Nach dem Einklarieren am speziell dafür reservierten Steg in der Southport Yacht Club Marina in Gold Coast verholen wir das Schiff erstmal ins Innere der Marina, wo wir für die nächsten Tage sehr ruhig und sicher liegen.
Wir wollen zügig weiter in die Nähe von Sydney, um dann dort das Boot für ein paar Wochen festzumachen und über die Weihnachtstage in die Schweiz zu reisen. Aber zuerst müssen wir wieder Proviant besorgen. Beim Einreisen waren keine Frischwaren an Bord erlaubt. Auch viele andere Dinge wie etwa Reis, Fleisch, Bohnen, Haferflocken und vieles mehr musste vorher aufgebraucht sein, oder es wäre vom Mann der Biosecurity konfisziert worden. Pia hatte ein perfektes «Lebensmittel-Management» und wir kamen mit fast leerem Schiff an. Nur ein paar wenige, von Gesetz erlaubte Dinge, von denen wir uns im Notfall noch ein paar Tage hätten ernähren können, waren vorhanden. Also heisst es nun, ein paar Gänge zum Supermarkt und zurück zum Schiff. Auch wichtig: eine SIM-Karte, damit wir wieder mit dem Rest der Welt kommunizieren können.
Schon im Verlaufe des Nachmittages rollen wir das Grosssegel komplett weg und auch die Genua ist mehr als die Hälfte gerefft. Trotzdem machen wir immer noch gute Fahrt in die Nacht hinein. Kurz nach Mitternacht dann ein heftiges Gewitter, das sich schon früh mit heftigem Wetterleuchten und hellen Blitzen ins Meer hinein angekündigt hat. Alle greifbaren, mobilen elektronischen Instrumente sind sicher im Backofen verstaut, um sie bei einem allfälligen Blitzeinschlag vor Schaden zu schützen. Alles geht gut! Nach einer Stunde zieht das Unwetter ab und es baut sich ein normaler Wind auf. Leider nur kurz, bevor er sich ganz abmeldet. Die letzten 40 Seemeilen zum Ziel müssen wir leider mit Kari, unserem Dieselmotor, bewältigen. Kurz vor 9 Uhr morgens ist der Anker in Coffs Harbour eingefahren und der Motor abgestellt.
Das Warten in Coffs Harbour ist sehr kurzweilig, aber wie schon beschrieben, ist der Ankerplatz in den letzten Tagen sehr rollig. Deshalb sind wir froh, dass endlich ein Wetterfenster kommt, das und weiter südwärts bringen kann. Am frühen Morgen des 27. Oktobers 2024 lichten wir den Anker und nehmen die rund 165 Seemeilen lange Strecke nach Port Stephens, unser nächstes Ziel, in Angriff. Wir wissen, dass die ersten paar Stunden der Wind noch zu schwach ist für die Segel. Macht aber nichts, denn während der Motor läuft, können wir gleichzeitig den Wassermacher laufen lassen und unseren Frischwassertank wieder füllen. Eine Gruppe Buckelwale, die im flachen Wasser gut auszumachen ist und deren Männchen tolle Sprünge vorführen, sowie ab und zu mal neugierige Delphine unterhalten uns. Im Verlaufe des Vormittages nimmt der Wind allmählich zu, und wir können die Segel setzen. Den ganzen Nachmittag und durch die folgende Nacht weht eine gleichmässige kontinuierliche Briese, die uns gut voranbringt.
Aufregung dann kurz nach 3 Uhr in der Nacht. Über Funk hören wir eine Notfallmeldung eines anderen Segelschiffes. Es nimmt Wasser auf, nachdem es einen Felsen gerammt hat. Von der Beschreibung und den übermittelten Koordinaten realisieren wir, dass das Schiff nur ein paar Meilen hinter uns fährt. Wir haben kurz vorher ein Kap umrundet und der Havarist muss da offenbar zu nahe am Ufer gesegelt sein. Der lokale Seenotdienst übernimmt über Funk die Koordination der Hilfe und bittet uns und ein anderes Boot in der Nähe, das beschädigte Segelschiff zu begleiten, falls der Wassereinbruch nicht kontrolliert werden kann. Nach etwa einer halben Stunde meldet das beschädigte Boot, dass die 4-köpfige Crew mit den vorhandenen Pumpen und Eimern den Wasserstand im Boot stabil halten kann. Wir sind erleichtert. Sie sind nun unter Motor in voller Fahrt unterwegs zum Zielhafen. Kurz nach Morgengrauen kommt uns vom Land her ein Schiff der Seenotrettung entgegen und übernimmt an unserer Stelle die Begleitung zum nächstgelegenen Hafen.
Die letzten paar Tage waren wir mit kleineren Unterhaltsarbeiten und Organisieren von grösseren Arbeiten beschäftigt. Uns ist nämlich schon länger der Plotter (Computer für die Navigation) im Cockpit ausgestiegen. Wir haben ihn nun schon zweimal reparieren lassen, aber nun hat er sein Lebensende erreicht. Ein neues Ersatzgerät, welches das Alte eins zu eins ersetzen würde, gibt es nicht. Wir müssen in ein neues System investieren. Hier in Australien gibt es zum Glück ausgebildete Fachleute, die uns beraten und dann auch das System installieren und in Betrieb nehmen können. Aber bevor wir dieses Kapitel beginnen, machen wir nun erstmal Weihnachtsferien in der Schweiz.
Heute, Freitag 8. November 2024, reisen wir nun für ein paar Wochen in die Schweiz um nach fast einem Jahr Abwesenheit unsere Familien und Freunde wieder einmal zu sehen, und wir freuen uns sehr auf die Weihnachtstage mit den Grosskindern. Bei diesem Besuch wartet auch etwas ganz Besonderes auf uns: im Dezember (das genaue Datum ist leider bei Redaktionsschluss noch nicht festgelegt, wird aber rechtzeitig in der lokalen Presse publiziert) dürfen wir auf Einladung des Vereins Dorf Plus im Vereinslokal des Gemeindehauses einen Vortrag abhalten und den interessierten Besuchern unser Seglerleben näherbringen. Wir hoffen natürlich, du bist auch dabei!
Bis wir wieder zum Schiff zurückkehren, macht der Schreiberling wieder Pause. Im nächsten Bericht wollen wir euch dann schöne Bilder vom Neujahrsfeuerwerk von Sydney präsentieren. Mitte Januar 2025 sollen wir dann auch die neuen Bordinstrumente erhalten. Ob alles klappt?
Es bleibt spannend! Folge der Lupina im Kielwasser!
Die Wind Verhältnisse am Ankerplatz sind gut, und wir können gleich die Segel setzen. In ruhiger Fahrt, manchmal kurz stärker angestossen von einer Böe, segeln wir dem Second Channel entlang westwärts. Nach rund einer Stunde haben wir das offene Meer erreicht. Keine weiteren Engpässe mehr. Der Tiefenmesser fällt schnell ins Bodenlose. Nachdem sich auch die Windrichtung stabilisiert hat (auf der Leeseite einer Insel hat es immer noch Turbulenzen), können wir Kurs zum ersten Wegpunkt aufnehmen und entsprechend die Segel ausrichten.
Pia, der es bis zu diesem Zeitpunkt sehr gut ging, wird immer ruhiger. Konzentriert schaut sie zum Horizont. Ich weiss, was das bedeutet! Kurz darauf geht sie runter und legt sich flach hin. Eigentlich wäre nun Essenszeit, aber das winkt sie vehement ab. Ich geniesse eines der vorgekochten Menüs (Cho Men Nudeln) alleine. Pia ist nun definitiv ausser Gefecht. Mir bleibt nichts anderes übrig, als ihre Schicht der Wache (1. Nachthälfte) auch zu übernehmen. Ich bin froh, lässt mich die Seekrankheit in Ruhe. Noch bevor die Nacht anbricht, rollen wir die bereits kräftig gereffte Genua ganz ein, reduzieren unser Tempo, das für die immer dümmer werdenden Wellen eh zu schnell war, und fahren mit 6-7 Knoten in die Nacht. Wir haben Glück, der Wind verharrt in seiner Richtung und auch die Stärke bleibt meist unter 20 Knoten. So bleibt uns, ausser dem heftigen Geschaukel, eine unruhige Nacht erspart.
Gegen Morgen nehmen die Wellen in der Höhe leicht ab, und sie werden regelmässiger. Es wird angenehm. Nach den ersten 24 Stunden haben wir ein ETMAL (über 24 Stunden gefahrene Distanz) von 160 Seemeilen erreicht. Wir rechnen bei einer Distanzfahrt mit einem ETMAL von 144 Seemeilen, was einer Geschwindigkeit von 6 Knoten entspricht. Wir sind also sehr gut unterwegs!
Zweiter Tag auf See
Nach einem Tag hat sich die Bordroutine eingependelt. Eines von uns sitzt immer im Cockpit, beobachtet Wind und Wellen und schaut, ob sich kein Schiff in unsere Nähe verirrt. In diesen Gegenden wäre das eher ein besonderes Ereignis. Das Andere ist meist unten am Dösen, Lesen, oder Spiele Machen. Da Pia auch am 2. Tag unter der Seekrankheit leidet (der Magen hat sich zwar mittlerweile ans Schaukeln gewohnt, nun sind aber Kopfschmerzen und Schwindel dazu gekommen), verbringe ich die meiste Zeit auf Wache. Macht aber nichts, auch da kann ich ab und zu ein Nickerchen machen oder etwas lesen. Ich kann mich gut ausruhen.
Kurz vor dem Eindunkeln ein kurzer Aufreger. Ein Tölpel (so heissen sie tatsächlich) wird seinem Namen gerecht. Er will unbedingt auf unserem Windgenerator ausruhen. Wir scheuchen ihn immer wieder weg. Er ist hartnäckiger als wir, und versucht es so lange, bis es ihm die Flügel stutzt. Schade für den schönen Vogel. Pia ist wieder einigermassen auf dem Damm (bis auf die heftigen Kopfschmerzen. Diesmal kann sie auch ihre Schicht machen und ich übernehme dann ab Mitternacht.
Unser heutiges ETMAL: 168 Seemeilen.
Dritter Tag auf See
So ist es dann auch: unser Tiefenmesser, der bis 140m tief messen kann, bleibt arbeitslos, und wir sehen weit und breit kein Anzeichen des Riffes, da die Passage mehrere Kilometer breit ist. In der Passage und danach: herrliches Segeln, da die Wellen sehr flach geworden sind. Wir sind immer noch schnell unterwegs.
Der Skipper ist also immer noch gleichzeitig auch Smutje (Koch) und löst Pia eine Stunde früher ab auf der Wache in der Nacht zum 4. Tag. ETMAL: 160nm
Vierter Tag auf See
Wir nähern uns dem 2. Riff auf unserer Fahrt, der «Banc de Landsdowne» (roter Kreis im Bild weiter oben). Auf der Seekarte sieht es zwar überall sehr tief aus, wenn man aber rein zoomt, erkennt man plötzlich Punktmarkierungen mit Angaben wie «12m» oder «Störung». Also irgendetwas ist da. Wir machen einen weiten Bogen um solche Stellen und halten immer ein Auge auf dem Tiefenmesser. Der bleibt die ganze Zeit im Endlosen.
Um es etwas spannender zu machen kommt diesmal auch Regen dazu. Um Mitternacht sind es dann 25-30kn, die heftig an den Segeln zerren. Unglaublich, was die aushalten müssen. Und erst noch der Autopilot, der bei der aufgewühlten See die Lupina schnurgerade auf Kurs hält. Ab und zu schleudert ihn eine grosse Welle etwas aus dem Ruder, schnell aber kaum spürbar korrigiert unser elektronischer Steuermann. Wir sind beide froh, als die Nacht vorbei ist und wir wieder sehen, was um uns herum passiert. Obwohl wir, um Material und Mensch zu schonen, die Segel stark gerefft hatten, liegt unser ETMAL nach den vierten 24 Stunden auf See bei 161 Seemeilen. Pia hat es geholfen: sie ist wieder auf dem Damm.
Fünfter Tag auf See
Wir queren das letzte Riff, die Nova Banc (gelber Bereich auf dem Bild weiter oben) südlich der Chesterfield Inseln, bei besten Verhältnissen. Von nun verläuft unsere Route bis an die Küste von Australien ohne weitere Hindernisse. Wir sind auf direkter Linie nach Coffs Harbour, das südlich des 30. Breitengrades liegt. Das ist wichtig für den Versicherungsschutz, denn nördlich davon sind Sturmschäden während der Zyklonzeit (1. November – 30. April) am Boot nicht gedeckt. Anfänglich hat alles gut ausgesehen, nun wird die Wetterlage vor Coffs immer etwas verworrener. Je nach Wettermodellen, die wir über SSB (Kurzwellen Funk) anfragen, oder die ich vom Seglerkollegen Beat der SY Kianga übermittelt erhalte, herrscht bei unserer vorgesehenen Annäherungszeit Sturm von Norden, gar kein Wind oder Gegenwind aus Süden. Kurz: eine sehr unsichere Wetterlage.
Der Wind scheint uns bei der Entscheidung helfen zu wollen: er dreht im Verlaufe der ersten Nachthälfte soweit nach Süden, dass wir mehr westwärts ausweichen müssen und praktisch genau Kurs nach Gold Coast fahren müssen. In der Nacht dann zum folgenden Tag lässt der Wind zuerst stark nach. Die Segel schlagen während fast einer Stunde lang immer wieder, weil sie nicht mit genügend Wind gefüllt sind. Dann nimmt er um ein paar Knoten zu und es wird eine herrliche Nachtfahrt. ETMAL 167 Seemeilen
Sechster Tag auf See
Am Abend (wie kann es anders sein, immer wenn es in die Nacht geht!) nimmt der Wind schlagartig zu. Innerhalb weniger als 15 Minuten von gemächlichen 12 Knoten auf 20-25 Knoten. Und er bleibt dort fast die ganze Nacht. Wieder stark gerefft und bei gedrosseltem Tempo lassen wir uns durch die Nacht rollen und schütteln. Wer sagt denn, Segeln sei entspannend und bequem? Egal, auch diese Nacht geht zu Ende. Ab jetzt lässt der Wind nach und beginnt, wie vorhergesagt, von Südosten nach Nordosten zu drehen. Jetzt kommt für uns der Wind weiter achterlich, was die Stabilität des Schiffes nicht unbedingt verbessert. Der zwar abnehmende aber immer noch heftige Schwell der Nacht schüttelt uns in den siebten Tag. ETMAL 156 Seemeilen
Siebter Tag auf See
Die Wettersituation vor Coffs Harbour verdeutlicht sich. Es zeichnet sich ab, dass am Tag unserer Ankunft der Wind zusammenfallen würde und wir rund 36 Stunden motoren müssten. Das wollen wir nicht. Die Entscheidung ist gefallen, wir bleiben auf Kurs nach Gold Coast.
Leider fällt dann auf der Fahrt nach Gold Coast der Wind rund 80 Seemeilen (etwa 12 Stunden Fahrt) vor dem Ziel aus. Als unsere Geschwindigkeit unter 2 Knoten fällt, rollen wir etwas widerwillig die Segel ein und starten den Motor. Um Mitternacht flackert dann kur noch einmal etwas Wind auf, was mich zum erneuten Setzen der Segel motiviert. Aber 2 Stunden später ist definitiv nur noch Flaute. Früh morgens bei Sonnenaufgang sehen wir Land. Die Lichter der Hochhäuser liessen sich schon von viel weiter draussen erkennen.
Genau nach 6 Tagen und 20 Stunden, um 07:45 Uhr Lokalzeit, wird Australien am 15. Oktober 2024 festgemacht an der Lupina. Dank leerem Kühlschrank und ausgeräumten Vorrats-Schapps verläuft auch die Inspektion der Biosecurity (die Behörde, welche kontrolliert, dass keine unliebsamen Lebewesen und Pflanzen in das Land gebracht werden) sehr speditiv und äusserst freundlich. Noch alle Fragen und Formulare der Zollbehörde durchgegangen, und schon sind wir legal in Australien willkommen. «Gday Mate!»
Es bleibt spannend! Folge der Lupina im Kielwasser!