Am 18.1.2019, Freitag morgen früh, haben wir im Hafen- und Fischerort Palmeira auf Sal unseren Anker gelegt. Von anderen Seglern haben wir über viel Schwell gelesen, also sind wir durch alle Schiffe durch, so nah wie möglich ans Ufer. Der Ankerplatz war perfekt, der Anker hat gut gehalten im Sand und Schlick, und Schwell hatten wir gar keinen.
Etwas mutig und mit einem permanenten Blick auf den Tiefenmesser bei der Einfahrt haben wir inmitten von lokalen Booten geankert (Lupina gehört der 4. Mast von links gesehen)
Von der Invia Crew (andere Segler, die wir in La Palma getroffen haben) wussten wir, dass man sich hier von Einheimischen an Land fahren lassen kann. Auch wir verlassen uns auf das Wassertaxi von „DJ“, so der Name des Bootsführers,. Unser Dinghi bleibt auf dem sicheren Schiff. 4 Euro für eine Hin- und Rückfahrt, und 2 Euro fürs Aufpassen auf unser Schiff scheint uns zwar verhältnismässig hoch, aber wir willigen ein. Leider hinterliess sein Verhalten bei der Verabschiedung nach unserem Aufenthalt einen etwas schalen Geschmack bei uns: „DJ“ verlangte plötzlich fast das Doppelte vom vereinbarten Preis und war dann sichtlich genervt, dass wir nicht auf seine überrissene Forderung eingegangen sind
Als Erstes, wenn man in einem neuen Land ankommt, muss man „einklarieren“. Darüber hatten wir vorher die unterschiedlichsten Stories gelesen. Bei uns verläuft das Ganze sehr entspannt. Niemand will das Schiff sehen. „DJ“ führt uns zum Office. Der Beamte der Einwanderungsbehörde ist sehr freundlich. Schiffspapiere und Pässe will er sehen. Andere Dokumente, wie Ausreisepapiere von den Kanaren oder dergleichen braucht er nicht. Auch zoll-technische Fragen müssen wir keine beantworten. Nach der Einwanderungsbehörde geht’s ins Büro gleich nebenan zur Hafenbehörde. Auch hier sind die Beamten sehr freundlich und zuvorkommend. Nach 15 Minuten und um 5 Euro leichter verlassen wir das Büro bereits wieder. Als Pfand (wofür?) müssen wir den Schiffsausweis da lassen. Diesen erhalten wir dann bei der Abreise wieder zurück. Uns fällt auf: es stehen zwar auf jedem Bürotisch Computer mit Flachbildschirmen, benutzt werden sie aber nicht. Alles passiert handschriftlich
Danach geht’s zu Patricia, der Ladenführerin der lokalen Papeterie. Hier kriegen wir eine lokale SIM-Karte, die uns Zugang zum Internet gibt. Zuvorkommend wird sie gleich auf meinem Handy eingerichtet
Sal ist gerade mal 30 km von Nord nach Süd und 12 km von West nach Ost. Es die nordöstlichste Insel der Kapverden und die flachste von allen. Der höchste Berg, der Monte Grande, ist 406 Meter hoch. Es leben rund 26’000 Einwohner auf Sal, die sich auf 3 grössere Agglomerationen verteilen: auf die Hauptstadt Espargos (17’000 Ew.) im Landesinnern, auf Santa Maria (6’500 Ew.), das Touristenzentrum ganz im Süden, und auf Palmeira (1’400 Ew.), die Hafenstadt. Der Süden der Insel ist von einer flachen Dünenlandschaft mit kilometerlangen Sandstränden beherrscht, der Rest der Insel ist Geröllwüste (vulkanischen Ursprungs). Landwirtschaft gibt es praktisch keine.
Die lokale Versorgung mit Lebensmitteln ist spärlich, eine grosse Auswahl gibt es nicht. Hier ein Bild aus einem der vielen „Tante-Emma“ Läden. Was bei fast allen Läden immer dominiert: Süssigkeiten und Schleckzeug
Gemüse kommt nur sehr eingeschränkt vor auf der Insel. Auf dem Bild die geringe Auswahl, die lokal gepflanzt wird. Das wenig Vorhandene wird direkt auf der Strasse gehandelt
Wasser und Getränke bekommt man entweder im Laden, oder vom „Hauslieferdienst“
Zum Glück gibt es Fisch in Hülle und Fülle. Jeden Tag frisch am Pier ausgenommen und direkt verkauft
Jeden Morgen das gleiche Schauspiel: die Käufer warten auf die frischen Fische. Immer, wenn ein Fischerboot angelegt hat, beginnt ein hektisches Treiben
Versorgung der Schiffe mit Treibstoff und Wasser (hier im Bild) erfolgt ausschliesslich mittels Kanistern. Strom und Wasser an einem Pier gibt es nicht
Die Insel Sal mit ihrem offiziellen Strassennetz (rote und schwarz gepunktete Linien). Die 5 weissen Punkte sind die Ortschaften, die es gibt. Mit einem Mietauto machen wir uns auf den Weg. Erstmals erleben wir, dass der Vermieter uns das Reserverad und das nötige Werkzeug zeigt sowie das Vergehen, wie man das Rad wechselt, erklärt
Die Hauptachsen Nord-Süd und Ost-West sind gut ausgebaut und geteert …
… in den 3 grössten Orten, Espargos, Santa Maria und Palmeira sind die Strassen meist von handgehauenen Pflastersteinen bedeckt (im Bild die Hauptstrasse in Palmeira)
Alles Andere: Naturstrassen …
… auf denen das Fahren oftmals zu einer spannenden Orientierungsfahrt werden kann. Nicht überall ist der Weg beschildert. Dieses neue Strassenschild wird wohl nicht lange stehen, denn das Holz, aus dem es gefertigt ist, lässt sich für vieles Andere verwenden
Keine Ausserirdischen, kein James Bond Movie – einfache Touristen, die für über 100 Euro ein paar Stunden Staub und Dreck einatmen wollen
Der grösste Teil des Wegnetztes sind Stein- und Sandpisten. Köbi als Militärmotorfahrer a.D. hat an diesen abenteuerlichen Strassen besondere Freude (erinnert sich aber an die Radwechsel-Instruktionen durch den Vermieter) . Pia übt sich derweil geduldig in der Navigation
Diese Pfade führen zu unterschiedlichen Sehenswürdigkeiten. Hier die Felsbucht (aus Lavagestein) von Buracona 6 Kilometer nördlich von Palmeira
Eine etwas spezielle Verbotstafel beim Eingang zur Felsbucht und zum „Olho Azul“, einem tiefen Loch im Vulkanfelsen: das „no topless“ verstehen wir noch, beim „no fish cleaning“ wird es schon etwas schwieriger, aber was die braune Klapperschlange mit den Fliegen (unten Mitte) bedeuten soll?? 🙂 🙂
Und auch hier wieder: Wunder der Natur in einer sonst kargen Einöde
Ein weiteres Ziel unserer Erkundungen: die Salineanlage beim Weiler Pedra de Lume. Die Salzgewinnung war einst der wirtschaftliche Motor für die ganze Insel („Sal“ heisst Salz auf Deutsch). Ein natürlicher Vulkankrater, dessen Boden unterhalb des Meeresspiegels liegt, bot dem Salzhandel vielversprechende Bedingungen. Das in den Krater sickernde Meerwasser verdunstet fortwährend und hinterlässt wertvolles Salz. Im 16. Jahrhundert entdeckt wurde sie mit der Entwicklung der Handelsroute nach Südamerika eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Kapverden
Über einen Tunnel durch den Kraterrand gelangt man in das Innere des Kraters
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde eine Seilbahn gebaut, welche das Salz aus dem Krater ans Meer transportierte. Im Bild die alte, verfallende Beladungsstation
Auch heute wird Salz gewonnen, jedoch nur noch in bescheidenem Rahmen und zum Verkauf innerhalb der Kapverden selber
Heute ist das Salzfeld und der Krater geöffnet für Touristen
Natürlich steht auch der berühmte 9 km lange Sandstrand im Süden bei Santa Maria auf unserem Programm
Und im Osten von Sant Maria, wo Wind und Wellen auf die Küste branden, bewundern wir das Können der Kite-Surfer und bestaunen ihr emsiges Treiben
Aber auch das gibt es: im Norden der Hauptstadt Espargos stossen wir auf ein Elendsviertel, das einem beelendet. Häuser aus Papier, Karton und Blechtafeln. Unrat, so weit das Auge reicht. Nach was schmeckt wohl die Milch dieser Kuh, die ihre Weide im Abfallfeld hat?
Heute ist der Tourismus auf Sal der wichtigste Wirtschaftszweig. Mit allen seinen Vor- und Nachteilen. Noch ist nicht alles durchorganisiert und in den Händen einiger weniger Organisationen. Meistens sind mehrere einheimische Familien am „Geschäft“ beteiligt. So wie dieser Laden. Er profitiert davon, dass der Fahrer des Touristenjeeps ein Verwandter ist (Sohn?). Die Nachbarn und Freunde beliefern den Laden mit handgefertigten Souvenirs. Mit den erzielten Preisen für ihre Handarbeit können sie sich eine gute Lebensgrundlage schaffen
Kaum sind Touristen da schwärmen in bunten Tüchern gewickelte Verkäuferinnen durch die Strassen
Die Männer lassen sich bei ihrem Spiel nicht stören
Und sind die Touristen dann weg, kehrt wieder Ruhe ein im Ort
Unser Lieblingsrestaurant (mit Namen „Rotterdam“) direkt am Hafen. Serviert ausserordentlich guten Fisch. Man beachte die Konstruktion der Wand: als Baumaterial dienen Palmenblätter und ein altes Segel
Das Essen wird meist auf Holzkohle gegrillt und verströmt gewürzdurchtränkt einen Appetit anregenden Geruch. Pia hat eigentlich sowohl Kühlschrank wie Tiefkühler gefüllt mit allerlei feinen Speisen, aber das Essen hier in Palmeira ist so gut, wir haben immer auswärts gefuttert 🙂
Sonntag Abend ist Disco angesagt im „Capricornio“ direkt am Hafen. Kurzerhand wird um das Lokal ein Fischernetz gespannt. Wer rein will muss einen Eintritt bezahlen. Um 23 Uhr stellt die Musik aber unerwartet ab. Unsere verblüfften Gesichter werden von den Umstehenden verstanden. Kurze Erklärung an uns: über 40 Jährige bis 23 Uhr, danach gehört das Lokal der Jugend. Aha! Immer noch verblüfft ziehen wir von dannen 😉
Die Insel Sal ist klein und überschaubar. Wir haben in 5 Tagen viel gesehen und erlebt. Am meisten hat uns die Freundlichkeit und Fröhlichkeit der Leute beeindruckt. Reichtum ist definitiv kein Massstab für’s glücklich Sein – und das ist auch gut so! Der Ausfall des Stromgenerators schmerzt im Moment nicht so sehr. Da wir dauernd guten Wind haben, vermag unser Windgenerator den Verbrauch fast zu kompensieren. So werden wir unseren Törn wie geplant fortsetzen. Wir haben heute Dienstag die Schiffspapiere bei der Hafenbehörde abgeholt und sind ein paar Meilen südwärts in einer Bucht am Anker zum Übernachten. Morgen Mittwoch segeln wir zur nächsten Insel, Boa Vista, weiter.
Bye bye Sal