Am 16.9.2018 sind wir nach einer gemütlichen Überfahrt von Porto Santo in Madeira angekommen. Da der Wind unterwegs nicht allzu stark war, haben wir bei der Überfahrt etwas an unserer Segelfertigkeit geübt und den Einsatz von Bullentaille (= Seil, welches das Grosssegel in seiner Position sichert) und Spi-Baum (= Stange, welche das Vorsegel in seiner Position hält) verfeinert. Wir haben das recht gut hingekriegt und die beiden anderen Schiffe, welche rund eine Stunde vor uns gestartet waren, kurz vor Madeira eingeholt. In der ersten Nacht sind wir vorerst bei Machico vor Anker gegangen. Für den Rest der Woche haben wir dann in der Marina von Funchal, der Hauptstadt von Madeira, festgemacht.
Madeira ist eine fantastische Insel, die wir vorher nur von Büchern kannten. Wir sind von den Eindrücken immer noch überwältigt und lassen am besten die Bilder sprechen.
Ohne es zu wollen, aber fast wie immer bisher in Portugal: bei unserer Ankunft gibt es ein Fest. Diesmal waren es die Fischer, welche die Nossa Senhora da Piedade (eine Heiligenfigur) für einen Tag aus ihrer Kapelle holen und in einer Prozession mit ihren Schiffen ans Tageslicht bringen. Mehr als 20 Fischerschiffe, bestückt mit Lautsprechern, Bordbar und vor allem vielen Leuten, fahren mit lauter Musik und ausgelassener Partystimmung an Bord an uns vorbei
In Madeira gibt es nur 2 Richtungen: aufwärts oder abwärts. Und das meist immer recht abrupt und steil. Die Insel hat vulkanischen Ursprung und entsprechend ist sie stark zerklüftet. Flächen, die flach sind, haben wir noch keine entdeckt 🙂
Um eine flache Landebahn für einen Flughafen zu schaffen musste ein fast 3 Kilometer langer Kunstbau, zum Teil übers Meer hinaus, gebaut werden
Die ersten Erkundigungsgänge machen wir in der Nähe der Marina von Funchal. Wir sind nicht die ersten Touristen hier: auch die berühmte Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sissi, Dame links im Bild) hielt sich 1860 hier auf, um eine Lungentuberkulose auszukurieren
Mit viel Liebe für’s Detail gepflegter Früchtestand im öffentlichen Markthaus (Mercado dos Lavradores). Uns fällt übrigens auf, dass die Leute hier noch rege in kleinen Dorfläden und Märkten einkaufen. Man kennt sich persönlich und der Ladeninhaber ist meist selber hinter der Theke anwesend. Es gibt noch Läden für Früchte, Gemüse, Kolonialwaren, Fleisch, Fisch, Bäckereien, und viele andere mehr. Grosse Einkaufszentren gibt es praktisch nicht
Eine Luftseilbahn (Made in Switzerland – smile) führt direkt vom Meer die steilen Berghänge hoch zum Ortsteil „Monte“, früher Wohngebiet wohlhabender Adliger
In frühen Jahren (vor dem 20. Jahrhundert) liessen sich die gut betuchten Leute auf Sänften nach Monte hoch und runter tragen …
Später wurde dann für die Träger die Talfahrt etwas vereinfacht. Für die Herrschaften kam wohl eine gute Dosis Adrenalin hinzu 🙂
Das Prinzip ist einfach: fein geteerte oder gepflästerte Strassen mit genügend Gefälle, Korbschlitten mit Hartholzkufen, und los geht es. In Wölflinswil, unserem Heimatort, währen das Rank oder der Chillenrain ideal dafür!
In der Kirche „Nossa Senhora do Monte“ (Monte ist ein Ortsteil von Funchal) liegt der selige Kaiser Karl der I. von Habsburg begraben. Nach der Auflösung des Kaiserreiches im Jahre 1918 wurde er ins Exil gezwungen, zuerst in die Schweiz und dann nach Madeira, wo er 1921 ankam. Nur 1 Jahr später verstarb der letzte Kaiser von Österreich in seiner Verbannung an einer Lungenentzündung. 2004 wurde er durch Papst Johannes Paul II. selig gesprochen. Seine Statue (rechts im Bild) thront hoch über Funchal
Nur ein Beispiel von vielen imposanten Prunkbauten und schönen Plätze in Funchal. Uns sind vor allem die fantastischen Bodenbeläge aufgefallen ….
Im Strassenbau mit Kopfsteinpflaster oder Kieselsteinen macht den Portugiesen oder speziell den Madeirensern keiner so schnell was vor. Hier ein wunderschönes Beispiel mit runden Kieselsteinen. Alles einfach grossartige Handarbeit! Nicht nur vereinzelte Plätze, nein, ganze Dörfer und Städte sind in tausenden von Arbeitsstunden unter gleissender Sonne sehr exakt und robust bepflastert worden.
Immer eindrücklich: Kirchen mit ihren prunkvollen Bildern und Altären. Hier die Sé Kathedrale
Die angeblich älteste Strasse in Funchal, die Rua de Sta Maria. Sie ist fast 1.5 Kilometer lang und von unzähligen Restaurants gesäumt. Da sind wir natürlich neugierig.
Etwas Besonderes der Strasse: die meisten Portale und Türen wurden vor einigen Jahren im Rahmen des Projektes „Arte Portas Abertas“ von zeitgenössischen Künstlern fantasievoll bemalt
Einer von vielen Toreingängen in der ältesten Strasse von Funchal
Madeiras subtropische Blütenfülle zieht auch uns in ihren Bann. Portugiesische Seefahrer und Englische Weinhändler brachten Raritäten aus aller Welt mit. Hier besuchen wir den „Jardim Botanico“ mit über 1000 verschiedenen Pflanzen
Abends geht’s immer wieder zurück auf unser Boot. Einmal, als wir heimkommen, hat es mehr Schuhe auf der Kaimauer, als wir hinterlassen haben – was ist da los?
Die Antwort ist schnell gefunden: wir haben „Nachbarn“ (rotes Schiff, Holländer) erhalten. Wenn eine Marina keine freien Plätze mehr hat, werden neu ankommende Schiffe einfach neben andere gepackt. Es heisst dann: wir liegen im „Päckli“. Dafür gibt es in der Seefahrt genaue Benimm-Regeln. Zum Beispiel wird ein Schiff immer über das Vorschiff überquert, damit die Privatsphäre im Cockpit gewahrt wird. Oder eine andere Regel besagt, dass Schuhe beim Betreten eines Schiffes immer abgezogen werden, damit kein Strassenschmutz oder Ungeziefer (gefürchtet sind Kakerlaken) auf das Schiff gelangen können
Hafenidylle: jeder Morgen steht ein riesen Kreuzfahrtschiff (hier die Independence of the Seas) direkt vor der Marina. Die Passagiere haben 1 Tag Zeit, um Madeira kennen zu lernen. Wir haben zum Glück mehr Zeit 🙂
Zuckerrohr ist neben Bananen eines der wichtigsten Agrarprodukte. Madeira war im 15. und 16 Jahrhundert weltweit bekannt als der wichtigste Hersteller von Zucker (damals als das „weisse Gold“ bekannt). Hier besuchen wir eine der ältesten Zuckerrohr-Verarbeitungsfabriken im Land, die immer noch aktiv ist. Allerdings wird heute kein Zucker mehr hergestellt, sondern ausschliesslich Rum
Im Innern der Fabrik sieht es aus wie in einem Museum. Alle Maschinen werden mit Dampf betrieben (siehe silbrige Leitungen). Die Steuerungen sind rein mechanisch – das funktioniert seit bald 100 Jahren so!
Auf dem Schiff fehlen uns die ausgedehnten Spaziergänge, die wir sonst jeweils unternommen haben. Auf Madeira treffen wir perfekte Wanderwege, die jeweils gut ausgeschildert sind
Wanderung auf den höchsten Berg (Pico Ruivo) der Insel. Die Wanderwege sind perfekt signalisiert und sehr gut unterhalten. Wir starten in dichtem Nebel. Je höher wir steigen, umso besser wird die Sicht
Oben auf dem 1861 Meter hohen Berg (= höchster Berg Madeiras) werden wir mit voller Sonne für unsere Anstrengungen belohnt. Unter uns das Nebelmeer, das sich jeweils aber im Verlaufe des Tages schnell auflöst
Aufstieg auf den 3. höchsten Berg, Pico do Arieiro, 1818m. Pia macht den Corcovado
Blick vom Pico do Arieiro auf den höchsten Berg, Pico Ruivo (rechts im Bild)
Zurück an der Küste. Am Cabo Girao erhebt sich eine über 500 Meter hohe Steilwand direkt aus dem Meer. Auf einer gläsernen Plattform wagen wir uns über die Klippe hinaus. Zwischen Strand direkt senkrecht unter uns und unserer Aussichtsplattform beträgt der Höhenunterschied 580m
Früher stellte die Bewässerung von Zuckerrohr- und Bananenplantagen grosse Probleme dar. Ähnlich wie in der Schweiz im Wallis mit den Suonen wurde das wichtige Wasser aus den Bergen im Norden der Insel in Wasserkanälen zu den Feldern gebracht. Es gibt ein Netz von über 2000km dieser Wasserkanäle, „Levada“ genannt. Entlang dieser Kanäle lässt es sich bequem wandern. Auf dem Bild verläuft der Kanal durch einen Felsdurchbruch auf die andere Talseite
Und auf dieser anderen Talseite wartet wieder ein phantastischer Ausblick auf uns (Aussichtspunkt „Balcóes“)
Unterwegs treffen wir immer wieder Einheimische an, die ihre selbst gefertigten Produkte feil bieten. Von dieser Frau kaufen wir uns ein Glas Honig
Weiteres Beispiel dieser phantastischen Landschaft: Aussichtspunkt „Pico do Serrado“ mit Vogelperspektive über das Nonnental (so genannt, weil sich hier früher Nonnen vor den Piraten in Sicherheit gebracht haben)
Tief unter uns windet sich die alte Strasse halsbrecherisch dem Steilhang entlang ins Nonnental. Heute wird die Zufahrt über einen langen Tunnel gesichert
Und so sehen wir vom Aussichtspunkt rund 400 Meter tief ins Tal. Serpentinen artig schlängelt sich die Strassen das Tal empor
Den Ostteil der Insel haben wir von Funchal aus erkundigt. Für den Westteil verlagern wir das Schiff nach Westen bis Caletha, wo wir ein paar Tage bleiben wollen. Im Moment ankern wir unterwegs vor der Küste …
… und beenden den Bericht an dieser Stelle mit einem wunderschönen Sonnenuntergang. Bis bald!