Letzte Meilen In Vanuatu

29.9. – 8.10.2024

Wir sind nun seit einem Monat in Vanuatu und haben einen kleinen Eindruck von Land, Inseln und deren einzigartige Kulturen bekommen. Wir könnten gut und gerne länger bleiben, aber die Zyklon Saison, die offiziell am 1. November beginnt, rückt immer näher. Wir werden diese nicht nur für Schiffe gefährliche Jahreszeit in Australien, ausserhalb des Risikogebietes, verbringen.

Bevor es auf die 7–8-tägige Fahrt nach Australien geht, wollen wir noch unsere Rundreise in Vanuatu zu Ende bringen. In diesem Bericht nehmen wir dich mit auf die grüne Strecke: von Port Stanley im Norden der Insel Malekula zur Insel Vao an der Nordspitze und dann rüber auf Espiritu Santo nach Luganville.
Dass wir uns besser aus dem Staub machen, bevor die ersten Zyklone sich anbahnen, zeigt dieses Bild: Vanuatu ist ein Hochrisiko-Gebiet und wird fast jedes Jahr irgendwo heimgesucht von einem dieser Stürme. Hier, in der Nähe unseres Ankerplatzes in der Bucht von Port Stanley, wurde vor 5 Jahren ein ganzes Palmenfeld zerstört.
Auf der Insel Vao ganz im Norden von Malekula leben rund 1350 Menschen auf 8 Dörfer verteilt. Es sind alles «Kastom» Dörfer, Gemeinschaften also, wo die alten Traditionen noch ausgiebig gepflegt werden. Wir besuchen daher den Chief des ersten Dorfes und bitten um Erlaubnis, vor seinem Dorf ankern zu dürfen. Dabei übergeben wir ihm kleine Geschenke: ein schönes Hemd, ein Seil und ein Beutel, mit Toilettenartikeln. Er freut sich sehr darüber und erteilt uns die Erlaubnis, bleiben zu dürfen. Sich allein im Dorf oder auf der Insel bewegen geht aber nicht, es hat viele «Tabu» Zonen, die wir nicht alleine betreten dürfen. Der Chief stellt uns Lucy als Reiseleiterin ab, der diese Abwechslung im Alltag sichtlich Freude bereitet.
Gleich am Anfang unseres Spazierganges durch das Dorf nimmt Lucy mir die Kamera ab. Ich darf als Fremder keine Bilder machen. Sie aber schon! Die paar folgenden Bilder hat Lucy für uns geschossen. Hier sind es «Tamtams» am Eingang zur Schule. Die «Tamtams» befinden sich meist an wichtigen Örtlichkeiten und werden mit Holzknüppeln zum Tönen gebracht, wenn man sich treffen will.
Hier sind es vor allem die Frauen, die hart arbeiten. Die Familien haben ihre Gärten auf dem «Festland», wie sie die Mutterinsel Malekula nennen. Am frühen Morgen begeben sich die Frauen auf ihre Felder, arbeiten dort den ganzen Tag und tragen am Abend die Ernte zurück zu ihren Familien auf der kleinen Insel Vao.
Auf Schritt und Tritt begegnen wir «Tamtams», welche «natsaros», Kultstätten mit Steinmonolithen und Banyan-Bäumen, markieren.
Wir sind sehr froh um Lucy’s Erklärungen und Führung. Wir hätten uns alleine, unwissend wie wir sind, einige Male falsch benommen, wären durch Pfade gelaufen, die nur Frauen vorbehalten sind oder hätten nichtsahnend eine spirituelle Unterhaltung mit einem Ahnen, der hoch oben in den Zweigen eines Banyan Baumes sitzt, gestört. Auch für Lucy haben wir ein paar schöne Dinge dabei. Aber – moment! Irgendwie scheint sie sich nicht daran zu freuen. Erst als ich ihr noch einen kleinen Geldschein in die Hand drücke, strahlt sie wie eine Sonne. Wir erfahren, dass seit kurzem die Schule für die Kinder nicht mehr kostenfrei ist und nun die Eltern dafür aufkommen müssen. Mit Geld, das die Eigenversorger eigentlich gar nicht haben.
Während die Frauen hart arbeiten, nehmen es die Männer auf Vao etwas gemütlicher und treffen sich schon am frühen Nachmittag zum Kava-Trinken in dieser Kava-Bar am Strand.
Sogar «Kava am Meter» scheint hier erhältlich zu sein 😉
Es ist unsere letzte Station vor Luganville und wir geniessen nochmals ausgiebig das klare Wasser (über 40 Meter Sicht!!) und die Unterwasserwelt. Es wird die letzte Gelegenheit für lange Zeit sein: in Australien werden uns tödliche Salzwasserkrokodile, Giftquallen, gefährliche Hai-Arten und viel andere unbeliebte Lebewesen vom Wasser fern halten.
In einer gemütlichen Tagesetappe segeln wir von Vao direkt zum Ankerplatz bei Luganville auf der Insel Espiritu Santo. Wir tauchen ein in eine andere Welt: geteerte (trotzdem staubige) Strassen, viele Autos, Industrie und Läden empfangen uns. Weil heute gerade ein P&O Kreuzfahrtschiff in Luganville Halt macht, herrscht eine regelrechte Jahrmarktstimmung mit vielen Souvenir- und Imbissständen im Hafengebiet.
Die nächsten Tage verbringen wir mit Vorbereitungsarbeiten für die Fahrt nach Australien. Ganz zuoberst auf der Liste steht das Schiff: Überprüfung von Motor, Steueranlage und Ruder sowie gründlicher Check des Riggs (Bild).
Pia kümmert sich um die Lebensmittel. Alles was nicht nach Australien eingeführt werden darf, wird noch verbraucht, irgendwie eingekocht oder verbacken und landet dann im Tiefkühler. Nur ganz wenige Dinge müssen wir vor der Abreise noch entsorgen.
Ein ganz wichtiger Punkt ist die Streckenplanung und die Analyse der Wetterentwicklung. Wie sich das Wetter im Gebiet zwischen Vanuatu und Australien verändert, verfolgen wir nun schon seit ein paar Wochen und haben festgestellt, dass es immer wieder Phasen von mehreren Tagen gibt, wo der Wind stabil aus Südosten weht. Für die Planung der Strecke erfassen wir Wegpunkte aus Segelbüchern oder von anderen Segelschiffen auf unserer elektronischen Karte.
Dass die Planung der Strecke anspruchsvoll ist, sieht man auf diesem Bild. Erst wenn man weiter rein zoomt und ins Detail geht, zeigen sich Untiefen, die vorher nicht erkenntlich waren. Mit Hilfe der erfassten Wegpunkte sowie Satelliten Bildern von der Gegend wird es uns gelingen, uns sicher und unversehrt durch das gefährliche Gebiet zu manövrieren.
Wir nehmen uns auch die Zeit, nichts zu tun und zum Beispiel vom Restaurant der Ferienanlage, wo wir mit dem Dinghi anlanden dürfen, unsere Blicke übers Ankerfeld wandern zu lassen.
Heute melden wir uns aus Vanuatu ab und klarieren aus. Als Erstes müssen wir bei der Immigration unsere Pässe abstempeln lassen.
Selbstverständlich haben wir uns, wie von den jeweiligen Behörden verlangt, rechtzeitig fürs Ausklarieren aus Vanuatu und das Einklarieren in Australien angemeldet und die verlangten Formulare ausgefüllt eingereicht. Hier in Vanuatu ist aber im PC nichts auffindbar und wir füllen alle Formulare noch einmal aus. Ist nicht weiter schlimm: ausser in Kuba(!) hat das bisher noch nirgends funktioniert.
Nach rund 2 Stunden haben wir es geschafft. Alle erforderlichen Papiere sind ausgestellt und abgestempelt. Wir sind korrekt ausklariert. Nun haben wir 24 Stunden Zeit, das Land zu verlassen.
Wir sind so weit: heute geniessen wir noch den letzten Sonnenuntergang auf Vanuatu. Morgen Dienstag, 8. Oktober, heisst es: Anker hoch und Segel gesetzt nach Australien.

Vanuatu wird uns in guter Erinnerung bleiben. Nirgends auf unserer bisherigen Reise haben wir die Menschen so nah verbunden mit der Natur gesehen. Sie tragen Sorge dazu und versuchen, achtsam mit ihr umzugehen. Ausserhalb der beiden Städte Port Vila und Luganville leben die Leute in einfachsten Verhältnissen und versorgen sich grösstenteils selber. Über viele Generationen überlieferte Gewohnheiten, Verhaltensweisen und Traditionen werden gepflegt und aktiv gelebt. Für uns etwas gewöhnungsbedürftig war, dass vor allem in den «Kastom» Dörfern sehr viele «Tabus» existieren, die man als Besucher respektieren muss. Wie will man aber Regeln einhalten, wenn man sie nicht kennt? Nicht ganz einfach. Wir haben uns deshalb in Vanuatu sehr wenig auf eigene Faust bewegt.

Segeltechnisch würden wir Vanuatu einfacher einstufen als etwa Fiji, wo fast auf jeder Fahrt gefährliche Korallenriffe drohen. Die meist aus südöstlicher Richtung wehenden Passatwinde machen ein Cruisen entlang der vielen Inseln nordwärts zum Vergnügen. Vorgelagerte, nicht kartografierte Riffe sind eher selten. Einzig das Ankern ist nicht überall ganz einfach, da der Ankergrund oft rasch abfallend ist. Das dürfte mit ein Grund sein, dass das Wasser ausserordentlich klar ist. Nicht selten beträgt die Sichtweite mehr als 20 Meter.

Nun sind wir bereit für neue Abenteuer und freuen uns auf die rund 1’200 Seemeilen nach Australien. Unser Ziel ist Gold Coast oder Coffs Harbour an der Ostküste, je nachdem, wie der Wind bläst. Von Luganville aus werden wir einen Kurs absetzen, der uns via die «Grand Passage» durch die diversen Riffe nördlich von Neu Kaledonien führt. Ein Zwischenstopp in Neu Kaledonien ist nicht geplant, da dort immer noch bürgerkriegsähnliche, innere Unruhen herrschen. Haben wir Neu Kaledonien hinter uns, warten die Untiefen der «Banc de Landsdowne» und das «Chesterfield Riff» darauf, umschifft zu werden. Erst ab da haben wir freie Fahrt und können uns hoffentlich zurücklehnen.

Wir nehmen dich gerne mit auf die Fahrt und du kannst unseren Fortschritt live verfolgen unter diesem Link:  https://share.garmin.com/EPXFV.
Du kannst uns unterwegs auch über diese Plattform kontaktieren, wenn du uns etwas aufheitern möchtest, oder um uns zu warnen, wenn auf unserem Weg irgendwo ein Sturm droht oder sonst eine Gefahr auftaucht.

Es bleibt spannend! Folge der Lupina im Kielwasser!

Auf Wiedersehen in Australien

Eine Antwort auf „Letzte Meilen In Vanuatu“

  1. Guten Morgen aus dem Fricktal
    Ich verfolge eure Fahrt jeden Tag und hoffe euch geht’s gut bei all den Stürmen. Ich bewundere den Mut, so zu leben wie ihr das macht.
    Weiterhin alles Gute, Wind und gutes Wetter!
    Schiff Ahoi:)

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