Am 16. April 2019 machen wir uns von Petit Saint Vincent auf
in ein neues Land: Grenadan Grenadines. Dieses Land setzt sich aus diversen
Inseln zusammen, die von Grenada aus verwaltet werden. Es besteht aus drei
grösseren Inseln (Grenada, Carriacou und Petit Martinique) und vielen kleineren
Inselgruppen. Wir steuern die Östlichste davon, Petit Martinique, an.
Auf Petit Martinique gibt es zwar keinen Zoll, wo wir einklarieren können, aber wir setzen trotzdem pflichtbewusst die neue Landesflagge und die gelbe Quarantäneflagge, als wir die Hoheitsgrenze von Grenadan Grenadines überquerenPetit Martinique ist gerade mal 2.4 Quadratkilometer gross. Die rund 900 Einwohner leben auf der Westseite der Insel, die Ostseite ist unbewohnt und dem vorherrschenden Passatwind ausgesetzt. Die fast runde Form der Insel verlockt uns zu einer Umrundung zu Fuss. Mal sehen, ob wir im Westen einen Weg finden (gemäss Karte gibt es keinen)Das Parkieren mit dem Dinghi ist auch hier eine Herausforderung. Nicht Anlegen und Aussteigen sind schwierig (wir sind ja sportlich ), aber das Boot so zu fixieren, dass es auch nach ein paar Stunden bei Schwell und wechselnden Winden noch dort steht, wo es stehen soll und nicht mit dem Motor irgendwo gegenknallt oder unter dem Pier eingeklemmt wirdWir machen eine wunderschöne Wanderung um die Insel. Es ist zwar sehr heiss, aber der dauernd blasende Wind trocknet den Schweiss vorzu weg. Wir finden einen Ziegenpfad, der uns im Osten der Insel durch eine abwechslungsreiche Buschlandschaft führt und das offene Wegstück überbrückt
Am nächsten Tag segeln wir weiter nach Carriacou, hinter
Grenada die grösste Insel des Landes. Rund 7000 Einwohner leben auf der rund 30
Quadratkilometer grossen Insel. Gemäss unserem Reiseführer gibt es in der
Hauptstadt Hillsborough Immigration und Zollbehörde, wo wir einklarieren
können. Bevor wir dort an Land gehen verbringen wir eine Nacht in einer kleinen
einsamen Bucht (Anse La Roche im Norden der Insel, wunderbares
Schnorchelgebiet) und können dort unter anderem dutzende von Leguanen
beobachten, wie sie am menschenleeren Sandstrand am helllichten Tag Löcher
buddeln und ihre Eier hinein legen.
Bay von Hillsborough, Carriacou. Wir finden eine fast leere Bucht vor und sind das einzige Segelschiff vor Anker gleich neben dem Pier. Weiter draussen in der Distanz liegen ein paar Segelschiffe vor dem kleinen, flachen Sandy Island (Insel wie ein Hufeisen) vor Anker. Dorthin wollen wir später auch noch, aber zuerst müssen wir nun an Land und einklarieren
An
Land finden wir zwar ein Immigrationsbüro, aber keinen Zoll. Die freundliche
Immigrations-Dame, die gerade vom Mittagessen zurückkommt und die letzten Bissen
genüsslich fertig kaut, erklärt uns, dass der Zoll kürzlich in die Tyrell Bay
im Süden der Insel verlegt wurde. Nun ist uns auch klar, dass es keine Schiffe mehr
in Hillsborough vor Anker hat. Alle, die ein- oder ausklarieren wollen, müssen
in die Tyrell Bay, eine Bucht, die von fast allen Winden und Wellen gut
geschützt ist. Was machen? Da bisher noch nie jemand das Boot sehen wollte,
schnappen wir uns den nächsten Bus und fahren in die rund fünf Kilometer
entfernt gelegene Tyrell Bay. Dort in der Marina finden wir denn auch
tatsächlich Immigration und Zoll schön vereint in einem kleinen Büro. Langsam
sind wir mit der Prozedur vertraut, und schnell haben wir das
Einklarierungsdokument von Hand ausgefüllt und die nötigen Stempel in unserem
Pass. Der Mann lächelt sogar verständnisvoll, als Pia ihn bittet, den Stempel
doch bitte auf die nächste leere Seite im Pass und nicht irgendwo zu
platzieren. Das ausgefüllte Formular landet auf dem grossen Stapel auf dem
Beistelltisch. Und schon sind wir auch hier legal im Land.
Der Beistelltisch im Immigrations- und Zollbüro überquillt von Formularen (Tyrell Bay,Carriacou)Keine Formulare, aber viel Ware in den Gestellen der Lebensmittel Läden. Waren auf den anderen Inseln bisher die Läden doch eher spärlich bestückt, scheint hier die Versorgung doch reichlich und auch vielseitiger zu sein. Aber auch hier sind Grundnahrungsmittel wie etwa Bohnen, Reis, Linsen, Mehl, etc. von Hand in Plastiksäckchen abgepackt und einzeln angeschrieben. Zum Glück haben wir von den Kanaren noch leere Eierschachteln: Eier werden nur offen und einzeln verkauftSogar Gewürze in vielseitiger Auswahl sind fein säuberlich abgepackt und angeschriebenAm Karfreitag machen wir eine Wanderung von Hillsborough quer über die Insel auf die Ostseite, wo wir eine wunderschöne Küstenlandschaft antreffen. Wetter und Sicht sind gut und am nördlichen Horizont sehen wir die südlichsten Inseln von Saint Vincent and the Grenadines (Pia mit Langarmbluse, als natürlicher Sonnenschutz)Auch am Wanderweg: die offizielle Müllhalde. Wir haben bereits in Hillsborough festgestellt, dass sich die Regierung und diverse Umwelt-Organisationen dafür einsetzen, dass Müll ordentlich eingesammelt und entsorgt wird. Und es funktioniert hier tatsächlich besser, als auf anderen Inseln. Dass aber Plastiktaschen vom Wind kilometerweit verfrachtet werden und überall in Sträuchern und Bäumen hängen bleiben, oder dass sich Haustiere wie hier eine Herde Esel den Bauch mit Müll statt gesunden Gräsern vollstopfen – das stört (im Moment noch) niemandenNeubau am Strassenrand: was fehlt hier?? (Auflösung ganz am Schluss)Die Karfreitags-Wanderung ist einiges länger und anstrengender geworden, als geplant. Aber jetzt wissen wir es: an öffentlichen Feiertagen fahren keine Busse. Wir schaffen es aber nach fünf Stunden doch noch zurück nach Hillsborough, und nach ein paar erfrischenden Rum Punches sind wir wieder voller Energie und TatendrangAm nächsten Tag zieht es uns in den nördlichen Teil der Insel. In ein Naturschutzgebiet mit Mangrovenwald und Brutgebiet von WasserschildkrötenDer Fusspfad ist sehr spannend angelegt und führt zuerst durch den durch einen Hurrikan aufgeschwemmten, zerstörten Teil des MangrovenwaldesVogelbeobachtungstand. Leider ist die Tageszeit wohl nicht so ideal und wir sehen nur wenige Vögel …… dafür eine wunderschöne Küstenlandschaft, wo sogar dieser gestrandete alte Kahn irgendwie ins Bild passtGestrandete, verwahrloste und verrostende Schiffswracks sehen wir auf Carriacou erstaunlich viele. Eines schwimmt sogar, offensichtlich noch am Anker, ganz prominent in der Bucht von HillsboroughNicht nur auf Carriacou, aber hier ganz besonders, wird immer noch die alte Kunst des Holzschiffbaus rege gelebt. Im Ort Windward auf der Ostseite der Insel sehen wir mehrere Schiffe, die sich im Bau befinden. Bei diesem Exemplar ist gerade der Kiel gelegt und die ersten Spannten verbaut wordenUnd noch ein Wrack. Dieses liegt direkt am Strand vor dem lokalen Flughafen. In anderen Reiseberichten lesen wir, dass hier sogar mal jemand eine Strandbar einrichten wollte. Das muss aber schon sehr lange her sein, denn das dicke Stahlblech des Rumpfes und die restlichen Innereien sind schon längst massiv durchrostetWunderschöner Spaziergang durch die Mangroven um den Flughafen herum an den Paradise Beach im Südwesten von CarriacouPause am Paradise Beach bei kühlem, lokalem Bier (Marke: Stag) und wunderbarer Aussicht. In dieser Jahreszeit hat es nur noch wenig Touristen und der Strand ist fast menschenleer. An Wochenenden wird er aber sehr rege von Einheimischen besuchtDie vielen vorhandenen Restaurants und Strandbars buhlen um die wenigen Kunden, die es hat. Hier wird ein Fussbad für die sandigen Strandfüsse angeboten …… und hier gratis PC Benutzung mit WiFi
Tja, und nun kommt der Finger-Mann! Von Hillsborough wollen wir am Ostersonntag weniger als eine Meile zur Sandy Island verlegen. Diese Insel ist in einem Naturschutzgebiet und verspricht herrliches Baden und Schnorcheln. Zur Schonung der Korallen sind Bojen ausgelegt, an denen man festmachen muss, ankern darf man nicht, oder nur auf spezielle Anordnung des Ranchers. Es weht eine kräftige Briese, gut 20 Knoten Wind. Mehrmals sind wir sehr nahe an der Boje, an der wir festmachen wollen, kriegen aber die Schlaufe, die unten an der Boje im Wasser hängt, nicht zu fassen. Pia versucht es mit dem Bootshaken, dieser verfängt sich und wird ihr bei einer der kräftigen Wellen aus der Hand gerissen. Als wir wieder nahe an der Boje sind, springt Köbi beherzt ins Wasser, greift die Festmacheröse der Boje, und zieht die Festmachertrosse durch. In diesem Moment wirft eine starke Welle das Schiff kräftig hoch. Es gibt plötzlichen Zug auf die Trosse und Köbi verklemmt seine Hand zwischen Bojenöse und Trosse. Resultat: zwei Finger ausgerenkt, zwei Finger gequetscht und am Mittelfinger die Fingerkuppe abgerissen. Übung Abbruch!
Mit stark blutender Hand an Bord, Notverband, unter Motor volle Fahrt in die Tyrell Bay, Anker runter und über Funk ein Wassertaxi angefordert für den Transport an Land. Es ist Ostern- niemand arbeitet. Es findet sich aber doch einer, der uns an Land bringt. Als er unsere Notlage sieht, will er nichts für den Transport. Wir geben ihm trotzdem was. Dann mit Privatfahrzeug ins Spital der Insel (liegt auf einem Hügel mit phantastischer Aussicht). Dieser Fahrer ist weniger kulant und nützt die Gelegenheit: er verlangt ungeniert das doppelte, was ein Taxi kosten würde. Sehr ungewöhnlich für einen Einheimischen, aber wir diskutieren nicht. Der Empfang im Spital ist sehr speziell (vornehm ausgedrückt). Köbi zeigt den Finger mit dem blutigen Verband. Unbeeindruckt und offenbar leicht verärgert, weil sie in ihrem Nichtstun gestört wurde, steht die Dame am Empfang nach einer Weile auf. Streckt Arm mit Zeigefinger am Ende aus und verweist Köbi an einen Eingang am anderen Ende des Spitals. Ein Wartesaal mit etwa 10 Personen drin. Keiner davon mit offensichtlicher Verletzung oder Gesundheitsproblemen. Nach einer halben Stunde geht Pia zurück und will erklären, dass die Wunde so schnell wie möglich versorgt werden sollte. Ergebnislos kommt sie zurück. Also: warten! Bald einmal öffnet sich die Türe und eine Schwester schaut sich im Warteraum um. Sie winkt eine Patientin zu sich, schaut aber gebannt auf Köbi’s blutigen Verband. Vermutlich hat es darauf in der Notaufnahme eine kurze Aussprache gegeben, denn bald darauf kommt die Schwester wieder und winkt Köbi in die Notaufnahme. Check und Diagnose verlaufen dann speditiv, mit sehr einfachen Mitteln zwar, aber sehr zweckmässig. Die junge diensthabende Ärztin macht einen hervorragenden Job und näht zusammen, was noch zu nähen ist. Sie scheint sich solche Arbeiten gewohnt zu sein.
Das abgequetschte Fingerende des Mittelfingers wird im Spital von Carriacou so gut wie möglich vernähtRund drei Stunden nach dem Eintritt ins Spital sitzt Köbi mit prominent dickem Verband auf der Bank vor dem Spital und wartet auf das Taxi zurück in die Tyrell Bay
Dieser kleine Zwischenfall sorgt nun dafür, dass wir noch
etwas länger auf Carriacou verweilen werden. Wir wollen erst weiter, wenn die
Wunde sich geschlossen hat und kein Infektionsrisiko mehr besteht.
Der Verband muss vorläufig jeden Tag gewechselt werden, was uns täglich nach Hillsborough zur Krankenstation führt (es gibt Leute die meinen, bei diesen hübschen Krankenschwestern dauert der Heilungsprozess länger ;))
Es ist irgendwie lustig, aber auch sehr schön, die Reaktion
der Leute zu beobachten. Jeder spricht Köbi sofort auf den Finger an und fragt sorgenvoll
und interessiert, was passiert ist. Wohl schon fast die halbe Insel kennt
unsere Geschichte und sehr oft wird Köbi mit einem lustigen «Hi Finger-Man»
begrüsst
Köbi’s Verletzung hat auch ihr Gutes: ab sofort darf (muss?) Pia für die nächsten Wochen die Routinen von Köbi, wie hier das Tauchen des Ankers, oder Dinghi Wassern und Starten übernehmen
Auflösung zu Bild 11: werden sonst bei Neubauten hier immer zuerst die Eingangstreppen betoniert und erst dann Fundament-Stützen und Haus gebaut, fehlt hier eine Treppe
4 Antworten auf „Petit Martinique, Carriacou und der Finger-Mann“
Hoi zäme,
Da isch de Pech… Köbi, mir wünsche dir e gueti besserig und e schnelli genesig!! Früher hetts uf sandy Island kei Boje gha und s ankere isch bi de starke strömig nid immer eifach gsi. Ich hoffe ihr chönd de glich no es paar täg uf dere herrliche insle verbringe!
Liebi Grüss und allzit e handbreit Wasser underem Kiel Rolf und Daniela
Gute Besserung!
Ist ja nochmals gut gegangen. Gute Besserung Köbi.
… und wieder ein sehr unterhaltsamer toller Bericht. Vielen Dank ubd liebe Grüsse.
Ida
Das send Gschechte! Gute Besserung ond alles Gute!
Hoi zäme,
Da isch de Pech… Köbi, mir wünsche dir e gueti besserig und e schnelli genesig!! Früher hetts uf sandy Island kei Boje gha und s ankere isch bi de starke strömig nid immer eifach gsi. Ich hoffe ihr chönd de glich no es paar täg uf dere herrliche insle verbringe!
Liebi Grüss und allzit e handbreit Wasser underem Kiel Rolf und Daniela