in Böen sogar bis fast 30kn. Da es mittlerweile rings um uns herum blitzt am Himmel und Gewitter drohen, rollen wir die Genua ein und setzen die Fock. Kurz darauf dreht der Wind nach nordnordost (also wieder mehr von vorne) und flaut ab. Schlussendlich schläft er ganz ein und kommt fast aus der Richtung, wo wir hin wollen. Für ein paar Stunden muss der Motor ran, bis wir wieder genügend Wind zum Segeln haben. Im Verlaufe des 2. Segeltages setzt konstanter Ostwind ein, und ab da tragen uns die wieder kräftig gefüllten Segel zügig über das Meer in Richtung Marquesas.
Anders als damals im März 2022 herrscht jetzt über Fatu Hiva die ganze Zeit kräftiger Wind und das Meer ist stark aufgewühlt. Immer wieder peitschen kurze, sehr heftige Böen das Tal hinunter und lassen die Lupina heftig am Anker zerren. Wir sind froh, haben wir die neue Kette und müssen keine Bedenken haben, dass diese vielleicht überlastet werden könnte. An das Rollen am Ankerplatz haben wir uns schnell gewohnt. Pia meint gar, so sei sie gut auf die nächste Etappe eingeschaukelt. Nach 3 Tagen lichten wir den Anker und machen uns auf zur rund 45 Seemeilen entfernten Insel Tahuata
Auch über Tahuata bläst während der ganzen Dauer unseres Aufenthaltes ein kräftiger Wind (ca. 20 Knoten). Sogar auf der Leeseite der Insel ist der Schwell, den das Meer bei diesen Bedingungen ans Ufer zurückwirft, ungewöhnlich hoch. Das Anlanden mit dem Dinghi an der Hafenmauer von Vaitahu ist sehr ungemütlich, ja sogar gefährlich. Daher beschränken wir uns auf nur wenige Landgänge. Zum Glück treffen wir hier wieder auf Katrin und Hans (SY Esmeralda). Deren Dinghi ist um einiges leichter als unseres und wir können es auf die Hafenmauer ziehen. Da liegt es geschützt und ungefährdet von dem starken Sog, der um die Quai-Mauern herrscht.
Die Arbeiten, die wir dringend machen wollten, erledigen sich schnell und ohne negative Überraschungen: Unterwasserschiff abdampfen, Zustand des Antifoulings checken, Anoden am Bugstrahlruder und an Welle sowie Propeller ersetzen, Spiel von Ruder und Verstellmechanismus des Propellers prüfen, Seeventile überprüfen und gängig machen. Zudem gibt es hier einen Segelmacher mit gutem Ruf. Ihm übergeben wir unser Genua-Segel, damit er das ausgerissene Schot-Horn wieder einnähen kann. Es verläuft alles wie am Schnürchen. Wir sind froh, müssen wir nicht stressen mit der Arbeit, denn auf der an Land stehenden Lupina wird es tagsüber sehr heiss. Es weht kaum ein Wind und von unten kühlt kein Meerwasser.
Am Sonntagabend verabschieden uns Katrin und Hans (SY Esmeralda) noch mit einem feinen Nachtessen auf ihrem Schiff (vielen Dank euch Beiden für die vorzügliche Gastfreundschaft) und schon am Montag früh beginnt dann unsere lange Reise in die Schweiz.
Am 8. Februar geht dann die Reise weiter und einen Tag später kommen wir sicher aber etwas müde in der Schweiz an. Wir wollen nun wieder einmal den Winter geniessen. Zudem wollen die Grosskinder wissen, ob sie bereits schneller sind beim Skifahren als ihr Opi. Ich werde mir alle Mühe geben 😉 Mitte März geht’s dann wieder zurück auf die Lupina. Bis dann macht auch der Schreiberling Pause.
Aber danach wird es wieder spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
Der defekte Elektromotor unseres Rollsegels im Mast ist ausgebaut und liegt in der Werkstatt der Werft (Maintenance Marquises Services ) von Hiva-Oa. Das Auffahrts-Wochenende steht kurz bevor, die Leute sind noch mit vielen anderen Arbeiten überhäuft. Wir vereinbaren mit dem Chef, dass wir am Dienstag nach Auffahrt wieder zurück sind und dann mit ihm zusammen versuchen wollen, den defekten Motor zu zerlegen, die Ursache des Problems zu finden und, wenn möglich, ihn zu reparieren. Wenn das nicht klappt, müssen wir versuchen, den von Sämi mitgebrachten Ersatzmotor (der von der Grösse her aber ohne Abänderungen nicht passt) irgendwie in unseren Mast einzubauen.
Wir haben also rund 5 Tage Zeit und beschliessen, wieder auf die Nachbarinsel Tahuata zu segeln, wo wir in einer der schönen Buchten besser liegen als im Hafen von Atuona.
Das Zerlegen des Motors dauert knapp 2 Stunden, das gründlich Reinigen und Entrosten eine halbe Stunde. Wichtige Teile leicht einölen, Dichtflächen alle gut mit Loctite blau abdecken und Motor zusammenbauen, nochmals 1 Stunde. Am späteren Nachmittag trägt der Skipper den schweren Motor wie einen Goldbarren aufs Schiff und schliesst ihn zur Kontrolle provisorisch an den Stromkabeln an: Hurra! Er läuft!! Mit ein paar Flaschen Bier wird der Erfolg auf der Lupina gefeiert. Erst am anderen Morgen bauen wir ihn dann (auch wieder mit Vincent’s Hilfe) im Mast ein. Wir sind total happy. Ich, weil das Problem (und die Ursache: Undichtheit) mechanisch gelöst werden konnte, und die Buchhalterin, weil die Kosten rund 30-mal tiefer sind als ein neuer Motor gekostet hätte 😊😊
Sämi, vielen Dank, dass du uns das Ersatzteil gebracht hast. Wir werden es ungebraucht auf dem Schiff behalten, auch wenn wir es hoffentlich nie brauchen werden. Gute und unfallfreie (😉) Heimreise!
Nachdem nun die Reparatur erfolgreich abgeschlossen ist können wir beginnen, uns auf unsere nächste Reise von Hiva-Oa nach Raroia, einem kleinen Atoll in den Tuamotus (immer noch Französisch-Polynesien) vorzubereiten. Es erwarten uns rund 430 Seemeilen in südwestliche Richtung. Seit einigen Tagen beobachten wir die Wetterentwicklung und morgen Dienstag passt es. Am späten Nachmittag (lokale Zeit) setzen wir unsere Segel und der reparierte Elektromotor darf sich zum ersten Mal beweisen.
Hält der Motor? Was habe ich am Rigg Bedenkliches festgestellt? Wie verläuft unsere Überfahrt und wie schaffen wir die gefährliche Einfahrt ins Atoll von Raroia??
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser
Wir sind in Nuku-Hiva vor Anker und warten sehnlichst auf das Ersatzteil, mit dem wir unseren defekten elektrischen Rollmechanismus im Mast provisorisch reparieren wollen. Einen eins zu eins Ersatz des Elektromotors gibt es nicht mehr. Vom Hersteller erfahren wir, dass wir zusätzlich zum Motor die ganze Elektronik (Steuerung und Verkabelung) ersetzen müssen. Das Preisschild dahinter ist astronomisch ☹. Deshalb haben wir vorerst einen sehr günstigen manuellen Antrieb bestellt. Damit können wir den defekten Antrieb ersetzen, diesen von einer Spezialfirma untersuchen und hoffentlich reparieren lassen. Dieses Ersatzteil lag nun schon seit einigen Wochen bei einer Schweizer Firma zum Versand bereit, aber aus uns unerklärlichen Gründen kriegen sie den Versand nach Französisch-Polynesien nicht auf die Reihe. Vor ein paar Tagen haben wir nun begonnen, jemanden zu finden, der uns das Teil persönlich bringt.
Nach unserem Abstecher in die Daniel’s Bay verlegen wir zurück zum Hauptort Taiohae, um unseren Besucher an Bord zu holen.
Sämi schildert seine Erlebnisse wie folgt: Am Mittwoch, 26. April, habe ich von Pia eine WhatsApp gekriegt. Wie es mir so geht, usw., ob ich noch arbeite und mit der Frage, ob ich spontan Lust und Zeit hätte, sie auf der Lupina in Französisch-Polynesien zu besuchen und ob ich ihnen dabei Ersatzteile mitbringen könnte – gegen Kost und Logis. Ich anderntags nach Wohlen ins Reisebüro, nachfragen, wie ich am besten dahin kommen könnte. Schock! Die Preise horrend so kurzfristig. Auf dem Nachhauseweg ein Gedankenblitz, als ehemaliger Swiss Techniker kann ich ja noch verbilligt fliegen, obwohl ich in Frühpension bin. Wieder zu Hause PC starten. In «Stafftravel» (internes Buchungsprogramm für Swiss Mitarbeiter) läufts, Flüge buchen. Klappt, aber leider sind nur Stand-by Buchungen möglich! Wird schon irgendwie gehen, jupieeeeeh!! Am 8. Mai Abflug nach Los Angeles. Von Zürich sowieso und von LA nach Papeete (Tahiti) klappt alles wunderbar. Danach wäre der Weiterflug nach Nuku-Hiva. Jetzt wird’s schwieriger, zu viele Leute – zu viel Gepäck, werde stehen gelassen. Also eine Nacht ins Hotel, am nächsten Tag um 4 Uhr auschecken und wieder an den Flughafen. Aber auch diesmal wieder stehen gelassen. Dann habe ich von einem Einheimischen einen guten Tipp gekriegt und meine überschwere Tasche als Fracht nach Nuku-Hiva aufgegeben. Und siehe da: am dritten Tag nehmen sie mich mit! In Nuku-Hiva angekommen gib’s eine schöne Taxifahrt über die Berge (über 1’000m hoch) in die Bucht, wo die Lupina liegt. Da werde ich schon von Pia und Köbi erwartet und sehr herzlich willkommen geheissen. Köbi hat sofort gemerkt, dass ich gerne ein Bier trinken würde, also mit Sack und Pack in das nahegelegene Restaurant auf ein Bier. Erstes Kennenlern-Gespräch mit Pia und Köbi. Wir verstehen uns auf Anhieb gut. Nach einer kurzen Fahrt mit dem Dinghi erstes Beschnuppern der Lupina. Nach dem Auspacken geht’s schon wieder an Land, wo wir alte Bekannte von Pia und Köbi treffen. Annette und Michael, ein sehr aufgestelltes und sympathisches Paar aus Deutschland. Mit ihnen zusammen einen kurzen Spaziergang zum grössten Tiki, und danach ein feines lokales Essen. Der vielen ersten Eindrücke wegen hatte ich nicht mal so grossen Appetit, obwohl es sehr gut war.
Sämi schildert die Erlebnisse dieser ersten Fahrt wie folgt: Am nächsten Morgen geht’s in die erste Bucht nach Hakatea auf Nuku-Hiva. Ich war überwältig! Kurzer Spaziergang zur nächsten Bucht, leider war das private Restaurant geschlossen wegen Bauarbeiten, so haben wir für den folgenden Tag abgemacht. Am nächsten Tag gabs dann Tunfisch, Gemüse und gebratene Würfel der Brotfrucht, die fast wie unsere Kartoffel schmeckt. Reich beschenkt mit allerlei Früchten gings zurück zur Lupina. Pia macht die Brotfrucht ein wenig anders, und es schmeckt dann noch viel besser. Pia kocht sehr gut!
Sämi schildert das so: Bald geht’s zur nächsten Insel, zuerst aber in eine weitere Bucht. Rauhe Überfahrt aber wir kommen gut vorwärts. Wieder eine traumhafte Bucht! Beim Umsteigen ins Dinghi ist es passiert, ein Malheur! Irgendwie den grossen Zehen unten aufgerissen. Schiffsarzt Köbi musste sich der Sache annehmen. Danach muss ich auf dem Schiff bleiben.
Sämi schreibt: Am nächsten Tag humpelnd ein Landausflug mit Autostopp zum nächsten Dorf. Das geht wunderbar, die Bevölkerung auf Polynesien ist sehr freundlich und hilfsbereit. Ein Tag später konnten wir ein Auto mieten und haben die einzige Strasse der Insel abgefahren. Dabei haben wir auch Nebenwege gefunden und so weit als möglich befahren. Ach ja, noch ein schönes Museum und den Kindersporttag besucht. Im Dorf mit Köbi meinen Rückflug gebucht.
In Hiva-Oa wollen wir nun endlich die Reparatur des elektrischen Furlers im Mast in Angriff nehmen. Beim Verlassen von Ua-Huka sind die Wettervorhersagen gut. Es erwartet uns ein konstanter Ostwind, zuerst etwas schwach, aber über Nacht gegen das Ziel hin leicht zunehmend auf angenehme 15-18 Knoten. Wir können gleich zu Beginn den richtigen Kurs einnehmen und auf direktem Weg, ohne Aufkreuzen, in Richtung Hiva-Oa fahren. Das Grosssegel haben wir mit dem manuellen Notmechanismus voll gesetzt und gleichen allfällige Böen mit der Genua aus. So der Plan. Brauchen wir aber nicht, das Wetter bleibt die ganze Nacht über freundlich. Wir kommen besser voran, als erwartet und beschliessen spontan, in einer ruhigen Bucht auf der Nachbarinsel Tahuata einen Zwischenstopp einzulegen, und erst am frühen Mittag in Hiva-Oa einzulaufen. Das gibt uns die besten Chancen, dort im engen Hafenbecken, an das wir keine guten Erinnerungen haben, einen guten Ankerplatz zu finden.
Sämi meint zu den letzten paar Tagen: Mit einem Nachtschlag segeln wir nach Hiva-Oa, wo wir den Mast mit den mitgebrachten Teilen reparieren wollen. Das läuft jedoch nicht nach Wunsch. Also ab auf die vorgelagerte Insel, zum Glück gibt’s da wieder wunderschöne Buchten. Chris und Ruedi (SY Pasito) sind uns auch noch gefolgt. Am kommenden Montag wieder zurück nach Hiva-Oa in die Werft, hoffentlich können wir dann alles fixen! Leider ist es dann für mich schon bald Zeit, um Abschied zu nehmen. Ich fliege am 5. Juni wieder nach Hause. Ich hätte es schon noch länger ausgehalten! Jä no! Danke Pia und Köbi für die Gastfreundschaft. Ihr seid Klasse!!
Am Montag nach Auffahrt geht’s nun also zurück in die Werft in Hiva-Oa. Kann der Chef dort unseren defekten Elektromotor zerlegen? Finden wir die Ursache des Problems und können es gar reparieren? Übersteht Sämi die letzten Tage auf der Lupina unfallfrei? Und was sind unsere nächsten Pläne?
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser
Am 4. April 2022 gegen Mittag heben wir den Anker in Atuona auf Hiva-Oa. Heute segeln wir nur 18 Seemeilen um die Westseite der Insel um im Nordwesten in einer einsamen Bucht zu übernachten. Erst am Tag darauf im Morgengrauen wollen wir die verbleibenden rund 65 Seemeilen in Angriff nehmen. Bei ordentlichem Wind sollten wir unser neues Ziel, die Bucht Vaiehu auf der Insel Ua-Pou, noch bei Tageslicht erreichen. Falls wir wider Erwarten mehr als 12 Stunden brauchen sollten, dann wäre ein Ankern auch im Dunkeln möglich, da die Bucht sehr offen und gross ist.
Wie alle anderen Inseln auf den Marquesas gehört auch Ua-Pou zur Kette von Vulkanen, der sogenannten Marquesas linear volcanic chain, die sich über einem «Hotspot» der pazifischen Platte gebildet hat. Die Inseln bewegen sich heute mit einer Geschwindigkeit von 103-118 mm pro Jahr in Richtung West-Nordwest. Die magmatischen Gesteine der Insel sind 2.5 bis 4.8 Millionen Jahre alt. Aber woher kommen diese speziellen, säulenförmigen Berge? Es wird vermutet, dass sich in einem ersten Schritt basaltische Lava schildartig aufgeschichtet hat. Durch Erdverschiebungen entstanden in einem zweiten Schritt Risse, durch die wiederum Lava emporsteigen konnte. Diese erkaltete dann nur sehr langsam in ihren kaminartigen Kanälen und es kam zur Formation von phonolytischem (wenn man daran klopft klingt es fast wie Glas) Gestein, das sehr hart ist. Die Erosion trug in der Folge die Basalt-Ablagerungen um die «Kamine» ab, und zurück blieben die für Ua-Pou so typischen Zeigefinger.
Manfred (seine Cousine ist die berühmte ehemalige Ostdeutsche Spitzensportlerin Heike Drechsler) ist 1987, noch vor dem Fall der Mauer, aus der DDR nach Franz. Polynesien geflüchtet. Obwohl er damals weder französisch noch englisch sprach, gelang es ihm, sich als Helikopter Pilot ausbilden zu lassen. Von Tahiti aus, wo er rund 8 Jahre lebte, flog er zunächst Kabel und andere Baumaterialien für die Stromversorgung auf die Inseln, später VIP Touristen. 1995 kam er dann mit einer hübschen Polynesierin, Thérèse, die in Hakahetau ihre Familie hat, nach Ua-Pou und konnte auf einem Stück Land der Familie am Ende eines Tales sein kleines Reich aufbauen. Zufällig fand er auf seinem Gelände die eher selten vorkommenden Kakaopflanzen und bemerkte, dass hier niemand etwas mit dieser Frucht anzufangen wusste. Im Selbststudium eignete er sich sehr schnell ein Basis Wissen an, das ihn befähigte, seine erste eigene Schokolade herzustellen. Heute gilt der Selfmade-Chocolatier und Erfinder als Geheimtipp für polynesische und ausländische Touristen. Er nimmt sich viel Zeit für uns und lässt uns von seiner Schokolade probieren. Fragen über Rezept oder Mengen blockiert er süffisant lächelnd: «Geschäftsgeheimnis!»
Nach rund 2 Wochen auf Ua-Pou zieht es uns weiter zur nächsten Insel: Nuku-Hiva. Nuku-Hiva zählt wie Ua-Pou geographisch zur Nordgruppe der Marquesas-Inseln. Mit einer Fläche von etwa 340 km² und 2.660 Einwohnern ist sie die grösste und bevölkerungsreichste Insel der Marquesas. Hier befindet sich der aktuell einzige Einklarierungsort der Marquesas, und die meisten Segler, die vom amerikanischen Kontinent her den Pazifik queren, laufen als erstes Nuku-Hiva an.
Bis jetzt habe ich nur über uns und unsere Erlebnisse berichtet. Was macht eigentlich unsere Lupina? Sie leidet! Der Ankerplatz hier in Taiohae ist sehr rollig, und das Wasser ist aufgewühlt und trüb. Das Unterwasserschiff wird von hunderten kleinen Muscheln und Algen angefallen. Übers Wochenende sind wir 8 Seemeilen in eine Nachbarbucht, aber da war das Wasser auch nicht viel besser, vielleicht etwas klarer und sauberer als in Taiohae (Anmerkung: auch wenn zur Zeit nur noch 60 Schiffe vor Anker sind – das Abwasser muss ja irgendwo hin!). Wir haben die Gelegenheit benutzt und das Unterwasserschiff so gut wie es ging sauber gemacht. Lupina scheint sich über die misslichen Zustände zu beschweren. Dinge, die bisher prima funktioniert haben, beginnen zu spuken: eine der WC Pumpen macht plötzlich beängstigende Geräusche, der Generator springt wieder nicht zuverlässig auf Knopfdruck an und andere so kleine Dinge. Dabei ist das Wichtigste, der elektrische Antrieb vom Rollmechanismus des Grosssegels, noch immer nicht repariert. Das benötigte Teil hängt in der Schweiz fest. Man glaubt es kaum: bisher war immer noch kein Versand möglich aus uns nicht verständlichen Gründen. Das dauert nun schon seit 4 Wochen so. Wir haben nun die Flucht nach vorne gewagt und jemanden gefunden, der uns besuchen kommt und das benötigte Teil im Koffer mitnimmt. Sämi heisst unser Retter! Er sucht nun gerade einen Flug und kommt in den nächsten Tagen auf die Lupina.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser
Nachtrag: hast du Probleme mit all den schwierigen Ortsbezeichnungen? Geht uns auch so!😊😊
Auf Fatu Hiva machen wir uns auf die Suche nach den Spuren von Thor Heyerdahl. Der berühmte Norweger träumte seit seiner Schulzeit davon, selbst auszuprobieren, ob der Mensch von heute im Stil des Steinzeitjägers überleben kann – ohne technische Hilfsmittel, ohne Medikamente. Nach längerem Suchen auf Landkarten, in geographischen Büchern und Reiseberichten früherer Expeditionen nach besonders schönen und einsamen Fleckchen Erde stiess er auf Fatu Hiva in den Marquesas.
Im Jahr 1937 kommt der junge Zoologie Student Heyerdahl mit seiner Gattin Liv zuerst nach Tahiti, wo ein Häuptling die Beiden in die Kunst zu leben und überleben einweist. Kurz danach setzt ein alter Frachter das junge Paar am Zielort aus und verspricht, sie nach einem Jahr wieder abzuholen. Den beiden Zivilisationsflüchtlingen erschein Fatu Hiva paradiesisch: verschwenderische Vegetation, weisser Sandstrand und lauter temperamentvolle und offenbar im Einklang mit der Natur lebende Menschen. Den Fremden wird bereitwillig ein Stück Land auf einer ehemaligen Königsterrasse oberhalb des Dorfes Omoa verpachtet und schnell werden sie mit den Einheimischen vertraut. Ungewollt gerät dann das junge europäische Paar zwischen die Fronten zweier sich rivalisierender Missionare, die Zwietracht und Streit in der Bevölkerung sähen. Von Stechmücken geplagt, gepeinigt von schmerzhaften Geschwüren an den Beinen, müssen die beiden Norweger dann in einem offenen Boot auf dem stürmischen Meer wieder nach Tahiti fahren, um medizinische Hilfe zu suchen. Sie müssen feststellen, dass es für den modernen Menschen tatsächlich kein «Zurück in die Natur» mehr gibt.
Eine andere Erkenntnis hat Thor Heyerdahl bei seinem Aufenthalt auf Fatu Hiva gewonnen: die Menschen, die hier leben, könnten durchaus von Indianern in Südamerika abstammen. Bisher hat man geglaubt, die Besiedlung von Polynesien habe von Asien aus stattgefunden. Hier fasste Thor den Entschluss, durch einen praktischen Versuch zu zeigen, dass man mit einem Floss von Südamerika nach Polynesien kommen kann. Diese erfolgreiche Flossfahrt hat ihn dann weltberühmt gemacht. Schade, dass sich hier in Fatu Hiva keine Spuren dieses praktisch veranlagten Zoologie-Studenten mehr finden lassen.
Wir haben nun die 3 südöstlichen Inseln der Marquesas (Fatu Hiva / Tahuata / Hiva Oa) bereist. Vor allem Fatu Hiva, die kaum je Segelboote sieht, weil sie schwierig anzusegeln ist (Boote, die den Pazifik queren, sind verpflichtet, zuerst auf den weiter westlich liegenden Inseln Hiva Oa oder Nuku Hiva einzuklarieren, und müssten dann gegen Wind und Wellen zurücksegeln) hat uns sehr gut gefallen. Die Marquesas sind ein sehr anspruchsvolles Segelgebiet. Die Vulkaninseln ragen alle steil und schroff aus dem Meer und es hat keine Riffe, welche Wellen und Brandung einbremsen würden. Die einigermassen geschützten Ankerplätze liegen meist auf der Westseite der Inseln. Hier aber gibt es starke und unberechenbare Fall-Böen, die wie eine Ohrfeige auf dich einschlagen können. Der Ankergrund ist meist sehr tief, 15-20 Meter, und es braucht immer viel Kette. Finden wir endlich einen guten Halt, kommt sicher ein nervender Schwell um die Landzunge und macht den Ankerplatz rollig. Gerade das Letztere stört uns aber wenig, wir schlafen herrlich, wenn die Wellen uns so ins Land der Träume befördern. Solange der Anker hält, sind wir glücklich 😉
Als nächstes Ziel nehmen wir uns die 3 nordwestlichen Inseln (Ua Pou / Nuku Hiva / Ua Huka) vor den Bug, bevor wir dann in etwa 4 Wochen wieder nach Hiva Oa zurücksegeln. Dort wollen wir den defekten Motor des Grosssegel Rollmechanismus durch einen temporären Handmechanismus ersetzen, der uns aus der Schweiz zugeschickt wird. Hoffentlich klappt das!
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser
Am 4. März 2022 ist rund 2 Stunden früher Tagwache als sonst. Was heisst da «als sonst»? Normalerweise gibt es bei uns keine Tagwache, sondern wir stehen einfach dann auf, wenn wir erwachen. Heute aber reisst uns Pia’s Wecker bereits um 6 Uhr in der Früh aus dem Schlaf. Es liegen 800 Seemeilen zwischen uns und Fatu Hiva, unserem ersten Ziel im Marquesas Archipel (Franz. Polynesien). Wir schätzen, dass wir bei sportlichem Tempo etwas mehr als 5 Tage brauchen werden. Wenn wir früh starten, haben wir noch genügend Reserve, so dass wir bei Tageslicht ankommen können. Wobei, das mit dem Schätzen ja schon sehr vage ist, denn nur 1 Seemeile pro Stunde Differenz in unserer Geschwindigkeit macht auf diese lange Distanz schnell mal 1-2 Tage Unterschied aus.
Diesmal wird es eine besondere Reise. Erstmals segeln wir eine solch lange Strecke zusammen mit einem anderen Boot. Das Schweizer Ehepaar Rita und Daniel mit ihrer SY Maramalda begleiten uns auf diesem 800 Seemeilen langen Trip. Das besondere daran, sie segeln auch eine Hallberg-Rassy 43 wie wir, also das gleiche Schiff. Die Beiden sind leidenschaftliche Regatta-Segler und sind via das Kap Horn nach Gambier gefahren. Wer mich kennt, der weiss, dass bei mir bei dieser Konstellation (gleiches Schiff, erfahrene Regattasegler) der sportliche Instinkt geweckt wird, obwohl ich eigentlich gar nicht will. Um es gleich vorweg zu nehmen: so kurzweilig und intensiv war bisher noch keine Überfahrt für uns «Lupinis» (Seewölfe) 😉
Nach kurzer Fahrt unter Motor aus dem Riff vor Rikitea eine ungewollte Überraschung: wir fahren in den Wind und wollen das Grossegel setzen. Wir drücken auf die Taste «Out» des elektrischen Rollmechanismus – aber nichts passiert. Der Motor macht zwar ein Geräusch, wie wenn er drehen würde, aber das Segel kommt nicht aus dem Mast. Als auch ein mehrmaliges Ein- und Ausschalten der Stromzufuhr nichts bringt eine kurze Krisenbesprechung: weiterfahren und das Segel von Hand bedienen – oder zurück nach Rikitea an den Ankerplatz? Pia schüttelt energisch den Kopf und in mir regt sich das Sportlerherz in der Brust. Wir entscheiden uns, die Verfolgung der SY Maramalda aufzunehmen.
In der ersten Nacht holen wir einen guten Vorsprung heraus, bis ein ungewöhnlich langer und heftiger Squall uns einbremst. Da wir unser Grosssegel nicht automatisch reffen können und aus Sicherheitsgründen in der Nacht nicht auf Deck wollen, wettern wir die 28 bis 35 Knoten starken Winde, die fast 1 Stunde anhalten, mit einem Beidrehen ab. Erst als der ganze Spuck vorbei ist und sich das Wetter wieder beruhigt, setzen wir unsere Fahrt fort. Die Maramalda hat mittlerweile wieder zu uns aufgeschlossen. Der Rest der Nacht verläuft dann aber ruhig, und wir holen bis zum Morgen wieder etwas Vorsprung heraus. Dann aber nimmt die Maramalda die Verfolgungsjagd auf. Immer, wenn wir etwas faul und nachlässig werden und unsere Segel nicht optimal nach dem Wind trimmen, kommt sie uns etwas näher. Wir sind nun fast identisch schnell, die Maramalda eher schneller. Manchmal kommt bei uns fast etwas Verzweiflung auf: auch bei vermeintlich bester Segelstellung schaffen wir es nicht, den Vorsprung zu halten. So gewinnen wir die Regatta nicht! Da gibt’s nur eines: noch besser und noch aufmerksamer Kurs und Segelstellung im Auge behalten. Und es gelingt: nach 4 Tagen haben wir rund eine Stunde Vorsprung herausgesegelt. Diesen können wir halten, bis wir uns am letzten Abend gegenseitig über Funk absprechen, dass wir nun die Fahrt drosseln wollen, um nicht in der Nacht am Ziel anzukommen.
Nach genau 5 Tagen und 4 Stunden fällt unser Anker. Vielen Dank, Rita und Daniel, für dieses kurzweilige, spannende, manchmal stressige 😉 aber wunderschöne «Rennen». Wir sind uns bewusst, dass ihr euch mit einem kleineren Vorsegel in den Zweikampf gestürzt habt. In den nächsten Tagen wollen wir uns nun organisieren. Pia will endlich das schon lange fertig gestellte Video der Pazifiküberquerung ins Netz stellen und ich muss mich um den Rollmechanismus des Grosssegels kümmern.
Wir freuen uns auf die neue Insel. Hier auf Fatu Hiva hat der berühmte Zoologe Thor Heyerdahl Ende der 1930 Jahre in und mit der Natur gelebt. Aus seinen Beobachtungen der Leute und der Kultur hat er die Theorie entwickelt, dass die Besiedlung von Polynesien von Südamerika aus erfolgt sein könnte. Hier fasste er den Entschluss, mit einem Floss von Südamerika nach Polynesien zu fahren.
Wir sind Thor Heyerdahl auf der Spur. Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser