Schiffsschicksale in Gold Coast, viel Regen in Brisbane und vorbeugender Unterhalt am Rigg

22.3. – 5.4.2025

Wir befinden uns in Gold Coast und ankern vor der Wave Break Insel. Sie ist ihrem Namen auch tatsächlich würdig. Ausser der unvermeidlichen Gezeitenströmung, die bis zu 3 Knoten betragen kann, dringt von der Zufahrt vom Meer kein Schwell an den Ankerplatz. Wir liegen sehr ruhig und sicher hier.
In der Ferne die Hochhäuser von Gold Coast. Davor liegen ein paar Hausboote auf dem Sand. Es ist gerade Ebbe. Bei Flut schwimmen sie dann wieder. Lustig die Bewohner zu beobachten, wie sie ihre Beiboote und Kanus entweder weit ins Wasser hinaus schleifen müssen, oder es aber weiter draussen verankern und dann an Land waten müssen. Je nach Wasserstand halt.
Opfer des kürzlichen Zyklons und traurige Schiffsschicksale. Überall sehen wir gestrandete Boote.
Vermutlich hat man einige Schiffe absichtlich auf den Sandstrand auflaufen lassen um sie vor dem Versinken zu retten.
Dieses Schiff hat es nicht geschafft und ist während des Sturmes gesunken. Möglicherweise haben die Wasserlenzpumpen nicht funktioniert und das eindringende Regenwasser nicht herausgepumpt. Für die Bergung wurde es von einem Bagger auf einer schwimmenden Plattform angehoben, und dann mit grossen Industriepumpen das Wasser aus dem Schiffsbauch gepumpt.
Das Gebiet um Gold Coast ist der Amerikanischen Stadt Fort Lauderdale nachempfunden: viele labyrinthartig verschlungene Kanäle, die von Häusern umrandet sind. Zum Kanal hin meist ein grosszügiger Schiffssteg mit einem Motorboot (Bild) – auf der anderen Seite des Hauses ein nicht billiges Auto auf schön angelegten Einfahrten.
Nachtstimmung am Ankerplatz. Es weht kein Lufthauch, das Wasser ist spiegelglatt.

Wir planen unsere Weiterfahrt nach Norden. Hier in Gold Coast sind wir ja, von Vanuatu herkommend, gelandet. Wir haben von anderen Seglern erfahren, dass es ein wenig nördlich von hier mehrere Marinas mit super guter Infrastruktur gibt mit Handwerkern, die etwas von ihrem Job verstehen. Das möchten wir nutzen und eine vorbeugende Reparatur an unserem Rigg ausführen lassen.

Die Verbindung vom Baum zum Mast überträgt grosse Kräfte, wenn das Hauptsegel gesetzt ist. Hat es bei dieser Verbindung Spiel, dann gibt es bei Lastwechseln laute Geräusche, die nervig sind und die einem bei einer Nachtfahrt den Schlaf rauben können. Je grösser dieses Spiel wird, umso schneller kann der Verschleiss fortschreiten. Es ist also wichtig, dieses Spiel zu reduzieren, bevor der Schaden so gross ist, dass er nicht mehr repariert werden kann, oder schlimmer: die Verbindung auf hoher See bricht. Bei unserem Beschlag haben wir Spiel am Bolzen, der den Lümmel Beschlag mit dem Mast verbindet (gelbe Pfeile) und am Bolzen, der den Lümmel Beschlag am Baum fixiert (roter Pfeil). Zudem ist die Nabe der Umlenkrolle für die blaue Hole-Leine (mit ihr wird das Grossegel aus dem Mast gezogen und nach hinten gestreckt) verschlissen (grüner Pfeil). Wir wollen all diese Verbindungen wieder in Ordnung bringen, bevor es zu spät für eine Reparatur ist.
Wir entscheiden uns, die Unterhaltsarbeiten am Baum in der Gold Coast City Marina (GCCM) ausführen zu lassen. Diese Marina liegt etwa 6 Seemeilen flussaufwärts am Fluss Coomera, der diesem Stadtteil von Gold Coast auch den Namen gegeben hat.
Nach ein paar Tagen vor Anker im Schutz der Wave Break Island gehen wir am Sonntag, 23. März 2025, Anker hoch und verlegen vorerst in die Nähe des Currigee Camps an die South Stradbroke Island. Diese dem Flussdelta vorgelagerte Insel ist aus einer Sanddüne entstanden, die nach und nach von Vegetation überwachsen wurde. Von unserem Ankerplatz führt ein Weg quer über die an dieser Stelle knapp 1 Kilometer breite Insel an die Küste des offenen Meeres. Der wildromantische, endlos lange und menschenleere Strand verzaubert uns.
Schwarze Schwäne auf der windgeschützten Flussseite der Stradbroke Island sind alles andere als menschenscheu.
Nach 2 Tagen kündet sich eine Front mit starkem Regen an. Wir haben in der Zwischenzeit mit einem Rigger, der seine Werkstatt auf dem Areal der GCCM hat, Kontakt aufgenommen und die vorgesehene Arbeit vereinbart. Wir beschliessen, noch vor dem starken Regen flussaufwärts zur Marina zu fahren. Kaum sind wir dort angekommen, öffnen sich die Schleusen und es regnet fast 3 Tage durch.

Bei diesem Wetter wird nicht am Schiff gearbeitet. Mit Regenschirmen bewaffnet fahren wir mit dem Zug am Samstag nach Brisbane, das rund 80 Kilometer nördlich von Coomera liegt. Im ganzen Staat Queensland sind die Tarife für die öffentlichen Verkehrsmittel unheimlich günstig. Die Fahrt kostet einheitlich 50 Cents (umgerechnet etwa 30 Rappen) – egal wie lange sie dauert. Beim Einsteigen meldet man sich mit der Kreditkarte an, beim Aussteigen meldet man sich wieder ab. Super einfach!

Auch in Brisbane herrscht Regenwetter. Der Fluss kommt bis zum Gehsteig hoch – überschwemmt diesen an einigen Stellen sogar.
Vergeblich versuchen die Obdachlosen ihre Kleider und Bettwäsche zu trocknen.
Dieser rund 50 Zentimeter lange Leguan scheint den Regen zu geniessen.
Brisbane „Treasury House“ – ein wunderschön erhaltenes Gebäude aus dem frühen 19. Jahrhundert, das sich bisher erfolgreich gegen die Stadterneuerung behauptet hat.
Der Regen lässt nicht nach. Wir entscheiden uns für eine «trockene» Aktivität, setzen uns in eine der Schnellfähren und fahren rund 3 Stunden den Brisbane River rauf und runter und geniessen die Aussicht auf die Stadt vom Fluss aus (wie weiter oben beschrieben: für 50 Cents pro Person!)
Am Sonntag ist (unglaublich, aber war!) schönes Wetter angesagt. Wir fahren ein zweites Mal nach Brisbane und werden gleich beim Anzac Square Memorial vor dem Zentralbahnhof gebührend von schottischen Dudelsackbläsern empfangen.
Der Anzac Square in herrlich sattem Grün und Hochhäuser mit vom Regen blitzblank abgespülten Fenstern unter wolkenfreiem, blauen Sonnenhimmel.
Immer spannend: alte (aus dem 19. Jahrhundert) und neue Gebäude nebeneinander.
In Brisbane faszinieren uns vor allem auch die modernen Bauten. Die altehrwürdige St. Johns Kathedrale zeigt sich im Spiegel.
Am Tag vorher haben wir den Fluss mit der Fähre abgefahren, heute erkunden wir das Flussufer zu Fuss auf der gut ausgebauten Fussgänger Promenade.
Kangoroo Point Green Bridge – eine Fussgängerbrücke – nur eine der vielen architektonisch interessanten Brücken über den Brisbane River.
Auf dem Gelände der Weltausstellung 1988, heute South Bank Parklands genannt, tummeln sich an schönen Tagen Tausende von Leuten. Die vielen verschiedenen Anlagen locken zum Verweilen, zum Flanieren oder zum Spielen an. Eine riesiger, öffentlich zugänglicher Wasserpark mit Bootsteich, Sanddünen, Beachlandschaft, Wildbächen und zahlreichen Wasserspielen lassen das Herz jeder Wasserratte, ob klein oder gross, höherschlagen.
Wir verzichten auf den Badespass und lassen uns stattdessen mit diesem Riesenrand in den Himmel katapultieren.
Direkt auf der gegenüberliegenden Flussseite das Gebiet von Queens Wharf. Das riesige Erneuerungsprojekt dieses Geländes wurde erst kürzlich abgeschlossen und ist heute mit «The Star Grand» (eröffnet 2022) eine der wichtigsten touristischen Attraktionen von Brisbane. «The Star Grand» beherbergt neben vielen Appartements auch Hotels, Casinos, Vergnügungstempel, Erholungsräume, Shopping Malls und nebst unzähligen Uper-Class-Restaurants eine frei zugängliche Besucherterrasse mit einem fantastischen Rundumblick über Brisbane River und Stadt.
Eine der imposanten Eingangshallen im «The Star Grand»
Der Zugang zur öffentlich zugänglichen Aussichtsterrasse befindet sich im kleineren Mittelgebäude des «The Star Grand». Ein Boden aus Glas erlaubt einen senkrechten Blick nach unten auf die dem Ufer des Brisbane Rivers entlang führende Schnellstrasse.
Unsere letzte Station, bevor wir wieder mit dem Zug nach Hause zur Lupina fahren: die «Felons Brauerei» direkt unter der eisernen «Story Bridge». Bei einem kühlen Pale Ale geniessen wir die Aussicht über den Fluss, die Stadt und die in den Jahren 1935-40 erbaute Stahlbrücke. Die Gesamtlänge der Brücke beträgt 1’072 Meter. Die längste Stützweite der 6-spurige Strassen- und Fussgängerbrücke beträgt 282 Meter und die Durchfahrtshöhe für Schiffe beachtliche 30.4 Meter. Die «Story Bridge» ist nach der Sydney Harbour Bridge die bekannteste Brücke Australiens.
Zwei Tage Brisbane – einer davon total verregnet – eigentlich zu wenig. Uns hat die Stadt sehr gut gefallen.
Die Arbeit ruft, und endlich geht es am Montag los damit. Die Halteplatte am Mast wird abgeschraubt, die 8 Nieten zum Baum ausgebohrt. Die ganze Verbindung mit all ihren beweglichen Teilen geht zum Rigger in die Schlosserei.
Leider brechen beim Lösen der 12 Schrauben am Mast 5 davon ab. Mit einer Grip-Zange gelingt es mir, 4 dieser Schrauben aus dem Mast zu drehen. Die Letzte (Finger) bricht aber noch einmal. Der Rigger bohrt diese später aus und schneidet ein leicht grösseres Gewinde neu in den Mast. Liest sich nun einfach, wurde aber mit ein paar Fluchwörtern aus dem Munde des Riggers begleitet.
Sämtliche Verbindungen werden passgenau überarbeitet, so dass praktisch kein Spiel mehr in den beweglichen Teilen ist. So werden zum Beispiel bei der Mast-Halteplatte die Bohrungen etwas aufgebohrt. Aus einer vollen Edelstahlstange fertigt der Rigger auf seiner Drehbank Passbüchsen (gelbe Pfeile), die genau auf den Haltebolzen passen. Das weisse Material um die Passbüchsen auf dem Bild ist ein spezielles Fett (Tef-Gel), das Elektrokorrosion bei unterschiedlichen Materialien wirksam verhindert.

Die Reparaturarbeiten werden sehr kompetent und exakt ausgeführt. Wären die Arbeiten am Schiff nicht durch Regen aufgehalten worden, wären sie früher beendet worden. Macht nichts – wir haben ja Zeit! Da wir mit Vorgehen und Arbeitsqualität bei der Reparatur der Baumfixierung sehr zufrieden sind, lassen wir gleich auch die Fixierungen des hydraulischen Baumniederholers überarbeiten und spielfrei machen. Am Dienstagabend sind sämtliche Arbeiten beendet, alles wieder an seinem Platz und wir bereit, die Marina am Mittwoch zu verlassen. Unter (rate mal!) strömendem Regen legen wir kurz vor Mittag bei Flut ab und fahren unter Motor flussabwärts. Bei der South Stradbroke Island biegen wir nach Norden ab und suchen uns dann etwa 4 Meilen weiter beim «Tipplers» Camp Ground einen ruhigen Ankerplatz. Das Wasser ist hier sehr seicht, nur knapp 3 Meter tief. Aber der Ankergrund ist gut haltender Sand und Schlamm. Auch hält sich die wechselnde Gezeitenströmung in gut verträglichen Grenzen.

Auf der South Stradbroke Island locken verschiedene Wanderwege. Mit dem Dinghy finden wir mehrere gute Anlandungsstellen und unternehmen einige Ausflüge auf die Insel. Das Zentrum der an dieser Stelle knapp einen Kilometer breiten Sandinsel ist locker bewaldet. Was uns etwas amüsiert sind die Verkehrszeichen mitten im Urwald. Wehr um Himmels Willen braucht hier eine Geschwindigkeitsbeschränkung!?!
Wir werden auf Schritt und Tritt genau beobachtet. Überall hüpfen uns die putzigen Wallabys (kleine Känguru Art) vor die Kamera. Hier sind es bei genauerem Hinsehen sogar zwei!
Und wieder zieht es uns an die wilde Ostküste (im Hintergrund die Skyline von Gold Coast)
Auch 30 Kilometer nördlich von Gold Coast, wo der Zyklon auf Land getroffen ist, haben die Sturmwellen viel Sandstrand weggespült. Was vorher sanft auslaufend war, ist heute eine fast nicht überwindbare, 2-3 Meter hohe Mauer aus Sand.
Pia will es versuchen – ohne die helfende Hand eines wahren Gentlemans würde sie es aber nicht alleine schaffen! 😉
Schon liegen wir wieder ein paar Tage an diesem Ankerplatz vor «Tippler». Wir wollen weiter nordwärts in die Moreton Bucht. Nur wie? Ein Blick auf die Karte zeigt ein Wirrwarr von Wasserläufen. Guckt man genauer hin, erkennt man rasch, dass es immer wieder Flachstellen gibt, die für unser Schiff nicht befahrbar sind. Die nächste erkennbare Ausfahrt ins offene Meer am Ende der South Stradbroke Island ist gespickt von Untiefen, die jetzt nach dem Zyklon sicher noch weiter aufgebaut wurden. Eine Durchfahrt hier wäre zu gefährlich. Von anderen Seglern haben wir gehört, dass eine Passage via Jacobs Well für ein Schiff von zwei Metern Tiefgang möglich sei. Auf der Karte gibt’s bei dieser einzig möglichen Route zwei Untiefen, die uns Schwierigkeiten machen könnten. Eine vor Jacobs Well, die andere kurz danach. Bei Flut sollten sie Beide aber passierbar sein für uns – ausser der Zyklon hat die Untiefen negativ verändert. Wir werden sehen – heute Nachmittag um drei Uhr ist Flut, und da wollen wir es zumindest mal bis Jacobs Well versuchen.
Klappt unsere Fahrt nach Jacobs Well – oder muss Pia mit dem SUP probieren? Bald wissen wir es!

Willst du uns live verfolgen, und sehen ob die Durchfahrt klappt? Guck auf www.noforeignland.com und such da nach dem Schiff «Lupina»

Es bleibt spannend! Folge der Lupina im Kielwasser!

Von Gold Coast nach Pittwater – Australische Ostküste

16.10. – 8.11.2024

Nach dem Einklarieren am speziell dafür reservierten Steg in der Southport Yacht Club Marina in Gold Coast verholen wir das Schiff erstmal ins Innere der Marina, wo wir für die nächsten Tage sehr ruhig und sicher liegen.

Nach gut 2 Jahren Segeln und Leben in der Südsee wirkt die Infrastruktur und das Leben hier in Gold Coast, rund 70 Kilometer südlich von Brisbane, wie auf einem anderen Planeten. Fast ein kleiner Kulturschock für uns. Plötzlich wieder viel Verkehr, Stau, Lärm, Menschen, die achtlos an einem vorbei gehen, und natürlich modernste Gebäude.
Gold Coast verdient seinen Namen: kilometerlange, sehr breite Strände, flach abfallend mit goldgelbem Sand. Die Wassertemperaturen bewegen sich um die 22-24 Grad, aber die Luft ist noch empfindlich kühl (hier ist nun Frühling), wenn man dem Wind ausgesetzt ist.

Wir wollen zügig weiter in die Nähe von Sydney, um dann dort das Boot für ein paar Wochen festzumachen und über die Weihnachtstage in die Schweiz zu reisen. Aber zuerst müssen wir wieder Proviant besorgen. Beim Einreisen waren keine Frischwaren an Bord erlaubt. Auch viele andere Dinge wie etwa Reis, Fleisch, Bohnen, Haferflocken und vieles mehr musste vorher aufgebraucht sein, oder es wäre vom Mann der Biosecurity konfisziert worden. Pia hatte ein perfektes «Lebensmittel-Management» und wir kamen mit fast leerem Schiff an. Nur ein paar wenige, von Gesetz erlaubte Dinge, von denen wir uns im Notfall noch ein paar Tage hätten ernähren können, waren vorhanden. Also heisst es nun, ein paar Gänge zum Supermarkt und zurück zum Schiff. Auch wichtig: eine SIM-Karte, damit wir wieder mit dem Rest der Welt kommunizieren können.

Nachdem wir die wichtigsten Dinge erledigt haben, lösen wir die Leinen und machen uns auf den Weg Richtung Süden, zum 160 Seemeilen entfernten Coffs Harbour. Die Ausfahrt durch die lange Bucht von Gold Coast ist rege befahren und verlangt von der Steuerfrau gute Aufmerksamkeit.
Gold Coast verschwindet am Horizont
Es herrscht Nordwind und das Meer ist flach. Bestes Segelwetter und ideal für den «Schmetterling». Beim Schmetterling wird ein Segel nach Backbord gesetzt (hier die ausgebaumte Genua) und das andere Segel nach Steuerbord (hier das Grosssegel). Wir machen gute Fahrt.
Tagsüber nimmt der Wind kontinuierlich zu. Waren es am Morgen noch gemütliche 15 Knoten, sind es am Mittag 20 Knoten und im Meer bauen sich Wellen auf. Gegen Abend sind es dann ungemütliche 30 Knoten, die uns südwärts peitschen. Auch ist empfindlich kühler geworden. Ich weiss, wir sind in der Südsee zu Warmduschern mutiert – es ist ja immer noch knapp 20 Grad – aber für uns ist das halt einfach kalt. Die Kuchenbude wird zum Schutz gegen den Wind hochgezogen.

Schon im Verlaufe des Nachmittages rollen wir das Grosssegel komplett weg und auch die Genua ist mehr als die Hälfte gerefft. Trotzdem machen wir immer noch gute Fahrt in die Nacht hinein. Kurz nach Mitternacht dann ein heftiges Gewitter, das sich schon früh mit heftigem Wetterleuchten und hellen Blitzen ins Meer hinein angekündigt hat. Alle greifbaren, mobilen elektronischen Instrumente sind sicher im Backofen verstaut, um sie bei einem allfälligen Blitzeinschlag vor Schaden zu schützen. Alles geht gut! Nach einer Stunde zieht das Unwetter ab und es baut sich ein normaler Wind auf. Leider nur kurz, bevor er sich ganz abmeldet. Die letzten 40 Seemeilen zum Ziel müssen wir leider mit Kari, unserem Dieselmotor, bewältigen. Kurz vor 9 Uhr morgens ist der Anker in Coffs Harbour eingefahren und der Motor abgestellt.

Coffs Harbour mit der Marina (rechts) und unserem Ankerplatz (links)
Im Verlaufe des Tages dreht der Wind nach Süden. Er kommt also genau von dort, wo wir hin wollen. Natürlich könnten wir versuchen, gegen an aufzukreuzen. Das tun wir uns aber nicht an. Das Wetter wird in den nächsten Tagen so bleiben und wir machen es uns für ein paar Tage in Coffs gemütlich. Wir unternehmen eine kurze, sehr schöne Wanderung ans östliche Ende der «Muttonbird» Insel, die heute über einen künstlichen Damm mit dem Festland verbunden ist. Am zerzausten Haar von Pia und an den weissen Schaumkronen der Wellen sieht man deutlich, dass sich ein ordentlicher Wind aufgebaut hat – aber die Sonne scheint warm.
Neuer Kontinent – neue Tiere! In der Folge ein paar Beispiele. Hier ein Australischer Weissibis
Maskenkiebitz
Austral Buschhuhn, etwas grösser als ein Huhn. Es durchwühlt mit seinen kräftigen Beinen Wald und Buschboden nach Nahrung (Würmer, Insekten, Samen und Körner)
The Jetty, das Wahrzeichen von Coffs Harbour. Der weit ins Meer hinausragende, fast 500 Meter lange und 12.5 Meter breite Pier («Jetty» genannt) wurde ursprünglich als Verladerampe für Holz gebaut. Das Besondere daran ist, dass wegen des grossen Schwells vom Meer die Schiffe immer mit einem gewissen Abstand zum Steg festgemacht wurden. Alles, auch Personen, mussten mit einem Kran hin und her transportiert werden. Heute wird der Jetty nicht mehr für die Schifffahrt genutzt. Der Holzabbau ist versiegt und die Fischerboote können heute ihre Fracht im geschützten Marina-Bereich löschen.
Wir befinden uns auf der südlich von unserem Ankerplatz gelegenen South Coffs Island. Auch das ist eigentlich keine Insel mehr, da sie mittlerweile mit einem breiten Erddamm, auf dem auch eine breite Autostrasse verläuft, mit dem Festland verbunden wird. Im Hintergrund die rollende Brandung des «Boambee» Strandes im Süden.
Der östliche Schutzwall zur Einfahrt (man fährt links vorbei) nach Coffs Harbour
Aussicht auf die Marina (Bildmitte) und unseren Ankerplatz (links)
Eigentlich wäre der Ankerplatz super. Aber bei der vorherrschenden Wetterlage (sehr heftige Winde – kurz mal ein paar Stunden von Norden, dann wieder von Süden) herrscht draussen eine fürchterliche Unruhe im Wasser. Die Wellen wissen gar nicht, wohin sie sollen. Sie scheinen sich im Hafengebiet ihre Ruhe zu suchen. Uns umgekehrt schütteln und rütteln sie dafür die nächsten Tage am Ankerplatz heftig durch. Wir fühlen uns manchmal wie auf hoher See.
Wir suchen unsere Ruhe an Land, hier bei einem wunderschönen Spaziergang dem Coffs Creek (Fluss) entlang zum Botanischen Garten.
Im sehr naturnahen und wirklich empfehlenswerten botanischen Garten bestaunen wir exotische Pflanzen aus vielen Teilen der Welt, hauptsächlich aber aus verschiedenen Gebieten Australiens. Hier: Goldene Engelstrompete, die Blüte ist gut 20 Zentimeter lang.
Dendrobium Orchidee. Diese schöne Blume lebt ausschliesslich auf anderen Pflanzen, vorwiegend auf Bäumen.
Nebst unzähligen Vogelarten sind auch viele andere exotische Tiere im botanischen Garten anzutreffen. Die aktuell 3 dort ansässigen Koalas haben wir trotz intensiver Suche mit Nackenstarre (wir haben unablässig in die Baumkronen gestarrt) nicht gefunden, dafür ist uns aber dieses schöne Reptil vor die Linse gekrochen: ein Riesen-Stachelskink, der nur an der Ostküste von Australien vorkommt.
Und natürlich muss ab und zu auch der Durst gestillt werden. In Australien gibt es heute sehr viele Mikro-Brauereien, die super schmackhaftes Bier brauen.

Das Warten in Coffs Harbour ist sehr kurzweilig, aber wie schon beschrieben, ist der Ankerplatz in den letzten Tagen sehr rollig. Deshalb sind wir froh, dass endlich ein Wetterfenster kommt, das und weiter südwärts bringen kann. Am frühen Morgen des 27. Oktobers 2024 lichten wir den Anker und nehmen die rund 165 Seemeilen lange Strecke nach Port Stephens, unser nächstes Ziel, in Angriff. Wir wissen, dass die ersten paar Stunden der Wind noch zu schwach ist für die Segel. Macht aber nichts, denn während der Motor läuft, können wir gleichzeitig den Wassermacher laufen lassen und unseren Frischwassertank wieder füllen. Eine Gruppe Buckelwale, die im flachen Wasser gut auszumachen ist und deren Männchen tolle Sprünge vorführen, sowie ab und zu mal neugierige Delphine unterhalten uns. Im Verlaufe des Vormittages nimmt der Wind allmählich zu, und wir können die Segel setzen. Den ganzen Nachmittag und durch die folgende Nacht weht eine gleichmässige kontinuierliche Briese, die uns gut voranbringt.

Aufregung dann kurz nach 3 Uhr in der Nacht. Über Funk hören wir eine Notfallmeldung eines anderen Segelschiffes. Es nimmt Wasser auf, nachdem es einen Felsen gerammt hat. Von der Beschreibung und den übermittelten Koordinaten realisieren wir, dass das Schiff nur ein paar Meilen hinter uns fährt. Wir haben kurz vorher ein Kap umrundet und der Havarist muss da offenbar zu nahe am Ufer gesegelt sein. Der lokale Seenotdienst übernimmt über Funk die Koordination der Hilfe und bittet uns und ein anderes Boot in der Nähe, das beschädigte Segelschiff zu begleiten, falls der Wassereinbruch nicht kontrolliert werden kann. Nach etwa einer halben Stunde meldet das beschädigte Boot, dass die 4-köpfige Crew mit den vorhandenen Pumpen und Eimern den Wasserstand im Boot stabil halten kann. Wir sind erleichtert. Sie sind nun unter Motor in voller Fahrt unterwegs zum Zielhafen. Kurz nach Morgengrauen kommt uns vom Land her ein Schiff der Seenotrettung entgegen und übernimmt an unserer Stelle die Begleitung zum nächstgelegenen Hafen.

Nach dem hektischen Tagesbeginn mit dem See-Notruf geniessen wir einen wunderschönen Sonnenaufgang am wolkenlosen Himmel.
In der Shoal Bay von Port Stephens fällt um 8 Uhr morgens des neuen Tages der Anker. Es liegen nur wenige Schiffe vor Anker, im Gegensatz aber zu Coffs Harbour liegen wir absolut ruhig.
Wir hatten sie unterwegs schon aus der Distanz gesehen, nun in Port Stephens: riesig grosse Pelikane, mit einer Flügelspannweite von über 3 Meter! Sie lauern wohl auf den Abfall der Fischerboote
In Port Stephens suchen wir im Yard nach dem Schiff, das uns die Nacht zum Tag gemacht hat. Wir werden schnell fündig: die «SY All for Nothing», eine Bavaria 43, hat am Bug einen massiven Schaden und der Rumpf aus Fiberglas ist im Bereich des Buges aufgerissen.
Diesmal schon nach 2 Tagen ist der Wind wieder günstig, um die nächste Etappe nach Süden unter den Bug zu nehmen. Es sind rund 80 Seemeilen bis zu unserem Endziel in Pittwater, einer riesigen Bucht mit vielen Seitenarmen, die etwas an den Vierwaldstättersee erinnern. Die Strecke ist bei gutem Wind in einer Tagesetappe machbar, wir müssen aber früh los. Kurz vor 7 Uhr in der Früh umrunden wir den Leuchtturm, der die Schiffe vor den schroffen Felsen des Mount Stephens warnt, und nehmen direkten Kurs auf zur Einfahrt in die Bucht von Pittwater.
Es wird ein wunderschöner Segeltag entlang der Küste. Unter Schmetterlingsegeln erreichen wir die Einfahrt zur Bucht bereits kurz vor 18 Uhr und können sogar bis kurz vor die Marina, wo wir eine Boje reserviert haben, mit den Segeln weiterfahren. Eine super spannende Fahrt, denn es findet gerade eine Abendregatta statt. Um zur Boje zu gelangen, durchfahren wir Regattastrecke und sind zum Teil parallel dazu. Richtig interessant! – so macht Segeln Spass.
Hatten wir bisher meist relativ wenig Boote um uns herum, liegen hier in Pittwater Tausende von Yachten! Freies Ankern ist fast nicht möglich und stark reguliert. Wir liegen an einer Boje des Königlichen Motorboot Clubs (Royal Motor Yacht Club). In der Marina des Clubs liegen auch wirklich schöne, sehr gut gepflegte Motoryachten. Segelschiffe sind eher Exoten, ausländische die gar den Atlantik und den Pazifik überquert haben praktisch keine. Die Lupina ist also etwas Besonderes 😉
Eine Besonderheit der Yacht-Clubs hier: einen sinnvollen Anlegesteg für Dinghis gibt es nicht. Dafür wird ein Boot-Taxi angeboten, das uns gratis an Land und wieder aufs Boot bringt. Falls mal jemand nach Arbeitsschluss um 17:30 Uhr zurück aufs Boot will, dem werden diese Ruderboote zur Verfügung gestellt.
Es ist definitiv zu kalt zum Baden, nachts fällt das Thermometer zurzeit bis auf 15 Grad runter. Schwimmen im Meer ist also im Moment nicht angesagt. Es gibt auch andere Gründe, wieso man fast niemanden im Wasser sieht: Quallen (Bild, diese sind aber nicht giftig) und Haifische (vor allem Bullenhaie), die auf Nahrungssuche weit in die Bucht hineinkommen. Unser Badeleiter bleibt oben.
Statt im Meer zu Baden besuchen wir die Holzboot-Ausstellung, die jedes Jahr in der Royal Motor Yacht Club Marina stattfindet. Es hat wunderschöne, sehr gut gepflegte Boote dabei. Die «Duyfken» ist ein Nachbau des ersten europäischen Schiffes, welches Australien angesteuert hat. Müsste sie vielleicht mal neue Segel haben?

Die letzten paar Tage waren wir mit kleineren Unterhaltsarbeiten und Organisieren von grösseren Arbeiten beschäftigt. Uns ist nämlich schon länger der Plotter (Computer für die Navigation) im Cockpit ausgestiegen. Wir haben ihn nun schon zweimal reparieren lassen, aber nun hat er sein Lebensende erreicht. Ein neues Ersatzgerät, welches das Alte eins zu eins ersetzen würde, gibt es nicht. Wir müssen in ein neues System investieren. Hier in Australien gibt es zum Glück ausgebildete Fachleute, die uns beraten und dann auch das System installieren und in Betrieb nehmen können. Aber bevor wir dieses Kapitel beginnen, machen wir nun erstmal Weihnachtsferien in der Schweiz.

Heute, Freitag 8. November 2024, reisen wir nun für ein paar Wochen in die Schweiz um nach fast einem Jahr Abwesenheit unsere Familien und Freunde wieder einmal zu sehen, und wir freuen uns sehr auf die Weihnachtstage mit den Grosskindern. Bei diesem Besuch wartet auch etwas ganz Besonderes auf uns: im Dezember (das genaue Datum ist leider bei Redaktionsschluss noch nicht festgelegt, wird aber rechtzeitig in der lokalen Presse publiziert) dürfen wir auf Einladung des Vereins Dorf Plus im Vereinslokal des Gemeindehauses einen Vortrag abhalten und den interessierten Besuchern unser Seglerleben näherbringen. Wir hoffen natürlich, du bist auch dabei!

Lupina wartet in guter Gesellschaft (nicht erkennbar, sie ist umringt von vielen schönen Booten) an einer Boje in der gut geschützten Bucht von Pittwater, bis es kurz vor Ende Jahr wieder weiter geht.

Bis wir wieder zum Schiff zurückkehren, macht der Schreiberling wieder Pause. Im nächsten Bericht wollen wir euch dann schöne Bilder vom Neujahrsfeuerwerk von Sydney präsentieren. Mitte Januar 2025 sollen wir dann auch die neuen Bordinstrumente erhalten. Ob alles klappt?

Es bleibt spannend! Folge der Lupina im Kielwasser!