Von Moorea zurück in die Tuamotus

Am Samstag, 15.10.2022 lichten wir nach einem ausgiebigen Frühstück den Anker, schlängeln uns vorsichtig vom Ticki Ankerplatz auf Moorea zur Ausfahrt, setzen Segel und nehmen direkten Kurs auf zu unserem ersten Ziel in den Tuamotus: Makatea. 140 Seemeilen in nordöstlicher Richtung liegen vor uns. Der Wind weht mehrheitlich aus Südosten und mit einem harten Anlieger können wir den direkten Kurs gut halten.

Makatea ist eine spezielle Formation in den Tuamotus. Nicht wie sonst üblich ein Atoll, sondern eine rund 50-80 Meter hohe aus Korallen geformte Platte, die zum Meer hin eine steile Wand aufweist die sofort einige hundert Meter in die Meerestiefe abfällt.

Anfang des 20. Jahrhunderts (1911-1966) wurde auf Makatea intensiv Phosphat abgebaut und die von damals zurückgebliebenen Stollen (teilweise unter Wasser und mit Schnorchel-Ausrüstung erkundbar) und Einrichtungen sind heute für Touristen zugänglich. Ankern geht nicht, es ist zu tief. Es gibt aber 4 Bojen, an denen man das Schiff festmachen kann. Vor unserer Abreise haben wir an den Besitzer der Bojen per E-Mail eine Anfrage geschickt, aber leider nie eine Antwort erhalten (später erfahren wir, dass das Internet auf der Insel ausgefallen war). So wissen wir also nicht, ob wir in Makatea überhaupt landen können oder nicht. Deshalb haben wir unsere Fahrt so geplant, dass wir früh am Morgen in Makatea ankommen. Falls es keine freie Boje hat, käme Plan B zum Zuge: direkt weiter segeln zum nächsten Atoll: Tikehau.

Wir erreichen Makatea kurz nach Tagesanbruch. Leider müssen wir feststellen, dass alle 4 Bojen bereits belegt sind. Schon zirkelt ein fünftes Schiff nervös im Bojenfeld herum und wartet darauf, dass sich eines der festgemachten Boote vielleicht bald bewegt. Wir sehen keine Chance für uns, setzen Segel und nehmen Kurs zum 50 Seemeilen weiter nördlich gelegenen Tikehau. Makatea lassen wir im Kielwasser zurück.
Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir das Atoll Tikehau.

Die beste Einfahrtszeit durch den Pass in Tikehau wäre zwar gemäss der Gezeitentabelle erst um 16 Uhr, aber wir haben Glück: da es in den letzten Stunden nur mässigen Wind hatte, gibt es nur eine leichte auslaufende Strömung von rund 3 Knoten und so wagen wir die Durchfahrt bereits um 15 Uhr. Das hilft uns beim Navigieren im Atoll drinnen, weil die Sonne noch höher steht und wir die überall lauernden Untiefen besser erkennen können.

Wir geniessen das Ankommen auf Tikehau und dürfen einen phantastischen Sonnenuntergang am wunderschönen Ankerplatz direkt nördlich der Einfahrt erleben.
Unfall auf der Lupina! Pia rutscht beim Aussteigen aus dem Cockpit aus und überlastet dabei den Fuss, auf dem sie landet. Verstaucht scheint sie ihn nicht zu haben, aber die vielen Sehnen oder Knochen im Fuss drin haben etwas abbekommen. Doktor Köbi ordnet einen Verband und Schonung an – Landausflüge sind für Pia vorerst gestrichen.
Modernes (Auto) und Traditionelles (Haus) nebeneinander. Das Atoll Tikehau hat eine rundliche Form mit einem Durchmesser von durchschnittlich 28 Kilometer. Die Lagune breitet sich auf rund 460 km2 aus, davon sind rund 20 km2 bewohnbar. Es leben etwas weniger als 600 Einwohner auf dem Atoll. Die Haupteinnahmequelle ist der Tourismus. Fast jede Familie ist irgendwie damit involviert und man spürt deutlich: sie sind glücklich darüber, dass wieder Touristen kommen dürfen.
Das Leben und die Infrastruktur auf Tikehau sind gut organisiert. Als Beispiel sei hier die Wasserversorgung gezeigt. Es gibt vereinzelt Grundwasserfassungen. Da diese aber sehr oft einen zu hohen Salzwasser Anteil aufweisen (besonders nach einem Unwetter), wird zusätzlich das Regenwasser von den Hausdächern in grossen Zisternen aufgefangen und dieses zu Trinkwasser aufbereitet.
Vom Ankerplatz nördlich des Passes verlegen wir zuerst zum Dorf um ein paar Einkäufe zu tätigen und segeln nachher zu einer kleinen Korallen-Insel mitten im Atoll. Auf dem Motu Tohurei geniessen wir unsere eigene kleine Insel und sind mutterseelenalleine.
Nach rund einer Woche zieht es uns weiter ostwärts zum nächsten Atoll. Am Abend fahren wir noch bei gutem Tageslicht aus dem Atoll Tikehau ins offene Meer und kreuzen dann gegen den Wind auf zum Atoll Rangiroa. Die direkte Linie wäre nur rund 35 Seemeilen, da aber der Wind genau aus dieser Richtung weht, werden es schlussendlich etwas mehr als 100 Seemeilen, die wir durchs Wasser pflügen, bis wir am Ziel sind. Macht nichts, denn auch hier müssen wir wieder darauf achten, dass die Gezeiten passen und keine zu starke Strömung im Pass herrscht. Kurz nach Ebbe, bei einlaufender Strömung, klappt es aber wiederum perfekt.
Auf dem Ankerplatz beim Tiputa-Pass (Rangiroa) treffen wir zum ersten Mal in den Tuamotus Kreuzfahrtschiffe an. Sie ankern direkt hinter unserem Ankerfeld, das mit rund 25 anderen Segelschiffen gut belegt ist.
Rangiroa ist das grösste Atoll in Französisch-Polynesien und das zweitgrösste weltweit (das weltgrösste ist das Kwajalein Atoll auf den Marshall-Inseln): 1’640 km2 gross, wovon nur 79 km2 bewohnbar sind. Es leben rund 2’700 Einwohner auf dem Atoll, Haupteinnahmequelle ist auch hier der Tourismus. Bei einem kurzen Landgang (Pia humpelt trotz ihrem lädierten Fuss auch schon wieder mit) blicken wir unter anderem hinter die Fassade und erschrecken zuerst ein wenig. Wir treffen überall viel Verwüstung und Zerstörung an. Uns wird dann aber schnell klar, dass dies die Spuren eines Sturmes oder sogar eines Zyklons sein müssen. Das wunderschöne Gebiet der Tuamotus wird immer wieder von Wirbelstürmen heimgesucht. Orkanartige Winde und bis zu 10 Meter hohe Wellen treffen hier auf wenig Gegenwehr und holen sich jedes Jahr immer wieder ihren Zoll. Die Bewohner sind zu bedauern und wir haben grossen Respekt vor ihrer Energie und dem Mut, immer wieder alles neu aufzubauen nach einer solchen Verwüstung.
Telephon-Kabinen finden sich überall in Französisch-Polynesien – und die meisten funktionieren sogar noch. Diese aber definitiv nicht mehr – die Vegetation kämpft sich unaufhaltsam zurück!
Nebst tristen Zeugen der Verwüstung finden wir in Tiputa aber auch bereits wieder wunderschön hergerichtete Pensionen und kleine Restaurants.
Der regelmässige Austausch des Wassers im Innern eines Atolls mit frischem Meerwasser sorgt auch für eine fantastische Unterwasserwelt. In Rangiroa mit seiner riesigen Fläche kann man sogar vom Meer im Meer sprechen und die Artenvielfalt an Lebewesen ist einzigartig. Direkt beim Tiputa-Pass befindet sich eine wunderschöne Korallenlandschaft, «L’Aquarium», wo ein informativer Lehrpfad für Schnorchler eingerichtet ist. Wir sind regelmässige Besucher und treffen unheimlich viele Fische an. Hier ein paar Beispiele: Buckel Schnapper (silbrige Farbe, engl.: Humpback Snapper) und ein Vertreter aus der Familie der Papageienfische (dunkel, engl.: Parrotfish)
Weisspunkt-Kofferfisch (engl.: Spotted Boxfish)
Doppelsattel-Falterfisch (engl.: Pacific double sattle butterfly fish)
Wir verbringen herrliche Tage am Ankerplatz beim Tiputa Pass (Rangiroa).
Wir segeln 17 Seemeilen südwärts über das Atoll zum südlichen Riff und treffen das Paradies auf Erden an. Lupina liegt ganz alleine vor Anker in 5 Meter tiefem türkisfarbenen Wasser der Lagune. Hier ist das Riff immer wieder unterbrochen durch flache Stellen, wo frisches und glasklares Meerwasser, vor allem bei Flut, über das Riff in die Lagune fliesst.
Wir erkunden diese flachen Durchlässe im Riff mit Dinghi oder SUP
Das Spezielle an diesem Riff im Süden von Rangiroa ist das Vorhandensein der ursprünglichen Lavaformationen. Die Lava, die sich heissflüssig ins Meerwasser ergossen hatte und von diesem sehr schnell abgekühlt wurde, liegt hier zum Teil noch auf der Oberfläche. Scharfkantig und durchlöchert trotzen die Reste der Lavaformation auch die nächsten Jahrtausende der Erosion durch Wind, Sonne und Welle.
Natur zum Geniessen
Ich hab’s vorhin bereits erwähnt: das Paradies auf Erden. Ich könnte auch schreiben: Schlaraffenland. Die riesigen Palmenbestände auf den Motus werden hier auf Rangiroa meist nicht mehr für Copra-Abbau genutzt und sind am Verwildern. Eine perfekte Gelegenheit für uns, unseren Kokosnussbestand an Bord unserer Lupina wieder aufzustocken.

Wir sind mehrere Tage ganz alleine am südlichen Aussenriff. Tagsüber kommen ab und zu Boote mit Touristen vorbei. Sie laden ihre Gäste auf einem der vielen Motus aus und überlassen sie der Natur. Immer ist ein Führer dabei, der den Leuten die Natur erklärt und ihnen die Kniffe und Tricks zu einem erfolgreichen Robinson Leben beibringt. Sehr spannend, finden wir! Spätestens am frühen Nachmittag aber wird wieder eingesammelt, was noch zu finden ist 😉 und dann sind wir wieder ganz alleine mit unserer Lupina. Wir saugen diese fantastische Atmosphäre mit jeder Faser unseres Herzens auf. Es ist einfach nur schön!

Trotzdem müssen wir langsam ans Weiterreisen denken. Ab November, also ab jetzt, muss man in diesen Breiten mit Tropenstürmen (Zyklonen) rechnen. Je weiter südöstlich wir uns befinden, umso geringer wird die Wahrscheinlichkeit, von solch einem Sturm erfasst zu werden. Heute sind wir deshalb zurück zum Tiputa Pass gesegelt und bereiten uns hier vor für das nächstbeste Wetterfenster, das uns weiter nach Südosten bringt.

Wohin geht die Weiterreise? Östlich nach Apataki, oder südöstlich nach Toau, oder direkt bis Fakarava?? Der Wind wird es uns weisen.

Es bleibt spannend – folge der Lupina im Kielwasser!