Rodeo-Ritt nach Gambier

Die Ausfahrt aus dem Atoll Makemo will gut geplant sein. Am besten für uns ist auslaufende Strömung. Diese sollte aber nicht zu stark sein, sonst gibt es draussen beim Übergang ins Meer eine stehende Walze, die vor allem bei Gegenwind sehr gefährlich sein kann. Im Internet gibt es ein Berechnungsprogramm, das einem erlaubt, für fast jedes Atoll in den Tuamotus die ideale Ein- und Ausfahrtszeit zu bestimmen. Für Mittwoch, 7.12.2022, berechnet dieses Programm für uns die beste Zeit zwischen 10 und 11 Uhr. Genügend Zeit, um auszuschlafen, gemütlich das Frühstück zu geniessen und dann schön langsam loszufahren. Mit dieser Vorstellung gehen wir am Vorabend ins Bett. Kurz nach Sonnenaufgang (der hier bereits um ca. 5 Uhr stattfindet) am nächsten Morgen jedoch hören wir Stimmen auf dem Pier. Jemand ruft nach uns. Schlaftrunken recken wir unseren Kopf aus dem Niedergang. Ein Mann der Gendarmarie steht am Pier und informiert uns, dass in der nächsten Stunde ein Versorgungsschiff eintreffen wird. Wenn das grosse Frachtschiff am Pier festmacht, dann ist für uns die Wegfahrt blockiert. Hmm – blöd! Nun wird’s nichts mit gemütlich ausschlafen. In einer Feuerwehrübung machen wir uns vom Pier los und verlegen die Lupina ein paar Meter ausserhalb des Hafens an den Anker. Hier warten wir nun auf die ideale Ausfahrtszeit nach 10 Uhr. Schlussendlich ist es nicht schlecht: so haben wir genügend Zeit, unsere Festmachertrossen und alle Fender zusammen zu räumen und gut zu verstauen.

Versorgungsschiff am Pier von Pouheva auf Makemo

Kurz vor 10 Uhr starten wir dann unsere Reise nach Gambier. Gambier liegt rund 650 Seemeilen in südöstlicher Richtung. Ideal wäre somit ein Wind aus nördlicher oder sogar aus westlicher Richtung. Wir haben lange das Wetter beobachtet. Die letzte solche Wetterlage war vor rund 3 Wochen. Nun zeigt sich in einigen Wetterprogrammen eine leichte Tendenz ab, dass vielleicht in den nächsten 2-4 Tagen der Wind nach Norden dreht. Danach ist wieder für längere Zeit eine stabile Ostwindphase angezeigt. Nicht ideal, aber zumindest scheint es machbar. Unsere Strategie ist es, zuerst eine gewisse Zeit mit dem Ostwind nach Norden von Makemo weg zu segeln, und dann nach rund einem Tag mit der Winddrehung nach Norden eine Wende zu fahren und so hart wie möglich am Wind gegen Südosten zu segeln. Wir wissen aber jetzt schon, dass es knapp wird. Denn falls wir unser Ziel nicht innerhalb 5 Tagen erreichen sollten, dann kommen wir in eine Starkwindphase, die uns genau entgegen blasen wird.

Diesen Wind wollen wir vermeiden: rund 20 Knoten aus südöstlicher Richtung. Die verschiedenen Linien auf dem Bild sind die optimalen Routen, die mit verschiedenen Windprogrammen gerechnet werden. Wenn wir mit dem Schiff bis Sonntagabend am Ziel sind, ist alles gut. Danach kommen die 20 oder mehr Knoten Wind (das Bild zeigt den erwarteten Wind im Bereich von Gambier – roter Punkt – für den Montag)

Gleich nach der Passausfahrt setzen wir volle Segel und rauschen los nordostwärts. Wegen einer leichten Strömung, die uns nach Westen schiebt, können wir nur einen Kurs von rund 30 Grad fahren. Blöd! Damit uns nachher das nächste Atoll nicht in die Quere kommt, müssen wir bereits nach 2 Stunden eine Wende fahren, 6 Stunden lang nach Südosten steuern um dann nochmal gegen Nordosten zu halten, bis dann der Wind nördlich dreht.

Unser Zick-Zack Fahrt in den ersten 3 Tagen der Reise. Unser Kurs wird bestimmt von Wind, Strömung und Atollen.

Vor allem in der Startphase herrscht eine eklige Kreuzsee. Von einer Kreuzsee redet man, wenn Wellen von der einer Richtung auf Wellen einer anderen Richtung treffen. Das Meer brodelt dann richtig und ein leichtes Schiff, wie die Lupina eines ist, wird in alle Richtungen hin und her geschleudert. Es fühlt sich zeitweise an wie auf einem dieser Rodeo-Bullen auf dem Jahrmarkt. Zum Glück haben wir genügend Wind. Dieser treibt uns nicht nur vorwärts über die Wellen, sondern er stabilisiert auch unser Schiff, so dass das Herumschleudern einigermassen erträglich ist. Kurz vor dem Eindunkeln passieren wir das östliche Ende von Makemo, haben somit nur etwa 35 Meilen zu unserem Ziel geschafft. Eine Gruppe Buckelwale (rund 8 Tiere) will sich noch kurz erkundigen, welcher andere grosse Fisch sich da in ihrem Revier befindet und schwimmt auf uns zu. Ein Wal schwimmt sogar in einer Distanz von rund 20 Metern um unser Schiff herum, prustet dabei 2–3-mal laut aus und taucht dann wieder weg zu seinen Kameraden. «Gute Fahrt», winkt er uns mit seiner Fluke noch zu. Dann geht’s in die erste Nacht.

Die Windstärke mit 15 Knoten ist für unsere Segel perfekt, und wir machen zügig Fahrt. Die Schräglage ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber mit der Zeit weiss man, wie man sich am besten verkeilt und wo man sich bequem festhalten kann. Bei 6-7 Knoten Fahrt hüpft die Lupina recht ordentlich über die Wellen

Leider dreht der Wind in den nächsten Tagen weniger nach Norden, wie angesagt und wir können unseren Zielkurs nicht ganz halten. Rund 30 Grad beträgt die Abweichung. Zudem bremsen uns in den nächsten 48 Stunden immer wieder heftige Regenschauer (sogenannte Squalls, Gewitter) ein. Wir müssen immer wieder die Segel reffen und nach dem Durchgang der Regenfront warten, bis sich der Wind stabil und neu aufgebaut hat.

Tagsüber sieht man die Squalls gut und kann sich entsprechend vorbereiten. In der Nacht ist es schwieriger. Da hilft uns dann das Radar oder bei Mondschein das Restlicht am Himmel
Diese Phase der Reise verläuft sehr ruhig und ereignislos. Lupina zieht konstant mit rund 5-6 Knoten Richtung Südosten. Das Meer hat sich beruhigt und ich kann sogar auf dem Vorschiff im Schatten lesen

Zweimal herrscht für über 3 Stunden totale Windstille und wir brauchen den Motor. Bald mal wird uns klar, dass wir unser Ziel nicht bis Sonntag erreichen werden. Wir werden in die Wetterfront geraten, die wir vermeiden wollten. Der Wind wird uns mit 20-25 Knoten genau auf die Nase pfeifen. Um die zweite Hälfte der Reise genauer planen zu können, zeichne ich die neue Situation auf unsere Navigationskarte auf. Durch die Notwendigkeit, gegen das Ziel aufkreuzen zu müssen, wird die noch zu bewältigende Distanz fast doppelt so lang. Als ich Pia mitteile, dass wir 3 Tage länger als erwartet hart am Wind segeln müssen, ist die Moral eines Teils der Crew für einen kurzen Moment auf dem Tiefststand. Wie immer aber in solchen Situationen braucht es etwas Zeit und ein Ragusa (wer’s nicht kennt der verpasst etwas! 😊) und die Stimmung ist wieder gut.

Mit Ragusa (der weltbeste Schoko-Riegel!) ist die Welt immer in Ordnung

Ab Sonntagvormittag (ein Tag früher als in den Wetterberichten angesagt) nimmt dann der Wind stetig zu auf über 20 Knoten. Der starke Wind – und vor allem die sehr hohen Wellen – machen uns zu schaffen. Viel Schräglage und immer wieder viel Wasser über das Deck. Wir sind froh, haben wir in dieser Phase nur die Fock (kleines Vorsegel) draussen. So können wir auch Squalls problemlos abwettern.

Beim Setzen des Focksegels müssen wir den Mast mit den Kutter-Stagen (Drahtseil vom oberen Befestigungspunkt des Segels am Mast zu den Fixierpunkten links und rechts am Heck des Schiffes) gegen ein mögliches Ausbiegen absichern. Über einen Seilzug werden die Stage satt gespannt.

Durch den veränderten, heftigen Seegang fühlt sich Pia die nächsten 24 Stunden etwas mulmig, und wir beide hatten auch Kopfweh. Wir schonen die Köchin und der Skipper wärmt das Essen in dieser Phase jeweils auf. Bis Dienstag, 13. Dezember, pendelt sich der Wind wieder knapp unter 20 Knoten ein und die Genua (grosses Vorsegel) ist gesetzt. Schrecksekunde kurz vor 4 Uhr in der Früh. Ein Squall, wie vorher schon viele, trifft uns. Während ich die Windanzeige beobachte (es sind gerade 25kn), geht ein Ruck durch das Schiff (lautlos!) und der Vorschub fällt zusammen. Die Genua flattert unkontrolliert im Wind! Der Schothorn-Ring ist ausgerissen. Das Schothorn ist eine der am höchsten belasteten Zonen des Segels. Hier fliesst die ganze Kraft zusammen und wird mit einem eingenähten Ring aus Eisen in die Schot-Leine übertragen. Wir hatten öfters schon viel mehr Wind als jetzt, aber irgendeinmal ist das Material halt einfach ermüdet.

Ich muss die Genua einrollen, mit einem Seil umwickeln und sichern, damit es der Wind nicht wieder aufrollt Danach müssen wir die Fock wieder setzen. Das heisst für den letzten Teil der Strecke: stark reduzierte Segelfläche und damit langsamere Fahrt, vor allem bei leichteren Winden.

Genau diese leichteren Winde sind nun ab Dienstag auch angesagt. Da sie ideal aus südlicher Richtung kommen, können wir nun direkten Kurs auf Gambier anlegen. Obwohl nur schwach, machen wir trotzdem gute Fahrt, bis dann rund 60 Meilen vor Gambier der Wind nach einer grossen Regenzone komplett zusammenfällt.

Es muss nicht immer ruppig und mit grosser Schräglage zugehen. Es gibt auch ruhigere Momente, wo das Schiff gemütlich durch das Wasser zieht und sogar Pia lesen kann 😉

Über Kurzwellenfunk hole ich mir die aktuellsten Wetterdaten. Überraschenderweise sind sich für einmal alle Windprogramme einig: kein Wind die nächsten 2 Tage. Der Entscheid fällt schwer, aber schlussendlich schnell: Kari, unser Motor, muss für den Rest der Strecke ran. Innerhalb der nächsten 10 Stunden bringt er uns zuverlässig und leise brummend direkt vor das Ziel.

Es ist kurz nach Sonnenuntergang, als wir vor dem Gambier Archipel eintreffen. Wir waren zwar schon mal hier und kennen die Gewässer gut, entscheiden uns aber, auf dem offenen Meer beizudrehen und den nächsten Tagesanbruch abzuwarten. So bringen wir während des Ankermanövers weder uns noch andere Segler in Gefahr. Das Meer ist zwischenzeitlich fast spiegelglatt geworden, nur eine lange Dünung aus Südwest schaukelt uns sanft in einen herrlichen Schlaf. Ein wunderschönes «Lupina Drifting»

Am Donnerstag, 15. Dezember, 2 Stunden vor Sonnenaufgang starten wir den Motor erneut. Beim ersten Dämmerungslicht fahren wir in Rikitea auf Gambier ein. Rechtzeitig zum Sonnenaufgang fällt der Anker. Wir sind happy – wir sind da!! Ankern direkt neben der SY Limelight mit Anette und Michael, die einen Tag vor uns aus den Marquesas angekommen sind.

Der Ankerplatz vor Rikitea auf Gambier

So, der Bericht ist fertig und wir sind tagesaktuell. Wir fahren mit dem Dinghi an Land zu JoJo’s. JoJo’s ist ein lokaler Gemischtwarenladen, der einen kleiner Restaurationsbetrieb daran angeschlossen hat und in dem es WiFi gibt. Als wir im Januar2022 in Gambier waren, konnten wir von hier unsere Home Page aktualisieren. Geht diesmal aber nicht. Die Übertragungsgeschwindigkeiten sind viel zu schwach. Will einfach nicht. In den nächsten Tagen halt wieder probieren – irgendwann geht es dann schon.

Zeitsprung nach vorwärts: heute ist der 27.12.2022. Bisher ist es uns nicht gelungen, den Bericht der Überfahrt hochzuladen. Aber es ist in Zwischenzeit einiges passiert.

2 Tage nach unserer Landung in Gambier fahren wir mit der SY Limelight im Schlepptau durch die schwierige (weil sehr schmal, mit Korallen verseucht, sehr untief und mit Kurven drin) Passage zur Insel Taravai, wo wir bei Hervé und Valérie, die wir vom Januar sehr gut kennen, am Sonntagmorgen früh um 6 Uhr das Fussball WM Finale schauen können (Bild).
Am Montag fahren wir (leider unter Motor) quer durch die Gambier Inselgruppe ans östliche Riff und verbringen 3 Tage herrliches Robinson Crusoe Leben auf dem kleinen Motu Kouaku. Rechts neben uns im Bild: Anette und Michael von der SY Limelight.
Abendstimmung auf dem Motu Kouaku
Am 22. Dezember fahren wir, diesmal unter Segeln (wobei wir ja leider die Genua wegen dem gerissenen Schot-Horn nicht nutzen können) zurück nach Rikitea. Wir brauchen unbedingt Internet: wir erwarten am 26./27. Dezember unsere Kette, und wir sollten unbedingt die Frachtinformationen haben, um diese dann am Pier vom Versorgungsschiff abzuholen.
Am Abend hören wir auf dem Pier lautes Trommeln, Singen und sehen auch Leute tanzen. Am nächsten Tag erfahren wir, wozu geübt wurde: Gambier erhält heute ein neues Schiff, das vorwiegend die Hauptstadt Rikitea mit dem Flughafen am Aussenriff verbindet. Ein Ereignis, das nicht oft vorkommt in einem Menschenleben. Das neue Schiff wird gebührend nach alten Traditionen willkommen geheissen.
Den Ehrengästen wird ein Stuhl zur Verfügung gestellt, und sie werden sehr reich mit Blumenkränzen eingedeckt.
Wir erleben ein Gesangs- und Tanz-Spektakel, das uns und die lokale Bevölkerung über eine Stunde in den Bann zieht
Begleitet wird alles durch lautes, aber rhythmische und mitreissendes Trommeln
Ah ja, falls ich es noch nicht erwähnt haben sollte: Gambier ist eines der wichtigsten Perlenzuchtgebiete auf der Welt. Hier werden vor allem die schwarzen Perlen gezüchtet. Ein Tag vor Weihnachten – Skipper wie immer noch nichts für seine Perle besorgt – in letzter Minute ist die Situation wieder gerettet 😊
Weihnachtsmesse in der Kathedrale von Rikitea. Der Pfarrer trägt das Christkind hoch erhoben in die Kirche und legt es vorne neben dem Altar in eine Krippe. Die (katholische) Messe ist dann recht traditionell. Wunderschön hingegen sind Musik und Gesang, welche die Zeremonie begleiten. Damit alle mitsingen können, wird der Text der Lieder auf einer grossen Leinwand abgespielt.
Weihnachtsessen auf der Lupina mit Gästen von der SY Esmeralda (Hans und Katrin, links im Bild) und der SY Limelight (Anette und Michael, oben im Bild). Die Lupina bereitet Vor- und Nachspeise zu, die Limelight einen saftigen Rindsbraten und die Esmeralda die köstlichen Beilagen.
Und dann, endlich – traraaa!! Unsere neue Kette ist da!! Seit Anfang September aus Deutschland unterwegs findet sie uns am 26. Dezember in Gambier. Wahrlich keine Meisterleistung des Transportwesens. Aber wir sind glücklich – nun haben wir sie endlich 😊😊
Noch ein Glücksmoment: seit dieser Saison gibt es einen Yacht Service hier auf Gambier. Ein junger, unternehmungsfreudiger und gewiefter Franzose (Tétouan) hat mit seiner Freundin (Juliette) ein eigenes Unternehmen gestartet und erleichtert mit seinem Angebot den Seglern das Leben. Etwas, was er sehr schnell kapiert hat: das Angebot an Brot ist erstens lausig und zweitens sehr oft gar nicht vorhanden. …
… Also hat er sich aus 2 alten Fässern und einer Blechröhre seinen eigenen Holzbrot-Ofen gebaut und bäckt nun auf Vorbestellung Brot. Sensationell, kann ich euch sagen! Da ist nur noch Pia’s Brot besser, aber ab und zu soll sie doch auch mal eine Pause haben 😉
Heute, also am 27.12.2022, haben wir die neue Ankerkette montiert (ich kann euch sagen: die Lupina zuckelt total glücklich daran!) und endlich die defekte Genua runtergeholt, zusammengefaltet und in ihren Sack verstaut. Diese muss nun zu einem guten Segelmacher. Der Eisenring des Schot-Hornes (das ist die hintere Ecke des Segels, an dem die Bedienungsleinen befestigt sind) ist ausgerissen und muss neu eingenäht werden. Hier in Gambier nicht machbar ☹ – wir hoffen auf die Marquesas.

Morgen werde ich nun erneut versuchen, den Bericht hochzuladen. Ich hoffe, es klappt diesmal. Wir werden dann das Neujahr in Taravai (dort wo wir Fussball geschaut haben) verbringen und dann bis Mitte Januar versuchen, noch neue, von uns unerforschte Winkel des Archipels zu entdecken. In der Zwischenzeit wünschen wir euch allen einen guten Rutsch, viel Glück und Gesundheit im kommenden Jahr.

Nachtrag am 3.1.2022: bisher hat es nicht geklappt mit dem Hochladen des Berichtes. Aber heute scheint mein Glückstag zu sein. Die Lupina Crew wünscht allen Lesern ein wunderschönes Neues Jahr!

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Starker Wind auf Makemo

Um es gleich vorweg zu nehmen: seit wir in Makemo angekommen sind pfeift der Wind uns kräftig um die Ohren. Pausenlos rüttelt er mit mindestens 15-20 Knoten an unserem Rigg, die Lupina tänzelt nervös an der Kette und pendelt wie ein Fähnlein hin und her. Zum Glück hält der Anker vor dem Dorf, wo wir die ersten Tage liegen, sehr gut. Er hat sich tief eingegraben und die Kette läuft gut 10 Meter im Sand, bevor die ersten Korallen kommen. Wir haben wie immer bei solchem Ankergrund Schwimmkörper (Bojen) in die Kette gehängt, damit sie über den Korallen schwebt, und nicht an diesen hängen bleibt und sie beschädigt.

Nach 2 Tagen nutzen wir eine kleine Flaute, wo es kurzzeitig «nur» knapp 10 Knoten bläst. Unter Motor fahren wir gegen den Wind ans Ost Riff von Makemo. Von unserem ersten Besuch im Sommer dieses Jahres haben wir noch den Track und fahren diesem nach. Trotzdem ist die Fahrt durch dieses Atoll immer noch sehr gefährlich und fordert vollste Aufmerksamkeit. Immer wieder ragen Korallenköpfe (unter Seglern «Bommy» genannt) aus einer Tiefe von über 20 Metern bis ganz knapp an die Wasseroberfläche. Die Pfeile im Bild zeigen ein paar davon. Man erkennt sie aus der Distanz an der Farbänderung im Wasser.
Hier am östlichen Riff liegen wir gut geschützt von den Wellen, die der brausende Ostwind über das Atoll aufbaut. Das Atoll wird auch hier vom offenen Ozean über die Riffplatte mit glasklarem, frischem Meerwasser versorgt. Wir schon in Tahanea beobachten wir auch hier viele Vögel beim Nisten oder beim Fischfang.
Es ist einfach traumhaft schön in diesen Atollen!! Wir sind viel im Wasser
Auch diesmal besuchen wir Hubert (siehe auch Bericht vom 21. Juni 2022). Er schimpft gerade mit seinen Hunden, die ihm zugelaufen sind und sein Reich nun auch als das ihrige verteidigen wollen. Er hat gerne Besucher und will nicht, dass sie von den Hunden vertrieben werden. Von unserem ersten Besuch wissen wir, dass er gerne schreibt. Wir haben ihm deshalb diverses Schreibmaterial und Briefpapier mitgebracht. Auch ein T-Shirt von mir und ein paar Captains-Zigarren wechseln den Besitzer. Hubert verköstigt uns im Gegenzug mit frischer Kokosmilch.
Wir sind fasziniert, wie Hubert sein ganzes Motu mit Gegenständen verziert, die er am Ufer angespült findet. Hier hat er sich damit eine kleine Umzäunung errichtet.
Ein leidiges Seglerschicksal: immer wieder müssen wir uns von herzensguten Menschen verabschieden, mit dem Wissen, dass wir uns nie mehr sehen werden.
Unser Mitsegler auf Zeit, Nico, bleibt uns aber noch ein paar Tage erhalten. Er muss ja noch das Unterwasserschiff putzen 😊😊 (strenger Captain!!). Zuerst feiern wir aber mit ihm seinen Geburtstag.
Nico geht sehr oft ans meerseitige Ufer des Riffes und sucht nach «Ambra». Bitte nach was?? Wissen wir auch erst von ihm. Ambra ist eine graue, wachsartige Substanz aus dem Verdauungstrakt von Pottwalen, die sie durch Erbrechen regelmässig ausstossen. Ambra ist sehr gesucht für die Parfümherstellung. Es entsteht durch nicht verdaubares Krustenmaterial von Muscheln oder Polypen, das im Magen des Wales eingekapselt wird in einer wachsartigen Substanz. Für 1kg Ambra konnte früher bis zu 80’000 USD gelöst werden. Heute ist es etwas weniger, da es nun auch synthetisch hergestellt werden kann. Bisher hat Nico leider noch nie Ambra gefunden, dafür viel anderes Interessantes.
Herrlicher Sonnenuntergang am Ost Riff von Makemo
Zum Glück hat es keine Haifische am Ankerplatz und Nico kann endlich sein Versprechen einlösen und den Bauch der Lupina putzen. Eine Hälfte erledigt er nach am Ost Riff, die zweite Hälfte dann zurück am Ankerplatz beim Dorf. Aller seiner Pflichten entledigt verlässt er uns nach etwas mehr als 3 Wochen am 30. November und fliegt zurück nach Moorea. Nico, es war sehr kurzweilig und schön mit dir (sogar Brändi-Dog hat er mit uns gespielt – und manchmal gewonnen!! 😉)

Seit Angang November befinden wir uns in der Zyklon-Zeit. In den Tuamotus, wo wir uns befinden, sind diese Wirbelstürme zwar selten, aber sie kommen immer wieder vor. Deshalb sind wir auf dem Weg weiter nach Südosten, wo die Wahrscheinlichkeit immer geringer wird. In Gambier werden wir einen sichern Platz finden. Bis dahin sind es noch rund 650 Seemeilen in einer Richtung von 130 Grad auf dem Kompass. Der Wind bläst zurzeit sehr stark aus Osten oder sogar leicht aus südlicher Richtung. Für unsere Strecke brauchen wir Winde eher aus nördlicher Richtung. Im Moment ist es also ungünstig. Auch ist er mit nahezu permanent 20 Knoten fast zu stark, um gegen an aufzukreuzen. Wir warten also ab, bis wir den richtigen Wind bekommen.

Das Warten ist eigentlich nicht so schlimm: wir lesen viel, haben schöne Schnorchel Plätze oder können mit dem Dinghi an Land, um uns dort die Beine zu vertreten. Ah ja, falls du dich erinnerst: Pia’s Fuss geht es mittlerweile (nach über 6 Wochen) wieder einigermassen gut, und sie kann fast schmerzlos gehen
In Zeiten von Energieknappheit (das ist zwar in Franz.-Polynesien kein Thema) hier noch ein trauriges Beispiel. Das Bild zeigt einen Park von Windrädern, die alle ausser Betrieb sind. Um bei extremen Winden die Räder vor Zerstörung zu schützen, können sie über einen Seilzug abgeklappt werden. Das ist scheinbar vor einigen Jahren nicht getan worden und der Wind hat die Flügel zerstört. Seitdem liegt die Anlage still und der Strom wird wieder wie vorher mit Dieselgeneratoren produziert. Schade!
Bevor der Wind dann endlich etwas nach Norden dreht, kommt er zuerst noch etwas mehr von Süden. Der Ankerplatz vor dem Dorf ist gegen Wellen aus dieser Richtung wenig geschützt. Da im Moment kein Versorgungsschiff angesagt ist, dürfen wir mit unserer Lupina direkt am Pier von Makemo festmachen und liegen nun in den letzten Tagen absolut ruhig. Der Wind ist zwar immer noch so stark, dass unsere Batterien trotz weggeklappten Solarpaneelen immer zu 100% voll sind, aber es kommt keine Welle ins Hafenbecken. Die Lupina liegt perfekt hier! 😊

Heute Morgen haben wir wie immer in den letzten Tagen neugierig die neuesten Wetterdaten hochgeladen. Endlich ist er da, der Wetterwechsel, der den Wind etwas beruhigt und in nördliche Richtung dreht. Morgen Mittwoch, 7.12.2022, setzen wir Segel in Richtung Gambier. Von den Marquesas hat sich vor ein paar Tagen die SY Limelight (Annette und Michael, die wir seit Grenada kennen und immer wieder getroffen haben) ebenfalls in Richtung Gambier aufgemacht. Wer wird zuerst in Gambier eintreffen? Kommt der Wind auch so, wie angesagt? Können wir direkt durchziehen, oder müssen wir in Hao mit seiner sehr berüchtigten Einfahrt einen Zwischenstopp einlegen?

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Von Rangiroa nach Makemo (Tuamotus, Franz.-Polynesien)

Wir befinden uns in Rangiroa am Tiputa Pass und warten auf das passende Wetter. Seit Tagen sind die Winde veränderlich und jedes Wetterprogramm, das wir konsultieren, vermittelt uns unterschiedliche Vorhersagen. Wir wollen weiter in südöstliche Richtung und brauchen einen Wind, der uns nicht auf die Nase bläst.

Wir befinden uns zurzeit in einer Wetterübergangszone, wo warme, feucht Nord Luft auf kältere Süd Luft trifft. Entsprechend wechselhaft ist der Wind und es regnet viel. Uns stört das wenig, denn nass werden wir beim Schnorcheln ja auch 😊

Pia schont ihren noch immer schmerzhaften Fuss und verzichtet auf Landausflüge. Ausfahrten mit dem SUP und Schnorchel Gänge können wir aber gemeinsam machen. Nach 5 Tagen Warten ist es dann endlich soweit: es ist Nordwestwind angesagt und der wird uns genau in die Richtung tragen, in die wir wollen. Es scheint sogar möglich zu sein, unser Fernziel, Fakarava, direkt anzulaufen.

Am frühen Nachmittag des 5. November 2022 lichten wir den Anker, motorsegeln bei leichter Gegenströmung durch den Tiputa Pass und nehmen Kurs auf nach Fakarava.

Die Abfahrt haben wir so geplant, dass wir am Vormittag des nächsten Tages bei einlaufender Strömung durch den Nord Pass in Fakarava fahren können. Falls sich der Wind unterwegs verändern würde, hätten wir als Plan B und Plan C die Atolle Apataki oder Toau als Anlaufmöglichkeit. Um es vorweg zu nehmen: kurz nach der Ausfahrt in Rangiroa werden wir zwar zuerst durch eine heftige Brandung tüchtig durchgeschüttelt. Je weiter wir uns aber vom Riff von Rangiroa entfernen, umso ruhiger wird die Welle und wir segeln zügig südostwärts direkt bis Fakarava.

Kaum haben wir vor dem Hauptort von Fakarava den Anker gesetzt, werden wir vom Dänischen Segelboot SY Tao zum Frühstück eingeladen. Die SY Tao kennen wir von den Marquesas. Sie haben gerade frisches Brot gebacken, das nach unserer Nachtfahrt natürlich besonders fein schmeckt. Im Bild die Frauenpower der SY Tao: Mama Marie mit Töchtern Line und Trine (von rechts)
Ganz kurzfristig bekommen wir Besuch auf der Lupina. Der Deutsche Nico, den wir von der SY YumYum kennen und der in Tahiti bei unserem Heimaturlaub auf die Lupina aufgepasst hatte, fragte uns kurzfristig an, ob er mit uns eine Weile durch die Tuamotus segeln darf. Da wir gerne am Segeln interessierte Leute an Bord haben, sagen wir zu und nehmen ihn nun in Fakarava an Bord. Er wird uns nun die nächsten paar Wochen bis Makemo begleiten.

Ursprünglich wollten wir uns nur ganz kurz in Fakarava aufhalten. Der kurzfristige Besuch von Nico beeinflusst unsere Planung aber etwas. Er möchte unbedingt mal im Süd Pass bei der «Wall of Sharks» tauchen gehen. So fahren wir nach kurzem Aufenthalt in Rotoava in den Süden von Fakarava und Nico und ich machen mit einer lokalen Tauch-Schule 2 Tauchgänge im Süd Pass. Am Tag der Tauchgänge regnet es wie aus Kübeln. Trotzdem ist die Sicht unter Wasser extrem gut. Einzig die bunten Korallen lassen ihre schillernden Farben etwas vermissen, vor allem in der Tiefe. Für mich ist das Erlebnis an diesem Tauchplatz auch diesmal wieder fantastisch schön.

Nach einer Woche in Fakarava verlassen wir das Atoll durch den Süd Pass in Richtung Tahanea. Wir benutzen die Gelegenheit und lassen unser temporäres Crew Mitglied ans Steuer der Lupina. Auf dem Bild Nico’s erster Einsatz. Voll konzentriert geht es durch den engen, flachen Süd Pass
Bei leicht auslaufender Strömung fahren wir am frühen Morgen am noch etwas verschlafen wirkenden Dorf vorbei durch den Süd Pass

Nach ein paar erfolglosen Angelversuchen wollen wir es wieder einmal probieren. Die Gelegenheit ist gut: die Distanz zu unserem Ziel in Tahanea beträgt rund 60 Seemeilen und wir sind früh gestartet. Wir haben also viel Zeit. Zudem sind die Wellen moderat und der Wind nicht allzu stark. Alles gute Voraussetzungen, um einen wild kämpfenden Fisch an Bord zu ziehen und an Deck fachgerecht zu filetieren – sollte dann endlich mal einer anbeissen. Und tatsächlich! Nach rund einer Stunde rauscht der Silk von der Trommel und die in der Angelrute eingebaute Ratsche weckt die vor sich dahindösende Crew. Nico und ich eilen zur Angelrute, Pia stürzt zu den Gerätschaften, die wir brauchen, wenn dann der Fisch an Bord ist: Wanne, Messer, Handschuhe, Alkohol (für die Betäubung), Zange (um den Haken zu entfernen) und Schneidebrett.

Der Zug an der Angelschnur ist immens. Es muss ein grosser Fisch sein. Mit Lederhandschuhen geschützten Händen packt Nico die Angelschnur und unterstützt mich beim Einholen der sich kräftig sträubenden Beute. Pia startet in der Zwischenzeit den Motor und holt das Genua-Segel ein. Zuerst müssen wir etwas verlangsamen, damit sich der Zug auf die Angelschnur verringert. Danach muss Pia etwas mehr abfallen, weil der Fisch am Haken versucht, sich auf die Gegenseite des Bootes zu schlagen. Das muss verhindert werden, sonst verheddert sich die Leine an den Gerätschaften am Heck der Lupina.
Nach einer halben Stunde intensiven Kampfes holen wir eine rund 140cm lange, 12kg schwere Dorade (auch Goldmakrele, Mahi-Mahi oder Dolphin genannt) an Bord.

Wir sind froh, haben wir Nico an Bord. Ohne seine Hilfe hätte ich diesen Riesenfisch wohl nicht so schnell an Bord gebracht. Er kann uns auch ein paar Tricks und Kniffe beim Säubern und nachträglichen Zerlegen des Fisches zeigen. Die Arbeiten gehen zügig und schnell voran. Das Meiste findet seinen Weg direkt in den Tiefkühler, etwas bleibt draussen für Poisson-Cru (roher Fisch zur Feier des Fanges) oder wird fürs nächste Abendessen im Kühlschrank zwischengelagert. Rund eine Stunde, nachdem die Angelschnur mit der Dorade daran ausgerauscht ist, ist alles verwertet, die Genua wieder gesetzt und wir setzen die Fahrt nach Tahanea fort.

Kurz nach 4 Uhr nachmittags erreichen wir bei einlaufender Strömung Tahanea und ankern mit der Lupina gleich in der ruhigen Lagune südlich des westlichsten von 3 befahrbaren Pässen. Der Wind hat mittlerweile stark nachgelassen und das Wasser in diesem gut geschützten Bereich ist spiegelglatt. Der Fisch im Kühlschrank ruft! Sofort Dinghi runter und an Land ein Feuer machen!
Mit etwas Palmenrinde und Kokosnussfasern, das beides besser brennt als Papier, ist schnell ein Feuer gemacht. Nur der Feueranzünder will uns kurzzeitig etwas necken, gibt nach gutem Zureden aber klein bei.
Pia ist zuständig für das Stockbrot, ich kümmere mich um den Fisch
Abendstimmung am Grillplatz auf Tahanea
Die Reste vom Fisch (Haut und Gräten) versuchen wir an Haie zu verfüttern. Dieser Kerl, ein rund 40cm langer Grouper (Barsch) ist aber viel frecher und schneller.
Mit der GoPro gelingt es uns, den Grouper beim blitzschnellen Schnappen nach den Hautresten zu filmen (Bild unten rechts)
Nico liebt es, stundenlang am Strand entlang nach interessanten Objekten zu suchen. Während Pia und ich den Fisch grillieren, findet er dieses fast völlig intakte Skelett eines Kofferfisches
«Nach dem Essen ist gut Ruhn, oder tausend Schritte tun». Vor Anker entscheiden wir uns oft für das Erste 😊
Am Anker vor dem Süd Riff von Tahanea: nach 3 Tagen vor Anker neben dem Pass segeln wir quer über das Atoll ans südliche Riff, zum bei Seglern bekannten «7 Anchorage». Der Ankerplatz heisst so, weil von der Luft aus gesehen die Riffplatte wie die Zahl 7 ins Atoll hineinragt. Die Fahrt über das Atoll ist bei guter Sicht unproblematisch (man sieht bei hochstehender Sonne die gefährlichen Korallenköpfe sehr gut).
Wie die meisten Motus (Inselchen) auf Tahanea sind auch hier die palmbewachsenen Inseln menschenleer. Nur ab und zu kommt ein Boot mit Einheimischen vorbei, die für die Copra-Ernte Kokosnüsse einsammeln. Ansonsten bleibt die Natur von Menschenhand unberührt. Wir machen uns mit dem Dinghi oder SUP auf, diese Natur zu erforschen
Auf der Innenseite der Inseln bilden sich meist dicke, breite Korallensandbänke
Das zum offenen Meer hin liegende Ufer der Inseln ist meist stark ausgewaschen und schroff. Alles kleine Material wird vom Meer aus dem Gestein herausgewaschen, zurück bleiben sehr scharfkantige, abgestorbene Korallen
Plötzlich sieht man Pia mit diesem Gestrüpp in der Hand über den Kiesstrand laufen. Was soll das bedeuten?
Der Grund für Pia’s Verhalten sind Hunderte von Vögeln, die sich plötzlich für uns interessieren und pfeilschnell nur wenige Zentimeter dicht über uns hinweg schiessen. Wollen sie uns vertreiben, oder sind sie einfach nur neugierig und tun das, was sie sonst auch knapp über den Wellen tun? Wir wissen es nicht. Wir stellen aber fest, dass die Vogelpopulation hier ausserordentlich gross ist. (Bild: schwarzer Noddy)
Ausser dem Menschen vielleicht gibt es hier keine natürlichen Feinde für die Vögel. Überall finden wir, in unseren Augen, ungeschützte Vogeleier. Die Feenseeschwalbe zum Beispiel legt ihr einzelnes Ei einfach in Astgabeln.
Das Schlüpfen aus dem Ei ohne vom Ast zu fallen dürfte sicher nicht ganz einfach sein. Dieser kleine Kerl hat es offensichtlich geschafft. Nun wartet er auf Futter.
Feenseeschwalbe mit Jungem
Weissbauchtölpel mit Nachwuchs. Übrigens: die Jungen der Tölpel sehen nicht nur tollpatschig aus (heissen sie deshalb so?), auch ihr Verhalten und ihre Bewegungen sind, vornehm ausgedrückt, zum Schmunzeln
Nach ein Paar Tagen am Süd Riff verlegen wir ganz in den Osten von Tahanea. Auch hier sind wir mit der Lupina ganz alleine vor Anker
Lupina schwebt im glasklaren Wasser in der südöstlichen Ecke von Tahanea
Schön ersichtlich hier der typische Aufbau eines Riffes: Rechts die Aussenseite zum Meer. Hier fällt das Riff schroff mehrere Hundert Meter in die Tiefen des Pazifiks (tiefblaue Farbe). Dann folgt eine breite, flache Riffplatte. Sie ist meist mehrere 100 Meter breit. Hier fliesst das Wasser, das vom Pazifik über die Riffkante geworfen wird, nach innen (im Bild also nach links) ins Atoll hinein. Links dann der sanft auslaufende Riff Rand, der meist aus gut haltendem Sand und vereinzelten Korallenblöcken besteht und sich sehr gut zum Ankern eignet. Hier ist das Wasser besonders klar, weil immer wieder frisches Meerwasser zufliesst.
Das Filmen mit der Drohne ist nicht immer einfach. Manchmal ist der Wind zu stark, sehr oft aber haben die Vögel etwas gegen den fremden Eindringling. Sobald ich einen Vogel im Bildschirm erkenne, flüchte ich mit der Drohne senkrecht nach oben, die einzige Richtung, welche ein Vogel nicht so schnell bewältigen kann.
Unser letzter Tag im Osten von Tahanea. Ich will unser temporäres Crew Mitglied vor der Weiterfahrt noch motivieren, das Unterwasserschiff zu reinigen. Aber er hat Glück: Pia hat in der Küche gerade den Fisch für das Abendessen gereinigt. Nun schwimmen mehrere Haifische um unser Boot – ich lass von meinem Vorhaben ab und Nico geniesst weiterhin das süsse Nichtstun 😉

Nun liegen wir neben dem Mittelpass vor Anker und haben noch einmal hier übernachtet. Später geht es noch mit dem Dinghi zum Mittelpass zum Schnorcheln und dann machen wir uns für eine Nachtfahrt nach Makemo bereit. Die Distanz (50 Seemeilen) und die Gezeiten würden uns eigentlich eine Tagesfahrt erlauben. Aber wir haben den Wind gegen uns. Seit mehreren Tagen warten wir auf stabilen Wind. Jetzt ist er da, bleibt aber für die nächsten Tage konstant aus Osten. Wir müssen aufkreuzen, was die Fahrzeit zum Ziel um etliche Stunden verlängern wird.

Kurz nach 16 Uhr lichten wir den Anker und verlassen unter Motor bei auslaufender Strömung das Atoll Tahanea. Kurz danach setzen wir Segel und ab geht’s in Richtung Makemo. Wir haben Glück: der Wind kommt etwas südlicher als angesagt und wir können fast den direkten Kurs zu unserem Fernziel anlegen. Falls es so bleiben würde, wäre es eine schnellere Überfahrt, als erwartet. Natürlich bleibt es nicht so 😉. Zuerst lässt der Wind deutlich nach und wir machen bloss 3 bis 4 Knoten Fahrt. Danach beginnt er in die Richtung zu drehen, wie er angesagt war. Auch damit kommen wir klar, so war ja der ursprüngliche Wetterbericht. Kurz vor Mitternacht geht es dann aber los: ein heftiges Gewitter zieht über uns hinweg. Drehende Winde im Bereich 30 – bis 35 Knoten plagen uns mindestens 15 Minuten lang. Natürlich reffen wir sofort die Segel und wettern das Gewitter ab. Auch danach bleibt der Wind für gut eine halbe Stunde über 20 Knoten. An Schlafen ist so für die Crew kaum zu denken, erst recht nicht für den Skipper. 10 Seemeilen vor Makemo bricht der Wind dann völlig zusammen, und wir motoren den Rest bis zu unserem Ziel. Müde erreichen wir in den frühen Morgenstunden den nordwestlich gelegenen Pass ins Atoll. Da es die falsche Zeit ist für die Einfahrt und wir 3 Stunden warten müssten, entscheiden wir uns, um das Atoll herum weiter zu fahren und ein paar Stunden später die Einfahrt im Osten zu benutzen. Da der Himmel stark bewölkt und das Erkennen von Korallenbänken im Atoll drin sehr schwierig ist, ist dies auch der sicherere Weg. Um die Mittagszeit des 23. November durchfahren wir sicher und problemlos den Ost Pass und liegen nun vor dem Dorf Pouheva, direkt neben dem Pass, wo wir bei unserem ersten Besuch auch schon lagen, vor Anker.

Wenn du diesen Bericht lesen kannst, haben wir nach fast 2 Wochen Internet Pause endlich wieder ein Netz (in unbewohnten Tahanea gibt es verständlicherweise nichts!). Was treffen wir in Makemo an? Nico wird uns dort wieder verlassen. Kriegen wir unser Unterwasserschiff vorher noch von ihm gereinigt (ohne Haie 😉)? Finden wir Hubert wieder? Und warum wollen wir mehrere Kilo Honig kaufen? Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Sonnenaufgang am Ankerplatz beim Mittelpass von Tahanea

Von Moorea zurück in die Tuamotus

Am Samstag, 15.10.2022 lichten wir nach einem ausgiebigen Frühstück den Anker, schlängeln uns vorsichtig vom Ticki Ankerplatz auf Moorea zur Ausfahrt, setzen Segel und nehmen direkten Kurs auf zu unserem ersten Ziel in den Tuamotus: Makatea. 140 Seemeilen in nordöstlicher Richtung liegen vor uns. Der Wind weht mehrheitlich aus Südosten und mit einem harten Anlieger können wir den direkten Kurs gut halten.

Makatea ist eine spezielle Formation in den Tuamotus. Nicht wie sonst üblich ein Atoll, sondern eine rund 50-80 Meter hohe aus Korallen geformte Platte, die zum Meer hin eine steile Wand aufweist die sofort einige hundert Meter in die Meerestiefe abfällt.

Anfang des 20. Jahrhunderts (1911-1966) wurde auf Makatea intensiv Phosphat abgebaut und die von damals zurückgebliebenen Stollen (teilweise unter Wasser und mit Schnorchel-Ausrüstung erkundbar) und Einrichtungen sind heute für Touristen zugänglich. Ankern geht nicht, es ist zu tief. Es gibt aber 4 Bojen, an denen man das Schiff festmachen kann. Vor unserer Abreise haben wir an den Besitzer der Bojen per E-Mail eine Anfrage geschickt, aber leider nie eine Antwort erhalten (später erfahren wir, dass das Internet auf der Insel ausgefallen war). So wissen wir also nicht, ob wir in Makatea überhaupt landen können oder nicht. Deshalb haben wir unsere Fahrt so geplant, dass wir früh am Morgen in Makatea ankommen. Falls es keine freie Boje hat, käme Plan B zum Zuge: direkt weiter segeln zum nächsten Atoll: Tikehau.

Wir erreichen Makatea kurz nach Tagesanbruch. Leider müssen wir feststellen, dass alle 4 Bojen bereits belegt sind. Schon zirkelt ein fünftes Schiff nervös im Bojenfeld herum und wartet darauf, dass sich eines der festgemachten Boote vielleicht bald bewegt. Wir sehen keine Chance für uns, setzen Segel und nehmen Kurs zum 50 Seemeilen weiter nördlich gelegenen Tikehau. Makatea lassen wir im Kielwasser zurück.
Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir das Atoll Tikehau.

Die beste Einfahrtszeit durch den Pass in Tikehau wäre zwar gemäss der Gezeitentabelle erst um 16 Uhr, aber wir haben Glück: da es in den letzten Stunden nur mässigen Wind hatte, gibt es nur eine leichte auslaufende Strömung von rund 3 Knoten und so wagen wir die Durchfahrt bereits um 15 Uhr. Das hilft uns beim Navigieren im Atoll drinnen, weil die Sonne noch höher steht und wir die überall lauernden Untiefen besser erkennen können.

Wir geniessen das Ankommen auf Tikehau und dürfen einen phantastischen Sonnenuntergang am wunderschönen Ankerplatz direkt nördlich der Einfahrt erleben.
Unfall auf der Lupina! Pia rutscht beim Aussteigen aus dem Cockpit aus und überlastet dabei den Fuss, auf dem sie landet. Verstaucht scheint sie ihn nicht zu haben, aber die vielen Sehnen oder Knochen im Fuss drin haben etwas abbekommen. Doktor Köbi ordnet einen Verband und Schonung an – Landausflüge sind für Pia vorerst gestrichen.
Modernes (Auto) und Traditionelles (Haus) nebeneinander. Das Atoll Tikehau hat eine rundliche Form mit einem Durchmesser von durchschnittlich 28 Kilometer. Die Lagune breitet sich auf rund 460 km2 aus, davon sind rund 20 km2 bewohnbar. Es leben etwas weniger als 600 Einwohner auf dem Atoll. Die Haupteinnahmequelle ist der Tourismus. Fast jede Familie ist irgendwie damit involviert und man spürt deutlich: sie sind glücklich darüber, dass wieder Touristen kommen dürfen.
Das Leben und die Infrastruktur auf Tikehau sind gut organisiert. Als Beispiel sei hier die Wasserversorgung gezeigt. Es gibt vereinzelt Grundwasserfassungen. Da diese aber sehr oft einen zu hohen Salzwasser Anteil aufweisen (besonders nach einem Unwetter), wird zusätzlich das Regenwasser von den Hausdächern in grossen Zisternen aufgefangen und dieses zu Trinkwasser aufbereitet.
Vom Ankerplatz nördlich des Passes verlegen wir zuerst zum Dorf um ein paar Einkäufe zu tätigen und segeln nachher zu einer kleinen Korallen-Insel mitten im Atoll. Auf dem Motu Tohurei geniessen wir unsere eigene kleine Insel und sind mutterseelenalleine.
Nach rund einer Woche zieht es uns weiter ostwärts zum nächsten Atoll. Am Abend fahren wir noch bei gutem Tageslicht aus dem Atoll Tikehau ins offene Meer und kreuzen dann gegen den Wind auf zum Atoll Rangiroa. Die direkte Linie wäre nur rund 35 Seemeilen, da aber der Wind genau aus dieser Richtung weht, werden es schlussendlich etwas mehr als 100 Seemeilen, die wir durchs Wasser pflügen, bis wir am Ziel sind. Macht nichts, denn auch hier müssen wir wieder darauf achten, dass die Gezeiten passen und keine zu starke Strömung im Pass herrscht. Kurz nach Ebbe, bei einlaufender Strömung, klappt es aber wiederum perfekt.
Auf dem Ankerplatz beim Tiputa-Pass (Rangiroa) treffen wir zum ersten Mal in den Tuamotus Kreuzfahrtschiffe an. Sie ankern direkt hinter unserem Ankerfeld, das mit rund 25 anderen Segelschiffen gut belegt ist.
Rangiroa ist das grösste Atoll in Französisch-Polynesien und das zweitgrösste weltweit (das weltgrösste ist das Kwajalein Atoll auf den Marshall-Inseln): 1’640 km2 gross, wovon nur 79 km2 bewohnbar sind. Es leben rund 2’700 Einwohner auf dem Atoll, Haupteinnahmequelle ist auch hier der Tourismus. Bei einem kurzen Landgang (Pia humpelt trotz ihrem lädierten Fuss auch schon wieder mit) blicken wir unter anderem hinter die Fassade und erschrecken zuerst ein wenig. Wir treffen überall viel Verwüstung und Zerstörung an. Uns wird dann aber schnell klar, dass dies die Spuren eines Sturmes oder sogar eines Zyklons sein müssen. Das wunderschöne Gebiet der Tuamotus wird immer wieder von Wirbelstürmen heimgesucht. Orkanartige Winde und bis zu 10 Meter hohe Wellen treffen hier auf wenig Gegenwehr und holen sich jedes Jahr immer wieder ihren Zoll. Die Bewohner sind zu bedauern und wir haben grossen Respekt vor ihrer Energie und dem Mut, immer wieder alles neu aufzubauen nach einer solchen Verwüstung.
Telephon-Kabinen finden sich überall in Französisch-Polynesien – und die meisten funktionieren sogar noch. Diese aber definitiv nicht mehr – die Vegetation kämpft sich unaufhaltsam zurück!
Nebst tristen Zeugen der Verwüstung finden wir in Tiputa aber auch bereits wieder wunderschön hergerichtete Pensionen und kleine Restaurants.
Der regelmässige Austausch des Wassers im Innern eines Atolls mit frischem Meerwasser sorgt auch für eine fantastische Unterwasserwelt. In Rangiroa mit seiner riesigen Fläche kann man sogar vom Meer im Meer sprechen und die Artenvielfalt an Lebewesen ist einzigartig. Direkt beim Tiputa-Pass befindet sich eine wunderschöne Korallenlandschaft, «L’Aquarium», wo ein informativer Lehrpfad für Schnorchler eingerichtet ist. Wir sind regelmässige Besucher und treffen unheimlich viele Fische an. Hier ein paar Beispiele: Buckel Schnapper (silbrige Farbe, engl.: Humpback Snapper) und ein Vertreter aus der Familie der Papageienfische (dunkel, engl.: Parrotfish)
Weisspunkt-Kofferfisch (engl.: Spotted Boxfish)
Doppelsattel-Falterfisch (engl.: Pacific double sattle butterfly fish)
Wir verbringen herrliche Tage am Ankerplatz beim Tiputa Pass (Rangiroa).
Wir segeln 17 Seemeilen südwärts über das Atoll zum südlichen Riff und treffen das Paradies auf Erden an. Lupina liegt ganz alleine vor Anker in 5 Meter tiefem türkisfarbenen Wasser der Lagune. Hier ist das Riff immer wieder unterbrochen durch flache Stellen, wo frisches und glasklares Meerwasser, vor allem bei Flut, über das Riff in die Lagune fliesst.
Wir erkunden diese flachen Durchlässe im Riff mit Dinghi oder SUP
Das Spezielle an diesem Riff im Süden von Rangiroa ist das Vorhandensein der ursprünglichen Lavaformationen. Die Lava, die sich heissflüssig ins Meerwasser ergossen hatte und von diesem sehr schnell abgekühlt wurde, liegt hier zum Teil noch auf der Oberfläche. Scharfkantig und durchlöchert trotzen die Reste der Lavaformation auch die nächsten Jahrtausende der Erosion durch Wind, Sonne und Welle.
Natur zum Geniessen
Ich hab’s vorhin bereits erwähnt: das Paradies auf Erden. Ich könnte auch schreiben: Schlaraffenland. Die riesigen Palmenbestände auf den Motus werden hier auf Rangiroa meist nicht mehr für Copra-Abbau genutzt und sind am Verwildern. Eine perfekte Gelegenheit für uns, unseren Kokosnussbestand an Bord unserer Lupina wieder aufzustocken.

Wir sind mehrere Tage ganz alleine am südlichen Aussenriff. Tagsüber kommen ab und zu Boote mit Touristen vorbei. Sie laden ihre Gäste auf einem der vielen Motus aus und überlassen sie der Natur. Immer ist ein Führer dabei, der den Leuten die Natur erklärt und ihnen die Kniffe und Tricks zu einem erfolgreichen Robinson Leben beibringt. Sehr spannend, finden wir! Spätestens am frühen Nachmittag aber wird wieder eingesammelt, was noch zu finden ist 😉 und dann sind wir wieder ganz alleine mit unserer Lupina. Wir saugen diese fantastische Atmosphäre mit jeder Faser unseres Herzens auf. Es ist einfach nur schön!

Trotzdem müssen wir langsam ans Weiterreisen denken. Ab November, also ab jetzt, muss man in diesen Breiten mit Tropenstürmen (Zyklonen) rechnen. Je weiter südöstlich wir uns befinden, umso geringer wird die Wahrscheinlichkeit, von solch einem Sturm erfasst zu werden. Heute sind wir deshalb zurück zum Tiputa Pass gesegelt und bereiten uns hier vor für das nächstbeste Wetterfenster, das uns weiter nach Südosten bringt.

Wohin geht die Weiterreise? Östlich nach Apataki, oder südöstlich nach Toau, oder direkt bis Fakarava?? Der Wind wird es uns weisen.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Arbeit in Tahiti – Vergnügen in Moorea

Am 22. September 2022 morgens früh klettern wir nach rund 36 Stunden Reisezeit aus der Schweiz kommend in Papeete wieder auf die Lupina. Es geht ihr gut! Es hat in unserer Abwesenheit zwar immer wieder mal stark geregnet, und die Luftfeuchtigkeit in Tahiti ist relativ hoch, aber der von vielen gefürchtete Schimmel hat uns auch diesmal wieder verschont. Auch der Bewuchs am Schiffsrumpf hält sich sehr in Grenzen, da das Wasser in der Marina aussergewöhnlich sauber ist. Wir sind glücklich, wieder auf der Lupina zu sein. Schnell sind die Koffer mit den persönlichen Effekten ausgepackt. Auch der Koffer mit den Ersatzteilen wird ausgeladen und für einen kurzen Moment sieht es bei uns im Salon wie in einem Eisenwarengeschäft aus.

Als erste Aktion gilt es, uns mit frischen Lebensmitteln einzudecken. Das machen wir auf dem lokalen Markt, wo wir Gemüse und Früchte in Hülle und Fülle finden.
Auf dem Markt in Papeete immer präsent: Blumenverkäuferinnen.
Fische und Krustentiere direkt vom Fischer selber.
Und dann beginnen wir, die mitgebrachten Ersatzteile zu verbauen. Als erstes nehmen wir uns der Arbeit an, vor der wir am meisten Respekt haben. Der Entwässerungsschlauch des Cockpits ist durchgerostet. Ja, du liest richtig! Zur Verstärkung ist ein Draht im Schlauch eingelassen. Dieser hat zu korrodieren begonnen und den Schlauch zum Platzen gebracht (siehe Bild). Weiter nicht schlimm, aber der Schlauch verläuft durch den Motorraum und die Platzverhältnisse sind äusserst eng. Ob wir den alten Schlauch wohl von seinen Anschlüssen losbringen? Mit der Trennscheibe schneide ich den defekten Schlauch vorsichtig auf und mit einer grossen Zange kann ich ihn dann vom Anschluss losbrechen. Der Einbau des neuen Schlauches geht dann ohne Probleme.
Nach der schweisstreibenden Arbeit erholen wir uns bei einem Spaziergang durch die Stadt. Im Zentrum von Papeete verteilt hat es rund 20 registrierte Wandmalereien. Bunt und fantasievoll. Als Beispiel dafür das Bild «die liegende Frau»
Als nächstes kommt die Ankerkette dran. Eine neue Kette ist bestellt, aber sie wird es nicht in nützlicher Zeit nach Papeete schaffen und wir lassen sie uns nach Gambier nachschicken. Wir entscheiden uns, die alte Kette zu drehen, so dass der am meisten von Korrosion befallene Teil im Ankerkasten liegen bleibt. So können wir sie noch benutzen, bis wir die neue Kette erhalten. Hier baue ich den Anschluss der Kette am Anker auseinander …
… drehe dann die Kette um und befestige sie im Ankerkasten
Zwischendurch immer wieder einen Erholungstag einschalten. Wir haben Zeit, der Rigger für die Reparatur der angerissenen Wanten hat sich erst auf den 30. September angemeldet. Hier machen wir eine Wanderung zu einem nahen Aussichtspunkt (Croix jubilaire, Papeete) mit schöner Sicht über das Hafenbecken von Papeete und zur Nachbarinsel Moorea.
Und dann geht’s plötzlich schneller als gedacht. Ein Job ist ausgefallen und der Rigger zieht uns vor. Drei Tage früher als geplant kommt er morgens früh mit den neuen Wanten auf unser Schiff.
Der Chef und sein Mitarbeiter gehen sehr systematisch und präzise vor. Sie arbeiten sauber, schnell und sicher (der eine ist ein Grossteil der Zeit hoch oben im Mast!). Nach etwas mehr als einem halben Tag sind alle 4 Unterwanten und die beiden Hauptwanten ersetzt, das ganze Rigg nachgespannt und richtig eingestellt. Diese Firma, «Fenua Rigging», können wir nur empfehlen.
Und wieder ein Erholungstag. Diesmal mit der Crew von der SY Pasito, Chris und Ruedi. Wir mieten gemeinsam ein Auto und fahren auf die Nordseite von Tahiti. Da biegen wir bei Papenoo ins Landesinnere ab und fahren so weit, wie es die unbefestigte Strasse erlaubt, dem Papenoo Fluss entlang das Tal hoch. Nach rund 10 Kilometern parkieren wir das Auto und steigen einen Nebenfluss hoch in den «Parc Naturel Te Faa Iti». Ein sehr spannender und abenteuerlicher Wanderweg, der den Fluss insgesamt 10-mal überquert.
Die Steine sind zum Teil glitschig und das Wasser an einigen Stellen hüfthoch. Aber mit vereinten Kräften schaffen wir es gut durch den Dschungel
Die letzte Arbeit ist die schönste: wir verleihen unserer Lupina eine Verzierung. Die Folien dazu hat uns Dani Stadelmann bei unserem Heimurlaub hergestellt. Vielen Dank, Dani!
Und dann ist es soweit: alle geplanten Arbeiten sind ausgeführt, Kühlschränke wieder voll und alle Systeme getestet. Die Lupina ist segelbereit. Wir geniessen den letzten Sonnenuntergang in der Marina von Papeete
Und am nächsten Tag, es ist der 4. Oktober 2022, segeln wir los zur rund 15 Seemeilen entfernten Insel Moorea. Kurz vor dem Ziel werden wir von einem Buckelwal und seinem Jungen überrascht, ja „überrumpelt“ wäre wohl der bessere Ausdruck. Wir sind so fasziniert von den nur knapp 20 Metern neben unserem Schiff auftauchenden Säugetieren, dass wir komplett unsere Kameras vergessen. Dieses Bild eines Buckelwales haben uns dann Segelfreunde zur Verfügung gestellt. Was wir gesehen haben, bleibt für immer in unserer Netzhaut eigebrannt (wie eine Seglerkollegin meint)
In Moorea gehen wir zuerst am Aussenriff der Cooks Bay vor Anker
Moorea ist die kleinere Schwester von Tahiti und liegt in Sichtweite Tahitis, von der Westküste nur durch eine Meerenge von 17 Kilometern getrennt. In der Legende heisst es, Moorea sei die Rückenflosse eines grossen Fisches. Die Insel hat etwa die Form eines auf der Spitze stehenden, gleichseitigen Dreiecks, in dessen nördliche Seite die beiden Buchten Baie de Cook (Cooks Bay) und Baie d’Opunohu tief einschneiden. Ein V-förmiger, durchschnittlich 800 Meter hoher Gebirgszug (Rand des früheren Kraters) teilt die Insel in eine Nord- und Südhälfte und wirkt gleichzeitig als Wasserscheide. Haupteinnahmequelle ist seit den 1960er Jahren der Tourismus. Ein amerikanisches Unternehmen baute 1961 das Bali-Hai-Hotel, das erste Luxushotel von Moorea, an der Nordküste. Seitdem hat der Tourismus beständig zugenommen, sodass mittlerweile – wie in einigen Reiseführern behauptet wird – Moorea angeblich mehr Touristenhotels hat als Tahiti. Dementsprechend ist auch die den Tourismus begleitende Infrastruktur viel präsenter als in Tahiti.
Da wir ein «Ship in Transit» sind konnten wir im Hauptzollamt in Papeete die Bewilligung für das zollfreie Betanken unserer Lupina erlangen. Ein einfacher und unbürokratischer Prozess. Die Bewilligung ist für 6 Monate gültig und reduziert den Säulenpreis um rund 30%. Hier betanken wir unsere Lupina am Mobil-Tankstellensteg in der Cooks Bay, Moorea
Nach 2 Tagen vor Anker am Aussenriff verlegen wir in den Scheitel der Cooks Bay. Die Szenerie ist fantastisch. Das Postkartenmotiv der tiefblauen Bucht mit weissen Segelyachten und dem 830m hohen, dicht bewachsenen Mont Mouaputa im Hintergrund ist wohl das am häufigsten fotografierte Südseebild überhaupt. Auf Moore wurde ein grosser Teil des Filmes «Meuterei auf der Bounty» gedreht.
Für den Menschen gefährliche Tiere gibt es auf Moorea nicht. Auf unserer ersten Wanderung wollen wir unsere Füsse in einem klaren Bach etwas abkühlen. Erschrecken dann aber ordentlich: unter der Uferböschung und unter dem kleinen Wasserfall hat es zwischen 1.5-2 Meter lange Süsswassermuränen. Mindestens 6 an der Zahl, wo wir ins Wasser steigen wollen. Wir lassen es bleiben 😉
Wir befinden uns auf einer Wanderung zu den Ananas Plantagen, die sich im inneren des Kraters befinden. Da es hier regelmässig regnet ist das Grün der Pflanzen satt und voll. Im Hintergrund der Mont Rotui
Bis zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts wurde auf Moorea noch Kaffee angebaut. Durch den Verfall der Kaffeepreise ist das nicht mehr lohnend und der Anbau landwirtschaftlicher Exportgüter wurde auf die sehr begehrte Tahiti-Vanille und Ananas (Bild) umgestellt. Klima und Boden sind hier nahezu perfekt für diese beiden Pflanzen.
Pizza gibt’s auf der ganzen Welt, auch hier auf Moorea. Chris (SY Pasito) und Pia strahlen um die Wette.
Ich strahle auch, obwohl ich mich da sichtlich abrackern muss. Aber es lohnt sich! In der lokalen Fruchtsaft- und Rum-Fabrik «Rotui» habe ich gerade einen Grosseinkauf getätigt: 2×5 Liter Flaschen braunen Rum 😊😊
Die «Rotui» Fabrik stellt Fruchtsaft für ganz Französisch-Polynesien her.
Nach ein Paar Tagen in der Cooks Bay verlagern wir in die etwas weiter westlich gelegene Baie d’Opunohu. Auch hier zeigt sich ein fantastisches Naturbild.
In der Baie d’Opunohu treffen wir Nico. Er hat während unseren Ferien in der Schweiz aufs Schiff aufgepasst und ist dazu regelmässig mit der Fähre von seinem aktuellen Wohnort auf Moorea nach Papeete gefahren. Hier zeigt er uns seinen Lieblings-Aussichtspunkt auf dem Magic Mountain.
Vom Magic Mountain hat man eine fantastische Aussicht auf die Baie d’Opunohu mit dem Mont Rotui (899m hoch) im Hintergrund
Für die Benutzung des sehr gut ausgebauten Wanderweges auf den Magic Mountain zahlt man einen kleinen Beitrag (rund 2 Dollar pro Person). Im Preis inbegriffen ist eine kleine Degustation von lokalen Früchten und selbst hergestellter Konfitüre. Sehr sympathisch, finden wir.
Neuer Tag, neue Wanderung. Diesmal nur Pia und ich. Wir wandern von der Baie d’Opunohu zum Aussichtspunkt Bellvedere im Innern der Insel. Zuerst führt uns der Weg der topfebenen Talsohle entlang in Richtung Zentrum der Insel.
Nach einer knappen halben Stunde gelangen wir in Dschungelwald und der Weg beginnt sanft anzusteigen.
Auf etwa halber Distanz kommen wir an gut erhaltenen, alten Kultstätten vorbei. Im einst dicht besiedelten Opunohu-Tal errichteten die polynesischen Ureinwohner zahlreiche dieser Kultplattformen (marae)
Aussichtspunkt «Bellvedere». Wir erwandern ihn in knapp 2 Stunden durch wunderschöne Waldlandschaft. Die meisten anderen Besucher kommen mit Bussen, Autos, Quads oder sonstigen Fahrzeugen. Jedem das Seine 😉
Wir haben noch nicht genug, wandern weiter zum nächsten Aussichtspunkt «Trois Cocotiers». Der Höhenweg dorthin führt auch hier durch Urwaldgebiet. Auf etwa halber Strecke hören wir ein rhythmisches Klacken, das beim Näherkommen immer lauter wird. Ein Mann und eine Frau schlagen mit ihrer Machete eine uns nicht bekannte Frucht auf und sammeln die so freigelegten Kerne. Diese seien essbar, antworten die Beiden auf unsere Frage, man müsse sie allerdings 5-7 Stunden kochen. Den Namen der Frucht haben sie uns auch genannt, ist uns aber leider wieder entfallen.
Der Aussichtspunkt «Trois Cocotiers» selber enttäuscht uns dann ein wenig, da die so viel gerühmte Aussicht recht stark durch Bäume eingeschränkt ist. Umso mehr begeistert uns aber der üppige Wald mit seiner unglaublich grossen Artenvielfalt. Hier sind wir bereits auf dem Rückweg.
Dort oben, am Fusse dieses Berges (Mont Mouaroa, 880m hoch), also etwa beim Hutrand, war er, unser Aussichtspunkt.
Schön war sie, die Wanderung, aber anstrengend – vor allem für unsere Schuhe! Beide haben wir unsere Schuhsohlen verloren. Zum Glück konnten wir sie unterwegs behelfsmässig fixieren und ohne Probleme bis zur Lupina zurückkehren.
Und natürlich gibt’s ja auch noch das Meer. In der Bucht drin ist es etwas weniger interessant zu schnorcheln, weil der Grund schlammig ist und das Wasser daher sehr dunkel wirkt. Deshalb verlagern wir zum Schluss unseres Aufenthaltes auf Moorea noch zum Tiki Ankerplatz.
Dieser Ankerplatz ist mitten im Riff draussen und heisst so, weil hier Tiki Figuren im Wasser versenkt sind. Diese Figuren wurden von lokalen Künstlern um die Jahrtausendwende hergestellt und dann hier im Meer versenkt. Einerseits üben sie heute eine touristische Anziehung aus, andererseits sollen sie an ihre Vorfahren erinnern. Als Polynesien nämlich von Europäischen Missionaren überrannt wurde, wurden die Einwohner ihrer eigenen Religion beraubt. Sie mussten alle ihre «abergläubischen» Kulturgüter vernichten, so auch die Tikis. Die schlauen Mooreaner versenkten ihre Tikis in den Einfahrten durch das Riff – in der Überzeugung, dass sie ihnen in Zukunft sichere Passagen durch die gefährlichen Gewässer bringen würden.
Schnorchel- oder Tauchgänge garantieren hier die Sichtung von Rochen …
…Schildkröten …
… Haifischen (Schwarzspitzen-Riffhai) …
… und Touristen. Dieses männliche Exemplar wird gerade von seiner Frau mit den Füssen auf den Meeresboden gedrückt, so dass er diesen handzahmen Stachelrochen auf Augenhöhe fotografieren kann 😊

Obwohl es hier auf Moorea noch viele Dinge zu erforschen, erwandern oder geniessen gäbe, zieht es uns weiter. Spätestens im Dezember, zu Beginn der Zyklon-Zeit, wollen wir ausserhalb der gefährlichen Zone sein. Für uns soll Gambier dieser sichere Hafen sein. Bis dorthin werden wir uns über 1’400 Seemeilen südöstlich durch die Tuamotus hangeln, in die Richtung also, aus welcher der Wind mehrheitlich bläst. Nicht einfach, aber machbar, wenn wir die Wetterfenster der für uns günstigen Winde nützen können. So ein Wetterfenster öffnet sich morgen Samstag. Unser nächstes Ziel, das Atoll Makatea, liegt 140 Seemeilen in nordöstlicher Richtung. Der Wind weht ab Samstag aus südöstlicher Richtung, ein direkter Kurs könnte also drin liegen. Ob es klappt kannst du direkt live auf «unserer Position» verfolgen.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Auf geht’s in neue Abenteuer!!

Zurück auf der Lupina in Papeete

Am 19. August 2022 landen wir spät abends auf dem Flughafen in Basel. Unsere lieben Freunde Mandy und Dani, bei denen wir auch wohnen dürfen, holen uns per Auto ab (das ist leicht untertrieben, eigentlich müsste ich schreiben «Staatskarosse»😊, denn es ist ein schwarzer Suburban, so wie ihn der CIA fährt) und so schaffen wir es noch knapp vor Mitternacht in unser «Asyl».

Das Dorf Wölflinswil im Fricktal (Kanton Aargau, Schweiz), wunderschön eingebettet in die Tafeljuralandschaft, ist für die nächsten 6 Wochen unsere Basis
Bei Mandy (Bild) und Dani Stadelmann geniessen wir bei unseren Heimurlauben jeweils Gastrecht. Wir werden nach allen Regeln der Kunst verwöhnt – das Bild vom mit Bier und Wein gefüllten Kühlschrank behalte ich für mich 😉
Schon am ersten Tag nach unserer Ankunft geht es zum neuesten Mitglied unserer Familie. Alina hat sich am 30. Juni in unsere Welt gestrampelt. Nun dürfen wir sie zum ersten Mal treffen, sie fühlen, riechen und knuddeln. Ein wunderschönes Erlebnis.
Nebst neuen Weltenbürger begutachten darf ich am neuen Wohnsitz der jungen Eltern gleich noch Gärtnerhand anlegen: Unkraut ausreissen und einen kleinen Holzzaun verlegen.
Natürlich nehmen wir einige Gewohnheiten vom Schiff mit nach Hause: der Sundowner darf nicht fehlen. Ich geniesse es, dazu ein Feuer anzufachen und ein paar Würste auf den Grill zu legen.
Oft ist es nicht ganz klar, wer nun Geschichten erzählt: wir den Grosskindern, oder die beiden Mädchen uns. Egal: es ist jedes Mal ein schönes Erlebnis, wenn wir Zeit mit ihnen verbringen können (und die Eltern dürfen ein paar Stunden Auszeit geniessen). Da sie im Nachbardorf leben, sehen wir sie sehr oft.
Schon während der ersten Heimwoche meldet sich Besuch an: Barbara und Ralph von der Segelyacht Lille Venn melden sich und kommen zu Besuch . Die beiden Segler aus Möhlin haben ihr Schiff auf der Karibikinsel Carriacou eingestellt und sind ebenfalls auf Heimurlaub.
Wir machen eine Ausfahrt in die Ostschweiz, in die wunderschöne Munot Stadt Schaffhausen. Hier besuchen wir Nadine und Thomas (SY Seaborne). Sie hatten uns damals auf der Insel Grand Cayman auf ihrem Katamaran mitgenommen ins Riff hinaus, um uns den Weg zu Stingray City zu zeigen. Später sind wir dann auf der gleichen Strecke nochmals mit der Lupina dort hinausgefahren. Nicht nur darüber reden wir, es gibt auch sonst viel untereinander zu erzählen. Dabei werden wir kulinarisch sehr verwöhnt.

Während unserer Ferien zu Hause treffen wir alle unsere Familienmitglieder. Dazu müssen wir zum Glück nicht allzu grosse Distanzen zurücklegen. Ausser Angela, Pia’s Tochter (sie lebt in München), leben alle im Umkreis von 10 Kilometern, die meisten im selben Dorf. Am Geburtstagsfest von Pia’s Mutter sehen wir auch einen erweiterten Teil der Verwandtschaft ihrer Seite. Es ist immer schön, nach so langer Zeit Menschen treffen zu dürfen, die uns lieb geworden sind. Leider sehen wir diesmal meinen Bruder Christoph nicht mehr. Er ist einen Monat vor unserer Rückkehr seinem Krebsleiden erlegen.

Nebst Erledigung des im Verlaufe des Jahres aufgestauten Bürokrames (es wird immer weniger, da wir bereits unterwegs immer mehr elektronisch erledigen können) bestellen wir diverses Material für unser Schiff. Es ist sehr kostspielig, uns Sachen nach Französisch-Polynesien schicken zu lassen. Ich habe eine Zeitlang alle Hände voll damit zu tun, alles so zu koordinieren, dass das bestellte Material rechtzeitig bei uns eintrifft. Nur so können wir das Gewicht unseres Gepäckes optimieren und den freien Raum noch mit Schokolade (Ragusa natürlich) und anderen Goodies ergänzen. Ein paar Tage vor dem Ende unserer Ferien schaffen wir es, mit Koffern und Handgepäck exakt das erlaubte Gewicht zu treffen.

Am Wochenende bevor wir wieder in die Südsee entschwinden treffen wir uns im Deutschen Neuenburg am Rhein ein weiteres Mal mit Seglern. Diesmal sind es die beiden Crews von den Segelschiffen Tiger Blue (Martina und Christian) und SY Karl (Silke und Hans). Wir haben sie 2018 auf den Kanaren getroffen, und sie haben uns dann 2019 auf der Lupina in Puerto Rico besucht (Bild von rechts: Hans, Martina, Christian, Silke, Pia, Köbi). Martina und Christian sind hier aufgewachsen und übernehmen natürlich die Reiseleitung 😉. Vielen Dank für den eindrücklichen Besuch des Schlosses Bürgeln und die Organisation unseres Treffens.
Direkt vom Deutschen Neuenburg am Rhein geht’s an den Genfersee. Ihr seht, es zieht uns immer wieder ans Wasser 😉. In Vevey besuchen wir unsere treue Matrosin Nelly – und wir erwischen einen Prachtstag. Im Bild der Yachthafen von Vevey, weit über dem Genfersee im Hintergrund grüsst der Bergzug Dents-du-Midi
Nelly hat schon zweimal als Matrosin angeheuert auf der Lupina. Und wer sich erinnern mag: ja, es ist die Besucherin, die gemeint hat, es hätte ihr zwar sehr gefallen, aber ohne Sturm sei es ein wenig langweilig für sie und die Lupina 😊😊.

Nach fast 6 Wochen geht unser Heimurlaub zu Ende. Die Lupina lag in dieser Zeit gut vertäut und regelmässig kontrolliert von einem guten Freund (vielen Dank, Nico!) in der Marina von Papeete. Wir sind gespannt, wie es ihr geht. Regelmässig schickte er uns einen Zustandsbericht und es war immer alles in bester Ordnung. Das lässt uns am 21. September 2022 ruhig in den Flieger steigen. Von Basel via Paris und Los Angeles nehmen wir mit maximalem Gepäck vollbepackt die lange Reise in Angriff. Rund 31 Stunden Reisezeit (über 22 Stunden reine Flugzeit) gilt es zu bewältigen. Ohne Zwischenfall landen wir früh am Morgen des nächsten Tages (lokale Zeit) pünktlich in Papeete, und zu unserer Erleichterung finden wir auch alle unsere mit Ersatzteilen vollgestopften Koffer auf dem Förderband vor.

Zurück in Tahiti – sympathischer Empfang am Flughafen

Zurück auf dem Schiff finden wir alles in bester Ordnung vor. Lupina liegt im Wasser so, wie wir sie verlassen haben. Nun wartet aber Arbeit auf uns: die mitgebrachten Ersatzteile wollen verbaut werden. Zudem kommt bald der Rigger aufs Schiff, um die von ihm festgestellten Schadteile zu ersetzen oder zu reparieren. Dann sind wir bereit für neue Abenteuer.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Von Fakarava nach Tahiti

Fakarava – Toau: Die Ausfahrt aus Fakarava ist breit und tief. Anders ist es jedoch im neuen Atoll, Toau. Hier ist die Einfahrt zwar auch genügend tief, aber relativ eng, und die Gezeitenströme können je nach Windsituation sehr stark sein. Gemäss aktueller Gezeitentabelle und dem Strömungs-Berechnungsprogram «Guestimator» soll die auslaufende Strömung um die Mittagszeit kippen. Unser Plan ist, die Lupina kurz nach Mittag von der dann erst schwach einlaufenden Strömung ins Atoll schieben zu lassen. Der Wind wird seitlich blasen, also erwarten wir keine allzu grossen Probleme wegen der Wellen.

Wie am Vorabend abgesprochen lichten wir am 26.7.2022 am frühen Vormittag in Fakarava den Anker und segeln rund 1 Stunde bis zur Ausfahrt, die wir mit Motorunterstützung auch problemlos passieren können. Von da schiebt uns leicht achterlicher Wind unter vollen Segeln die 15 Seemeilen bis zur Einfahrt von Toau. Hier treffen wir perfekte Bedingungen an. Die Strömung hat gerade gedreht und ist am Einlaufen. Es hat zwar viele Wirbel im Wasser, aber die Wellen halten sich in Grenzen. Ohne Probleme passieren wir unter Motor die Einfahrt und biegen nach der Lücke im Riff gleich wieder nach Süden ab. Jetzt wieder unter Segeln nähern wir uns vorsichtig (nicht kartographierte Korallenblöcke verlangen unsere volle Aufmerksamkeit!) unserem geplanten Ankerplatz.

Ankerplatz in der südöstlichen Ecke von Toau. Zu unserer Überraschung finden wir dort 5 neuere, sehr robuste Moorings (Festmacherbojen), von denen wir uns gerne eine angeln, und so unserem Anker zur Abwechslung eine Ruhepause gönnen können (Lupina am rechten Bildrand)
Dinghi Anleger in der Südsee (vor dem Motu Otohorau an der südöstlichen Ecke von Toau)
Obwohl der Wind zeitweise tüchtig zulegt (dauerhaft über 20 Knoten) sind wir durch die Palmeninsel gut geschützt und wir können unsere Lupina getrost an der Boje zurücklassen und täglich einen Landgang unternehmen.
James Cook war der Erste, der das Atoll im April 1774 gesichtet hat. In alten Karten ist das Atoll mit dem Namen «Elizabeth» verzeichnet. Das einzige Dorf ist «Maragai» auf der gleichnamigen Insel im Osten des Atolls (ganz oben im Bild). Zur Volkszählung 2002 wurden hier noch 24 Einwohner gezählt, laut Volkszählung 2012 jedoch nur noch 18. Die Bewohner leben hauptsächlich von Fischzucht, ebenso wird nach Perlen getaucht und Kopra aus Kokosnüssen hergestellt (Quelle: Wikipedia).
Bei unseren Landgängen treffen wir leider keine Einheimischen an, dafür viel angeschwemmtes Material, welches das Meer den Fischern und Perlentauchern entrissen und nun wieder angespült hat.
Am Ufer vor dem Bojen Feld finden wir dieses Schild, worauf geschrieben steht: «Herzlich willkommen! Können Sie bitte ein paar Kokosnüsse aufschlagen für meine jungen Hühner und das kleine Gärtchen wässern! Vielen Dank!» Machen wir doch gerne! Bei den zurzeit verlassenen Hütten finden wir ein kleines Hühnergehege. An der Hauswand angelehnt eine schwere Eisenstange, die vorne mit einer breitgehämmerten Spitze versehen ist. Leicht lassen sich damit ein paar von den überall herumliegenden Kokosnüssen aufbrechen. Wir erkennen im Hühnerstall an den vielen leer gepickten Nussschalen, dass offenbar auch andere Segler vor uns das Schild gelesen und die Hühner gefüttert haben. Hinter einer der Hütten steht ein grosses Fass aus schwarzem Kunststoff, das vom Dachwasser gut gefüllt ist. Pia findet eine selbstgebastelte Giesskanne und wässert damit die Hochbeete, die der uns unbekannte Besitzer liebevoll mit Kräutern und Gemüse angepflanzt hat.

Der Wind bleibt konstant deutlich über 20 Knoten und wir verharren ein paar Tage länger an der gut geschützten Boje. Über das Riff hinweg sehen wir den hohen Seegang, der ausserhalb des Atolls herrscht. Den wollen wir uns nicht antun. Unser nächstes Ziel, die Gesellschaftsinseln, die sich westlich an die Tuamotus anschliessen. Tahiti, die Hauptinsel, liegt rund 250 Seemeilen in südwestlicher Richtung. Der Wind bläst zwar vom Osten aus einer idealen Richtung, aber es herrscht eine hässliche Kreuzsee: Wellen aus Südwesten (erzeugt von einem nachlassenden Sturm weit im Süden) treffen auf die Wellen aus dem Osten, die vom Passatwind aufgebaut werden. Der Pazifik in dieser Gegend ist alles andere als ruhig und friedlich! Erschwerend kommt hinzu, dass wir hier kein Internet haben und der Zugang zu verlässlichen Wetterdaten stark eingeschränkt ist. Über unser SSB Funkgerät können wir aber regelmässig Windvorhersagen für das Gebiet abrufen. Als der Wind dann endlich nach ein paar Tagen anhaltend unter 20 Knoten sinkt und sich die Wellen etwas beruhigen, lösen wir uns von der Boje und machen uns auf nach Tahiti.

Die 250 Seemeilen lange Strecke vom Atoll Toau nach Tahiti

Mit frisch gereinigtem Unterwasserschiff und für die nächsten 2 Tage vorgekochtem Essen machen wir uns am 31.7.2022 um 10 Uhr auf den Weg. Schon direkt nach dem Bojen Feld setzen wir die Segel und fahren zur Ausfahrt. Diesmal haben wir es so geplant, dass wir bei leicht auslaufender Strömung durch den Pass fahren können.

Die Bedingungen sind so ideal, dass wir ohne Hilfe des Motors, nur unter Segeln, die Durchfahrt problemlos schaffen.

Für die ganze Distanz geben wir uns 2 volle Tage, haben also viel Zeit und können die Segel sehr defensiv setzen. Wir fahren anfänglich mit gereffter Genua, später sogar nur mit dem Kuttersegel und machen trotzdem genügend Fahrt. Nach der Ausfahrt müssen wir das Atoll zuerst nördlich umfahren, bevor wir direkten Kurs nach Tahiti absetzen können. Die Wellen sind in diesem Bereich angenehm, da das Atoll den Schwell aus Südwesten gut abdeckt. Als wir uns am Nachmittag dann mehr und mehr vom Atoll entfernen und auf das offene Meer bewegen, verlieren wir diesen willkommenen Schutz. Die bis zu 4 Meter hohen Wellen packen unsere Lupina immer wieder heftig. Sie rollt und stampft, wird hoch auf einen Wellenberg gehoben um gleich darauf tief unten in einem Wellental zu verschwinden. Pia, bis dahin ohne jegliche Probleme, wird seekrank und muss sich hinlegen. Während der ersten Nacht muss sie denn auch passen und kann keine Wache schieben. Mit dem ersten Tageslicht am nächsten Tag fühlt sie sich dann aber rasch wieder besser: die Kreuzsee lässt allmählich nach.

Nach fast 2 Tagen auf See erreichen wir bei Tagesanbruch Tahiti und machen uns auf die Suche nach einer Marina. Wir hatten vorgängig versucht, uns einen Platz zu reservieren. Leider nimmt keine der Marinas Reservierungen entgegen. So laufen wir auf gut Glück zuerst die grösste Marina (Marina Taina) im Westen von Tahiti an. Dort werden wir abgewiesen. In der Marina Papeete werden wir dann fündig und erhalten nach ein paar logistischen Winkelzügen des Marina Personales einen Liegeplatz – mitten in der Hauptstadt.

Empfang in Papeete – mit einem herzlichen Lächeln
Wir haben ja noch in den Marquesas festgestellt, dass unser Rigg gebrochene Drähte in einer Hauptwant und einer Unterwant aufweist. Das ist sicherheitsrelevant! Deshalb organisieren wir, kaum angekommen, eine Inspektion unseres Riggs. Es ist nicht einfach, in dieser Gegend der Erde gut ausgebildete Fachleute zu finden. Meist gibt es sie schlicht und einfach nicht. Dann ist vielleicht ein anderer erfahrener Segler die beste Alternative, die man hat. Wir aber haben Glück, erhalten von anderen Seglern und via soziale Medien eine Adresse, die sich als super erweist. Kompetent, sehr exakt und genau wird unser Rigg von «FENUA-Rigging» untersucht und sein Zustand festgehalten. Zuerst Fixierungen auf Höhe des Decks …
… und dann hoch oben im Mast
Zu zweit diskutieren die beiden Spezialisten an Problemstellen über die Notwendigkeit einer Reparatur oder deren Sinnhaftigkeit. Ich hatte bei unserem Rigg, das zu Beginn unserer Reise vor 4 Jahren in England komplett erneuert wurde, an 3 Stellen Probleme erkannt. Die Spezialisten haben noch 3 weitere Defekte gefunden. Ihre abschliessende Beurteilung: schlechte Materialqualität (was aus ihrer Erfahrung immer häufiger vorkommt) oder schlecht ausgeführte Arbeit. Wir erhalten bereits am Tag nach der Inspektion einen umfassenden Bericht und entscheiden uns für eine Reparatur. Diese werden wir nach unserer Reise in die Schweiz ausführen lassen.

Tahiti zählt geografisch zu dem Archipel der Gesellschaftsinseln (französisch Îles de la Société). Sie ist die grösste und bevölkerungsreichste Insel des Archipels. Tahiti ist eine Doppelinsel aus Tahiti Nui (Gross-Tahiti) und dem kleineren und dünner besiedelten Tahiti Iti (Klein-Tahiti), die durch den Isthmus von Taravao verbunden sind. Die Insel beherbergt etwa 70 % der Gesamtbevölkerung Französisch-Polynesiens. Das hängt wesentlich mit ihrer zentralen Funktion in Politik und Wirtschaft zusammen. Der Lebensstandard ist der höchste in der Region. Die Bevölkerung setzt sich aus 83 % Polynesiern, 11 % Europäern, 4 % Asiaten und 2 % Mischlingen zusammen (Quelle: Wikipedia). Grösste Stadt ist Papeete im Nordwesten von Tahiti Nui, zugleich der Verwaltungssitz von Französisch-Polynesien, mit rund 26’000 Einwohnern.

Hochzeit in Papeete. Die Braut (rechts) mit weissem Kleid und weisser Couronne (Kopfschmuck), die weiblichen Hochzeitsgäste im rot-weissen Dress …
… die Männer in weissen Hemden und Blumenkranz
Die Perlen, die getragen werden, sind natürlich echt!
Hier passt auch mein Hemd 😊😊
Papeete ist modern und aufgeschlossen. Uns fällt auf, dass Strassen und Infrastruktur in einem guten Zustand sind. Auch die Haustechnik ist von guter Qualität und meist in sehr gutem Zustand. Hier sehen wir eine originelle Recycling-Station für Bier (= Pissoir 😊) in einer lokalen Brauerei
Mel und Brian (SY Sava), die wir auf den Marquesas erstmals getroffen haben, laden uns ein auf eine erste Land-Exkursion. Sie haben ein Auto gemietet und wir fahren damit einmal rund um die Insel und machen ein paar Wanderungen. Hier sind wir unterwegs zu einer Kultstätte (Marae).
Monumentale Steinstatue(n) am Marae (=Kultstätte) Arahurahu
Wanderung zu einem der zahlreichen Wasserfälle. Der Wanderweg ist deutlich markiert und die schwierigen Passagen mit Seilen gut gesichert
Mel (links) und Pia an einem Wasserfall von Vaipahi.
Der strömende Regen bei unserer Wanderung durch den Urwald scheint auch gute Laune zu verbreiten
Weniger gute Laune dann dies!! Wieder einmal in einer Marina lege ich die Kette auf den Steg und inspiziere sie Glied um Glied. Rund jedes 10 Kettenglied weist Lochfrass auf (eine spezielle Art von Korrosion bei Edelstahl)
Das am schlimmsten betroffene Kettenglied. Hier haben sich die einzelnen Korrosionslöcher bereits grossflächig zusammengeschlossen und die Materialdicke um mehr als 20% reduziert. Auch das Nachbarglied zeigt ähnliche Spuren (blauer Kreis)

An der Kette zeigt es sich einmal mehr, welch aggressivem Klima das Material eines Segelschiffes ausgesetzt ist. Im Falle der Kette ist es die Kombination von Salzwasser und Temperatur. Die Kette wäre rostfrei. Allerdings gilt das nur für Meerwasser mit Temperaturen unter 25°C. Der Vorbesitzer unseres Schiffes, ein Engländer, hatte bei der Spezifikation nicht gross darauf geachtet, weil in seinem geplanten Segelgebiet die Wassertemperaturen praktisch nie über dieses kritische Niveau stiegen. Bei uns ist das nun anders. Seit mehr als 3 Jahren sind wir in Meerwasser über 25°C. Wir müssen die Kette ersetzen mit einem hochwertigeren Edelstahl.

Ein feines Gipfeli schmeckt doch wesentlich besser als die bittere Pille mit der Kette. Zudem machen wir uns gerade auf, der Lupina 5 Wochen Ruhe zu gönnen, und sie in der Marina Papeete gut vertäut und sicher bis Mitte September alleine zu lassen.
Am 12.8.2022 startet unser insgesamt 28 Stunden dauernde Flug (in Etappen via Los Angeles, Paris, Basel) in die Schweiz.
Die ersten 2 Flugstunden führen uns über die Tuamotus (im Bild eines der insgesamt 76 Atolle), aus denen wir gerade gekommen sind.

Nach rund 4 Stunden Flugzeit befinden wir uns über den Marquesas, wo wir vor den Tuamotus waren. Nach und nach rollen wir unsere bisher in den letzten 4 Jahren zurückgelegte Segelstrecke langsam von hinten wieder auf. Ein sehr eindrückliches Erlebnis, das uns vor Augen führt, wie weit wir bisher gekommen sind.

Und es geht weiter!! Aber zuerst machen wir nun eine kleine Pause. Besuchen unsere Familien und Kollegen in der Schweiz. Hüten und verwöhnen unsere Grosskinder. Seit einer Woche wohnen wir nun bereits bei guten Freunden im Dorf, wo wir herkommen und welches der Namensgeber unserer Lupina ist: Wölflinswil. Wie immer haben wir in den ersten Tagen alles Material, das wir persönlich auf das Schiff mitnehmen können, bestellt. Auch eine neue Kette ist bereits geordert – die lassen wir aber direkt aufs Schiff schicken, 120kg wären dann doch etwas schwer 😉.

Der Schreiberling macht nun auch Pause. Am 18.9.2022 fliegen wir zurück zur Lupina. Dann wird zuerst das mitgebrachte Material verbaut, das Rigg repariert und die Kette ausgetauscht. Danach sind wir wieder startklar und es geht weiter, nordostwärts, zurück in die Tuamotus.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Ia orana Fakarava – maururu!!

Am 30. Juni 2022, nach einem gemütlichen Frühstück vor Anker bei Punaruku am Ost Riff von Makemo gehen wir Anker auf und nehmen die rund 90 Seemeilen lange Überfahrt nordwestwärts nach Fakarava in Angriff. Die Passdurchfahrt im Norden von Makemo ist bei den jetzigen Gezeiten um die Mittagszeit ideal. Wir beabsichtigen, das nächste Atoll an seinem Südende anzusteuern. Dort ist die Einfahrt ebenfalls um die Mittagszeit am besten. Wir hätten also genügend Zeit für eine gemütliche Fahrt. Die Wettervorhersage präsentiert sich aber nicht so toll: starker Wind 20-25 Knoten (zum Glück eher von hinten) und 2-3 Meter hohe Kreuzsee, also Wellen vom Südwesten (Ausläufer eines Tiefdruckgebietes) überlagert mit Wellen von Osten. Die Fahrt dürfte also recht rollig werden. Wir wären lieber erst ein paar Tage später losgesegelt, aber wir haben der SY Maramalda versprochen, das ausgeliehene Werkzeug wieder zurückzubringen. Zuerst ist der Wind aber um einiges schwächer, wie angesagt. Wir setzen nach der Ausfahrt aus dem Makemo Atoll volles Tuch und machen trotzdem nur etwa 3 Knoten Fahrt. Stört uns wenig, wir haben ja Zeit. Gegen Abend legt der Wind kräftig zu und die Wellen treffen uns, nachdem wir aus der Abdeckung von Makemo raus sind, in voller Breite. Obwohl wir mittlerweile das Grosssegel komplett eingerollt haben und auch das Kuttersegel gerefft ist, schiebt uns der Wind mit 6 Knoten durch das Wasser. Wir sind viel zu schnell! Wir rechnen aus, dass wir noch vor Tagesanbruch beim Süd-Pass von Fakarava eintreffen werden. Dann müssten wir im Luv des Riffes warten, bis die Einfahrt möglich ist. Zudem sind Wind und Wellen genau auf die Einfahrt gerichtet. Das könnte bei der engen Einfahrt mit uns unbekannter Strömung gefährlich werden. Mit diesen schwierigen Rahmenbedingungen wollen wir kein Risiko eingehen und entscheiden uns, rund 30 Seemeilen weiter nördlich zu segeln und die viel breitere Einfahrt im Norden von Fakarava anzusteuern. Das hat auch den Vorteil, dass wir, falls wir zu früh sind, auf der Leeseite des Atolls beidrehen und abwarten können. Noch bevor Pia die erste Nachtschicht übernimmt, ändern wir den Kurs aufs neue Ziel, passen das noch verbleibende Kuttersegel dem neuen Kurs an und lassen uns vom heulenden Wind und den dröhnenden fast 4 Meter hohen Wellen in die Nacht rollen.

Kurz nach Sonnenaufgang erreichen wir die Nordküste von Fakarava, drehen bei und warten ab, bis die auslaufende Strömung im Nord-Pass nachlässt. Kurz vor 11 Uhr erscheinen die ersten Tauchboote. Ein klares Zeichen, dass nun die Strömung bald kippen wird – wir nehmen die Einfahrt unter den Kiel. Immer noch blasen 20-25 Knoten, jetzt genau auf die Nase. Die kurzen, 2-3 Meter hohen Wellen im Pass stemmen den Bug unserer Lupina steil in die Höhe um kurz danach, wenn sich der Bug krachend wieder ins Wellental gebohrt hat, meterhoch das Deck zu überspülen. Das ganze Deck ist bis zur Fussreeling mit Salzwasser gefüllt. Wir sind dankbar, dass wir ein starkes Schiff haben.
Fakarava, das zweitgrösste Atoll in Franz.-Polynesien, 60 km lang und 25 km breit, wurde erst 1820 entdeckt. Die späte Entdeckung erklärt sich dadurch, dass die Seefahrer zu Zeiten vor Satellitenbildern, elektronischen Karten und GPS um die Tuamotus wegen ihrer Gefährlichkeit einen riesigen Bogen gemacht haben. Die Inselfläche, also das begehbare Land, beträgt bloss 16km2, die Lagune hingegen 1’153km2. Fakarava ist ein UNESCO Biosphären Reservat. Biosphären Reservate sind ausserordentlich schützenswerte Landschaften oder Meeresgebiete mit ihrer darin vorkommenden Flora und Fauna. Die von der UNESCO lancierten Projekte haben zum Ziel, die Interessen der lokalen Bevölkerung (hier etwas mehr als 800 Einwohner), deren soziale und wirtschaftliche Entwicklung sowie den Naturschutz unter einen Hut zu bringen.
Rund eine Stunde nach der Durchfahrt durch den Nord-Pass werfen wir 6 Seemeilen weiter vor dem Dorf Rotoava den Anker. Ia orana Fakarava (= hallo Fakarava!), wir haben es geschafft! 😊
Wie meist bei einer Ankunft bleiben wir den Rest des Tages auf dem Schiff und beobachten, wie sich das Schiff am Anker verhält. Erst am nächsten Morgen machen wir unseren ersten Landgang und werden, kaum ist unser Dinghi befestigt, von weitem bei unseren Namen gerufen: Ulli und Kirsten (SY Easy), wir haben sie in Bonaire getroffen, erkennen uns sofort wieder. Ein unerwartetes und freudiges Wiedersehen!
Die Rückgabe des ausgeliehenen Werkzeuges (der Grund, wieso wir bei starkem Wind und ungemütlichen Wellen nach Fakarava gesegelt sind) ist rechtzeitig erfolgt. Wir geniessen zum Wiedersehen und gleichzeitigen Abschied von Rita und Daniel noch einmal die leckere Küche auf der Maramalda. Schon am nächsten Tag bricht die Maramalda auf nach Tahiti. Au revoir Maras!
Die grösste Strassenkreuzung, die wir in Fakarava finden können 😊
Das Dorf Rotoava ist etwa 2 Kilometer über das nordöstliche Riffe ausgebreitet. Eine gut gepflegte, geteerte Strasse führt durch das Dorf.
Einmal mehr erstaunt uns der Kinder-Reichtum (schon auf anderen Inseln ist uns das aufgefallen). Hier sind gerade Einige beim Spielen im kühlenden Nass.
Wie auf anderen Atollen werden auch auf Fakarava intensiv Perlen gezüchtet. Das scheint jedoch zumindest für den Moment etwas nachgelassen zu haben. Immer wieder treffen wir auf geschlossene Perlenfarmen, ihr für die Zucht von Perlen verwendeten Utensilien dekorativ aufgehängte.
Südsee Idylle
Nach ein paar Tagen des Ankommens auf Fakarava verlegen wir von Rotoava nach Hirifa an die Südostecke des Atolls. Es hat zwar viele gute Sandflächen für den Anker, aber auch hier brauchen wir Schwimmkörper (Bojen und Fender), um die Korallenblöcke (dunkler Flecken im Bild) vor unserer Ankerkette zu schützen.
Im Osten des Atolls ist das Riff schmaler als auf der westlichen Seite (auch gut ersichtlich auf dem Satellitenbild), beträgt aber immer noch gut 200 Meter oder mehr. Hier die Riffkante zum offenen Meer …
… und hier der Blick von der gleichen Stelle in Richtung Atoll

Alltag auf dem Schiff
Kürzlich hat uns eine Blog-Leserin gefragt, wie denn so der Alltag bei uns auf dem Schiff aussieht. Nun, wir haben keinen Terminplan, der unseren Tagesablauf bestimmt. Wir stehen auf, wenn uns die Sonne weckt, meist zwischen 7 und 8 Uhr. Während ich meine Morgengymnastik (zur Vorbeugung gegen Rückenprobleme) absolviere, bereitet Pia unser Frühstück zu: selber gebackenes Brot, Butter, Käse (was wir hier so kriegen können – leider nicht unsere Lieblingssorten) Kaffee und Birchermüesli mit selbst kultiviertem Joghurt. Meist noch irgendwelche Früchte, die hier in den Tuamotus aber Mangelware sind. Beim Frühstück unterhalten wir uns über die Tagesaktivitäten. Wir versuchen, immer ein bis zwei Dinge pro Tag zu unternehmen: Landausflug, Schnorcheln, Arbeit am Schiff, Backen, Besuche bei anderen Booten abstatten, Einkaufen und vieles mehr. So um 9 Uhr sind wir fertig mit dem Frühstück (ja, wir nehmen uns viel Zeit dafür 😉) und setzen dann den Plan in die Tat um. Viele der Aktivitäten dauern nicht den ganzen Tag und wir haben noch viel Zeit zum Lesen (vor allem Pia ist ein richtiger Bücherwurm geworden), E-Mails schreiben, im Cockpit sitzen und das Kommen und Gehen anderer Schiffe beobachten, Büroarbeiten erledigen. Büroarbeit? Ja, auch das gibt es! So wie du zu Hause Post kriegst (Rechnungen, Aufforderungen, irgendetwas zu tun, etc.) erhalten auch wir Post. Alles elektronisch nachgeschickt von zu Hause. Dazu müssen wir uns ein funktionierendes Internet organisieren. Das geht mit einer SIM-Karte des Landes, in dem wir uns gerade aufhalten, und/oder gratis per WiFi eines Ladens oder eines Restaurants. Das dauert meist alles viel länger, weil wir immer wieder herausfinden müssen, wie etwas funktioniert. Viel Zeit verbringen wir, uns über Leute und Land, wo wir uns befinden, oder wo wir als nächstes hinfahren wollen, einzulesen und vorzubereiten. Dazu müssen wir auch regelmässig die Wetterentwicklung studieren (per Internet) und die Fahrten planen. Überhaupt braucht alles viel mehr Aufwand als zu Hause. Es kann gut passieren, dass für die Erledigung einer kleinen Arbeit ein halber Tag vergeht. Einfach, weil alles unter erschwerten Bedingungen stattfindet: es wackelt, es ist eng, die Schraube, die ich brauche, habe ich gerade nicht – ich muss also irgendeine andere Lösung basteln, die Bürste, die ich benutzen will, liegt zuunterst in der Backs Kiste, und so weiter. Auch Kommissionen an Land dauern viel länger: zuerst Laden suchen, dann sich im Laden zurechtfinden, und dann Glück haben und das finden, was man braucht. Suchen ist eine häufige Tätigkeit geworden in unserem Leben 😉

Wir regeln unser Tageswerk so, dass wir vor Sonnenuntergang wieder zurück auf dem Schiff sind (oder auf einem anderen Schiff), um das Farbenspektakel am Himmel bei einem Sundowner auf Deck geniessen zu können. Ein schönes Ritual, das Seele und Gemüt so schön baumeln lässt. Wenn’s dann so langsam dunkel wird (hier aktuell kurz nach 6 Uhr) macht sich Pia daran, das Nachtessen zu kochen. Ich geniesse dann das Cockpit und den Abendhimmel für mich alleine (ja, ich gebe es zu: dann faulenze ich ein wenig 😉), bis Pia sich aus der Kombüse meldet: «Auftischen! Nachtessen ist fertig!». Dem aufmerksamen Leser ist nicht entgangen: bei uns gibt’s nur 2 Mahlzeiten: Frühstück und Nachtessen. Wenn wir Glück haben, gibt’s zwischendurch vielleicht mal ein feines Glacé (Eis) am frühen Nachmittag. Das hat sich einfach mit der Zeit so ergeben, und es geht prima so! Nach dem ausgiebigen Nachtessen spielen wir meistens. Seit einiger Zeit ist Brändi-Dog unser Favorit und wir haben eine Variante entwickelt, wie man dieses Spiel, das normalerweise 4 Personen benötigt, auch zu Zweit spielen kann. Das dauert dann meist so etwa 1-2 Stunden. Danach sitzen wir noch gemeinsam im Cockpit und philosophieren über Gott und die Welt. So ab 22 Uhr gewinnt bei Pia die Bettmüdigkeit, ich halte es noch 2-3 Stunden länger aus, dann ist auch bei mir der Tag zu Ende.

Nach 2 Tagen vor Hirifa verlegen wir an den Süd-Pass von Fakarava. Hier sind die Häuser und Bootsstege bis direkt an den Pass gebaut und sind somit der wechselnden Gezeitenströmung ausgesetzt, so wie wir das von einem Fluss kennen.
Der Süd-Pass ist eines der interessantesten Schnorchel und Tauchparadies der Welt und dementsprechend hat sich ein kleiner Tourismus mit Tauch-Zentren und Lodges (Bild) aufgebaut. Die Bungalows für die Gäste stehen direkt am Wasser.
Einfachste Bauweise: die Wände sind aus Palmblättern geflochten, anstelle von Fensterglas eine einfache Klappe, und statt einer Tür weht ein Tuch vor dem Eingang.
Hier lebt man mit Haifischen. Gemäss Zählungen halten sich im Pass regelmässig bis zu 700 Haifische auf. Die häufigste Art ist der Grau Hai, dann der Weissspitzen Riff-Hai und der Schwarzspitzen Riff-Hai (Bild)
Schwarzspitzen Riff-Haie inspizieren unser Dinghi.
Wir geniessen die Wasserwelt zuerst mal aus respektvoller Distanz von oben 😉
Zum Sundowner gesellen sich Chris und Ruedi (SY Pasito) zu uns. Sie sind ein paar Tage nach uns in Fakarava eingetroffen, aber direkt durch den Süd-Pass ins Atoll gefahren
Die Lodge-Anlage ist auf einzelne Motus (Inselchen) verteilt, wunderschön verbunden mit kleinen Stegen
Mitten in der Anlage befindet sich zu unserer grossen Überraschung ein Schweinestall. Wir sind verblüfft: absolut kein Geruch von den Schweinen. Ob es wohl daran liegt, dass der Stall teilweise übers Wasser gebaut ist und alles direkt frisch ab Schwein, sozusagen, ins Meer gelangt?
Nicht nur die Schweine, auch die Seemöwen haben sich hier an Menschen gewöhnt.
Ich unternehme mit dem lokalen Tauch-Zentrum zwei Drift-Tauchgänge im Süd-Pass, wo die Haifische in der bekannten Shark-Wall (Wand der Haifische) zu Hunderten in der Strömung schweben.
Auch mit Schnorcheln lässt sich die Unterwasserwelt geniessen. Dieses Bild ist beim Schnorcheln entstanden: Schwarzspitzen-Riffhai gefolgt von 2 Schiffshalterfischen (diese ernähren sich von Parasiten an den Haien und Fressens Resten).
Haifische wohin man blickt: Schwarzspitzen-Riffhai
Ein vom Aussterben bedrohter Fisch: der Napoleon. Mit einer Maximallänge von bis zu 2.30 Metern ist der Napoleon-Lippfisch mit grossem Abstand die grösste Art der Lippfische und zusammen mit einigen Zackenbarscharten einer der grössten Korallenfische. Das Maximalgewicht kann bis zu 190 kg betragen. Dieses Exemplar hier dürfte etwa 1.50 Meter gross sein.
Nach ausgiebigem Schnorcheln verlegen wir wieder zum Ankerplatz beim Motu Hirifa. Es ist starker Wind und aussergewöhnlich hoher Schwell vom offenen Meer angesagt. Es gibt einen Wetteralarm, welcher die Bewohner des Atolls vor Überschwemmungen warnt. Viele Schiffe suchen nun hinter einem Motu Schutz vor Wind und Wellen. Letztes Mal waren es gerade etwa 10 Schiffe, heute liegen über 30 vor Anker.
Bei Sonnenuntergang ziehen dunkle Wolken auf
Schon bald ist das Ankerfeld von regenschweren Wolken überzogen.
Aber wie heisst es so schön: nach dem Regen folgt der Sonnenschein 😊
Nicht nur Sonnenschein und Vergnügen, auch schwierige Arbeiten warten: das Expansionsgefäss, das wir auf den Galapagos Inseln reparieren mussten, hatte schon wieder eine Leckage. Diesmal musste ich es selber reparieren. Improvisation und Epoxi haben das Problem vorerst behoben. In Tahiti besorgen wir uns ein neues Gefäss.
Zurück in Rotoava unternehmen wir Velotouren. Die Fahrräder können wir für knapp 10 Dollar pro Rad von Fakarava Yacht Services ausleihen. Die eine Tour führt uns zum Nord-Pass von Fakarava (12km ein Weg)
Die zweite Tour bringt uns über 18km (ein Weg) südwärts über das Korallenriff
Die Fahrt in den Norden erweist sich definitiv als die interessantere, da abwechslungsreicher und kurzweiliger. Sie führt unter anderem an diesem alten Leuchtturm vorbei, der Anfang des 19. Jahrhunderts aus Korallensteinen und Mörtel aufgebaut wurde.
Katholische Kirche von Rotoava. Wunderschön das himmelblaue Gewölbe und die allesamt aus Muscheln gefertigten Lampen und Girlanden. Wir besuchen am Sonntag eine Messe, um den wunderschönen Gesängen der Polynesier zu lauschen. Ein sehr eindrückliches Gänsehauterlebnis.
Nach dem Gottesdienst geht’s mit den Freunden der SY Pasito zum Frühschoppen 😊

Du merkst es wohl aus unseren Berichten: es gefällt uns ausserordentlich gut in Franz.-Polynesien. Die Menschen sind so wunderbar lebensbejahend und stecken voller positiver Energie. Ihre Fröhlichkeit ist einfach ansteckend. Überall stehen die Türen offen – auch für uns Fremde. So eine Offenheit und Freigiebigkeit haben wir auf unserer Reise bisher nur sehr selten erlebt. Hier ist es die Normalität. Dazu kommt eine phantastische Natur! Steile Berge (wie in den Marquesas) und türkisblaue Lagunen (wie in den Tuamotus), dichter Urwald (wie in Gambier) und trockene Steinwüsten (Marquesas), hier trifft man einfach fast alles an.

Die Entscheidung ist gefallen: wir bleiben noch eine Saison in Franz.-Polynesien. Den neuen Wimpel des Gastlandes haben wir schon besorgt 😊
Du wirst weiter Bilder von der Südsee zu sehen bekommen 😊

Morgen Dienstag, 26.7.2022, verlassen wir Fakarava und verlegen auf das rund 15 Meilen weiter nordwestlich gelegene Atoll Toau. Die Fahrt will zeitlich gut geplant sein, denn es warten wieder gefährliche Aus- und Einfahrten durch die Lücke in den Riffen und wir sind darauf angewiesen, dass es mit der Strömung einigermassen passt. In Toau suchen wir im Südosten einen sichern Platz und wollen die Lupina gut verankern: es kommen ein paar Tage mit starkem Wind! Maururu (= vielen Dank) Fakarava!

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Raroia – wo die Kontiki landete – und Makemo

Kurz vor der Abreise von Hiva-Oa machen wir noch einen gründlichen Check unseres Riggs und stellen fest, dass die steuerbordseitige Hauptwant und eine der kleinen Unterwanten je einen gerissenen Draht aufweisen.

Einer von 19 Drähten in der Hauptwant ist gerissen. Das Rigg ist erst 4 Jahre alt und sollte eigentlich noch einwandfrei sein ☹

Die Konsultation einiger Seglerkollegen, Lieferanten und bei Selden, dem Hersteller des Riggs, ergeben ein sehr unterschiedliches Bild. Von «ja nicht mehr weitersegeln damit!» bis zu «da ist noch viel Reserve drin!» erhalten wir die ganze Bandbreite an Antworten. Wir wollen so schnell wie möglich die defekten Wanten ersetzen, ist aber hier kurzfristig nicht möglich. Wir nehmen mit einem Rigger in Tahiti Kontakt auf. Er hat einen sehr guten Ruf und soll unser Rigg in Tahiti wieder in Ordnung bringen. Mit dem Wissen um dieses Problem segeln wir am frühen Nachmittag des 7. Juni 2022 los und machen uns auf die rund 430 Seemeilen lange Fahrt nach Raroia in den Tuamotus.

Erster Sonnenuntergang nach dem Start in Hiva-Oa

Die Reise zu den Tuamotus wird zu einem der schönsten Törns, den wir bisher auf dem Pazifik absolviert haben. Der Wind kommt konstant mit 12-15 Knoten seitlich aufs Schiff und wir machen trotz defensiver Besegelung (die angerissenen Wanten sitzen in unseren Hinterköpfen) zügige Fahrt. Die Pazifikdünung ist uns gut gesinnt, schön schräg von hinten und nur schwach ausgebildet. Das Deck der Lupina bleibt fast während der ganzen Strecke trocken und nur ab und zu schwappt ein Spritzer über Bord. Aber einmal herrscht kurz Aufregung an Bord: unser Autopilot macht ohne ersichtlichen Grund eine sehr starke Schlangenlinie, will immer wieder 90 Grad vom Kurs abweichen. Unser Adrenalin schiesst kurz hoch! Als aber der zweite Autopilot einwandfrei funktioniert, ist die Welt wieder in Ordnung. Irgendetwas muss den ersten Autopiloten ausser Kontrolle gebracht haben. Auch als wir wieder zurück schalten, beginnt er nach kurzer Zeit erneut mit der Irrfahrt. Erst nachdem wir mit dem Schiff eine komplette Pirouette gedreht haben, die Stromversorgung danach aus- und wieder eingeschaltet haben, funktioniert unser Kollege wieder ganz normal. Für den Rest der Strecke strebt unsere Lupina wieder schnurgerade in Richtung der Tuamotus. Ein etwas mulmiges Gefühl bleibt.

Das Tuamotu Archipel ist das grösste Atoll-Gebiet der Welt und so gross wie Westeuropa. Wie ein grün-blauer Flickenteppich breiten sich die flachen Inseln über die riesige Wasserfläche des Pazifiks aus. Sie gehören ebenfalls zu Französisch-Polynesien und wurden 1844 Teil des französischen Protektorats. Knapp 16’000 Menschen leben auf den Atollen, von denen mehr als 30 bewohnt sind. Es ist anspruchsvoll, hier zu segeln, da überall Korallenriffe und Korallenköpfe knapp unter der Wasseroberfläche lauern. Mit unserem Boot, das 2 Meter Tiefgang hat, muss man aufpassen!

Was ist ein Atoll? Ganz einfach: stell dir eine Badewanne vor, setze diese in einen See und füll sie mit Wasser, bis nur noch der Rand aus dem Wasser schaut. Jetzt hast du ein Atoll. Noch nicht ganz! Das Atoll (die Badewanne) ist eine Erhebung im Meeresgrund (hier in den Tuamotus zwischen 2’000 – 4’000 Meter tief) und ist somit in seiner Höhe fix. Wenn nun der Meeresspiegel durch Ebbe und Flut rauf und runter geht, schwappt immer wieder Wasser über den Rand in die Badewanne oder fliesst daraus hinaus. Über die Jahrmillionen der Entstehung haben sich am Badewannenrand sehr enge, tiefe Gräben gebildet. Durchgänge, durch die das Wasser rein- oder rausfliesst. Da diese Strömungen sehr stark und daher gefährlich sein können, muss man bei der Durchfahrt dieser oftmals auch verwundenen Engstellen, sinnigerweise «Pass» genannt wie die Übergänge in den Alpen, höllisch aufpassen und möglichst den Zeitpunkt wählen, wo die Strömung am geringsten ist. Dies ist meistens im Zeitraum der Fall, wo Ebbe oder Flut ihr Maximum erreichen.

Nach 2 Tagen und 20 Stunden erreichen wir das Atoll von Raroia, unser erstes Ziel. Wir sind etwas angespannt, haben viel über die schwierigen und gefürchteten Einfahrten in die Atolle gelesen. Das Bild zeigt warum: die Einfahrt ist schmal, links und rechts Hindernisse (harte, spitzige Korallenblöcke), die umfahren werden müssen. Der weisse Bereich im Bild ist befahrbar / gelbe Farbe: Inseln / grüne Farbe: Land bei Flut knapp unter Wasser / blaue Farbe: weniger als 5 Meter tief
Idealerweise und aus Sicherheitsgründen versucht man den Zeitpunkt zu erwischen, wo keine oder nur geringe Strömung im Pass herrscht. Wir haben unsere Ankunftszeit so eingeteilt, dass wir kurz vor «Slack-Water», also wo die Strömung im Pass in die andere Richtung kippt, durchfahren können. Auch da herrschen noch rechte Turbulenzen und das Wasser im fahrbaren Bereich ist stark aufgewühlt. Die vielen Wirbel im Wasser erfordern höchste Aufmerksamkeit vom Steuermann. Der kleinste Fehler und unser Schiff wird wie ein Korken auf einen der lauernden Korallenköpfe gespült.
Alles geht gut, und schon eine halbe Stunde nach der Einfahrt ins Atoll liegen wir vor einem kleinen Dorf vor Anker. Das Wasser ist flach wie in einem See!
Im Gegensatz zu den Marquesas Inseln sind nun hier die Hafenanlagen meist sehr gut geschützt vor Schwell und Wellen, da sie im geschützten Atoll drinnen liegen. Unser Dinghi freut sich über den ruhigen Liegeplatz
Es gibt viel zu erkunden für uns! Für die Einwohner der Tuamotu Atolle gibt es einige Herausforderungen. Wasser gewinnen sie unter anderem nur durch das Sammeln von Regenwasser in Zisternen (es gibt nicht genügend Landmasse, wo Grundwasser genutzt werden könnte) und Strom grösstenteils durch Solarzellen oder Dieselgeneratoren. Ausser der Kokospalme wächst hier sehr wenig. Das bedeutet, dass Obst, Gemüse und vieles andere mehr von weit her mit einem Versorgungsschiff, das 1-2 mal pro Monat die Atolle anläuft, importiert und zu den Einwohnern gebracht wird
Vor der Covid Pandemie gab es auf den Atollen ein gut funktionierendes Recycling. Alles, was wieder verwendbar (Recycling!) war, wurde nach Tahiti geschickt, dort sauber getrennt und von da nach Neuseeland zur Wiederverarbeitung verkauft. Da Neuseeland wegen Covid seine Grenzen (auch für diese Mülltransporte) strickte geschlossen hatte, kam die ganze Abfalllogistik zu Fall. Heute landet leider alles wieder, wie vor 20 und mehr Jahren, in Bodenmulden irgendwo im Gelände
Auf Raroia leben rund 200 Einwohner. Sie haben einen eigenen Flughafen, allerdings nur 1 Abflug pro Woche, einen örtlichen Polizisten, eine Krankenschwester und eine Schule für die Kleinsten bis 11 Jahre. Im Bild das Hauptgebäude des Flughafens, direkt dahinter liegt unsere Lupina vor Anker
Die Flugpiste von Raroia endet direkt im Meer
Lupina am Anker vor Garumaoa, dem einzigen Dorf auf Raroia
Garumaoa ist ein kleines Dorf mit freundlichen Menschen. Viele junge Familien mit kleinen Kindern, wenige Alte, so unser Eindruck. Als wir uns nach dem «Magasin», dem Dorfladen, erkunden, werden wir gleich von einer Schar fröhlicher Kinder dorthin geführt
Nach 2 Tagen vor dem Dorf segeln wir weiter auf die Ostseite der Insel. Hier gibt es viele kleine Inseln, Motus, die sich auf dem breiten Riff gegen Wind und Welle behaupten können
Das Riff (Badewannenrand) ist in diesem Bereich massiv und bis zu 500 Meter breit. Östlich davon (links im Bild) das offene Meer, westlich davon liegen wir zusammen mit der SY Pasito (Chris und Ruedi) vor Anker bei den beiden ersten bewachsenen Inseln
Segelyachten Pasito (vorne) und Lupina (Bildmitte) vor Anker am Riff
Die Innenseite eines Riffes ist meist flach abfallend. Das Ufer besteht aus Korallensand oder -Kies
Korallensandbank mit unterschiedlichen Farben – die Natur ist der Künstler
Zusammen mit den beiden Baselbietern Chris und Ruedi (SY Pasito) «erobern» wir uns eine der kleinen Insel. Wir fühlen uns wie Robinson Crusoe 😊
Blick Richtung Westen: unser Lagerfeuer, dahinter unsere Schiffe
Raroia ist das Atoll, wo Thor Heyerdahl und seine 5 Crew-Mitglieder am 7. August 1947, nach 101 Tagen auf See, mit seiner KONTIKI strandete. Er wollte mit seinem Floss aus peruanischem Balsaholz beweisen, dass Polynesien auch von Südamerika aus besiedelt wurde. Wir machen uns auf die Spuren der KONTIKI auf dem kleinen Motu «Tahuna Maru»
Das Motu «Tahuna Maru» liegt nur etwas mehr als eine halbe Meile nördlich von unserem Ankerplatz (Hintergrund)
Wir müssen uns etwas durchs Unterholz auf der kleinen Insel kämpfen, bis wir zum Denkmal an das Ereignis von 1947 vordringen. Was musste es für ein Gefühl gewesen sein, hier nach Monaten treibend auf See mit einem immer brüchiger werdenden Floss angekommen zu sein? Links im Hintergrund ein paar alte, verwitterte Flaggen stolzer Norweger, die ihrem wagemutigen Landsmann dadurch ihre Ehre erboten haben

Nach einer Woche auf Raroia segeln wir gemeinsam mit der SY Pasito weiter zum nächsten Atoll, Makemo. Die Distanz beträgt rund 75 Seemeilen von Pass zu Pass. Die beste Ausfahrtszeit in Raroia ist um die Mittagszeit oder dann kurz nach Sonnenuntergang. Wir entscheiden uns für einen Nachttörn und nehmen die Ausfahrt am Abend. Allerdings warten wir nicht bis zum Slack-Water, sondern fahren noch bei Sonnenlicht, also etwa 1 Stunde früher als ideal, durch den Pass. Wir haben immer noch etwa 4 Knoten Gegenstrom, aber Kari, der starke Motor in der Lupina, schiebt uns sicher durch den Pass ins Meer hinaus. Dort setzen wir gleich die Segel und nehmen bei Sonnenuntergang den Kurs nach Makemo auf. Für die Einfahrt in Makemo haben wir widersprüchliche Angaben. Die eine besagt, Slack-Water in Makemo sei um 9:30 Uhr morgens, rund 2 Stunden nach der Flut, die andere besagt, Slack-Water sei rund 2 Stunden vor der Flut. Uns dünkt das Erste plausibler und wir zielen auf 8 Uhr. Unser Buddy-Boat Pasito befolgt die zweite Theorie und zielt auf eine Einfahrt kurz nach Sonnenaufgang um 5 Uhr. Sie bekommen recht. Wir fahren schlussendlich zwar nur rund eine halbe Stunde nach ihnen durch den Pass, aber uns wirft sich ein schäumender, 4-5 Knoten schneller Strom entgegen. Aber zum Glück haben wir ja Kari und kämpfen uns im Schneckentempo durch den Pass.

Unsere Spur (gelbe Linie) durch den Ost-Pass in Makemo. Deutlich zu sehen, dass uns Verwirbelungen und Strömungsveränderungen immer wieder von der idealen Linie drängen
Einmal im Atoll drinnen, ist wieder alles spiegelglatt und ruhig (nein, das ist nicht unser Einfahrtskanal, wir blicken hier von einer Brücke auf der Insel zu unserem Ankerplatz
Gefährliches Spiel, aber die einheimischen Kinder kennen ihr Gewässer. Immer wieder springen sie von den Felsen am Aussenriff ins heranrollende Meer und lassen sich von den hochschäumenden Wellen wieder auf die Klippen heben
Auf Makemo entdecken wir einen neuen Bewohner an Bord: ein kleiner Gecko (insektenfressende Echse, die sich mit Saugnäpfen an den Füsschen auch auf einer spiegelglatten Wand festhalten kann). Wir sind immer sehr sorgfältig und geben pedantisch Acht, dass wir keine Lebewesen an Bord tragen. Früchte und Gemüse werden, bevor sie an Bord kommen, immer im Meerwasser vorgewaschen. Keine Ahnung, wie es dieses Kerlchen zu uns an Bord geschafft hat. Uns stört es nicht! Wir hoffen, es findet genügend zu Fressen und wird nicht seekrank 😉
Nach 3 Tagen vor dem Dorf Pouheva (rund 300 Einwohner, direkt beim Ost-Pass) fahren wir unter Motor zum östlichsten Punkt des Atolls. Die Wassertiefe im Atoll ist meist 20 Meter oder mehr. Nur ab und zu fahren wir an Korallenblöcken vorbei, die bis nahe an die Oberfläche reichen. Diese sieht man bei gutem Licht aber sehr deutlich. Zum Riff hin nimmt die Wassertiefe langsam ab. Wir ankern in 5 Metern Wassertiefe in feinem Sand. Rings um uns herum vereinzelt kleinere abgestorbene Korallen. Das Bild zeigt einen Überblick unseres Ankerplatzes. Im Hintergrund das geschwungene südliche Riff des Atolls, das immer wieder überspült wird und kaum bewachsen ist. Lupina (rechts) und Pasito (links) in der Bildmitte
Blick 200 Meter über unserem Schiff zum südlichen Ende des Ostriffes. Die dunklen Flecken im hellblauen Meerwasser sind Korallen und Steinblöcke. Sie liegen meist tief genug, um unserem Schiff nicht in die Quere zu kommen, aber wir müssen höllisch aufpassen beim Durchfahren dieses Gebietes
Lupina vor Anker im Osten von Makemo
Einfach paradiesisch – wenn nur diese Gesellen nicht wären: Riff Haie! Schwimmen und schnorcheln am Morgen früh und am Abend vor dem Eindämmern ist auf unbestimmte Zeit jedenfalls gestrichen. Dann nämlich suchen sich die Haie ihr Futter
Dann nehmen wir halt unsere SUPs! Es kann schon sein, dass mal ein Hai neugierig heranschwimmt. Aber weil wir als potentielle Beute zu gross sind für ihn, erlischt das Interesse sehr bald 😉
Mit den SUPs können wir auch in sehr flaches Gewässer, wo unser Dinghi schon lange stecken bliebe. Wir erkunden hier den äussersten südöstlichen Zipfel des Atolls von Makemo
Eine wunderschöne Geschichte: ein Seglerkollege (Mirko von der SY YumYum) schreibt Pia an und erzählt ihr, dass er sehe, wo wir sind, und dass er dort einen alten Mann kennen gelernt habe. Er schickt Pia ein Bild per WhatsApp mit der Aufforderung, doch bei ihm vorbei zu schauen. Das machen wir! Am folgenden Tag fahren wir mit dem Dinghi zur nächsten Hütte, wo wir am Vortag einen Mann gesehen haben. Auch heute ist jemand da, aber eine andere Person. Wir fragen nach «Hubert» – und werden gleich fündig! Pia zeigt Hubert hier das Bild, das sie von Mirko bekommen hat
Hubert lebt nicht hier, wo wir in angetroffen haben. Es ist die Hütte seines Cousins, der aber im Dorf lebt. Hubert geht nur ab und zu mal zum Rechten schauen. Er lebt fast eine Meile weiter nördlich. Als er unser Dinghi sieht fragt er erwartungsfroh, ob wir ihn zu seinem Haus fahren würden. Das machen wir mit grosser Freude und werden mit einer wunderbaren Bekanntschaft belohnt
Hubert ist nun 62 Jahre alt und lebt schon seit 32 Jahren hier auf dem Riff. Im Dorf, wohin er ab und zu mal mit seinem Kanu paddelt, hat er Verwandte. Die meiste Zeit verbringt er damit, den am Aussenriff angespülten Abfall einzusammeln. Einiges davon führt er einem neuen Verwendungszweck zu. Er ist dabei sehr erfinderisch und künstlerisch. Sein Gelände, seine Insel, gleicht einer Mischung aus Museum, Wundertüte und Gärtnerei. Sein ganzer Lebensraum lädt zum Verweilen, Entdecken und Geniessen ein

Hubert fragt uns, ob wir wieder beim Dorf vorbei fahren und ob wir einen Brief für seine Schwägerin mitnehmen würden. Machen wir doch – keine Frage! Am Sonntag wollen wir los, heute ist Freitag. Er muss den Brief aber zuerst noch schreiben. Kein Problem! Wir kommen am Samstag nochmals vorbei und holen seinen Brief ab. Vor Freude über unsere Zusage glitzert eine kleine Träne in seinen Augen. Auch als er uns den Brief (es ist eigentlich nur ein sorgfältig zusammengefaltetes Blatt Papier, einen Briefumschlag hat er gerade nicht) am Samstag übergibt, strahlt er übers ganze Gesicht und es freut uns sehr, dass wir Hubert auf diese einfache Art und Weise glücklich machen können.

Bei Hubert zu Gast

Heute Sonntag wollen wir aufbrechen. Zuerst zum Dorf am Ost-Pass zurück, dann langsam im Atoll drinnen zum westlichen Pass von Makemo. Es tut uns etwas weh, jetzt schon wieder aufzubrechen. Es ist einfach so schön hier. Aber wir haben von der SY Maramalda für die Reparatur des Mastmotors in Hiva-Oa ein Werkzeug ausgeliehen. Das müssen/wollen wir zurückgeben. Die Maramalda ist nun wesentlich schneller weiter gefahren, als erwartet und macht unterwegs viel weniger Halt. Um ihnen das Werkzeug zurückgeben zu können, müssen wir bereits jetzt los in Richtung Fakarava, wo sie sich im Moment aufhalten. Schade, das erfordert eine kurzfristige Beschleunigung unserer Reise durch die Tuamotus und wir segeln so schnell wie möglich nach Fakarava – dabei gäbe es unterwegs ja noch soviel Schönes zu sehen und zu erleben. Unser Wunsch, eine zweite Saison in Französisch-Polynesien anzuhängen, wird immer stärker.

Holen wir die Maramalda ein? Bleiben wir eine weitere Saison in Französisch-Polynesien? Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Hiva-Oa / Reparatur des Rollmechanismus

Der defekte Elektromotor unseres Rollsegels im Mast ist ausgebaut und liegt in der Werkstatt der Werft (Maintenance Marquises Services ) von Hiva-Oa. Das Auffahrts-Wochenende steht kurz bevor, die Leute sind noch mit vielen anderen Arbeiten überhäuft. Wir vereinbaren mit dem Chef, dass wir am Dienstag nach Auffahrt wieder zurück sind und dann mit ihm zusammen versuchen wollen, den defekten Motor zu zerlegen, die Ursache des Problems zu finden und, wenn möglich, ihn zu reparieren. Wenn das nicht klappt, müssen wir versuchen, den von Sämi mitgebrachten Ersatzmotor (der von der Grösse her aber ohne Abänderungen nicht passt) irgendwie in unseren Mast einzubauen.

Wir haben also rund 5 Tage Zeit und beschliessen, wieder auf die Nachbarinsel Tahuata zu segeln, wo wir in einer der schönen Buchten besser liegen als im Hafen von Atuona.

Lupina (links) zusammen mit der SY Pasito vor Anker in der Bucht von Ivaivaiti, Insel Tahuata. Vom Strand aus sieht das Meer nun harmlos aus. Das Ufer fällt aber gleich nach der Wasserkante stark ab und auch bei flachem Wasser bildet sich eine mehr als einen halben Meter hohe Welle. Beim Anlanden mit dem Dinghi kommt es dann auch prompt zu einem «Kipper»: das Dinghi dreht sich quer zur Welle, diese stellt es fast senkrecht hoch und die Passagiere fliegen in hohem Bogen ins Wasser. Sämi holt sich dabei eine Zerrung im Brustbereich, und seine Lesebrille dient nun den Fischen als Vergrösserungsglas. Ich nehme es vorweg: dies wird Sämi’s letztes Unglück auf der Lupina sein 😉
Bucht von Ivaivaiti, Insel Tahuata: wir decken uns wieder mit Früchten (vor allem Pampelmusen, Mangos und Kokosnüssen ein), die wir bei unserem Landgang in ehemaligen, heute verwahrlosten Plantagen finden. Wir werden oft gefragt, warum wir keine Früchte auf dem Markt oder im Laden kaufen. Ganz einfach: es gibt keine zu kaufen. Jeder Haushalt hat einen Garten, wo seine Bewohner alles direkt pflücken können – da brauchen sie keinen Laden für Früchte
Mangos in allen Sorten und Grössen: kleinste und grösste Frucht, die wir heute gefunden haben
Nach 2 Tagen verlegen wir zusammen mit unseren Freunden der SY Pasito knapp 3 Seemeilen weiter südlich vor das kleine Dorf Vaitahu
Kurz vor Sonnenuntergang trifft die «Aranui», eine Mischung aus Kreuzfahrtschiff und Frachtschiff, vor Vaitahu ein und geht vor Anker. In den nächsten 24 Stunden wird mit motorisierten Transportplattformen die von den Einwohnern sehnlichst erwartete Fracht an Land gebracht. Sogar ein Auto findet auf diese Weise seinen Weg zu seinem neuen Besitzer auf der kleinen Insel
Am Montag nach Auffahrt liegen wir wieder am Quai von Atuona. Wir sehen gerade noch, wie bei Hochwasser (nur dann ist das Wasser tief genug!) die Maramalda, das Schiff unserer Freunde Rita und Daniel (baugleich wie unsere Lupina), nach mehreren Wochen Aufenthalt in der Werft, wieder ins Wasser gebracht wird
Wie erwartet geht es am Montag nach Auffahrt auf der Werft (Maintenance Marquises Services) zu, wie im Bienenhaus. Hier wird gerade die Gasabfüllstation von Seglern belagert, die übers lange Wochenende gemerkt haben, dass sie Gas brauchen
Und endlich ist es soweit. Unser defekter Elektromotor ist an der Reihe. Vom Hersteller (SELDEN) und diversen Fachleuten wurde uns vorher mitgeteilt, dass der Motor nicht repariert werden kann. Wir versuchen es trotzdem
Die Werkstatt der Werft (Maintenance Marquises Services) sieht auf den ersten Blick nicht so vertrauenserweckend aus. Ich habe aber vorher dem Chef, Vincent, bei ein paar Arbeiten zugeschaut und war sofort überzeugt, dass er der richtige Mann ist für eine solche Arbeit. Als ehemaliger Flugzeugmechaniker ist er sich an genaues und wohl überlegtes Arbeiten an fremdem Equipment gewöhnt. Ich selber fühle mich sofort wieder zurückversetzt in meine alte Arbeit im technischen Kundendienst, wo ich versuchen musste herauszufinden, warum etwas nicht so funktioniert, wie es sollte. Vincent und ich, zusammen mit Sämi, der uns auch ab und zu mal mit gerunzelter Stirn über die Schultern blickt, müssten es doch schaffen, das Ding zu reparieren
Zuerst werden die elektrischen Anschlüsse überprüft. Alles OK
Alle Kabelverbindungen sind wasserdicht verschlossen und OK
Das Getriebe, das die Drehung des Elektromotors in die Segelstange überträgt, ist in einwandfreiem Zustand und lässt sich gut von Hand drehen – OK
Die Bremse, die verhindern soll, dass das Segel im gerefften Zustand vom Wind ganz aus dem Mast gezogen wird, zeigt aussen leichte Rostspuren. Nicht alarmierend, aber: die Bremse lässt sich auch mit Anlegen vom Steuersignal nicht lösen. Aha, hier also liegt der Wurm drin!!
Wir demontieren und zerlegen die Bremse. Die Bremsscheibe (Teil in der Hand mitten im Bild) ist am Bremskörper (unten) und der Druckscheibe (oben) verklebt. Die Druckscheibe ist an den Gleitbuchsen angerostet und ist nicht mehr beweglich, wie es sein sollte
Der Magnet, welcher die Druckscheibe anzieht, ist ausser ein paar leicht verrosteten Stellen, in einwandfreiem Zustand – OK

Das Zerlegen des Motors dauert knapp 2 Stunden, das gründlich Reinigen und Entrosten eine halbe Stunde. Wichtige Teile leicht einölen, Dichtflächen alle gut mit Loctite blau abdecken und Motor zusammenbauen, nochmals 1 Stunde. Am späteren Nachmittag trägt der Skipper den schweren Motor wie einen Goldbarren aufs Schiff und schliesst ihn zur Kontrolle provisorisch an den Stromkabeln an: Hurra! Er läuft!! Mit ein paar Flaschen Bier wird der Erfolg auf der Lupina gefeiert. Erst am anderen Morgen bauen wir ihn dann (auch wieder mit Vincent’s Hilfe) im Mast ein. Wir sind total happy. Ich, weil das Problem (und die Ursache: Undichtheit) mechanisch gelöst werden konnte, und die Buchhalterin, weil die Kosten rund 30-mal tiefer sind als ein neuer Motor gekostet hätte 😊😊

Nach der Arbeit das Vergnügen. Mit Sämi machen wir im Mietauto eine Rundfahrt über die Insel. Hier der Blick auf die Bucht von Atuona
Am letzten Tag vor Sämi’s Abreise steige ich noch ins Rigg, für ein Familien-Foto und einen gründlichen Rigg-Check, bevor wir dann die nächste grössere Strecke in die Tuamotus in Angriff nehmen wollen. Was ich beim Rigg-Check Unschönes gefunden habe ☹ dann in einem nächsten Beitrag 😉
Sämi’s Abreise rückt immer näher: letztes gemeinsames Abendessen am Pier, wo die Lupina vertäut ist (sorry, leider ist das Bild etwas unscharf)
Herrlich feines lokales Essen, serviert mit einem herzlichen, gewinnenden Lächeln von der Köchin höchstpersönlich
Zum Abschied erhalten wir von unserer Köchin noch eine Frucht, die wir noch nie gegessen haben. Wir kennen ihren Namen nicht, aber schmecken tut sie ausgesprochen lecker!

Sämi, vielen Dank, dass du uns das Ersatzteil gebracht hast. Wir werden es ungebraucht auf dem Schiff behalten, auch wenn wir es hoffentlich nie brauchen werden. Gute und unfallfreie (😉) Heimreise!

Nachdem nun die Reparatur erfolgreich abgeschlossen ist können wir beginnen, uns auf unsere nächste Reise von Hiva-Oa nach Raroia, einem kleinen Atoll in den Tuamotus (immer noch Französisch-Polynesien) vorzubereiten. Es erwarten uns rund 430 Seemeilen in südwestliche Richtung. Seit einigen Tagen beobachten wir die Wetterentwicklung und morgen Dienstag passt es. Am späten Nachmittag (lokale Zeit) setzen wir unsere Segel und der reparierte Elektromotor darf sich zum ersten Mal beweisen.

Hält der Motor? Was habe ich am Rigg Bedenkliches festgestellt? Wie verläuft unsere Überfahrt und wie schaffen wir die gefährliche Einfahrt ins Atoll von Raroia??

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser