Üblicherweise segeln wir Langfahrtensegler von einem sehenswerten Ort zum anderen, um von da aus Landausflüge zu machen. Unser nächstes Ziel, Cienfuegos, rund 315 sm, ca. 2,5 Tage auf See. Dieses Mal entschliessen wir uns für einen gemütlichen Feriensegeltörn, so wie wir das im Mittelmeer ein paar Mal gemacht haben. Kurze Tagestörns, jeden Abend in einer neuen, einsamen Bucht ankern. Das bedeutet aber 11 Tage unterwegs sein ohne einen Landgang und weit weg von jeder Zivilisation! Wir wollen dieses Abenteuer eingehen und nehmen euch gerne mit auf unsere Reise.
Tag 1: Santiago bis Chivirico (33 sm): Das Ausklarieren in Santiago verläuft professionell, speditiv und sehr freundlich. Zu unserem Erstaunen müssen wir bei der Guarda Frontera unterschreiben, dass wir in den Jardines de la Reina (Gärten der Königin) nicht ankern werden. Die Jardines de la Reina ist ein grosses Insellabyrinth, an dem wir auf dem Weg von Santiago nach Cienfuegos vorbeisegeln, und wo wir unsere Zwischenstopps eingeplant haben. Jetzt müssen wir es halt anders machen, wir werden sehen. Einer der drei Hafenmeister gibt uns zum Abschied zwei Grapefruits aus seinem Garten mit auf die Reise und bedankt sich für unseren Besuch. Das hinterlässt bei uns einen weiteren schönen Eindruck dieser Marina und seiner Mitarbeiter.
Die Fahrt nach Chivirico verläuft teils mit Motor, teils unter Segeln. Bei der Einfahrt in die kleine Ankerbucht vergräbt sich unser Kiel im Schlick und die Schraube wirbelt den braunen Schlamm auf. Zu wenig tief für uns. Wir manövrieren Lupina wieder frei und ankern rund 800 Meter vor der Einfahrt nur knapp geschützt hinter einem Riff. Kaum geankert sehen wir am Ufer zwei uniformierte Personen mit einem Auto. Eine Stunde später kommt ein Fischerboot mit einem Beamten der Guarda Frontera vorbei. Wir sollen hier nicht ankern, sie möchten uns in der Ankerbucht haben. Wir erklären, dass wir dort auf Grund gelaufen sind. Der Fischer lacht und bedeutet uns, dass die Fahrrinne viel näher am Ufer ist. Auf unserer Navigationskarte ist es anders angegeben. Er zeigt uns den Weg, indem er ganz langsam vor uns fährt. Und tatsächlich, wir schaffen es ganz knapp in die teichartige, rundum geschützte Bucht. Die Guarda Frontera ist happy – und wir erleben eine der ruhigsten Nächte in dieser kleinen, idyllischen Bucht. Anders als von anderen Seglern geschrieben bettelt uns niemand um irgendetwas an. Einzig der Fischer kommt nochmals vorbei und fragt um Feuer für seine Zigarette. Er strahlt freudig überrascht, als wir ihm das Feuerzeug überlassen.
Tag 2: Chivirico bis Marea Del Portillo (48 sm): Gut ausgeruht verlassen wir kurz nach Sonnenaufgang unseren Ententeich und fahren anfänglich unter Motor, gegen Mittag dann mit Segeln weiter westwärts.
Tag 3: Marea del Portillo bis Cabo Cruz (36 sm): Ab jetzt betreten wir Neuland, so weit westlich waren wir mit unserem Segelschiff noch nie! Wegen Mangel an Wind müssen wir fast die ganze Strecke motoren. Aber wir werden mit einem sehr aussergewöhnlichen Ankerplatz belohnt: wir ankern auf der windzugewandten Seite im offenen Meer. Eigentlich ein Ankerplatz, den man nie nehmen würde. Hier ist aber ein Riff vorgelagert, das die Wellen aufhält. Die sich daran brechenden Wellen tosen uns rauschen bedrohlich, bei uns aber ist das Wasser ruhig und flach. Der Anker hält im Grund so gut, dass auch ein kleinerer Sturm problemlos ausgestanden werden könnte. Da es im Moment sowieso kein Wind gibt, können wir das glasklare Wasser bei 28 Grad noch besser geniessen. Die nächsten zwei Tage ist ebenfalls wenig Wind angesagt sind, daher beschliessen wir, hier zwei Tag abzuwarten.
Tag 4: Cabo Cruz bis Cayo Media Luna (47 sm): Von nun an geht es in nordwestliche Richtung. Eigentlich war unsere Absicht, zwei Tage in Cabo Cruz zu warten, bis der stabile Nordostwind einsetzt. Da wir nicht bleiben dürfen, ändern wir unseren Plan. Wir beschliessen, mitten durch das Labyrinth des Archipelagos zu fahren, welches Kuba in dieser Zone vorgelagert ist. Das verspricht Adrenalin – denn diese Gegend ist gespickt mit Untiefen und gefährlichen Riffen. Im Morgengrauen heben wir den Anker und nehmen die erste Strecke vorerst mal unter Motor in Angriff.
Tag 5: Arbeitstag auf Cayo Media Luna: Wir geniessen die fantastische Einsamkeit. Der uns umgebende Mangrovenwald schluckt jeden Lärm auf, den die Brandung erzeugen würde. Es ist so still hier draussen in der Wildnis – keine Geräusche, kein Wasserplätschern, kein Windrauschen, einfach nichts. Einmalig für uns! Auch die beiden Nächte. Unglaublich! Nur die Sterne und wir. Kein einziges andere störende Licht oder Geräusch weit und breit. Wir verbringen den Tag vor Anker mit gut Ausschlafen. Frühstücken, und dann Arbeiten.
Tag 6: Cayo Media Luna bis Cayo Rancho Viejo (26 sm): Beim Heben des Ankers umkreisen plötzlich zwei grosse Delfine unser Schiff und geleiten uns aus der Ankerbucht. Kaum sind wir im offenen Wasser, sind sie auch schon wieder weg. Der Wind ist endlich da und passt perfekt für uns. Es gibt einen Tag mit herrlichem Segeln wie auf einem See. Die Fahrt durch das Labyrinth von kleinen Inselchen mit unzähligen Untiefen und Riffen, alles unter Segeln, erfordert aber unsere volle Aufmerksamkeit
Tag 7: Cayo Rancho Viejo bis Cayo Cuervo (50 sm): Kurzer Adrenalin Kick am Morgen: beim Anker Heben verklemmt sich die Kette in der Rolle, der Anker ist aber bereits lose und schleift über den Meeresgrund. Wir driften langsam über die als Riff markierte Zone, haben aber Glück, dass sich der hängende Anker nicht in den Korallen verfängt. Schlussendlich kriegen wir die Kette wieder frei und den Anker ohne weitere Probleme hoch. Danach erleben wir wieder einen wunderschönen Segeltag.
Tag 8: Cayo Cuervo bis Cayo Zaza de Fuera (45 sm): Auch heute brechen wir früh auf. Anfänglich ist die Fahrt bei 18-22kn Wind schräg von vorne aufs Schiff recht ruppig. Nach Kurswechsel etwas abfallend in Richtung Westen wird es aber deutlich gemütlicher, vor allem, als auch der Wind dann etwas nachlässt.
Tag 9: Cayo Zaza de Fuera bis Punta Chocolate (bei Casilda, 29 sm): Gut ausgeschlafen und mit Frühstück im Bauch machen wir uns auf den Weg zur zweitletzten Etappe, die uns in die Nähe von Casilda führt. Die Distanz ist kurz und wir können auch etwas schwachen Wind ausharren. Wir setzen nur die Genua. Sehr angenehm, da das Schiff so viel weniger Krängung (=Schieflage) hat. Um die Mittagszeit lässt der Wind dann etwas nach, so dass auch das Grosssegel zum Einsatz kommt. Unterwegs fischen wir. Drei Mal zupft es an der Angelschnur. Das erste Mal kann sich der Fisch wieder befreien, ohne dass wir ihn je zu sehen bekommen. Die beiden anderen Male sind es jeweils zwei kleinere Barracudas, die wir aber wieder frei lassen (Ciguatera). Wir ankern ein letztes Mal in einer weiteren wunderschönen, sicheren Ankerbucht
Tag 10: Punta Chocolate bis Cienfuegos (45 sm): Die Windvorhersage verspricht auf Dreiviertel der Strecke guten Wind, der dann erst gegen Ende der Strecke einschläft. Da müssen wir dann sowieso motoren, weil die Einfahrt in die Bucht von Cienfuegos eng und im Zick-Zack verläuft.
Kurz nach drei Uhr mittags laufen wir in Cienfuegos ein. Unsere Anrufe per VHF Funk bleiben zwar unbeantwortet, aber als wir den Stegen der Marina Marlin näher kommen, steht der Marinero schon bereit für uns und hilft uns beim Festmachen. Bien venidos in Cienfuegos!
Wir sind glücklich, den Umweg durch das Insellabyrinth gewählt zu haben. Die Jardines de la Reina haben wir zwischen dem Festland und der Inselgruppe umlaufen. Kurzzeitig waren wir versucht, uns nicht an das Ankerverbot zu halten, haben uns schlussendlich aber doch richtig entschieden. Als wir nämlich in Cienfuegos einklarieren, stellt uns der Beamte ein Papier aus, das als letzten Hafen «Casilda» angibt, unseren letzten Ankerplatz also. Wir merken, wir sind überwacht!
Der weite Weg, mit den vielen Zwischenstopps, hat sich definitiv gelohnt. Es war sehr schön, einfach wieder mal ein anderes Segeln!!
Nun sind wir in Cienfuegos gelandet. Wir wollen von hier aus auf dem Landweg den mittleren Bereich sowie Havanna und dann den Westen von Kuba erkunden. Ob das trotz der Verschlimmerung der Covid-Situation möglich ist? Wir wissen es noch nicht. Es bleibt spannend – bleib der Lupina im Kielwasser.