Segeln in Gambier (Teil 2)

Vor ein paar Tagen ein Glückstag! Ich setze mich mit Teil 1 unseres Gambier Berichtes in das kleine Restaurant JoJo’s, bestelle ein kühles Hinano (lokales Bier aus Tahiti), wähle mich ins WLAN des Ladens ein und beginne, Bilder und Bericht auf unsere Home Page hochzuladen. Anfänglich sehr, sehr langsam, fast 3 Minuten pro Bild, geht’s mit jedem Schluck des würzigen Bieres besser. Und als mir Pia nach fast einer Stunde noch ein leckeres Gebäck (= Kalorienbombe!!) hinstellt, machts «schwupps»: Bericht ist hochgeladen – und Dessert gut verstaut im Bauch 😊

Wir sind nun schon 8 Wochen in Gambier und mit jedem Tag gefällt es uns besser. Wir sind in einer ganz eigenen Welt. Man könnte meinen, um uns herum gibt es nichts anderes mehr. Der Kontakt zur Aussenwelt ist stark reduziert. Die Einheimischen gehen gelassen und genügsam ihrem Tageswerk nach und wir entscheiden uns von Tag zu Tag, was wir unternehmen wollen. Manchmal bleiben wir den ganzen Tag auf dem Schiff, lesen oder werkeln an irgendetwas herum, gehen schwimmen und schnorcheln. Wichtige Nachrichten, wie zum Beispiel die Warnung über eine Tsunamiwelle nach dem Vulkanausbruch in Tonga, werden per Funk übermittelt. Verabredungen innerhalb der Seglergemeinschaft machen wir ebenfalls per Funk, oder dann mit einem kurzen Schwatz vom Dinghi aus. Die Uhren scheinen still zu stehen.

Gambier hat sehr viel an Natur zu bieten. Die beiden höchsten Berge, der Mont Duff (441m, Bild) und der Mont Mokoto (423m) befinden sich auf der Hauptinsel Mangareva
Rita von der Segelyacht Maramalda begleitet uns auf der Wanderung
Der Aufstieg auf den Mont Duff ist sehr steil und anspruchsvoll, aber es lohnt sich: die Aussicht ist atemberaubend. Im Bild der Hauptort Rikitea mit dem kleinen Anlegepier und den paar Segelschiffen vor Anker. Die hellen Flecken im Meer sind Untiefen und Korallenblöcke
Der Abstieg vom Mont Duff via die «Evacuation Route» verlangt etwas Mut
Auch der zweite Berg, der Mont Mokoto (423m), bietet eine phantastische Aussicht. Im Bild die Insel Taravai und die kleine Nachbarinsel Agakauitai

Ursprünglich wurde Französisch-Polynesien von Asien, oder wie Thor Heyerdal mit seiner Kontiki beweisen konnte, von Südamerika her besiedelt. Nach der Entdeckung dieser entlegenen Inseln im Südpazifik durch Europäische Seefahrer und der folgenden Kolonialisierung durchmischte sich die Bevölkerung stark. Heute hat fast jeder Einwohner Vorfahren, die hier einmal als Schiffsbrüchige, Meuterer, freiwillige Aussteiger, Missionare, und in der jüngeren Vergangenheit als Segler gestrandet sind.

Die Bewohner sind Selbstversorger. Angebaut werden Yams, Taro und Brotfrucht, sowie alle Arten von tropischen Früchten, und in kleinerem Umfang für den Export Kaffee und Vanille. Lebensgrundlage sind außerdem der Fischfang, Schweine- und Hühnerzucht. Wir erleben die Leute als sehr freigiebig, offenherzig und selbstzufrieden.

Ornélia beschenkt uns jedes Mal mit ihrem herzlichen Lachen, wenn wir im JoJo’s ins Internet gehen und wir von ihr Kaffee und Cola bestellen
Überall, wo wir auf Menschen treffen, blicken wir in lachende Gesichter – einfach schön!
Wir besegeln das ganze Atoll und machen immer wieder an neuen Ankerplätzen fest. Hier liegen wir vor der Flughafeninsel Totegegie
Wir haben bisher immer geglaubt, Bonaire sei das Mass der Dinge, wenn es um die Unterwasserwelt geht. In Gambier treffen wir auf ebenbürtig schöne und interessante Schnorchel- und Tauchgebiete. Fische und Korallen wetteifern um den Schönheitspreis
Wir geniessen eine immense Vielfalt an Fischen …
… und Krustentieren
Korallen wie Hirschgeweihe
Auch unser Adrenalinspiegel wird regelmässig aktiviert. Es gibt praktisch kein Schnorcheln, bei dem sich nicht irgendein Haifisch neugierig nähert und schaut, ob es da vielleicht was zu futtern gibt. Das kühlende Schwimmen ums Boot bei Sonnenuntergang, in der Nacht oder morgens früh ist nicht ratsam und für uns gestrichen. Im Bild ein Schwarzspitzen-Riffhai
Ein anderes störendes Lebewesen: Quallen. Von denen gibt es je nach Gebiet und Wasserströmung sehr viele. Allerdings ist diese Sorte zum Glück harmlos und erzeugt keine Verletzungen
Eine wunderschöne Insel am Aussenriff: Motu (= kleine Insel) Tauna, von unserem Schiff aus gesehen
Ankerplatz beim Motu Tauna. Nur ein paar Meter hinter dem Schiff eine Korallenbank (erkennbar an der weissen, sich brechenden Welle). Im Hintergrund am Horizont, in knapp 10 Kilometer Distanz, die palmenbewachsenen Motus auf der gegenüberliegenden Seite des Atolls
Nicht jeder Tag endet mit solchen Sonnenuntergängen – aber immer mit einem Sundowner 😊😊
Gambier ist berühmt für seine schwarzen Perlen. Am «False Pass» (Insel Totegegie) haben wir die Gelegenheit, eine Perlenfarm zu besuchen. Die Farm kauft die Perlmuttmuscheln von lokalen Züchtern, wenn sie ungefähr 2 Jahre alt sind. Um eine optimale Perlenqualität zu bekommen werden sie ein Jahr lang an das Wasser der Perlenfarm (Strömung, Temperatur, Nährstoffe) angewöhnt. Dazu werden sie mit einer Nylonschnur an einem Seil befestigt (Bild)
Um die jungen Muscheln vor Fischen zu Schützen wird über das Seil mit den daran befestigten Tieren in ein rundes Drahtgeflecht gesteckt und so ins Wasser gesetzt
Perlmuttmuschel: mit etwa 3 Jahren ist sie etwa Handteller gross und bereit für die Perlenzucht. Die Innenseite schillert in allen Farben, je nach Lichteinfall. Für die Perlenzucht müssen die schönsten Muscheln leider ihr Leben lassen. Diesen wird mit einem Skalpell-Messer vorsichtig das Wachstumsgewebe entfernt und in kleine Gewebestücke von rund 1-2mm Grösse zerteilt. Für die Perlenzucht werden diese Gewebestücke zusammen mit einem «Nucleus» (kleine, 2-3 mm grosse Kugel aus der Schale einer Auster gefertigt) der Trägermuschel eingepflanzt. Das kleine Gewebestück veranlasst die Muscheln, den eingesetzten Fremdkörper, den Nucleus, mit der gleichen Farbe und dem gleichen Material, wie es ins Gebebestück programmiert ist, einzuhüllen
Das Einsetzen von «Nucleus» und Wachstumsgewebe erfordert sehr präzises Arbeiten mit chirurgischen Instrumenten
Nachdem die Trägermuschel mit Nucleus und Gewebestück «geimpft» ist, wird sie mit einer Nylonschnur zusammen mit rund 20 anderen Muscheln an einem Gitter befestigt. Dieses Gitter wird an Seilen und Bojen fixiert und auf 3-5 Meter Wassertiefe ins Meer platziert. Danach braucht es regelmässige Pflege (Säubern von Algenbefall) der Muscheln und mit viel Glück wächst in der Muschel eine perfekte Perle heran, die nach 12 bis 18 Monaten geerntet werden kann. Statistisch gesehen ist nur jede tausendste Perle eine wirklich schöne und wertvolle Perle. Nach der Ernte wird die Trägermuschel erneut geimpft und der Vorgang kann bis zu dreimal wiederholt werden. Die Muschel lernt dabei und bei jedem Mal wird die Perle schöner und grösser
Das Endprodukt der Perlenzucht
Auch meine Perle trägt von nun an Perlen 😉
Wir schaffen es noch 2-mal zum Potluck auf der Insel Taravai bei Valérie, Herve und ihrem jüngsten Sohn. Er geht jetzt mit 10 Jahren zum ersten Mal zur Schule. Bisher konnte er seine Ausbildung per Fernunterricht und Computer von zu Hause aus absolvieren. In den höheren Stufen geht das nun nicht mehr. Nun wohnt er während der Woche bei einer Tante in Rikitea, wo er den Schulunterricht besucht, und am Wochenende bei seinen Eltern auf der Nachbarinsel
Unsere letzte Destination im Gambier Atoll: die Insel Akamaru. Heute leben hier wieder etwa 10 Einwohner, nachdem die Bevölkerung vor der Jahrtausend-Wende während vieler Jahre verlassen war
Auch auf Akamaru gibt es eine überdimensionierte Kirche aus dem 19. Jahrhundert. Diese hier ist im Vergleich zu den Kirchen auf den anderen Inseln allerdings in einem relativ guten Zustand und man sieht ihr an, dass sie regelmässig genutzt wird
Von Rémy (links im Bild) haben wir in einem Seglerbuch gelesen. Er kam als 14-jähriger Jüngling mit seinem Vater (Elsässer aus Mulhouse) 1996 per Segelboot nach Gambier. Sein Vater heiratete eine polynesische Inselschönheit und liess sich auf der damals unbewohnten Insel Akamaru nieder. Von Daniela (SY Yelo) erfahren wir, dass Rémy immer noch auf der Insel lebt und heute eine Vanille-Plantage betreibt. Wir beschliessen spontan, ihn zu besuchen – und begegnen erneut einem wunderbaren Menschen. Das Bild zeigt Rémy, ein mit ihm befreundetes Seglerpaar aus Frankreich, seine Frau Ruita und meine Co-Skipperin Pia am Mittagstisch bei Kaffee (selber angebaut) und Kuchen
Rémy hat bis zum Ausbruch von Covid selber auch Perlen gezüchtet. Der Lockdown hat es aber den Fachkräften aus hauptsächlich China verunmöglicht, nach Französisch-Polynesien zu reisen. Rémy sah sich gezwungen, mit der Zucht von Perlen aufzuhören. Statt Perlen züchtet er heute die jungen Perlmuttmuscheln. Bei unseren Fragen springt er spontan ins Boot, fährt einige hundert Meter ins Meer hinaus, fischt eine Reuse aus dem Wasser und zeigt uns deren Inhalt
In der Reuse drin hat es 3 lange Gewebeschnüre, an denen sich kleine Perlmuttmuscheln, die im offenen Meer leben, angehängt haben. Auf dem Bild sind sie nur schwer zu erkennen, da noch allerlei andere Lebewesen und Pflanzen an der Schnur haften. Die Muscheln wachsen nun 2 Jahre lang an dieser Gewebeschnur. Regelmässiges Säubern von Muscheln, Gewebeschnur und Reuse von anderen Tieren und Pflanzen ist Voraussetzung, dass die Muscheln sich gut entwickeln können. Wenn sie etwa 2 Jahre alt sind, kann Rémy die Perlmuttmuscheln an Perlenzüchter verkaufen

Unser Besuch bei Rémy und seiner Frau Ruita zeigt uns einmal mehr in eindrücklicher Weise, wie offen und entspannt die Polynesier sind. Obwohl Beide keine oder wenig Abstammung von der ursprünglichen Polynesischen Urbevölkerung mitbringen, leben sie wie die ursprünglichen Polynesier in Einklang mit Natur und sich selbst. Liegt es am stetigen Rauschen des türkisfarbenen Meeres, am üppigen Grün der Vegetation oder am Überfluss an tropischen Früchten und Gemüse, dass die Leute, die hier leben, so tiefenentspannt sind? In Jamaika haben wir auf unserer Reise den Slogan „no stress“ gelesen, in Costa Rica dann ähnlich «pura vida!». Beides finden wir in Gambier wunderbar vorgelebt und im Wesen der Leute verinnerlicht. Überall, wo wir hinkommen, haben die Leute Zeit für uns, grüssen spontan und lachen uns an. So erleben wir auch den Besuch bei Rémy. Stell dir vor, es kommen zwei wildfremde Leute unangemeldet bei dir zu Hause vorbei und wollen sehen, was du so machst und wie du lebst. Wir würden zuerst mal sehr argwöhnisch reagieren und ich wette, die meisten von uns würden irgendeinen Vorwand finden, den ungebetenen Besuch wieder fort zu schicken. Das ist uns hier in Gambier nie passiert.

Am Tag nach unserem Besuch bei Rémy auf Akamaru besteigen wir die 58 Meter hohe Nachbarinsel Mekiro und geniessen noch einmal einen fantastischen Rundumblick über das Atoll von Gambier. Ganz weit draussen im Meer wartet unsere Lupina ruhig in den Wellen schaukelnd bis sie wieder in See stechen darf
Weit unter uns liegt unser Dinghi sicher am weissen Sandstrand
Einer von vielen traumhaften Sonnenuntergängen in der Südsee

In den letzten Tagen sind nun öfters prallvolle Regenwolken über Gambier hinweg gezogen. Der Wind hat dabei innerhalb kurzer Zeit alle möglichen Richtungen eingenommen. Zum Glück blieb er die ganze Zeit über nur auf schwachem Niveau, so dass der Anker auch gehalten hat, wenn er in die andere Richtung eingefahren war. Seit heute nun (hat es wohl etwas mit dem Neumond zu tun?) beginnt sich der stabile Passatwind aus Osten durchzusetzen. Obwohl uns der Abschied von Gambier schwer fällt, rufen neue Abenteuer. Unser nächstes Ziel liegt 800 Seemeilen (5 Tage) im Norden von Gambier: die Marquesas Inseln.

Pia sucht den richtigen Wind am Horizont

Morgen Freitag früh (lokale Zeit) lichten wir den Anker und lassen uns von Wind und Welle aus dem traumhaft schönen Gambier Atoll nach Norden tragen. Dort erhoffen wir uns endlich ein Internet, wo Pia ihr seit langem fertiges Video von der Überfahrt von Galapagos nach Gambier hochladen kann. Drücken wir ihr die Daumen!

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser

Segeln in Gambier (Teil 1)

Wow, wenn wir auf den Kalender schauen, merken wir, dass wir schon mehr als 1 Monat in Gambier sind. Dass wir uns schon länger nicht mehr gemeldet haben, liegt nicht etwa an Langeweile oder Faulheit – im Gegenteil! Wir unternehmen und erleben sehr viel, aber das Internet aus der Zeit vor 2G macht es uns fast unmöglich, euch zeitnah auf dem Laufenden zu halten. Überraschenderweise finden wir zwar bereits am zweiten Tag nach unserer Ankunft ein Internet, das stark und stabil genug ist, unseren Bericht der Pazifiküberquerung hochzuladen. Zu unserer grossen Freude empfangen wir bei dieser Gelegenheit auch viele Mails mit Gratulationen zu unserer gelungenen Überfahrt. Danach fällt aber die Antenne aus, und das ganze Gebiet ist wieder in seiner eigenen, friedlichen Welt. Für das Video der Pazifiküberquerung müsst ihr wohl leider warten, bis wir dann in ein paar Wochen in den Marquesas sind.

Nicht ganz unerwartet erreichen uns viele Fragen von Lesern, die auf der Karte nachschauen wollten, wo wir denn genau sind. So präsentiert sich unsere Route auf Google Earth. Von Gambier sieht man bei dieser Einstellung noch gar nichts – man könnte meinen, wir ankern irgendwo mitten im offenen Ozean. Die Gambier Inseln sind ein 43 Inseln umfassender Archipel östlich des 140. Längengrades im Südpazifik, etwa 1’800 Kilometer südöstlich von Tahiti. Geographisch gehören die Gambier Inseln zum Tuamotu-Archipel, politisch zu Französisch-Polynesien
Erst bei starker Vergrösserung der Karte zeigt sich das Gambier Atoll. Es besteht aus 5 Hauptinseln (Reste eines Vulkanes), die durch ein rautenförmiges Korallenriff umgeben sind. Die längere Diagonale von Norden nach Süden beträgt rund 35km, diejenige von Osten nach Westen rund 27km

Zur Entstehung eines Atolls braucht es einen Vulkan und Korallen. Wenn sich ein Vulkan gebildet hat, beginnt am Übergang von Landmasse zu Meer ein Korallenriff zu wachsen. Meist senkt sich ein Vulkan wieder langsam ab, wenn er erloschen ist. Die Korallen sinken dabei auch ab, aber sie wachsen dabei langsam nach und ihre Spitze bleibt meist immer knapp unter der Meeresoberfläche. Auf den Satellitenbildern von Gambier ist dieses Riff sehr gut erkennbar. Es bildet einen wichtigen Schutzwall für die Inseln und die Menschen, die hier leben. Für den Seefahrer kann so ein Korallenriff aber schnell zur tödlichen Falle werden, wenn er die Einfahrt ins geschützte Atoll nicht findet oder wenn sein Schiff von der oft starken Strömung in der Durchfahrt erfasst und auf das zerklüftete, scharfkantige Riff geworfen wird. Nun, uns ist das zum Glück dank der heute sehr modernen Navigationsmittel nicht passiert. Aber es wird uns wieder einmal bewusst, welche Gefahren die alten Seefahrer auf sich genommen haben, um die Welt zu erkunden. Sie hatten keine Karten, sie hatten keine Wetterdaten. Sie wussten damals noch nicht, wie die globalen Winde verlaufen und erst recht nicht, wo und wie stark die Strömungen verlaufen. Also, ich muss schon sagen, ich habe heute, nachdem wir den Atlantik und einen grossen Teil des Pazifiks überquert haben, einen riesigen Respekt vor den Entdeckern von damals.

Unser Ankerplatz vor dem grössten Ort im Gambier Atoll: Rikitea auf der Hauptinsel Mangareva. Gerade mal etwas mehr als 500 Menschen leben in Rikitea. Auf dem ganzen Atoll verstreut sind es etwa 1’300 Einwohner

Das Tuamotu Archipel besteht aus 76 grösseren Atollen, die sich über rund 1’000 Seemeilen (1’800km) von Südosten nach Nordwesten verteilen. Gambier liegt ganz im Süden und befindet sich am Rande des Zyklon-Gürtels. Vom Dezember bis März muss man auch hier mit diesen Stürmen rechnen. Obwohl Gambier als relativ sicher gilt, werden wir aufmerksam die Wetterlage verfolgen und allenfalls weiter nach Süden «flüchten», falls sich ein Zyklon ankündigt. Aber im Moment herrscht bestes Wetter: tagsüber 30 Grad, in der Nacht kühlt es ab auf 25 Grad, viel Sonne und ab und zu ein Regenschauer.

Die Hauptstrasse durch Rikitea. Am meisten Betrieb herrscht hier am Morgen früh kurz nach Sonnenaufgang, oder am späteren Nachmittag kurz vor Sonnenuntergang. Dann brennt die Sonnen nicht so stark und im Schatten der grossen Bäume ist es angenehm kühl
Entlang der Strasse aus dem Dorf finden sich viele Bäume und Sträucher, die leckere Früchte tragen (hier freut sich Pia über Mangos). Von den Einheimischen erfahren wir, das alles, was nicht auf einem eingezäunten Grundstück wächst, sowie alles auf öffentlichem Grund für die Allgemeinheit bestimmt ist. Wir fühlen uns wie im Schlaraffenland! Mangos, Pampelmusen (Grapefruits), Avocados, Bananen, Kokosnüsse, Litschis, Brotfrucht und vieles mehr in Hülle und Fülle
Anlässlich eines Volksfestes vor ein paar Jahren wurden auch die Einwohner der umgebenden Inseln eingeladen. Zum Dank und zur Würdigung der Einladung haben die Besucher der Osterinseln eine Statue mitgebracht
Nicht nur das Internet ist noch altertümlich. Auch ein Stromzähler (von Landis + Gyr aus der Schweiz!) aus den 1960er Jahren leistet noch seine wertvollen und zuverlässigen Dienste
Haupteinnahmequelle der Einwohner ist heute die Zucht der schwarzlippigen Perlmuschel zur Gewinnung schwarzer Perlen. Der Handel mit schwarzen Perlen wird überwiegend von Hongkong-Chinesen kontrolliert. Als Folge der Perlenzucht haben sich in den letzten Jahren Chinesen, Europäer und Japaner auf den Inseln angesiedelt. Bild: Perlenfarm vor den Ufern von Rikitea
Perlenfarmen im Norden von Mangareva mit dem zweithöchsten Berg, dem Mont Mokoto (423 müM) im Hintergrund
Eines der dunklen Kapitel der katholischen Missionierung in Gambier: ein französischer Priester liess Mitte des 18. Jahrhunderts in seinem Eifer alle traditionellen Götzenfiguren vernichten und entriss den Einheimischen ihre ursprüngliche Religion. In seinem Fanatismus und Grössenwahnsinn führte er sich selber auf wie ein Gott und liess von den Inselbewohnern auf jeder der 5 Hauptinseln aus Korallensteinen eines oder sogar mehrere Gotteshäuser, monumental und krass überdimensioniert, bauen. Die zwangsweise Verpflichtung der Arbeitskräfte für die Grossprojekte entvölkerte die kleinen Gambier Inseln und führte zu Hungersnöten, da die tägliche Nahrungsbeschaffung vernachlässigt wurde. Dies und die Verbreitung von bisher unbekannten Infektionskrankheiten hatte Verelendung und einen drastischen Bevölkerungsrückgang zur Folge. Heute sind die meisten dieser Gotteshäuser am Zerfallen. Im Bild die „Südseekathedrale“ in Rikitea.
Die „Südseekathedrale“ in Rikitea bietet rund 500 Personen Platz
Altar in der Kathedrale. Alle weissen Verzierungen sowie auch das Kreuz sind aus Perlmutt-Muscheln gefertigt
Durchschnittlich 1x pro Woche legt ein Versorgungsschiff von Tahiti in Rikitea an und beliefert die Bewohner des ganzen Atolls mit Lebensmitteln und sonstigem Material
Vom Versorgungsschiff geht die Ware direkt in einen der wenigen lokalen Läden, oder direkt zum Endkunden. Treibstoff kann man zum Beispiel nur in 200 Liter Fässern kaufen. Etwas viel für unser Dinghi. Also tun wir uns mit anderen Seglern zusammen und teilen uns ein Fass, um unsere Reserve Kanister wieder zu füllen.
Beim lokalen Pfarrer und seiner Frau. Sie pflegen ihren Garten mit sehr viel Liebe und versorgen viele von uns Seglern mit leckerem Gemüse, Obst und Früchten
Hochbeete mit Salat und Gewürzen
Wunderschöne Aussicht vom Pfarrersgarten hinunter aufs Ankerfeld vor Rikitea
Nachdem wir bei der Überfahrt fast 3 Wochen auf dem Wasser verbracht haben, jucken uns die Wanderfüsse. Auf der Insel Mangareva gibt es herrliche Wanderwege, die übrigens auch sehr gut unterhalten werden. Hier sind wir zusammen mit Rita von der Schweizer Segelyacht Maramalda unterwegs quer über die Insel von Kirimiro zurück nach Rikitea
Mit Mirko (SY Yum Yum, rechts) und seinem Crewmitglied Nico (links) bilden wir eine Segelgemeinschaft und besegeln ein paar Tage das Atoll. Mirco, auch ein Schweizer (von 21 Booten sind 4 Boote mit Schweizer Crew!) verbringt pandemiebedingt bereits die 2. Saison in Gambier und kennt das Atoll sehr gut. Wir sind sehr froh um seine Tipps und Hilfestellungen. Das macht uns das Ankommen in Gambier sehr viel einfacher und angenehmer
Die Yum Yum (vorne) zeigt uns den Weg durch die seichten Stellen zur Nachbarinsel Taravei. Die Einfahrt zum Ankerplatz ist sehr kritisch und schlängelt sich in einem engen «S» Kurs um ein paar gefährliche Korallenköpfe («Bommies»)
Jeden Sonntag findet auf der Insel Taravei ein Treffen der Segler zum «Potlock» statt. Gastgeber sind die Landbesitzer Merve und Valérie. Sie stellen ihr Gelände (mit Strand, eigens errichtetem Beach-Volleyballfeld und Bocciabahn) zur Verfügung. Unser Schiff liegt sicher vor Anker (oben rechts) und wir landen wie alle anderen mit unserem Dinghi am Strand
Ob man das Wort «Potlock» so schreibt, weiss ich nicht. Was es bedeutet aber schon: sehr viel feines Essen aus verschiedenen Küchen! Schlaraffenland, sag ich euch! Jeder Segler bringt sein Essen mit, stellt es auf den gemeinsamen Tisch und dann wird gekostet und geschmaust 😊😊
Erneut eine Wanderung, diesmal auf der Insel Taravei. Eine wahre Kletterpartie auf einen der höchsten Punkte. Wir würden den Weg alleine nie finden, ein Amerikanisches Seglerpaar kennt aber den Hike und führt uns auf den Berg
Mirko zeigt uns nicht nur den sicheren Weg durch das Labyrinth von Korallenblöcken und Bojen der Muschelfarmer, er zeigt uns auch, wie man am besten eine Kokosnuss öffnet. Von nun an geht es viel schneller und müheloser als mit Köbi’s Hackbeil Methode 😉

Wie das übrige Französisch-Polynesien aussieht und wie sich die Leute und das Leben auf den anderen Archipelen und Atollen anfühlen, wissen wir noch nicht. Nach fast 3 Jahren in der Karibik, wo sich viele Dinge, trotz der vielen unterschiedlichen Kulturen und Sprachen, zu wiederholen begannen, ist nun Gambier eine ganz neue Erfahrung. Wir merken, es geht den Leuten gut hier. Sie sind sehr lebensbejahend, fröhlich und in sich zufrieden. Wir fühlen uns sofort wohl und willkommen. Vom ersten Tag an lassen wir den Niedergang unseres Schiffes Tag und Nacht offen. Wir fühlen uns absolut sicher. Wenn es irgendein Problem gibt, ist jeder für den anderen da. Die Menschen sind ausgesprochen hilfsbereit. So weit weg im unendlichen Pazifik sind die Menschen es gewohnt, zu sich selber Sorge zu tragen und Dinge, die im Überfluss da sind, zu teilen. Und irgendwie schön: diese Lebenseinstellung schwappt auch auf die Seglergemeinschaft über.

Es sind rund 20 Schiffe hier auf Gambier. Davon sind die meisten Pandemie bedingt schon länger in Französisch-Polynesien. Schon am ersten Morgen nach unserer Ankunft finden wir in unserem Cockpit ein frisches Baguette (Brot) und erhalten feine Früchte, die andere Segler uns am frühen Morgen bringen. Das Leben tickt hier übrigens eher nach Pia’s Uhr als nach meiner: der Tag beginnt mit dem Sonnenaufgang um 5 Uhr in der Früh. Die Läden öffnen bereits vor 6 Uhr. Frisches Brot aus der Bäckerei ist oftmals nach 7 Uhr bereits ausverkauft. Kurz nach Sonnenuntergang um 19 Uhr wird es ruhig und still im Dorf und auf den Inseln. Die Leute gehen früh schlafen.

Die ersten beiden Wochen sind wir einfach einmal angekommen. Wir haben uns mit unserer Umgebung vertraut gemacht, haben uns eingerichtet und organisiert. Danach beginnt uns wieder die Unternehmungslust zu jucken. Und es gibt viel zu tun! Die einzelnen «Motus» – Koralleninseln – eingerechnet gibt es über 43 Inseln verteilt auf die 450 Quadratkilometer grosse Lagunenfläche.

Wir ankern zusammen mit der SY Yum Yum im Südosten vor dem Motu «Kouaku». Das Navigieren durch die korallenbespickte Lagune erfordert viel Aufmerksamkeit. Unsere Navionics Seekarten sind in diesem Gebiet ausgesprochen genau (was sie in Panama überhaupt nicht waren). Zudem haben wir eine App (OpenCPN), mit deren Hilfe wir offline Satelliten-Bilder und unsere GPS-Position überlagern können. Das hilft uns beim Navigieren sehr. Natürlich sind wir besonders bei unseren ersten Ausflügen froh, dass wir auf die lokalen Kenntnisse von Mirko (SY Yum Yum) zählen dürfen
Das Ankern im Korallengelände erfordert eine spezielle Technik. Damit die Kette nicht über die Korallen schleift, diese zerstört und sich darin verfängt, müssen wir dafür sorgen, dass die Kette darüber «schwebt». Das bewerkstelligen wir mit Fendern oder anderen Schwimmkörpern (wir verwenden mittlerweile Bojen, die sich von Fischernetzen und Perlmuschelzuchten losgerissen haben und an Land gespült wurden). Zuerst setzen wir den Anker in einem offenen Sandfeld ab und fahren ihn provisorisch ein. Danach geben wir nach und nach mehr Kette und schäkeln im Bereich von Korallen die Bojen in die Kette. Auf dem Bild ist gut zu sehen, wie Lupina direkt über einem Korallenfeld schwimmt (das Wasser darüber ist ungefähr 4 Meter tief). Links 2 Bojen (Pfeil) die verhindern, dass die Kette die Koralle berührt, wenn Lupina noch etwas mehr nach rechts driftet
Schrecksekunde für den Drohnenpilot in luftiger Höhe! Eine rasche Flucht nach oben hat unsere Drohne vor dem neugierigen Fregattvogel gerettet. Schön zu sehen: oben das offene Meer, das sich an der Riffkante bricht und aufgestoppt wird. Danach folgt meist eine flache Zone (Wassertiefe 0-1 Meter) bis zum Motu (Sandinsel). Hinter dem Motu fällt die Wassertiefe ab auf 5-10 Meter. In diesem Bereich gibt es grosse Korallenköpfe, das Waser ist meist glasklar und das Schnorcheln einfach fantastisch!
Abendstimmung auf dem Motu Kouaku
Abschied von Mirko und Nico (SY Yum Yum). Sie zieht es rund 800 Seemeilen weiter nördlich auf die Marquesas Inseln (immer noch Französisch-Polynesien). Gute Fahrt euch Beiden und auf bald in den Marquesas!
Pia’s Geburtstag. Wir erhalten spontan eine Einladung zum Nachtessen vom Schweizer Ehepaar Rita und Daniel (SY Maramalda). Sie sind letztes Jahr mit ihrer Hallberg-Rassy 43, einem identischen Schiff wie unsere Lupina, via das Cap Horn nach Gambier gesegelt. Es gibt viel zu plaudern über Segeln, Schiff und Familien 😉
Pia’s Geburtstag spricht sich herum! Von Daniela und Rolf, einem weiteren Schweizer Seglerpaar auf Gambier (SY Yelo) wird Pia mit einem traditionellen Kopfschmuck beschenkt. Daniela hat die Kunst des Blumenflechtens in Französisch-Polynesien gelernt
Aussicht beim alten Leuchtturm am westlichen Ende der Insel Aukena
Auf der Insel Aukena treffen wir Pakoi, einen rund 60-jährigen Mann. Er hat mit 55 Jahren aufgehört zu arbeiten und ist von seinem Wohnort Rikitea auf Mangareva auf die Nachbarinsel ausgesiedelt. Er lebt hier, nach eigenen Angaben, in totalem Frieden mit sich und der Umwelt. Wir sind fasziniert von ihm. Er strotz vor Lebensfreude und winkt uns schon von Weitem zu, als wir uns mit dem Dinghi nähern. Ohne, dass wir ihn darum fragen müssen, zeigt er uns die nahe gelegene Kirche, seinen gut eingezäunten Garten mit feinen Früchten und Gemüse, seine Behausung (den Blechverschlag rechts vom Bild – man beachte auch den sauber gewischten Boden davor!) und die Schlachtbank für die Schweine (direkt hinter Pakoi). Pakoi züchtet Schweine, die er in freier Natur aufwachsen lässt. Diese verkauft er in Rikitea für umgerechnet 10 Dollar pro Lebendkilo. Gutes Geld, das ihm für seine Bedürfnisse reicht. Beim Abschied werden wir üppig mit Bananen, Mangos, Papaya und einer grossen Brotfrucht beschenkt. Am nächsten Tag fahren wir noch einmal hin und bringen ihm ein T-Shirt und eine Dose Bier aus Panama. So herzlich haben wir kaum je einen Mann lachen gesehen. Eine wunderschöne, eindrückliche Begegnung!
Kulturfest in Rikitea. Nicht für uns Touristen – nein, für sich selber. Einige Tage im Vorfeld sehen wir überall Kinder, die von Erwachsenen in die Kunst des Tanzens, Musikinstrument Spielen oder traditionellen Handwerkens (im Bild das Flechten von Kränzen und Kleidern aus Bananen- und Palmblättern) eingewiesen werden
Tag des Kulturfestes: ein Teil der Festküche mit seiner fröhlichen Crew
Kulturfest Abendunterhaltung der Schüler (es hat etwa 200 Schüler in Rikitea!!) in der grossen Sporthalle. Eintritt frei für alle
Der Valentinstag wird am Sonntag davor (am Tag nach dem Kulturfest) mit einem Bankett für die Bevölkerung gefeiert. Wir erfahren zu spät, dass man sich dafür anmelden muss, und die Tische sind bereits vergeben, als wir uns einschreiben wollen. Dafür hat es für den Wohltätigkeitslauf noch Platz. Kurzer Entscheid, und ich schreibe mich und Pia kurzerhand für diesen als Paarlauf durchgeführten 3km langen Wettkampf ein. Das Startgeld beträgt pro Person 25 Dollar, Geld, das für gute Zwecke in der Schule eingesetzt wird. Schlussendlich sind wir 5 Personen, welche die Schweizerfahne vertreten: (von links): Daniel und Rita (SY Maramalda), die Lupina Crew Köbi und Pia, und Daniela (SY Yelo)
Freude und Überraschung sind gross: von 39 Paaren laufen wir (mit Flip-Flops – wohlgemerkt! die Anmeldung war ja spontan und wir hatten keine Sportausrüstung dabei) unter die ersten 10. Genauen Rang und Zeit kennen wir nicht, denn statt eines Rangverlesen werden am Schluss unter den Teilnehmern Preise ausgelost

So, bis hierhin schreib ich mal und versuche, Bilder und Text ins Internet zu stellen. Mit viel Glück und Geduld wird es klappen. Weitere Bilder von Bergbesteigungen, Schnorcheln mit Haifischen und fröhlichen Menschen folgen im nächsten Bericht.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser