Santa Cruz – das Zentrum von Galapagos

Am 14. Dezember heben wir im Morgengrauen den Anker und brechen auf von Puerto Villamil (Isla Isabela) nach Puerto Ayora auf der nach Isabela zweitgrössten Insel, Santa Cruz. Es ist die letzte Insel, die wir ohne Führer und teure Spezialbewilligung anlaufen dürfen. Mit dem eigenen Boot darf man nur auf 3 Inseln, die alle bewohnt sind: San Cristóbal, Isla Isabela und eben Santa Cruz. Die letzte der insgesamt vier bewohnten Inseln, Isla Floreana, ist ebenfalls gesperrt für fremde Schiffe. Die meisten Touristen, welche die Galapagos Inseln besuchen, fliegen nach Santa Cruz und machen von hier aus Bootsausflüge auf die umliegenden Inseln. Durch ihre zentrale Lage bietet sie sich förmlich dazu an.

Von Puerto Villamil nach Puerto Ayora sind es nur 45 Seemeilen, aber es steht eine Meeresströmung von 1.5 Knoten gegen an. Während der ersten Hälfte der Strecke ist der Wind zu schwach, und wir motoren. Ab Streckenmitte nimmt der Wind leicht zu, und wir können den Rest unter vollem Tuch absolvieren
Um 4 Uhr nachmittags erreichen wir unseren Ankerplatz in Puerto Ayora. Der Agent (Javier von Yacht Agents Galapagos – sehr zu empfehlen!) hat uns den Papierkram bereits abgenommen, und es gibt keine Inspektion mehr. Wir haben vorher gelesen, dass der Ankerplatz sehr rollig sein soll, weil er nicht so gut geschützt ist gegen das offene Meer. Wir setzen einen Heckanker und richten damit das Schiff gegen die heranrollenden Wellen aus. Wir dürfen die ganze Zeit einen sehr ruhigen, aber spannenden (weil viele Touristenschiffe um uns herum) Ankerplatz geniessen
Santa Cruz ist «die» Touristeninsel in Galapagos. Hier dreht sich alles um die Besucher aus aller Welt, die sich einmal im Leben einen Ausflug nach Galapagos gönnen. Alle haben das gleiche Ziel: die sehr spezielle Tierwelt an Land, in der Luft und im Wasser zu erleben
Von den 15’000 Einwohnern auf Santa Cruz leben rund 12’000 in Puerto Ayora. Hier findet das Leben statt. Als sehr angenehm empfinden wir, dass der Autoverkehr minimal ist, denn die meisten Einwohner besitzen kein eigenes Auto. Man geht viel zu Fuss (die Distanzen sind sehr kurz), benutzt ein Fahrrad oder nimmt sich ein Taxi (1.5-2 USD im Stadtgebiet). Die Atmosphäre in der Stadt ist sehr bunt, entspannt und ruhig
Es gibt einen grossen Anlegepier, wo die Touristenboote ihre Fracht aufnehmen und wieder abladen. Gleich nebenan, fast etwas versteckt, ist die Mole für die Fischerboote. Hier herrscht ein emsiges Treiben. Einerseits legen Fischerboote (blaues Schiff im Vordergrund) an, die hier ihren Fang abliefern und gleichzeitig wieder frisches Eis (angeliefert per Pick-Up Truck in den weissen Säcken) für die Lagerung des Fanges an Bord nehmen. Andererseits legen hier die Beiboote der Touristenschiffe an, um allerlei Waren (Lebensmittel, Getränke, Ersatzteile, …) für ihr Mutterschiff abzuholen
Wir erkunden unsere Umgebung. Gleich gegenüber unserem Ankerplatz beginnt der «Las Grietas» Adventure Trail. Er führt zu einer Schlucht, die durch den Bruch einer Lavadecke entstanden ist. Das Besondere daran: die Schlucht ist mit Wasser gefüllt
Las Grietas: Das Wasser sickert vom Meer her durch das Küstengelände bis zur Schlucht. Auch frisches Grundwasser gelangt in den Canyon und mischt sich mit dem Salzwasser aus dem Meer. Irgendeinmal in der Vergangenheit sind 5 verschiedene Arten von Meeresfischen (zum Beispiel der bunte Papagei Fisch) in die Schlucht gelangt. Heute sind sie komplett isoliert vom Meer
Las Grietas: Im Nationalpark-Gebiet ist es obligatorisch, einen Führer zu haben. Das lohnt sich! Die Führer sind äusserst gut ausgebildet, und wissen, wovon sie reden. Es macht echt Spass, ihnen zuzuhören. Hier erklärt uns der Führer, wie früher aus dem Gewebe abgestorbener Kakteen Lampenschirme gebastelt wurden. Speziell an diesem Führer war: er ist mit einer Schweizerin verheiratet, und sein Sohn absolviert ab April ein Studium in der Schweiz. Die Welt ist ja soo klein! 😊
Las Grietas: am Ende des Trails winkt eine schöne Aussicht über die Bucht von Puerto Ayora (im Hintergrund). Die Bucht vorne mit den 4 Schiffen am Anker ist privat und für fremde Segler leider nicht zugänglich. Unsere Lupina liegt in der hinteren Bucht (einer der Masten links im Bild ist unser Schiff)
Es ist Lobster-Zeit! Fast jedes Restaurant hat sie jetzt im Angebot
Pia kann der Verlockung nicht widerstehen und bestellt sich einen frisch gefangenen Lobster. Zum Glück haben unsere Freunde der Silvestergruppe (siehe Reisbericht von Puerto Rico Januar 2020) uns bei ihrem Besuch damals ausführlich gezeigt, wie man dieses Krustentier fachfrauisch zerlegt 😊 Ich bleibe beim Fisch

Ein Schnorchel Trip führt uns in den Süden zur Insel Santa Fe. Auf diesem Trip machen wir 2 Schnorchel Gänge und einen Strandausflug. Das Wasser beim ersten Schnorchel Platz an der Nordküste ist nur etwa 18°C warm. Es hat viele grosse Fischschwärme, die sich im nahrungsreichen Wasser satt essen. Nach 45 Minuten sind wir trotz Neoprenanzug und tüchtigem Paddeln in der starken Strömung total unterkühlt. Am nächsten Schnorchel Stopp, eine gut geschützte Bucht mit seichtem Wasser, ist es dann wesentlich wärmer. Hier tummelt sich eine grosse Gruppe Seelöwen am Strand. Die Jungen robben ins Wasser und spielen mit unseren Flossen. Herrlich lustig!

Der anwesende Führer des Nationalparks macht uns auf einen grossen, dunklen Fleck im seichten Uferwasser aufmerksam: es ist eine Gruppe von Weissspitzen-Haien, ausgewachsene Tiere. Gemäss Führer kommen sie regelmässig nach ihrer nächtlichen Jagd gesättigt hierher, um sich im Sand liegend auszuruhen. Hoffentlich hat er recht, und sie sind satt. Alles ist gut gegangen, es fehlt uns kein Stück. Im Video (klick hier) sind mehr bewegte Bilder von diesem einmalig Treffen zu sehen
Wanderung zur Tortuga Bay südwestlich von Puerto Ayora. Auch dies ist Nationalparkgebiet. Der 2.5 Kilometer lange Wanderweg ist durchgehend mit Steinen besetzt
Am Strand der Tortuga Bay tummeln sich hunderte von Meerechsen. Fantastische Tiere! Es sind Überlebende aus der Dinosaurierzeit. Man vermutet, dass die ersten Echsen, die auf Galapagos gestrandet sind, Landechsen waren. Aus Mangel an Vegetation an Land (junge Vulkaninseln) mussten sich die Tiere ihr Futter in Ufernähe suchen. Mit der Zeit lernten sie tauchen und schwimmen. Heute ernähren sich diese Vegetarier hauptsächlich von Algen auf dem Meeresboden. Ihre knochenharten Schuppen und der Kamm am Rücken schützen sie perfekt vor ihren Feinden
Das Seglerleben heisst auch: reparieren! Eines morgens beim Kaffeetrinken springt kurz die Wasserpumpe an, obwohl niemand von uns einen Wasserhahn geöffnet hat. Komisch! Ich schaue im Motorraum, wo sich die Wasserpumpe befindet, nach und sehe, dass es aus dem Wasserdruckbehälter tropft. Das Tagesprogramm wird umgekrempelt, der nächste Ausflug verschoben und stattdessen der rote Druckbehälter ausgebaut, die Ursache der Leckage eruiert und über Reparaturmöglichkeiten gebrütet

Für Wissbegierige: damit auf einem Schiff Wasser aus dem Tank, der meist an der tiefsten Stelle im Schiff angebracht ist, zum Wasserhahn kommt, muss eine Wasserpumpe den Druck aufbauen. Das Wasser wird von der Pumpe zuerst in einen Druckbehälter gefördert und wird dann von da ins Leitungssystem des Schiffes geleitet. Der Druckbehälter hat die Funktion, Druckunterschiede auszugleichen. Das Prinzip ist recht einfach: das Wasser fliesst in einen geschlossenen Gummiballon, der in den Behälter eingelassen ist. Zwischen Gummiballon und Behälterwand füllt man Druckluft. Läuft die Pumpe und es fliesst nun Wasser in den Ballon, füllt sich dieser und beginnt, die Luft zwischen Ballon und Behälter zu komprimieren. Sobald der Wasserdruck hoch genug ist, stellt die Pumpe ab. Der Druck im Leitungssystem ist so immer zwischen 1.5 – 2.0 bar.

Der Grund für die Wasserleckage ist schnell gefunden: der Druckbehälter hat an einer bearbeiteten Stelle eine Leckage. Dadurch ist die Luft entwichen. Weiter eigentlich nicht schlimm. Aber durch die nun grösseren Bewegungen des Gummiballons ist dieser an einer Stelle durchgescheuert und leckt Wasser in den Raum zwischen Behälter und Ballon – und durch das Loch im Behälter nun auch nach aussen. Erster Schritt der Reparatur also: den Gummiballon reparieren. Das kann ich – kenne ich aus meiner Zeit als Fahrradfahrer 😉
Beim Druckbehälter ist es etwas schwieriger. Der muss gelötet oder geschweisst werden. Da haben wir nichts an Bord. Wir fragen kurzerhand unseren Agenten Javier und der kennt eine gute Werkstatt, wo der Behälter gelötet wird. Zurück an Bord schleifen wir die rostigen Stellen sauber und bemalen sie mit Rostumwandler. Alles zusammenbauen, einbauen, Wasserpumpe einschalten – funktioniert und ist wieder dicht 😊 (Pia meint: «Köbi ist mein Held!!»)
Besuch der Forschungsstation «Estación Charles Darwin» mit der angegliederten Schildkrötenzucht. Hier lernen wir, dass es grundsätzlich 3 verschieden Formen der Schildkrötenpanzer gibt, je nach Lebensraum, in der sich die Schildkröte befindet. Der Panzer der Seeschildkröten ist flach und stromlinienförmig. Bei den Landschildkröten gibt es 2 Formen. Liegt die Nahrung in Bodennähe ist der Panzer rundlich wie eine halbe Fussballkugel. In Trockengebieten, wo die Schildkröten ihre Nahrung an tiefhängenden Zweigen und Sträuchern suchen müssen, hat der Panzer eine Form wie ein Pferdesattel und ist vorne ausgewölbt (Bild). Das erlaubt es dem Tier, seinen Hals weit nach oben zu strecken
Wir versuchen es auch einmal 😊😊
Im Norden von Santa Cruz hat es mehrere kleine Vulkaninseln. Köbi bucht einen Schnorchel Trip zur Isla Bartolomé. Pia streikt diesmal – es ist ihr zu kalt! So unrecht hat sie nicht, wie man aus dem Bild mit dem dick eingepackten Kapitän unseres Ausflugschiffes schliessen kann. Das Wasser hat sich immer noch nicht gross aufgewärmt, immer noch dominiert der Humboldtstrom
Isla Bartolomé: wunderschöne Aussicht über den Westteil der Insel (mit dem berühmten Pinnacle Rock). Im Hintergrund die drittgrösste Insel in Galapagos: Santiago. Der Pinnacle Rock ist der Rest eines Vulkankegels, der von Menschenhand geschaffen wurde: nach dem Angriff der Japaner von Pearl Harbour waren die Amerikaner aufgeschreckt. Ein weiterer Angriff auf den Panamakanal wurde befürchtet. Deshalb stationierte die USA vorgelagert auf den Galapagosinseln Schutztruppen. Zum Training bombardierte die US-Luftwaffe diesen Vulkan, bis am Schluss nur noch dieser Pinnacle stehen blieb
Galapagos Falke. Dieser Kunstflieger will unbedingt ins Bild! Er setzt sich rund 4 Meter von mir entfernt auf das Holzgeländer und trippelt nach und nach näher. Hier ist er nur noch rund 1 Meter entfernt. Nach dem Bild schwingt er sich mit stolz geschwellter Brust wieder in die Luft

Bei einem phantastischen Erlebnis ist die Kamera nicht dabei. Ich schnorchle gerade den Felsen des Pinnacle Rocks entlang (bei Felsen am Ufer ist die Sicht immer gut und es hat viele Fische!) als vor meiner Tauchbrille etwas ins Wasser platscht. Ich gucke hin, sehe nichts, hebe den Kopf aus dem Wasser. Da schwimmt keine 50cm vor meiner Nase ein putziger Galapagos Pinguin. Neugierig beäugt er mich. Da platscht es ein zweites Mal und ein weiterer Pinguin springt vom Felsen herab um zu schauen, was da für ein komisches Ding (also ich) im Wasser schwimmt. Ob wohl mein bunter Neoprenanzug so attraktiv ist? Ich weiss es nicht. Jedenfalls begleiten mich die Beiden für die nächsten rund 20 Minuten. Sie zeigen mir ihre sagenhaften Schwimm- und Tauchkünste und klopfen mit ihrem Schnabel zwischendurch immer wieder mal zärtlich ans Glas meiner Taucherbrille, wie um zu sagen: «Hallo! Nicht einschlafen! Schwimm doch etwas schneller!». Ein unvergessliches Erlebnis!

Aus Europa hören und lesen wir regelmässig Nachrichten und sind einigermassen informiert über das Geschehen. Unser nächstes Ziel soll Französisch Polynesien sein. Diese Inseln stehen unter Französischer Hoheit und viele Beschlüsse, die in Frankreich gelten, werden unverändert auch diesen Inseln in der Südsee auferlegt. Wir werden rund 20-25 Tage unterwegs auf offener See sein, und es kann gut sein, dass sich während unserer Fahrt wieder etwas an der Gesetzeslage ändert. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, hier auf Galapagos die «Booster» Impfung machen zu lassen. Sehr einfach! Mit Pass und Impfzertifikat zur Impfstelle, Personalien eintragen lassen, Ärmel hoch, piek, und schon erledig. Keine 15 Minuten!
Abstieg in einen der zahlreichen, begehbaren Lavatunnels im Hochland von Santa Cruz
Eingangspforte in die Unterwelt
Der Tunnel ist nicht soo spektakulär, wie wir erwartet haben – aber trotzdem ist es spannend
Unsere Zeit in Galapagos neigt sich dem Ende zu. Es war eine fantastische Erfahrung und wir sind froh, haben wir uns entschieden, mit dem eigenen Schiff hierher zu segeln. Die Hürden (Papierkram, Bürokratie, Kosten) waren recht hoch, aber was wir hier erleben und sehen durften, hat uns mehr als entschädigt dafür. Tierwelt, Natur und auch die Menschen – ein Erlebnis, das uns glücklich macht. Bilder, die immer in unserer Erinnerung bleiben werden!

Heute Sonntag erledigen wir nun noch die letzten Einkäufe (frisches Gemüse und Früchte direkt vom Mark, der jeden Tag geöffnet hat). In den letzten Tagen hat Köbi das Schiff inspiziert, Rollen und Blöcke geschmiert, während Pia fleissig den Tiefkühler mit vorgekochtem Essen bestückt hat. Heute erledigen wir noch die letzten Büroarbeiten (wir haben erfahren, dass das Internet in Gambier langsam sein soll), Köbi putz noch die Wasserlinie und Ankerkette (hier sehr stark verschmutzt durch Algenbewuchs) – und dann sind wir segelbereit! Morgen Montag, 27.12.2021 kommen um 11 Uhr lokale Zeit die Behörden an Bord zum Auschecken, und dann sind wir unterwegs: knapp 3’000 Seemeilen bis Gambier!

Wer live mitreisen will, hier der Link:  https://share.garmin.com/EPXFV

Wir melden uns dann wieder von Gambier und berichten, wie es uns auf den 3’000 Seemeilen, weit ab von den Verkehrsrouten, ergangen ist.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser