Direkt nach dem Frühstück heben wir am Samstag, 11.6.2023, den Anker und nehmen Kurs auf Richtung Beveridge Reef.
Das Beveridge Reef liegt zwischen den Cook Islands und Niue. Eine ganz spezielle geologische Formation. Bis 20 Seemeilen vor dem Riff ist der Meeresboden über 5’000 Meter tief. Dann steigt das Atoll turmartig 5 Kilometer vom Grund bis knapp an die Meeresoberfläche. Bei Ebbe ragt das Riff über den Wasserspiegel, bei Flut wird es überspült. Im Westen gibt es eine 200 Meter breite und genügend tiefe Einfahrt ins Atoll. Drinnen beträgt die Wassertiefe rund 10 Meter und der Ankergrund soll gut haltender Sand sein. Ein idealer Rastplatz mitten im offenen Ozean!
Während der ersten beiden Tage herrschen perfekte Segelverhältnisse und wir kommen gut voran. Dann aber kommt es anders als geplant. Von keiner Wettervoraussage angemeldet beginnt sich gegen Montagabend vor uns eine riesige Störungszone aufzubauen. Sie wird von Stunde zu Stunde immer breiter und dunkler. In der Nacht nimmt der Wind auf über 30 Knoten zu und es beginnt heftig zu regnen. Der Sturm dauert über 6 Stunden und wühlt das Meer heftig auf. Wir rollen die Segel fast komplett ein und versuchen, einigermassen den Kurs zu halten. Am nächsten Tag hätten wir ins Riff einfahren wollen. Da sich gegen Morgen der Himmel nicht aufklart und wir mittlerweile über 3 Meter hohe Wellen haben, erscheint es uns zu gefährlich, das Beveridge Reef anzulaufen. Bei Flut kommen die hohen Wellen fast ungeschützt ins Riff und bei schlechter Sicht die Einfahrt zu wagen, das trauen wir uns nicht zu. Schweren Herzens nehmen wir eine Kursänderung vor und steuern direkt Niue im Nordwesten an.
24 Stunden später sieht der Morgenhimmel schon wieder versöhnlich aus. Die Schlechtwetterzone hat sich verabschiedet.
Am frühen Nachmittag des 14.6.2023 laufen wir Niue an und Pia setzt die Gastland-sowie die Quarantäne-Flagge.
Niue wurde erstmals 1774 von Europäern entdeckt. James Cook fand die Insel auf seiner 2. Entdeckungsfahrt. Als er zu landen versuchte, wurde er von den Eingeborenen mit Speeren bewaffnet und, wie Cook glaubte, mit Blut bemalt angegriffen und vertrieben. Ohne in der garstigen Uferzone gross Gegenwehr leisten zu können, flüchtete er zurück aufs Schiff, und er gab der Insel den Namen «die Insel der Wilden». Später stellte sich heraus, dass die rote Farbe nicht Blut, sondern «hulahula» war, eine einheimische rote Banane. Der Name der Insel hielt sich aber bis ins 20. Jahrhundert, ehe sich der ursprüngliche Name, Niue, sich wieder auf den Seekarten durchsetzen konnte.
Niue bedeutet: «gib Acht auf die Kokosnuss». In Überlieferungen wird berichtet, dass die ersten Menschen, die auf der Insel Fuss fassten, nichts Essbares ausser Fisch vorfanden. Auf der Suche nach Nahrung gelangten 2 Insulaner mit ihren Kanus nach Samoa. Dort gaben ihnen Einheimische Kokosnüsse (in der lokalen Sprache «niu») mit aufs Boot, die sie nach Niue transportierten und dort pflanzten. Seitdem gibt es auf der Insel Kokospalmen und so bekam sie ihren Namen «gib Acht auf die Kokosnuss», Niue.
Das Anlegefeld in Niue ist ein offenes Bojenfeld an der Westküste, bei der Hauptsiedlung Alofi. Ankern ist hier nicht möglich, da der Meeresgrund zu tief ist. Also machen wir unsere Lupina (im Hintergrund am Horizont, rechts vom Schleppschiff) an einer Boje fest, die eine fast 50 Meter lange Leine aufweist. Das Seil der Boje macht einen sehr guten Eindruck und der lokale Yachtclub überprüft sie regelmässig mit einer Unterwasserdrohne. Mit dem Dinghi geht’s dann an Land. Da der Landepier ins offene Meer hinausragt, herrscht immer ein ordentlicher Schwell. Um trotzdem sicher anlanden zu können gibt es einen Kran, an dem man sein Beiboot ans sichere Land heben kann.
Das Einklarieren verläuft absolut problemlos und unbürokratisch. Das Büro von Zoll und Immigration ist temporär in einem leeren Container direkt auf dem Pier eingerichtet. Innerhalb von 10 Minuten sind wir einklariert und haben den Stempel von Niue im Pass.
Die Insel Niue ist ein erhöhtes vulkanisches Atoll aus felsigem Kalkstein, das sich über einem grossen Korallenblock befindet. Die Caldera des ursprünglichen Vulkanes im Zentrum der Insel fasst 3 Kubikkilometer Süsswasser. In und um die Insel finden sich ausgedehnte Höhlensysteme, viele von ihnen gut begehbar und öffentlich zugänglich gemacht. Wir mieten gleich am zweiten Tag ein Auto und erkunden ein paar dieser Höhlen.
Besonders entlang der Küstenzone gibt es im vulkanischen Abhang immer wieder Höhlenabstiege bis zum Meer
Unten angelangt finden sich sehr gut geschützte, tiefe und mit glasklarem Meerwasser gefüllte Küsteneinschnitte.
Die Fusswege in die Höhlen und zu den Uferzonen sind sehr gut markiert, stabil und rutschsicher ausgebaut.
Spezielle Farben und Formen im Untergrund …
… und Richtung Meer. Auf dem Bild ist schön zu sehen, dass die ersten 20-50 Meter vom Ufer bis zum Meer relativ flach sind, bevor der Boden dann schroff 30-50 Meter in die Tiefe fällt
Wir geniessen das Erforschen neuer Inseln.
Die Insel Niue ist einer der kleinsten selbst verwalteten Staaten der Welt und regiert eigenständig in freier Assoziation mit Neuseeland. Die meisten Niueaner leben heute in Neuseeland – etwa 20’000 sind auf Niue geboren oder direkt von Niue abstammend – während die Insel selber eine Bevölkerung von ca. 1’600 Einwohnern aufweist. Noch vor 15 Jahren waren es noch doppelt so viele. Kaum erstaunlich, dass man zahlreiche leerstehende und in sich zerfallende Häuser vorfindet.
Hier verwirklicht sich ein einheimischer Künstler. Aus Abfall und nicht mehr gebrauchten Gegenständen schafft er Kunstwerke auf einer freien Wiese im Zentrum der Insel.
Kunst aus Abfall
Unser Bojenplatz vor Niue, im offenen Meer. Einigermassen geschützt bei Wind aus dem Osten, aber schlecht für Winde aus dem Westen. Vorerst zeigt der Bug der Lupina noch gegen Land, was gut ist. Weniger gut das Wetter: am 3. Tag unseres Aufenthaltes beginnt es heftig zu regnen – ein Dauerregen setzt ein.
Trotz Regen verzichten wir nicht auf Landgänge. Hier sind wir unterwegs ins lokale historische Museum.
Am 4. Tag in Niue beginnt der Wind zu drehen und es wird ungemütlich an der Boje. Wir fühlen uns zwar sicher, aber die Wellen werden immer grösser. Da wir bei diesen Windverhältnissen eh nicht mit unserem Dinghi anlanden können, entscheiden wir, schon nach 4 Tagen die Leinen zu lösen und uns auf den Weg zu machen Richtung Tonga.
Schon von der Boje haben wir grosse Delfin Gruppen im offenen Meer spielen und jagen gesehen. Aber sie kamen nie ganz nahe zum Schiff. Kaum aber sind die Leinen los und der Bug schiesst durchs Wasser, sind sie in grossen Mengen ums Schiff und tollen in der Bugwelle.
Die Wettervorhersage begeistert uns nicht wirklich. Es ist zwar Sonnenschein angesagt, aber der Wind wird über Westen nach Süden drehen und sich abschwächen. Für uns bedeutet dies, dass wir zuerst gegenan kämpfen und später dann den Wind suchen müssen. Egal, wir haben viel Zeit und das ist immer noch besser, als an der Boje hin und her gerollt zu werden. Vielleicht haben wir ja auch mal wieder Glück und es kommt besser als angesagt.
Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!