Zum Abschied nach 30 Jahren ABB Turbolader durfte Köbi ein paar tolle Geschenke seiner ehemaligen Arbeitskollegen in Empfang nehmen. Darunter eine grosse Blechdose, welche als „Notreserve“ dienen soll. In solchen Blechdosen wurden immer teure Ersatzteile, seefest (= wasserdicht und stossfest) verpackt, in der ganzen Welt verschickt.
Kürzlich ist uns der Wein ausgegangen – eine wirklich krasse Notsituation (smile) – und die Büchse kam unters Messer
Auf dem Weg zu unserem Fernziel, Falmouth, legen wir noch ein paar Zwischenhalte ein. Da in den nächsten 1-2 Wochen keine stabilen Windverhältnisse auszumachen sind, welche uns in 3 Tagen nach La Coruna (Spanien) blasen wollen, haben wir keine Eile. Am 23.7.18 lösen wir uns von der Boje in Fowey und laufen Mevagissey und dann Portscatho an, bevor wir im River Fal, direkt ausserhalb von Falmouth, vor Anker gehen.
Ganz am Anfang dieser Etappe aber ein Rückschlag und damit eine neue Herausforderung. Der in Plymouth reparierte Vorsegel-Rollmechanismus gibt seinen Geist wieder auf. Diesmal höre ich die Motoren summen, aber sie drehen leer. Mein Verdacht – Keilriemen wieder defekt – bestätigt sich leider.
Nun wird es spannend. In einem meiner früheren Jobs hatte ich viel mit Schadenuntersuchung zu tun. Da ging es immer darum, herauszufinden, warum etwas kaputt gegangen (havariert) ist, um dann zu verhindern, dass es wieder passiert. Auch diesmal packte mich die Neugier, was da fehlgelaufen sein könnt. Ein paar Telefonate mit dem Mechaniker, der es repariert hatte, ein paar Nachmessungen und Photos, und schnell war klar: das grosse Zahnrad wurde beim ersten Schaden nicht ausgewechselt. Die Abdeckscheibe, welche auf dem Rad aufgeschrumpft ist, wurde aber vermutlich beim ersten Schaden gelockert. Nun ist sie losgekommen, mit Folgeschaden am Keilriemen – ein Garantiefall also.
Mit dem Kuttersegel (2. Vorsegel, deutlich kleiner als das defekte 1. Vorsegel) konnten wir aber unsere Fahrt ohne grosse Einschränkung weiter führen und wurden mit einer tollen Landschaft belohnt.
Am 22.7. erreichen wir Fowey (great Tipp, Olle, thanks!). Ein sehr idyllischer Ort am River Fowey. Ein weit verzweigter Fluss mit überall kleinen Buchten, wo man geschützt ankern kann. Wir machen direkt gegenüber dem Örtchen, das im Sommer viele Touristen hat (darunter sehr oft auch Wanderer) an einer Boje fest. Die Boje hat den Vorteil, dass man sich nicht um die Richtung der Gezeitenströme sorgen muss.
Von hier geht es nun weiter, mit Fernziel Falmouth. Von da aus wollen wir dann den Sprung über die Biskaya wagen, müssen aber das ideale Wetterfenster abwarten.
Mit reparierten Segel-Einrollsystemen (Furling) brechen wir von Plymouth auf. So langsam bereiten wir uns für die Biskaya Überquerung vor. Windvoraussagen für die nächsten 2 Wochen sind aber recht ungenau, da es im Moment recht unstabil ist. Unseren Dieseltank wollen wir aber bereits mal füllen. Da wir noch nicht wissen, wie genau die Tankanzeige ist, gibt uns das mehr Sicherheit. Wir haben 600 Liter Tankinhalt, verteil auf 2 Tanks. Wenn diese voll sind, reicht das für mehr als 120 Stunden Motorbetrieb.
Nach Looe geht es weiter in 2 kleinen Tagesetappen nach Fowey. Dieser Ort hat mir ein Freund aus Finnland, Olle Hagglund, empfohlen.
Am 9. Juni erreichen wir Plymouth. Unterwegs haben wir die Firma angerufen, welche uns die Rollanlagen der Segel reparieren soll. Kurz darauf legen wir in der Queen Anne’s Battery Marina an und kaum eine Stunde später ist ein Mechaniker an Bord, der eine kurze Besichtigung des Schadens macht. Am späteren Nachmittag erhalten wir dann per Telefon eine grobe Kostenschätzung und eine Planung der Arbeiten. Das Grosssegel wir am kommenden Tag repariert – beim Vorsegel muss zuerst der Antrieb zerlegt und dann die Teile von Schweden bestellt werden. Wird Anfang der kommenden Woche. Kein Problem für uns, da wir sowieso „Kurzferien“ in der Schweiz geplant haben (Geburi Parties und Familienbesuche).
Vom 13.-18.7. sind wir zu Besuch in der Schweiz. Vorausgesetzt die beiden Antriebsmotore für das Vorsegel sind eingetroffen und montiert geht es dann ab 19.7.2018 weiter westwärts.
Pech: Beim Bergen der Segel vor einer Bucht zum Ankern bei schönsten Bedingungen (angenehmer Wind, fast keine Wellen) merken wir plötzlich, dass der Motor, welcher das vordere Segel einrollen sollte, Mühe bekommt, und schlussendlich blockiert. Zum Glück ist das Segel fast vollständig eingerollt, den Rest mache ich von Hand mit der Not-Dreheinrichtung. Mit etwas Muskelkraft geht das prima.
Anfängerfehler: Noch in Gedanken beim Vorsegel und bereits am Überlegen, was das sein könnte, beginnen wir auch, das Hauptsegel zu bergen. Diese lässt sich ebenfalls elektronisch aufrollen in den Mast. Dazu muss der Steuermann einen Knopf drücken, und der Matrose (in diesem Fall war das ich) muss das Segelleine hinten lösen. Das geht einfach, indem ich das Seil von der Winsch (Drehtrommel, welche das Seil aufwindet und fest blockiert) nehme, die Festmacherklampe löse und es langsam nachgebe mit wenig Zug. Ein einfaches Manöver – wenn man den Kopf bei der Sache hat! War in diesem Moment aber leider nicht der Fall: ich habe vergessen die Klampe zu lösen, und das Seil, das sich lösen sollte, blieb fest fixiert. Ich beobachte das Segel und gebe Pia das Kommando „Segel ein“. Wie beabsichtigt, beginnt es sich einzurollen, kommt dann aber zu einem Stopp. „Weiter, weiter“ ist mein Kommando an Pia. Sie sagt noch etwas, ich nehme aber nicht wahr, was sie meinte. Plötzlich ein knackendes Geräusch. Was war das? In diesem Moment schaltet es mir: die Klampe!! Das Segel konnte gar nicht einfahren! Ich löse sie, das Seil schnellt ein paar Zentimeter hindurch und das Segel ist lose. Aber der Einrollmechanismus bewegt sich nicht mehr. Uns (also mir) ist ein klassischer Anfängerfehler passiert mit dem Resultat: Antriebsstange gebrochen (siehe Bilder). Wir bergen das Segel von Hand auf die klassische Art (herunterlassen und auf dem Baum auffalten) und ankern in der Bucht.
Glück: Wir erkundigen uns telephonisch beim nächsten Hafen (einige Seemeilen vor Plymouth) nach einer Firma, welche uns beide Defekte reparieren kann. Wir erhalten eine Telefonnummer und rufen dort an. Obwohl Samstag ist, werden wir umgehend zurückgerufen und können unser Problem schildern. Der Man bestätigt, dass er das reparieren kann, aber vermutlich Teile bestellen muss, die ein paar Tage brauchen. Da wir ein paar Tage in Plymouth bleiben – kein Problem für uns. Als er hört, dass wir nach Plymouth wollen, rät er uns sofort, das ganze dort reparieren zu lassen, weil dort eine Vertretung unserer Besegelung ihren Geschäftssitz hat, direkt in der Marina. Perfekt für uns, die Reparatur kann ohne Umwege, direkt vor Ort, vom Spezialisten gemacht werden. Wir fahren weiter nach Plymouth, rufen dort am Montag früh an, und eine Stunde später ist ein Mechaniker an Bord. Super Unterstützung von beiden Firmen!!
Nach ein paar Tagen Pause mit diversen Landausflügen in Portsmouth fahren wir am 28.6. weiter in Richtung Southampton. Dort können wir unser EPIRB Gerät (das ist ein kleines Gerät, das bei Seenot via Satelliten einen Notruf absetzt mit genauer Position) mit unseren neuen Schiffsdaten programmieren lassen. Ein paar Seemeilen wieder in Richtung Meer liegt Hambel, ein kleines Dorf in einer Flussmündung, wo wir vom Hallberg-Rassy Vertreter UK (sehr empfehlenswerte Firma!) eine Revision/Inspektion unserer Gasanlage machen lassen, Ersatzteile für unterwegs abholen und eine Schiffsinstruktion durch den Fachmann geben lassen.
Danach geht’s am 30.6. weiter entlang der Englischen Südküste Richtung Westen
Ein paar Meilen weiter westwärts: unsere erste Übernachtung am Anker in einer einsamen Bucht
Der nächste Tag bringt uns den ersten Regen, den wir beim Segeln in England erleben. Kein Problem für Schiff und Mannschaft. Das Boot hat Freude am Wasser, und die Mannschaft bleibt trocken beim Wellenreiten.