Von Vanuatu nach Australien

8.-15.10.2024

Erster Tag auf See

Um 10:45 Uhr lokale Zeit heben wir in Luganville auf Vanuatu den Anker und los geht es nach Australien. Zielhafen sind Gold Coast oder das südlichere Coffs Harbour, unsere erste Präferenz.

Die Wind Verhältnisse am Ankerplatz sind gut, und wir können gleich die Segel setzen. In ruhiger Fahrt, manchmal kurz stärker angestossen von einer Böe, segeln wir dem Second Channel entlang westwärts. Nach rund einer Stunde haben wir das offene Meer erreicht. Keine weiteren Engpässe mehr. Der Tiefenmesser fällt schnell ins Bodenlose. Nachdem sich auch die Windrichtung stabilisiert hat (auf der Leeseite einer Insel hat es immer noch Turbulenzen), können wir Kurs zum ersten Wegpunkt aufnehmen und entsprechend die Segel ausrichten.

Das Meer ist flach und wir machen schnelle Fahrt.
Wir sind beide freudige gespannt, was diese Überfahrt uns alles bringen wird.
Im Verlaufe des Nachmittages wird die See ungemütlich krabbelig, die Wellen immer höher. Auch der Wind hat zugenommen bis auf 20 Knoten quer auf das Schiff. Immer wieder werfen uns die spitzen Wellen auf die Seite. Es ist nicht mehr angenehm.

Pia, der es bis zu diesem Zeitpunkt sehr gut ging, wird immer ruhiger. Konzentriert schaut sie zum Horizont. Ich weiss, was das bedeutet! Kurz darauf geht sie runter und legt sich flach hin. Eigentlich wäre nun Essenszeit, aber das winkt sie vehement ab. Ich geniesse eines der vorgekochten Menüs (Cho Men Nudeln) alleine. Pia ist nun definitiv ausser Gefecht. Mir bleibt nichts anderes übrig, als ihre Schicht der Wache (1. Nachthälfte) auch zu übernehmen. Ich bin froh, lässt mich die Seekrankheit in Ruhe. Noch bevor die Nacht anbricht, rollen wir die bereits kräftig gereffte Genua ganz ein, reduzieren unser Tempo, das für die immer dümmer werdenden Wellen eh zu schnell war, und fahren mit 6-7 Knoten in die Nacht. Wir haben Glück, der Wind verharrt in seiner Richtung und auch die Stärke bleibt meist unter 20 Knoten. So bleibt uns, ausser dem heftigen Geschaukel, eine unruhige Nacht erspart.

Gegen Morgen nehmen die Wellen in der Höhe leicht ab, und sie werden regelmässiger. Es wird angenehm. Nach den ersten 24 Stunden haben wir ein ETMAL (über 24 Stunden gefahrene Distanz) von 160 Seemeilen erreicht. Wir rechnen bei einer Distanzfahrt mit einem ETMAL von 144 Seemeilen, was einer Geschwindigkeit von 6 Knoten entspricht. Wir sind also sehr gut unterwegs!

Zweiter Tag auf See

Nach einem Tag hat sich die Bordroutine eingependelt. Eines von uns sitzt immer im Cockpit, beobachtet Wind und Wellen und schaut, ob sich kein Schiff in unsere Nähe verirrt. In diesen Gegenden wäre das eher ein besonderes Ereignis. Das Andere ist meist unten am Dösen, Lesen, oder Spiele Machen. Da Pia auch am 2. Tag unter der Seekrankheit leidet (der Magen hat sich zwar mittlerweile ans Schaukeln gewohnt, nun sind aber Kopfschmerzen und Schwindel dazu gekommen), verbringe ich die meiste Zeit auf Wache. Macht aber nichts, auch da kann ich ab und zu ein Nickerchen machen oder etwas lesen. Ich kann mich gut ausruhen.

Die Fahrt durch den Tag verläuft relativ ereignislos: der Wind hat auf angenehme 15 Knoten nachgelassen, kommt nach wie vor quer aufs Schiff und verleiht ihm so eine stabile Schräglage. Wir haben mittlerweile die Fock gesetzt (dieses Vorsegel ist deutlich kleiner als die Genua und lässt sich bei viel Wind ruhiger segeln) und es wird immer angenehmer.

Kurz vor dem Eindunkeln ein kurzer Aufreger. Ein Tölpel (so heissen sie tatsächlich) wird seinem Namen gerecht. Er will unbedingt auf unserem Windgenerator ausruhen. Wir scheuchen ihn immer wieder weg. Er ist hartnäckiger als wir, und versucht es so lange, bis es ihm die Flügel stutzt. Schade für den schönen Vogel. Pia ist wieder einigermassen auf dem Damm (bis auf die heftigen Kopfschmerzen. Diesmal kann sie auch ihre Schicht machen und ich übernehme dann ab Mitternacht.

Auch diese Nachtfahrt verläuft ansonsten ereignislos, und wird durch einen wunderbar farbigen Sonnenaufgang abgeschlossen.

Unser heutiges ETMAL: 168 Seemeilen.

Dritter Tag auf See

Spannung ist angesagt. Heute durchfahren wir das erste von 3 Riffen. Es liegt nördlich von Neu Kaledonien und reicht teilweise knapp über die Wasseroberfläche. Es gibt eine Passage (Grand Passage, grüner Bereich), durch welche die Querung sicher ist.

So ist es dann auch: unser Tiefenmesser, der bis 140m tief messen kann, bleibt arbeitslos, und wir sehen weit und breit kein Anzeichen des Riffes, da die Passage mehrere Kilometer breit ist. In der Passage und danach: herrliches Segeln, da die Wellen sehr flach geworden sind. Wir sind immer noch schnell unterwegs.

Erstaunlicherweise hat sich Pia immer noch nicht erholt. Die Übelkeit ist zwar weg, aber heftige Kopfschmerzen und Schwindel plagen sie nach wie vor.

Der Skipper ist also immer noch gleichzeitig auch Smutje (Koch) und löst Pia eine Stunde früher ab auf der Wache in der Nacht zum 4. Tag. ETMAL: 160nm

Vierter Tag auf See

Der Tag beginnt mit einer sehr konfusen See. Irgendjemand muss den Wellen mal beibringen, dass sie nur aus einer Richtung kommen sollen.

Wir nähern uns dem 2. Riff auf unserer Fahrt, der «Banc de Landsdowne» (roter Kreis im Bild weiter oben). Auf der Seekarte sieht es zwar überall sehr tief aus, wenn man aber rein zoomt, erkennt man plötzlich Punktmarkierungen mit Angaben wie «12m» oder «Störung». Also irgendetwas ist da. Wir machen einen weiten Bogen um solche Stellen und halten immer ein Auge auf dem Tiefenmesser. Der bleibt die ganze Zeit im Endlosen.

Nach ein paar Stunden sind wir durch und können wieder etwas entspannen auf der Wache. Herrlichstes Segeln dann am Nachmittag, flaches Meer und guter Wind.
Das ändert sich am Abend schlagartig. Kurz vor dem Eindunkeln nimmt der Wind deutlich zu, kurz danach die Wellen. Unser kardanisch aufgehängter Kochherd/Ofen schaukelt bis zum Anschlag …
… und unsere Schiffsglocke baumelt heftig hin und her. Wer sich fragt, ob diese denn nicht dauernd bimmelt bei so schaukliger Fahrt? Nein – kein Ton! Grund: das Pendel bewegt sich im gleichen Rhythmus wie die Glocke und schlägt daher nie an.

Um es etwas spannender zu machen kommt diesmal auch Regen dazu. Um Mitternacht sind es dann 25-30kn, die heftig an den Segeln zerren. Unglaublich, was die aushalten müssen. Und erst noch der Autopilot, der bei der aufgewühlten See die Lupina schnurgerade auf Kurs hält. Ab und zu schleudert ihn eine grosse Welle etwas aus dem Ruder, schnell aber kaum spürbar korrigiert unser elektronischer Steuermann. Wir sind beide froh, als die Nacht vorbei ist und wir wieder sehen, was um uns herum passiert. Obwohl wir, um Material und Mensch zu schonen, die Segel stark gerefft hatten, liegt unser ETMAL nach den vierten 24 Stunden auf See bei 161 Seemeilen. Pia hat es geholfen: sie ist wieder auf dem Damm.

Fünfter Tag auf See

Anfänglich ist die See noch bockig und die Wellen der vergangenen Nacht werfen uns umher wie ein Rodeo Pferd seinen Reiter. Da der Wind etwas nachgelassen und stabil aus Südost weht, beruhigt sich das Meer und es wird wieder ein herrlicher Segel Tag. Auch Pia geht es wieder deutlich besser und sie kann ihre Schichten im Cockpit wieder übernehmen (bei guten Segelbedingungen kann man sich dabei gut erholen).

Wir queren das letzte Riff, die Nova Banc (gelber Bereich auf dem Bild weiter oben) südlich der Chesterfield Inseln, bei besten Verhältnissen. Von nun verläuft unsere Route bis an die Küste von Australien ohne weitere Hindernisse. Wir sind auf direkter Linie nach Coffs Harbour, das südlich des 30. Breitengrades liegt. Das ist wichtig für den Versicherungsschutz, denn nördlich davon sind Sturmschäden während der Zyklonzeit (1. November – 30. April) am Boot nicht gedeckt. Anfänglich hat alles gut ausgesehen, nun wird die Wetterlage vor Coffs immer etwas verworrener. Je nach Wettermodellen, die wir über SSB (Kurzwellen Funk) anfragen, oder die ich vom Seglerkollegen Beat der SY Kianga übermittelt erhalte, herrscht bei unserer vorgesehenen Annäherungszeit Sturm von Norden, gar kein Wind oder Gegenwind aus Süden. Kurz: eine sehr unsichere Wetterlage.

Eine dicke Wolkenbank über der untergehenden Sonne deutet einen Wetterwechsel an.

Der Wind scheint uns bei der Entscheidung helfen zu wollen: er dreht im Verlaufe der ersten Nachthälfte soweit nach Süden, dass wir mehr westwärts ausweichen müssen und praktisch genau Kurs nach Gold Coast fahren müssen. In der Nacht dann zum folgenden Tag lässt der Wind zuerst stark nach. Die Segel schlagen während fast einer Stunde lang immer wieder, weil sie nicht mit genügend Wind gefüllt sind. Dann nimmt er um ein paar Knoten zu und es wird eine herrliche Nachtfahrt. ETMAL 167 Seemeilen

Sechster Tag auf See

Wir halten immer noch Kurs auf Gold Coast, hoffen aber, die Wettersituation in Coffs ändert sich noch. Es wird ein wunderbarer Segel Tag.
Die Lupina gleitet mit rhythmischem Rauschen schnell und elegant Richtung Australien. Sie scheint sich darauf zu freuen. Auch Delphine werden durch diese Freude angesteckt. Fast eine Stunde lang springen und tauchen sie um uns herum. Ein schönes Tier!

Am Abend (wie kann es anders sein, immer wenn es in die Nacht geht!) nimmt der Wind schlagartig zu. Innerhalb weniger als 15 Minuten von gemächlichen 12 Knoten auf 20-25 Knoten. Und er bleibt dort fast die ganze Nacht. Wieder stark gerefft und bei gedrosseltem Tempo lassen wir uns durch die Nacht rollen und schütteln. Wer sagt denn, Segeln sei entspannend und bequem? Egal, auch diese Nacht geht zu Ende. Ab jetzt lässt der Wind nach und beginnt, wie vorhergesagt, von Südosten nach Nordosten zu drehen. Jetzt kommt für uns der Wind weiter achterlich, was die Stabilität des Schiffes nicht unbedingt verbessert. Der zwar abnehmende aber immer noch heftige Schwell der Nacht schüttelt uns in den siebten Tag. ETMAL 156 Seemeilen

Siebter Tag auf See

Die Wettersituation vor Coffs Harbour verdeutlicht sich. Es zeichnet sich ab, dass am Tag unserer Ankunft der Wind zusammenfallen würde und wir rund 36 Stunden motoren müssten. Das wollen wir nicht. Die Entscheidung ist gefallen, wir bleiben auf Kurs nach Gold Coast.

Die Tatsache, dass wir nun das näher gelegenen Gold Coast ansteuern und die schneller als geplante Fahrt haben Konsequenzen. Wir müssen die Essensvorräte, die nicht nach Australien eingeführt werden, einen Tag schneller auffuttern. Die Australier haben sehr strickte Auflagen, die auch kontrolliert und umgesetzt werden. Na gut, dann opfere ich mich halt und putze (nur leicht unterstützt von Pia) den restlichen Vorrat weg. Viel war aber nicht mehr vorhanden, Pia hatte das vorgängig sehr gut geplant.

Leider fällt dann auf der Fahrt nach Gold Coast der Wind rund 80 Seemeilen (etwa 12 Stunden Fahrt) vor dem Ziel aus. Als unsere Geschwindigkeit unter 2 Knoten fällt, rollen wir etwas widerwillig die Segel ein und starten den Motor. Um Mitternacht flackert dann kur noch einmal etwas Wind auf, was mich zum erneuten Setzen der Segel motiviert. Aber 2 Stunden später ist definitiv nur noch Flaute. Früh morgens bei Sonnenaufgang sehen wir Land. Die Lichter der Hochhäuser liessen sich schon von viel weiter draussen erkennen.

Kriegen wir da Unterstützung für die Navigation? Genau an der Stelle, wo grosse Schiffe ihren Lotsen aufnehmen, der dem Kapitän den sicheren Weg weist, da landet diese Möve auf unserer GPS-Antenne und macht es sich für die nächste Stunde gemütlich.
Die Möve verteidigt ihren Platz vehement. Ihre Kolleginnen und Kollegen müssen sich auf den viel instabileren Seilen ausbalancieren.
Anfahrt von Gold Coast. Weit im Hintergrund die imposante Skyline.
Nun ist es höchste Zeit die Gastlandflagge und den Quarantänewimpel zu hissen.

Genau nach 6 Tagen und 20 Stunden, um 07:45 Uhr Lokalzeit, wird Australien am 15. Oktober 2024 festgemacht an der Lupina. Dank leerem Kühlschrank und ausgeräumten Vorrats-Schapps verläuft auch die Inspektion der Biosecurity (die Behörde, welche kontrolliert, dass keine unliebsamen Lebewesen und Pflanzen in das Land gebracht werden) sehr speditiv und äusserst freundlich. Noch alle Fragen und Formulare der Zollbehörde durchgegangen, und schon sind wir legal in Australien willkommen. «Gday Mate!»

Es bleibt spannend! Folge der Lupina im Kielwasser!

2 Antworten auf „Von Vanuatu nach Australien“

  1. Das war wieder ein toller intressanter und lehrreicher Bericht( Schiffsglocke)!
    Was mich erstaunt hat war dass man nach solanger Zeit auf See noch seekrank wird. Und habe mit Pia im Geiste mitgelitten.
    Weiterhin eine gute Zeit wünscht euch Annelis

  2. hallo ihr lieben
    das war nun aber ein spannender krimi.
    mir ist fast auch schlecht geworden. arme pia.
    super habt ihr drei alles, come sempre, mit bravour gemeistert und überstanden.
    viel spass bei den aussies mates.
    cari saluti
    morena

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert