Grand Cayman, eine andere Welt in der Karibik

Die rund 145 Seemeilen lange Überfahrt von Cayo Largo (Kuba) nach Georgetown auf Grand Cayman verläuft recht entspannt und ohne nennenswerte Vorkommnisse. Wir haben die Abfahrt am Sonntag, 21.2.2021, so geplant, dass wir nicht zu früh starten, über Nacht durchsegeln und unsere Destination am Montagmorgen erreichen. So klappt es denn auch perfekt. Der Wind kommt anfänglich von schräg hinten und dreht im Verlauf der Nacht auf die Backbordseite. Eigentlich alles sehr entspannt. Einzig eine giftige Welle, die ab und zu an die Bordwand knallt und uns nass überspült, und das Wissen im Hinterkopf, dass wir von Grand Cayman trotz mehrmaligem Nachfragen per E-Mail und per Telephon keine Bestätigung haben, stören uns bei der Überfahrt. Während die Welle ab Mitternacht langsam nachlässt, bleibt die Ungewissheit, ob wir einreisen dürfen, auch nach unserer Ankunft am Montag um 8 Uhr früh noch für längere Zeit ungeklärt.

Im Morgengrauen setzt Pia die gelbe Quarantäne Flagge. Es war ursprünglich nicht geplant, auf den Cayman Inseln einen Zwischenstopp einzulegen, deshalb haben wir vorgängig keine Hoheitsfahne von Cayman Islands besorgt. In der Dom Rep und in Kuba konnten wir dann nirgends eine finden – so müssen wir für einmal die Marine-Ethik verletzen und ohne Hoheitsfahne in ein neues Land einreisen

Über Funk melden wir uns, so wie wir es in unserem Cruising Handbuch nachgelesen haben, bei der Port Security an und erbitten einen Mooringplatz (Boje). Die Port Security weiss nichts von einem Einreisegesuch, weist uns aber professionell und unbürokratisch eine Boje zu. Kaum passieren wir die Hafengrenze, schiesst ein Boot der Port Authority auf uns zu und geleitet uns zur Boje. Wir werden instruiert, das Schiff ja nicht zu verlassen und niemanden an Bord zu lassen. Sie wollen unsere Einreiseerlaubnis sehen. Wir zeigen ihnen die Registrierungsnummer unseres Gesuches, das mittlerweile schon fast 14 Tage alt ist. Sie geben es per Funk weiter und weisen uns an, den Funk auf Kanal 16 eingeschaltet zu lassen, um weitere Instruktionen abzuwarten. Darauf rauscht das Boot mit den Offiziellen wieder weg, und wir sind alleine. Dann gibt’s mal ein ordentliches Frühstück.

Unsere Ankunftsboje in Georgetown. Wir sind das einzige Segelboot in Georgetown. Vom Ufer grüssen die ersten Restaurants und Shopping Malls (Grand Cayman ist praktisch frei von COVID Fällen, alles ist offen)

Kaum fertig mit dem Frühstück werden wir per Funk aufgefordert, mit dem Schiff an den Nord Pier des Hafens zu fahren. Zügig legen wir von der Boje ab und begeben uns zum angewiesenen Pier. Nicht ganz einfach: es steht ein grosses Frachtschiff davor und es läuft ein ekliger Schwell in den Hafen. Lupina wird so heftig in die Festmacherleinen geworfen, dass uns Angst und Bange wird um unser Material. Die anwesenden Beamten stellen uns ein paar banale Fragen (die wir schon mehrmals per Funk beantwortet haben) und erklären uns, dass von uns kein Einreisegesuch vorliege. Wir übergeben ihnen den E-Mail Verkehr und die Registrierungsnummer unseres Gesuches. Dann dürfen wir wieder an unsere Boje. Wir sollen unseren Funk eingeschaltet lassen. Bis am späten Montag Nachmittag hören wir nichts mehr. Wir fragen per Funk nach, aber werden auf später vertröstet. Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen? Wir warten ab.

Am Dienstagmorgen kurz vor 8 Uhr werden wir angefunkt und gebeten, wieder mit dem Schiff an den Nord Pier zu kommen. Die schlechten Anlegebedingungen vom Vortag noch im Hinterkopf erbitten wir, mit dem Dinghi an Land kommen zu dürfen. Das wird erlaubt. Als wir ankommen, staunen wir nicht schlecht! Alle Personen, die mit uns heute Kontakt haben, tragen Schutzanzüge, Schutzmasken und Glasschutzschilder vor dem Gesicht, sowie Handschuhe. Nochmals dieselben Fragen wie am Vortag, diesmal aber müssen wir auch Pässe und Ausreisegenehmigung von Kuba abgeben. Nachdem dann auch ein Covid Test vorgenommen ist (oh, wie lieben wir das Gestöber durch die Nase bis ins Gehirn!), dürfen wir zurück auf das Schiff. Wir sind einklariert!! Tag 0 der Quarantäne hat soeben begonnen.

Die Anlandungsstelle für das Einklarieren. Mitten in der Einfahrt noch ein grosser Felsblock, der das Manövrieren erschwert. In diesem Bild vom Dienstag ist praktisch kein Schwell mehr vorhanden. Am Vortag war das Hafenwasser noch so stark bewegt, dass dieser Fels immer wieder vom Wasser überspült wurde
Nach dem Einklarieren, zurück auf der Lupina, werden wir von Nadine und Tomas aus Covid sicherer Distanz begrüsst. Das Schweizer Ehepaar hat mit seinem Katamaran «Seaborne» (rechts im Hintergrund) die Covid-Zeit auf den Cayman Inseln verbracht. Mit ihnen pflegen wir seit Beginn unserer Reise vor nun bald 3 Jahren immer wieder einen lockeren Kontakt via Internet. Sie waren es auch, die uns schlussendlich zu einem Stopp auf Grand Cayman bewegt haben: von ihnen wussten wir, dass man ein Gesuch auf Einreise stellen kann, obwohl die Grenzen für Touristen offiziell eigentlich immer noch geschlossen sind

Die Cayman Islands sind eine Gruppierung von 3 Inseln, die isoliert mitten im tiefen Karibischen Meer liegen. Im einstigen Schlupfwinkel der Piraten residieren heute Banken aus aller Welt. Die Cayman Islands, immer noch eine Britische Kolonie, sind wohl eines der bekanntesten Steuerparadiese und es wundert nicht, dass fast jedes namhafte Unternehmen hier einen Geschäftssitz oder zumindest ein Postfach hat. Nicht zuletzt deshalb, aber auch wegen des florierenden internationalen Tourismusgeschäfts sind die Inseln sehr wohlhabend, ganz im Gegensatz zu den anderen Karibischen Inseln, die wir bisher besucht haben.

Nadine und Tomas besorgen uns eine lokale SIM Karte, die wir dann mit dem Dinghi bei der Hafenbehörde abholen dürfen. Damit sind wir wieder mit der Welt verbunden. Eine der ersten Aktionen: via Computer über die hier sehr gut funktionierenden Online-Shops frische Nahrungsmittel bestellen
Auslieferung unserer Lebensmittel am Pier. Wir müssen in sicherer Distanz warten, bis der Mitarbeiter des Lieferdienstes sich wieder entfernt hat
Mit frischen Vitaminen versorgt starten wir voller Elan in unsere 14-tägige Quarantäne. Nebst Lesen nehmen wir uns vor, jeden Tag irgendeine Arbeit, die wir uns schon lange mal vorgenommen haben, zu erledigen. Pia beim Putzen des Kühlschrankes. Der ist soo tief, dass sie fast hineinfällt 😊😊
Köbi inspiziert und checkt den Rettungsring. Nach 3 Jahren sind die Batterien der Lampe alle, die Fixierleine stirbt langsam den UV-Licht Tod, und die Fixierlaschen der Aussenhülle hängen buchstäblich nur noch am Faden
Pia näht die Fixierlaschen der Rettungsringhülle neu an
Nach getaner Arbeit lässt sich der Sundowner besonders gut geniessen 😉
Etwa nach Halbzeit unserer Quarantäne kündet sich ein Sturm an. Wäre an und für sich kein Problem, denn die Boje, an der wir liegen, ist für grössere Schiffe ausgelegt. Das Problem aber ist, dass zumindest während der ersten beiden Tage der Wind vom Meer her kommt und uns das Leben auf dem Schiff ziemlich mühsam machen würde. Die Port Security offeriert uns per Funk, auf die andere Inselseite in eine Bucht verlegen zu können. Diese Bucht bietet Wellenschutz aus allen Richtungen. Ohne Zögern nehmen wir dieses Angebot natürlich gerne an! Wer darf schon in Quarantäne segeln gehen 😉 Es erwartet uns ein gemütlicher Segel Tag. Schon eine Stunde später, noch bei schönstem Sonnenschein und mässigem Wind, verlassen wir die Boje und verlegen in den Governors Creek auf der Nordseite von Grand Cayman
Die Einfahrt in den Governors Creek ist sehr flach. An den flachsten Stellen beträgt die Tiefe nur knapp 2 Meter. Unser Schiff hat exakt 2 Meter Tiefgang. Sicher kratzen wir da mit unserem Kiel ab und zu etwas im Sand und Schlamm auf dem Meeresgrund, aber es geht gut und wir gleiten in die sichere Bucht
Der Einfahrtskanal erinnert uns sehr stark an Ft. Lauderdale (Florida, USA): entlang des Kanals viele Prunkvillen mit einem oder mehreren Power-Boats am Steg, und auf der anderen Hausseite ein oder mehrere teure Luxusautos in der Einfahrtsallee
Am Tag, nach dem wir im Governors Creek vor Anker gegangen sind, zieht das Sturmtief auf. Die ersten 3 Tage pfeift der Wind mit permanent 25-30 Knoten, danach nimmt er leicht ab. Erst nach fast einer Woche beruhigt sich das Wetter wieder. Dieses Bild ist bei 30 Knoten Wind aufgenommen worden. Gut zu sehen, wie flach das Wasser in der fast rundum von Mangroven geschützten Bucht trotzdem bleibt
Am 14. Tag unserer Quarantäne werden wir erneut zum Covid Test aufgefordert. Wir fahren mit dem Dinghi zur nahegelegenen Tankstelle des Cayman Yacht Clubs, wo wir das Prozedere erneut widerwillig über uns ergehen lassen. Die Rückfahrt nutzen wir bereits für eine erste Sightseeing-Tour durch die künstlich angelegten Kanäle
Und dann erhalten wir noch am selben Tag positiven Bescheid: der Test ist (wie könnte es auch anders sein!) negativ. Freudig melden sich unsere Liegenachbarn, Nadine und Tomas und laden uns spontan bei sich auf der «Seaborne» zum ersten Begrüssungstrunk ein – es wird ein langer aber kurzweiliger Abend (leider ohne Bilder 😉). Schon am nächsten Tag geht’s dann zum ersten Mal an Land – und endlich gibt’s auch wieder mal Eiscreme
Nadine und Tomas auf unsere Lupina. Sie sind nun schon seit mehreren Monaten auf den Cayman Islands und können uns viele gute Tipps geben
Einer der Tipps von Nadine und Tomas: «Lasst euch doch hier gleich gegen Covid impfen!» Ja, geht das denn als Ausländer und nicht Einwohner? Es geht! Schon am nächsten Tag bekommen wir unsere erste Ration Pfizer. Die Zweite erfolgt dann in 3 Wochen. Das wird uns das Weiterreisen erheblich vereinfachen
Es soll einen wunderschönen, gut geschützten Ankerplatz (Kaibo) im Osten des grossen Nord-Sounds (tiefe Bucht im Norden, rund 4 Seemeilen breit) geben. Die Herausforderung aber ist: wie kommen wir mit unserem 2 Meter Tiefgang sicher dorthin, wenn in der ganzen Bucht Wassertiefen von nur 1-4 Meter vorherrschen? Die Navionics Seekarten sind zwar hier sehr genau, aber sich nur darauf abstützen, das wäre uns zu heikel. Deshalb sind wir froh, dass uns die «Seaborne» (der Katamaran hat nur ca. 1m Tiefgang) voraus fährt und den besten Weg zeigt
Ein besonderes Highlight: Besuch von Stingray-City (= Stachelrochen Stadt), eine flache Sandbank direkt hinter dem Aussenriff, wo früher die Fischer ihren Fang gesäubert und die Abfälle ins Meer geworfen haben. Diese Fischreste haben über viele Jahre Dutzende von Stachelrochen angezogen. Die Fischer sind in der jüngeren Geschichte durch Tausende von Kreuzfahrttouristen abgelöst worden, die täglich an diese Stelle geschippert worden sind. Übrigens: ausserhalb des Riffes (dunkelblau am Horizont) fällt der Meeresgrund auf über 2000 Meter ab!
Ein Schwarm Stachelrochen in Stingray-City. Die Touristen sind nun Covid bedingt nicht mehr da. Damit die wild lebenden Rochen nicht abwandern zu neuen Nahrungsgründen, werden sie jetzt von Touristenführern regelmässig gefüttert. Wir haben das Glück, dass gleich nach unserer Ankunft eine solche Fütterung beginnt und es nach kurzer Zeit um uns herum nur so wimmelt von diesen handzahmen Tieren
Wie ein fliegender Teppich gleitet der Rochen über Pia’s Hand. Der Bauch ist ganz weich und samtig. Der Schlund ist verhältnismässig klein und mit kleinen Zähnen bewehrt. Beim Füttern muss man aufpassen, dass die Hand flach und geschlossen bleibt. Ein abstehender Finger könnte sonst schon mal als Tintenfischarm verwechselt werden 😊
«Galions»-Damen Nadine und Pia nach einem unvergesslichen Schnorchel-Tag in Stingray-City
Nach etwas mehr als einer Woche intensiven Kennenlernens trennen sich unsere Wege bereits wieder. Nadine und Tomas segeln weiter nach Mexico, und wir bleiben noch ein paar Wochen hier. Abschiedsessen in einem Strandrestaurant vor unserem Ankerplatz in Kaibo
Lupina in der Harbour House Marina. Es haben sich wieder einige kleinere Arbeiten angehäuft, die wir hier auf Cayman Island in Angriff nehmen wollen. Unter anderem soll ein neues Bimini her. Das Alte ist immer noch das Original und beginnt, sich langsam zu zerlegen. Zum Ausmessen und für Anpassungsarbeiten verlegen wir in die Werft der Harbour House Marina, wo solche Arbeiten ausgeführt werden können. Die Einfahrt zur Marina ist eine rechte Herausforderung. Teilweise haben wir nur noch 10cm Wassertiefe unter dem Kiel und das bei Flut! Pia war leicht nervös!! 😊
Harbour House Marina: direkt uns gegenüber liegen diese beiden Schiffe – nicht gerade vertrauenserweckend für eine Werft 😉

Unser Schiff ist in der Werft nicht gesunken 😊. Mitte der Woche verlassen wir die Harbour House Marina wieder. Die Aufträge sind erteilt und werden voraussichtlich bis Ende März ausgeführt. Wir verlegen wieder an die Westküste nach Georgetown an unsere erste Boje und wollen von da aus die Insel erkunden. Was wir dabei erleben und antreffen berichten wir das nächste Mal.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!