3’000 Seemeilen von Galapagos nach Gambier – unser längster Segeltörn

Galapagos – Gambier (Französisch-Polynesien): 3’000 Seemeilen durch einen der einsamsten Ozeane der Welt. Hier führen keine Transportwege durch, Frachtschiffe werden wir bald keine mehr zu sehen bekommen. Andere Segler sind zurzeit nicht unterwegs, in Galapagos haben wir jedenfalls kein einziges Schiff gesehen, das nach Gambier segelt. Wir sind auf uns alleine gestellt, niemand kann uns zu Hilfe kommen, wenn uns mitten unterwegs etwas passieren sollte, nicht mal ein Flugzeug. Die Distanzen sind zu gross. 3’000 Seemeilen – es wird die längste Strecke unserer Segelreise sein.

Seit Tagen bereiten wir uns auf die lange Reise vor: das Rigg wird gründlich inspiziert, 2 Wanten noch etwas nachgezogen, Unterwasserschiff geputzt, Motor gewartet, Wasserversorgung geprüft, etc. Pia sorgt dafür, dass wir für gut 30 Tage Proviant haben. Wir rechnen mit 20-25 Tagen Überfahrt, aber etwas Reserve ist immer gut!

Du bist noch nie gesegelt und kannst dir nicht vorstellen, wie das ist, so eine lange Überfahrt? Stell dir vor, du dürftest für die nächsten 3 Wochen in deiner Wohnung nur etwa 25 Quadratmeter nutzen, also etwa die Küche und das Wohnzimmer. Fernseher, Telefon – funktioniert nicht. Du zusammen mit einem/r Partner/in. Rausgehen kannst du nicht. Besuch und Kontakt zu anderen Leuten gibt es nicht. Du musst Strom und Wasser sparen. OK, du hast viel zum Lesen und diverse Spiele, um dir die Zeit zu vertreiben. Das ist die Ausgangssituation. Und jetzt geht es los: deine Wohnung wird auf einen Rütteltisch gestellt und wird fortan hin und her geschaukelt, gerollt, von oben nach unten und wieder hochgehoben und in alle Lagen schief gestellt. Zudem sitzt jemand auf deinem Dach und macht dauern Lärm und vom Keller tönt es wie in einer Waschmaschine. Essen hast du genügend, aber es fällt dir dauernd vom Teller. Auch Bier und Wein hast du wie im Schlaraffenland, aber du rührst keinen Tropfen davon an. Kannst du dir das vorstellen? 3 Wochen lang! Perfekt, dann bist du dabei!

Am 27.12.2021 ist es soweit. Wir sind Beide etwas aufgeregt (ich etwas mehr als Pia), haben nur kurz geschlafen vor lauter Reisefieber. Am Morgen noch das ordentliche Frühstück, dann alles lose Gut am Schiff noch sorgfältig festgezurrt oder verstaut. Um 10 Uhr muss ich fürs Ausklarieren mit unseren Pässen zum Agenten. Zu Fuss geht’s zur Immigration und in wenigen Minuten sind die Stempel im Pass. Der Agent hat alles perfekt vorbereitet, ich selber muss kein einziges Formular ausfüllen.

Nach einem letzten feinen Galapagos Kaffee (stilgerecht in der Vulkantasse) geht es endgültig aufs Wasser, zurück auf die Lupina
Um 11 Uhr kommt der Vertreter des Agenten mit Armada, Policia Nacional und Biosecurity im Schlepptau vorbei. Es wird überprüft, ob wir irgendwelchen Verbrechern (soll es angeblich auf Galapagos aber keine geben) Fluchthilfe leisten, oder einheimische Pflanzen oder Tiere mitnehmen wollen. Die Inspektion ist gründlich aber sehr freundlich. Nach 30 Minuten erhalten wir unseren Internationalen Passierschein, und wir sind ausklariert
Nachdem auch noch, wie von der Französisch-Polynesischen Behörde verlangt, eine Kopie des Passierscheines sowie ein selbst auszufüllender Gesundheitscheck elektronisch nach Gambier übermittelt ist, lichten wir den Anker und los geht’s. Letzter Blick zurück Richtung Port Ayora. Vor uns liegen fast 3’000 Seemeilen (5’550 Kilometer, die Strecke von Zürich nach New York) offenes Meer

Tag 1: Am Anfang heisst es, aus dem Ankerfeld hinaus um die Riffe herum aufs offene Wasser hinauszuzufahren. Dazu brauchen wir den Motor. Aber kurz danach können wir bereits den Kurs nach Gambier absetzen. Segel hoch – Motor aus – wir sind unterwegs! Nachdem wir an Santa Cruz vorbei sind, dreht der Wind aber in westliche Richtung, und wir müssen eine leichte Kursänderung vornehmen, die uns nördlich der kleinen Vulkaninsel Tortuga vorbeibringt. Macht nichts, geht auch.

Flache See, leicht bewölkter blauer Himmel und Wind – was will der Segler mehr?! Wir haben unser Dinghi übrigens seit Panama für diese langen Überfahrten (Panama – Galapagos – Gambier) vorne auf dem Schiffsdeck verstaut. Normalerweise haben wir es hinten an Trägern (Davids) aufgehängt. Die Gefahr dabei ist, dass eine grosse Welle überschwappt ins Dinghi. Diese möglicherweise mehrere hundert Kilogramm schwere zusätzliche Last kann die Träger überlasten und im schlimmsten Fall abreissen. Für kurze Törns hat man bessere Wettervorhersagen und kann seine Route anpassen und das Risiko managen. Für die langen Törns gibt es keine Wettervoraussage für die ganze Dauer

Tag 2: Ein herrlicher Segel Tag: Die Wellen sind zwar noch etwas nervös im Inselgebiet, aber je weiter wir davon wegkommen, desto flacher wird die See. Die Nacht verläuft ruhig, obwohl zeitweise der Wind sehr schwach wird (weniger als 5 Knoten auf das Schiff). Zum Glück ist das Meer flach und die Segel schlagen nicht – so geht’s trotzdem unter Tuch weiter. Tagsüber nimmt der Wind zu (meist zwischen 8-10 Knoten) und wir machen schöne Fahrt. Am späteren Nachmittag geraten wir mitten in eine riesige Gruppe von Delphinen, die gerade am Jagen ist. Es spritzt, hüpft und quietscht um uns – aber keines der Tiere scheint an uns Interesse zu zeigen.

Das richtige Segelwetter zum Fischen. Ein feiner Mahi-Mahi oder so wäre eine willkommene Auflockerung unseres Speiseplanes. Leider findet kein Fisch den Weg zum Haken ☹

Tag 3: Nach einer wiederum ruhigen Nacht werden wir beim Frühstück durch eine Gruppe Buckelwale begrüsst, die vor uns durch Richtung Norden ziehen. Tagsüber legt dann der Wind leicht zu auf 10-13 Knoten in einem Winkel von 45-50° auf das Schiff. Ideal! Und der Pazifik zeigt sich von seiner braven Seite, die Wellen bleiben angenehm flach. Die Lupina kommt so richtig in Fahrt und wir erreichen ein ETMAL (= Seemeilen innerhalb 24 Stunden) von sehr guten 162 Meilen.

Die Crew hat gute Laune – und immer eine Hand für das Schiff 😉

Tag 4: Eine sternenklare Nacht. In meiner Schicht ab Mitternacht beschäftige ich mich mit dem Beobachten der Sternenbildern, die ich bereits kenne, und dem Bestimmen von ein paar Neuen. Der abnehmende Mond geht erst spät auf. In der Dunkelheit ist gut das viele Leuchtplankton ersichtlich, welches durch Wasserbewegungen zum Leuchten angeregt wird. Der Wasserwirbel von Ruder und Rumpf unserer Lupina hinterlässt einen wahren Feuerschweif im Kielwasser.

Voll gesetztes Genua und Grosssegel, die Lupina macht richtig gute Fahrt

Tag 5: Heute ist Silvester. Natürlich ist für den Jahreswechsel auch eine Flasche «Schampus» an Bord. Wir wissen nur nicht, wann öffnen und anstossen. Wir meinen, wir könnten das Kredenzen des edlen Saftes unterteilen: ein erstes Mal, wenn unsere Familien und Freunde zu Hause in der Schweiz feiern, und ein zweites Mal, wenn es bei uns soweit ist. Aber hier sind wir nicht sicher, welche Zeit gilt, wo wir gerade sind. Ist es noch Galapagos Zeit, oder schon eine Stunde später. Pia kommt mit der salomonischen Lösung: wir Verschieben den Genuss der Flasche auf unsere Ankunft in Gambier. Der Skipper will aufmaulen, aber ihm ist nicht entgangen, dass das Meer sehr ruppig geworden ist und der Wind mit 20-23 Knoten auf das Schiff doch kräftig ist. Da kann immer etwas passieren, oder es müssen Segel neu gestellt werden. Da braucht es einen klaren Kopf. Und so wird der Wunsch der Skipperin zum Befehl 😉. Ein guter Entscheid! Denn noch vor Einbruch der Dunkelheit bläst der Wind noch etwas stärker und wir können die Genua nicht weiter reffen. Das Schiff rollt und krängt in den 2 Meter hohen Wellen sehr unangenehm. Wir rollen die Genua ein und setzen stattdessen das viel kleinere Fock Segel. Nun ist es deutlich besser und wir verlieren trotzdem nicht viel an Fahrt, machen immer noch knapp über 7 Knoten im Schnitt.

Sonnenuntergang auf hoher See

Tag 6:  Neujahr! Hurra, wir haben es am Vortag nicht mal bemerkt und erst als wir das Logbuch nachtragen, sehen wir es: am frühen Abend des 31.12.2021 haben wir mit der Lupina bisher 15’000 Seemeilen zurückgelegt. Nicht viel, aber ordentliche und zum Teil recht anspruchsvolle Strecken. Wenn wir noch unsere Fussmeilen dazu nehmen würden, dann wären wir bei den «Meilenfressern» vorne mit dabei 😊. Wir machen auch am heutigen Tag trotz reduzierten Segeln sehr gute Fahrt und erreichen auf dieser Reise einen neuen ETMAL Bestwert von 177.2 Seemeilen.
Erklärung «Meilenfresser»: Langfahrtensegler, die ihre Zeit hauptsächlich mit Segeln verbringen und weniger Interesse haben an Land und Leuten. Sie umrunden den Globus zum Beispiel in durchschnittlich 2-3 Jahren (Quelle: Köbipedia)

Die Nachtschichten teilen wir uns auf. Pia übernimmt den ersten Teil bis Mitternacht, ab Mitternacht bis Morgenessen ich. Die Aufgabe der Wache besteht darin, regelmässig einen Rundumblick zu machen um allfällige Lichter auf dem dunklen Ozean zu erspähen. Schiffe mit AIS (Automatische Schiffs Identifikation) kann man auch auf dem Bildschirm erkennen. Weitere Pflichten sind, Wind und Wetterentwicklung zu beobachten um allenfalls rechtzeitig Segelstellungen anpassen zu können. Ansonsten gibt es viel Zeit zum Dösen oder Lesen (ein Wecker sorgt alle 30 Minuten dafür, dass man wieder seinen Pflichten nachgeht)

Tag 7:  Ein toller Segel Tag! Die Wellen sind moderat, der Wind genau richtig und wir kommen sehr gut voran.

Heute sehen wir solche Wolken nur kurz und aus gebührender Distanz. Die meiste Zeit ist blauer Himmel angesagt

Tag 8:  Auch dieser Tag verläuft entspannt und bei herrlichen Verhältnissen. Gegen Abend nehmen Wind und Wellen zu, aber wir können die ganze Zeit unter vollen Segeln laufen. Wir machen ein tolles ETMAL von 181.8 Seemeilen.

Unser Schiff wird die ganze Zeit automatisch gesteuert, durch den sogenannten Autopiloten. Den kann man so programmieren, dass er entweder einem vorgegebenen Kurs folgt, oder dem Wind. Diese Bordelektronik, die Steuerung, Radar und GPS, all diese Instrumente brauchen Strom. Dieser Wird von drei 12 Volt Batterien mit einer Kapazität von total 750Ah geliefert. Damit diese nicht leerlaufen, müssen wir dauernd nachliefern. Bei uns geschieht das hauptsächlich über Solarpaneelen, die wir seitwärts am Schiff angebracht haben (Bild). Dazu haben wir einen Windgenerator, einen Dieselgenerator und für den Notfall den Hauptmotor

Tag 9:  In der Nacht hat der Wind etwas abgenommen und nach hinten (achterlich) gedreht. Tagsüber bleibt es stark bewölkt, und der Wind nimmt nicht wieder zu. Die Genua wird von hinten durch das Grosssegel vom Wind abgedeckt und flattert in solchen Situationen heftig. Mit dem Spi-Baum spannen wir die Genua nach aussen, so bleibt das Tuch besser gestreckt und flattert nicht.

Mit dem «Spi-Baum» (lange Stange in der Bildmitte) wird vor allem bei Winden von hinten das Genua Segel vom Schiff weg nach aussen gehalten, um dem Wind eine möglichst grosse Fläche entgegen zu stellen. Der Spi-Baum ist dabei aussen am Ende der Genua fixiert, und innen am Mast des Schiffes

Grosser Schreck am Abend. Da heute die Sonne nicht scheint (Solarpaneelen) und der Wind schwach ist (Windgenerator), wollen wir den Dieselgenerator starten. Aber der macht keinen Wank! Die Startautomatik läuft zwar ganz normal durch das Prozedere durch, aber der Anlasser dreht nicht, macht keinen Wank, kein Geräusch. Ich schliesse schnell auf einen Kabelbruch, quetsche mich in den engen Motorraum und mach mich auf die Suche. Alles ist normal und das Voltmeter zeigt nirgends ein gebrochenes Kabel. Über Mail (Satellit) frage ich 3 mir gut bekannte Mechaniker an, ob ich den Anlasser direkt von der Batterie mit Strom versorgen kann, ohne einen Folgeschaden zu erzeugen. «Das geht» ist die rasche Antwort. Noch während ich mir ein Kabel bastle, kommt mir in den Sinn, dass ich als Kind Chauffeure und Bauern gesehen habe, die ihren Anlasser mit einem Hammer traktiert haben, wenn er nicht wollte. Ich versuch’s mit leichtem Klopfen auf den Magnetschalter – und siehe da: er läuft wieder!!

Köbi muss sich klein machen, aber er passt in den Motorraum 😊

Tag 10:  Mit dem «reparierten» Generator (ich muss das unterwegs in der Folge noch mehrere Male machen) haben wir in der Nacht 2 Stunden lang Strom produziert und dabei gleichzeitig mit dem Wassermacher (der auch Strom braucht) Trinkwasser ergänzt. Es läuft perfekt! Wir sind weiterhin schnell unterwegs und die Moral der Crew ist unverändert gut. Der Wind nimmt tagsüber leicht zu, ist aber mit rund 17 Knoten auf das Schiff immer noch im Grünen Bereich. Was uns eher zu schaffen macht ist die nervöse Welle, die sich gegen Abend eingestellt hat und immer höher wird. Immer häufiger wirft sie Lupina aus ihrem schnellen Trott und bringt uns heftig zum Rollen. So heftig, dass der Spi-Baum droht, in die Wellen zu tauchen. Sicherheitshalber reduzieren wir die Genua, was das Ende des Baumes noch oben und nach vorne bringt.

Schon als Kind haben wir gelernt: gute Moral beginnt mit gutem Essen! Wir haben genügend Früchte, Obst und Gemüse an Bord, um uns gesund zu ernähren. Und mittlerweile haben wir uns ans Rollen und Schaukeln gewöhnt, und die Seekrankheit kann Pia dieses Mal nichts anhaben 😉

Tag 11: Die Nachtfahrt ist recht ruppig. Die gut 3 Meter hohen Wellen bringen uns immer wieder ins Schlingern und Rollen. Aber mittlerweile ist alles auf der Lupina so verstaut, dass es kaum mehr scheppert und poltert. Die meiste Zeit steuern wir mit dem Autopiloten «auf Kurs», das heisst, auf dem kürzesten Weg nach Gambier. Wenn in der Nacht der Wind sich stark verändert, zum Beispiel zu weit von der Seite kommt, oder zu weit von hinten, beginnt die ausgebaumte Genua zu flattern und zu schlagen. Um das Segel dem Wind anzupassen, müssten wir an Deck gehen. Das machen wir in der Dunkelheit nicht, sondern stellen den Autopiloten auf «Steuerung nach Wind» ein. Dieser steuert den Kurs des Schiffes dann so, dass der Wind immer mit dem gleichen Winkel auf das Schiff kommt. Verändert sich also die Windrichtung, dann verändert sich auch der Kurs. Dies ist besonders am heutigen Tag sehr hilfreich, da wir mehrere solche Windveränderungen durchmachen.

Für die heutigen Strapazen werden wir mit einem herrlichen Sonnenuntergang belohnt

Tag 12: Heute werden wir durch einen heftigen Squall in den Tag empfangen. Ein Squall ist eine Regenfront, die vom Wind übers Meer getrieben wird. Tagsüber sieht man sie gut, in der Nacht hilft das Radar. Wenn ein Squall vorbeizieht, steigt der Wind zuerst für ein paar Minuten markant an. Heute Morgen von 15 Knoten auf rund 40 Knoten. Wir haben ihn sehen kommen und das Grosssegel deutlich gerefft und dann den Wind abgeritten. «Abreiten» heisst in diesem Fall, wir ändern den Kurs so, dass der Wind fast von hinten kommt. So bleibt das Schiff schön aufrecht und die Windkraft verteilt sich gut auf die Segel. Nach ein paar Minuten beginnt es bei einem Squall dann heftig zu regnen, gleichzeitig fällt der Wind zusammen. Ist dann der ganze Spuk vorbei, nimmt der Wind wieder zu auf die ursprüngliche Stärke. Obwohl wir am heutigen Tag mehrere Squalls abwettern müssen, bleibt die Lupina schnell: wieder ein hohes ETMAL von 181 Seemeilen.

Eine grosse Wolke baut sich hinter uns auf – ein Squall könnte entstehen
Die Wolke kommt bedrohlich näher. Bereits sieht man den heftigen Regenschauer unter ihr. In dieser Phase beginnt die Windstärke zwischen 10-20 Knoten zuzunehmen
Und wenn die Wolke über dem Schiff ist, beginnt es wie aus Kübeln zu giessen. Jetzt lässt der Wind deutlich nach, meist sogar weniger, als vor dem Squall
Je nach Wolkengrösse kann das ganze Schauspiel einige Minuten oder bis zu einer Stunde dauern. Aber irgendeinmal bläst der Wind Wolke und Regen weg und nicht selten bleibt ein wunderschöner Regenbogen

Tag 13: Nach einer ereignislosen Nacht überrascht uns beim Morgenessen ein AIS Signal. Kurz darauf ein zweites und nach ein paar Minuten insgesamt 6 AIS Signale. So viele Schiffe so weit draussen im Niemandsland?

Die sechs AIS Signale (schwarze Dreiecke) um uns herum. Sie scheinen in irgendeiner Formation zu fahren. Wobei, als wir uns die Daten ansehen stellen wir fest, dass sie sich nur sehr langsam bewegen

Wir werden neugierig, schauen uns die Informationen im Computer an. Alles Schiffe mit komischen Bezeichnungen, meist irgendwelche Zahlenkombinationen. Obwohl wir bei einem dieser Punkte in einer Distanz von nur einer halben Meile vorbeifahren, sehen wir kein Schiff! Wir nehmen unser Fernglas schauen genauer hin, und sehen immer noch nichts. Was kann das sein? U-Boote auf einer Manöverfahrt? Eines der Signale ist Koreanisch oder Chinesisch angeschrieben. Ich versuche, sie per VHF Funk aufzurufen, erhalte aber keine Rückmeldung. Ein Indiz mehr, dass es eine militärische Übung sein könnte. Wir erfahren es nicht. Ich mach einen Eintrag im Logbuch und weiter geht die Fahrt – ohne Torpedo Beschuss 😊. Wir erreichen heute, fast genau 13 Tage nach der Abfahrt, 2’000 Meilen. Zwei Drittel der Strecke geschafft!

Tag 14: Endlich werden die Temperaturen etwas wärmer. Bisher war es in der Nacht immer 20, 21 Grad. Jetzt sind es doch immerhin 24 Grad und die Nachtwache ist so sehr angenehm. Mittlerweile ist der Sonnenaufgang um 7 Uhr 40 (Bordzeit) also schon mehr als anderthalb Stunden später als noch in Galapagos. Das bedeutet auch, dass die Sonne später untergeht. Nun ist es bis 9 Uhr abends hell. Gegen Abend kommen wir wieder an vielen AIS Punkten vorbei. Diesmal aber sehen wir zumindest ein Schiff. Es ist deutlich als Fischerschiff zu erkennen. Aber wo sind die 3 Begleitboote, die zwar auf dem Bildschirm zu erkennen sind, nicht aber auf dem Wasser? Uns dämmert es! Die U-Boote vom Vortag dürften mit AIS bestückte Bojen der Fischer sein. Damit markieren sie ihre Netze und könne sie dann später per GPS wieder orten. Wir kriegen Gänsehaut beim Gedanken, dass wir gestern mitten durch so ein Feld von Netzen durchgefahren sind. Wir haben von vielen Schiffen gelesen, dass sie unterwegs in einem Netz hängen geblieben sind. Offenbar hatten wir einen guten Schutzengel 😉

Ansonsten verläuft dieser Tag ereignislos. Während ich beginne, am Reisebericht zu werkeln, beginnt Pia mit dem Schnippeln und Filmen des nächsten Videos

Tag 15: Die Tage beginnen sich zu gleichen. Auf der Lupina ist längst Routine eingekehrt. Jeder Handgriff sitzt und wir lösen uns ohne festen Plan gegenseitig beim Wache Schieben im Cockpit ab. Wir schlafen viel und fühlen uns sehr gut. So könnte es noch lange weiter gehen. Erwähnenswert vielleicht: die Häufigkeit der Squalls und die Intensität des Regens scheint zuzunehmen, je weiter wir westwärts kommen. Unsere Lupina freut sich über die Frischwasserduschen

Regen und Sonnenschein wechseln sich häufiger ab

Tag 16:  Der heutige Tag beginnt mit einem wunderschönen Sternenhimmel. Der Mond geht kurz nach Mitternacht unter und gibt ein prächtiges Funkeln und Glitzern am Sternenhimmel preis. Leider dauert es nicht lange. Bis zum Morgengrauen überfahren uns 5 grössere Squalls. Die Kleinen zählen wir schon gar nicht mehr. Und dann stellt der Wind ab. Nicht ganz, aber auf eine Stärke, bei der die Segel nicht mehr stehen und bei den heftigen Wellen (2-3 Meter hoch) laut und nervig schlagen. Wir rollen das Grossegel komplett weg, erhalten dadurch etwas mehr Druck in die Genua und kriegen so das Flattern der Segel in Griff. Den ganzen Tag und die kommende Nacht schleicht die Lupina wie halb lahm ihrem Ziel entgegen.

Hohe Wellen lassen uns in alle Richtungen rollen. Gleichzeitig schieben sie uns aber trotz schwachem Wind Richtung Westen

Tag 17: Nach Mitternacht nimmt der Wind zu, wir setzen das Gross wieder, es steht. Ab jetzt geht es recht zügig voran. Ab und zu setzen wir den Autopiloten auf Windsteuerung, aber meist können wir direkt der Route folgen. Der Himmel ist zu. Ab und an ein heftiger Regenschauer, aber wir machen wieder gute Fahrt, das ist die Hauptsache. Es scheint, dass wir dem Schwachwind entronnen sind. Das Ziel fliegt näher. Es wird Zeit, dass wir uns mit der Ankunft zu beschäftigen beginnen. Wenn der Wind so bleibt, können wir in 2 Tagen am Ziel sein.

Heute erlebt Pia wieder einen fantastischen Sonnenuntergang (Köbi ist am Vorschlafen, um 21 Uhr Bordzeit muss er mit der Anixi funken)

Tag 18: Wir rechnen hin und her und sind sicher, dass wir es am nächsten Tag schaffen können. Um Mitternacht trennen uns nur noch 280 Seemeilen von Gambier. Durch die Zeitverschiebung werden uns noch 3 Stunden geschenkt. Also volle Pulle weiter! Der Wind ist gut und wir kommen den ganzen Tag über sehr gut voran. Bereits am Vormittag nehmen wir Tempo raus und rollen das Grosssegel komplett weg. Wir sind bester Laune. Einzig über den Namen «Pazifik» müsste man sich mal unterhalten. Sooo friedlich und still ist er bei Weitem nicht. Auch heute wieder schüttelt und rüttelt er uns heftig durch. Von hinten wälzt sich eine rund 4 Meter hohe, gemächliche Passatwind Welle unter uns hinweg. Diese alleine wäre ok. Aber darüber gelagert kommt eine kleinere Welle von Norden. Und die bringt uns immer wieder stark ins Rollen, stellt uns quer zur Passatwelle oder klatscht sich voll an die Breitseite. In der Dunkelheit der Nacht keine Chance, das auszusteuern. Eine dieser hochschwappenden Wellen reisst einen Teil der Halterung des Rettungsringes ab. Nichts Schlimmes. Die Halterung besteht aus einem Stoffstreifen, der mit Klettverschluss an der Reling fixiert ist. Der Stoff ist vom brutalen UV-Licht der Sonne spröde geworden uns ist gerissen. Wir fixieren den Rettungsring provisorisch mit einer dünnen Leine. Ein Job für Pia’s To-Do Liste.

Auch heute verschonen uns die Regenstürme nicht

Tag 19:  Schon kurz nach Sonnenaufgang lösen sich die Umrisse der höchsten Berge von Gambier aus dem Dunst. «Laaaaand in Siiiiiicht» rufe ich inbrünstig und voller Begeisterung in den Schiffbauch hinunter, wo sich Pia nach ihrer Wache immer noch im Tiefschlaf befindet. Ich habe sie noch selten so schnell aus dem Lee-Bett hüpfen sehen. Gemeinsam geniessen wir im Cockpit den wunderbaren Moment.

Es ist Zeit, die Flagge des Gastlandes (Französisch-Polynesien) und die Gelbe Q-Flagge zu setzen

Wir haben es geschafft!! Aber halt – noch nicht ganz! Nun folgt der Teil, der schon vielen Seefahrern vor uns zum Verhängnis wurde: nach einer langen Fahrt über den Ozean die sichere Einfahrt in das mit Korallenköpfen bespickte Atoll zu finden. Zum Glück hat man heute GPS und Satelliten Bilder. Noch sind wir unter Segel. Erst kurz vor der Einfahrt starten wir den Motor, rollen die Genua weg und lassen uns in der Brandung der wallenden Meereswogen durch den Pass im Riff ins Atoll tragen. Der Weg ist gut markiert und wir finden unseren Ankerplatz zügig und ohne Probleme. Und welch eine schöne Ankunft: beim Einfahren werden wir von allen Seiten durch Crews bereits hier liegender Yachten beglückwünscht und willkommen geheissen. Wir sind überrascht und stark berührt. So haben wir das noch nie erlebt. Was für eine schöne Geste. Es befinden sich 16 Boote vor Anker. Unglaublich, aber 3 davon sind Schweizer Boote (aber mehr dazu im nächsten Bericht). Am Freitag, 14. Januar 2022, genau 18 Tage und 1.5 Stunden nachdem wir den Anker in Galapagos gehoben hatten, gräbt er sich nun wieder fest in den Meeresgrund ein. Motor aus und eine innige Umarmung der Crew: wir haben es geschafft!!

Der erste Besucher an Bord: der Schweizer Mirko von der Segelyacht YumYum. Ihn haben wir erstmals in Grenada getroffen, dann kurz in Bonaire. Er ist schon seit fast 2 Jahren in Französisch-Polynesien und hat uns bereits ein paar gute Tipps gegeben

Statistik:
– Totale Distanz durchs Wasser:  2’953 Seemeilen
– Reisedauer:  18 Tage 1.5 Stunden
– Durchschnittliche Geschwindigkeit:  6.8 Seemeilen/Stunde
– Durchschnittliches ETMAL:  163.5 Seemeilen/Tag
– Minimales ETMAL:  114.8 Seemeilen am 28.12.2021
– Bestes ETMAL:  181.8 Seemeilen am 3.1.2022

Ein untrügliches Zeichen, dass wir angekommen sind: unsere Bettwäsche kann wieder mal ausgiebig gelüftet werden 😉

Wie das Einklarieren verläuft, wen wir alles bereits an unserem ersten Tag antreffen und wie es uns weiter ergeht auf Gambier, davon erzählen wir im nächsten Bericht. Nun müssen wir uns zuerst mal auf die Suche nach einem Internet und WiFi Signal machen 😉

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser

Santa Cruz – das Zentrum von Galapagos

Am 14. Dezember heben wir im Morgengrauen den Anker und brechen auf von Puerto Villamil (Isla Isabela) nach Puerto Ayora auf der nach Isabela zweitgrössten Insel, Santa Cruz. Es ist die letzte Insel, die wir ohne Führer und teure Spezialbewilligung anlaufen dürfen. Mit dem eigenen Boot darf man nur auf 3 Inseln, die alle bewohnt sind: San Cristóbal, Isla Isabela und eben Santa Cruz. Die letzte der insgesamt vier bewohnten Inseln, Isla Floreana, ist ebenfalls gesperrt für fremde Schiffe. Die meisten Touristen, welche die Galapagos Inseln besuchen, fliegen nach Santa Cruz und machen von hier aus Bootsausflüge auf die umliegenden Inseln. Durch ihre zentrale Lage bietet sie sich förmlich dazu an.

Von Puerto Villamil nach Puerto Ayora sind es nur 45 Seemeilen, aber es steht eine Meeresströmung von 1.5 Knoten gegen an. Während der ersten Hälfte der Strecke ist der Wind zu schwach, und wir motoren. Ab Streckenmitte nimmt der Wind leicht zu, und wir können den Rest unter vollem Tuch absolvieren
Um 4 Uhr nachmittags erreichen wir unseren Ankerplatz in Puerto Ayora. Der Agent (Javier von Yacht Agents Galapagos – sehr zu empfehlen!) hat uns den Papierkram bereits abgenommen, und es gibt keine Inspektion mehr. Wir haben vorher gelesen, dass der Ankerplatz sehr rollig sein soll, weil er nicht so gut geschützt ist gegen das offene Meer. Wir setzen einen Heckanker und richten damit das Schiff gegen die heranrollenden Wellen aus. Wir dürfen die ganze Zeit einen sehr ruhigen, aber spannenden (weil viele Touristenschiffe um uns herum) Ankerplatz geniessen
Santa Cruz ist «die» Touristeninsel in Galapagos. Hier dreht sich alles um die Besucher aus aller Welt, die sich einmal im Leben einen Ausflug nach Galapagos gönnen. Alle haben das gleiche Ziel: die sehr spezielle Tierwelt an Land, in der Luft und im Wasser zu erleben
Von den 15’000 Einwohnern auf Santa Cruz leben rund 12’000 in Puerto Ayora. Hier findet das Leben statt. Als sehr angenehm empfinden wir, dass der Autoverkehr minimal ist, denn die meisten Einwohner besitzen kein eigenes Auto. Man geht viel zu Fuss (die Distanzen sind sehr kurz), benutzt ein Fahrrad oder nimmt sich ein Taxi (1.5-2 USD im Stadtgebiet). Die Atmosphäre in der Stadt ist sehr bunt, entspannt und ruhig
Es gibt einen grossen Anlegepier, wo die Touristenboote ihre Fracht aufnehmen und wieder abladen. Gleich nebenan, fast etwas versteckt, ist die Mole für die Fischerboote. Hier herrscht ein emsiges Treiben. Einerseits legen Fischerboote (blaues Schiff im Vordergrund) an, die hier ihren Fang abliefern und gleichzeitig wieder frisches Eis (angeliefert per Pick-Up Truck in den weissen Säcken) für die Lagerung des Fanges an Bord nehmen. Andererseits legen hier die Beiboote der Touristenschiffe an, um allerlei Waren (Lebensmittel, Getränke, Ersatzteile, …) für ihr Mutterschiff abzuholen
Wir erkunden unsere Umgebung. Gleich gegenüber unserem Ankerplatz beginnt der «Las Grietas» Adventure Trail. Er führt zu einer Schlucht, die durch den Bruch einer Lavadecke entstanden ist. Das Besondere daran: die Schlucht ist mit Wasser gefüllt
Las Grietas: Das Wasser sickert vom Meer her durch das Küstengelände bis zur Schlucht. Auch frisches Grundwasser gelangt in den Canyon und mischt sich mit dem Salzwasser aus dem Meer. Irgendeinmal in der Vergangenheit sind 5 verschiedene Arten von Meeresfischen (zum Beispiel der bunte Papagei Fisch) in die Schlucht gelangt. Heute sind sie komplett isoliert vom Meer
Las Grietas: Im Nationalpark-Gebiet ist es obligatorisch, einen Führer zu haben. Das lohnt sich! Die Führer sind äusserst gut ausgebildet, und wissen, wovon sie reden. Es macht echt Spass, ihnen zuzuhören. Hier erklärt uns der Führer, wie früher aus dem Gewebe abgestorbener Kakteen Lampenschirme gebastelt wurden. Speziell an diesem Führer war: er ist mit einer Schweizerin verheiratet, und sein Sohn absolviert ab April ein Studium in der Schweiz. Die Welt ist ja soo klein! 😊
Las Grietas: am Ende des Trails winkt eine schöne Aussicht über die Bucht von Puerto Ayora (im Hintergrund). Die Bucht vorne mit den 4 Schiffen am Anker ist privat und für fremde Segler leider nicht zugänglich. Unsere Lupina liegt in der hinteren Bucht (einer der Masten links im Bild ist unser Schiff)
Es ist Lobster-Zeit! Fast jedes Restaurant hat sie jetzt im Angebot
Pia kann der Verlockung nicht widerstehen und bestellt sich einen frisch gefangenen Lobster. Zum Glück haben unsere Freunde der Silvestergruppe (siehe Reisbericht von Puerto Rico Januar 2020) uns bei ihrem Besuch damals ausführlich gezeigt, wie man dieses Krustentier fachfrauisch zerlegt 😊 Ich bleibe beim Fisch

Ein Schnorchel Trip führt uns in den Süden zur Insel Santa Fe. Auf diesem Trip machen wir 2 Schnorchel Gänge und einen Strandausflug. Das Wasser beim ersten Schnorchel Platz an der Nordküste ist nur etwa 18°C warm. Es hat viele grosse Fischschwärme, die sich im nahrungsreichen Wasser satt essen. Nach 45 Minuten sind wir trotz Neoprenanzug und tüchtigem Paddeln in der starken Strömung total unterkühlt. Am nächsten Schnorchel Stopp, eine gut geschützte Bucht mit seichtem Wasser, ist es dann wesentlich wärmer. Hier tummelt sich eine grosse Gruppe Seelöwen am Strand. Die Jungen robben ins Wasser und spielen mit unseren Flossen. Herrlich lustig!

Der anwesende Führer des Nationalparks macht uns auf einen grossen, dunklen Fleck im seichten Uferwasser aufmerksam: es ist eine Gruppe von Weissspitzen-Haien, ausgewachsene Tiere. Gemäss Führer kommen sie regelmässig nach ihrer nächtlichen Jagd gesättigt hierher, um sich im Sand liegend auszuruhen. Hoffentlich hat er recht, und sie sind satt. Alles ist gut gegangen, es fehlt uns kein Stück. Im Video (klick hier) sind mehr bewegte Bilder von diesem einmalig Treffen zu sehen
Wanderung zur Tortuga Bay südwestlich von Puerto Ayora. Auch dies ist Nationalparkgebiet. Der 2.5 Kilometer lange Wanderweg ist durchgehend mit Steinen besetzt
Am Strand der Tortuga Bay tummeln sich hunderte von Meerechsen. Fantastische Tiere! Es sind Überlebende aus der Dinosaurierzeit. Man vermutet, dass die ersten Echsen, die auf Galapagos gestrandet sind, Landechsen waren. Aus Mangel an Vegetation an Land (junge Vulkaninseln) mussten sich die Tiere ihr Futter in Ufernähe suchen. Mit der Zeit lernten sie tauchen und schwimmen. Heute ernähren sich diese Vegetarier hauptsächlich von Algen auf dem Meeresboden. Ihre knochenharten Schuppen und der Kamm am Rücken schützen sie perfekt vor ihren Feinden
Das Seglerleben heisst auch: reparieren! Eines morgens beim Kaffeetrinken springt kurz die Wasserpumpe an, obwohl niemand von uns einen Wasserhahn geöffnet hat. Komisch! Ich schaue im Motorraum, wo sich die Wasserpumpe befindet, nach und sehe, dass es aus dem Wasserdruckbehälter tropft. Das Tagesprogramm wird umgekrempelt, der nächste Ausflug verschoben und stattdessen der rote Druckbehälter ausgebaut, die Ursache der Leckage eruiert und über Reparaturmöglichkeiten gebrütet

Für Wissbegierige: damit auf einem Schiff Wasser aus dem Tank, der meist an der tiefsten Stelle im Schiff angebracht ist, zum Wasserhahn kommt, muss eine Wasserpumpe den Druck aufbauen. Das Wasser wird von der Pumpe zuerst in einen Druckbehälter gefördert und wird dann von da ins Leitungssystem des Schiffes geleitet. Der Druckbehälter hat die Funktion, Druckunterschiede auszugleichen. Das Prinzip ist recht einfach: das Wasser fliesst in einen geschlossenen Gummiballon, der in den Behälter eingelassen ist. Zwischen Gummiballon und Behälterwand füllt man Druckluft. Läuft die Pumpe und es fliesst nun Wasser in den Ballon, füllt sich dieser und beginnt, die Luft zwischen Ballon und Behälter zu komprimieren. Sobald der Wasserdruck hoch genug ist, stellt die Pumpe ab. Der Druck im Leitungssystem ist so immer zwischen 1.5 – 2.0 bar.

Der Grund für die Wasserleckage ist schnell gefunden: der Druckbehälter hat an einer bearbeiteten Stelle eine Leckage. Dadurch ist die Luft entwichen. Weiter eigentlich nicht schlimm. Aber durch die nun grösseren Bewegungen des Gummiballons ist dieser an einer Stelle durchgescheuert und leckt Wasser in den Raum zwischen Behälter und Ballon – und durch das Loch im Behälter nun auch nach aussen. Erster Schritt der Reparatur also: den Gummiballon reparieren. Das kann ich – kenne ich aus meiner Zeit als Fahrradfahrer 😉
Beim Druckbehälter ist es etwas schwieriger. Der muss gelötet oder geschweisst werden. Da haben wir nichts an Bord. Wir fragen kurzerhand unseren Agenten Javier und der kennt eine gute Werkstatt, wo der Behälter gelötet wird. Zurück an Bord schleifen wir die rostigen Stellen sauber und bemalen sie mit Rostumwandler. Alles zusammenbauen, einbauen, Wasserpumpe einschalten – funktioniert und ist wieder dicht 😊 (Pia meint: «Köbi ist mein Held!!»)
Besuch der Forschungsstation «Estación Charles Darwin» mit der angegliederten Schildkrötenzucht. Hier lernen wir, dass es grundsätzlich 3 verschieden Formen der Schildkrötenpanzer gibt, je nach Lebensraum, in der sich die Schildkröte befindet. Der Panzer der Seeschildkröten ist flach und stromlinienförmig. Bei den Landschildkröten gibt es 2 Formen. Liegt die Nahrung in Bodennähe ist der Panzer rundlich wie eine halbe Fussballkugel. In Trockengebieten, wo die Schildkröten ihre Nahrung an tiefhängenden Zweigen und Sträuchern suchen müssen, hat der Panzer eine Form wie ein Pferdesattel und ist vorne ausgewölbt (Bild). Das erlaubt es dem Tier, seinen Hals weit nach oben zu strecken
Wir versuchen es auch einmal 😊😊
Im Norden von Santa Cruz hat es mehrere kleine Vulkaninseln. Köbi bucht einen Schnorchel Trip zur Isla Bartolomé. Pia streikt diesmal – es ist ihr zu kalt! So unrecht hat sie nicht, wie man aus dem Bild mit dem dick eingepackten Kapitän unseres Ausflugschiffes schliessen kann. Das Wasser hat sich immer noch nicht gross aufgewärmt, immer noch dominiert der Humboldtstrom
Isla Bartolomé: wunderschöne Aussicht über den Westteil der Insel (mit dem berühmten Pinnacle Rock). Im Hintergrund die drittgrösste Insel in Galapagos: Santiago. Der Pinnacle Rock ist der Rest eines Vulkankegels, der von Menschenhand geschaffen wurde: nach dem Angriff der Japaner von Pearl Harbour waren die Amerikaner aufgeschreckt. Ein weiterer Angriff auf den Panamakanal wurde befürchtet. Deshalb stationierte die USA vorgelagert auf den Galapagosinseln Schutztruppen. Zum Training bombardierte die US-Luftwaffe diesen Vulkan, bis am Schluss nur noch dieser Pinnacle stehen blieb
Galapagos Falke. Dieser Kunstflieger will unbedingt ins Bild! Er setzt sich rund 4 Meter von mir entfernt auf das Holzgeländer und trippelt nach und nach näher. Hier ist er nur noch rund 1 Meter entfernt. Nach dem Bild schwingt er sich mit stolz geschwellter Brust wieder in die Luft

Bei einem phantastischen Erlebnis ist die Kamera nicht dabei. Ich schnorchle gerade den Felsen des Pinnacle Rocks entlang (bei Felsen am Ufer ist die Sicht immer gut und es hat viele Fische!) als vor meiner Tauchbrille etwas ins Wasser platscht. Ich gucke hin, sehe nichts, hebe den Kopf aus dem Wasser. Da schwimmt keine 50cm vor meiner Nase ein putziger Galapagos Pinguin. Neugierig beäugt er mich. Da platscht es ein zweites Mal und ein weiterer Pinguin springt vom Felsen herab um zu schauen, was da für ein komisches Ding (also ich) im Wasser schwimmt. Ob wohl mein bunter Neoprenanzug so attraktiv ist? Ich weiss es nicht. Jedenfalls begleiten mich die Beiden für die nächsten rund 20 Minuten. Sie zeigen mir ihre sagenhaften Schwimm- und Tauchkünste und klopfen mit ihrem Schnabel zwischendurch immer wieder mal zärtlich ans Glas meiner Taucherbrille, wie um zu sagen: «Hallo! Nicht einschlafen! Schwimm doch etwas schneller!». Ein unvergessliches Erlebnis!

Aus Europa hören und lesen wir regelmässig Nachrichten und sind einigermassen informiert über das Geschehen. Unser nächstes Ziel soll Französisch Polynesien sein. Diese Inseln stehen unter Französischer Hoheit und viele Beschlüsse, die in Frankreich gelten, werden unverändert auch diesen Inseln in der Südsee auferlegt. Wir werden rund 20-25 Tage unterwegs auf offener See sein, und es kann gut sein, dass sich während unserer Fahrt wieder etwas an der Gesetzeslage ändert. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, hier auf Galapagos die «Booster» Impfung machen zu lassen. Sehr einfach! Mit Pass und Impfzertifikat zur Impfstelle, Personalien eintragen lassen, Ärmel hoch, piek, und schon erledig. Keine 15 Minuten!
Abstieg in einen der zahlreichen, begehbaren Lavatunnels im Hochland von Santa Cruz
Eingangspforte in die Unterwelt
Der Tunnel ist nicht soo spektakulär, wie wir erwartet haben – aber trotzdem ist es spannend
Unsere Zeit in Galapagos neigt sich dem Ende zu. Es war eine fantastische Erfahrung und wir sind froh, haben wir uns entschieden, mit dem eigenen Schiff hierher zu segeln. Die Hürden (Papierkram, Bürokratie, Kosten) waren recht hoch, aber was wir hier erleben und sehen durften, hat uns mehr als entschädigt dafür. Tierwelt, Natur und auch die Menschen – ein Erlebnis, das uns glücklich macht. Bilder, die immer in unserer Erinnerung bleiben werden!

Heute Sonntag erledigen wir nun noch die letzten Einkäufe (frisches Gemüse und Früchte direkt vom Mark, der jeden Tag geöffnet hat). In den letzten Tagen hat Köbi das Schiff inspiziert, Rollen und Blöcke geschmiert, während Pia fleissig den Tiefkühler mit vorgekochtem Essen bestückt hat. Heute erledigen wir noch die letzten Büroarbeiten (wir haben erfahren, dass das Internet in Gambier langsam sein soll), Köbi putz noch die Wasserlinie und Ankerkette (hier sehr stark verschmutzt durch Algenbewuchs) – und dann sind wir segelbereit! Morgen Montag, 27.12.2021 kommen um 11 Uhr lokale Zeit die Behörden an Bord zum Auschecken, und dann sind wir unterwegs: knapp 3’000 Seemeilen bis Gambier!

Wer live mitreisen will, hier der Link:  https://share.garmin.com/EPXFV

Wir melden uns dann wieder von Gambier und berichten, wie es uns auf den 3’000 Seemeilen, weit ab von den Verkehrsrouten, ergangen ist.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser

Isla Isabela – die wachsende Insel

Nachdem wir den kleinen Passagier (siehe Schlussbild im letzten Bericht) wieder ausgeladen haben, heben wir am 6. Dezember 2021 auf San Cristóbal spätnachmittags um fünf Uhr den Anker und machen uns auf die 85 Seemeilen lange Strecke zur Isla Isabela. Hinter uns verabschiedet sich das Hafenstädtchen Baquerizo Moreno in der goldigen Abendsonne
Die Isla Isabela liegt im Westen des Galapagos Archipels. Sie ist mit 4’588 km2 die grösste Insel aber gleichzeitig auch eine der jüngsten. Sie ist immer noch am Wachsen, denn 5 der insgesamt 6 Vulkane auf der Insel sind noch aktiv (wenn auch im Moment am Schlafen). Der letzte Ausbruch fand 2018 statt. Die westlich von Isabela gelagerte Insel Fernandina (mit einem der aktivsten Vulkane der Welt) liegt nur noch knapp 2 Seemeilen entfernt. Vielleicht schon beim nächsten Ausbruch werden sie zusammenwachsen – aber das ist hoffentlich erst, wenn wir wieder weg sind 😉
Kurz nach 10 Uhr am nächsten Morgen erreichen wir unser Ziel an der Südküste von Isabela: Puerto Villamil. Die Einfahrt ist etwas heikel, liegen doch überall verstreut Reste von Lavablöcken, die das Meer noch nicht abgetragen hat. Da muss Pia in den Ausguck und uns mit wachsamem Auge an den Ankerplatz lotsen
Die Einfahrt glückt 😊 Wir können uns an den Ausflugsschiffen (Schiffe rechts im Bild) vorbei mogeln und in rund 4 Meter tiefem Wasser hinter einer flachen Inselgruppe aus Lavafelsen in ruhiges Wasser legen (Lupina links im Bild)
Das Wasser zum Anlegepier hin ist verseucht mit vielen felsigen Untiefen, die bei Ebbe aus dem Wasser ragen. Bei Flut (die Differenz beträgt hier etwa 1.5 bis 2 Meter) sind sie aber überdeckt und man sieht sie bei schlechtem Licht nicht. Es braucht gute lokale Kenntnisse, wenn man da sicher an Land will. Wir sind froh, dass es auch hier Taxiboote gibt (2 US-Dollar/Person), und unser Dinghi bleibt gut verstaut auf dem Vordeck liegen. Unschön: für die Benutzung des Piers müssen wir einmalig 10 US-Dollar/ Person bezahlen – das ist, wie wenn du die Benutzung eines Bahnhofes bezahlen müsstest ☹
Wir machen eine 8 Kilometer (retour 16km) lange Wanderung zum Ausflugspunkt «Cerro Radar». Er heisst so, weil die Amerikaner hier im 2. Weltkrieg eine Radarstation eingerichtet hatten, als nach dem Angriff in Pearl Harbour weitere Japanische Angriffe erwartet wurden. Nachdem diese Bedrohung nun nicht mehr existiert, wurde das Eisengerüst der Anlage mittlerweile von den Einheimischen abgebaut und als Baumaterial für die Dachkonstruktionen ihrer Häuser verwendet
Der Weg zum Ausflugspunkt führt uns zuerst am Strand entlang und dann durch ein abwechslungsreiches Trockengebiet. Immer wieder begegnen uns Ureinwohner, die hier auf Isabela viel grösser werden als auf San Cristóbal. Hier können sie gut und gerne über 250kg schwer werden
Auf der Seite zur Insel hin führt unser Weg immer wieder an Lagunen aus Brackwasser (Mischung zwischen salzhaltigem Meerwasser und Süsswasser) vorbei. Hier gibt es genügend Wasser für eine üppige, leuchtend grüne Vegetation
Es gibt sogar Flamingos, die hier heimisch sind. Durch Genforschung weiss man, dass diese eigentlich aus Südamerika kommen. Man vermutet, dass sie durch einen Sturm vom Kontinent auf die Galapagosinseln getragen wurden. Sie ziehen zwar noch von Insel zu Insel, verlassen aber die Galapagos Gegend nicht mehr
Unser Weg führt uns an der «Muro de las Lágrimas» vorbei. Auf Deutsch: die Mauer der Tränen. Hier wurde in den Jahren 1946 bis 1959 weitab vom Kontinent ein «Erziehungs- und Straflager» betrieben. Es war weitherum berüchtigt für seine gewaltsamen und sadistischen Gefangenenwärter. Die Mehrheit der Strafgefangenen (normale Verbrecher aber auch politische Gefangene) kamen nicht mehr lebend aus dieser Strafanstalt zurück. Die Mauer blieb als einziger stumme Zeuge dieser für Ecuador unrühmlichen Zeit, in der viele Gefangene auf unvorstellbar brutale Art und Weise ihr Leben lassen mussten
Fast oben am Aussichtspunkt angelangt führt ein gut befestigter Pfad einem steil abfallenden Kraterrand entlang noch ganz hinauf zum Top
Auch hier findet sich überall goldiges Engelhaar. Eine Mies Art, die in Symbiose mit ihrem Träger lebt, seine Zweige vor der brennenden Sonne schützt und die Feuchtigkeit aus den Wolken auffängt, die sich immer wieder über Nacht an den Bergen bilden
Auf dem Aussichtspunkt «Cerro Radar»: tolle Aussicht zum Hafenort Puerto Villamil, wo die rund 3’000 Einwohner der Insel leben
Zurück am Ausgangspunkt stärken wir uns mit feiner, lokaler Kost. Ein typisches Gericht hier besteht meistens aus Fisch oder Fleisch, frischem Gemüse (das auf den Inseln angepflanzt wird) und Reis. Im ganz draussen auf einem Pier toll gelegenen Restaurant «Royal Rock» ist ein Tagesmenü für 6 US-Dollar nicht nur sehr preiswert, es wird auch fürs Auge wunderschön angerichtet
Ein nächster Ausflug führt uns zum Vulkan «Sierra Negra». Bei diesem riesigen Vulkan ist der Vulkankegel nach einem der früheren Ausbrüche komplett eingesackt. Beim letzten grossen Ausbruch 2005 wurde die eingefallene Caldera mit Lava geflutet und mit einem riesigen, mehrere Meter dicken, schwarzen Gesteinsteppich aus Lava überdeckt. Dieser See aus Gestein ist 10 km lang und 7 km weit, der Umfang des Kraterrandes beträgt rund 40km. 2018 fand der bisher letzte, diesmal etwas kleinere Ausbruch statt.
Die organisierte Tour führt rund 1 Kilometer dem Kraterrand von «Sierra Negra» entlang und zweigt dann ab zum rund 2 km entfernten Vulkan «Chico». Die Vegetation ist anfänglich noch sehr grün …
… mit schönen Blumen am Wegesrand. Wir lernen, dass Blumen auf Galapagos ausschliesslich gelb oder weiss sind. Der Grund ist verblüffend: die Insekten, die es auf die Inseln geschafft haben, reagieren vorwiegend auf diese beiden Farben. Es gibt zwar auch andere Farben, aber wenn die Blüten bereit sind für die Bestäubung, verbleichen sie zu weisser Farbe, um die Insekten anzulocken
Etwas weiter weg vom Kraterrand des «Sierra Negra» (wo der Regen nicht mehr aus den Wolken gekitzelt wird) zeigt sich die Vegetation öde und trocken. Hier gedeiht eine spezielle Kaktusart (lateinischer Name: Candelabro Jasminocereus thouarsii), die nur hier auf «frischem» Lavagestein vorkommt. Anhand seiner Grösse kann das Mindestalter des Lavagesteines abgeschätzt werden. Er wächst pro Jahr 3mm und ist extrem robust. Dieses Exemplar dürfte zwischen 500 und 1’000 Jahre alt sein!
Vor uns zeigt sich eine Landschaft, die stark an eine Kiesgrube erinnert. Jetzt ist alles erkaltet und nur ab und zu finden wir einen Spalt in den Felsen, wo man mit der Hand einen warmen Luftzug fühlt. Zu aktiven Zeiten muss es darunter fürchterlich rumoren, und überall fliesst glühende Lava durch die Berge und Täler aus Geröll
Ein typischer Lavakanal: die flüssig heisse Lava fliesst wie Wasser die Hänge hinunter. An der Oberfläche kühlt sich die Lava schnell ab und beginnt, auszuhärten. Diese ausgehärtete Schicht bildet eine Isolation und darunter kann die Lava weiter fliessen. Wenn die Vulkaneruption zu Ende geht, stoppt der Zufluss von Lava, der Kanal entleert sich wie eine Wasserleitung und zurück bleibt ein Tunnel. Es gibt sie in allen Grössen. Dieser hier hat rund 1 Meter Durchmesser
Ein etwas grösserer, eingebrochener Tunnel. An seinen Wänden sickert Grundwasser durch, welches Nahrungsgrundlage für die ersten Pflanzen (Farne) bildet
Der Kraterrand des Vulkans «Chico» leuchtet in allen Farben. Die rote Farbe deutet auf einen hohen Eisengehalt hin, Gelb heisst viel Schwefel, Schwarz lässt Basalt und Weiss Calcit (Kalkspat) Vorkommen erkennen
Zwei zufriedene Gipfelstürmer auf dem Kraterrand des «Chico»
Eine zutrauliche Spottdrossel will die Vulkanbesucher etwas genauer inspizieren
Eine Lavaechse stellt sich photogen in Pose
Neuer Tag, neuer Ausflug. Diesmal direkt an unserem Pier. Ein Kurzer Fussweg, wunderschön als Boardwalk ausgebaut, führt uns durch die Mangroven an eine poolartige Bucht. Die Schnorchel-Ausrüstung lassen wir diesmal aber auf dem Schiff und geniessen einfach den schönen Wanderweg
Zum Abschied von der Isla Isabela gibt es einen Abschiedskuss eines jungen Seelöwen

Nach einer Woche auf der Insel Isabela lichten wir am Dienstag, 14. Dezember 2021, früh im Morgengrauen den Anker und setzen Segel Richtung Osten zur 45 Seemeilen entfernten Zentrumsinsel Santa Cruz. Wie uns die Überfahrt gelingt und was wir auf der neuen Insel alles antreffen werden – freu dich auf den nächsten Bericht.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser

San Cristóbal (Galapagos) – mitten in den Zoo

Am 29 November 2021 fällt unser Anker in der Wreck Bay im Hafen von Baquerizo Moreno auf San Cristóbal. Wir sind das einzige Segelschiff

Kurz vor Mittag sind wir einklariert und fahren mit dem Vertreter unseres Agenten an Land. Uns wurde davon abgeraten, das eigene Dinghi zu verwenden. Das eigene Dinghi benutzt man hier besser nicht. Einerseits gibt es praktisch keine Landestellen, wo man anlegen darf, und andererseits willst du nicht, dass dein Dinghi von den Seelöwen als schön schaukelnde Badeplattform missbraucht wird. Das ist aber alles kein Problem, denn es gibt Wassertaxis, die uns für 1 Dollar pro Person an Land oder zurück bringen. Sehr bequem, schnell und zuverlässig. Vom Schiff aus rufen wir per Handzeichen oder über Funk (VHF Kanal 14) ein Taxi herbei, am Land stehen wir einfach an den Pier und winken eines herbei. Einfach!

Das Wassertaxi bringt uns für 1 Dollar pro Person an Land

Schon beim Setzen des Ankers, aber spätestens an Land realisieren wir: wir sind mitten im Zoo gelandet! Nicht auf der Zuschauerseite, nein, direkt im Gehege drin! Die Tiere, die hier vorkommen, haben vor den Menschen keine Scheu und leben mitten unter ihnen.

San Cristóbal ist die Insel der Seelöwen. Du triffst sie überall an: unter der Parkbank …
… auf der Parkbank …
… überall auf den Felsen am Ufer. Meistens schlafen sie tagsüber, denn in der Nacht schwimmen sie raus auf das offene Meer und schlagen sich an den grossen Fischschwärmen den Bauch voll

Die Tierwelt auf den Galapagos Inseln ist einzigartig. Das Galapagos Archipel liegt rund 1’000 Kilometer vor der Küste von Ecuador. Es besteht aus 13 grossen Inseln (mit mehr als 10 km2), neun mittleren Inseln (1-10 km2) und weiteren 107 kleineren Inselchen, die um den Äquator verteilt sind. Es wird geschätzt, dass die Entstehung der ersten Insel vor mehr als 5 Millionen Jahren als folge tektonischer Aktivitäten stattfand. Die jüngsten Inseln, Isabela und Fernandina genannt, befinden sich noch im Entstehungsprozess. Der jüngste Vulkanausbruch wurde 2020 registriert. Die tektonische Platte, auf der die Galapagos Inseln liegen, bewegt sich mit 3-9cm pro Jahr in Richtung Südamerikanischer Kontinent. Darunter liegt ein sogenannter «Hot Spot», eine heisse Stelle im Erdinnern, die immer wieder dafür sorgt, dass Lava an die Erdoberfläche gedrückt wird. Das erklärt, dass die ältesten Inseln im Osten liegen, und die jüngsten im Westen.

Alle Lebewesen, die sich auf den Inseln befinden, sind auf die Inseln geschwommen (z.B. Fische, Seelöwen, Pinguine), geflogen (z.B. Vögel, Samen von Pflanzen) oder geschwemmt worden (z.B. Reptilien, Insekten auf Treibgut). Einmal auf den Inseln angekommen haben sich die Lebewesen genau auf das vorherrschende Klima und die vorhandene Nahrung eingestellt. Das erklärt, warum es hier Arten gibt, die es sonst nirgends auf der Welt gibt. Das erkannte auch Charles Darwin, als er am 18. September 1835 anlässlich einer Expedition mit der HMS Beagle auf San Cristóbal landete und die spezielle Flora und Fauna hier antraf. Unter anderem auch diese Entdeckungen mündeten schlussendlich in der berühmten, damals revolutionären Evolutionstheorie von Charles Darwin.

Ecuador Krebs, nur auf Galapagos ist er so farbig
Galapagos Lava Eidechse, das am häufigsten gesichtete Reptil auf den Galapagos Inseln. Davon gibt es 7 verschieden Arten. Diese mit weissen Streifen an der Seite gibt es nur auf San Cristóbal
Meerechse, nur auf den Galapagos Inseln vorkommende Leguan Art, die bis zu 1.30m lang werden kann. Dieses Männchen ist gerade dabei, sich ein neues Kleid anzuziehen. Das alte (braun) weicht dem neuen (schwarz)
Die Meerechse ist unter den heute lebenden Echsen die einzige Art, die ihre Nahrung (hauptsächlich Algen) im Meer sucht. Dabei können sie bis zu einer halben Stunde unter Wasser bleiben und bis auf 15 Meter tief abtauchen. Das mit der Nahrung aufgenommen überschüssige Salz scheiden sie durch Chlorid-Zellen in Drüsen an den Nasenlöchern aus. Das wird dann mit einem kräftigen Schnauben entsorgt
Wanderung zu Bahia Darwin im Nordosten unseres Ankerplatzes. Die Wanderung beginnt in einem sehr interessanten und informativen Interpretations-Zentrum und führt dann auf gut ausgebautem Wanderweg durch die küstennahe Trockenzone
Blick über die Darwin Bay. Hier ist Charles Darwin mit der HMS Beagle im Jahr 1835 gelandet. Im Hintergrund ein Versorgungschiff, dessen Fracht auf offenem Meer umgeladen wird auf einen kleineren Frachter mit weniger Tiefgang
Die Vegetation auf den Inseln ist vielfältig. An der Küste wachsen besonders salztolerante Arten. Unmittelbar danach folgt eine Trockenzone, eine Halbwüste, weil es in diesem Bereich praktisch nie regnet (Bild). Je weiter man in die Höhe geht, umso feuchter wird das Klima
In der Trockenzone gibt es zwar keinen Regen, aber besonders in den Sommermonaten viel Feuchtigkeit in der Luft. Die Bäume und Sträucher sind entsprechend überdeckt mit Mies, welches das Wasser aus dem nebelartigen Niederschlag auffangen kann
Nach der Darwin Bay geht’s noch weiter der Küste entlang zum Playa Baquerizo. Ab hier ist der Wanderweg etwas beschwerlicher, dafür umso spannender
Monument von Charles Darwin an der Darwin Bay
Blaufuss Tölpel, diese gibt es nicht nur auf Galapagos. Das Wort «Tölpel» stammt übrigens vom Wort «Tollpatsch» ab. Die Tölpel sind zwar ausgezeichnete Flieger, aber ihre Fortbewegung an Land regen schon zum Schmunzeln an
Darwin Fink. Auf Galapagos gibt es insgesamt 13 Unterarten dieses Finkes. Für den Unterschied sorgt die Nahrung. Je nach Nahrung ist der Schnabel speziell dafür ausgebildet
Galapagos Fliegenschnäpper
Ohrwurm-Möve oder auch Galapagos-Möve genannt. Charakteristisch sind ihre roten Augenränder. Sie ist nur auf den Galapagos heimisch, fliegt aber bis weit runter in den Süden des Südamerikanischen Kontinentes
Galapagos brauner Pelikan. Auch diese Unterart der Pelikane gibt es nur auf Galapagos. Besonderes Merkmal ist der weisse Kopf und der braungraue Flaum an Hinterkopf und Hals
Obwohl die Wassertemperaturen zu dieser Jahreszeit recht frisch sind (20°C an der Oberfläche – ok, für Hartgesottene kein Problem, aber wir wurden die letzten 2 Jahre in der Karibik bei 26°C und mehr zu Weicheiern 😊) entscheiden wir uns für einen Tauch- und Schnorchel-Ausflug zum El Leon Dormido (auch Kickers Rock genannt). Diese Felsinsel ragt steil aus dem Meer empor und hier soll es vor allem auch grosse Tiefseefische haben
Zuerst fesseln uns beim Eintauchen ins Wasser die faszinierende Artenvielfalt der Korallen und ihre Farbenpracht
Dann wird es plötzlich dunkel um uns, und wir sind mitten in einem Riesenschwarm von Fischen. Sie suchen in der Nähe der Felswand Schutz vor Raubfischen
Die Felswand fällt fast senkrecht 50-100 Meter in die Tiefe. An dieser Wand wachsen Korallen und bieten Unterschlupf für viele Lebewesen. Diesen Fisch kenne ich leider nicht – falls du ihn kennst, lass es mich wissen!
Eine Schildkröte kommt zu Besuch und beobachtet uns Taucher und Schnorchler von knapp unter der Wasseroberfläche
Ein Seelöwe will mit mir spielen
Ein mächtiger Stachelrochen (sicher über 1.2m Durchmesser) duckt sich auf die Felsen
Ein nächstes Highlight der beiden Tauchgänge: ein Skorpion-Fisch, der sich nahezu perfekt der Umgebung anpasst
Und dann plötzlich Hektik in der Tauchgruppe. Das Wasser ist etwas eingetrübt und die Sicht nicht ganz gut. Aus etwa 10 Meter Distanz taucht aus dem trüben Wasser der erste Hai auf. Es ist ein harmloser Galapagos Riff Hai, etwa 3m gross
Ein paar Meter über uns zieht ein Hammerhai seine Kreise
Und zum Abschluss dieses unvergesslichen Schnorchel- und Tauchausfluges: ein Seepferdchen (ich sehe zum ersten Mal eines in freier Wildbahn)

Nach einem Faulenztag, den wir mit diversen Tätigkeiten auf dem Schiff verbringen juckt es uns wieder in den Beinen und wir wollen die Küste hinter dem Flugplatz von Puerto Baquerizo Moreno erkunden.

Die Wanderwege im Nationalpark sind überall immer gut markiert und beschildert, und gut unterhalten
Wir sind hier in einer Gegend der Insel, wo es im Sommer nie regnet und im Winter jeweils fast täglich kurz und heftig. Dieser Kaktus hat sich perfekt an diese Situation angepasst. Ein normaler Kaktus würde bei viel Wasser zu kopflastig und daher umknicken. Diese Kaktusart beginnt das Leben als einzelnes Blatt, das aus dem Boden wächst (Pfeil 1). Dann vermehren sich die Blätter in einer Reihe und verzweigen sich noch nicht (Pfeil 2). In der dritten Phase verdicken sich die unteren Blätter zu einem Stamm (Pfeil 3) und erst darüber verzweigen sich dann die Triebe.
Und so sieht der Kaktus in seiner ausgewachsenen Form aus – wie ein Baum – perfekt angepasst an die Rahmenbedingungen, in denen er gedeiht …
… und sogar schöne Blüten bringt dieser spezielle Kaktus hervor
Das Ende unserer Wanderung, die Barranco Klippe. Hier erkämpft sich das Meer zurück, was ihm vor Millionen von Jahren durch heisse Lava genommen wurde
Meist kocht Pia uns ein feines Nachtessen auf dem Schiff. Ab und zu, vor allem zur Belohnung nach einem körperlich anstrengenden Ausflugstag, gönnen wir uns ein schmackhaftes Essen in einem lokalen Restaurant. Hier ein leckeres «Arroz marisco»
Die Galapagos Inseln sind auch bekannt für ihre Riesenschildkröten. Der Mensch hatte sie bis zum Ende des letzten Jahrhunderts fast völlig ausgerottet. Zusätzlich führten Naturkatastrophen (Vulkanausbrüche) dazu, dass ganze Kolonien unter heisser Lava und Asche verschüttet wurden. Hier besuchen wir «La Galapagera», eine sehr naturnahe Aufzuchtstation, wo Riesenschildkröten unter geschützten Bedingungen aufgezogen und im Alter von 6 Jahren wieder in die Natur entlassen werden
Die Schildkröten auf San Cristóbal können bis zu 150 Jahre alt werden. Pro Jahr legen sie zwischen 8-14 Eiern, aus denen in freier Natur etwa 20% Junge schlüpfen. Ausgewachsen wiegen sie im Schnitt um die 90 Kilo, die mächtigeren Männchen können bis zu 250kg schwer werden
Diese riesigen Landschildkröten ernähren sich ausschliesslich vegetarisch. Der auf Galapagos einzigartige «Manzanillo» Baum, der einen für die menschliche Haut irritierenden Saft hat und dessen Früchte für alle bekannten Lebewesen giftig sind, ausser für die Riesenschildkröten, liefert ihnen reichlich Nahrung

Unglaublich, was wir in den paar Tagen auf San Cristóbal alles an Tieren sehen und erleben durften. Du bist hier mitten in einer phantastischen Natur und jeder Tag lässt dich wieder etwas Neues entdecken. Wunderbar, wir sind absolut begeistert! Wir könnten noch lange hier bleiben, aber es gibt noch viel mehr zu sehen auf Galapagos. Mit dem Segelboot dürfen wir diejenigen Inseln anfahren und dort auch ankern, welche bewohnt sind. Als nächstes laufen wir nun die Isla Isabela an. Es ist die grösste Insel auf Galapagos und noch vulkanisch aktiv. Sie liegt rund 85 Seemeilen von San Cristóbal entfernt.

Dieser Kerl will unbedingt mitreisen – mal schauen ob er seetüchtig ist 😊
Zur Sicherheit, dass kein Seelöwe ins Cockpit kommt, haben wir den Heckeingang mit Fendern versperrt.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser

Von Panama nach Galapagos – eine schräge Welt

Stell dir vor, jemand stellt dein Haus schief. Gerade etwa so weit, dass Teller und Gläser noch auf dem Tisch stehen bleiben. Dann kommt noch einer, der rüttelt dauernd noch ein wenig rauf und runter und ein Dritter, der das Ganze immer noch ein wenig auf alle Seiten kippt, wie beim Geschicklichkeitsspiel, wo man eine Kugel durch ein Labyrinth in ein Loch befördern soll. Und hast du dann den Trick so langsam raus, alles in deinem Haus schön auf eine Seite geräumt, dass nichts mehr umfallen kann, dann kommt einer und kippt alles wieder auf die andere Seite. Du hast gewonnen, wenn dir nach 10 Tagen nichts heruntergefallen und in Brüche gegangen ist. Das eine kurze Zusammenfassung unserer Reise von Panama nach Galapagos. Die Details: 9 Tage Segeln hart am Wind mit dauernder Schieflage (nur der 10. Tag war Segeln mit Wind von querab oder leicht von hinten), 1’365 Seemeilen durchs Wasser (statt 865 Seemeilen direkte Linie), Durchschnittsgeschwindigkeit: 5.8 Knoten (10.8 km/h), 10 Stunden unter Motor.
Aber nun ganz der Reihe nach.

Vorbereitungen

Für die Reise nach Galapagos braucht es einigen Aufwand.

Am Anfang steht die Bewilligung, «Autógrafo» genannt, die man obligatorisch über einen Agenten beantragen muss

Für das «Autógrafo» brauchst du jetzt, wo nicht allzu viele Segelschiffe den Wunsch verspüren, nach Galapagos zu segeln, etwa 6-8 Wochen. Benötigt werden die Schiffspapiere, Pässe, Schiffsversicherung, Krankenversicherung, Funklizenz, MSSI-Nummer, etc.. Und man muss einen Termin festlegen, von dem werden dann die 30 Tage gezählt. Kommst du vorzeitig an, zahlst du eine Strafgebühr oder wirst weggewiesen. Kommst du später an, sind schon ein paar Tage deiner Bewilligung abgelaufen.

Dann gibt es unzählige Auflagen, die erfüllt sein müssen. Viel Papierkram – man will die Inseln ja vor ungewünschtem Besuch (Mensch, Tier, sonstigen Lebewesen) schützen. Dazu gehören Zertifikat der Farbe des Unterwasserschiffes, Zertifikat der Sanitarischen Anlage an Bord, Ausräucherungszertifikat (das Schiff muss im letzten Hafen komplett gegen Insekten, Ratten und andere unbeliebten Lebewesen ausgeräuchert werden), Zertifikat Sauberkeit des Unterwasserschiffes, Medikamentenliste, und und und. Dann müssen alle Sicherheits-Einrichtungen (Rettungswesten, Rettungsring, Rettungsinsel, Feuerlöscher, EPIRB, etc.) funktionstauglich, geprüft und nicht abgelaufen sein. In Realität läuft es so, dass ich die meisten Zertifikate selber geschrieben habe – Dokumente, wo ich selber mit Bildern oder Rechnungen oder technischen Beschreibungen bestätige, dass die Anforderungen erfüllt sind. Alle Unterlagen müssen vor der Abreise beim Agenten sein. Er bereitet dann alles für die Inspektion bei der Ankunft vor. Ah ja, alle Gebühren, Stempelabgaben, und Entlöhnung des Agenten sind vor der Abreise zu begleichen. Für unser Schiff (43 Fuss Segelboot) über 1’800 US-Dollar! Hat man bei der Ankunft am Unterwasserschiff irgendwelchen Bewuchs oder Muscheln, wird man weggewiesen und die Gebühren sind futsch. Du kannst dir vorstellen: unsere Lupina ist bei der Abreise unten so geputzt, die würdest du ohne Zögern mit der Zunge ablecken.

Der schöne Teil der Vorbereitung ist das Füllen des Schiffsbauches. Das ist Pia’s Hoheitsgebiet! Da rede ich ihr nicht drein, sonst kommt es nicht gut und wir hätten bloss viele Süssigkeiten und Knabberzeugs an Bord 😊
Alles muss gut verpackt sein, so dass es insektensicher (man weiss ja nie ob sich doch irgendeinmal so eine kleine Ameise oder Küchenschabe irgendwo an Bord schleicht) und wasserdicht verstaut werden kann. Pia steckt Vieles in Vakuumbeutel
Verschiedene Menüs werden vorgekocht: Bolognese Sauce, Curry Geschnetzeltes und viel Gemüse. Unser Tiefkühler schluckt alles problemlos
Eine letzte Wäsche
Für die mehrtägige Überfahrt verstauen wir unser Dinghi auf dem Vordeck. Reine Vorsichtsmassnahme. Wir könnten es auch an unseren Davids (Träger hinten am Schiff) hängend transportieren. Aber eine grosse Welle (noch nie passiert, aber du weisst ja nie) – schwupps, das Dinghi wäre voll mit 1-2 Kubikmetern Salzwasser. 1-2 Tonnen Gewicht vertragen unsere Davids nicht
Am Tag vor der Abreise wird das Schiff desinfiziert und Maus und Insekt vertrieben. Alles mit Zertifikat für die Behörden von Galapagos 😉
Als letzte Aktion (nachdem wir genau wissen, wieviel Platz noch frei ist auf der Lupina) wird noch Alkohol gebunkert. Und ja, ich bin froh um einen Segler, der sich gerade in Französisch-Polynesien aufhält und uns schreibt, wie astronomisch teuer Bier und Rum da sind. Da findet sogar Pia noch ein paar freie Ecken 😊 (Vielen Dank, Mirco!) [wer sich da über Einfuhr-Limiten wundert: weder in Galapagos noch in Französisch-Polynesien gibt es Grenzwerte bei der Einreise mit dem eigenen Schiff, da zählen Lebensmittel und Getränke es als persönliches Eigentum]
Letzter Jass- und Kaffi Schnapps-Abend mit Nora und Hacko von der SY Anixi. Ab nun trennen sich unsere Wege. Sie fahren nordwärts nach Mexiko, wir westwärts. Traurig gucken tue…

Verzögerter Start

Am 17.11.2021 ist alles, was unter Deck gehört, verstaut, der Rest gut verzurrt und gesichert. Kühlschrank und Tiefkühler sind randvoll und im Schiffsbauch schlummert viel Flüssiges (nicht Wasser!). Wir sind startbereit für den Pazifik! Einzig, die Dieseltanks wollen wir am frühen Morgen noch füllen, bevor es dann endgültig losgeht. Nach rund 60 Litern stoppt die Zapfsäule. Es hätten aber gut rund 150 Liter Platz. Ratlose Gesichter. Stromausfall am Pier. Zum Glück gibt es einen zweiten Tank Pier weiter drinnen in der Marina – trotz unserem 2 Meter Tiefgang dank Flut aber gerade noch erreichbar. Passt, Tank voll.
Mit dem Beleg flugs noch ins Marina-Büro zum Zahlen von Diesel und Strom (den Liegeplatz haben wir schon 2 Tage vorher beglichen). 130 Dollar für Diesel und 300 Dollar für Strom. Was? 2000 Kilowattstunden Strom!!?? Soviel wie ein Einfamilienhaus in einem halben Jahr nicht! Und wir hatten noch dauernd die Solarpaneelen im Betrieb. Das kann nicht sein! Zähler und Zahlen werden hin und her geprüft. Das Personal hinter dem Schalter schwirrt nervös hin und her, aber: auf Zähler und Zahlen wird vertraut und die 300 Dollar bleiben stur. Ich auch 😉. Ich kann nachweisen, dass bei unserem ersten Aufenthalt (3 Tage), der Zähler bei 17kWh stehen blieb. Ich bin bereit, jetzt die doppelte Menge zu akzeptieren. Wieder viel Diskussion hinter dem Schalter. Ich frage nach dem Manager. Nach einem kurzen Getuschel mit dem Desk-Mann versteckt sich der Chef aber hinter seinem Bürotisch und lässt sich nicht blicken. Eine halbe Stunde ist vorbei. Draussen auf der Lupina tippelt sich Pia die Füsse wund – sie will endlich los. Ich auch! Ich setze ein Ultimatum: 5 Minuten. Nach Ablauf dieser Zeit (natürlich ohne Aktion) zahle ich den Diesel und wir starten endlich unsere lange Reise.

Die Überfahrt nach Galapagos

Wir haben uns entschieden, eine Route über die Las Perlas Inseln zu wählen und dort noch 2-mal zu ankern. Da sich unsere Abfahrt wegen Stromausfall und Stromkosten um fast 2 Stunden verspätet hat und auch der Wind sehr schwach bleibt, müssen wir einen grossen Teil unserer ersten Etappe nach Contadora motoren. Es ist schon am Eindunkeln, als der Anker fällt. Am nächsten Tag geht’s zur wunderschönen Gegend um die kleine Insel Espírito Santo (eine Empfehlung der SY Limelight). Dort werden wir am nächsten Morgen sogar noch von einem Wal verabschiedet, der sich in unsere Ankerbucht vorwagt. Am 19.11.2021 starten wir zur knapp 900 Seemeilen (direkte Linie) langen Reise nach Galapagos. Uns erwartet eine anspruchsvolle Passage.

Während auf der Nordhalbkugel in den tropischen Breiten der Nordostpassat das Geschehen bestimmt, dominiert auf der Südhalbkugel der Südostpassat. Zwischen diesen beiden Winden befindet sich die sogenannte innertropische Konvergenzzone, auch Kalmengürtel (engl.: Doldrums) genannt. Das ist ein breiter Tiefdruckbereich, in dem sich die Luft erwärmt und unter Bildung grosser Wolkenformationen aufsteigt. Dies führt am Boden oft zu starken Regenfällen, Windstille oder sehr unbeständigem Wind. Diese schwülheisse Region war bei den Seeleuten früher sehr gefürchtet, da ihre motorlosen Schiffe oft wochenlang in der Flaute festhingen.

Um den Flauten aus dem Weg zu gehen und somit wenig Motor zu brauchen, wählen wir eine Phase mit relativ viel Wind. Das hat den Nachteil, dass der Wind über einen Grossteil der Strecke von Südwesten kommt. Also von da, wo wir hin wollen. Erschwerend kommen noch Meeresströmungen hinzu, die, wie könnte es anders sein, auch nicht in unsere Richtung fliessen. Dem südamerikanischen Kontinent entlang drückt der Humboldtstrom kalte Wassermassen (und somit auch die Lupina) gegen Norden. Und zwischen 2.5 und 5 Grad nördliche Breite setzt sich ein Strom aus Westen unserer Lupina entgegen. Wir versuchen, so gut wie möglich diesen beiden Strömungsgebieten auszuweichen, Distanz zum Kontinent zu gewinnen und dann zügig südlich über den 2. nördlichen Breitengrad vorzudringen. Erst dann können wir nach Westen abbiegen. So unsere Strategie.

19. November 2021: die Las Perlas Inseln verabschieden sich in unserem Heck von ihrer schönsten Seite
Schon ein paar Stunden später macht sich die Unberechenbarkeit des Kalmengürtels bemerkbar. Verschiedene Windhosen flössen uns Respekt ein, lassen uns aber zum Glück in Ruhe
In der der ersten Nacht geraten wir in mehrere heftige Unwetterzonen (hier gut sichtbar als gelbe Flecken auf unserem Radarschirm – unsere Position ist in der Mitte), die uns von hinten überrollen. Der Wind spielt verrückt, geht hoch und runter, dreht dabei in alle Richtungen. Früher als geplant machen wir die erste Wende nach Süden
Nächster Tag, neues Glück! Ein schöner Sonnenaufgang motiviert uns für den Tag. Ab jetzt bläst uns für den Rest der Reise ein konstanter südwestlicher Wind, 10-15 Knoten, ab und zu mal etwas stärker, entgegen. Unser Motor kann sich für den Rest der Reise ausruhen
Anfänglich sind die Temperaturen noch schwülwarm. Eine kleine Salzwasserdusche während einer regelmässigen Inspektion an Deck stört da nicht. Aber jeder kommende Tag lässt die Temperatur um 1°C sinken. Bis wir in Galapagos ankommen haben wir gerade noch 22°C (zum Glück dauert die Fahrt nicht länger 😊)
Unsere Lage für die nächsten Tage – ziemlich schief 😉 aber wir machen Distanz
Nicht nur wir haben tiefstes Vertrauen in unsere Lupina. Fast jede Nacht kommt einer (oder mehrere) dieser eleganten Segler (ein Tölpel) zur Nachtruhe vorbei
Leider sieht’s nach dem Besuch oftmals so aus. So ein Sch…ss! ☹
Ab dem dritten Tag unserer Reise hören die regelmässigen Regenschauer auf, und meist erfreut uns ein leicht bis mässig bewölkter Himmel. Pia schaut sehnsüchtig gegen Westen. Die ruppige See, die unberechenbaren Wellen und das heftige Geschaukel haben ihr die ersten beiden Tage etwas zugesetzt. Einmal wird dabei sogar das Spülbecken in der Küche aus der Nähe inspiziert. Aber spätestens ab dem dritten Tag ist sie wieder fidel und gefrässig 😊
Am 27.11.2021 genau um 16:12 Uhr lokale Zeit ist es soweit. Wir überqueren den Äquator! Wir fahren eine Ehrenrunde und drehen dann bei. Eine Flasche Champagner (wir sind sonst strikt Alkohol frei auf See) wird zur Feier des Momentes kredenzt (natürlich erst nachdem Neptun und Lupina auch ihren Anteil bekommen haben). In diesem Moment denken wir ganz fest an unsere Familie zu Hause
Nach 9 Tagen kommen wir im Gebiet von Galapagos an. Auf diesem Bild unseres Chart-Plotters zeigen sich schön die beiden Phasen unserer Reise: Aufkreuzen die ersten 6 Tage, Home-Run hart am Wind die letzten 3 Tage
In der Nacht zum 29.11.2021 (10. Tag) erreichen wir die Einklarierungsinsel San Cristóbal. In der Windabdeckung an der Nordküste nehmen wir unsere Segel runter, lassen uns bis zum Morgengrauen treiben und ruhen uns dabei aus. Beim ersten Sonnenlicht wird es höchste Zeit, die Hoheitsfahne von Ecuador (Galapagos gehört zu Ecuador) zu hissen
Zur Feier des Tages bekommt auch die Lupina eine neue Flagge. Letztes Mal war das in Bonaire vor über 2 Jahren der Fall. Das spricht für eine gute Qualität unserer Landesfahne 😉
Am «Leo Dormido», einem steil aus den Tiefen des Pazifiks herausragenden Felsen im Norden von San Cristóbal, einem der interessantesten Tauchgründe auf den Galapagos, geht es in der Morgensonne 10 Meilen westwärts zu unserem Zielhafen Puerto Baquerizo Moreno, wo wir ankern und einklarieren können
Kurz vor unserer Ankunft erfüllen wir noch die letzten Auflagen zum Einklarieren: alles muss gut sichtbar beschriftet sein …
… über die Sinnfrage dieser Auflage der Umweltbehörden lässt sich streiten. Wir wissen jetzt schon: wenn wir wieder abreisen aus Galapagos kommen diese «Verzierungen» wieder weg
Anker gefallen, Skipper und Co-Skipperin gut vorbereitet für die Inspektion der verschiedenen Einklarierungsbeamten. Zuerst kommen nur 2 Damen der Gesundheitsbehörde an Bord und checken unsere Gesundheit (inklusive Blutdruck und Abhören der Lunge!) und die Covid-Zertifikate. Nachdem wir für gesund befundet sind, kommen 8 weitere Beamte aufs Schiff. Sehr freundlich und zuvorkommend stellen die Beamten nacheinander, aber durcheinander, ihre Fragen. Der Vertreter unseres Agenten, Ivan (links oben), übersetzt dabei, wo nötig. Sogar ein Taucher ist dabei, der mit hoch erhobenem Daumen wieder an die Wasseroberfläche kommt. So ein sauberes Schiff hätte er schon lange nicht mehr gesehen, meint er anerkennend. Pia lobt, ich stolz 😊 Nach 45 Minuten sind wir einklariert, alles ohne die geringste Beanstandung. Pia, welche Nüsse, Limonen und anderes nicht ganz erlaubtes Material gut verstaut hat, kann sich erleichtert entspannen. Wir sind angekommen!!

Die nächsten 2-3 Tage wollen wir uns nun vor Ort zurechtfinden und informieren und dann die berühmte Flora und Fauna an Land und im Wasser erkunden. Ob wir alles vom jetzigen Ankerplatz aus unternehmen wollen, oder ob wir uns auf eine andere Insel verlegen ist im Moment noch offen. Eines können wir schon jetzt festhalten: so hautnah und frei von Menschenscheu haben wir die Tierwelt noch nie erfahren.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser