Maupiti, der vermeintliche Abschied von Französisch-Polynesien

Wir schreiben den 7. Mai 2023. Wir sind seit 2 Tagen ausklariert und können Französisch-Polynesien (FP) verlassen. Wir liegen auf Bora-Bora vor Anker und freuen uns darauf, mit unserer Lupina weiter westwärts neuen Abenteuern entgegen zu segeln. Vor uns liegt als nächstes Ziel die Insel Maupiti, die westlichste zivilisierte Insel von FP.

Früh am Morgen, bei den ersten Sonnenstrahlen, lassen wir Bora-Bora hinter uns und nehmen die rund 30 Seemeilen lange Fahrt nach Maupiti in Angriff.
Unter sonnigem Himmel weht eine leichte Brise und mit Schmetterlingsbesegelung geht es gemütlich unserem neuen Ziel entgegen – Maupiti mit dem 372 Meter hohen Berg «Teurafa’atiu»
Die Einfahrt ins Atoll von Maupiti zählt zu einer der schwierigsten Einfahrten in FP. Sie ist relativ eng (nur 60-80 Meter breit) und es herrscht meist eine starke ausfliessende Strömung. Diese ist weniger von den Gezeiten, als vom Seegang abhängig. Bei hohen Wellen schwappt mehr Wasser übers Riff ins Atoll und fliesst durch den Pass wieder ab. Der Pass ist nach Süden ausgerichtet. Von hier kommt mehrheitlich der Schwell von den starken südlichen Winden. Strömung gegen Welle -eine gefährliche Mischung. Oftmals entstehen dabei hohe stehende Wellen, die sich immer wieder dröhnend brechen. Die Fahrt durch den Pass von Maupiti sollte bei einem Meeresgang mit Wellen höher als 2 Meter vermieden werden. Als wir uns nähern haben wir gerade etwa diese kritische Höhe. Rings um uns brechen tosend die Wellen und hinterlassen im Einfahrtsbereich ein weiss schäumendes Gebrodel.
Nach rund 5 Minuten sind wir durch die schlimmsten Turbulenzen durch. Ein Blick zurück zeigt deutlich die mit weissem Schaumwasser überdeckten Riffkanten. Nach der Passage dieser Stelle wird das Steuern wieder einfacher. Aber jetzt ist Geduld gefragt. Nun gilt es, den stärksten Strömungen auszuweichen (bei unserer Einfahrt sind es gerade etwa 4 Knoten) und die Lupina langsam (wir machen nur 1-2 Knoten Fahrt über Grund) aber sicher ins Atoll zu manövrieren. Es klappt einwandfrei.
Kurz danach sind wir drin und ankern direkt vor dem Hauptdorf (Vaiea) auf Maupiti. Hier der Blick nach hinten …
… und hier nach vorne. Draussen herrscht ein Seegang von rund 2 Metern Welle, im Atoll drin ist das Wasser spiegelglatt.
Am Ankerplatz treffen wir die SY Pasito wieder. Den ersten Sundowner auf Maupiti geniessen wir zusammen mit Ruedi und Chris auf der Lupina.

Maupiti erinnert uns stark an unsere erste Insel in FP: Gambier. Die Hauptinsel bildet das Zentrum des Atolls. Umsäumt wird sie von 5 Motus, kleine flache Korallen- und Sandinseln direkt am Riff. Die bewohnbare Fläche beträgt nur rund 12km2. Die rund 1’300 Einwohner leben mehrheitlich vom sanften Tourismus (es hat diverse kleine, hübsche Pensionen), Fischfang und Copra. Die Infrastruktur ist gut und die Insel ist mit Fähre von Bora-Bora und per Flugzeug erreichbar. Obwohl die Strasse rings um die Insel nur etwa 10 Kilometer lang ist, hat jeder Haushalt mindestens 1 Auto.

«Maupiti» bedeutet «zwei Berge». Zwei Berge bilden die Hauptinsel und der höchste davon, der 372 Meter hohe «Teurafa’atiu», verspricht eine fantastische Aussicht über das Atoll. Da müssen wir hin! Gemeinsam mit der Crew der SY Pasito nehmen wir den steilen Anstieg in Angriff.
Auch für Schweizer Bergziegen geht es nicht ohne Rast im anspruchsvollen Gelände.
Schon auf halber Höhe öffnet sich eine grandiose Aussicht auf das Atoll. Unten links das Dorf, in der Bildmitte im Hintergrund die Einfahrt zwischen den 2 Motus.
Zuoberst auf dem «Teurafa’atiu» angelangt
Und das ist die Belohnung – 360 Grad Rundumsicht. Hier der Blick Richtung Westen
Blick Richtung Süden zum Pass. Hier sieht man gut, wie ein Atoll funktioniert: über den Rand des Riffes (sichtbar an den weissen Schaumkronen im Meer) schwappt frisches Meerwasser ins Atoll hinein. Über den über Tausende von Jahren durch permanente Strömung tief eingeschnittenen Kanal (tiefblaue Farbe) fliesst das Wasser wieder aus dem Atoll.
Blick nach Westen über das Dorf Vaiea und unseren Ankerplatz (Bildmitte)
Der Abstieg verläuft dann sehr abenteuerlich. Wir folgen dem zunächst noch einigermassen gut markierten Wanderweg auf die Westseite der Insel. Schon nach kurzer Zeit verlieren wir den Pfad jedoch (wahrscheinlich zu wenig benutzt?) und kämpfen uns mutig bergabwärts, unterstützt mit einem GPS-Gerät in der Hand. Nach mühsamen 2 Stunden Kampf durch trockene Flusstäler und entlang von Steilhängen dann die Erleichterung: wir stossen auf frisch aufgehängte Weg Markierungen (rote Bändel). Von da an ist der Rest ein Kinderspiel.
Streng war es – aber soo schön!
Nach der Wanderung braucht es Stärkung. Frisches Gemüse am 2-mal pro Woche stattfindenden Gemüsemarkt.
Gestärkt mit diesen gesunden Vitaminen geht es auf eine Rad-Tour um die Insel (rund 10km einmal rings herum)
Verdiente Pause zwischendurch …
… und Aussicht geniessen. Die Radtour gefällt uns so gut – wir umrunden die Insel gleich 2 mal: einmal im links herum, einmal rechts herum.
Wir sind im Dorf zurück. Irgendwo riecht es gut. Wir hören Musik und gehen hin. «Ein Fest für die Dorfjugend», wird uns erklärt. Passt für uns! Es wird ein fantastisch schöner Abend mit viel Musik, Tanz und Gesang. Schaut euch die Gesichter an – die strahlen vor Fröhlichkeit!
Wunderschöne lokale Tänzerinnen! Die Hüften wackeln fast schneller, als die männlichen Augen folgen können (big smile)
Verschiedene Gruppen in bunter Reihenfolge. Die Dame in der Bildmitte spielt übrigens ein lokales Instrument: man nehme einen alten Plastikkanister, steckt eine Holzlatte durch den Ausguss und spannt über der Latte eine Schnur – fertig ist der Kontra-Bass.
Was das Fest mit der Dorfjugend zu tun haben soll, haben wir nicht wirklich begriffen. Die Zuschauer waren durchwegs älteren Semesters. Die einzigen Jugendlichen, die wir erblicken, sind ein paar wenige Kinder, die Mutter oder Vater zur Aufführung begleiten. Diese Beiden haben ihre helle Freude an unserem komischen Französisch.

Seit Tagen beobachten wir interessiert die Wetterentwicklung. Unser nächstes Ziel sind die Cook Inseln. Da unsere Wunschdestinationen, die Inseln Palmerston und Suwarrow keine Einklarierungsstationen sind, müssen wir zuerst einen der beiden offiziellen Einklarierungshäfen anlaufen. Rarotonga oder Aitutaki. Die Distanz zu beiden Inseln ist mit rund 460 Seemeilen etwa gleich weit, aber Rarotonga liegt viel weiter südlich als Aitutaki. Deshalb entscheiden wir uns für Aitutaki. Wir brauchen also nun ein Wetterfenster mit 4 Tagen gutem, stabilem Wind. Als sich nach einer Woche am Ankerplatz vor dem Dorf immer noch keine geeignete Gelegenheit abzeichnet, verlegen wir noch für ein paar Tage ans Riff in der Nähe des Passes. Hier ist das Wasser viel klarer und die Schnorchel-Möglichkeiten vielfältiger.

Wir fahren mit dem Dinghi nach einem ausgedehnten Schnorchel Ausflug zurück zur Lupina. Als wir weggefahren sind, waren wir mit der Lupina alleine. Nun liegt ein grosser Cat einer Charter-Gesellschaft direkt neben uns. Beim Vorbeifahren ruft die Crew laut und winkt uns zu sich. Es stellt sich heraus, dass die 2, Marie-Claire und Denis (? ich hoffe, die Namen stimmen?) aus der Region Genf kommen, hier gerade eine Yacht mit Besatzung gemietet haben und für rund eine Woche einen Kurztörn unternehmen. Als sie unsere Schweizer Flagge gesehen haben, wollten sie uns «Hallo» sagen. Wir werden von der Besatzung herzlich an Bord willkommen geheissen und mit einem Stück echtem Schweizer Greyerzer Käse, einer Flasche Rotwein und feiner Schokolade beschenkt. Perfekt gelungen!! Vielen Dank!!

Dann ist es endlich da, unser Wetterfenster. Unsere Freunde von der Pasito sind mutig schon einen Tag früher in See gestochen. Wir warten noch einen Tag, bis der Wind etwas stärker wird. Wir brauchen eine gewisse Windstärke, damit die Segel im Wellengang des Meeres nicht dauernd heftig hin und her schlagen. Am 17. Mai scheint es soweit zu sein. Der Wind ist da, allerdings auch nur für 2 Tage. Ganz kurzfristig entscheiden wir uns, auf der letzten noch für unser Schiff zugänglichen Insel in FP, auf dem Atoll Maupiha’a, einen Zwischenstopp einzulegen. Von da aus sind es nur noch etwa 350 Seemeilen bis Aitutaki, was das benötigte Wetterfenster etwas überschaubarer macht.

Unser letzter Sonnenuntergang auf Maupiti. Einmal mehr fällt uns der Abschied schwer. Wir haben hier noch einmal ein wunderbares Französisch-Polynesien erleben dürfen. Nebst Gambier ist Maupiti für uns einer der schönsten Flecken Erde, die wir hier in den letzten anderthalb Jahren besegelt haben. Was für ein schöner Abschied aus FP!

Zum Glück heisst es nun aber doch noch nicht ganz, endgültig Abschied zu nehmen. Es gibt ja jetzt noch dieses Maupiha’a. Was uns da wohl erwartet? Der Pass ins Atoll soll noch gefährlicher sein als in Maupiti!

Aber mehr davon im nächsten Bericht. Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!

Die Zeit in Französisch-Polynesien neigt sich zu Ende

Unsere Freunde, Mandy und Dani Stadelmann, sitzen im Flugzeug nach Hause. Wir schreiben heute Sonntag, den 22. April 2023. Nachdem wir die Beiden mit dem Schiff am Steg abgeliefert haben, verlegen wir noch für eine Nacht in das Bojen Feld vor dem Bora-Bora Yacht Club. Der stürmische Wind, hohe Wellen und immer wieder Regenschauer nehmen uns die Lust, unser Dinghi zu wassern und an Land zu fahren. Nach dem wunderbaren Abschieds-Nachtessen vom Vorabend im «Bloody Mary’s» haben wir eh kein Bedürfnis, schon wieder auswärts zu essen. Die Normalität kehrt wieder ein auf der Lupina.

Die ganze Nacht regnet und stürmt es. Die Bojen auf Bora-Bora sind gut unterhalten (dafür kosten sie auch stolze 40 Dollar pro Tag) und wir schlafen gut und tief. Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von Bora-Bora und nutzen den Westwind, um wieder nach Tahaa und Raiatea zurück zu segeln. Wir lassen das triste Wetter in Bora-Bora zurück.
Zurück auf Tahaa hat uns die Sonne wieder. Der Westwind vertreibt die Regenwolken, stellt dann nach und nach ab und übergibt das Feld wieder dem hier sonst üblichen Ostwind.
Wir geniessen den ersten Ankerplatz auf Tahaa gebührend mit einem Ankertrunk.

Die vergangenen 2 Wochen sind für uns etwas schnell, zu schnell verlaufen. Wir sind im Eilzugstempo von Tahiti, über Moorea, Huahine und Tahaa nach Bora-Bora gesegelt. Deshalb kehren wir nun nochmals nach Tahaa zurück. Wir wollen uns auch Zeit nehmen für die Hauptinsel in dieser Region, Raiatea, welche im gleichen Atoll drinnen liegt wie Tahaa.

Während Tahiti, Moorea und Bora Bora alle touristisch sehr gut erschlossen sind, wird Tahaa (wie auch schon Huahine) oft als „die geheime Insel“ bezeichnet. Alle Inseln verfügen über eine wunderschöne Natur, auch wenn sie unterschiedlich sind. Huahine und Tahaa sind einfach nochmals eine Spur üppiger und authentischer. Etwas mehr als 5’000 Einwohner leben verteilt auf 8 Dörfer auf der 88 km2 grossen Insel. Auch hier nimmt der Tourismus die Hauptstellung ein in der Wirtschaft, aber ein Grossteil der Bevölkerung lebt vom Fischen, von Kopra und von Landwirtschaft.

Das Ende der langgezogenen Bucht von Haamene (Tahaa) – unser Ankerplatz für die nächsten Tage
Die rund 5 Kilometer tiefe Haamene Bucht bietet sehr guten Schutz vor den meisten Winden. Abends und in den Morgenstunden herrscht Totenstille und das Wasser ist spiegelglatt.
Vom Ankerplatz in Haamene mieten wir uns per Internet ein Auto und umrunden damit die Insel Tahaa (rund 70km). Von der Westküste haben wir einen fantastischen Blick rüber nach Bora-Bora, das irgendwo zwischen Meer und Himmel zu schweben scheint.
Uns fällt sofort auf: hier nehmen sich die Leute wieder Zeit, die Umgebung ihrer Häuser schön und ordentlich zu halten. Sie sind stolz darauf, schön zu wohnen. Es gibt keine oder wenig hässliche Mauern und Bretterverschläge, welche das Grundstück vor lästigen Blicken abschotten sollen. So gefällt es uns. Zu ihren verstorbenen Angehörigen haben sie ein innigeres Verhältnis als etwa in den Marquesas oder auf den Tuamotus. Hier nehmen die Verstorbenen meist einen prominenten Platz auf dem eigenen Anwesen ein. Das Grab dient als Sitzplatz, Treffpunkt und vermutlich auch als Ort, wo man sich gedanklich und spirituell wieder mit seinen Vorfahren verbindet.
Perlenfarmen wie auf Gambier. Sie sind aber eindeutig auf Touristen vorbereitet, die von grossen Hotel Anlagen aus Raiatea und Tahaa mit Booten direkt vor die Türe gefahren werden.
Auf Tahaa gibt es 2 Rumfabriken. Die eine, Pari-Pari, ist auf den High-End Tourismus abgestimmt mit entsprechend horrenden Preisen. Die andere Destillerie, Mana’o, präsentiert sich klein und sympathisch. Hier erfahren wir viel über Hintergründe, Motivation und Projekte des noch jungen Unternehmens. Natürlich dürfen wir auch ausgiebig vom mit Bio-Label versehenen Rum degustieren.
Nachdem wir Tahaa per Auto entlang der wunderschön angelegten Küstenstrasse «erfahren» haben, wollen wir sie heute zu Fuss von unserer Bucht Haamene aus nordwärts durchwandern. Schon kurz nach dem Start aber dieses Tor, mit einer grossen Kette behangen. Ein genauer Blick zeigt aber, die Kette ist nicht abgeschlossen und das Tor dient wohl lediglich dazu, dass das auf dem Gelände dahinter weidende Grossvieh nicht ausbüchst.

An dieser Stelle eine kurze Antwort auf die Frage, wie wir auf fremden Inseln Wanderwege finden und uns nicht jedes Mal verirren. Heute ist das ja ganz einfach. Internet und Mobiltelefone helfen dabei, und ein paar andere Segler, die wir nach Tipps befragen. Wir benutzen ein Programm, das Offline-Karten verwendet und die GPS-Position des Handys. Mit der APP «MapsMe» suchen wir vorher die ganze Insel auf schöne oder vielversprechende Wanderungen ab. Einmal unterwegs können wir dann Dank GPS immer wieder kontrollieren, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Technologie macht’s möglich!

Hinter dem Tor erwartet uns ein wunderschöner, sanft ansteigender, alter Pfad, der früher von den Einwohnern benutzt wurde, um auf dem Landweg zur Hauptstadt im Norden der Insel zu gelangen. Er führt gut beschattet von mächtigen Bäumen durch üppigen Urwald.
Auf der Bergscheide dann dieser wunderbare Ausblick in den Süden auf «unsere» Bucht, wo die Lupina mit mittlerweile 3 anderen Booten sicher liegt.
Nach der rund 10km langen Wanderung erreichen wir die Nordküste von Tahaa. Jetzt müssen wir uns entscheiden: auf demselben Weg zurück oder rund 20km der Küstenstrasse entlang. Wir entscheiden uns für das Letztere. Wir nehmen aber unseren Daumen zur Hilfe und bereits das erste Auto hält an. Ein übers ganze Gesicht strahlender Mann und seine ebenso herzlich lachende Tochter nehmen uns mit ihrem klapprigen Pick-Up Truck die ganze Strecke mit. Mauruuru – vielen Dank!
In der Haamene Bucht wartet Lupina auf uns.
Regenbogen am Ankerplatz

Am nächsten Tag lichten wir den Anker und segeln rund 8 Seemeilen durch das Atoll zur Hauptinsel der Region im Westen der Gesellschaftsinseln: Raiatea. Raiatea ist rund doppelt so gross, wie Tahaa und galt in der Vergangenheit als Wiege der über tausendjährigen Polynesischen Kultur. Hier sollen sich die ersten Menschen angesiedelt haben und sich dann sternförmig (die Inselbewohner nutzten natürlich als Bild die Arme eines Meerestieres, nämlich das der Krake) mit ihren Pirogen auf die weiteren Inseln in der Umgebung verteilt haben. Der ursprüngliche Name der Insel, Havai’i, bedeutet «grosses springendes Wasser». Hier dürften sowohl die unzähligen, sehr hohen Wasserfälle in den Bergen, als auch das mächtig aufschäumende Meer entlang des Riffes für die Namensgebung verantwortlich sein.

In Raiatea machen wir an einer Boje direkt vor der Marina in Uturoa, der Hauptstadt der Insel, fest. Hier können wir unser Dinghi bei Landgängen sicher an einem leeren Steg in der Marina festmachen. Das glasklare Wasser in der Marina ist beeindruckend.
Auch Raiatea «erfahren» wir zuerst, um uns einen ersten Überblick zu verschaffen. Eine auf weiten Strecken direkt am Ufer entlang geführte Strasse bietet wunderschöne Ausblicke auf Meer, Küste und die dahinter liegenden Berge. Das Bild zeigt den grössten Marae (Kultstätte) in ganz Französisch-Polynesien: Marae von Taputapuatea

Als Marae bezeichnet man in den polynesischen Kulturen ein zeremoniellen Zwecken vorbehaltenes, abgegrenztes Areal. In Franz.-Polynesien stellt sich die Zeremonialstätte als architektonische, auf einigen Inseln sogar als monumentale Tempelanlage dar. Meist ist es ein rechteckiger, eingefriedeter Platz, an dessen Ende sich eine steinverkleidete Plattform, auf manchen Inseln mit Statuen, erhebt. Jeder der Plätze hat dabei seine eigene Bestimmung wie: politische Meinungsbildung, religiöse Zeremonien, Begräbnisse, sportliche Ertüchtigung, Opfergaben.

Der Marae Taputapuatea ist ein Küsten-Marae. Im Gegensatz zu den Maraes in den Tälern waren Küsten-Maraes von nationaler Bedeutung und oft einer bestimmten Gottheit gewidmet. Der Marae Taputapuatea zum Beispiel dem Kriegsgott Oro. Auf dem Platz in diesem Bild wurden die Könige ins Amt eingesetzt. Der grosse Stein in der Mitte des Platzes soll dem neu amtierenden König Rückhalt und Standfestigkeit vermitteln.
Raiatea ist eine der wenigen Inseln in Franz.-Polynesien, die einen befahrbaren Fluss aufzuweisen hat, den Fluss Faaroa. Also zügig mit der Lupina dahin, Anker werfen in der gleichnamigen Bucht, ins Dinghi gehüpft und los geht’s. Schnell aber wird uns klar: das Unterfangen ist nicht ganz gefahrlos: Es hat zwar keine gefährlichen Tiere wie Würgeschlangen, Krokodile oder Piranhas, aber dafür hat es immer wieder grosse, dicke Bäume, die umgestürzt im etwas getrübten Wasser liegen und deren harte Äste sich auf die Schraube unseres Aussenborders freuen. Um es kurz zu machen: alles ist gut gegangen und wir sind bis ans befahrbare Ende des Flusses gekommen.
Der Fluss Faaroa führt an einem grossen Botanischen Garten vorbei, den wir auf dem Rückweg besuchen. Als wir wieder ins Dinghi steigen, winkt uns ein Mann von der anderen Uferseite zu sich herüber. Er stellt sich als André vor und erklärt uns, dass er auch einen Garten habe, und dass er uns diesen auch gerne zeigen würde. Natürlich sind wir neugierig und willigen ein.
André führt uns durch seinen wirklich weitläufigen Garten, in dem er allerlei Früchte, Gemüse, Wurzelpflanzen und sogar Getreide anbaut. Alles ohne Chemie oder andere Hilfsmittel von aussen. Er erklärt uns, wie wichtig es für ihn ist, dass er hier draussen alles selber macht, mit den Pflanzen lebt, sie beobachtet und spürt. Nicht mal seine Frau darf ihm bei der Arbeit und Pflege helfen. Er gibt uns von allem etwas zu probieren.
Zum Schluss verabschiedet André uns, vollbepackt mit bekannten und unbekannten Früchten, mit einem Bild für seine Fotosammlung.
Wir haben von einer schönen Wanderung zu den «Les Trois Cascades» (3 Wasserfällen) gelesen. Sie liegt an unserem Weg zurück nach Uturoa in der Bucht von Vairahi und wir beschliessen, sie zu besuchen. Der Wanderweg ist auf unserer MapsMe APP gut ersichtlich und wir ziehen wohlgelaunt frühmorgens los.
Schon bald stossen wir auf diese wuchtige Warntafel. Alles verständliche Regeln, denken wir, bis unser Blick auf das Dreieck «Wandern nur mit Guide» gleitet. Hä – wir und Guide?! Geht gar nicht. Stolz die Brust in den Wind und weiter geht’s!
Rund 500 Meter weiter ein schweres Gittertor mit Kette verriegelt und gespickt mit diversen Verbotstafeln. Privatgrund – Zugang ohne Guide verboten. Hmm – doof!! Aber nicht mit uns. Die Kette ist nicht komplett verriegelt. Also Tor auf, durchgeschlüpft, und die Brust wieder stolz in den Wind.

500m weiter folgt ein Haus. Hmm, abschleichen oder mutig den Stier bei den Hörnern packen? Wir wählen den Stier, beziehungsweise die bellende Hundemeute (5 gut trainierte Kampfhunde!). Wir nähern uns dem Haus, die Hunde sind hinter Gittern. Trotz des lauten Bellens zeigt sich kein Mensch – auch der Autoparkplatz ist leer. Also Brust wieder stolz raus und weiter geht’s im Marschtempo.
Aber Riesenschreck! Einer der Hunde findet irgendwo einen Ausgang aus seinem Gehege und will uns aufhalten. Mittlerweile sind wir bereits am Haus vorbei und streben schnellen Schrittes den Wasserfällen entgegen. Der Hund zieht das bequeme Heim vor und lässt uns ziehen. Schweissperlen auf der Stirne, aber Brust wieder stolz draussen.
Nächsten Wegbiegung, ein Auto. Von weitem sehen wir einen Mann dort arbeiten. Was tun? Wir wählen wieder die Offensive und gehen schnurstracks auf den Mann zu. Es ist ein Gärner der Anlage. Erstaunt fragt er uns, ob das Tor nicht zu war, ob wir die Verbotstafeln nicht gesehen haben, ob die Hunde uns nicht gestoppt hätten? Das Gespräch geht konstruktiv und friedlich weiter. Er erklärt uns, dass der Besitzer des Grundstückes sehr schwierig sei und keinen Spass verstehe. Wir hätten Glück, dass er nicht da sei, sonst hätte er längst die Polizei gerufen. Ich frage, wann der Besitzer denn wieder zurück sei. Am Abend, kommt als Antwort zurück. Unsere Chance, bis dann sind wir längst wieder zurück! Wir erklären dem Gärtner, dass wir es riskieren wollen. Er schüttet nur den Kopf und geht zu seinem Tageswerk über. Auf den nächsten 400 Metern sehen wir mindesten 3 Tafeln mit richterlichen Erlassen und Verfügungen, dass ein Betreten des Gebietes nur mit Führung und Einwilligung des Grundstückbesitzers erlaubt ist. Dann kommt noch ein heftiger Regenschauer dazu und unser Mut ist weg. Mit gekränktem Stolz treten wir widerwillig den Rückzug an. Schade!

Zwei Tage später sind wir bei der Gendarmerie. Nicht etwa wegen des unbefugten Betretens des Grundstückes, nein! Wir haben hier soeben die Ausreisebewilligung aus Französisch-Polynesien erhalten. Für Nicht-Eingeweihte: dieses Papier ist erforderlich, dass man mit seinem Schiff in ein nächstes Land einreisen darf.

Fast anderthalb Jahre Franz.-Polynesien. Eine wunderbare, spannende Zeit neigt sich dem Ende entgegen. Unheimlich viele sehr positive Eindrücke sind in unseren Herzen verewigt. Nun wird es aber Zeit, die Welt weiter zu erkunden und weiter westwärts zu segeln. In der Zwischenzeit sind wir nun wieder von Raiatea nach Bora-Bora gesegelt. Hier warten wir nun auf ideale Winde, die uns die Anfahrt zur nächsten Insel im Westen, Maupiti, erlaubt. Hier soll die Einfahrt durchs Atoll besonders schwierig sein und wir dürfen keine hohen Wellen haben. Morgen Sonntag dürfte es klappen.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!