Von Bundaberg ins Great Barrier Reef

3. – 24.5.2025

Am Ende des letzten Berichtes standen wir vor der Entscheidung, wie unsere Reise weiter gehen soll: via Salomonen Inseln, oder der Australischen Küste entlang über die Torres Strasse nach Indonesien. Nun, wer unsere Videos verfolgt, der kennt unsere Entscheidung bereits: wir wollen uns die Chance nicht entgehen lassen, das berühmte Great Barrier Reef zu besegeln. Also folgen wir vorerst weiter der australischen Küste entlang nordwärts und besuchen so viele Ankerplätze im Great Barrier Reef wie möglich. Wir nehmen dich gerne mit auf diese Reise!

Die Segelroute in diesem Bericht.
Wir liegen in der Marina von Port Bundaberg und lassen eine Starkwindphase über uns hinwegziehen. Eine schöne Gelegenheit, dieses im frühen 19. Jahrhundert gegründete Kolonialstädtchen zu besuchen. Bundaberg (oder Bundy, wie die Lokalen ihre Stadt lieblich nennen) ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt für seinen feinen Rum.
Der Name «Bundaberg» heisst eigentlich «Berg-Berg», denn er ist zusammengesetzt aus dem aboriginal Wort «bunda», was Berg bedeutet, und dem deutschen Wort «Berg». Sehr typisch für Gegenden, wo die Briten ihren Einfluss ausgeübt haben: die Häuser weisen gegen die Strasse hin immer eine imposante Frontfassade auf. Das verleiht einem Gebäude eine schöne, markante Front, die gleichzeitig auch als geeignete Fläche für eine Hausbeschriftung dient, wie etwa Werbung für das Geschäft. Uns erinnert das immer an die Holzfassaden in alten Wildwest-Filmen.
Der Bahnhof von Bundaberg. Die Eisenbahn wurde ursprünglich gebaut, um Kohle an den Burnett River, der durch Bundy hindurchfliesst, zu transportieren. Das ist schon lange Geschichte. Heute fristet die Bahnlinie, die Brisbane mit Cairns verbindet, eine untergeordnete Rolle. Ab und zu mal verkehrt ein Güterzug, noch seltener ein Personenzug. Wirklich sinnvolle Fahrpläne gibt es nicht. Der Bahnhof ist aber schön gepflegt und wird gut unterhalten.
Die wichtigste Industrie in der Gegend ist die Landwirtschaft. Das Gebiet um Bundaberg ist flach und sehr fruchtbar. Rund 25% des australischen Gemüses stammt aus dieser Gegend. Das wichtigste Anbauprodukt ist jedoch Zuckerrohr, das nach der Ernte hier in einer riesigen Fabrik verarbeitet wird. Der Zucker wird in die ganze Welt verschifft.
Wenn aus der Not eine Tugend gemacht wird – dann entsteht Bundaberg Rum. Eine Weltwirtschaftskriese in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts veranlasste einheimische Pioniere, Produkte aus dem Zuckerrohranbau selber direkt an Ort und Stelle weiter zu verarbeiten, statt zu verschiffen. So entstand die Bundaberg Rum-Destillerie unmittelbar neben der Zuckerfabrik. Im toll hergerichteten Museum erfahren wir viel über Geschichte und Hintergründe der Destillerie. Auch warum ein Eisbär das Firmenlogo ziert (siehe ganz am Schluss).
Die Führung durch die Destillerie ist nicht wirklich berauschend – die anschliessende Degustation schon eher. Der Besuch hat sich gelohnt, jedenfalls ist unser Rum Lager auf der Lupina nun wieder gut bestückt.
Seit wir in Australien segeln, sind Kontakte zu anderen Seglern eher selten, da diese meistens lokale Wochenendsegler sind und sich eher fürs Regattieren interessieren wie für Langfahrtensegler, wie wir es sind. Umso schöner für uns, in der Marina endlich wieder wahre Langfahrtensegler zu treffen: Sabine und Joachim von der Segelyacht «Atanga». Wir lesen die interessanten Blogs (www.atanga.de) von ihrer Reise schon länger und haben sie bereits in Fiji kurz getroffen. Die Beiden haben über ein Jahr lang Australien bereist und sind nun kurz vor dem Absprung nach Neu-Kaledonien.
Die Marina organisiert jeden Freitagabend ein BBQ und sponsort das Fleisch.
Die restlichen Zutaten zum BBQ bringt jeder Teilnehmer selber mit. Die englisch sprechenden Segler nennen das «pot-luck» – alle Speisen kommen auf einen Tisch und jeder kann sich davon bedienen. Schlaraffenland ist eine Untertreibung. Keine Untertreibung ist das, was auf dem an der Wand angeschlagenen Zettel steht: Warnung vor Schlangen!
Nach 4 Tagen in der Marina hat der Wind noch nicht nachgelassen. Wir haben keine Lust, uns in die massiven Wellen zu stürzen und entscheiden uns für ein paar Tage Verlängerung.
Hab’ ich es schon geschrieben: Hobby #1 der Australier ist Fischen. Egal ob alt oder jung, weiblich, männlich oder sächlich. Wetter? Gibt es eh nicht, ist sowieso nebensächlich. Überall trifft man sie an, wie sie geduldig stundenlang ihre Köder baden.
Burnett’s Head Lighthouse. Dieser Leuchtturm stand einst an der Mündung des Burnett Rivers und wies seit 1873 den Frachtern, die nach Bundaberg wollten, den Weg. Im Jahr 1972, nach fast 100 Jahren Betrieb, wurde es durch ein moderneres, automatisch gesteuertes Leuchtfeuer ersetzt.
Wir nutzen die Zeit in der Marina für ausgiebige Spaziergänge an der Ostküste. Hier wechseln sich ausgedehnte Sandstrände ab mit …
… vom Meer rund geschliffenem Vulkangestein.
Einmal fahren wir mit unserem Dinghi den Burnett River aufwärts in Richtung Bundaberg. Das Wasser ist trüb und es hat viele unsichtbare Sandbänke, die bei fast 2 Meter Gezeitenhub gefährliche Fallen für die Schifffahrt darstellen.
Immer wieder ausgedehnte Mangrovenwälder, die bei Ebbe trockenfallen, bei Flut leicht überspült werden. Ein Paradies für Vögel.
Maryborough: das Zentrum des Gebietes südlich von Bundaberg. Früher wegen der gut geschützten Zufahrt hinter der Fraser Island ein wichtiger Handelshafen. Weil das ganze Gebiet immer mehr verlandet, werden die befahrbaren Kanäle immer enger und flacher. Ein neuer Frachthafen, der nun flussabwärts von Bundaberg im Bau ist, wird wohl Maryborough als Umschlagszentrum ablösen.
Zeitzeugen der Technik. Diese beiden Hälften eines Schwungrades waren ab 1900 in einem der ersten Kraftwerke von Queensland im Einsatz. Zu einem Rad zusammengeschraubt wiegen sie 11 Tonnen. Bis 1960 dienten sie eingebaut in einem 160PS starken Einzylinder-Gasmotor für eine zuverlässige Stromversorgung der Stadt Maryborough.
Wandmalerei in Maryborough – der Flieger. Das Bild wurde zu Ehren eines Mitbürgers der Stadt gemalt. Samuel W. Hecker, selber ein begeisterter Flugpionier der damaligen Zeit, hat landesweit alte Flugzeuge gesammelt. Diese hat er perfekt restauriert und wieder in flugtauglichen Zustand versetzt. Ihm ist es zu verdanken, das viele berühmte Flugzeuge, wie zum Beispiel die Maschine, die als Erste unter der Sydney Harbour Bridge durchgeflogen wurde, heute noch erhalten sind.
Urangan Pier: 1917 erbaut diente dieser 1’124 Meter lange Holz Pier als Verladestation für Zucker, Kohle und Holz. Die Zufahrt für grosse Meeresschiffe war hier etwas einfacher möglich als das weiter landeinwärts liegende Maryborough, wo gegen Gezeitenströmungen angekämpft werden musste. In den 1920er Jahren war hier die wichtigste Verladestation. Erdöl verdrängte Kohle, und eine neue Zuckerfabrik in Bundaberg verlagerte den Zuckerverlad dorthin. 1980 wurde die Funktion des Piers eingestellt. Heute dient er touristischen Zwecken und – wie könnte es anders sein – den Fischer als perfekter Standort. Die Stadt hat mitten auf dem Pier sogar eine Fischsäuberungsstation eingerichtet.
Gegen Mitte Monat lässt der Starkwind dann endlich nach. Wir nutzen dessen Ausläufer, um am 13. Mai in einer Nachtfahrt zur etwas mehr als 60 Seemeilen weiter nördlich gelegenen Insel «Lady Musgrave» zu segeln. Dieses mit Segelschiffen befahrbare Atoll gehört zum südlichen Barrier Reef. Es empfängt uns nach einer ereignislosen aber rolligen Nachtfahrt mit einem Regenbogen und glasklarem Wasser.
Die einzige Insel auf dem Atoll ist gerade mal 200 Meter breit und 500 Meter lang. Obwohl so weit draussen im Meer, ist sie sehr üppig und artenvielfältig bewachsen. Erstaunlicherweise finden wir jedoch keine Palmen.
Wie die meisten Inseln in diesem Teil Australiens gehört Lady Musgrave zum Great Barrier Reef Naturschutzreservat. Das hat für uns Besucher den Vorteil, dass viele Wanderwege angelegt sind. Aber halt! Warum die Abschrankung? Und was sieht Pia?
Ein junger Sturmvogel (engl.: Shearwater) sitzt noch alleine und verlassen im Eingang zu seiner Höhle. Sturmvögel nisten von Dezember bis May in bis zu 2 Meter langen Höhlen, die sie mit Schnabel und Krallen in geeignetes Erdreich graben. Die Eltern verlassen ihre Jungtiere im April. Diese folgen ihren Eltern 1-3 Wochen später nordwärts, bis dahin zehren sie vom angefressenen Fett und erlernen selbständig das Fliegen.
Lady Musgrave Island. Der Sandstrand ist stellenweise überdeckt mit Lavasteinen, die von einer Überdeckung mit Lava zeugen, als die Insel schon existiert hat.
Herrlicher Sonnenuntergang im Atoll Lady Musgrave. Gerade rechtzeitig verziehen sich die dunklen Regenwolken.
Endlich ist es soweit. Zum ersten Mal, seit wir in Australien angekommen sind, finden wir Wasser vor, das so klar ist, wie wir es in Polynesien immer angetroffen haben. Wir haben uns zwischenzeitlich auch gut vorbereitet und uns «Stinger Suits» angeschafft. Hauchdünne, elastische Vollkörperanzüge aus Nylon mit Kopfhaube und Handschuhen. Sie werden uns vor gefährlichen Quallen Stichen schützen.
Die neuen Anzüge werden gleich ausprobiert. Mit Dinghi geht’s zum nahegelegenen Riff und dort gleich ins Wasser. Wir werden nicht enttäuscht: Anzüge sind top und die Fische lachen sich nicht zu Tode.
Nach ein paar Tagen ist es Zeit für die Weiterfahrt. Wir wollen weiter nordwärts zu den Keppel Islands. Wir entscheiden, die 65 Seemeilen Distanz bis dorthin aufzuteilen in 2 Abschnitte. Der erste soll uns bis zur Hummocky Insel bringen. Da wir früh am Morgen losfahren wollen, verlegen wir bereits am Vorabend durch die Passausfahrt ans Aussenriff. Dort ist eine öffentliche Mooring (Boye) installiert, die wir für eine Nacht nutzen können. Der Wind am Abend ist total eingeschlafen, die Meeresoberfläche schwabbelt ölig träg. Wieder ein wunderschöner Sonnenuntergang.
Sonnenuntergang im Westen, Blick gegen Osten: so sieht Himmel und Meer auf der anderen Seite des Blickfeldes aus. Am Osten schleicht sich die Nacht langsam vom Horizont in den Himmel hoch, oder: «die Nacht frisst den Tag». Die Grenzen zwischen Meer und Himmel verschwinden fast. Das Rosa am Himmel widerspiegelt sich im Wasser.
Der Wind in den nächsten 2 Tagen ist gut! Wir nutzen ihn, um zügig weiter nordwärts zu gelangen. Herrliches Segelwetter unterwegs.
Bei der Insel Heron machen wir nur einen kurzen Nachthalt. Auch bei der Hummocky Island (Bild) gibt’s nur einen Nachtanker.
Der nächste Schlag zur Keppel Island ist nur kurz, 20 Seemeilen. Wir finden ein herrliches Rastplätzchen in der «Secret Bay» an der Nordostecke der Insel.
Secret Beach auf Great Keppel Island – ganz für uns alleine!
Freunde von uns sind vor ein paar Tagen bei einer Wanderung auf der Insel einer Schlange begegnet. Erkundigungen beim Naturparkpersonal haben uns aber beruhigt: es gibt keine gefährlichen Tiere auf Keppel Island. Also schnüren wir die Wanderschuhe und erkunden den Nordostzipfel der Insel. Es ist eine interessante Mischung aus Vulkanfelsen und Sanddünen, überwachsen mit Buschwerk.
Wie schon auf den Inseln im Pazifik wurden auch hier in der Vergangenheit Ziegen ausgesetzt für die Jagd. Mittlerweile sind die Jäger weniger geworden, und die Ziegen mehr.
Ziel unserer Wanderung: schöne Aussicht auf die Secret Bay und Lupina im Hintergrund.
Nach 2 Tagen in der Secret Bay verlegen wir etwas weiter südlich in die Leekes Bay.
Von der Leekes Bay aus unternehmen wir weitere Wanderungen über die Keppel Insel. Die Wanderwege sind sehr gut ausgebaut und liebevoll markiert. Die Frau des Rangers, der auf der Insel für Ordnung sorgt, graviert und bemalt grosse Steine. Diese werden dann von ihrem Mann in Beton einbettet und entlang der Wanderwege verlegt.
Sogar bequeme Stühle zum Ausruhen finden sich entlang der Wanderwege! So lassen sich schöne Aussichten besonders gut geniessen.
Great Keppel Island verwöhnt uns mit vielen wunderschönen Wanderungen, fantastischer Natur und idyllischen Stränden (hier: Butterfish Beach)

Schon ist wieder Wochenende. Vom nahen Festland strömen seit Freitagnachmittag viele Boote mit Erholung und Spass suchenden Passagieren an Bord auf die vorgelagerten Inseln. Wir sind nicht mehr alleine, aber die Buchten sind so gross, es wird nie eng. Irgendwie geniessen wir auch ein wenig den Betrieb, der sich entwickelt. Am Sonntagabend wird es dann wieder leer sein hier. Wir wollen dann am Montag auch weiter. Eine Schulkollegin von Pia wohnt irgendwo in den Outbacks von Queensland. Wir haben Kontakt mit ihr aufgenommen und wollen versuchen, sie zu finden. Ob das klappen wird, wissen wir noch nicht.

Es bleibt spannend! Folge der Lupina im Kielwasser!

Warum ziert ein Eisbär das Logo des Bundaberg Rum? Einer der Gründer, Sam McMahon, suchte ein werbewirksames Logo für seinen Rum – so wie etwa Johnnie Walker mit seinem stolz daher schreitenden Mann oder das Wildschwein auf den Gordons’s Gin Flaschen. Sam musste nicht weit suchen und fand die Idee in seinem eigenen Namen, McMahon – «Sohn des Bären». Dass es dann kein Koala Bär wurde, lag daran, dass ein Eisbär im tropischen Queensland, der Heimat des Bundaberg Rums, schon sehr aussergewöhnlich ist und den «coolen Drink» viel besser repräsentiert als ein verschlafener Koala.

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