Von Wind und Wellen über den Atlantik getragen

13.02.2019

Starttag Mittwoch

Bevor wir loslegen wollen wir mit unsere Entsalzungsanlage noch Wasser machen und den Tank füllen. Für den Strombedarf des Wassermachers brauchen wir den Generator. Der Start ist gut, aber nach einer knappen halben Stunde steigt der Generator unvermittelt aus und zeigt denselben Fehler an, den wir in Mindelo reparieren liessen. Grrr – unsere Moral ist am Tiefpunkt. Ohne Generator wollen wir nicht über den Atlantik. Zurück nach Mindelo? 130 SM gegen den Wind? Nein, machen wir nicht! Alles Fluchen und Schimpfen über die lausigen Mechaniker nützt nichts. Köbi darf/muss in den Motorraum! Es hilft, dass er den Mechanikern gut zugeschaut hat, und er kann die Kondensatoren selber ersetzen. Zum Glück haben wir welche in Reserve gekauft und Köbi hat auch deren Montage verbessert, so dass sie nicht mehr so stark geschüttelt werden, wenn der Generator läuft. Nach zwei Stunden brummt der Generator wieder und der Wassermacher kann endlich seine Arbeit aufnehmen. Uff, wir sind total erleichtert! Wäsche wird noch gewaschen, das Dinghi sauber geschrubbt und nach dem Trocknen zusammengefaltet in das Vorschiff verstaut. Die Homepage erhält ihr neustes Update (die letzte Datenmenge auf der Kapverdischen SIM Karte hat gerade noch gereicht dafür). Die letzte Abkühlung im Wasser (wir wollen ja die Atlantiküberquerung frisch und sauber beginnen) nutzen wir noch, um das Unterschiff von kleinen Muscheln und Bewuchs zu befreien. Kurz vor der Abfahrt dann essen wir noch eine kräftige, warme Mahlzeit.

Genau wie vorgenommen um 17:00 Uhr hiessen wir den Anker und stechen geradewegs Richtung Barbados in See. Zuerst mit kräftigem Wind wegen der Inselumlenkung. Weiter von der Küste weg, nach dem Eindunkeln, lässt der Wind etwas nach, wir können die Segel wieder ausreffen und segeln gemütlich mit 6,5 Knoten Fahrt in die Nach hinein. Bei einer Atlantiküberquerung in Ost- West-Richtung, also auf der Passatroute, wird man von Wind, Wellen und Strömung in die Karibik geblasen und getrieben. Da die Temperaturen von Luft und Meer in diesem Bereich warm sind, wird dieses Route auch «Barfussroute» genannt.

Bei schönem Wetter und hier noch flachen Wellen geht’s los Richtung Westen. Je weiter westwärts wir kommen, umso wärmer werden Wasser und Luft. In Barbados warten 26 Grad warmes Wasser und 27 Grad warme Luft auf uns

1. Tag Donnerstag

Der Nachtschichtwechsel ist diesmal erst um 01:30 Uhr. Köbi war sehr müde. Da Pia noch fit war, liess sie ihn etwas länger schlafen. Klare Nacht, ruhige Fahrt. Im Laufe des Mittags bewölkt sich der Himmel und mit dem Sonnenuntergang schwimmt eine ganze Delfinschule (mehr als 30 Tiere) über eine halbe Stunde mit unserem Schiff in die zwischenzeitlich wieder aufgeklarte Nacht hinein.

Unser Etmal: (= zurückgelegte Distanz in 24 Stunden, also um 17 Uhr) 163 SM (Seemeilen)

Sonnenaufgänge erleben wir immer achtern (also hinten) …
… während Sonnenuntergänge immer von vorne zu bewundern sind

2. Tag Freitag

Der zunehmende Mond verdirbt etwas die Sicht in den sternenklaren Nachthimmel. Köbi lernt auch diese Nacht ein neues Sternenbild. Mit dem zunehmenden Wind werden die Wellen höher bis 3 Meter, welche die Lupina immer wieder ins Tanzen und Schleudern bringen. Unten im Schiffsbauch kracht und schlägt es kräftig, man könnte meinen, das Schiff zerschellt in den Wellen. Es fühlt sich so an, als ob ein Bagger in eine Hauswand schlägt. Ein mulmiges Gefühl kommt auf. Aber wir wissen, Lupina ist ein sehr robustes Schiff und wird das alles aushalten können. Wir fallen 10 Grad ab um mehr vor den Wellen zu segeln, somit hört auch das Rollen und Schlingern in der aufgewühlten See auf. Am Abend ist der Wind nach wie vor stark (18-20 Knoten) und wir reffen für die Nacht die Segel etwas (Segelfläche verkleinern), damit die Fahrt für die Nacht ruhiger wird.

Unser Etmal: 194 SM

Anfänglich treffen wir auf eine Kreuzsee: Wellen von hinten und von der Seite. Wellen von hinten sind angenehm, schieben Lupina vehement Richtung Westen. Wellen von Norden hingegen krachen in unsere Seite und werfen das Boot immer wieder aus seiner idealen Bahn
Bald werden die Wellen gleichmässiger – darauf lässt sich prima surfen. Ab und zu werfen sie uns aber schon recht gehörig hin und her. Dann wird das sich an Bord Bewegen zu einer gefährlichen Angelegenheit

3. Tag Samstag

Die ersten beiden Nächte konnten wir nur bedingt schlafen, die Ohrenstöpsel haben uns dabei geholfen, die vielen verschiedenen Geräusche etwas ein zu dämmen. Aber der richtig tiefe Schlaf stellt sich erst jetzt ein. Die gerefften Segel und der andere Winkel zu den Wellen hat die Fahrt ruhiger gemacht. Das Vertrauen zum Schiff ist nun vollkommen da. Wir fühlen uns sehr wohl.

Wind, Wellen und Segelstellung sind unverändert. Auch heute Morgen liegen wieder fliegende Fische auf dem Boot. Diese währen gute Köder zum Angeln von Hochseefischen. Da Fische aber angeblich nur bei schwacher Fahrt (bis zirka 3 Knoten) anbeissen, müssten wir abbremsen. Wollen wir aber nicht. Also ab zurück ins Wasser mit unserer «Beute». Um die Mittagszeit kreuzt uns ein Schiff in einer Distanz von drei Meilen. Erst die zweite Schiffsbegegnung seit unserer Abfahrt.

Unser Etmal: 188 SM

Fliegende Fische, in unterschiedlicher Grösse, verwechseln immer wieder die Lupina als Landeplatz. Ab und zu knallen sie manchmal gegen die Scheibe, so wie man das von Vögeln auch kennt

4. Tag Sonntag

Der Wind bläst jetzt noch mehr von hinten, also von Ost-Nordost, aufs Schiff. Das heisst, wir setzen die Genua mit dem Spi-Baum auf die Gegenseite des Grosssegels und fahren somit einen «Schmetterling». Wir haben uns nun komplett an den Wellengang und das Schaukeln gewöhnt und nehmen diese Bewegungen gar nicht mehr wahr. Pia braucht meistens drei Tage bis ihr Körper soweit ist. Für diese Überfahrt wollte sie aber von Anfang an fit sein und hat die ersten drei Tage ein Medikament gegen Seekrankheit genommen. Das hat ihr geholfen, sich schon von Beginn an wohl zu fühlen. In der Nacht erleben wir seit vier Monaten wieder Regen. Die letzten Tropfen gab es auf La Gomera. Ganz fein rieselt es vom Himmel. Oh… es dürfte auch etwas mehr sein! Lupina ist komplett eingedeckt mit Saharasand und Salz. Eine tüchtige Schiffsdusche wäre sehr willkommen.

Unser Etmal: 179 SM

Schmetterling Besegelung auf der Lupina. Damit man diese Segelstellung sicher Segeln kann, braucht es eine stabile Windrichtung und einen guten Steuermann. Beides haben wir und wir können dieses Segelstellung den Rest der Fahrt beibehalten – es ist wie Vollgasfahrt auf der Autobahn!
Unterwegs treffen wir ab nun immer wieder auf diese gelben Flecken. Es sind Algen, die sich mit ihren Ranken zusammenhalten und solche kleinen Teppiche bilden. Es sieht fast aus wie grünes Moos, das auf dem Wasser schwimmt

5. Tag Montag

Ein schöner Sonnenaufgang begrüsst uns in den neuen Tag. Seit wir auf dem Atlantik sind, ist unser Tagesablauf immer gleich. Er ist eigentlich nicht wesentlich unterschiedlich wie an Land, jedoch benötigen wir für alles viel, viel länger. Das Schiff wird durch den Wellengang hin und her geschaukelt. Es fühlt sich an, als ob wir in einer Waschmaschine drinsitzen oder auf einer Achterbahn. Mit einer Hand müssen wir uns immer festhalten, wenn eine grosse Welle kommt brauchen wir sogar beide Hände, um nicht durchs Schiff geschleudert zu werden. Man stelle sich nun vor, man möchte Zwiebeln oder Gemüse kleinschneiden, Wasser auf dem Herd kochen und dieses dann auch noch in die Thermosflasche abfüllen – und all dies bei einer sich stets verändernden Schräglage von bis zu 30 Grad! Ganz einfache Dinge, wie zum Beispiel die Zahnpasta auf die Zahnbürste bringen, werden plötzlich zu einem Geschicklichkeitsspiel. Sich An- und Abziehen ist auch immer eine lustige Angelegenheit! Aber zum Glück haben wir Zeit – viel Zeit um alles langsam, geschickt und vor allem sicher angehen zu können.

Wir erleben eine wunderbare Vollmondnacht. Die weissen Schaumkronen auf den Wellen glitzern im Mondlicht. Wir sehen das weite Meer ringsum bis zum Horizont. Wir mitten drin auf dem Atlantik, über uns das Sternenzelt. Wir sind sehr glücklich, hier zu sein und die so kraftvolle, schöne Natur so nah und intensiv spüren zu dürfen.

Unser Etmal: 162 SM

Vollmond kurz vor Sonnenaufgang. Bevor in unserem Rücken die Sonne über den Meereshorizont steigt, verabschiedet sich das letzte Licht des Mondes auf den Wellen
Rund 12 Stunden später ein ähnlich phantastisches Schaubild. Diesmal ist es die Sonne, die mit ihren letzten Strahlen ein wunderbares Leuchten an den Horizont zaubert

6. Tag Dienstag

Heute Mittag um 12:00 Uhr (unsere Bord Uhr bleibt für die ganze Überfahrt auf Kapverden Zeit eingestellt) haben wir den Bergpreis bei 1’025 SM erreicht. Wir befinden uns somit mitten auf dem Atlantik. Ab jetzt ist die Distanz zu unserem Ziel näher, als die Distanz zurück auf die Kapverden. Glückseligkeit kommt auf. Barbados, wir kommen!

Die Temperaturen steigen nun täglich. Wir tragen nur noch Shorts und Shirts. Die Temperatur in der Nacht sinkt nicht mehr unter 23 Grad. Wind und Wellen sind uns immer noch treu und schieben uns kraftvoll dem Ziel entgegen.

Unser Etmal: 178 SM

Bevor wir die halbe Strecke durchsegelt haben, holt Pia die Kapverden Fahne ein. Die Barbados Fahne kommt aber erst bei Erreichen der Grenze in den Mast, um das Tuch zu schonen
Bergpreis-Menü von Pia unter erschwerten Bedingungen lecker zubereitet: Filet mit Gemüse (Dank Omnia – Erklärung folgt später)

7. Tag Mittwoch

Diese Nacht hatten wir flaches Wasser mit etwas weniger Wind. Genug aber für ein gemütliches Nachtsegeln bei 6 Knoten Fahrt, dafür weniger hohe Wellen und ein entsprechend tieferer Schlaf. Uns geht es physisch und moralisch sehr gut.

Was machen wir den ganzen Tag? Wellen und Wind beobachten, 2x Schiffskontrolle (morgens und abends), kochen, essen, lesen, schreiben und viiiiel schlafen. Mehr gibt es «leider» nicht zu tun. Pia fällt das schon etwas schwer. Nur sitzen oder liegen ist ihr fast zu wenig. Der Auslauf auf der Lupina ist eingeschränkt. Solange wir hohe Wellen haben, gehen wir aus Sicherheitsgründen nicht grundlos aus dem Cockpit raus, ausser mit der Schwimmweste und eingepiekt an der Rettungsleine, um die tägliche Schiffskontrolle vorzunehmen.

Unser Etmal: 152 SM

Pia beim Putzen der Fensterscheiben – es geht nichts über eine klare Weitsicht (Motto von Köbi 🙂 )
Köbi bei der Schiffskontrolle. Alle Leinen müssen auf ihre Spannung kontrolliert und meist etwas nachgezogen werden. Dadurch lässt sich Verschleiss minimieren oder gar verhindern. Bisher ist alles in einwandfreiem Zustand. Auch sich lösende Schäkel (Eisenbügel, an denen die Leinen fixiert sind), entdecken wir, bevor sie ihre Funktion verlieren und können sie rechtzeitig wieder anziehen
Pia liest unterwegs sehr viel …
… während Köbi Schiffs- und Positionsdaten regelmässig im Journal festhält
Wir schlafen nicht nach einem bestimmten Zeitplan, sondern einfach gerade dann, wenn wir uns müde fühlen. Rechts auf dem Bild das sogenannte „Leebett“. Durch das hochgespannte Segeltuch ist man vor dem Herausrollen geschützt – hier schlafen wir in der Nacht
Köbi’s Lektüre dreht sich hauptsächlich um Erlebnisberichte von berühmten Seglern

8. Tag Donnerstag

Der Himmel ist vollkommen bedeckt. Der Wind hat noch etwas mehr nachgelassen. Wenn es auch nur ein halber Knoten weniger Fahrt ist, verkürzt sich das Etmal doch um viele Seemeilen. Macht nichts, wir sind immer noch zügig unterwegs.

Überall hat es viele dicke Regenwolken. Böige Winde künden den Regenfall an. Rings um uns strömt es aus den schwarzen Wolken. Wir mittendrin bleiben leider verschont. Lupina will einfach nicht geduscht werden 😊

Bis zum Abend klart der Himmel auf. Der abnehmende Mond geht nun jeden Abend eine Stunde später in unserem Rücken auf. Somit erleben wir bei Nachteinbruch einen dunklen Nachthimmel. Der Übergang vom Himmel zum Meer ist fast schwarz und kaum auszumachen. Am Himmel sind Millionen von Sternen zu sehen. Keine einzige Lichtverschmutzung stört dieses wunderbare Bild. Um 23:12 steigt der Mond als eine rote Kugel aus der Dunkelheit auf. Und kurze Zeit später beleuchtet er das ganze Meer bis zum Horizont. Wir fühlen uns sehr geborgen in diesem Universum

Unser Etmal: 167 SM

Beim Durchzug eines «Squalls» (heftiger Regenschauer) geht Köbi aus Sicherheitsgründen selber ans Ruder. Manchmal gibt es kurzzeitige, starke Richtungsänderung des Windes und er könnte rasch eingreifen, falls der Autopilot die Kontrolle verlieren würde (was aber praktisch nie passiert)

9. Tag Freitag

Nachdem Köbi die Schicht um 01:30 übernommen hat, ziehen Wolken von überall her auf. Der Wind frischt auf und lässt die Lupina sehr zügig über die noch flachen Wellen gleiten. Gerade bevor wir frühstücken wollen, lässt dann eine dicke, schwarze Wolke den Regen auf Lupina prasseln. Wir montieren in 2 Minuten unsere Kuchenbude (Vorzelt) damit wir beim Regen im Cockpit im Trockenen gemütlich Frühstücken können. Auf den meisten Schiffen gibt es kein Vorzelt, wir sind aber sehr froh, dass die Lupina ein solches hat und möchten diesen «Luxus» nicht missen. Das Cockpit ist der Platz, wo wir uns am meisten aufhalten und am liebsten sind. Mit diesem Regen wird Lupina nun tüchtig geduscht und sieht danach ordentlich sauberer aus!!

Unser Etmal: 172 SM

Pia geschützt vor Wind und Regen durch unsere Kuchenbude (warum das Ding so heisst, haben wir bisher noch nicht herausgefunden. Mit einer Bude könnten wir es noch in Zusammenhang bringen, aber mit einem Kuchen hat sie nun absolut nichts zu tun 😉

10. Tag Samstag

Während der Nachtschicht von Köbi setzt sich ein schwalbenartiger Vogel auf eine unserer Antennen. Er macht mit Gurren und Pfeiflauten auf sich aufmerksam, bis er gesehen wird (wollte wohl «guten Tag» sagen) und reitet dann bis kurz vor Tagesanbruch auf unserer Lupina mit. Nach seinem Abflug flattert er noch zweimal ums Boot, um uns auf Wiedersehen zu sagen, erwischt dann die falsche Kurve und direkt in den Windgenerator. Der Letztere hat’s überstanden, der Vogel leider nicht: Flügel gebrochen – das Todesurteil für den Meeresvogel, schade ☹

Nach einer sternenklaren Nacht fahren wir heute in einen sonnenklaren Tag hinein. Pia nutzt die Gelegenheit und bäckt ein feines Brot.

Unser Etmal: 154 SM

Frisches Brot im Omnia. Dank dem Tipp von Silke (SY Karl) haben wir nun auch so ein super Teil. Es ist ein Ersatz für den Backofen und wird einfach auf die Gasflamme gestellt

11. Tag Sonntag

Endlich sehen wir wieder einmal ein Schiff auf dem AIS System. Es ist ein Segelschiff, nur 12 Seemeilen voraus!! Der Jagd Instinkt von Lupina ist geweckt. Fünf Stunden später, gerade nach Sonnenaufgang, zieht unsere kleine Wölfin mit vollen Segeln stolz vorbei. Per Funk wünschen wir der ODA II einen guten Morgen.

Beim Frühstück Bereitstellen ist eine kleine Havarie passiert. Die Müeslimischung sollte ins Schüsseli gekippt werden. Vorgängig wird natürlich alles bestens eingeklemmt, auch Pia fixiert sich zwischen Herd und Rückwand. Gerade hat sie eine Hand losgelassen, da stösst eine kräftige Welle Lupina von der einen Seite auf die andere und lässt sie gleichzeitig nach vorne schnellen. Pia fliegt samt Haferflockenpäckli (war noch ganz voll) quer durch den Salon. Da liegt sie am Boden, übersäht mit Haferflocken. Ihr ist zum grossen Glück nichts passiert, einfach nur einen blauen Fleck mehr!! Und natürlich eine Menge Arbeit, alles aufzuwischen. (Köbi meint: «schade habe ich kein Foto gemacht!»)

Unser Etmal: 185 SM

Pia beim kontrollierten Müesli einstreuen. Der kardanisch aufgehängte Herd ist eine grosse Hilfe, da er sich den Wellen anpasst und seine Oberfläche immer horizontal bleibt

12. Tag Montag

Kurz nach Mitternacht meldet unser AIS System, dass wieder ein Segelschiff ein paar Meilen vor uns liegt. Auch dieses wird noch kurz vor dem Ziel von Lupina übersprintet und stehen gelassen. Zwischendurch immer wieder die «Squalls»: schwarze, wassergetränkte Wolken, welche sich sintflutartige über dem Meer entleeren. Diese Nacht und am Morgen werden wir mindestens von 5 erwischt. Lupina ist nun definitiv sauber gewaschen. Und dann, kurz nach dem Morgengrauen, heisst es:

Laaaaand in Siiiiicht!!!

Mit jubelndem Herzen und fast ehrfürchtig, den grossen Törn geschafft zu haben, umrunden wir die Südspitze von Barbados und segeln der Westküste entlang nördlich nach Bridgetown zum Einklarieren und dann zum Ankern. Um 10 Uhr lokale Zeit legen wir im grossen Hafen am Customs Dock an. Diese Anlegestelle ist ein fürchterliches Ding! Der Anleger ist ausgelegt für grosse Kreuzfahrtschiffe, aber für kleine Segelschiffe sind die Poller und die Anpralldämpfer viel zu weit auseinander. Da Pia an Bord bleiben muss, bis die Einklarierung abgeschlossen ist, nehmen wir es für kurze Zeit in Kauf. Wir haben unser Ziel nach genau 11 Tagen und 20 Stunden erreicht.

Wir sind überwältigt, wie 96 m2 Segelfläche Dank dem Wind ein 13 Tonnen schweres Schiff scheinbar mühelos durch die Wellen über den Atlantik von 2’050 Seemeilen (knapp 3’800 KM) schieben können. Ein sicherer und guter Autopilot (automatische Steuerung) übernimmt das Ruder und wir Segler können uns ruhig zurücklehnen und einfach nur geniessen.

Wir sind sehr dankbar, dass wir eine so sorgenlose Überfahrt erleben durften. Alles hat perfekt gepasst. Wind und Wetter, unsere körperliche Verfassung und gute Stimmung haben dazu beigetragen, dass wir um ein sehr schönes Erlebnis in unserem Leben reicher geworden sind. Auch unserer Lupina scheint es gefallen zu haben, über den Atlantik zu rauschen: kein einziges Problem, keine einzige Reparatur, die auf unsere Pendenzenliste gekommen ist. Einfach traumhaft!

Unser Etmal: gibt es nicht mehr, wir sind angekommen bevor wieder 24 Stunden rum waren

Wir überqueren kurz nach Sonnenaufgang das Hoheitsgebiet von Barbados. Zu Ehren des Gastlandes wird die Flagge von Barbados gesetzt. Darunter, wie es das Gesetz verlang, die gelbe «Q» (Quarantäne) Flagge, die gesetzt bleiben muss, bis Schiff und Crew ordnungsmässig einklariert sind
Und dann endlich: Land in Sicht!!

Eckdaten unserer Atlantiküberquerung:

  • Distanz: 2’050 Seemeilen (Fogo – Barbados)
  • Fahrzeit: 11 Tage 20 Stunden
  • Anteil Segel: 99.5% / Anteil Motor: 0.5% (nur zum Auslaufen und zur Hafeneinfahrt)
  • Anteil Autopilot: 99% / Anteil Handsteuerung 1%
  • Ungewollte Halse (Patenthalse): 1x (allerdings gerefft und von Bullentaille gesichert)
  • Defekte: 0
  • Verluste: 1 elastischer Band (das eine Leine vom Scheuern schützte)
  • Gefangene Fische: aktiv 0 – / selber bei uns gelandet: viele!!
  • Nun haben wir seit unserem Start in Brighton 1/6 der Erde umrundet
  • Unsere Empfindung: Stolz, es geschafft zu haben – aber fast auch etwas wehmütig, dass dieses grossartige Abenteuer einer Atlantiküberquerung schon vorbei ist
Unsere verspeiste Lektüre

14 Antworten auf „Von Wind und Wellen über den Atlantik getragen“

  1. So guet ha viel a euch denkt und positivi Gedanke gschickt freu mich MEGA dass es so perfekt klappt het …. aber wenn ich ganz ehrlich bin hani nüt anders vu euch erwartet
    En Gruess vu dr Elsbeth – sie freut sich unendlich well sie morn dr Schlüssel vu eurer Wohnig bechunnt

    1. So guet, denn passt jo wider emol alles perfekt!! Ebe wi bstellt ond d’Liferig isch scho i troffe. Froie mi au für d’Elsbeth ond eusi Wonig!!

  2. Wir gratulieren euch beide für die gelungene, mutige Überfahrt und sind auch froh das es gut geklappt hat! Nun fangt das Karibik feeling an! Wir wünschen euch eine wunderschöne Zeit!
    LG aus Cascais
    Toni&Pauline

  3. Gratuliere euch zur erfolgriche atlantiküberquerig, ha bim läse vo eurem Bericht au an min eignige Transat dänkt. Ich benide euch für die Sterneklare Nächt und wundervolle sunneufgäng. Ihr mached das super und ich wünsche euch no vieli erfolgrichi Törns und überquerige uf eurer Reis.
    Liebi Grüss und immer e handvoll Wasser unterem Kiel
    Rolf

  4. Chapeau und Dank an alle Mächte, die dazu beigetragen haben. Jeden Tag die Position verfolgt und gehofft, dass Mast und Schoten halten und dass auch ihr unbeschadet und voll von wertvollen Lebenserfahrungen in der Karibik ankommen. Nun habt ihr es geschafft und ich nehme auch etwas Anteil an eurem Glück.
    Herzliche Grüsse Aschi

  5. Was haben wir mitgezittert!
    Aber ihr habt das bravourös gemeistert.
    Petra und Holger gratulieren.

    Köbi, ich hab noch ein büschen recherchiert:
    Die „Kuchenbude“ hat, wie die meisten Begriffe in der Seefahrt, ihren Namen von ihrem Zweck.

    Dieses „Zelt“ verlängert während der Liegezeit dein Schiff um zusätzlichen Wohnraum; oder genauer: um einen „Wintergarten“. Und da man als guter Segler natürlich sehen und gesehen werden will, und weil das in der Kajüte unter Deck nur schwer möglich ist, nahm man eben Kaffee & Kuchen in der Kuchenbude zu sich; verbrachte und verbringt also typischerweise den Nachmittag darin.

    Folglich bürgerte sich der Begriff „Kuchenbude“ ein.

    Bösartiger heißt das Ding übrigens „Affenkasten“ oder „Schwitzkasten“. Im erstgenannten Begriff steckt nur „beobachtende Garstigkeit“, weil die Leute in der Bude wirklich manchmal wie Affen herumzuturnen scheinen. Im zweitgenannten Begriff steckt eines der Hauptprobleme der Kuchenbude: Entweder schwitzt man selbst; oder das Ding „schwitzt“ (= überall Kondenswasser ); trocken zu bleiben ist jedenfalls eine Kunst, die ausgeprägter Fähigkeiten zur geschickten Belüftung bedarf, wenn man es zu ungünstigen Zeiten nutzt.

  6. Was haben wir gezittert!
    Aber ihr habt das bravourös gemeistert.
    Petra und Holger gratulieren herzlich.
    Köbi, ich bab noch etwas recherchiert:
    Die „Kuchenbude“ hat, wie die meisten Begriffe in der Seefahrt, ihren Namen von ihrem Zweck.

    Dieses „Zelt“ verlängert während der Liegezeit dein Schiff um zusätzlichen Wohnraum; oder genauer: um einen „Wintergarten“. Und da man als guter Segler natürlich sehen und gesehen werden will, und weil das in der Kajüte unter Deck nur schwer möglich ist, nahm man eben Kaffee & Kuchen in der Kuchenbude zu sich; verbrachte und verbringt also typischerweise den Nachmittag darin.

    Folglich bürgerte sich der Begriff „Kuchenbude“ ein.

    Bösartiger heißt das Ding übrigens „Affenkasten“ oder „Schwitzkasten“. Im erstgenannten Begriff steckt nur „beobachtende Garstigkeit“, weil die Leute in der Bude wirklich manchmal wie Affen herumzuturnen scheinen. Im zweitgenannten Begriff steckt eines der Hauptprobleme der Kuchenbude: Entweder schwitzt man selbst; oder das Ding „schwitzt“ (= überall Kondenswasser ); trocken zu bleiben ist jedenfalls eine Kunst, die ausgeprägter Fähigkeiten zur geschickten Belüftung bedarf, wenn man es zu ungünstigen Zeiten nutzt.

    1. Perfekte Erkärung! Also doch der Kuchen,der die Bezeichnung beeinflusst hat. Pia muss unbedingt einen Kuchen backen, und ihn mir dort servieren (grins)

  7. Hallo Pia und Köbi
    Für mich war klar: Wenn ihr bei Euch BACKBORD habt muss es auch eine KUCHENBUDE geben….!!!!!
    Einfach super dass ihr die Überquerung so wunderbar geschafft habt……ein eindrücklicher Bericht wieder verfasst…(Die Beschreibung der Wellen hat bei mir fast eine Seekrankheit ausgelöst..) Ich freue mich auf die nächsten Berichte aus der Karibik.
    Liebe Grüsse vom Wölflinswiler Dorfbach und machet’s guet !
    Hans Böller

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