Am 2. März 2020 sind wir mit unserer Lupina in Port Antonio eingelaufen. Wir haben unsere Abfahrt aus Haiti extra so geplant, dass wir nicht am Wochenende, sondern erst am Montag früh eintreffen. So müssen wir nicht die Behörden in ihrer Sonntagsruhe stören. Die Bucht, in der die Marina liegt, ist sehr gut geschützt und das Anlegen an einem Fingerdock verläuft problemlos. Noch bevor wir aber die Leinen festgemacht haben, instruiert uns der Marina-Angestellte, dass wir nicht vom Boot dürfen, bis der Mann vom Gesundheitsamt uns überprüft hat. Das ist neu! Wir erhalten einen dicken Stapel von Papieren, die wir ausfüllen müssen. Kaum erledigt, klopft der Mann vom Gesundheitsamt ans Schiff. Er informiert uns, dass in der Dom Rep, dem Land in dem wir vor Haiti waren, der erste Corona Fall aufgetreten ist. Deshalb zählen wir nun zur Risikogruppe. Da wir aber alle seine Fragen zu seiner Zufriedenheit beantworten können (keinen Kontakt zu italienischen Touristen, in den letzten zwei Wochen nicht in Santo Domingo gewesen, etc.), dürfen wir bleiben und die gelbe Q-Flagge (Q steht für Quarantäne) runter holen. Er bittet uns, dies nun auch sofort zu tun, denn das sei für die anderen Behörden (Immigration und Zoll) das Zeichen, dass sie nun ihrerseits ihres Amtes walten dürfen. Jeder kommt persönlich auf das Schiff und das Prozedere geht freundlich und speditiv über die Bühne. Wir sind einklariert und dürfen nun an Land, wo uns sogleich die süsslichen Cannabis Rauchschwaden allgegenwärtig in die Nase steigen. Wir sind in Jamaica – yeh mon! (yeh mon bedeutet in der lokalen Sprache so viel wie: hallo / gut / ok / einverstanden / …)
Zur Marina Errol Flynn gehört auch ein Boatyard, eine Werft, in der man Arbeiten am Schiff erledigen kann. Da unser Antifouling an einigen Stellen nicht mehr vorhanden ist und das weisse Gelcoat zum Vorschein kommt, wollen wir unserer Lupina neue «Unterwäsche» besorgen. Zu diesem Zweck muss das Schiff aus dem Wasser geholt und für 1-2 Wochen an Land bleiben. Was da alles passiert ist, könnt ihr im folgenden kurzen Video sehen: https://youtu.be/_RZGA5EGjpM
Viele Segler machen diese recht zeitaufwändige Arbeit selber. Wir haben entschieden, dass wir den Einheimischen die Arbeit nicht wegnehmen wollen und vergeben den Auftrag an die Werft. Während der Zeit, wo Lupina an Land steht, können wir in ihr wohnen und einige längst anstehenden Arbeiten im Bootsinneren erledigen. Viel Zeit verbringen wir aber auch, den östlichen Teil von Jamaica mit den berühmten Blue Mountains zu erkunden.
Ein nächstes Abenteuer von Port Antonio aus: River Rafting auf dem Rio Grande. Per Kollektiv-Taxi fahren wir von Port Antonio die rund 10 Kilometer zum Startpunkt der Flussfahrt. Die Rafts sind handgefertigte Bambusflosse, die meist vom Captain selber hergestellt werden. Es gibt den offiziellen (staatlichen) Veranstalter und es gibt die privaten Flossführer, welche die Flussfahrten durchführen. Die Privaten haben aber alle eine Lizenz und arbeiten auch für den staatlichen Betreiber. Der kleine Unterschied: wenn sie die Fahrt privat machen, gehört das ganze Geld ihnen, wenn sie es für den staatlichen Veranstalter machen, erhalten sie nur einen Bruchteil davon als Lohn. Logischerweise ernten wir einiges an Kopfschütteln, als wir an unserem Vorhaben festhalten, unsere Fahrt über den staatlichen Veranstalter zu buchen (zumal die Privaten sogar unter dem offiziellen Preis angeboten haben)
Während unserer Wanderung auf den höchsten Berg erhalten wir von Köbi’s Bruder Christoph die Nachricht, dass er und seine Frau Irène uns nicht in Jamaica besuchen können. Sie wären nun diese Woche gekommen. Wir hatten schon vorher mitbekommen, dass die USA alle Flüge aus Europa blockiert hat. Da der Flug über Miami geführt hätte, haben wir schon mit dieser Hiobsbotschaft gerechnet. Und da es in den letzten Tagen auch Corona Erkrankungen in Jamaica gegeben hat, ist hier mit gleichen Massnahmen zu rechnen, wie in anderen Ländern. Schade, sehr, sehr schade! Es tut uns sehr leid für die Beiden. Aber wir holen das Skipper-Training für die beiden irgendeinmal nach 🙂
Trotz der Absage wollen wir vorerst an unserem Segelplan festhalten, und die nächsten Wochen in Jamaica verbleiben. Wobei wir uns dauernd informieren müssen, was die Regierung in Sachen Corona festlegt. Im Moment ist die Situation noch einigermassen überschaubar, aber ändert sich laufend (wie überall auf der Welt auch)
Erfahrungsgemäss werden in etwa die selben Massnahmen definiert, wie ein paar Tage vorher in Europa. So sind seit vorgestern auch hier alle Restaurants und Bars geschlossen. Der Informationsfluss ist wahrscheinlich nicht ganz genügend, denn wenn man die Leute fragt, wie lange die Massnahmen gelten, erhält man unterschiedliche Antworten. Was wir hier bisher noch nicht gesehen haben, sind die Hamsterkäufe, wie sie aus Europa berichtet werden. Wenn man einen Lebensmittelladen betritt, ist eigentlich alles normal, bis auf den Mann am Eingang, dem man seine Hände hinhalten muss. Diese besprüht er dann mit einem Desinfektionsmittel. Damit will man wohl verhindern, dass eine Übertragung durch Berührung von Lebensmitteln erfolgen kann. Finden wir gut, und wir fühlen uns sicher. Wir selber versuchen, so gut wie möglich von anderen Menschen fern zu bleiben, waschen unsere Hände regelmässig und intensiv mit Seife und haben unsere Mundmasken griffbereit.
Dürfen wir morgen Freitag Port Antonio Richtung Westen verlassen? Wie geht es hier weiter mit Corona? Dürfen/können wir noch nach Cayman Islands und dann nach Kuba? Bleib der Lupina im Kielwasser!