Wir befinden uns in Rangiroa am Tiputa Pass und warten auf das passende Wetter. Seit Tagen sind die Winde veränderlich und jedes Wetterprogramm, das wir konsultieren, vermittelt uns unterschiedliche Vorhersagen. Wir wollen weiter in südöstliche Richtung und brauchen einen Wind, der uns nicht auf die Nase bläst.
Pia schont ihren noch immer schmerzhaften Fuss und verzichtet auf Landausflüge. Ausfahrten mit dem SUP und Schnorchel Gänge können wir aber gemeinsam machen. Nach 5 Tagen Warten ist es dann endlich soweit: es ist Nordwestwind angesagt und der wird uns genau in die Richtung tragen, in die wir wollen. Es scheint sogar möglich zu sein, unser Fernziel, Fakarava, direkt anzulaufen.
Die Abfahrt haben wir so geplant, dass wir am Vormittag des nächsten Tages bei einlaufender Strömung durch den Nord Pass in Fakarava fahren können. Falls sich der Wind unterwegs verändern würde, hätten wir als Plan B und Plan C die Atolle Apataki oder Toau als Anlaufmöglichkeit. Um es vorweg zu nehmen: kurz nach der Ausfahrt in Rangiroa werden wir zwar zuerst durch eine heftige Brandung tüchtig durchgeschüttelt. Je weiter wir uns aber vom Riff von Rangiroa entfernen, umso ruhiger wird die Welle und wir segeln zügig südostwärts direkt bis Fakarava.
Ursprünglich wollten wir uns nur ganz kurz in Fakarava aufhalten. Der kurzfristige Besuch von Nico beeinflusst unsere Planung aber etwas. Er möchte unbedingt mal im Süd Pass bei der «Wall of Sharks» tauchen gehen. So fahren wir nach kurzem Aufenthalt in Rotoava in den Süden von Fakarava und Nico und ich machen mit einer lokalen Tauch-Schule 2 Tauchgänge im Süd Pass. Am Tag der Tauchgänge regnet es wie aus Kübeln. Trotzdem ist die Sicht unter Wasser extrem gut. Einzig die bunten Korallen lassen ihre schillernden Farben etwas vermissen, vor allem in der Tiefe. Für mich ist das Erlebnis an diesem Tauchplatz auch diesmal wieder fantastisch schön.
Nach ein paar erfolglosen Angelversuchen wollen wir es wieder einmal probieren. Die Gelegenheit ist gut: die Distanz zu unserem Ziel in Tahanea beträgt rund 60 Seemeilen und wir sind früh gestartet. Wir haben also viel Zeit. Zudem sind die Wellen moderat und der Wind nicht allzu stark. Alles gute Voraussetzungen, um einen wild kämpfenden Fisch an Bord zu ziehen und an Deck fachgerecht zu filetieren – sollte dann endlich mal einer anbeissen. Und tatsächlich! Nach rund einer Stunde rauscht der Silk von der Trommel und die in der Angelrute eingebaute Ratsche weckt die vor sich dahindösende Crew. Nico und ich eilen zur Angelrute, Pia stürzt zu den Gerätschaften, die wir brauchen, wenn dann der Fisch an Bord ist: Wanne, Messer, Handschuhe, Alkohol (für die Betäubung), Zange (um den Haken zu entfernen) und Schneidebrett.
Wir sind froh, haben wir Nico an Bord. Ohne seine Hilfe hätte ich diesen Riesenfisch wohl nicht so schnell an Bord gebracht. Er kann uns auch ein paar Tricks und Kniffe beim Säubern und nachträglichen Zerlegen des Fisches zeigen. Die Arbeiten gehen zügig und schnell voran. Das Meiste findet seinen Weg direkt in den Tiefkühler, etwas bleibt draussen für Poisson-Cru (roher Fisch zur Feier des Fanges) oder wird fürs nächste Abendessen im Kühlschrank zwischengelagert. Rund eine Stunde, nachdem die Angelschnur mit der Dorade daran ausgerauscht ist, ist alles verwertet, die Genua wieder gesetzt und wir setzen die Fahrt nach Tahanea fort.
Nun liegen wir neben dem Mittelpass vor Anker und haben noch einmal hier übernachtet. Später geht es noch mit dem Dinghi zum Mittelpass zum Schnorcheln und dann machen wir uns für eine Nachtfahrt nach Makemo bereit. Die Distanz (50 Seemeilen) und die Gezeiten würden uns eigentlich eine Tagesfahrt erlauben. Aber wir haben den Wind gegen uns. Seit mehreren Tagen warten wir auf stabilen Wind. Jetzt ist er da, bleibt aber für die nächsten Tage konstant aus Osten. Wir müssen aufkreuzen, was die Fahrzeit zum Ziel um etliche Stunden verlängern wird.
Kurz nach 16 Uhr lichten wir den Anker und verlassen unter Motor bei auslaufender Strömung das Atoll Tahanea. Kurz danach setzen wir Segel und ab geht’s in Richtung Makemo. Wir haben Glück: der Wind kommt etwas südlicher als angesagt und wir können fast den direkten Kurs zu unserem Fernziel anlegen. Falls es so bleiben würde, wäre es eine schnellere Überfahrt, als erwartet. Natürlich bleibt es nicht so 😉. Zuerst lässt der Wind deutlich nach und wir machen bloss 3 bis 4 Knoten Fahrt. Danach beginnt er in die Richtung zu drehen, wie er angesagt war. Auch damit kommen wir klar, so war ja der ursprüngliche Wetterbericht. Kurz vor Mitternacht geht es dann aber los: ein heftiges Gewitter zieht über uns hinweg. Drehende Winde im Bereich 30 – bis 35 Knoten plagen uns mindestens 15 Minuten lang. Natürlich reffen wir sofort die Segel und wettern das Gewitter ab. Auch danach bleibt der Wind für gut eine halbe Stunde über 20 Knoten. An Schlafen ist so für die Crew kaum zu denken, erst recht nicht für den Skipper. 10 Seemeilen vor Makemo bricht der Wind dann völlig zusammen, und wir motoren den Rest bis zu unserem Ziel. Müde erreichen wir in den frühen Morgenstunden den nordwestlich gelegenen Pass ins Atoll. Da es die falsche Zeit ist für die Einfahrt und wir 3 Stunden warten müssten, entscheiden wir uns, um das Atoll herum weiter zu fahren und ein paar Stunden später die Einfahrt im Osten zu benutzen. Da der Himmel stark bewölkt und das Erkennen von Korallenbänken im Atoll drin sehr schwierig ist, ist dies auch der sicherere Weg. Um die Mittagszeit des 23. November durchfahren wir sicher und problemlos den Ost Pass und liegen nun vor dem Dorf Pouheva, direkt neben dem Pass, wo wir bei unserem ersten Besuch auch schon lagen, vor Anker.
Wenn du diesen Bericht lesen kannst, haben wir nach fast 2 Wochen Internet Pause endlich wieder ein Netz (in unbewohnten Tahanea gibt es verständlicherweise nichts!). Was treffen wir in Makemo an? Nico wird uns dort wieder verlassen. Kriegen wir unser Unterwasserschiff vorher noch von ihm gereinigt (ohne Haie 😉)? Finden wir Hubert wieder? Und warum wollen wir mehrere Kilo Honig kaufen? Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
Am Samstag, 15.10.2022 lichten wir nach einem ausgiebigen Frühstück den Anker, schlängeln uns vorsichtig vom Ticki Ankerplatz auf Moorea zur Ausfahrt, setzen Segel und nehmen direkten Kurs auf zu unserem ersten Ziel in den Tuamotus: Makatea. 140 Seemeilen in nordöstlicher Richtung liegen vor uns. Der Wind weht mehrheitlich aus Südosten und mit einem harten Anlieger können wir den direkten Kurs gut halten.
Anfang des 20. Jahrhunderts (1911-1966) wurde auf Makatea intensiv Phosphat abgebaut und die von damals zurückgebliebenen Stollen (teilweise unter Wasser und mit Schnorchel-Ausrüstung erkundbar) und Einrichtungen sind heute für Touristen zugänglich. Ankern geht nicht, es ist zu tief. Es gibt aber 4 Bojen, an denen man das Schiff festmachen kann. Vor unserer Abreise haben wir an den Besitzer der Bojen per E-Mail eine Anfrage geschickt, aber leider nie eine Antwort erhalten (später erfahren wir, dass das Internet auf der Insel ausgefallen war). So wissen wir also nicht, ob wir in Makatea überhaupt landen können oder nicht. Deshalb haben wir unsere Fahrt so geplant, dass wir früh am Morgen in Makatea ankommen. Falls es keine freie Boje hat, käme Plan B zum Zuge: direkt weiter segeln zum nächsten Atoll: Tikehau.
Die beste Einfahrtszeit durch den Pass in Tikehau wäre zwar gemäss der Gezeitentabelle erst um 16 Uhr, aber wir haben Glück: da es in den letzten Stunden nur mässigen Wind hatte, gibt es nur eine leichte auslaufende Strömung von rund 3 Knoten und so wagen wir die Durchfahrt bereits um 15 Uhr. Das hilft uns beim Navigieren im Atoll drinnen, weil die Sonne noch höher steht und wir die überall lauernden Untiefen besser erkennen können.
Wir sind mehrere Tage ganz alleine am südlichen Aussenriff. Tagsüber kommen ab und zu Boote mit Touristen vorbei. Sie laden ihre Gäste auf einem der vielen Motus aus und überlassen sie der Natur. Immer ist ein Führer dabei, der den Leuten die Natur erklärt und ihnen die Kniffe und Tricks zu einem erfolgreichen Robinson Leben beibringt. Sehr spannend, finden wir! Spätestens am frühen Nachmittag aber wird wieder eingesammelt, was noch zu finden ist 😉 und dann sind wir wieder ganz alleine mit unserer Lupina. Wir saugen diese fantastische Atmosphäre mit jeder Faser unseres Herzens auf. Es ist einfach nur schön!
Trotzdem müssen wir langsam ans Weiterreisen denken. Ab November, also ab jetzt, muss man in diesen Breiten mit Tropenstürmen (Zyklonen) rechnen. Je weiter südöstlich wir uns befinden, umso geringer wird die Wahrscheinlichkeit, von solch einem Sturm erfasst zu werden. Heute sind wir deshalb zurück zum Tiputa Pass gesegelt und bereiten uns hier vor für das nächstbeste Wetterfenster, das uns weiter nach Südosten bringt.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!