Wir sind nun seit einem Monat in Vanuatu und haben einen kleinen Eindruck von Land, Inseln und deren einzigartige Kulturen bekommen. Wir könnten gut und gerne länger bleiben, aber die Zyklon Saison, die offiziell am 1. November beginnt, rückt immer näher. Wir werden diese nicht nur für Schiffe gefährliche Jahreszeit in Australien, ausserhalb des Risikogebietes, verbringen.
Vanuatu wird uns in guter Erinnerung bleiben. Nirgends auf unserer bisherigen Reise haben wir die Menschen so nah verbunden mit der Natur gesehen. Sie tragen Sorge dazu und versuchen, achtsam mit ihr umzugehen. Ausserhalb der beiden Städte Port Vila und Luganville leben die Leute in einfachsten Verhältnissen und versorgen sich grösstenteils selber. Über viele Generationen überlieferte Gewohnheiten, Verhaltensweisen und Traditionen werden gepflegt und aktiv gelebt. Für uns etwas gewöhnungsbedürftig war, dass vor allem in den «Kastom» Dörfern sehr viele «Tabus» existieren, die man als Besucher respektieren muss. Wie will man aber Regeln einhalten, wenn man sie nicht kennt? Nicht ganz einfach. Wir haben uns deshalb in Vanuatu sehr wenig auf eigene Faust bewegt.
Segeltechnisch würden wir Vanuatu einfacher einstufen als etwa Fiji, wo fast auf jeder Fahrt gefährliche Korallenriffe drohen. Die meist aus südöstlicher Richtung wehenden Passatwinde machen ein Cruisen entlang der vielen Inseln nordwärts zum Vergnügen. Vorgelagerte, nicht kartografierte Riffe sind eher selten. Einzig das Ankern ist nicht überall ganz einfach, da der Ankergrund oft rasch abfallend ist. Das dürfte mit ein Grund sein, dass das Wasser ausserordentlich klar ist. Nicht selten beträgt die Sichtweite mehr als 20 Meter.
Nun sind wir bereit für neue Abenteuer und freuen uns auf die rund 1’200 Seemeilen nach Australien. Unser Ziel ist Gold Coast oder Coffs Harbour an der Ostküste, je nachdem, wie der Wind bläst. Von Luganville aus werden wir einen Kurs absetzen, der uns via die «Grand Passage» durch die diversen Riffe nördlich von Neu Kaledonien führt. Ein Zwischenstopp in Neu Kaledonien ist nicht geplant, da dort immer noch bürgerkriegsähnliche, innere Unruhen herrschen. Haben wir Neu Kaledonien hinter uns, warten die Untiefen der «Banc de Landsdowne» und das «Chesterfield Riff» darauf, umschifft zu werden. Erst ab da haben wir freie Fahrt und können uns hoffentlich zurücklehnen.
Wir nehmen dich gerne mit auf die Fahrt und du kannst unseren Fortschritt live verfolgen unter diesem Link: https://share.garmin.com/EPXFV. Du kannst uns unterwegs auch über diese Plattform kontaktieren, wenn du uns etwas aufheitern möchtest, oder um uns zu warnen, wenn auf unserem Weg irgendwo ein Sturm droht oder sonst eine Gefahr auftaucht.
Es bleibt spannend! Folge der Lupina im Kielwasser!
Die Art und Weise, wie David mit den Geistern der Vorfahren kommuniziert, und wie auch die Bevölkerung im allgemeinen immer wieder spirituelle Plätze, Pflanzen, Steine, Skulpturen als «Tabu» (also von Geistern bevorzugte und für Besucher wie uns verbotene Zonen) betrachten, beeindruckt uns sehr. Offensichtlich waren hier in den abgelegenen Inseln von Vanuatu die Missionare von damals nicht so erfolgreich wie in anderen Gegenden der Südsee. Die meisten Einwohner zählen sich heute zwar zum christlichen Glauben, aber es ist mehr ein soziales Bekenntnis als ein Bekenntnis der inneren Überzeugung. Die Kirche spielt definitiv eine eher untergeordnete Rolle im Vergleich zu etwa Tonga oder Fiji.
Zur Schar Kinder, die uns begleiten, gesellt sich Jack, ein etwa 40-jähriger, leicht untersetzter Mann. Er begleitet uns die ganze Strecke durchs Dorf. Er will viel von uns wissen, wir von ihm umgekehrt auch. Auf die Frage, womit er seinen Lebensunterhalt «verdiene», schaut er uns verdutzt an, versteht die Frage nicht. Ich hake nach, ob er als Fischer arbeite oder ob er Gemüse anpflanze, um es dann verkaufen zu können. Er lacht und erklärt uns, total zufrieden und stolz; dass er einen Garten habe und damit seine Familie ernähre. Mehr brauche er nicht. Wenn er für etwas Hilfe braucht, kriegt er diese von anderen Familien im Dorf, oder er gibt seine Energie weiter, wenn sie irgendwo benötigt wird. So nahe und eng verbunden mit der Natur! In keinem anderen Land, das wir auf unserer nun halben Weltumrundung bisher besucht haben, leben die Leute noch so intensiv mit der Natur.
Die nächsten Tage segeln wir weiter der Küste von Malekula entlang nordwärts, bevor wir dann den Sprung rüber nach Luganville auf der Insel Espiritu Santo machen. Dort bereiten wir uns für die nicht ganz einfache, rund 1’200 Seemeilen (2200 Kilometer) lange Passage nach Australien vor. Vor der Abfahrt melden wir uns noch einmal.
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