Um es gleich vorweg zu nehmen: seit wir in Makemo angekommen sind pfeift der Wind uns kräftig um die Ohren. Pausenlos rüttelt er mit mindestens 15-20 Knoten an unserem Rigg, die Lupina tänzelt nervös an der Kette und pendelt wie ein Fähnlein hin und her. Zum Glück hält der Anker vor dem Dorf, wo wir die ersten Tage liegen, sehr gut. Er hat sich tief eingegraben und die Kette läuft gut 10 Meter im Sand, bevor die ersten Korallen kommen. Wir haben wie immer bei solchem Ankergrund Schwimmkörper (Bojen) in die Kette gehängt, damit sie über den Korallen schwebt, und nicht an diesen hängen bleibt und sie beschädigt.
Seit Angang November befinden wir uns in der Zyklon-Zeit. In den Tuamotus, wo wir uns befinden, sind diese Wirbelstürme zwar selten, aber sie kommen immer wieder vor. Deshalb sind wir auf dem Weg weiter nach Südosten, wo die Wahrscheinlichkeit immer geringer wird. In Gambier werden wir einen sichern Platz finden. Bis dahin sind es noch rund 650 Seemeilen in einer Richtung von 130 Grad auf dem Kompass. Der Wind bläst zurzeit sehr stark aus Osten oder sogar leicht aus südlicher Richtung. Für unsere Strecke brauchen wir Winde eher aus nördlicher Richtung. Im Moment ist es also ungünstig. Auch ist er mit nahezu permanent 20 Knoten fast zu stark, um gegen an aufzukreuzen. Wir warten also ab, bis wir den richtigen Wind bekommen.
Heute Morgen haben wir wie immer in den letzten Tagen neugierig die neuesten Wetterdaten hochgeladen. Endlich ist er da, der Wetterwechsel, der den Wind etwas beruhigt und in nördliche Richtung dreht. Morgen Mittwoch, 7.12.2022, setzen wir Segel in Richtung Gambier. Von den Marquesas hat sich vor ein paar Tagen die SY Limelight (Annette und Michael, die wir seit Grenada kennen und immer wieder getroffen haben) ebenfalls in Richtung Gambier aufgemacht. Wer wird zuerst in Gambier eintreffen? Kommt der Wind auch so, wie angesagt? Können wir direkt durchziehen, oder müssen wir in Hao mit seiner sehr berüchtigten Einfahrt einen Zwischenstopp einlegen?
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
Wir befinden uns in Rangiroa am Tiputa Pass und warten auf das passende Wetter. Seit Tagen sind die Winde veränderlich und jedes Wetterprogramm, das wir konsultieren, vermittelt uns unterschiedliche Vorhersagen. Wir wollen weiter in südöstliche Richtung und brauchen einen Wind, der uns nicht auf die Nase bläst.
Pia schont ihren noch immer schmerzhaften Fuss und verzichtet auf Landausflüge. Ausfahrten mit dem SUP und Schnorchel Gänge können wir aber gemeinsam machen. Nach 5 Tagen Warten ist es dann endlich soweit: es ist Nordwestwind angesagt und der wird uns genau in die Richtung tragen, in die wir wollen. Es scheint sogar möglich zu sein, unser Fernziel, Fakarava, direkt anzulaufen.
Die Abfahrt haben wir so geplant, dass wir am Vormittag des nächsten Tages bei einlaufender Strömung durch den Nord Pass in Fakarava fahren können. Falls sich der Wind unterwegs verändern würde, hätten wir als Plan B und Plan C die Atolle Apataki oder Toau als Anlaufmöglichkeit. Um es vorweg zu nehmen: kurz nach der Ausfahrt in Rangiroa werden wir zwar zuerst durch eine heftige Brandung tüchtig durchgeschüttelt. Je weiter wir uns aber vom Riff von Rangiroa entfernen, umso ruhiger wird die Welle und wir segeln zügig südostwärts direkt bis Fakarava.
Ursprünglich wollten wir uns nur ganz kurz in Fakarava aufhalten. Der kurzfristige Besuch von Nico beeinflusst unsere Planung aber etwas. Er möchte unbedingt mal im Süd Pass bei der «Wall of Sharks» tauchen gehen. So fahren wir nach kurzem Aufenthalt in Rotoava in den Süden von Fakarava und Nico und ich machen mit einer lokalen Tauch-Schule 2 Tauchgänge im Süd Pass. Am Tag der Tauchgänge regnet es wie aus Kübeln. Trotzdem ist die Sicht unter Wasser extrem gut. Einzig die bunten Korallen lassen ihre schillernden Farben etwas vermissen, vor allem in der Tiefe. Für mich ist das Erlebnis an diesem Tauchplatz auch diesmal wieder fantastisch schön.
Nach ein paar erfolglosen Angelversuchen wollen wir es wieder einmal probieren. Die Gelegenheit ist gut: die Distanz zu unserem Ziel in Tahanea beträgt rund 60 Seemeilen und wir sind früh gestartet. Wir haben also viel Zeit. Zudem sind die Wellen moderat und der Wind nicht allzu stark. Alles gute Voraussetzungen, um einen wild kämpfenden Fisch an Bord zu ziehen und an Deck fachgerecht zu filetieren – sollte dann endlich mal einer anbeissen. Und tatsächlich! Nach rund einer Stunde rauscht der Silk von der Trommel und die in der Angelrute eingebaute Ratsche weckt die vor sich dahindösende Crew. Nico und ich eilen zur Angelrute, Pia stürzt zu den Gerätschaften, die wir brauchen, wenn dann der Fisch an Bord ist: Wanne, Messer, Handschuhe, Alkohol (für die Betäubung), Zange (um den Haken zu entfernen) und Schneidebrett.
Wir sind froh, haben wir Nico an Bord. Ohne seine Hilfe hätte ich diesen Riesenfisch wohl nicht so schnell an Bord gebracht. Er kann uns auch ein paar Tricks und Kniffe beim Säubern und nachträglichen Zerlegen des Fisches zeigen. Die Arbeiten gehen zügig und schnell voran. Das Meiste findet seinen Weg direkt in den Tiefkühler, etwas bleibt draussen für Poisson-Cru (roher Fisch zur Feier des Fanges) oder wird fürs nächste Abendessen im Kühlschrank zwischengelagert. Rund eine Stunde, nachdem die Angelschnur mit der Dorade daran ausgerauscht ist, ist alles verwertet, die Genua wieder gesetzt und wir setzen die Fahrt nach Tahanea fort.
Nun liegen wir neben dem Mittelpass vor Anker und haben noch einmal hier übernachtet. Später geht es noch mit dem Dinghi zum Mittelpass zum Schnorcheln und dann machen wir uns für eine Nachtfahrt nach Makemo bereit. Die Distanz (50 Seemeilen) und die Gezeiten würden uns eigentlich eine Tagesfahrt erlauben. Aber wir haben den Wind gegen uns. Seit mehreren Tagen warten wir auf stabilen Wind. Jetzt ist er da, bleibt aber für die nächsten Tage konstant aus Osten. Wir müssen aufkreuzen, was die Fahrzeit zum Ziel um etliche Stunden verlängern wird.
Kurz nach 16 Uhr lichten wir den Anker und verlassen unter Motor bei auslaufender Strömung das Atoll Tahanea. Kurz danach setzen wir Segel und ab geht’s in Richtung Makemo. Wir haben Glück: der Wind kommt etwas südlicher als angesagt und wir können fast den direkten Kurs zu unserem Fernziel anlegen. Falls es so bleiben würde, wäre es eine schnellere Überfahrt, als erwartet. Natürlich bleibt es nicht so 😉. Zuerst lässt der Wind deutlich nach und wir machen bloss 3 bis 4 Knoten Fahrt. Danach beginnt er in die Richtung zu drehen, wie er angesagt war. Auch damit kommen wir klar, so war ja der ursprüngliche Wetterbericht. Kurz vor Mitternacht geht es dann aber los: ein heftiges Gewitter zieht über uns hinweg. Drehende Winde im Bereich 30 – bis 35 Knoten plagen uns mindestens 15 Minuten lang. Natürlich reffen wir sofort die Segel und wettern das Gewitter ab. Auch danach bleibt der Wind für gut eine halbe Stunde über 20 Knoten. An Schlafen ist so für die Crew kaum zu denken, erst recht nicht für den Skipper. 10 Seemeilen vor Makemo bricht der Wind dann völlig zusammen, und wir motoren den Rest bis zu unserem Ziel. Müde erreichen wir in den frühen Morgenstunden den nordwestlich gelegenen Pass ins Atoll. Da es die falsche Zeit ist für die Einfahrt und wir 3 Stunden warten müssten, entscheiden wir uns, um das Atoll herum weiter zu fahren und ein paar Stunden später die Einfahrt im Osten zu benutzen. Da der Himmel stark bewölkt und das Erkennen von Korallenbänken im Atoll drin sehr schwierig ist, ist dies auch der sicherere Weg. Um die Mittagszeit des 23. November durchfahren wir sicher und problemlos den Ost Pass und liegen nun vor dem Dorf Pouheva, direkt neben dem Pass, wo wir bei unserem ersten Besuch auch schon lagen, vor Anker.
Wenn du diesen Bericht lesen kannst, haben wir nach fast 2 Wochen Internet Pause endlich wieder ein Netz (in unbewohnten Tahanea gibt es verständlicherweise nichts!). Was treffen wir in Makemo an? Nico wird uns dort wieder verlassen. Kriegen wir unser Unterwasserschiff vorher noch von ihm gereinigt (ohne Haie 😉)? Finden wir Hubert wieder? Und warum wollen wir mehrere Kilo Honig kaufen? Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!
Am 22. September 2022 morgens früh klettern wir nach rund 36 Stunden Reisezeit aus der Schweiz kommend in Papeete wieder auf die Lupina. Es geht ihr gut! Es hat in unserer Abwesenheit zwar immer wieder mal stark geregnet, und die Luftfeuchtigkeit in Tahiti ist relativ hoch, aber der von vielen gefürchtete Schimmel hat uns auch diesmal wieder verschont. Auch der Bewuchs am Schiffsrumpf hält sich sehr in Grenzen, da das Wasser in der Marina aussergewöhnlich sauber ist. Wir sind glücklich, wieder auf der Lupina zu sein. Schnell sind die Koffer mit den persönlichen Effekten ausgepackt. Auch der Koffer mit den Ersatzteilen wird ausgeladen und für einen kurzen Moment sieht es bei uns im Salon wie in einem Eisenwarengeschäft aus.
Obwohl es hier auf Moorea noch viele Dinge zu erforschen, erwandern oder geniessen gäbe, zieht es uns weiter. Spätestens im Dezember, zu Beginn der Zyklon-Zeit, wollen wir ausserhalb der gefährlichen Zone sein. Für uns soll Gambier dieser sichere Hafen sein. Bis dorthin werden wir uns über 1’400 Seemeilen südöstlich durch die Tuamotus hangeln, in die Richtung also, aus welcher der Wind mehrheitlich bläst. Nicht einfach, aber machbar, wenn wir die Wetterfenster der für uns günstigen Winde nützen können. So ein Wetterfenster öffnet sich morgen Samstag. Unser nächstes Ziel, das Atoll Makatea, liegt 140 Seemeilen in nordöstlicher Richtung. Der Wind weht ab Samstag aus südöstlicher Richtung, ein direkter Kurs könnte also drin liegen. Ob es klappt kannst du direkt live auf «unserer Position» verfolgen.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!