Am 29.3.2023, noch vor 7 Uhr, starten wir den Motor und ziehen den Anker hoch. Diesmal hat sich die Kette wieder mal um einen Stein gewickelt. Das haben wir aber schon durch Schnorcheln entdeckt (ich schnorchle immer Anker und Kette, um mich zu vergewissern, wie sich der Anker eingegraben hat und wo die Kette liegt) und somit wissen wir ungefähr, wie wir beim Einziehen der Kette unseren Bug ausrichten müssen, um die Kette vom Stein zu lösen. Nach ein paar kräftigen Zügen von Hand an der Kette gibt sie der Stein frei und wir können losfahren in Richtung Ausfahrt von Manihi. Diese erreichen wir nach knapp einer Stunde, ziemlich genau zum Gezeitenwechsel wo fast keine Strömung vorhanden ist. In kurzer Zeit sind wir durch, setzen nach dem Pass gleich die Segel und nehmen Kurs auf nach Ahe, für uns das letzte Atoll vor Tahiti.
Bei schönem Ostwind segeln wir unter Genua gemütlich nach Ahe. Zuerst haben wir zwar eklige, seitliche Wellen, die uns immer wieder ins Rollen bringen. Dann, als wir langsam weiter ostwärts und dann um die Insel herum südlich drehen können, kommt die Welle von hinten und es wird absolut ruhig. Die Überfahrt verläuft bei schönem Wetter ereignislos und wir erreichen das Atoll von Ahe, in Begleitung einer Gruppe von kleinen Delphinen, etwa 1 Stunde vor dem Gezeitenwechsel. Wir verlangsamen und fahren erst durch den Pass, kurz bevor die Strömung umkehrt. Auch hier klappt alles bestens und kurz danach setzen wir beim einzigen Dorf der Insel (200 Einwohner) den Anker. Hier hat es besonders viele Steine und Korallen am Grund und das Wasser ist trüb. Keine Chance, Kette oder Anker beim Schnorcheln zu sehen. Kein Zweifel, dass sich auch hier die Kette um Steine wickelt, sollte sich der Wind am Ankerplatz drehen. Da wir nur schwachen Wind erwarten, senken wir nur wenig Kette auf den Meeresboden ab und lassen den Rest an unseren bewährten Bojen schweben, die wir seit Gambier an Bord mitführen.
Auf dem ganzen Atoll Ahe verteilt leben etwas mehr als 500 Einwohner, die hauptsächlich von Perlenzucht leben. Im Gegensatz zu anderen Atollen ist die 145 km2 grosse Lagune von Ahe nur sehr flach und mit vielen gefährlichen Korallenblöcke bespickt. Wir wagen es nicht, uns mit der Lupina weiter im Atoll umzusehen und beschränken uns auf Landausflüge zum Dorf Tenukupara vom Ankerplatz aus.
Ahe ist für uns nun die letzte Zwischenstation vor Tahiti. Am 5. April wollen wir spätestens dort sein, denn am 7. April fliegt Besuch ein. Schon seit Tagen beobachten wir die Wind Situation. Das Wetter entwickelt sich nicht so, wie wir es gerne hätten. Ein ausgeprägtes Hochdruckgebiet formiert sich über unserer Gegend, das den sonst zuverlässigen Passatwind fast völlig einbremst. Schon seit Tagen sehen wir diesen Trend, hoffen aber immer wieder, dass sich das Ganze langsamer, oder schneller abwickelt. Unser Wunschdenken erfüllt sich aber nicht.
Da wenig Wind vorausgesagt wird, starten wir bereits am 31. März, 2 Tage früher als geplant, mit unserer rund 270 Seemeilen langen Fahrt nach Papeete (Tahiti). Der Anker kommt trotz vielen Korallen relativ gut hoch. Tauchen hier wäre schwierig gewesen (trübes Wasser!). Unter Segel über die Lagune, mit Motor eine Stunde vor Flut (also bei Gegenstrom) durch den Pass, dann sofort die Segel hoch und ab geht’s auf direktem Kurs nach Papeete.
Die meiste Zeit haben wir wenig aber genügend Wind, dass wir die Segel stehen lassen können und Meile um Meile gemächlich Richtung Tahiti treiben. Wir brauchen auf der ganzen Strecke den Motor nur für insgesamt etwa 10 Stunden, verteilt auf einzelne Stunden. Dies meist um Strom zu produzieren (der Windgenerator arbeitet ja nicht!) oder um uns bei absoluter Windstille nach einem Squall aus der Flaute raus zu schieben. Die Squalls (Grosse Regenwolke, die zuerst viel Wind, dann meist einen starken Regenschauer bringt und von einer längeren Flaute gefolgt wird) beschäftigen uns immer mehr, je näher wir an Tahiti kommen. Sie werden häufiger und heftiger. Immer wieder müssen wir die Segelstellung anpassen, Segel schiften (= Seite Wechseln) und wieder der neuen Windstellung anpassen. Nach dieser Fahrt sind wir wahre Regattasegler 😊
Morgen, Ostersonntag, geht es nun endlich wieder los für Lupina. Wir lösen unsere Leinen in Tahiti und segeln nach Moorea. Ob unsere Besucher wohl seetauglich sind – und wie reagieren sie beim Schnorcheln auf die Haifische?
Wir wünschen euch alle frohe Ostern!! Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
Am 19. August 2022 landen wir spät abends auf dem Flughafen in Basel. Unsere lieben Freunde Mandy und Dani, bei denen wir auch wohnen dürfen, holen uns per Auto ab (das ist leicht untertrieben, eigentlich müsste ich schreiben «Staatskarosse»😊, denn es ist ein schwarzer Suburban, so wie ihn der CIA fährt) und so schaffen wir es noch knapp vor Mitternacht in unser «Asyl».
Während unserer Ferien zu Hause treffen wir alle unsere Familienmitglieder. Dazu müssen wir zum Glück nicht allzu grosse Distanzen zurücklegen. Ausser Angela, Pia’s Tochter (sie lebt in München), leben alle im Umkreis von 10 Kilometern, die meisten im selben Dorf. Am Geburtstagsfest von Pia’s Mutter sehen wir auch einen erweiterten Teil der Verwandtschaft ihrer Seite. Es ist immer schön, nach so langer Zeit Menschen treffen zu dürfen, die uns lieb geworden sind. Leider sehen wir diesmal meinen Bruder Christoph nicht mehr. Er ist einen Monat vor unserer Rückkehr seinem Krebsleiden erlegen.
Nebst Erledigung des im Verlaufe des Jahres aufgestauten Bürokrames (es wird immer weniger, da wir bereits unterwegs immer mehr elektronisch erledigen können) bestellen wir diverses Material für unser Schiff. Es ist sehr kostspielig, uns Sachen nach Französisch-Polynesien schicken zu lassen. Ich habe eine Zeitlang alle Hände voll damit zu tun, alles so zu koordinieren, dass das bestellte Material rechtzeitig bei uns eintrifft. Nur so können wir das Gewicht unseres Gepäckes optimieren und den freien Raum noch mit Schokolade (Ragusa natürlich) und anderen Goodies ergänzen. Ein paar Tage vor dem Ende unserer Ferien schaffen wir es, mit Koffern und Handgepäck exakt das erlaubte Gewicht zu treffen.
Nach fast 6 Wochen geht unser Heimurlaub zu Ende. Die Lupina lag in dieser Zeit gut vertäut und regelmässig kontrolliert von einem guten Freund (vielen Dank, Nico!) in der Marina von Papeete. Wir sind gespannt, wie es ihr geht. Regelmässig schickte er uns einen Zustandsbericht und es war immer alles in bester Ordnung. Das lässt uns am 21. September 2022 ruhig in den Flieger steigen. Von Basel via Paris und Los Angeles nehmen wir mit maximalem Gepäck vollbepackt die lange Reise in Angriff. Rund 31 Stunden Reisezeit (über 22 Stunden reine Flugzeit) gilt es zu bewältigen. Ohne Zwischenfall landen wir früh am Morgen des nächsten Tages (lokale Zeit) pünktlich in Papeete, und zu unserer Erleichterung finden wir auch alle unsere mit Ersatzteilen vollgestopften Koffer auf dem Förderband vor.
Zurück auf dem Schiff finden wir alles in bester Ordnung vor. Lupina liegt im Wasser so, wie wir sie verlassen haben. Nun wartet aber Arbeit auf uns: die mitgebrachten Ersatzteile wollen verbaut werden. Zudem kommt bald der Rigger aufs Schiff, um die von ihm festgestellten Schadteile zu ersetzen oder zu reparieren. Dann sind wir bereit für neue Abenteuer.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
Wie am Vorabend abgesprochen lichten wir am 26.7.2022 am frühen Vormittag in Fakarava den Anker und segeln rund 1 Stunde bis zur Ausfahrt, die wir mit Motorunterstützung auch problemlos passieren können. Von da schiebt uns leicht achterlicher Wind unter vollen Segeln die 15 Seemeilen bis zur Einfahrt von Toau. Hier treffen wir perfekte Bedingungen an. Die Strömung hat gerade gedreht und ist am Einlaufen. Es hat zwar viele Wirbel im Wasser, aber die Wellen halten sich in Grenzen. Ohne Probleme passieren wir unter Motor die Einfahrt und biegen nach der Lücke im Riff gleich wieder nach Süden ab. Jetzt wieder unter Segeln nähern wir uns vorsichtig (nicht kartographierte Korallenblöcke verlangen unsere volle Aufmerksamkeit!) unserem geplanten Ankerplatz.
Der Wind bleibt konstant deutlich über 20 Knoten und wir verharren ein paar Tage länger an der gut geschützten Boje. Über das Riff hinweg sehen wir den hohen Seegang, der ausserhalb des Atolls herrscht. Den wollen wir uns nicht antun. Unser nächstes Ziel, die Gesellschaftsinseln, die sich westlich an die Tuamotus anschliessen. Tahiti, die Hauptinsel, liegt rund 250 Seemeilen in südwestlicher Richtung. Der Wind bläst zwar vom Osten aus einer idealen Richtung, aber es herrscht eine hässliche Kreuzsee: Wellen aus Südwesten (erzeugt von einem nachlassenden Sturm weit im Süden) treffen auf die Wellen aus dem Osten, die vom Passatwind aufgebaut werden. Der Pazifik in dieser Gegend ist alles andere als ruhig und friedlich! Erschwerend kommt hinzu, dass wir hier kein Internet haben und der Zugang zu verlässlichen Wetterdaten stark eingeschränkt ist. Über unser SSB Funkgerät können wir aber regelmässig Windvorhersagen für das Gebiet abrufen. Als der Wind dann endlich nach ein paar Tagen anhaltend unter 20 Knoten sinkt und sich die Wellen etwas beruhigen, lösen wir uns von der Boje und machen uns auf nach Tahiti.
Mit frisch gereinigtem Unterwasserschiff und für die nächsten 2 Tage vorgekochtem Essen machen wir uns am 31.7.2022 um 10 Uhr auf den Weg. Schon direkt nach dem Bojen Feld setzen wir die Segel und fahren zur Ausfahrt. Diesmal haben wir es so geplant, dass wir bei leicht auslaufender Strömung durch den Pass fahren können.
Für die ganze Distanz geben wir uns 2 volle Tage, haben also viel Zeit und können die Segel sehr defensiv setzen. Wir fahren anfänglich mit gereffter Genua, später sogar nur mit dem Kuttersegel und machen trotzdem genügend Fahrt. Nach der Ausfahrt müssen wir das Atoll zuerst nördlich umfahren, bevor wir direkten Kurs nach Tahiti absetzen können. Die Wellen sind in diesem Bereich angenehm, da das Atoll den Schwell aus Südwesten gut abdeckt. Als wir uns am Nachmittag dann mehr und mehr vom Atoll entfernen und auf das offene Meer bewegen, verlieren wir diesen willkommenen Schutz. Die bis zu 4 Meter hohen Wellen packen unsere Lupina immer wieder heftig. Sie rollt und stampft, wird hoch auf einen Wellenberg gehoben um gleich darauf tief unten in einem Wellental zu verschwinden. Pia, bis dahin ohne jegliche Probleme, wird seekrank und muss sich hinlegen. Während der ersten Nacht muss sie denn auch passen und kann keine Wache schieben. Mit dem ersten Tageslicht am nächsten Tag fühlt sie sich dann aber rasch wieder besser: die Kreuzsee lässt allmählich nach.
Nach fast 2 Tagen auf See erreichen wir bei Tagesanbruch Tahiti und machen uns auf die Suche nach einer Marina. Wir hatten vorgängig versucht, uns einen Platz zu reservieren. Leider nimmt keine der Marinas Reservierungen entgegen. So laufen wir auf gut Glück zuerst die grösste Marina (Marina Taina) im Westen von Tahiti an. Dort werden wir abgewiesen. In der Marina Papeete werden wir dann fündig und erhalten nach ein paar logistischen Winkelzügen des Marina Personales einen Liegeplatz – mitten in der Hauptstadt.
Tahiti zählt geografisch zu dem Archipel der Gesellschaftsinseln (französisch Îles de la Société). Sie ist die grösste und bevölkerungsreichste Insel des Archipels. Tahiti ist eine Doppelinsel aus Tahiti Nui (Gross-Tahiti) und dem kleineren und dünner besiedelten Tahiti Iti (Klein-Tahiti), die durch den Isthmus von Taravao verbunden sind. Die Insel beherbergt etwa 70 % der Gesamtbevölkerung Französisch-Polynesiens. Das hängt wesentlich mit ihrer zentralen Funktion in Politik und Wirtschaft zusammen. Der Lebensstandard ist der höchste in der Region. Die Bevölkerung setzt sich aus 83 % Polynesiern, 11 % Europäern, 4 % Asiaten und 2 % Mischlingen zusammen (Quelle: Wikipedia). Grösste Stadt ist Papeete im Nordwesten von Tahiti Nui, zugleich der Verwaltungssitz von Französisch-Polynesien, mit rund 26’000 Einwohnern.
An der Kette zeigt es sich einmal mehr, welch aggressivem Klima das Material eines Segelschiffes ausgesetzt ist. Im Falle der Kette ist es die Kombination von Salzwasser und Temperatur. Die Kette wäre rostfrei. Allerdings gilt das nur für Meerwasser mit Temperaturen unter 25°C. Der Vorbesitzer unseres Schiffes, ein Engländer, hatte bei der Spezifikation nicht gross darauf geachtet, weil in seinem geplanten Segelgebiet die Wassertemperaturen praktisch nie über dieses kritische Niveau stiegen. Bei uns ist das nun anders. Seit mehr als 3 Jahren sind wir in Meerwasser über 25°C. Wir müssen die Kette ersetzen mit einem hochwertigeren Edelstahl.
Nach rund 4 Stunden Flugzeit befinden wir uns über den Marquesas, wo wir vor den Tuamotus waren. Nach und nach rollen wir unsere bisher in den letzten 4 Jahren zurückgelegte Segelstrecke langsam von hinten wieder auf. Ein sehr eindrückliches Erlebnis, das uns vor Augen führt, wie weit wir bisher gekommen sind.
Und es geht weiter!! Aber zuerst machen wir nun eine kleine Pause. Besuchen unsere Familien und Kollegen in der Schweiz. Hüten und verwöhnen unsere Grosskinder. Seit einer Woche wohnen wir nun bereits bei guten Freunden im Dorf, wo wir herkommen und welches der Namensgeber unserer Lupina ist: Wölflinswil. Wie immer haben wir in den ersten Tagen alles Material, das wir persönlich auf das Schiff mitnehmen können, bestellt. Auch eine neue Kette ist bereits geordert – die lassen wir aber direkt aufs Schiff schicken, 120kg wären dann doch etwas schwer 😉.
Der Schreiberling macht nun auch Pause. Am 18.9.2022 fliegen wir zurück zur Lupina. Dann wird zuerst das mitgebrachte Material verbaut, das Rigg repariert und die Kette ausgetauscht. Danach sind wir wieder startklar und es geht weiter, nordostwärts, zurück in die Tuamotus.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!