Morgen geht der drei wöchige Besuch von Morena Mingozzi auf unserem Schiff zu Ende. Sie hat ihre Erlebnisse in dem folgenden Bericht zusammengefasst. Masha Danki!
Autorin: Morena
Ich bin gespannt auf unsere Reise nach Curaçao. Per Funk verabschieden wir uns am 9. September um 8 Uhr von der Mooring-Seglergemeinschaft von Bonaire mit einem «auf Wiedersehen!»
Bald kommt vom Skipper Köbi der Befehl: «Mannschaft klar machen!», wenig später «Schiff klar machen!» Mit anderen Worten: Zähne putzen, Sonnencrème einstreichen, Sonnenbrille parat machen und Pia hat sogar frischen Ingwer und Messer (nicht um sich bei Unwetter umzubringen, sondern um Ingwerscheiben zu schneiden) in einem Behälter bereitgestellt. Man weiss ja nie. Frischen Tee haben wir auch schon in Flaschen abgefüllt. Alles andere wird verstaut, damit bei einer eventuellen Schräglage und heftigen Wellen nicht alles davon fliegt. Das Schiff wird von der Mooring (eine Art Boje) gelöst. Leinen los – Segel hoch! Köbi und Pia sind ein eingespieltes Team und alles geht leicht von der Hand. Der Autopilot wird eingesetzt und wir segeln Richtung West/Südwest. Vorsichtshalber habe ich ein Stugeron (Medikament gegen Seekrankheit) eingenommen. Ich möchte diese Reise in vollen Zügen geniessen können! Werde ich auch. Der Himmel ist stahlblau, das Wasser strahlt in schönstem dunkelblau. Köbi lässt mich an das Ruder. Was für ein Gefühl! Ich segle die Lupina mit Querabwind. Das heisst, sie gleitet fast gerade auf dem Wasser. Wir erreichen maximal angenehme sieben Knoten Fahrt. Für mich ein wahnsinniges Gefühl von Freiheit. Die Farben des weiten Meeres und des Himmels faszinieren mich unheimlich.
Juhuj, die Wasseraufbereitungsmaschine läuft! Pia und ich dürfen ohne Wasser sparen an der Heckdusche unsere Haare ausgiebig waschen und mit Weichspüler verwöhnen. Waren sie doch so richtig struppig vom Baden im Salzwasser. So richtig schön lange duschen liegt auch drin. Überhaupt gefällt mir das Duschen auf dem Deck!
Nach einer sehr schönen, ca. 7-stündigen Überfahrt, kommen wir glücklich in Curaçao an. An einem schönen Platz wird der Anker gesetzt.
Mit dem Bus fahren wir am nächsten Tag zum Einklarieren nach Willemstad. Die Häuser lachen mich farbig an. Blau, gelb, rosa, grün…. Wunderschöne Malereien zieren viele Mauern. Mich fasziniert auch die Queen Emma Brücke (schwimmende Brücke) total. Wir wollen sie gerade passieren, als sie sich öffnet, um ein Schiff durchzulassen.
Natürlich gehen wir auch hier Schnorcheln. Pia lotst mich über ein Schiffswrack. Es ist wahnsinnig. Mir kommt es vor, als wäre dieses Wrack ein Hotel für viele farbige, grosse und kleine Fische. Aus allen Löchern schwimmen sie raus und rein, umgeben von schönen Korallen und Algen. Ein spezielles Erlebnis, auch weil ich vor unzähligen Jahren erst einmal geschnorchelt bin.
Am frühen Abend treffen sich die Segler in der Bar am Steg zu einem Schwatz. Die Happy Hour kommt natürlich gelegen. Es wird «Seemannsgarn» ausgetauscht. Von wo er kommt und wohin er geht. So kann man(n) und Frau sich ein besseres Bild machen von noch fremden Destinationen, die man gerne besuchen möchte.
Susi, eine Engländerin mit ihrem Segelschiff «Stargazer», die wir bereits in Bonaire kennengelernt haben, hat die geniale Idee von einem Vollmond-Dinghy-Drifting (Drifting = Treiben lassen) quer über die «Spanish Water Bay», von Osten nach Westen. Weil Susi am Morgen früh nach Vollmond bereits weiter segeln will, wird der Anlass kurzerhand um einen Tag vorverschoben. Mit dem Dinghy (motorisiertes Schlauchboot) machen wir drei uns bereits am Nachmittag auf den Weg, die Bucht abzufahren. Es hat starken Gegenwind und grosse Wellen. Kaum geht es los sind Pia und ich im Spritzwasser schon klatschnass. Was solls! Bei einer Wassertemperatur von 28 Grad und einer Lufttemperatur von über 30 Grad ist das nun wohl überhaupt nicht schlimm.
Gespannt, wie viele Dinghys kommen werden, erreichen wir die vereinbarte Bucht. Um 18:00 Uhr, kurz vor Sonnenuntergang, sehen wir die ersten Dinghys, die sich nähern. Paul mit Luca (seine Schwanzstellung verrät uns, dass er sich darauf freut) und ein holländisches Ehepaar. Es geht nicht lange, sind sechs Dinghys mit Leuten von sieben Nationen, unter anderem vier Mädchen und ein kleiner Bub und zwei Hunde, zu einem grossen Floss zusammengebunden.
Es wird geschwatzt und erzählt, während wir uns vom Wind nach Westen treiben lassen. Der Mond scheint hell auf uns herab und wir geniessen diese einmalige «Ausfahrt». Aber wo ist denn Susi? Das war doch ihre geniale Idee, aber sie ist gar nicht gekommen! Das geht gar nicht! Da sie ganz im Westen der Bucht ankert, beschliessen wir alle, uns bis zu ihrem Boot treiben zu lassen. Kaum sind wir an ihrem Segelschiff angedockt, springen ihre zwei bellenden Hunde an Deck und hintendrein kommt Susi! Herrje, sie war in der falschen Bucht. Sie steigt in ihr Dinghy und wird ebenfalls an uns befestigt. Einer ihrer beiden Hunde, ein gemütlicher Labrador, nimmt die Abkürzung. Mit einem Satz springt er zu den Holländern, die auch ein kleines Hündchen dabei haben, ins Boot. Die kleine Kiki schmiegt sich zitternd an Frauchen. Noch ein Sprung und der Labrador landet bei uns. Alles bebt und schwankt und wir versuchen, nicht ins Wasser zu fallen. Und Schwupps ist er schon wieder weg im nächsten Boot, bis er schlussendlich dann bei Susi angelangt ist. Alles ist gut gegangen! Es war ein sehr schöner und spezieller Abend. Müde (und nicht mehr durstig 😊) fallen wir in die Kojen und lassen den Tag im Traum nochmals Revue passieren.
Nach einer Woche heisst es Abschiednehmen von Curaçao. Wer weiss, ob ich je wieder einmal jemanden treffen werde von diesen Bekanntschaften. Das Leben ist voller Überraschungen – wie das Wetter auch.
Es geht auf nach «Klein Curaçao». Schon von weitem sehen wir einen Turm. Je näher wir kommen, umso deutlicher wird das Bild. Der Turm ist hell und links und rechts hat es zwei angebaute, identisch grosse, rosarote Gebäude. Dieser Leuchtturm hat fast eine magische Wirkung auf uns. Das Wasser ist dunkelblau und vor dem weissen Strand türkis. Was für ein Bild!
Da es noch relativ früh ist, könnten wir eigentlich an Land. Es ist aber so schön, das ganze Bild vom Schiff aus auf uns wirken zu lassen, dass wir es spontan von der Lupina aus geniessen – natürlich mit dem obligaten Ankertrunk und einem feinen Zvieri. Der Sonnenuntergang präsentiert sich hier wieder ganz anders. Der Himmel färbt sich in diversen Rot- und Orangetönen. Was für ein Bild. Da ich abends immer wieder mal eine kleine Müdigkeit verspüre, lege ich mich auf die Bank und geniesse den Sternenhimmel. Pia und Köbi lassen mir keine Ruhe. Sie wollen, dass ich ganz nach draussen disloziere, um die Sterne besser zu sehen. Na also dann, überredet! Ich lege mich aufs Heck und bestaune den Himmel von hier aus. Irgendeinmal vernehme ich Geräusche aus der Küche. Pia hantiert und schlägt und rumpelt in der Küche?? Bäckt sie für morgen frisches Brot?
Heute erwache ich früher als sonst. Schliesslich wollen wir noch frühzeitig an Land, bevor die Touristenschiffe von Curaçao rüberkommen. Ich klettere ins Cockpit. Was für eine Überraschung! Auf dem Tisch erwartet mich ein Geburtstagskuchen! Alles klar….. Sternen zählen ….
Nach einem «tanti auguri a tè», vorgesungen von Pia und Köbi in diversen Sprachen, frühstücken wir ausgiebig. Bald steigen wir ins Dinghy und fahren an Land. Hier müssen wir das Boot an Land ziehen. Meine Füsse vergraben sich in schneeweissem, mehlartigem Sand. So einen Sand kannte ich bisher nicht. Die ganze Insel ist ca. 600 m breit und ca. 2 Kilometer lang. Als erstes machen wir uns auf den Weg zum Leuchtturm. Es sieht aus, als wären die zwei angebauten Gebäude Wohnungen gewesen. Die Räume stehen sogar offen und wir dürfen rein gehen. Die Böden wurden erneuert, damit das Betreten sicher ist. Eine enge Wendeltreppe führt uns auf den Turm hinauf. Vom Fenster aus sehen wir die Lupina. Ein sehr schönes Bild präsentiert sich uns! Dieser Turm übt eine enorme Faszination auf mich aus. Überhaupt die ganze Insel.
Auf dem Weg zu einem Schiffswrack bestaune ich satte grüne Pflanzen, dazwischen wieder dürres Gestrüpp. Als wir das andere Ufer der Insel erreichen, sieht es total anders aus. Felsig und pflanzenlos.
Unzählige trockene, wunderschöne Korallen liegen herum. Ich drapiere sie auf einem grossen Schwemmholz und fotografiere das Gebilde. Weiter vorne entdecke ich ein relativ grosses Herz aus Stein. Erstaunlicherweise ist es gar nicht schwer und somit kann ich «mein» Herz in die für mich beste Position stellen und es fotografisch festhalten.
Klein Curaçao hat mich in den Bann gezogen. Klein ist die Insel und trotzdem vielfältig. Wir schlendern wieder zur anderen Seite und lassen unsere Füsse im «Mehl» versinken. Immer wieder kommt eine zarte Welle und küsst unsere Füsse und schwemmt gleichzeitig meine und Köbis gekritzelten Buchstaben weg.
Bald geht die Sonne unter. Hoppla, ein ganz neues Spektakel überrascht uns! Der Himmel hat sich verdunkelt und plötzlich blitzt es aus allen Richtungen und bald sind wir von einem unheimlichen Wetterleuchten umgeben. Von allen Seiten wird es immer wieder hell. Das Wetter beschert uns eine ganz spezielle Stimmung. Ob das mein persönliches Geburtstags-Feuerwerk ist? Ich gehe müde und voller Dankbarkeit ins Bett. Dankbar, dass ich einen meiner schönsten Geburtstage auf einer einsamen und unbewohnten Insel erleben durfte.
Das Seglerleben gefällt mir unheimlich. Ich fühlte mich total wohl auf der Lupina mit Pia und Köbi. So wohl, dass ich glatt noch lange hier bleiben würde. Hatte ich anfänglich noch etwas Mühe mit dem Schaukeln bei den grossen Wellen, so schreibe ich nun diesen Text auf dem wackelnden Schiff, als hätte ich noch nie einen anderen Arbeitsplatz gehabt.
Schon morgen werde ich mit einem Rucksack voller schöner Erinnerungen Richtung Schweiz fliegen. Erinnerungen, Erlebnisse, die ich nie vergessen werde. Es waren wundervolle Tage. Grazie mille Pia und Köbi – und natürlich Lupina.
Ich wünsche euch beiden noch viele schöne Erlebnisse in der grossen Meereswelt, interessante Begegnungen und gut Wind. Schiff ahoi!