Durch das Great Barrier Reef in die Torres Strasse

1. – 22.8.2025

In diesem Bericht nehmen wir dich mit auf die Fahrt durch das Great Barrier Reef, von der Woody Island (Low Island Group) bis zur Thursday Island in der Torres Strasse.

Um es gleich vorweg zu nehmen: diese Strecke ist sehr anspruchsvoll und entspricht nicht unbedingt unserer Vorstellung vom Barfuss-Segeln. Da ist einmal das riesige Labyrinth von Riffen, Untiefen und Sandbänken, die nur darauf warten, dass ein unaufmerksamer Segler in seine Fänge gerät. Dann ist da der permanent starke Wind, der zwar konstant aus südöstlicher Richtung heult, aber kurze, steile Wellen aufbaut und heftig am Schiff zerrt. Da es unterwegs nur sehr wenige Ankerplätze gibt, die sowohl vom Wind als auch von den Wellen effizienten Schutz bieten, entscheiden sich viele Segler, den ganzen nördlichen Teil von Queensland in 2-3 Tagen direkt in einem Stück zu überwinden. Trotz der genannten Herausforderungen entscheiden wir uns für Tagesfahrten. Das hat für uns den entscheidenden Vorteil, dass wir die vielen nötigen Kurswechseln, bei denen auch die Segelstellung geändert werden muss, sicher und bequem bei Tageslicht ausführen können. Ein nicht zu vernachlässigender Sicherheitsaspekt.

Nach drei herrlichen Tagen gut geschützt vor Anker auf Woody Island, die wir mit Inselspaziergängen und Schnorcheln verbringen, lichten wir am 3.8.2025 den Anker und nehmen Kurs auf zum Mackay Reef. Wir erwischen tolle Segelbedingungen. Unterwegs fahren wir immer wieder an kleineren Riffen vorbei, die meist auf ihrer Leeseite eine kleine Erhebung aufweisen, oftmals nur eine kleine Sandinsel. Diese hier dient einem Taucher gerade als Landeplatz für seinen privaten Heli.
Unser Ankerplatz auf Mackay. Die Insel ist auf ihrer Leeseite nicht grösser als die paar Sandinseln, die wir unterwegs gesehen haben. Der Wind bläst ungehindert über sie hinweg. Einzig die Wellen werden sehr gut vom Riff und der Insel aufgehalten. Wir liegen trotz des starken Windes relativ ruhig. Auch hier finden wir eine dieser super bequemen und sehr sicheren, öffentlichen Bojen (Mooring, blauer schwimmender Kegel), so dass man viel näher am Riff festmachen kann, wie mit dem Anker.
Da wir bei unserer Ankunft Tourboote vom nahen Festland sehen, nehmen wir an, dass es hier keine lebensbedrohenden Lebewesen im Wasser hat. Auch wir geniessen ein paar Stunden im Aquarium. Wir haben sie schon ein paar Mal in Pärken oder in Gärten von Fischern gesehen. Riesenmuscheln, weit über einen Meter gross. Aber noch nie haben wir eine solche lebend gesehen. Hier entdecken wir gleich mehrere dieser stummen Riesen, deren Muschelschale bei guten Lebensbedingungen pro Jahr um bis zu 1 Zentimeter wachsen kann.
Die Grosse Riesenmuschel (Giant Clamp) ist die grösste aller bekannten Muschelarten. Sie kann eine Länge bis zu 140cm und eine Körpermasse von 400kg erreichen. Die Muschel lebt mit Symbiose Algen zusammen, die in ihren Mantellippen leben (weissliche Flecken im Bild) und sie mit organischer Substanz und Sauerstoff versorgen.
Wir haben uns lange gegen dauerndes Internet an Bord gesträubt. Das eigentlich perfekte System «Starlink» von Elon Musk kam sowieso nicht in Frage, nachdem uns bei seinem Intermezzo in der US Administration Zweifel an seinem Geisteszustand aufkamen. Nun, das ist zum Glück Geschichte. Da dieser Teil des Kontinentes nur sehr dünn besiedelt ist und wir damit rechnen mussten, dass es keine Telefonsignale für unsere SIM-Karten gibt, haben wir uns gemeinsam durchgerungen und unsere Haltung geändert. Seit Cairns besitzen wir nun eine «Starlink-Mini» Anlage. Somit haben wir auch auf dem offenen Meer eine Verbindung mit der Aussenwelt. Nur so ist es Pia möglich, ihre beliebten Videos auch in diesem Teil der Welt ins Netz zu stellen.
Nächster Ankerplatz: Hope Island. Auch hier finden wir eine der bequemen Moorings vor – leider wird es die letzte sein, die wir auf unserem Weg antreffen. Diese Sandbank ist bereits bewaldet. Die ersten Samen zur Begrünung wurden angeschwemmt (z.B. Kokosnüsse), oder von Vögeln im Bauch und Gefieder mitgebracht.
Nach zwei Tagen auf Hope Island (Hoffnungsinsel) ziehen wir weiter und segeln zum Festland rüber. Es sind starke Winde (25-30 Knoten) angesagt und wir versprechen uns vom Festland einen etwas besseren Windschutz als im Great Barrier Reef draussen. Die Überfahrt ist schnell, aber rollig.
Zu unserer Enttäuschung müssen wir feststellen, dass die ganze Landzunge von Cape Bedford sehr flach ist. Einzig das meerseitige Ende der Halbinsel wird von zwei rund 200 Metern hohen Bergen gebildet. Auf der Leeseite brettert der Wind aber fast ungebremst über den flachen, sandverwehten Mangrovenwald. Nun, zumindest kommt kein Schwell zum Ankerplatz, und wir können trotzdem einen wunderschönen Sonnenuntergang geniessen und in der Nacht sehr gut schlafen.
Vom Cape Bedford aus geht’s wieder hinaus nordöstlich ins Great Barrier Reef zur Lizard Island (Echseninsel). Auch diese Insel war, wie viele der hohen Vulkaninseln aus Granit im Great Barrier Reef, früher Teil des Festlandes. Das der Küste vorgelagerte Flachland wurde aber nach dem Ende der letzten Eiszeit vor etwa 9’000 Jahren infolge des sich anhebenden Meeresspiegels überschwemmt. Um die so langsam im Meer versinkenden Inseln entstanden Saumriffe, die für den Fischreichtum der Gegend so wichtig sind. In einer tief in die Westseite von Lizard Island eingeschnittenen Bucht finden wir einen perfekten Ankerplatz. Dieser scheint sehr bekannt und beliebt zu sein, denn wir sind für einmal nicht die einzigen Segler hier.
Wie alle Inseln im Great Barrier Reef ist auch Lizard Island Teil des Nationalparkes. Zudem gibt es auf der Insel einen private Luxusresort mit wunderschönen, der Natur gut eingegliederten Bungalows. Diesen beiden Umständen können wir es verdanken, dass es ein paar sehr gut unterhaltene Wanderwege mit interessanten Informationen gibt. Das nehmen wir doch sehr gerne an, schnüren unsere Flip-Flops und gehen auf Erkundung. Der «Pandanus Track» führt über einen Boardwalk entlang eines Sumpfes (Bild), und verläuft dann entlang der Flugpiste, die quer über die Insel gebaut wurde, auf die östliche Inselseite.
Auf der Ostseite von Lizard Island erwartet uns die Blue Lagoon – die Blaue Lagune.
Ach, was würde ein Land am Mittelmeer hergeben für einen solchen Strand. Menschenleer und schneeweisser Sand so fein wie Puder.
An einigen Stellen ist der Strand durch Felsbänder aus Granit unterbrocken. Sie sind stumme Zeugen der Entstehungsgeschichte dieser Inseln, die vor etwa 300 Millionen Jahren durch vulkanische Aktivitäten geformt wurden. Geschmolzenes Magma im Innern der Erde erstarrte zu hartem Granit. Sonne, Wind und Meer liessen weicheres und spröderes Material wegerodieren und schafften das, was wir heute sehen. Es macht uns richtig Spass über dieses wilde Gelände der Küste entlang zu klettern.
Über dem offenen Meer im Südosten kündet sich ein tropischer Regenschauer an. Zeit für die Umkehr und den nach Hause Weg.
Das private Resort öffnet jeweils Dienstag und Freitag die Bar am Strand für externe Gäste. Solche Gelegenheiten gibt es für uns nördlich von Cairns entlang des Great Barrier Reefs fast keine mehr. Natürlich nutzen wir sie, so wie auch die Crews der meisten anderen Yachten vor Anker. Hier treffen wir Yolanda und Ad (vorne im Bild) von der holländischen Segelyacht Windsong zum ersten Mal persönlich. Sie segeln eine ähnliche Route wie wir, und unsere Kielwasser haben sich schon öfter gekreuzt.
Wer im Pazifik segelt, der begegnet immer wieder Spuren vom britischen Kartografen und Seefahrer James Cook, dem berühmten Entdecker. Auf der Suche nach einer sicheren Ausfahrt aus dem Great Barrier Riff stieg er im August 1770 auf den höchsten Punkt (heute Cook’s Look genannt) der Lizard Island (roter Pfeil) und erstellte von da oben eine Skizze, die ihm später helfen sollte, sein Schiff Endeavour unbeschadet wieder durch das Riff ins offene Meer zu steuern.

Auf der Skizze von James Cook ist uns ein Eintrag aufgefallen: «On this Ledge the Ship laid 23 Hours and received much damage» (auf diesem Felsvorsprung lag das Schiff 23 Stunden lang und wurde stark beschädigt). Einmal mehr ist uns bewusst geworden, wie privilegiert wir heute doch sind mit all den Seekarten, den GPS-Empfängern und den modernen Kommunikationsmitteln. Man muss sich das vorstellen! Da ist ein Schiff unterwegs weit und breit alleine auf dem blauen Ozean. Weit in der Ferne erblickt der Ausguck hoch oben im Mast etwas, das aussieht wie Land. Mehr als 40 Kilometer vom Land entfernt ist das Meer noch über 2’000 Meter tief. Dann plötzlich, in der Nacht, rund 20 Kilometer vom Festland entfernt, hört die Crew das Rauschen einer Brandung. Es ist aber nicht wie sonst eine Insel, die man umfahren kann, sondern eine 2’300 Kilometer lange Mauer von Nord nach Süd, die sich da fast senkrecht vom Meeresboden dem Schiff entgegen stellt. Unmöglich, das Schiff vor dem Wind zu stoppen. Trotz aller der damals möglichen Notmanöver gelingt es nicht mehr, die Endeavour vom Riff wegzusteuern und sie kracht mit voller Gewalt auf die Mauer aus Felsen und Korallen. Unglaublich! Cook und seine Leute (darunter zum Glück auch sehr erfahrene Schiffsbauer) haben es 23 Stunden später (ich vermute bei der nächsten hohen Flut) geschafft, das Schiff wieder frei zu kriegen und hinter dem Riff eine nahe Insel anzusteuern (diese heisst heute Hope Island – Hoffnungsinsel), wo das Schiff notdürftig repariert werden konnte. Erst ein paar Tage später in einem Fluss, der heute «Endeavour River» heisst, konnte das Schiff trockengelegt und richtig repariert werden. Was für Helden!!

Wie im August 1770 James Cook machen auch wir uns auf, um vom Cook’s Look unsere Augen über die blaue Umgebung streifen zu lassen. Wir sind glücklich, unser Schiff, die Lupina, unbeschadet und sicher weit unter uns vor Anker zu sehen (Schiff in der Mitte des Bildes).
Blick über Lizard Island und den Flughafen in Richtung Osten. Der Himmel ist heute zu dunstig, um das Aussenriff auf dem Bild erkennen zu können. Cook muss einen herrlichen Tag erwischt haben, als er seine Skizzen anfertigen konnte.
Eine wunderschöne, aber anstrengende Wanderung. Sehr eindrücklich, wenn man seine Geschichte noch kennt.
Auf dem Rückweg merken wir auch noch, warum Cook die Insel «Lizard Island» (Eidechseninsel) benannt hat. Hier gibt es erstaunlich grosse Eidechsen. Das Exemplar, dass unseren Weg kreuzt, misst mindestens 1.5 Meter.
Nach vier Tagen auf Lizard Island zieht es uns weiter nordwärts. Je näher wir dem Äquator kommen, umso stärker blasen die vorherrschenden Winde. Das bringt uns zwar schnell voran, aber es wird immer schwieriger, einen ruhigen Platz für die Nacht zu finden. Hier ankern wir wieder im Riff draussen auf der Insel Bewick. Weil meist um die Inseln Korallen wachsen, müssen wir relativ weit weg vom Ufer ankern und können so leider nicht vom Windschutz der Büsche und Bäume profitieren.
Die Fahrt nach Norden bringt uns immer wieder nahe an die Küste des Festlandes. Meist sind es weisse Sandstrände, manchmal aber auch diese rot leuchtenden Felsformationen.
Nicht nur die Felsen am Ufer sind rot, auch der Abendhimmel auf Stanley Island leuchtet in dieser Farbe.
Von Tag zu Tag wird das Meer wilder. Das 15-20 Semmeilen weiter ostwärts gelegene Aussenriff blockt zwar die grosse, langgezogene Dünung des offenen Meeres ab, aber dafür baut sich innerhalb des Great Barrier Reefs eine kurze, steile Welle auf, die unsere Lupina kräftig tanzen lässt.
Nicht nur die Atolle und Riffe verlangen grosse Aufmerksamkeit beim Segeln, auch der Schiffsverkehr, der sich vor der Küste von Australien bewegt, muss berücksichtigt werden. Auch wenn die Schiffe hier noch weit entfernt scheinen …
… sind sie nach ein paar Minuten schon in einem Umkreis, in dem sie nicht mehr gross ausweichen könnten. Wir werden mehrere Male von Kapitänen angefunkt und nach unserer Kursabsicht gefragt. Finden wir gut – das gibt auch uns eine Sicherheit.
In Portland Road ankern wir wieder mal vor dem Festland. Hier macht die Küste eine Einbuchtung, die uns guten Schutz gewährt. Leider ist die Bucht aber so flach, dass wir auch hier wieder weit weg vom Windschutz ankern müssen. Dafür sind wir sehr gut vor dem Schwell geschützt und liegen trotz starkem Wind einigermassen ruhig. Die Batterien freut es: über Nacht arbeitet unser Windgenerator so unaufhörlich und fleissig, dass sie am Morgen voll geladen sind.
Einmal mehr ein fantastischer Abendhimmel, wie man ihn nur auf dem Meer zu sehen bekommt.
Eine der kleinsten Insel, die wir auf unserem Weg nach Norden zum Ankern ansteuern: Bushy Island. Für uns ist es eine akzeptable Notlösung, denn dazwischen gibt es fast gar nichts Besseres. Hier stösst auch die SY Kama wieder zu uns, die uns seit ein paar Tagen verfolgt hat.
Es wird langsam Zeit, dem Pazifik auf Wiedersehen zu sagen. Die kleine Sandinsel Bushy Island ist unsere letzte Station vor der Einfahrt in die berühmte Torres Strasse. Die Torres Strasse stellt die Verbindung dar vom Pazifik zum Indischen Ozean. Vor fast vier Jahre haben sich in Panama für uns die Schleusentore in den Pazifik geöffnet. Nun öffnet uns die Torres Strasse den Weg in den Westen. Aber zuerst müssen wir sie heil überwinden. Sie ist nämlich berüchtigt für ihre starken Strömungen und Verwirbelungen.
Das Meer zwischen Australien und Papua-Neuguinea ist eng und mit vielen Untiefen gespickt. Die Strömungen sind oft sehr stark und Turbulenzen unberechenbar. Schon manches Schiff mussten wieder umkehren, um bessere Bedingungen abzuwarten. Unsere Lupina scheint sich jedoch in den brodelnden Wellen wohl zu fühlen.
Unser nächstes Ziel, die Mount Adolphus Island, liegt bereits mitten in der Torres Strasse. Nach der zum Teil etwas ruppigen und rolligen Fahrt sind wir glücklich, eine auf der Leeseite der Insel tief eingeschnittene, ruhige Bucht als Ankerplatz vorzufinden. Der Wind rüttelt zwar immer noch ab und zu in heftigen Böen an unserem Rigg, aber wir liegen ruhig und sicher vor Anker. Auch unsere Schweizer Freunde, die SY Kama (rechts am Bildrand), wählt diese Bucht als Zwischenstopp.
Wir stossen auf das Erreichen der Torres Strasse an
Nach zwei Tagen vor Anker setzen wir Segel Richtung Südwesten: wir wollen nochmals zurück auf den Kontinent, genau gesagt zum nördlichsten Punkt des Festlandes: Cape York
Cape York: die Zufahrt um die vorgelagerten Inseln an den Ankerplatz ist nicht ganz einfach und ungefährlich. Es gibt nur einen engen Fahrkanal, der tief genug ist. Genau da aber ist die Strömung am stärksten, und die vielen Verwirbelungen machen die Ansteuerung auch nicht einfacher. Aber schlussendlich schafft es unsere Lupina an den vorgesehenen Platz. Wir sind weit und breit das einzige Schiff.
Das Anlanden mit dem Dinghi will gut geplant werden. Wir entscheiden uns, eine Stunde vor Ebbe anzulegen. Dann müssen wir das Dinghi nicht weit an Land ziehen. Mit einem Anker sichern wir es an einem Wrackteil eines Schiffes, das am Strand liegt. Nun haben wir genau zwei Stunde Zeit, bis das Wasser wieder den gleichen Stand hat, wie bei der Ankunft.
Das Cape York ist auch per Auto zu erreichen – allerdings nur mit Geländefahrzeug über eine 350km lange Abenteuerpiste durch Flüsse, Sümpfe und Felsgebirge. Die Fahrzeuge, die hier auf dem Parkplatz stehen, sind alle sehr gut ausgerüstet, und haben es bis hierher geschafft.
Der Fussmarsch zum Kap führt an riesigen Termitenhügeln vorbei.
Ein Meilenstein auf unserer Reise ist erreicht: das Cape York
Ein schönes, dann aber auch bedenkliches Erlebnis: ein Australier beobachtet uns, wie wir ein Selfie machen wollen. Schnell drückt er Pia eine Aussie Flagge in die Hand und mir ein lokales Bier und schiesst dieses Bild von uns. Das ist das schöne Erlebnis. Dann aber beobachten wir ihn, wie er aus seiner Tasche ein schwarzes Klebeband klaubt und auf der Tafel die Worte «on the land of the Gudang Yadhaykenu people Pajinka» überklebt. Erst dann dürfen wir ihn und seine Frau ebenfalls vor der Tafel ablichten. Nicht das erste Mal erleben wir, dass Rassismus in Australien leider immer noch ein allgegenwärtiges Thema ist.
Nach unserem Besuch des Cape Yorks setzen wir am nächsten Tag Segel zur Thursday Island, unserem lange geplanten Ausgangspunkt für die Weiterreise nach Westen. Ursprünglich wollten wir auf Thursday ausklarieren und nach Indonesien weiterfahren. Die Seekarten von Indonesien sind aber immer noch wegen eines Rechtsstreites mit Indonesien blockiert, und so werden wir von Thursday aus westwärts nach Darwin weiter segeln.
Wir freuen uns auf neue Abenteuer!

Es bleibt spannend! Folge der Lupina im Kielwasser!

Gewusst? Das Great Barrier Reef ist das grösste Riff der Welt. Es erstreckt sich über 2300 Kilometer entlang der Küste von Queensland, einer von nur 6 Bundesstaaten in Australien. Das Riff ist so gross und ausgedehnt, dass es auch vom Mond aus noch erkennbar ist.

Whitsunday Islands – die Südsee der Australier

14.6. – 5.7.2025

Übersicht unserer Reisestrecke
Ganz ehrlich – von den Whitsunday Inseln haben wir noch nie etwas gehört, bis wir am Silvester Abend in Sydney mit einem Australier über unsere Segelpläne gesprochen haben. Die Inseln waren ursprünglich ein vulkanisch geformtes Gebirge und gehörten zum Festland. Das Ende der letzten Eiszeit vor 30’000 bis 50’000 Jahren führte zum Schmelzen der Pole und hob den Meeresspiegel an. Dadurch wurde das Gebirge vom Festland getrennt. Die höchsten Bergspitzen bilden heute die Whitsunday Islands.
Fantastischer Ausblick vom höchsten Berg, dem 434 Meter hohen Whitsunday Peak
Spezielles Schauspiel: nach Sonnenuntergang scheinen die Inseln am Horizont zu schweben. Die Whitsunday Islands bestehen aus 74 Inseln, von denen 17 bewohnt sind. Sie sind Teil des Great Barrier Reffs, das sich rund 35 Meilen weiter östlich schützend vor die Inseln legt. Aber auch hinter dem Hauptriff sind die Inseln von kleineren Riffen mit grossen Korallenbänken und artenreichen Fischschwärmen umgeben, was sie so attraktiv macht. Zum Besegeln sind sie viel einfacher als etwa die Marquesas in Französisch-Polynesien, da es für alle Windrichtungen viele geeignete Ankerbuchten mit flachem Sandgrund gibt, wo man nach kurzen Tagestörnen einen ruhigen Schlaf findet.
Jedem australischen Wassersportler, sei es Segeln, Schnorcheln, oder Tauchen, sind die Whitsundays ein Begriff. Auch bei vielen Touristen, die schon mal Australien besucht haben, sind die Whitsundays bekannt. Auch wir geniessen die Unterwasserwelt mit schönen Korallen …
… und vielen bunten Fischen (im Bild ein blauer Papageienfisch). Allerdings müssen wir eingestehen: das Wasser ist hier nicht so klar und die Farben nicht so bunt wie in den Tuamotus (Französisch-Polynesien) oder Bonaire (Karibik).
Nicht überall ist der Aufenthalt im Wasser ratsam. Es gibt einige Gebiete, wo sich die Haifische paaren und ihre Jungen auf die Welt setzen. Da verteidigen sie ihr Revier und es kommt immer wieder zu Angriffen. Deshalb machen wir es uns zur Gewohnheit: wir schnorcheln nur dort, wie die Touristen-Touren ihre Stopps einlegen.
Es herrscht eine Wetterlage mit starkem Südostwind. Wir suchen deshalb Buchten, die gegen Norden oder Westen ausgerichtet sind. Wir segeln weiter in den nördlichen Bereich der Whitsundays zu den beiden Inseln Hook und Hayman. Ihre Küsten fallen gegen Norden steil ab und bieten guten Schutz vor dem Wind. Hier umrunden wir gerade Dolphin Point, die nördlichste Ecke der Hayman Island.
In der Blue Pearl Bay (Hayman Island) finden wir eine ideale, sehr gut vor Wind und Wellen geschützte Bucht.
Australien macht sehr viel für den Schutz ihrer Korallen. So gibt es zum Beispiel eine Massnahme, dass in Buchten mit Korallenbeständen nicht geankert werden darf. Als Ersatz wurden vom Nationalpark Hunderte von Moorings (Bojen) installiert, die uns ermöglichen, die Lupina sicher und zuverlässig festzumachen, ohne dass wir mit Kette oder Anker an den Korallen Schaden anrichten. Jede dieser öffentlichen Bojen wird regelmässig gewartet. Sie sind in einem sehr guten, robusten Zustand.
Mit Schild und Farbcodierung wird angegeben, bis zu welcher Schiffsgrösse und Windgeschwindigkeit die Moorings ausgelegt sind. Die Verwendung ist zeitlich, je nach Gebiet eingeschränkt auf ein paar Stunden oder einen ganzen Tag. Aber bei allen ist die Übernachtung erlaubt.
Auf Hayman Island gibt es diverse Wanderwege. Da es auch ein Resort mit Touristen gibt, können wir davon ausgehen, dass keine gefährlichen Tiere (tödliche Schlangen, Dingos, Krokodile) vorkommen, die uns unangenehm werden könnten. Über das am Anfang des Wanderweges am Strand stehende Schild «Private Property» sehen wir grosszügig hinweg und machen uns auf den Weg bergwärts. Die vielen toten Bäume zeugen von Zyklonen, die ihnen die Blätter und Äste abgerissen und sie haben absterben liessen.
Vom «Whitsunday Passage Lookout» geniessen wir eine herrliche Aussicht gegen Süden. Unter uns das grosszügig angelegte Resort (mit 3 Landeplätzen für Helikopter und eigener Marina) und die bei Ebbe trockenlaufende Lagune.
Rund 3 Kilometer weiter entlang dem Bergkamm gelangen wir an den nördlichsten Punkt von Hayman Island: Dolphin Point mit Blick auf die Nordküste. Eigentlich befinden wir uns in einer Jahreszeit mit durchschnittlich nur 3 Regentagen im Monat. Vier hatten wir schon aber der Fünfte kündigt sich im Hintergrund mit dicken Wolken an. Kommen wir noch trocken auf den letzten Aussichtspunkt?
Die beiden Wallabies staunen interessiert über die beiden Flip-Flop besohlten Lebewesen, die sich da zügigen Schrittes bergan bewegen.
Wir schaffen es zum Cooks Lookout – verlieren aber den Wettstreit mit den Regen. Er ist schneller und die Aussicht fällt buchstäblich ins Wasser.
Aber einen kurzen Aufenthalt im Trockenen wollen wir uns dann doch gönnen.
Auf den beiden Whitsunday-Inseln Hook und Hayman wären wir gerne noch etwas geblieben, aber der Wind ruft. Es ist ideales Wetter für die Weiterreise und wir lassen die Whitsundays am 24. Juni 2025 am Horizont hinter uns verschwinden.
Unsere Weiterreise führt uns zurück zum Festland, entlang der Bowen Coast in Richtung Townsville. Wir haben uns entschieden, die Strecke in gut machbare Tagesetappen zu unterteilen. So brauchen wir kein Nachtsegeln und können die Küstenlandschaft geniessen. Unser erster Tagesstopp, gut geschützt hinter der steilen Küste von Gloucester Island.
Von Gloucester machen wir einen kurzen, nur rund 10 Meilen langen Hüpfer in die Queens Bay nördlich von Bowen, und am nächsten Tag dann, bei super Segelbedingungen, einen langen Schlag in die Shark Bay (Cape Upstart, hinter den Segeln in der Ferne am Horizont erkennbar).
Unterwegs passieren wir einen grossen Kohle Verladungsterminal. Die Kohle, die in diesem Teil von Australien abgebaut wird, gelangt in langen Eisenbahnzügen bis hierher an die Küste. Dort wird das schwarze Gold, wie Kohle auch genannt wird, auf Förderbänder geschüttet und über einen fast drei Kilometer langen Steg zu diesem Pier gefördert. Hier ist das Meer tief genug für die Bulk-Carrier Schiffe, welche die Kohle in die ganze Welt hinaus, hauptsächlich in den asiatischen Raum, transportieren.
Abendstimmung in der Bowling Green Bay. Der Himmel ist hier besonders rot, denn das Licht der untergehenden Sonne bricht sich an Rauch- und Staubpartikeln, welche das Abbrennen von Zuckerrohrfeldern an Land verursacht (erkennbar an den am Horizont aufsteigenden Wolken). Einerseits ein für das Auge schönes Spektakel, andererseits auch bedenklich. Trotz aller technischen Hilfsmitteln, die den Farmern heute zur Seite stehen, gibt es offenbar immer noch keine brauchbare Alternative zur Luftverschmutzung.
Nach einem weiteren Tagestörn erreichen wir Magnetic Island und ankern gut geschützt vor den vorherrschenden Winden in der riesigen Horseshoe Bay im Nordwesten der Insel (Bild). Die Insel wurde 1770 vom britischen Kapitän James Cook (wer denn sonst?) und seiner Mannschaft für Europa entdeckt. Als sie im Schiff Endeavour vorbeisegelten, spielte ihr Kompass verrückt, weswegen Cook vermutete, die Insel bestehe aus Magnetit haltigem Gestein.

Noch auf Whitsunday Island ist beim Ausrollen der Genua einer (oder beide?) der zwei Elektromotoren des Furlers ausgefallen. Wir hatten diese schon in Fiji wegen Blockade reparieren und revidieren lassen. Seitdem hatten wir immer ein lautes Geräusch bei der Betätigung der Anlage. Vermutlich hat die Reparatur nicht ganz die erforderliche Zuverlässigkeit gebracht. Nun haben wir über einen Vertreter unseres Furlers zwei neue Motoren bestellt. Diese werden von Schweden nach Townsville geliefert und dort eingebaut. Bis die Motoren eingetroffen sind, werden wir die Zeit auf Magnetic Island verbringen.

Die Insel ist ein Wanderparadies!
Die Ostküste von Magnetic Island mit dem langen Strand von Nelly Bay und dem kleineren, wilderen Rocky Beach (Bildmitte).
Und dies ist der entsprechende Aussichtspunkt: der Rocky Bay Lookout Point (böse Zungen behaupten, es sei der Affenfels von Gibraltar)
Wir finden viele schöne Aussichtspunkte, wie diesen hier: «Hawkings Point» mit herrlichem Blick über die Picnic Bay mit ihrem altehrwürdigen Pier und Townsville im Hintergrund. Der Name der Bay geht auf die ersten europäischen Bewohner von Townsville zurück, die ab und zu an Wochenenden zur Insel rausfuhren und hier ihr Picnic veranstalteten.
Wir treffen viel Granitfelsen an – fühlen uns fast ein wenig wie in den Schweizer Alpen
Wer wandert, kriegt Hunger! Yummiiee!!
Neuer Tag, neue Wanderstrecke. Diesmal in der Nordostecke der Insel. Dieser Bereich weist steile Küsten auf und mehrere nur über Wanderwege oder per Schiff erreichbare einsame Strände.
Balding Bay, praktisch menschenleer
Radical Bay
Die Florence Bay wäre über eine asphaltierte Strasse erreichbar. Kurz nach der Abzweigung klafft aber ein breiter Spalt in der Strasse. Einer der vergangenen heftigen Regenfälle hat eine tiefe Schneise hinterlassen. Wenn man den dünnen Belag (keine 2 Zentimeter dick!) und den fehlenden Unterbau sieht, erstaunt es wenig, dass das Wasser hier eindeutiger Sieger war.
Florence Bay – auch nur per Schiff oder zu Fuss erreichbar. Auch hier gilt, wie im ganzen Gebiet: Quallen Gefahr! Allerdings ist jetzt gerade nicht die Saison und wir sehen viele Touristenboote, auf denen die Gäste beim Schwimmen und Schnorcheln keine speziellen Anzüge tragen.
Für uns auch immer schön und spannend: die Tierwelt. Dieser Gelbhauben-Kakadu ist gerade daran, sich in einem abgebrochenen Ast eine Nisthöhle zu bauen.
Rock-Wallaby beim Sonnenbad
Busch-Steinkauz
Bunter Schmetterling, fast handtellergross
Im Zweiten Weltkrieg wurde Townsville zum bedeutenden Standort für das Militär, als die Amerikaner hier einen Stützpunkt zum Kampf gegen die japanische Armee einrichteten. In jener Zeit wurden auf Magnetic Festungsanlagen gebaut, welche wohl der Überwachung und Sicherung von Luft und Meer dienten. Die Gegend wurde jedoch von japanischen Angriffen verschont. Die Überreste dieser Befestigungen, «The Forts» genannt, die sich im Nordosten der Insel befinden, können heute besichtigt werden. Hier bestaunen wir das Lager einer der beiden Kanonen, die damals auf der Insel aufgestellt waren.
Wir haben unheimliches Glück und sehen während der Wanderung zum Fort drei Koalas in freier Wildbahn. Der Eine hier macht sich gerade an seiner Lieblingsspeise (Eukalyptus-Blätter) genüsslich, …
… ein Anderer döst in den Tag hinein und lässt sich vom Fotografen nicht stören. Später lesen wir, dass es auf der Insel heute rund 800 Koalas gibt. Um 1930 wurden hier zur Arterhaltung 20 Koalas ausgesetzt, nachdem sie auf dem Festland durch intensive Bejagung wegen ihrem wertvollen, wasserabstossenden Fell sehr stark unter Druck gekommen waren und sich ihre Zahl bedrohlich verringert hatte. Im Gegensatz zum Festland entwickeln sich die Koalas hier auf der Insel sehr gut.
Und dann treffen wir auch noch auf Schweizer! Margrit und Ernst, sehr erfahrene Segler, sind mit ihrem Aluminium Schiff «Kama» über Südamerika und die Antarktis in die Südsee gesegelt. Nun sind sie wie wir auf dem Weg Richtung Indonesien. Wer weiss, vielleicht treffen wir sie noch öfters an – schön wär’s.
Magnetic Island ist ein wunderbarer Ort, um auf die Ersatzteile zu warten. Wir hoffen trotzdem, dass sie nächste Woche kommen, so dass wir bald weiter Richtung Cairns und dann zur Torres Strasse können. August/September ist ein ideales Zeitfenster für die Reise nach Indonesien. Das möchten wir gerne nutzen. Wird es wohl klappen?

Es bleibt spannend! Folge der Lupina im Kielwasser!

ÄLTESTE – KLEINSTE – TROCKENSTE – GRÖSSTE
Australien ist die grösste bewohnte Insel der Welt – und gleichzeitig der kleinste Kontinent. Mit einer durchschnittlichen Höhe von weniger als 300 Meter über Meer ist es ist die flachste Landmasse der Welt. Der Weltdurchschnitt beträgt 700 Meter. In Australien gibt es den Weltgrössten Monolith: der Uluru (früher Ayers Rock genannt) ist 348 Meter hoch und hat einen Umfang von 8.9 Kilometern.
Australien ist der trockenste Kontinent – nach der Antarktis, und das fünftgrösste Land (nach Kanada, China, USA und Brasilien). Und: Australien ist die einzige Nation, die einen ganzen Kontinent sein Eigen nennt.

Lupina auf Schatzsuche

25.5. – 13.6.2025

In diesem Bericht nehmen wir dich mit auf zwei Reisen. Da ist einmal die Fahrt mit der Lupina von Great Keppel Island (Süden des Great Barrier Reef) weiter nach Norden, zuerst dem Festland entlang und dann über verschiedene Inseln des Great Barrier Reefs (rote Strecke). Die gelbe Strecke ist ein Ausflug etwas mehr als 400 Kilometer ins Outback von Zentral Queensland, wo Pia eine ehemalige Schulkollegin ausfindig gemacht hat.
Für die Zeit unserer Reise ins Hinterland von Queensland gönnen wir unserer Lupina ein sehr ruhiges Plätzchen in der schönen Keppel Bay Marina. Hier wird es ihr bei rund 500 anderen Schiffen sicher nicht langweilig.
Wir mieten uns ein Auto und fahren am Dienstag, 27.5.2025 los. Die Automiete ist für einmal etwas aufwändiger. Die lokal ansässigen Autovermieter erlauben nur Fahrten in der näheren Umgebung. Der Grund: es sind kleine Familienbetriebe, die keinen Pannendienst anbieten können. Wir werden zu den grossen, internationalen Vermietern verwiesen. Die befinden sich aber alle rund 50km weit am Flughafen von Rockhampton, dem nächst grösseren Ort in der Umgebung. Aber Glück im Unglück: von der Marina fahren Busse direkt zum Flughafen – für 50 Cents (30 Rappen!!) pro Person. Also fahren wir früh am Morgen mit dem Bus zum Flughafen, nehmen dort unser übers Internet gebuchte Auto in Empfang, und los geht’s ins Outback.
Kaum sind wir von der leicht gebirgigen Küste weg, wird das Land flach wie ein Bettlaken. Die grossen Farmen hier leben von Viehzucht und Ackerbau. Vor allem Zuckerrohr, Getreide und Baumwolle wird auf diesem fruchtbaren Boden angepflanzt.
Nach etwas mehr als 400km Fahrt finden wir Pia’s Schulkollegin: Esther Schmidt Lanz ist vor vielen Jahren auf Weltreise gegangen und in Rubyvale, einem kleinen Nest in den Outbacks von Zentral Queensland, hängen geblieben. Rubyvale, zusammen mit den Nachbarorten Sapphire und Emerald, zählt als einer der bedeutendsten Fundorte von Saphir Edelsteinen.
Esther besitz mittlerweile selber 2 Minen, betreibt eine eigene Edelsteinschleiferei und einen schmucken (im wahrsten Sinne des Wortes) Laden (Bild)
Während unseres Besuchs bei Esther dürfen wir bei ihre im Gästezimmer schlafen. Sie wohnt mitten in der Natur draussen. Auf der Suche nach Nahrung hoppeln am Morgen und am Abend duzende von Kängurus um ihr Haus.
Esther konnte vor ein paar Jahren von einem in der Gegend sehr bekannten Steinschleifer Haus und Schleiferei (Hütte hinter dem Auto) übernehmen. Die einzige Bedingung, die der alte Mann an sie richtete: du musst es so belassen, wie es ist. An ihr Versprechen hat sie sich gehalten.
Seit 1989 arbeitet Esther nun in dieser Schleiferei. Alles, was sie damals übernommen hatte, ist noch da. Die Werkstatt ist zu einem wahren Zeitzeugen und Museum geworden.
In ihrem kleinen Atelier schleift Esther auf Bestellung ihrer Kunden (Juweliere und Privatpersonen aus der ganzen Welt) die rohen Saphire und verwandelt sie zu wertvollen Edelsteinen. Hier überprüft sie gerade mit einer Vergrösserungsbrille die soeben geschliffene Fläche. Die runde Scheibe links ist der Schleifstein.
Noch immer verwendet Esther bei ihrer Arbeit das alte Lehrbuch für Juwelenschleifer, das sie vor vielen Jahren bei der Ausbildung bekommen hatte. Darin wird detailliert beschrieben, wie bestimmte Formen zu bearbeiten sind.
Zum Schleifen wird der rohe Stein auf eine Halterung geklebt (mit 2 Komponenten Epoxi), die dann in eine Vorrichtung eingespannt wird, mit der sich auf den Hundertstel genau die Bearbeitungswinkel einstellen lassen. Ist der Saphir noch in Arbeit, sieht er meist schwarz, wie ein kleiner Kieselstein, aus. Wird der Stein aber mit Licht beleuchtet, kommen seine schönen Farben zum Vorschein.
Ich hab’s erwähnt: Esthers Werkstatt ist ein kleines Juwel. Da finden sich weit über 100 Jahre alte Werkzeuge und Maschinen zum Steine Schleifen. Hier sehen wir einen alten Schleifplatz. Angetrieben wurde der Schleifstein über eine vertikale Spindel, die wiederum über eine horizontale Spindel (an der Wand zu sehen) angetrieben wurde. Der Stein wurde am einen Ende des Holzstöckchens fixiert, das ich in der Hand halte. Das andere Ende des Stöckchens wurde in eines der Löcher des Holzklotzes gehalten. Dadurch ist der Schleifwinkel bestimmt.
Die Energie wurde früher mit Lederriemen von Spindel zu Spindel übertragen. Dieser Lederriemen ist aus kurzen Stücken zusammengenietet. Dadurch konnte er bei Bedarf relativ schnell in der Länge angepasst werden.
Nun stellt sich die Frage: woher kommen die Saphire eigentlich. Eine ganz kurze Erklärung. Durch vulkanische Tätigkeit gerät Magma an die Erdoberfläche. Beim Erstarren der Lava können, je nach Zusammensetzung, bestimmte Mineralien kristallisieren. Das Bekannteste ist Gold, daneben gibt es aber noch viele andere, wie etwa Diamanten oder eben Saphire. Diese kristallisierten Elemente sind meist in hartem Gestein eingeschlossen. Durch Verwitterung oder Auswaschung können diese sehr harten Kristalle aber an die Oberfläche gelangen und ausbrechen. Genau das ist hier in diesem Gebiet passiert. Die Saphire befinden sich in ganz bestimmten Schwemmlandschichten unter der Erdoberfläche. Gefunden wurden die ersten Saphire beim Bau einer Eisenbahn, später auch in Flussläufen. Esther zeigt uns hier die typische Landschaft, wo Saphire bis an die Oberfläche kamen.
Jetzt ist unsere Gier angestachelt. Auch wir wollen unser Glück versuchen. Am einfachsten geht das an einem extra für Touristen wie uns hergerichteten Waschplatz. Wir müssen uns nicht zuerst ins Erdreich graben, sondern können ganz bequem einen Eimer voll Erz kaufen, das vorher maschinell aus einer Mine gebuddelt wurde. Zuerst wird das Erz gesiebt und vom losen Erdreich getrennt. Zurück bleiben Geröll und Steine.
Im nächsten Schritt wird das im Sieb verbliebene Material «gewaschen». Dabei wird das Sieb mit dieser primitiven Rüttelvorrichtung rasch im Wasser rauf und runter bewegt. Schmutzpartikel werden so weggespült.
Das Material im Sieb muss immer wieder gemischt werden. Weicheres Gestein wird zerdrückt und auch noch ausgewaschen. Der Prozess wird mehrmals wiederholt.
Zurück bleiben die harten, sauber gewaschenen Steinbrocken, unter denen sich hoffentlich auch der eine oder andere Saphir versteckt. Pia und Esther machen sich auf die Suche.
Und tatsächlich: die Ausbeute ist nicht schlecht. Die Beiden finden mehrere, zwar meist kleine, Saphire.
Nach rund einer Stunde Arbeit werden wir reichlich belohnt. Nach Qualitätsprüfung und Gewichtsmessung sind wir insgesamt um fast 100 Karat Saphir schwerer!!
Aber das wirkliche Highlight ist ein Stein, den Pia gleich zu Beginn gefunden hat: ein mehrfarbiger Stein von 5.55 Karat in hoher Qualität. Schon ohne, dass er geschliffen oder poliert ist, leuchten seine Farben sehr intensiv. Diesen Stein haben wir nun der Spezialistin zur Veredelung überlassen. Esther wird ihn für uns schleifen und uns dann irgendwie noch während unseres Aufenthaltes in Australien übergeben, oder sonst in die Schweiz bringen.
Nun interessiert uns, wie es die Profis machen. Wie bereits erwähnt, besitzt Esther (links im Bild) zusammen mit ihrem Partner Rey zwei Saphirminen. Eine davon besichtigen wir. Der Grundriss des Claims ist quadratisch 100 auf 100 Meter gross. Was wir auf dem Bild sehen, ist die Wasch- und Trennungsanlage. Das in rund 15 Metern Tiefe abgebaute Erz wird mit einem Lift zu Tage gefördert und in den Trichter (links im Bild) gekippt. Zuerst wird es dann in einer rotierenden Trommel gesiebt und danach auf die eigentliche Waschanlage (das graue Teil, das Esther berührt) gefördert. Die wird mit einem Exzenter-Mechanismus gerüttelt und trennt so die harten Steine vom losen Material.
Da Saphire (wie zum Beispiel Gold ja auch) schwerer sind als Steine, bleiben sie im Siebapparat unten liegen, während die wertlosen Steine über den Rütteltisch gespült werden und in eine Schubkarre zur Entsorgung gefördert werden. Im letzten Schritt können die wertvollen Saphire nun von Hand aus dem Siebapparat gefischt werde.
Pia will mehr wissen, also steigen wir über einen senkrechten Schacht in den Untergrund.
Genauer gesagt, wir fahren! Denn Rey hat den 15 Meter tiefen, senkrechten Schacht, den er mit einer Spezialmaschine selber gebohrt hat, mit einem einfachen Fahrstuhl ausgerüstet.
Nun sind wir 15 Meter unter der Erde. Hier wird mit Pressluftbohrer, Pickel und Schaufel die edelsteinhaltige Sedimentschicht freigelegt, abgebaut und in einem zweiten, parallelen Schacht ans Tageslicht und in den Waschtrichter gefördert.

Der Ausflug zu Esther und ihrem Partner Rey nach Rubyvale war für uns äusserst interessant. Innerhalb von zwei Tagen durften wir alle Abläufe vom Suchen und Finden des wichtigen Erzes, über dessen Schürfung, das Herausholen der Edelsteine aus dem Material, bis zur Verarbeitung des rohen Saphirs zum wertvollen Edelstein und Weiterverarbeitung zu Schmuck, hautnah miterleben. Esther hat sich viel Zeit genommen und keine Mühe gescheut, uns zu «Saphir-Experten» auszubilden. Esther, vielen, vielen Dank!!

Die Strasse von der Keppel Bay Marina bis Rubyvale ist sehr gut ausgebaut und geteert. Verlässt man aber diese Strasse, befindet man sich meist auf einer Kiespiste. Hier biegen wir vor Rockhampton südwärts ab und fahren zu einer Krokodilfarm.
Die Koorana Krokodil Farm hat ihren Betrieb 1981 als erste Krokodilfarm in Queensland aufgenommen. Obwohl ursprünglich sicher kommerzielle Überlegungen im Vordergrund standen (Krokodilleder war damals sehr gesucht) spielt sie heute eine sehr wichtige Rolle beim Schutz dieser Reptilien vor dem Aussterben. Obwohl Salzwasserkrokodile in ganz Australien streng geschützt sind, wurden sie früher wegen ihrer wertvollen Haut intensiv gewildert. Seit es Farmen gibt, hat die illegale Jagd praktisch aufgehört. Falls es in freier Wildbahn zwischen Menschen und Krokodilen zu Problemen kommt, wird die Farm von den Behörden beigezogen, um störende oder für Menschen gefährliche Tiere lebendig einzufangen. Das dient einerseits der Sicherheit für den Mensch, gleichzeitig sorgt das aber auch für frisches Blut in der Zucht. Rund 100 Tiere wurden seit der Gründung der Farm eingefangen. Weil sie Dank der Farmen nicht mehr bejagt werden, entwickelt sich die Population der Salzwasserkrokodile wieder gut.
Auf der Krokodilfarm werden rund 3000 Tiere aller Altersstufen gehalten. Einige Wenige werden für die Weiterzucht behalten, die Meisten enden nach rund 5-7 Jahren als Handtasche und im Kochtopf. Wie wird es wohl diesem Burschen ergehen?
Gewusst? Die grösste Population wildlebender Kamele der Welt ist in Australien zu Hause! Kamele wurden ab 1840 von den Engländern als hitzeresistente Arbeitstiere ins heisse Zentrum des Kontinents gebracht, um den Menschen dort bei der Besiedelung und dem Bau einer Bahnlinie zu helfen – als wichtigste Last- und Transportmöglichkeit. Als sie nicht mehr gebraucht wurden, entliessen viele Besitzer die Tiere in Freiheit, wo sie sich prächtig entwickelten.
Immer wieder idyllische Seen in der Landschaft. Nach dem Besuch der Krokodilfarm und der Erkenntnis, wie extrem gut sich ein hungriges Reptil an seine Beute heranschleichen kann, lockt es uns aber nicht mehr, ins erfrischende Nass zu springen.
Wir befinden uns zurzeit in den Breitengraden des südlichen Wendekreises (23 Grad 26 Minuten). Er wird auch der Wendekreis des Steinbocks genannt, auf Englisch «Capricorn». Kein Wunder also, dass viele örtliche Bezeichnungen diese Tatsache aufnehmen. Bei Rockhampton liegen die Capricorn Caves, ein 390 Millionen Jahre altes Höhlensystem inmitten einer Kalkstein-Hügellandschaft
Wir verpassen zeitlich gerade eine Führung in die Höhle und müssten drei Stunden auf die nächste Führung warten. Wir entscheiden uns, darauf zu verzichten und wählen eine Wanderung auf einen der zahlreichen Kalkstein-Hügel, den Mount Etna. Der Aufstieg ist steil, aber gut ausgebaut.
Rast auf halbem Weg zum Mount Etna
Auf dem Mount Etna stossen wir auf eine tiefe Erdgrotte. Auf einer Tafel erfahren wir, dass die Grotte wie ein «U» im Berg steht. Ein Ende reicht ans Tageslicht und wird hier gerade von Pia bestaunt. Das andere Ende des «U» liegt tief im Berg und dient einer sehr seltenen Fledermausart als sicherer Zufluchtsort.
Herrliche Aussicht vom Mount Etna über die Hochebene.

Nach einer Woche Pause vom Segeln zieht es uns wieder raus aufs Meer, weiter nordwärts, der Sonne und der Wärme entgegen. Die Temperaturen werden immer kühler, vor allem bei Südwind wird es in der Nacht empfindlich kalt. Höchste Zeit, uns näher Richtung tropische Gewässer zu bewegen. Wir entscheiden uns, in kurzen Schlägen nordwärts von Ankerplatz zu Ankerplatz zu hüpfen. Tönt einfach, ist es aber nicht ganz. Es herrscht eine starke Küstenströmung, die je nach Gezeiten nordwärts oder südwärts fliessen. Das richtige Timing ist gefragt. Kriegen wir aber dank den heutigen elektronischen Hilfsmitteln, die auf Knopfdruck alle gewünschten Informationen liefern, relativ gut hin.

Ein einziger Fehler passiert uns auf der Reise nordwärts. Nach dem Ankerplatz in Freshwater wollen wir durch ein Gebiet fahren, das auf den Seekarten als «militärische Übungszone» ausgewiesen ist. Durch solche Gebiete sind wir schon oft gesegelt – ohne irgendwelche Militäraktionen zu sehen. Aber diesmal ist es anders! Wir sind schon seit ein paar Stunden in der Zone unterwegs, als uns plötzlich zwei Kampfjets im Tiefflug überfliegen und mit den Flügeln hin und her wackeln. «Die winken uns!», denke ich noch. Kurz darauf kommt über Funk eine allgemeine Warnmeldung, dass momentan im Gebiet, wo wir sind, scharf geschossen wird. Lupina und zwei andere Schiffe sollen sich unverzüglich ostwärts aus dem Übungsgelände verziehen. Machen wir auch sofort, aber was ist nun mit dem nächsten Ankerplatz, der gemäss Karte nicht mehr im Militärgebiet ist?

Eine Abklärung per Funk beim Militärkommando ergibt: auch unser geplanter Ankerplatz ist gesperrt. Eigentlich wollten wir ja dort eine kurze Wetterstörung abwarten, die für die kommende Nacht angesagt ist. Hm – doof! Innerhalb Tageslicht erreichen wir keine andere Ankerbucht mehr. Kurzerhand müssen wir umdisponieren, legen eine Nachtfahrt ein und segeln 100 Meilen weiter als geplant nordwärts mit Ziel Insel St. Bees. Da müssen wir durch! Pia hat Glück, in ihre Schicht gibt es zwar auch schon viel Wind, aber noch ohne Regen. Ab Mitternacht, meine Schicht, kommt der angesagte Starkwind mit viel Regen. Die Genua ist ganz eingerollt und das Gross zur Hälfte. Trotzdem schieben uns der durchschnittlich 25-30 Knoten starke Wind und die 3-4 Meter hohen Wellen tüchtig vorwärts. Die Lupina rollt und stampft, läuft aber wie auf Schienen durch die stürmische See. Puhhh…, was für eine ungeplante Nachtfahrt.

30 Meilen vor St Bees Island durchfahren wir das Hafengebiet von Mackay. Es ist zwei Uhr morgens und schon von Weitem erkennen wir ein Lichtermeer am Horizont. Ein Blick auf unseren Bildschirm zeigt: auf unserer Route befinden sich Duzende von Schiffen vor Anker. In der Nacht, wo man das Gefühl für Abstände verliert, ein besonderer Nervenkitzel. Aber alles geht gut, und kurz vor Morgengrauen haben wir das Feld passiert. Freie Fahrt voraus!
Die Wellen sind immer noch hoch. In der Nacht hat sich das Dinghi etwas gelockert und ich muss es besser fixieren. Die Temperaturen sind durch den Südwind einige Grade gefallen. Erstmals, seit wir vor 7 Jahren in England losgesegelt sind, brauche ich die wasserdichte und gut isolierte Segeljacke, sogar in lange Hosen zwänge ich mich. Wo ist das Tropenwetter geblieben?
Kurz vor Erreichen des Ankerplatzes ein letzter kurzer Regenschauer gefolgt von einem schönen Regenbogen.
Abendstimmung auf St Bees
Auf der Brampton Insel erwartet uns ein herrliches Sanddelta, das bei Flut komplett überschwemmt wird. Bei Ebbe ist aber ein gemütlicher Spaziergang zur Nachbarinsel möglich.
Brampton Island: wir geniessen das herrliche Wetter mit wunderschönen Strandspaziergängen.
Auch auf den entlegenen Inseln hüpfen sie durch Gras und Büsche: Kängurus.
Die Brampton Insel ist berühmt als Überwinterungsort vieler Schmetterlingsarten. Ein Streifzug durch den Wald fühlt sich an wie eine Wanderung durch einen Märchenwald: Tausende von Schmetterlingen flattern durch die Luft. Hier ein schönes Exemplar: ein „Blauer Tiger“.
Aussichtspunkt auf Brampton Island. Schön zu sehen das Sanddelta zwischen Brampton und der Nachbarinsel. Es ist jetzt fast Ebbe. Bei Flut steht das Wasser drei Meter höher.
Unsere Reise geht zügig weiter. Wir sind nun in einer Gegend angelangt, wo der Wind meist aus Süden kommt. So können wir sehr oft ganz bequem einfach nur die Genua setzen und uns gemütlich vom Wind nordwärts zur nächsten Insel tragen lassen.

Mittlerweile sind wir in einem der bekanntesten und beliebtesten Segelreviere der australischen Ostküste angelangt: die Whitsunday Inseln. Alle Inseln haben vulkanischen Ursprung und befinden sich mitten im Gürtel des Great Barrier Reefs. Da das Meer um die Inseln herum sehr seicht ist, gibt es entlang der sonst steilen Inselufer immer wieder herrliche Sandstrände und über hundert schöne Ankerplätze. Hier wollen wir nun einige Zeit verbringen, bevor es dann weiter Richtung Cairns geht.

Es bleibt spannend! Folge der Lupina im Kielwasser!